LG Karlsruhe, Urteil vom 04.12.2012 - RDG 5/12
Fundstelle
openJur 2015, 21270
  • Rkr:

Verfahrenshandlungen können ausnahmsweise dann angefochten werden, wenn die negativen Folgen für den Betroffenen besonders schwer wiegen, etwa wenn Verfahrenshandlungen in die materielle Rechtsposition des Betroffenen eingreifen. Dies kann der Fall sein, wenn ein Vorhalt bzw. ein Vermerk über den später erlassenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid hinausgeht und in materielle Rechte des Antragsteller im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit - Einflussnahme des Dienstaufsichtführenden auf die Reihenfolge der Fallbearbeitung wegen Eilbedürftigkeit eingreift.

Tenor

Es ist wird festgestellt, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 insoweit unzulässig sind, als dem Antragsteller vorgeworfen wird, die ihm zugeschriebenen Verfahren trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht bearbeitet zu haben; im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller ¾ und der Antragsgegner ¼.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Richter am Oberlandesgericht K.. Mit seinem Antrag wendet er sich gegen einen Vermerk vom 12.10.2011.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts K. ordnete mit Verfügung vom 08.06.2011 eine Sonderprüfung an, nachdem sie einen Hinweis des Vorsitzenden des ... Zivilsenats ... erhalten hatte. Nach diesem Hinweis soll im Respiziat ...a (nach Richterwechsel umbenannt in ...d) des Antragstellers bei seinem Ausscheiden aus dem ... Zivilsenat zum 01.04.2011 eine hohe Zahl unzureichend bearbeiteter Verfahren vorhanden gewesen sein.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts K. hat am 18.10.2011 dem Antragsteller die Verfügung vom 12.10.2011 übergeben, die auszugsweise wie folgt lautet:

1.) Vermerk

„dass ROLG ... in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat ihm dort zugeschriebene Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat. Die Einzelergebnisse wurden vom Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ... für 48 gravierende Fälle dokumentiert.

In dem Zeitraum von 2008-2010 hat ROLG ... lediglich zum Abschluss gebracht:

U-Verfahren W-Verfahren200843232009582220104834

Diese Erledigungsleistung entsprach nur etwa 68 % der von den Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichts K. in dem genannten Zeitraum durchschnittlich erledigten Verfahren. Der Bestand an anhängigen Verfahren im Respiziat des ROLG ... wuchs deshalb um 67 % von 76 offenen Verfahren zum Ende des Jahres 2008 auf 127 offene Verfahren zum Ende des Jahres 2010 an.

Auch nach einem Wechsel in den ... Zivilsenat zum April 2011 gelingt es ROLG ... nicht, in quantitativer Hinsicht auch nur annähernd durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Dies hat zur Folge, dass im Respiziat des Richters im ... Zivilsenat zwischen April und Oktober 2011 ein Zuwachs von 32 im Bestand an anhängigen U-Verfahren zu verzeichnen ist. Der Zuschreibung von 31 U-, 15 W- und 6 AR-Sachen steht in dem Zeitraum 01.04.-10.11.2011 eine Erledigung von 9 U-, 11 W- und 4 AR-Sachen gegenüber.

Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts K. und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt. Soweit er aus nicht mitgeteilten Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Amtsgeschäfte ordnungsgemäß und unverzögert zu erledigen, hat er seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt und diesem damit die Möglichkeit genommen, durch eine Änderung der Geschäftsverteilung auf eine unverzögerte Erledigung der Rechtsprechungsaufgabe hinzuwirken.

Es ist beabsichtigt, dem Richter im Rahmen der Dienstaufsicht der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte gem. § 26 Abs. 2 DRiG vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen.“

Dem Antragsteller wurde in der Verfügung eine Frist zur Stellungnahme bis zum 04.11.2011 gesetzt. Nach Verlängerung der Stellungnahmefrist bat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers um ergänzende Auskunft, bei der hinsichtlich des Umfangs des Auskunftsbegehrens auf Anlage K2 Bezug genommen wurde. Mit Schreiben vom 24.02.2012 legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Vermerk vom 12.10.2011 mit der Begründung ein, der Vermerk enthalte gegenüber dem Bescheid vom 26.01.2012 selbständige Rechtsverletzungen.

