LG Heilbronn, Urteil vom 20.10.2015 - Bm 6 O 128/15
Fundstelle
openJur 2015, 19445
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.170.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, die Opfer eines so genannten „Fake-President-Tricks“ geworden ist, verlangt von der Beklagten Erstattung der zu ihren Lasten ausgeführten Überweisungsvorgänge.

Die Klägerin steht mit der Beklagten, bei der sie verschiedene Geschäftskonten führt, in langjährigen Geschäftsbeziehungen. Überweisungsaufträge erteilt die Klägerin der Beklagten standardmäßig im Rahmen des E-Banking (multicash). Nur in Ausnahmefällen werden Überweisungsaufträge nicht im Rahmen des elektronischen Verfahrens oder postalisch, sondern per Telefax übersandt.

Am 1./2.3.2006 haben die Parteien schriftlich eine Vereinbarung zur Ausführung von per Telefax erteilten Überweisungen für das hier streitgegenständliche Konto ... getroffen (Anl. K5). Darin heißt es auszugsweise:

„Der Kunde wünscht Überweisungen, Garantieaufträge unter anderem auch per Telefax an die Sparkasse zu übermitteln.

Dabei ist der Kunde durch die Sparkasse ausdrücklich über die Möglichkeit eines Missbrauchs bei der Übermittlung von Telefaxaufträgen, z.B. Fälschung und Verfälschung durch schattenloses Kopieren, Fälschung von Unterschriften, Veränderungen am Originalbeleg oder Manipulationen der Absenderkennung unterrichtet worden. Die Sparkasse ist nicht in der Lage, per Telefax eingehend Aufträge auf ihre Echtheit und Übereinstimmung mit dem Original hin zu überprüfen…. Dessen ungeachtet bittet der Kunde, per Telefax erteilte Aufträge unter Beachtung der nachfolgenden Bedingungen zur Ausführung oder Weiterleitung anzunehmen.…

2. Dem Kunden ist bekannt, dass beim Einsatz von Telefaxgeräten in verstärktem Maße die Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung, wie insbesondere der Fälschung und Verfälschung von Erklärungen, Aufträgen und Unterschriften besteht. Der Kunde hat zur Vermeidung von Missbrauch dafür Sorge zu tragen, dass ein Dritter keine Kenntnis von dieser Vereinbarung erhält. Der Kunde ist sich darüber im Klaren, dass ein Missbrauch keineswegs ausgeschlossen werden kann. Gleichwohl bittet er die Sparkasse, in vorstehend beschriebene Weise eingehende Fernkopien als rechtsverbindliche Aufträge bzw. Erklärungen anzuerkennen, ohne Rücksicht auf die Echtheit der Unterschrift….

4. Der Kunde verpflichtet sich, dass die mittels Telefax übermittelten Aufträge im Original gemäß den in den Kontounterlagen getroffenen Verfügungsvollmachten vor der Absendung unterzeichnet werden.

5. Bei eventuellen Rückfragen sind folgende Personen telefonisch zur Bestätigung des Auftrages autorisiert: Herr/Frau Z.

7. die Sparkasse wird von jeder Haftung und allen Regressansprüchen Dritter freigestellt, die aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung des oben genannten Übermittlungssystems, insbesondere einer Fälschung von Unterschriften oder einer sonstigen Fälschung oder Verfälschung der Originalunterlagen entstehen. Die Sparkasse ist zur Belastung des Kundenkontos auch dann berechtigt, wenn die Unterschriften auf den per Telefax erteilten Aufträgen gefälscht sind. Eventuelle Schäden trägt der Kunde, soweit sie nicht von der Sparkasse verschuldet wurden. Auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse, insbesondere deren Nr. 20 (1) c, wird besonders verwiesen.“

Ausweislich der am 21.6.2013 aktualisierten Unterschriftenkarte zum streitgegenständlichen Konto (Anl. K 11) waren beide Geschäftsführer der Klägerin jeweils einzelverfügungsberechtigt, während die dort aufgeführten weiteren Mitarbeiter jeweils nur gemeinschaftlich mit einem weiteren Mitarbeiter verfügungsberechtigt waren.

Am 26. November 2014 traten unbekannte Dritte erstmals an die bei der Klägerin in der Buchhaltung beschäftigten Frau G. heran und veranlassten sie, einen Überweisungsauftrag in Höhe von Euro 570.000,00 zu erstellen. Frau G. wurde dabei vorgespiegelt, dass die Anweisung zur Erstellung eines Überweisungsauftrags direkt vom Geschäftsführer B. stamme.

Aus den beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten ergeben sich folgende Erläuterungen: Eine Gruppierung unbekannter Täter, zu denen auch die Verantwortlichen der Empfängerfirma F. Bt. in Ungarn gehören, hat einer Mitarbeiterin der Klägerin, die für die Durchführung von Zahlungen zuständig ist, vorgespiegelt, ihr Arbeitgeber, die O., plane den Ankauf einer Firma. Hierbei wurde sie durch eine unbekannte Person, die sich als Rechtsanwältin B. aus Berlin ausgab, telefonisch und per E-Mail kontaktiert. Diese brachte sie auch dazu, eine so genannte „Vertraulichkeitserklärung“ zu unterzeichnen, in der sich die Mitarbeiterin verpflichtete, über durchgeführte Zahlungen keine Meldung zu machen, auch nicht gegenüber ihrer Vorgesetzten, der Zeugin Z.. Um den angeblich bevorstehenden Firmenkauf glaubhaft erscheinen zu lassen, erhielt die Mitarbeiterin per E-Mail Dokumente, die vom Geschäftsführer B. stammen und den bevorstehenden Firmenkauf bestätigen sollten. Tatsächlich waren die Unterschriften gefälscht und die Absender- E-Mail-Adresse gehörte auch nicht Herrn B., sondern war leicht verändert worden…@o. statt…@o.…, was der Mitarbeiterin nicht auffiel. Den unbekannten Tätern gelang es so, die Mitarbeiterin dazu zu veranlassen, in der Zeit vom 26.11.2014 bis 8.12.2014 in fünf Branchen insgesamt 5,07 Millionen EUR auf Konten in Ungarn und China zu überweisen.

