VG Bayreuth, Urteil vom 05.12.2014 - B 1 K 13.585
Fundstelle
openJur 2015, 18594
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Ehefrau des Klägers hält drei Hengste und zwei Stuten. Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom ... setzte der Beklagte verschiedene Auflagen bezüglich dieser Pferdehaltung fest. Ein gegen diesen Bescheid gerichteter Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wurde vom Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 16.05.2013 Az. B 1 S 13.160 abgelehnt. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss verwarf der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18.07.2013 Az. 9 CS 13.1241. Die Klage gegen diesen Bescheid (Az. B 1 K 13.161) wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 05.12.2014 abgewiesen; diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Am 06.02.2013 nahm der Beklagte den von der Ehefrau des Klägers gehaltenen Hengst, der auf dem vom Beklagten als „...“ bezeichneten Standort gehalten wurde, nach mündlicher Anordnung gegenüber der Ehefrau des Klägers weg und brachte ihn anderweitig unter. Mit Bescheid vom ... bestätigte das Landratsamt ... diese mündliche Anordnung der Wegnahme vom 06.02.2013. Weiter wurde die Veräußerung des Hengstes angedroht, sofern bis zum 30.04.2013 nicht eine den Anforderungen des Tierschutzes entsprechende Haltung in Absprache mit dem Landratsamt ... sichergestellt ist. Die sofortige Vollziehung der Ziffern I Nrn. 1 - 2 dieses Bescheides wurde angeordnet. Einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Beschluss vom 16.05.2013 Az. B 1 S 13.260 ab. Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18.07.2013 Az. 9 CS 13.1240 zurück. Die Klage gegen diesen Bescheid (Az. B 1 K 13.261) wurde ebenfalls mit Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 05.12.2014 abgewiesen; diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Einen Antrag der Ehefrau des Klägers nach § 123 VwGO mit dem Ziel, dem Landratsamt ... aufzugeben, die im Bescheid vom 12.03.2013 angekündigte Veräußerung des Hengstes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens zu unterlassen, lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 16.05.2013 Az. B 1 E 13.295 ab.

Am 29.04.2013 holten der Kläger und seine Ehefrau das o.g. Pferd eigenmächtig aus dem Reitstall in ..., in dem es untergebracht war. Daraufhin brachte der Beklagte das Pferd am 30.04.2013 erneut in dem Reitstall in ... unter; bei dieser Rückholaktion waren sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau anwesend. Der Prozessbevollmächtigte der Ehefrau des Klägers übermittelte mit Schriftsatz vom 02.05.2013 dem Verwaltungsgericht Bayreuth im Verfahren B 1 E 13.295 eine Vereinbarung vom 28.04.2013 zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau, wonach der Hengst „...“, Lebensnummer DE ..., ab dem 28.04.2013 in das Eigentum des Klägers übergehe. Bei diesem Pferd handelt es sich um das o.g., das zuvor auf dem als „... bezeichneten Standort gehalten wurde.

Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 02.08.2013 verpflichtete das Landratsamt den Kläger, die Wegnahme des Hengstes ..., der seiner Ehefrau auf dem Standort ... durch mündliche Anordnung des Landratsamts vom 06.02.2013 und schriftliche Bestätigung mit Bescheid vom 12.03.2013 weggenommen worden war, zu dulden. Sofern nicht bis zum 09.08.2013 eine den Anforderungen des Tierschutzes entsprechende Haltung in Absprache mit dem Landratsamt sichergestellt sei, werde der Hengst veräußert.