Mit Bescheid vom 26.01.2012, der mit „Vorhalt und Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRG“ überschrieben ist, hatte die Präsidentin des Oberlandesgerichts dem Antragsteller unter Hinweis auf die Entscheidung des BVerwG (Beschluss v. 21.09.1982 - 2 B 12/82, NJW 1983, 62) mitgeteilt, dass der von einem Richter geschuldete Einsatz nach dem durchschnittlichen Erledigungspensum vergleichbarer Richterinnen und Richter zu bemessen sei. Dieses Durchschnittspensum unterschreite der Antragsteller seit Jahren ganz erheblich. Das Erledigungspensum liege jenseits aller großzügig zu bemessender Toleranzbereiche. Im Jahr 2011 habe er sogar weniger Verfahren erledigt, als dies der durchschnittlichen Leistung einer Halbtagsrichterin/eines Halbtagsrichters am Oberlandesgericht entspreche.

In dem Bescheid ist folgende Übersicht enthalten:

U-Verfahren

ErledigungenOffene VerfahrenÜberjährige Verfahren2008ROLG ...OLG gesamt4374,77661,9239,52009ROLG ...OLG gesamt5871,29866,02315,72010ROLG ...OLG gesamt4871,412764,46017,72011ROLG ...OLG gesamt3774,68861,62214,3

Nach § 26 Abs. 2 DRiG hielt die Präsidentin des Oberlandesgerichts dem Antragsteller deshalb die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vor und ermahnte ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte. Sie wies weiter darauf hin, dass eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit mit dieser Maßnahme der Dienstaufsicht nicht verbunden sei. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass die monatelange Nichtbearbeitung von Teilbereichen eines richterlichen Dezernats ebenso beanstandet werden könne wie ein unbefriedigendes Arbeitspensum eines Richters (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil v. 22.09.1998 - RiZ 2/97, DRiZ 1999, 141, 144).

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012, zugestellt am 08.03.2012, wurde der Widerspruch gegen den Vermerk vom 12.10.2011 als unzulässig zurückgewiesen. Der Vermerk vom 12.10.2011 habe ebenso wie das Gespräch mit dem Antragsteller am 18.10.2011 erklärtermaßen ausschließlich der Anhörung vor einer von der Präsidentin des Oberlandesgerichts beabsichtigten Maßnahme der Dienstaufsicht nach § 26 Abs. 2 DRiG gedient und sei gem. § 44 a VwGO nicht isoliert anfechtbar.

Am 10.04.2012 hat der Antragsteller beim Landgericht K. - Dienstgericht für Richter - eingegangen, „Anfechtungsklage“ erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Vermerk stelle keine bloße Anhörung dar. Er enthalte verschiedene nachteilige Feststellungen zur richterlichen Tätigkeit des Antragstellers. Diese seien bereits in der Sache unzutreffend und haltlos. Der Vermerk sei geeignet, den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit zu beeinträchtigen.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass der Vermerk der Präsidentin des Oberlandesgerichts K. vom 12.10.2011 und dessen Übergabe am 18.10.2011 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012 unzulässig sind.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Meinung, der Antrag sei bereits unzulässig. Der gegenständliche Vermerk vom 12.10.2011 diene nach seinem erklärten Inhalt allein dazu, den Antragsteller zu einer beabsichtigten Maßnahme der Dienstaufsicht anzuhören. Der angegriffene Vermerk stelle deshalb eine behördliche Verfahrenshandlung im Sinne der §§ 44 a VwGO, 79 Abs. 1 LRiG dar und könne nicht isoliert angegriffen werden. Die Anhörung zu einer beabsichtigten Maßnahme solle sicherstellen, dass Entscheidungen frei von Sachmängeln ergehen, die auf der mangelnden Kenntnis oder Erwägung des Sachvortrags der Beteiligten beruhen. Diesen Zweck würde die Anhörung jedoch verfehlen, wenn sie isoliert von der beabsichtigten Maßnahme einer gerichtlichen Kontrolle auf Mangelfreiheit unterläge.