In Folge der Täuschung übersandte Frau G. den vermeintlich von Herrn B. unterschriebenen Überweisungsauftrag am 26. November 2014 zur Ausführung per Telefax an die Beklagte (Anl. K 6). Aufforderungsgemäß erhielt sie von der Beklagten sofort nach Ausführung einen so genannten SWIFT-Nachweis über die Zahlung. Weitere identisch gefälschte Überweisungsaufträge übersandte Frau G. am 28. November 2014 über 850.000 EUR, am 2.12.2014 über weitere 850.000 EUR, am 3.12.2014 über 1.700.000 EUR und am 8.12.2014 über 1.100.000 EUR (vgl. Anl. K 7 bis K 10). Tatsächlich waren sämtliche Überweisungsaufträge nicht vom Geschäftsführer B. unterzeichnet. Vielmehr wurde die Unterschrift eines der beiden Geschäftsführer der Klägerin, Herrn B., von Dritten und ohne Wissen der Klägerin sowie von Frau G. in die Überweisungsaufträge hineinkopiert.

Der letzte Überweisungsauftrag über 1,1 Millionen EUR konnte noch vor Zahlungsgutschrift auf dem Empfängerkonto der Täter gestoppt werden. Auf dem Geschäftskonto der Klägerin kam es insgesamt zu Zahlungsflüssen i.H.v. 3.970.000 EUR. Die als Nr. 3 aufgeführte Überweisung i.H.v. 850.000 EUR konnte durch Intervention der Ermittlungsbehörden auf dem Konto des Empfängers sichergestellt werden. Eine Rückzahlung dieses Betrages an die Klägerin ist bislang nicht erfolgt. Dieser Betrag ist derzeit nicht streitgegenständlich. Die Versicherung der Klägerin hat einen Betrag von 950.000 EUR erstattet. Den Restbetrag von 2.170.000 EUR verlangt nunmehr die Klägerin von der Beklagten.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor,über das streitgegenständliche Konto seien vor allem Inlandsgeschäfte abgewickelt worden. Wie in den Multicash-Verfahren seien Überweisungsaufträge von Mitarbeitern der Buchhaltung unterzeichnet worden, nicht aber von den Geschäftsführern. Nur in absoluten Ausnahmefällen seien Überweisungsaufträge per Telefax übersandt worden. Auch diese würden entsprechend dem bei der Klägerin geltenden Vieraugenprinzip mit zwei Unterschriften versehen und seien in der Vergangenheit nicht von den Geschäftsführern erteilt worden. Auch sei zu keinem Zeitpunkt vorher ein SWIFT-Nachweis über die Zahlung angefordert worden. Bei Abweichen von diesen üblichen Vorgehensweisen seitens der Klägerin in absoluten Ausnahmefällen habe sich die Beklagte über die Richtigkeit des Überweisungsauftrag stets telefonisch rückversichert. Schon der erste Überweisungsauftrag per Telefax habe in mehrerer Hinsicht nicht der üblichen Übermittlungsweise entsprochen. Der vermeintlichen Unterschrift des Geschäftsführers sei ein „i. V.“ vorangegangen. Der Auftrag habe die Aufforderung enthalten, unverzüglich per E-Mail einen SWIFT- Nachweis über die Zahlung zu übersenden. Auch handle es sich bei dem Empfänger um eine im Ausland belegene Gesellschaft, obwohl die Klägerin ihren ausländischen Zahlungsverkehr grundsätzlich nicht über das betroffene Konto bei der Beklagten abwickle, sondern über international tätige Geschäftsbanken (K 1 - K 3: H. T. AG), und auch dort ersichtlich nur unter der der Beklagten bekannten Berücksichtigung des 4-Augen-Prinzips. Auch sei es nicht üblich gewesen, dass ein Geschäftsführer überhaupt Überweisungsaufträge erteile. Ferner handle es sich bei dem streitgegenständlichen Konto um das für das sog. Cashpool-Verfahren verwandte Clearing-Konto der Klägerin. Beteiligte Unternehmen seien nur inländische Gesellschaften der Klägerin. Diese daran beteiligten Gesellschaften seien der Beklagten bekannt. Aufgrund dieser Abweichungen hätte die Beklagte bei den von der Klägerin für Rücksprache autorisierten Personen oder dem Geschäftsführer B. Rücksprache halten müssen, was nicht erfolgt sei. Vielmehr habe die Zeugin Z. nach Ausführung der ersten Überweisung bei einer Mitarbeiterin der Beklagten telefonisch nachgefragt, da ein Beleg nicht vorgelegen habe. Auch sei unklar gewesen, ob es sich um eine Überweisung oder um eine Abbuchung gehandelt habe. Die Mitarbeiterin der Beklagten habe die Zeugin jedoch beruhigt und ihr gegenüber erklärt, die Überweisung sei von Herrn B. veranlasst worden. Ein Hinweis auf eine angeblich geheime Sache sei nicht erfolgt. Bei den nachfolgenden Überweisungsaufträgen finde sich als Rechtsunterzeichner die Zeugin G., die gerade nicht über eine Bankvollmacht verfügt habe. Bei sämtlichen Überweisungsaufträgen sei im Übrigen die vermeintliche Unterschrift von Herrn B. identisch. Ansonsten typische und übliche Abweichungen innerhalb der einzelnen Unterschriften seien nicht feststellbar. Trotz dieser zahlreichen Hinweise darauf, dass die Überweisungsaufträge an die Beklagte nicht tatsächlich vom Geschäftsführer B. und somit der Klägerin autorisiert worden waren, habe die Beklagte diese ohne Rückfrage bei der Klägerin ausgeführt. Der von der Beklagten erwähnte, vom Geschäftsführer B. alleine unterzeichnete Garantieauftrag sei mangels Zahlungsflusses und wegen des Einzelfallcharakters der der Geschäftsleitung obliegenden Zuständigkeit nicht vergleichbar. Eine unmittelbare Kontaktaufnahme der Zeugin G. mit dem Geschäftsführer B. am 28.11.2014 sei an dessen Abwesenheit bei einer Betriebsversammlung gescheitert. Die E-Mail-Rückfrage sei wiederum mit einer Fälschung beantwortet worden. Auch habe sich die Zeugin G. vor der Einreichung des Überweisungsauftrags telefonisch an die Beklagte gewandt und verschiedene Auskünfte begehrt. Bereits hier hätte die Beklagte misstrauisch werden müssen. Dies umso mehr, als Frau G. (AS 6) als noch junge und unerfahrene Mitarbeiterin der Buchhaltung für den üblichen externen Zahlungsverkehr nicht zuständig gewesen sei. Insbesondere habe sie zuvor noch nie Überweisungsaufträge per Telefax gegenüber der Beklagten erteilt. Zudem habe sich Frau G. nicht an die üblichen Ansprechpartner der Beklagten gewandt, sondern mit ihrer Bekannten, der Zeugin W., kommuniziert. Diese hätte angesichts der ungewöhnlichen Anfrage Frau G. an die zuständigen Ansprechpartner der Beklagten verweisen müssen. Zudem hätte der Hinweis der Zeugin G. auf eine heimliche Zahlung / heimliche Sache Anlass sein müssen, den für Zahlungen verantwortlichen Ansprechpartner der Beklagten, Herrn L. oder zumindest die nach der Vereinbarung zur Ausführung von per Telefax erteilten Überweisungen (Anl. K5) benannten Personen anzusprechen. Schließlich treffe nicht zu, dass die Zeugin Z. der Mitarbeiterin der Beklagten S. am 8.12.2014 telefonisch mitgeteilt habe, sie könne die Überweisung i.H.v. 1,1 Millionen EUR bedenkenlos ausführen.