Das Landratsamt legte die festgestellten Mängel in der Tierhaltung der Ehefrau des Klägers nochmals ausführlich dar und begründete die Duldungsanordnung im Wesentlichen damit, dass es zur Beseitigung festgestellter und zur Vermeidung künftiger Verstöße nach dem Tierschutzgesetz die notwendigen Anordnungen zu treffen habe. Es könne insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt sei oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeige, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt sei. Sei eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder sei nach Fristsetzung eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, könne die Behörde das Tier veräußern.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG seien hier erfüllt. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des zuständigen amtlichen Tierarztes des Landratsamts ... sei der am Standort ..., gehaltene Hengst erheblich vernachlässigt. Der Ehefrau des Klägers sei ein Auflagenbescheid zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände zugestellt worden, in dem die festgestellten Mängel der Tierhaltung aufgezeigt und die Notwendigkeit der Mängelbeseitigung ausführlich begründet worden sei. Die darin festgelegten Fristen zur Beseitigung der festgestellten Mängel seien von der Ehefrau des Klägers nicht eingehalten worden. Dem Kläger und seiner Ehefrau fehlten jedes Verständnis für die vorgeschlagenen Änderungen der Tierhaltung. Der Kläger habe die Auflagen als „fachlichen Unsinn“ bezeichnet und erklärt, dass er diese keinesfalls umsetzen werde.

Die angedrohte Veräußerung habe ihre Rechtsgrundlage in § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG und stelle sich als notwendige und gebotene Konkretisierung der Wegnahme und anderweitigen Unterbringung des Hengstes gegenüber der damaligen Eigentümerin, der Ehefrau des Klägers, dar. Dem Kläger werde im Einzelnen auferlegt, wie er nach der erfolgten Wegnahme und anderweitigen Unterbringung eine den Anforderungen des Tierschutzgesetzes entsprechende Haltung realisieren solle. Dies habe mit Fristsetzung zu geschehen, um dem Kläger die Möglichkeit zur Herstellung ordnungsgemäßer Zustände zu geben. Die festgesetzte Frist sei angemessen, da ansonsten die Kosten der anderweitigen Unterbringung den zu erwartenden Erlös beim Verkauf des Hengstes bei weitem übersteigen würden. Die Veräußerung, die neben dem Besitzverlust auch den Eigentumsübergang zur Folge haben solle, könne nicht im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt werden. Die für eine Veräußerung erforderlichen Willenserklärungen für den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags und die nachfolgende dingliche Einigung seien keine vertretbaren Handlungen, denn einem Dritten fehle die für eine wirksame Eigentumsübertragung erforderliche Verfügungsbefugnis, welche das Landratsamt durch Rückgriff auf die Eingriffsermächtigungen des § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG erlange. Deshalb sei die Anordnung zur Duldung der Wegnahme notwendig, da dem jeweiligen Eigentümer ein Recht an dem Tier zustehe, das die Zwangsmaßnahmen dagegen rechtlich hindern könne. Da dem Landratsamt eine Übertragungserklärung des Eigentums an dem Hengst ... von der Ehefrau des Klägers auf den Kläger vorliege, gelte die Duldungsverpflichtung gegenüber dem neuen Eigentümer fort. Die Anordnung entspreche pflichtgemäßem Ermessen (was näher dargelegt wird); mildere Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei notwendig, da im Falle der Fortdauer der anderweitigen Unterbringung die zu erwartenden Kosten den möglichen Erlös aus dem Verkauf des Pferdes übersteigen würden. Wegen der Kostentragungspflicht des Eigentümers liege es deshalb auch im Interesse des Klägers, das Verwahrungsverhältnis baldmöglichst durch eine Veräußerung zu beenden.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2013 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage gegen diesen Bescheid und beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom 02.08.2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der angefochtene Bescheid unzutreffende Angaben enthalte. Soweit ausgeführt werde, dass ein Hengst ... vom Standort ..., durch mündliche Anordnung des Landratsamts weggenommen worden sei, treffe diese Aussage nicht zu. Dort hätten weder der Kläger noch seine Ehefrau ein Pferd stehen. Zudem befinde sich dieses Grundstück nicht im Eigentum oder Besitz dieser Personen. Die getroffenen Feststellungen beträfen deshalb den Kläger nicht. Auch seien die sonst getroffenen Feststellungen über die Haltungsbedingungen nicht richtig. Unrichtig sei, dass sich das vorgelegte Heu auf dem Boden befunden habe und verunreinigt gewesen sei. Unrichtig sei auch, dass kein geeigneter Witterungsschutz vorhanden sei. Als Witterungsschutz seien Bäume und Hecken vorhanden. Auch seien Sicht-, Geruchs- und Gehörkontakt zu Artgenossen vorhanden. Unrichtig sei auch die Feststellung, dass dem Pferd kein Futter zur Verfügung gestanden habe und das Tränkebecken eingefroren gewesen sei. Die angeblichen Feststellungen seien im Winter getroffen worden, wobei zum damaligen Zeitpunkt das Tränkebecken 2 x täglich enteist worden sei. Zum Zeitpunkt der Kontrolle um 10.00 Uhr sei die Fütterung noch nicht erfolgt gewesen. Auch sei die Ehefrau des Klägers zum damaligen Zeitpunkt nicht anwesend gewesen, da verreist. Des Weiteren sei der Kläger mangels Haltereigenschaft für die Entgegennahme von Hinweisen und Anordnungen nicht zuständig gewesen. Der Auflagenbescheid sei nicht zugestellt worden.