Die Anhörung zu der beabsichtigten Maßnahme der Dienstaufsicht sei im vorliegenden Fall auch nicht deshalb ausnahmsweise isoliert anfechtbar, weil durch die Anhörung in materielle Rechtspositionen des Antragstellers eingegriffen und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer begründet werde. In dem angegriffenen Vermerk vom 12.10.2011 sei dem Antragsteller Gelegenheit gegeben worden, Stellung zu dem Vorwurf zu nehmen, er habe über einen längeren Zeitraum die ihm zugewiesenen Verfahren nicht oder unzureichend bearbeitet, nur etwa 2/3 der Erledigungsleistung seiner Kolleginnen und Kollegen erreicht und deshalb innerhalb kurzer Zeit seinen Bestand an Altverfahren um 67 % erhöht. Dieser Vorwurf sei Gegenstand des Bescheids vom 26.01.2012 gewesen.

Der Antrag sei auch unbegründet. Die getroffenen Feststellungen seien zutreffend. Der Wahrheitsbeweis sei durch die in der Akte befindlichen Unterlagen, Prüfberichte und Auszüge aus der Hausstatistik des Oberlandesgerichts K. geführt. Hinter den Angriffen des Antragstellers verberge sich die Rechtsauffassung, dass von einem Richter im Rahmen seines Dienstverhältnisses keine bestimmte oder bestimmbare Arbeitsleistung geschuldet sei, es vielmehr in seinem Belieben stehe, ob, wann und wie er sich mit den in seine Bearbeitungszuständigkeit fallenden Verfahren beschäftige.

Der Antragsteller ist demgegenüber der Meinung, sein Antrag sei zulässig. Der Vermerk nehme auf eine Sonderprüfung Bezug, die nicht Gegenstand des späteren Bescheides gewesen sei. In dem Vermerk werde rechtswidrig behauptet, die Sonderprüfung sei erforderlich gewesen. In dem Vermerk sei festgestellt worden, dass ROLG ... in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum ... Zivilsenat Verfahren trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet habe. Die Einzelergebnisse seien vom Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ... für 48 gravierende Fälle dokumentiert worden. Durch die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte habe der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt. Weiter sei in dem Vermerk ausgeführt, der Antragsteller habe seine Verpflichtung zur Anzeige dieser Umstände gegenüber dem Präsidium verletzt. Der Vermerk enthalte zur Erledigungsleistung des Klägers unberechtigte Vorwürfe. Dies betreffe insbesondere die Zahlen der AR- und W-Verfahren, die im Bescheid vom 26.01.2012 nicht enthalten seien. Die Gelegenheit zur Stellungnahme sei als selbständige Einschüchterungsmaßnahme gegenüber dem Antragsteller zu werten. Es folge daraus, dass die Ergebnisse der Sonderprüfung im späteren Bescheid nicht auftauchen.

Soweit die Präsidentin des Oberlandesgerichts K. ganz bewusst davon abgesehen habe, das Ergebnis der Sonderprüfung zum Gegenstand des Vorhalts zu machen, um von einer Gewährung von Akteneinsicht für den Antragsteller in die geprüften Verfahrensakten zu vermeiden, hält der Antragsteller diese Vorgehensweise für „abwegig“. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts habe gewusst, dass die Vorwürfe im Vermerk vom 12.10.2011 unberechtigt seien. Der Hinweis auf eine mitgeteilte Eilbedürftigkeit verstoße schon als solcher gegen die richterliche Unabhängigkeit.

Auch der Vorwurf, der Antragsteller habe das Präsidium nicht über diese Umstände informiert, erscheine vorsätzlich falsch. Auch hier habe es die Präsidentin des Oberlandesgerichts versäumt, den Vorwurf zu konkretisieren. Wenn in einem Dezernat eines bestimmten Berichterstatters relativ viele Verfahren liegen blieben, die durchschnittliche Verfahrensdauer ansteige, dann sei dies zunächst kein Grund, das Präsidium zu informieren. Die anstehenden Fragen seien zunächst im Senat unter den Kollegen mit dem Ziel zu erörtern, ggfs. eine Verbesserung der Rechtsschutzgewährung für die Partei durch Regelung der senatsinternen Geschäftsverteilung zu erzielen. Wenn ein Senat zu der Auffassung gelange, dass bestimmte Verzögerungs- und Überlastungsprobleme senatsintern nicht befriedigend zu lösen seien, sei eine Information des Präsidiums notwendig. Für eine solche Belastungsanzeige des Senats sei der Vorsitzende des Senats verantwortlich, nicht jedoch ein einzelner Berichterstatter.