Rechtlich ist die Klägerin der Auffassung, ihr Erstattungsanspruch ergebe sich aus § 675u S. 2 BGB. Die Überweisungsaufträge seien nicht autorisiert gewesen. Das Risiko der Fälschung eines Überweisungsauftrags trage stets der Zahlungsdienstleister. Die getroffene Vereinbarung zur Ausführung von per Telefax erteilten Überweisungen aus dem Jahr 2006 stehe dem Erstattungsanspruch nicht entgegen. Nach § 675e Abs. 1 und 4 BGB dürfe von den Vorschriften der §§ 675j Abs. 1, 675u BGB durch Vereinbarung nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden. Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 5 ZAG handele es sich bei der Vereinbarung auch nicht um ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument (ZAI) gemäß § 675j Abs. 1 S. 4 BGB. Trotz Vorhandenseins einer Unterschrift stellten weder das Ausfüllen eines Überweisungsträgers noch die bloße Vereinbarung über die Abwicklung von Überweisungen per Telefax ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument (ZAI) dar, auch nicht im Lichte der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 9.4.2014). Der geltend gemachte Erstattungsanspruch entfalle auch nicht nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen. Auch liege keine der Klägerin zurechenbare Anscheinsvollmacht vor. Die missbräuchlichen Überweisungsaufträge müssten bei der Beklagten einen Rechtsscheintatbestand gesetzt haben, wonach diese annehmen durfte, die Überweisungsaufträge seien vom Willen der Klägerin getragen. Ein Kreditinstitut gehe aber regelmäßig davon aus, dass der Kontoinhaber selbst handelt. Der Kontoinhaber müsse sich die Schaffung eines Rechtsscheins nur dann entgegenhalten lassen, wenn dieser sich gerade auf die Echtheit des Überweisungsauftrags beziehe. Da eine Überweisung, die telekommunikativ ausgeführt werden soll, besondere Risiken birgt, sei in Zweifelsfällen eine Kreditinstitut gehalten, sich die Echtheit zweifelhafter Auftraggeberaufträge vom Auftraggeber telefonisch bestätigen zu lassen. Auch erstrecke sich ein möglicher Rechtsschein nicht ohne Weiteres auf außergewöhnliche Geschäfte. Schließlich sei ein etwa gesetzter Rechtsscheinstatbestand der Klägerin nicht zurechenbar. Der Vertretene müsse nämlich die Möglichkeit gehabt haben, die Entstehung des Rechtsscheintatbestands zu verhindern. Soweit die in Anl. K 5 getroffene AGB-Regelung zum Nachteil der Klägerin als Zahlungsdienstnutzer abweiche, sei diese gem. § 675e Abs. 1 Satz 4 BGB unwirksam. Auch bestehe kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch der Beklagten: Das Fälschungsrisiko trage grundsätzlich der Zahlungsdienstleister. Die Klägerin treffe weder ein Verschulden noch habe sie den Girovertrag verletzt.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