Der Kläger habe ein eigenes Rechtsschutzinteresse, da bei einer Veräußerung ein irreparabler Schaden entstehe, den es abzuwenden gelte.

Mit Schriftsatz vom 29.08.2013 legte das Landratsamt ... die ergänzenden Akten vor und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei mehrfach durch den Veterinär des Landratsamts auf teilweise gravierende Mängel in der Haltung des betreffenden Pferdes hingewiesen worden. Eine entsprechende Beseitigung der gerügten Mängel sei nicht erfolgt, obwohl dem Kläger bei einer den Vorgaben des Tierschutzgesetzes entsprechenden Haltung eine zeitnahe Rückführung des Hengstes in Aussicht gestellt worden sei.

Zur Frage der angeblich unrichtigen Feststellungen wird auf die in den Behördenakten dokumentierten Tatsachenfeststellungen und gutachterlichen Stellungnahmen, zur Frage der Örtlichkeit auf die Kurzmitteilung der Polizeistation ... vom 02.01.2013 verwiesen. Im Übrigen sei die diesbezügliche Einlassung des Klägers ohne jeden Belang, da sie sich nur auf rein örtliche Gegebenheiten stütze und sich nicht mit der fachlichen Notwendigkeit der tierschutzrechtlichen Anordnungen auseinandersetze.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers lehnte mit Schriftsatz vom 02.04.2014 den Vorsitzenden der 1. Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 30.05.2014 abgelehnt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Behördenakten und die Gerichtsakte, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, das Vorbringen der Beteiligten sowie die Akten der Verfahren B 1 K 11.669, B 1 S 13.160, B 1 K 13.161, B 1 S 13.260, B 1 K 13.261, B 1 E 13.295 und B 1 E 13.384 Bezug genommen.

Gründe

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheides des Landratsamts ... vom ... Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen schließt sich das Gericht im Wesentlichen den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Klagevorbringen noch Folgendes auszuführen:

Nach § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG kann die Behörde ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG insbesondere erheblich vernachlässigt ist, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter des Tieres sichergestellt ist. Ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern.

Diese Voraussetzungen liegen zur Überzeugung der Kammer vor. Auf die beigezogenen Behördenakten, insbesondere die dort enthaltenen Tatsachenfeststellungen und gutachterlichen Stellungnahmen des Amts für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung, wie sie anlässlich der Tierschutzkontrollen am 21.03.2011 (S. 1 – 18 der Behördenakte), 06.02.2012 (S. 37 – 39 der Behördenakte) und 16.01.2013 (S. 54 – 59 der Behördenakte) getroffen wurden, wird hierzu verwiesen. Bei der Kontrolle durch den Amtstierarzt und Verwaltungsbeamte des Landratsamts am 06.02.2013 in der Zeit von 9.45 bis 10.15 Uhr wurde insbesondere festgestellt, dass auf dem ..., ..., ein Hengst ganztägig und nachts auf der Koppel gehalten wurde. Die im Bescheid vom 31.01.2013 gesetzten Auflagen bezüglich dieser Koppel waren überwiegend nicht erfüllt (Auflage I.1.1 – Verhinderung Morastbildung, Auflage I.1.2. – Fütterungseinrichtung, Auflage I.1.3 – Witterungsschutz, Auflage I.1.4 – Einzäunung, Auflage I.1.6 – Sozialkontakt). Lediglich die Auflage I.1.5 (Tränkewasser) war erfüllt worden. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war das Haarkleid des Hengstes stark durchnässt und mit Erdkrusten verunreinigt. Dem Pferd stand kein Futter zur Verfügung und das Tränkebecken war eingefroren.