Ein Informationsdefizit habe nicht bestanden. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts sei zu jedem Zeitpunkt in der Vergangenheit über alle Aspekte und Umstände der richterlichen Tätigkeit des Klägers vollständig informiert gewesen. Die Informationen hätten aus umfangreichen detaillierten Statistiken, die von der Verwaltung des Oberlandesgerichts geführt werden, hergerührt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf deren Schriftsätze samt Anlagen und im Übrigen auf den Inhalt der vorgelegten Akten des Oberlandesgerichts K. Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag hat überwiegend keinen Erfolg. Er ist nur teilweise zulässig und begründet. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Verfügung vom 12.10.2011 nebst dem Widerspruchsbescheid vom 06.03.2012.I.

1. Der Antrag, gerichtet auf Feststellung der Unzulässigkeit des Vermerkes vom 12.10.2011 ist nach § 26 Abs. 3 DRiG in Verbindung mit § 63 Nr. 4 f, 84 Abs. 2 Satz 2 LRiG statthaft. Gemäß § 26 Abs. 3 DRiG kann jeder Richter mit der Behauptung, eine Maßnahme der Dienstaufsicht beeinträchtige seine Unabhängigkeit, das Richterdienstgericht anrufen. Diese Voraussetzung liegt hier vor.

a.) Der Antrag richtet sich gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG. Der Begriff der Maßnahme der Dienstaufsicht ist im Interesse eines wirkungsvollen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit weit zu fassen. Es genügt jede Einflussnahme einer dienstaufsichtführenden Stelle, die sich auch nur mittelbar auf die Tätigkeit des Richters auswirkt. Erforderlich ist lediglich, dass ein konkreter Bezug zu der Tätigkeit des Richters besteht (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteile vom 06.10.2011 - RiZ (R) 7/10, DRiZ 2012, 169, vom 10.01.1985 - RiZ (R) 7/84, BGHZ 93, 238, 241 und vom 16.11.1990 - RiZ 2/90, NJW 1991, 1103, jeweils mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes genügt, um die Antragsbefugnis darzutun, die schlichte - nachvollziehbare - Behauptung einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 03. 12.2009 - RiZ(R) 1/09 Rn. 44, Juris und vom 24.11.1994 - RiZ(R) 4/94, NJW 1995, 731, 732 mwN).

Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller hinreichend dargelegt, dass es sich bei den beanstandeten Maßnahmen um solche der Dienstaufsicht handelt und er dadurch veranlasst sein könnte, eine Verfahrens- oder Sachentscheidung künftig anders zu treffen.

Die Frage, ob die beanstandeten Maßnahmen die richterliche Unabhängigkeit tatsächlich beeinträchtigen können, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit des Prüfungsantrags (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 12.05.2011 - RiZ (R) 4/09, Juris).

2. Das Dienstgericht für Richter ist nach § 78 Nr. 4 e DRIG in Verbindung mit § 63 Nr. 4 LRiG zur Entscheidung über den Antrag berufen. Das nach § 82 LRiG vorgesehene Vorverfahren ist durchgeführt, der Antrag beim Richterdienstgericht fristgerecht eingelegt worden.II.

1.) Der Antrag ist unzulässig, soweit der Vermerk bzw. die Übergabe des Vermerkes Gegenstand des Verfahrens RDG 6/12 ist.

a.) Der Zulässigkeit des Antrags steht § 44a Satz 1 VwGO, nach dem Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, entgegen.