1. einen Betrag von Euro 2.170.000,00 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14. Februar 2015,2. sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 10.826,90 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeitzu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor,das Bestehen der internen Vorgabe bei der Klägerin, dass Überweisungen nach dem Vieraugenprinzip unterzeichnet werden müssen, werde bestritten, jedenfalls sei dies der Beklagten bis zur Auseinandersetzung in dieser Streitsache nicht bekannt gewesen und so nie kommuniziert worden .

So habe auch der Geschäftsführer B. am 28.8 2013 einen Garantieauftrag allein unterzeichnet, der aus der Buchhaltung der Klägerin ebenfalls per Telefax an die Beklagte weitergeleitet worden sei, ohne dass dies zu irgendwelchen Besonderheiten geführt habe. Auch habe die Klägerin über das streitgegenständliche Konto Auslandszahlungsaufträge abgewickelt.

Abgesehen davon obliege es ausschließlich der Bestimmung durch die Klägerin, welches Konto Sie für welche Überweisungen verwende. Schließlich hätten auch die Mitarbeiterinnen der Klägerin, Frau G. und die für die Buchhaltung Verantwortliche Mitarbeiterin, Frau Z., trotz positiver Kenntnis von der Verwendung des streitgegenständlichen Kontos nichts veranlasst und deshalb offenbar nichts Außergewöhnliches gesehen.

Vor der ersten am 26.11.2014 erfolgten Überweisung habe Frau G. bei der Beklagten angerufen, um anzukündigen, dass Sie Zahlungen im Auftrag von Herrn B. zu tätigen habe, welche sie per Fax senden wolle, da die Überweisungen nicht auffallen sollten. Obwohl die Mitarbeiterin W. der Beklagten mitgeteilt habe, dass man die veranlasste Zahlung den Kontoauszügen entnehmen könne, weswegen eine absolute Geheimhaltung nicht möglich sei, sei die Zeugin G. bei ihrem Wunsch geblieben. Nach diesem vorangegangenen Anruf und dem Hinweis auf die Heimlichkeit der Sache seien weitere Fragen durch die Beklagte nicht mehr veranlasst gewesen. Auch habe die Zeugin Z. am 28.11.2014 angerufen und nachgefragt, um was für eine Zahlung es sich bei den 570.000 EUR handeln würde. Daraufhin seien ihr die Empfängerdaten mitgeteilt und dargelegt worden, dass es sich nach Angaben von Frau G. um eine geheime Sache handle, woraufhin Frau Z. erklärte, dass die Zahlung in Ordnung sei. Damit stehe fest, dass der erste Zahlungsauftrag vom 26.11.2014 sowie dessen Abwicklung bei der Klägerin offenkundig bekannt und auch die nachfolgenden Kontoumsätze für die Klägerin ersichtlich waren, insbesondere auch die Zahlungsempfänger. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Mitarbeiter der Klägerin es für notwendig erachtet, zu überprüfen, ob die für Faxaufträge vereinbarten Vorgaben gemäß Faxvereinbarung eingehalten und insgesamt Originalunterschriften für jeden Zahlungsauftrag vorgelegen hätten, geschweige denn Rücksprache mit einem der Geschäftsführer zu halten. Beim fünften und letzten Zahlungsauftrag vom 8.12.2014 habe die Beklagte bei der Klägerin um Rückruf gebeten, da auf dem Faxauftrag die vereinbarte Gebührenregelung nicht angegeben gewesen sei. Die kurze Zeit später anrufende Zeugin Z. habe mitgeteilt, dass auch die fünfte Überweisung bedenkenlos ausgeführt werden könne und dass die Klägerin wie bei den anderen Überweisungen alle Gebühren selbst übernehmen werde. Insgesamt stehe damit fest, dass Frau G. ohne jede Täuschung durch Dritte gewusst habe, dass es sich bei der von ihr eingeholten Unterschrift des Geschäftsführers B. um eine eingescannte Unterschrift und nicht um eine Originalunterschrift handelte. Es lägen mithin keinesfalls klassisch gefälschte Überweisungsaufträge vor. Vielmehr habe die Zeugin G. vorsätzlich entgegen den von der Klägerin in der Faxvereinbarung übernommenen Pflichten nicht sichergestellt, dass sie per Fax nur Zahlungsaufträge an die Beklagte versendet, welche mit einer Originalunterschrift versehen sind. Aus der Faxvereinbarung ergebe sich unmissverständlich, dass die Beklagte solche per Fax eingehenden Überweisungen als von der Klägerin autorisiert anzusehen und daher ohne Rücksicht auf deren Echtheit auszuführen habe.

Die Beklagte ist der Auffassung, es liege eine Autorisierung der Zahlungsaufträge im Sinne von § 675u in Verbindung mit § 675j BGB vor. In der in Anl. K5 vorgelegten Faxvereinbarung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte eingereichte Zahlungsaufträge als rechtsverbindliche Authentifizierungsaufträge anerkennen und ausführen muss ohne Rücksicht auf die Echtheit der Original-Unterschrift, zu deren Einholung sich die Klägerin verpflichtet habe. Eine solche vollumfängliche Haftungsfreistellung sei zulässig, weil es sich hierbei allein um die Zuweisung des Risikos handele, das sich nur aus einer vom Kunden ausdrücklich gewünschten und nur dessen Interessen dienenden Arbeitserleichterung ergebe. Spätestens seit dem Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 9.4.2014 stehe fest, dass der Zahlungsauftrag unabhängig von der Frage, ob der verwendete Verfahrensablauf personalisiert sei oder nicht, als ZAI anzusehen sei, wenn der zwischen den Personen vereinbarte Verfahrensablauf eingehalten werde. Jedenfalls aber sei die Berufung der Klägerin auf eine fehlende Authentifizierung als Verstoß gegen § 242 BGB anzusehen. Schließlich habe die Klägerin durch Unterzeichnung der Faxvereinbarung den Rechtsschein dafür gesetzt, dass diese bei Übersendung von Faxaufträgen durch die Klägerin einen ordnungsgemäß authentifizierten Zahlungsauftrag erhalte. Aufgrund der von der Klägerin in der Vereinbarung übernommenen Verpflichtung habe sie bei der Beklagten mehrfach den ihr zurechenbaren Anschein dafür gesetzt, dass die Beklagte davon ausgehen habe dürfen, dass die von der Klägerin per Fax übersandten Aufträge die Unterschrift des Geschäftsführers im Original enthalten. Jedenfalls aber stehe der Beklagten gegenüber der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Klageforderung zu, mit welchem ausdrücklich aufgerechnet werde. Die Mitarbeiterinnen der Klägerin hätten vorsätzlich gegen die in der Vereinbarung übernommenen Verpflichtungen verstoßen. Ebenso liege ein zumindest grob fahrlässiger Verstoß gegen die Verpflichtung aus Nr. 20 Abs. 1c der AGB der Beklagten vor. Auch habe die Klägerin ihre Nebenpflichten gegenüber der Beklagten aus dem Girovertrag in grob fahrlässiger Art und Weise verletzt, dafür Sorge zu tragen, dass Fälschungen von Unterschriften vermieden werden. Schließlich habe die Klägerin gegen ihre eigenen internen Sicherstellungspflichten verstoßen, was eine grob fahrlässige Verletzung ihrer Organisationsverpflichtung darstelle. Im Übrigen habe aus Sicht der Beklagten gerade kein Zweifelsfall vorgelegen, so dass eine Verpflichtung zur eigenständigen Nachfrage nicht bestanden habe. Auch wenn es möglicherweise unüblich gewesen sei, dass ein Geschäftsführer der Klägerin Überweisungsaufträge alleine unterzeichnet habe, habe Frau Z. als maßgebliche Person der Klägerin in deren Buchhaltung gerade die Auftragserteilung des ersten Auftrages freigegeben, ohne irgendwelche Bedenken anzumelden. Zweifel an der Echtheit und Originalität der Unterschrift hätten aufgrund eines Vergleichs mit der Unterschriftenkarte nicht vorgelegen. Auch das Kürzel „i.V.“ sei kein Anlass für einen Verdacht gewesen, wenn tatsächlich der Geschäftsführer mit seiner Originalunterschrift den Zahlungsauftrag abgezeichnet hätte. Ob der jeweilige Zahlungsauftrag durch Frau G. mitunterzeichnet worden sei, spiele für die Beklagte keine wesentliche Rolle, nachdem der Geschäftsführer B. alleinzeichnungsberechtigt gewesen sei. Im Übrigen sei unverständlich, warum der Beklagten vorgeworfen werde, keine Rücksprache mit dem Geschäftsführer B. gehalten zu haben, obwohl selbst die Mitarbeiter der Klägerin in Kenntnis der Situation ebenfalls keine persönliche Rücksprache gehalten hätten.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Denn entgegen der Auffassung der Klägerin ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall der zwischen den Parteien vertraglich genau vereinbarten Abwicklung einer Telefaxüberweisung eine Autorisierung der Klägerin für die Überweisungen gegenüber der Beklagten i.S.d. § 675j BGB tatsächlich vorgelegen hat, so dass kein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Erstattung des Zahlungsbetrages gem. § 675u BGB besteht (1).

Selbst wenn man indessen von einer fehlenden Autorisierung ausgeht, steht der Beklagten ein Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe gegenüber der Klägerin wegen einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der vereinbarten Bedingungen für die Telefaxüberweisungen gem. § 675 v Abs. 2 Nr. 2 BGB bzw. §§ 675, 280 BGB zu, so dass die Geltendmachung der Klageforderung gegen § 242 BGB verstößt (2).

1.