Unter den Begriff der Verfahrenshandlung in diesem Sinne fallen behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen. Aus dem Gegensatz des Begriffs der Verfahrenshandlung zu dem in § 44a Satz 1 VwGO gleichfalls verwendeten Begriff der Sachentscheidung folgt, dass sich der Ausschluss selbständiger Rechtsbehelfe grundsätzlich auf solche behördliche Maßnahmen beschränkt, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein, ohne also ihrerseits in materielle Rechtspositionen einzugreifen. Durch die Konzentration des Rechtsschutzes soll eine unnötige oder eventuell mehrfache Inanspruchnahme der Gerichte in derselben Sache vermieden werden, um Prozessverzögerungen entgegenzuwirken und eine effektive und zügige Erreichung des Prozesszieles zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 01.09.2009 - 6 C 4/09, BVerwGE 134, 368).

b.) Soweit der Antragsteller den Vermerk insgesamt angreift, ist der Antrag unzulässig. Der Vermerk diente der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung, hier dem Vorhalt und der Ermahnung vom 26.01.2012. Um die Sachentscheidung treffen zu können, war der Antragsteller anzuhören. Nach dem Inhalt des Vermerks wurde dem Antragsteller deshalb mitgeteilt, was beabsichtigt ist, nämlich ihm die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und ihn zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Amtsgeschäfte zu ermahnen. Der Antragsteller erhielt eine Frist zur Stellungnahme. Weiteres Indiz dafür, dass es sich um keine endgültige Maßnahme handelt, ist, dass der Vermerk nicht unterschrieben ist.

c.) Soweit der Vermerk Teil des Verwaltungsverfahrens war oder Gegenstand eines anderen Prüfungsverfahrens ist, kommt eine isolierte Anfechtung somit nicht in Betracht. Dies trifft auf die Durchführung der Sonderprüfung zu. Die Anträge sind daher unzulässig.

Im Prüfungsverfahren RDG 7/12 ist Antragsgegenstand die Feststellung der Unzulässigkeit der Sonderprüfung. Im Rahmen dieses Verfahrens kann der Antragsteller auch eine von ihm für fehlerhaft gehaltene Verfahrensweise rügen. Im Rechtsbehelf gegen eine behördliche Sachentscheidung kann auch eine für fehlerhaft gehaltene Verfahrensweise gerügt werden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.04.1980 - 10 S 430/80 - Juris). Im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG greift der Vermerk nicht zusätzlich in die materielle Rechtsposition des Betroffenen ein.

2.) Der Antragsteller hat im Termin der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich der Antrag auch gegen die einzelnen Formulierungen richtet. Unter dieser Maßgabe ist der Antrag zulässig.

Der Vermerk beeinträchtigt hinsichtlich der Überlastungsanzeige (a), des Vorhalts der unzureichenden verzögerten Bearbeitung (b), der rechtlichen Subsumption (c) und der Wiedergabe der AR- und W-Zahlen (d) mit der Ausnahme - trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit seien dem Antragsteller zugeschriebene Verfahren nicht bearbeitet worden - (dazu unter 3), nicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers.

a.) Überlastungsanzeige

Der Vorhalt, der Antragsteller habe seine Verpflichtung zur Anzeige gegenüber dem Präsidium unterlassen, soweit die übertragenen Amtsgeschäfts nicht ordnungsgemäß und unverzögert erledigt werden können, beeinträchtigt ihn nicht in seiner richterlichen Unabhängigkeit. Die Überlastungsanzeige gehört, wie höchstrichterlich geklärt ist, zu den Aufgaben des Richters (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12).

aa.) Die von einem Richter zu erbringende Arbeitsleistung ist pauschalierend an dem Arbeitspensum, welches ein durchschnittlicher Richter vergleichbarer Position in der für Beamte geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewältigt, zu orientieren (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12, 2 BvR 625/12, NJW 2012, 2334). Überschreitet das zugewiesene Arbeitspensum die bestimmende Arbeitsleistung - auch unter Berücksichtigung zumutbarer Maßnahmen wie zum Beispiel eines vorübergehenden erhöhten Arbeitseinsatzes - erheblich, kann der Richter nach pflichtgemäßer Auswahl unter sachlichen Gesichtspunkten die Erledigung der ein durchschnittliches Arbeitspensum übersteigenden Angelegenheiten zurückstellen. Die richterliche Unabhängigkeit bleibt dabei gewährleistet, indem der Richter - nach entsprechender Anzeige der Überlastung - für die nach pflichtgemäßer Auswahl zurückgestellten Aufgaben und die dadurch begründete verzögerte Bearbeitung dienstaufsichtsrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23.05.2012 - 2 BvR 610/12, 2 BvR 625/12, NJW 2012, 2334).