Der zwischen den Parteien bestehende Bank(Giro)vertrag ist ein Zahlungsdienste-rahmenvertrag i. S. d. § 675f Absatz 2 BGB, so dass die Bestimmungen über Zahlungsdienste (§§ BGB § 675c ff. BGB) auf die streitgegenständlichen Überweisungsaufträge Anwendung finden. Diese Bestimmungen, die mit am 31.10.2009 in Kraft getretenem Gesetz neu in das BGB eingefügt wurden, sind im vorliegenden Fall auch zeitlich anwendbar (vgl. EGBGB Artikel 229 § 22 Absatz 1).

a)

Nach § 675u Satz 2 BGB, der gem. § 675e Abs. 1,4 BGB zwingendes Recht darstellt und deshalb auch im kaufmännischen Verkehr keine abweichende Regelung zu Lasten des Nutzers ermöglicht, kann die Klägerin im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs von der Beklagten als Zahlungsdienstleisterin die unverzügliche Erstattung des Zahlungsbetrages verlangen und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dass dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen ist, auf den es sich ohne die Belastung durch die nicht autorisierten Zahlungsvorgänge befunden hätte.b)

Die Kammer geht im vorliegenden Fall indessen von einer Autorisierung der Telefaxüberweisungsaufträge durch die Klägerin aus.

Nach der Legaldefinition in § 675j Abs. 1 BGB Satz 1 ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). § 675j Satz 3 BGB bestimmt, dass Art und Weise der Zustimmung zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren sind, nach Satz 4 kann insbesondere vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsauthentifizierungsinstruments (ZAI) erteilt werden kann.

Nach Auffassung der Kammer führt die unstreitig erfolgte Fälschung der Unterschrift des Geschäftsführers der Klägerin B. nicht automatisch zur fehlenden Autorisierung. Vielmehr ergibt sich aus der Vereinbarung (Anl. K 5) aus dem Jahre 2006 eine Autorisierung dadurch, dass die gefaxte Unterschrift, die naturgemäß der Beklagten nie im Original vorliegen kann, als Autorisierung anzusehen ist, weil die Klägerin die Pflicht zur vorherigen Prüfung des Vorliegens einer Originalunterschrift übernommen hat und ausdrücklich vereinbart war, dass in dieser Weise von der Klägerin übermittelte Fernkopien als rechtsverbindliche Aufträge ohne Rücksicht auf die Echtheit der Unterschrift anzusehen sind.

c)

Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Auffassung vertreten wird, eine Fälschung durch Dritte stelle nie eine Autorisierung durch den wahren Zahler dar, das Risiko der Fälschung trage vielmehr immer der Zahlungsdienstleister. Dies sei das Ergebnis der Zusammenschau der §§ 675u, 675j BGB (MüKo-Casper Rz.1 und 8; Bankrechtshandbuch 4. Aufl.-Mayen, § 49 Rz. 29: An einer Zustimmung des Kontoinhabers fehle es jedenfalls in den Fällen, in denen der Überweisungsauftrag gefälscht oder verfälscht wurde. Die neue Rechtslage entspreche der früheren, da auch bisher im Falle der Fälschung von einer fehlenden Weisung ausgegangen worden sei. Geändert habe sich ebenfalls nicht, dass das Zahlungsinstitut selbst dann keinen Aufwendungsersatzanspruch hat, wenn es die Fälschung nicht erkennen konnte und diese durch einen Umstand ermöglicht wurde, der in der Sphäre des Kontoinhabers lag (BGH NJW 2001, 2968).Eine fehlende Autorisierung und infolgedessen ein fehlender Aufwendungsersatzanspruch liege auch in diesem Fall vor, da § 675j Abs. 1 BGB nach seinem eindeutigen Wortlaut eine tatsächlich erteilte Zustimmung voraussetze. Ein nicht vom Kunden gesetzter Rechtsschein einer solchen Zustimmung genüge daher nicht.)

Die Kammer nimmt auch zur Kenntnis, dass entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung geäußerten vorläufigen Rechtsauffassung der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.6.2016 (NJW 2015, 3093 f.) die bis dahin streitige Rechtsfrage der Anwendbarkeit von Rechtscheinshaftungstatbeständen dahingehend entschieden haben will, dass im Anwendungsbereich der §§ 675c ff. BGB einem Zahler ohne dessen Autorisierung ein Zahlungsvorgang nicht als Leistung zugerechnet werden kann, unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger Kenntnis von der fehlenden Autorisierung hat und wie sich der Zahlungsvorgang aus seiner Sicht darstellt. Die Unanwendbarkeit der Rechtsscheinhaftung auch im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister beruhe maßgeblich auf der Einführung des nur sehr eingeschränkt abdingbaren Zurechnungskriteriums der Autorisierung durch den Zahler.

d)