bb.) Ob eine Überlastungsanzeige zu erstatten war, war im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Das Dienstgericht ist zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht befugt. Die allgemeine Ermessenskontrolle orientiert sich nur am Maßstab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Auffassung, bei einer Unvereinbarkeit der Maßnahme mit diesem Grundsatz liege zugleich eine Verletzung richterlicher Unabhängigkeit vor, ist unzutreffend. Den Dienstgerichten steht eine so weitgehende Prüfungskompetenz nicht zu (vgl. BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 05.10 2005 - RiZ(R) 5/04, NJW 2006, 692, 693 mwN.). Ob die Verpflichtung der Überlastungsanzeige bestand und gegenüber wem sie auszusprechen ist, obliegt der Überprüfung der Verwaltungsgerichte.

Der Beweisantrag zu Ziffer 9 auf Parteivernehmung, ob Frau Prof. Dr. ... wusste, dass der Kläger eine Informationspflicht gegenüber dem Präsidium nicht verletzt haben kann, weil eine solche Pflicht nur den Vorsitzenden des Spruchkörpers treffen kann, war abzulehnen.

Die zivilprozessualen Vorschriften über die Parteivernehmung nach §§ 445 bis 449 ZPO sind im Verwaltungsprozess gemäß § 98 VwGO nicht anzuwenden. Deshalb richtet sich nach allgemeinen, sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Grundsätzen, ob und in welchem Umfang im Verwaltungsprozess und damit auch in einem Verfahren vor dem Richterdienstgericht eine Parteivernehmung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO stattzufinden hat. Die Kammer hat die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für eine Beteiligtenvernehmung gegeben sind, aufgrund einer Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu treffen. Eine Parteivernehmung kommt regelmäßig nur als subsidiäres Beweismittel in Betracht und dient als letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn trotz Ausschöpfung aller anderen Beweismittel noch Zweifel bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 1982 - 9 C 1.81; Beschluss vom 16.07.1996 - 3 B 44.96 und vom 21.06.2007 - 2 B 28/07; VGH Bayern, Beschluss vom 15.12.2011 - 14 ZB 11.30357).

Der Beweisantrag war abzulehnen, da es sich um einen Beweisermittlungsantrag handelt, was die Präsidentin des Oberlandesgerichts weiß. Der Beweisantrag richtete sich zudem nicht auf Tatsachen, sondern auf die vorrangige hier unerhebliche rechtliche Würdigung „Der Antragsteller kann seine Informationspflicht gegenüber dem Präsidium nicht verletzt haben, weil es eine solche Pflicht nur den Vorsitzenden des Spruchkörpers treffen kann.“

Auch der Beweisantrag zu Ziffer 6, dass Frau Prof. Dr. ... wusste, dass es für den Vorwurf in dem Vermerk vom 12.10.2011 „Verfahren völlig unzureichend bearbeitet“ keine sachliche Grundlage gab, war abzulehnen. Für eine Parteivernehmung muss weiterhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung der Partei bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 1982 - 9 C 1.81; Beschluss vom 16.07.1996 - 3 B 44.96 und vom 21.06.2007 - 2 B 28/07; VGH Bayern, Beschluss vom 15.12.2011 - 14 ZB 11.30357). Diese Wahrscheinlichkeit ist bereits aus dem Grund nicht gegeben, weil es, wie unten dargelegt, Gründe gab, dass der Antragsteller Verfahren insoweit unzureichend bearbeitete, indem er Verfahren aufgrund seines Arbeitsstils nicht in Angriff nahm.

Auch Beweisantrag Ziffer 8 war abzulehnen. Soweit der Antragsteller behauptet, die Präsidentin des OLG habe gewusst, dass es für den Vorhalt, er habe gegenüber den Verfahrensbeteiligten „deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt“, keine sachliche Grundlage gegeben habe, geht es auch hier um eine rechtliche Wertung, nämlich ob das Liegenlassen von Akten über Monate oder über ein Jahr hinaus nicht das Recht eines Verfahrensbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz verletzt (eingehend BVerfG, Beschwerdekammer, Beschluss vom 01.10.2012 - 1 BvR 170/06).

Auf die übrigen Beweisanträge war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht einzugehen.

b.) Vorhalt der unzureichenden Bearbeitung

Der Vorhalt der ausgebliebenen bzw. unzureichenden verzögerten Bearbeitung im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs beeinträchtigt nicht die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers. In dem Vermerk vom 12.10.2011 ist im ersten Absatz diesbezüglich ausgeführt „… Verfahren in großer Zahl zum Teil über Jahre und teilweise trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet hat. Die Einzelergebnisse wurden von „… für 48 gravierende Fälle dokumentiert“. Der Vorhalt von Rückständen angesichts eher unterdurchschnittlicher Belastung stellt grundsätzlich keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar (BGH, Urteil vom 16. September 1987 - RiZ(R) 5/87, NJW 1988, 421, 422). Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Richter damit indirekt ein Pensum abverlangt wird, das sich allgemein, also auch von anderen Richtern, sachgerecht nicht mehr bewältigen lässt (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 03.11.2004 - RiZ (R) 5/03, Juris). Diese Voraussetzungen sind offensichtlich nicht gegeben; zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Verfahren RG 6/12 unter II 2 Bezug genommen.

Dem Dienstgericht obliegt aber nicht die Prüfung, ob der Vorhalt einer verzögerten Führung der Amtsgeschäfte sachlich berechtigt ist, ob „48 Verfahren zum Teil über Jahre nicht oder jedenfalls nur völlig unzureichend bearbeitet“ wurden. Hierüber ist nicht im richterdienstgerichtlichen Verfahren, sondern vom Verwaltungsgericht zu entscheiden (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteile vom 05.10 2005 - RiZ(R) 5/04, NJW 2006, 692, 693 mwN. und vom 03.11.2004 - RiZ (R) 5/03), juris).

c.) Die Formulierung

„die unzureichende Erledigung der dem Richter durch das Präsidium des Oberlandesgerichts und die senatsinterne Verteilung übertragenen Amtsgeschäfte hat der Richter neben dem Recht der Verfahrensbeteiligten auf ein faires und zügiges Verfahren und auch deren Recht auf eine wirksame Beschwerde verletzt.“

greift nicht zusätzlich in die materielle Rechtsposition des Betroffenen ein. Die Prüfung, ob der Vorhalt der unzureichenden Erledigung die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers beeinträchtigt, ist Gegenstand des Verfahrens RDG 6/12. Bloße Meinungsäußerungen einer dienstaufsichtführenden Stelle zu einer Rechtsfrage sind nicht als "Maßnahme der Dienstaufsicht" im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG anzusehen (vgl. etwa BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteile vom 12. 11.1973 - RiZ(R) 1/73 - BGHZ 61, 374, 378 f., vom 05.02 1980 - RiZ(R) 1/79 - DRiZ 1980, 229, 230 und vom 26. Juni 1984 - RiZ(R) 2/84 - NJW 1984, 2471, 2472). Die Formulierung zeigt nur auf, welche rechtlichen Schlüsse die Präsidentin des Oberlandesgerichts aus der unzureichenden Erledigung zieht.

d.) Die Wiedergabe der Zahlen von AR- und W-Verfahren ist im Zusammenhang mit den Eingängen und den Erledigungen zu sehen. Weshalb die Wiedergabe, dass dem Antragsteller 15 W und 6 AR-Sachen zugeschrieben wurden und er 11 W und 4-AR Sachen erledigt hat, unberechtigte Vorwürfe enthalten, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

3.) Der Antrag auf Aufhebung des Vermerks vom 12.10.2011 ist jedoch zulässig und insoweit begründet, als der Vermerk über den später erlassenen Bescheid vom 26.01.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 20.04.2012 hinausgeht und in materielle Rechte des Antragsteller eingreift.

a.) Nach der Rechtsprechung des BVerwG zu § 44a VwGO können Verfahrenshandlungen ausnahmsweise, wie dargelegt, dann angefochten werden, wenn die negativen Folgen für den Betroffenen besonders schwer wiegen, etwa wenn Verfahrenshandlungen in die materielle Rechtsposition des Betroffenen eingreifen (BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 7 C 12/10, NJW 2012, 792) und dadurch eine selbständige, im Verhältnis zur abschließenden Sachentscheidung andersartige Beschwer enthalten. Die Vorschrift des § 44a Satz 1 VwGO, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, steht dem nicht entgegen. Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Prinzip der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebietet eine einschränkende Auslegung des § 44a Satz 1 VwGO in den Fällen, in denen bei einer Abwägung zwischen dem von § 44a Satz 1 VwGO verfolgten Zweck der Gewährleistung eines effektiven Verwaltungsverfahrens und den Belangen des Betroffenen Letzteren eindeutig der Vorrang einzuräumen ist, insbesondere deshalb, weil die negativen Folgen für diesen besonders schwer wiegen (BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 7 C 12/10, NJW 2012, 792).