Damit ist aber gerade nicht ausgeschlossen, dass der Zahler und der Zahlungsdienstleister Art und Weise der Zustimmung und damit der Autorisierung gem. § 675j BGB Sätze 3 und 4 individuell vereinbaren können. Es geht mithin letztlich nicht um die Frage, ob sich die Beklagte auf einen nicht auf eine echte Unterschrift des Geschäftsführers B. bezogenen Rechtsschein berufen kann, sondern darum, ob nicht aus der Einhaltung der in der Vereinbarung zur Ausführung von per Telefax erteilten Überweisungen (Anl. K 5) festgelegten Vorgehensweise eine tatsächliche Autorisierung erfolgt ist. Darin verpflichtete sich die Klägerin nämlich, dass die mittels Telefax übermittelten Aufträge gemäß den in den Kontounterlagen getroffenen Verfügungsvollmachten vor der Absendung im Original unterzeichnet werden, d.h. vor Faxübersendung vorliegen müssen. Zuvor wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht in der Lage ist, per Telefax eingehende Aufträge auf ihre Echtheit und die Übereinstimmung mit dem Original hin zu überprüfen. Unstreitig lag der Mitarbeiterin der Klägerin G. aber zu keinem Zeitpunkt die Unterschrift des Geschäftsführers B. im Original vor, bevor Sie die entsprechenden Überweisungsaufträge per Telefax an die Beklagte übermittelte. Abgesehen davon, dass dies einen klaren Verstoß gegen die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung darstellt, ändert dieser Umstand aber nichts am Vorliegen der vereinbarten Autorisierung: Letztlich haben die Parteien mit der Vereinbarung von 2006 für den Sonderfall der Telefaxüberweisung die Art und Weise der Zustimmung des Zahlers gesondert individuell geregelt. Wünscht ein Zahler die Möglichkeit eines Überweisungsauftrages per Telefax, kann der Zahlungsdienstleister per se nie eine Unterschrift des Zahlers im Original auf die Übereinstimmung mit den in den Unterschriftskarten vorliegenden Unterschriften überprüfen. Es bleibt deshalb in Bezug auf die Echtheit der Unterschrift nur die Möglichkeit, den Zahler selbst zu verpflichten, sicherzustellen, dass ein solcher Überweisungsauftrag per Telefax an den Zahlungsdienstleister nur dann übersandt wird, wenn beim Zahler die Unterschrift eines Verfügungsberechtigten tatsächlich im Original vorliegt. Erfolgt dann aber ein entsprechende Telefaxüberweisungsauftrag an den Zahlungsdienstleister, liegt nach der zugrundeliegenden Vereinbarung der Parteien eine Autorisierung i.S.v. § 675 j Abs. 1 BGB vor.

e)

Diese Vereinbarung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 675e I, IV BGB unzulässig: § 675j Abs. 1 Sätze 3,4 BGB regeln explizit, dass Art und Weise der Zustimmung zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren sind (auch durch Einsatz eines ZAI). Anl. K 5 enthält diese ausdrückliche Regelung für per Telefax erteilte Überweisungen. Darin liegt keine gegenüber dem Gesetz nachteilige Vereinbarung zu Lasten des Zahlers. Auch der Gesetzgeber hat hierzu angemerkt, dass die vorgeschlagenen S. 3 und 4 als entbehrlich angesehen werden könnten, da sich diese Vereinbarungsmöglichkeiten bereits aus der Vertragsfreiheit ergeben. Letztlich wird hier durch die Wiedergabe des Richtlinienwortlauts aber auch deutlich gemacht, dass solche Vereinbarungen auch grundsätzlich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam geschlossen werden können. Eine Inhaltskontrolle der konkreten Vereinbarung ist dadurch jedoch nicht ausgeschlossen (vergleiche Bundestagsdrucksache 16/11643, Seite 106). Anhaltspunkte dafür, dass diese Vereinbarung nach den §§ 305 BGB unwirksam ist, insbesondere wegen einer unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 BGB, sind nicht ersichtlich. Wünscht ein Zahler die Möglichkeit eines Überweisungsauftrages per Telefax, kann der Zahlungsdienstleister per se nie eine Unterschrift des Zahlers im Original auf die Übereinstimmung mit den in den Unterschriftskarten vorliegenden Unterschriften überprüfen. Es bleibt deshalb in Bezug auf die Echtheit der Unterschrift nur die Möglichkeit, den Zahler selbst zu verpflichten, sicherzustellen, dass ein solcher Überweisungsauftrag per Telefax an den Zahlungsdienstleister nur dann übersandt wird, wenn beim Zahler die Unterschrift eines Verfügungsberechtigten tatsächlich im Original vorliegt

2.

Selbst wenn man aber eine Autorisierung der Telefaxüberweisungsaufträge nicht annehmen will, verstößt der geltend gemachte Anspruch der Klägerin aus § 675u BGB gegen § 242 BGB, da der Beklagten ein Gegenanspruch in zumindest gleicher Höhe zusteht.

a)

Sollte wegen der Fälschung eine Autorisierung nicht angenommen werden, kann sich die Beklagte zwar auf den in K 5 Ziff. 7 vereinbarten vollständigen Haftungsausschluss und die dennoch eingeräumte Belastungsberechtigung nicht berufen, da insoweit eine vom Gesetz (§ 675u BGB) für den Zahler nachteilige Vereinbarung vorliegt, die gem. § 675e BGB unwirksam ist.

b)

§ 675u S. 1 BGB stellt klar, dass bei fehlender Autorisierung kein Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler besteht. Vielmehr ist der Zahlungsdienstleister auf eventuelle Schadensersatzansprüche aus § 675v BGB oder auf Schadensersatzansprüche aus §§ 280, 675 BGB beschränkt (Palandt Rz. § 675u BGB Rz. 2,3; Staudinger a.a.O. Rz. 16, der allerdings in § 675v BGB jetzt eine spezialgesetzliche, abschließende Regelung im Falle der Verwendung eines ZAI sieht, beschränkt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für den hier in Betracht kommenden Fall des Absatzes 2).

Die Kammer hält jedenfalls die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 675v Abs. 2 Nr. 2 BGB für gegeben.

c) Anwendungsbereich des § 675v BGB: Zahlungsauthentifizierungsinstrument

Gemäß § 675c Abs. 3 BGB sind die Definitionen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) maßgeblich wie hier in § 1 Abs. 5 Buchst. ZAG. Ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument ist danach jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, das zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister für die Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbart wird und das vom Zahlungsdienstnutzer eingesetzt wird, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.