b.) Der Antragsteller wird in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt, sofern und soweit die Präsidentin des Oberlandesgericht durch den Vermerk unzulässigen Einfluss auf die Entscheidung über die Reihenfolge der Bearbeitung der Amtsgeschäfte genommen oder einen unzulässigen Erledigungsdruck ausgeübt hätte (vgl. BGH, Dienstgericht für Richter, Urteil vom 05.10. 2005 - RiZ(R) 5/04, NJW 2006, 692, Rz 18 mwN.). Im Kernbereich richterlicher Tätigkeit ist danach jede den Inhalt einer Entscheidung, Anordnung oder Regelung betreffende Maßnahme der Dienstaufsicht untersagt. Zu dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit gehört grundsätzlich auch die Terminierung eines bestimmten Verfahrens, weshalb eine Einflussnahme des Dienstvorgesetzten auf eine konkrete Terminierung grundsätzlich unzulässig ist. Der Dienstvorgesetzte hat sich insofern jeder direkten oder indirekten oder auch nur mentalpsychischen Einflussnahme zu enthalten (vgl. BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 20.06.2001 - RiZ (R) 2/00, NJW-RR 2002, 574, 575 m.w.N.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Richter bei der Terminsbestimmung gegen seine Pflicht zur ordnungsgemäßen und unverzüglichen Erledigung seiner Amtsgeschäfte verstößt. In diesem Fall kommen Maßnahmen nach § 26 Abs. 2 DRiG in Betracht (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil vom 20.06.2001, aaO).

c.) Unzulässig ist der Vorhalt insoweit, als dem Antragsteller vorgehalten wird, die ihm zugeschriebenen Verfahren trotz erkennbarer oder mitgeteilter Eilbedürftigkeit nicht bearbeitet zu haben. Diesen Vorhalt enthält der Bescheid vom 26.01.2012 nicht mehr. Der Vorhalt wurde aber auch nicht ausdrücklich zurückgenommen. Ein entsprechender Vorhalt beeinträchtigt die richterliche Unabhängigkeit bereits deshalb, weil ihm entnommen werden könnte, bei behaupteter Eilbedürftigkeit sei eine bevorzugte Bearbeitung im Einzelfall erforderlich. Eine „mitgeteilte Eilbedürftigkeit“, beispielsweise durch eine Prozesspartei ist aber bereits kein zwingender Hinweis auf eine besondere Eilbedürftigkeit. Dies gilt auch hinsichtlich eines Hinweises auf eine prekäre finanzielle Situation. Der Vorhalt leidet zudem daran, dass nicht ansatzweise dargetan ist, welche Verfahren erkennbar eilbedürftig waren und vom Antragsteller nicht bearbeitet wurden. Die Auswertung der Verfahrensakten (Sammelakte Sonderprüfung ...a) enthält Hinweise darauf, dass Verfahren über Jahre nicht betrieben wurden. Dieser Vorhalt ist Gegenstand des Prüfungsverfahrens RDG 6/12. Dass diese Verfahren aber besonders eilbedürftig waren, ist im Vermerk vom 12.10.2011 weder dargetan noch ersichtlich. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Terminierung besonders eilbedürftiger Akten Aufgabe des Vorsitzenden ist. So wurde im Verfahren ... die Terminierung vom Vorsitzenden des ... Zivilsenates abgelehnt (Sammelakte AS 63). Die Bitte, das Verfahren ... vorab zu terminieren, hat der Antragsteller dem Vorsitzenden „z.K.“ vorgelegt.III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 79 LRiG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden, da dafür eine Rechtsgrundlage nicht vorhanden ist, nicht erhoben (BGH, Dienstgericht des Bundes, Beschluss vom 22.02.2006 - RiZ (R) 1/05).

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