Der deutsche Gesetzgeber hat diesen Begriff, der so in der Zahlungsrichtlinie nicht enthalten war, selbständig kreiert durch die Zusammenfassung der in der Richtlinie verwendeten Begriffe Zahlungsinstrument und Authentifizierung, ohne dass der Gesetzgeber eine genaue Abgrenzung geliefert hat, vielmehr nur mit Beispielen hantiert (ja: TAN und PIN, Debitkarte mit PIN, Kreditkarte im Präsenzverfahren mit Unterschrift, nicht aber die Mitteilung der Kartendaten im Mail-Order-Verkehr).

Ziel eines ZAI ist, durch den Einsatz eines formalisierten Verfahrens, unter Umständen auch unter Beschränkung auf eine bestimmte Art der Kommunikation, und den Einsatz von Merkmalen, die nur diesem Nutzer eigen bzw. bekannt sind, die Abwicklung eines Zahlungsvorgangs zu erleichtern und den zu seiner Ausführung führenden Zahlungsauftrag eindeutig diesem Nutzer als Veranlasser zuordenbar zu machen. Dem dient zum einen die Unterschrift des Zahlers, in der Regel in Verbindung mit einem in AGB des Zahlungsdienstleisters vorgeschriebenen Formular oder immer häufiger durch personalisierte Sicherheitsmerkmale, die vom Zahlungsdienstleister dem Nutzer zugeteilt werden und nur diesem bekannte oder zugängliche Codes. Bei der reinen Unterschrift ist die Zuordnung zweifelhaft (vgl. Palandt 74. Aufl. 2015, § 675j BGB Rz. 6).

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 9.4.2014 C-616/11 festgestellt, dass der in der Richtlinie definierte Begriff des Zahlungsinstruments einen nicht personalisierten Verfahrensablauf erfassen kann, der zwischen dem Nutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der vom Nutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen. Danach handelt es sich bei einem vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein bzw. dem auf einem solchen Zahlschein beruhenden Verfahren zur Erteilung eines Überweisungsauftrages um ein Zahlungsinstrument. Die Authentifizierung erfolgt dann regelmäßig über die vorab beim Zahlungsdienstleister hinterlegte Probe der eigenhändigen Unterschrift.

Nach diesen Vorgaben handelt es sich auch bei der vorliegend zwischen den Parteien getroffenen generellen Verfahrensweise für Telefaxüberweisungen um ein ZAI (so wohl auch MüKo-Casper § 675j Rz. 29.), so dass der Anwendungsbereich des § 675v Abs. 2 BGB eröffnet ist.

d)

Nach Überzeugung der Kammer liegt im vorliegenden Fall auf der Hand, dass die Mitarbeiterin in der Buchhaltung der Klägerin G. mindestens grob fahrlässig die zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen zur Nutzung der Telefaxüberweisungen als ZAI nicht eingehalten und dadurch den Schaden infolge der durchgeführten Überweisungsaufträge verursacht hat. In keinem Fall hat die Mitarbeiterin vor Faxübermittlung einen im Original unterschriebenen Überweisungsauftrag in den Händen gehalten und entsprechend auf Echtheit überprüft, sondern vielmehr ganz bewusst nur aufgrund von in E-Mails eingescannten, angeblichen Unterschriften des Geschäftsführers B. die Telefaxaufträge an die Beklagte übermittelt. Sollten der Mitarbeiterin die Vereinbarungen der K 5 und die daraus erwachsenden Prüfungspflichten nicht bekannt gewesen sein, läge ein besonders grober, unverständlicher Organisationsfehler im Verantwortungsbereich der Klägerin (Buchhaltung) vor.

e)

Auch ein Mitverschulden der Beklagten vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Das Abheben der Klägerin auf angebliche Auffälligkeiten und die angebliche Auskunft, der erste Auftrag sei von Herrn B. erfolgt, es sei alles o.k., rechtfertigen nicht die Annahme, die Beklagte habe auf die Ordnungsgemäßheit der Einhaltung der vereinbarten Voraussetzungen für die Telefaxüberweisungsaufträge nicht vertrauen dürfen. Das behauptete Vier-Augen-Prinzip bei der Klägerin war so in der bei der Beklagten hinterlegten Alleinverfügungsberechtigung des Geschäftsführers B. (K 11) nicht kommuniziert. Für die Unüblichkeit großer Auslandsüberweisungen über das streitgegenständliche Konto durch einen Geschäftsführer alleine kann auf die Anl. K 1 bis K 3 gegenüber der Beklagten ebenfalls nicht mit Erfolg zurück gegriffen werden: Woher sollte die Beklagte von Überweisungsaufträgen an andere Banken Kenntnis erlangen ? Die Unterzeichnung eines Geschäftsführers einer GmbH mit i.V. mag zwar unüblich sein, musste aber das Vertrauen der Beklagten in die angeblich im Original vorliegende Unterschrift ebenso wenig erschüttern wie der vorherige Anruf der Zeugin G. bei der Beklagten auch und gerade wegen des darin erfolgten Hinweises auf die angebliche besondere Geheimhaltungsbedürftigkeit der Angelegenheit.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Der Beklagten war das beantragte Schriftsatzrecht auf die Replik vom 10.9.2015 nicht zu bewilligen, da in der Replik kein neuer, entscheidungserheblicher Tatsachenvortrag erfolgte.