Dass diese Mängel sowohl die Setzung von Auflagen zur Tierhaltung als auch die Wegnahme des Hengstes rechtfertigen können, wurde in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16.05.2013 Az. B 1 S 13.160 und B 1 S 13.260 sowie den Beschlüssen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.07.2013 Az. 9 CS 13.1240 und 9 CS 13.1241 sowie den Urteilen der Kammer vom 05.12.2014 Az. B 1 K 13.161 und B 1 K 13.261 bereits festgestellt. Soweit der Kläger unrichtige Feststellungen des Landratsamtes rügt, wird sowohl auf die Gründe dieser Beschlüsse als auch die in den Behördenakten enthaltenen Lichtbilder und gutachtlichen Äußerungen des beamteten Tierarztes des Landratsamts ... verwiesen. Danach steht mit ausreichender Sicherheit fest, dass die jetzigen Behauptungen des Klägers nicht den Tatsachen entsprechen. Insbesondere sind auch die nach den „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ vom 9. Juni 2009 einer Sachverständigengruppe im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (im Folgenden bezeichnet als „Leitlinien“) notwendigen Anforderungen in Bezug auf Witterungsschutz sowie Sicht-, Geruchs- und Gehörkontakt zu Artgenossen nicht ausreichend vorhanden. Bereits in den vorangegangenen Verfahren wurde ausdrücklich festgestellt, dass diese Leitlinien und Empfehlungen nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und anderer Oberverwaltungsgerichte eine sachverständige Zusammenfassung dessen darstellen, was insoweit als verlässlicher und gesicherter wissenschaftlicher Kenntnisstand gelten kann (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 30.1.2008 – 9 B 05.3146, 9 B 06.2992, B.v. 3.6.2004 – 25 CS 04.1363, B.v. 27.4.2004 – 25 CS 04.1010; vgl. auch ThürOVG, U.v. 28.9.2000 – 3 KO 700/99NVwZ-RR 2001, 507 m.w.N.). Das Gericht sieht deshalb keinen Anlass, von diesen Vorgaben abzuweichen.

Es trifft zwar zu, dass Bäume und Hecken im konkreten Einzelfall als Witterungsschutz ausreichen können. Dem beamteten Tierarzt sind die örtlichen Gegebenheiten jedoch bekannt und genügen nach seiner fachlichen Einschätzung den in den Leitlinien gestellten Anforderungen nicht. Auch insoweit ist – wie schon in den vorangegangenen Verfahren – nochmals hervorzuheben, dass nach ständiger Rechtsprechung, insbesondere auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht angeschlossen hat, den beamteten Tierärzten bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, vom Gesetz eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt ist (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.7.2013 – 9 CS 13.1240 – zur Beschwerde der Ehefrau des Klägers; B.v. 12.11.2013 – 9 CS 13.1946, B.v. 11.11.2013 – 9 ZB 12.2564, B.v. 7.1.2013 – 9 ZB 11.2455NuR 2013, 211, B.v. 23.7.2012 – 9 CS 12.1255, U.v. 30.1.2008 – 9 B 05.3146, 9 B 06.2992 – RdL 2008, 243; OVG BB, B.v. 15.7.2013 – OVG 5 N 11.10, B.v. 17.6.2013 – OVG 5 S 27.12 – und B.v. 25.5.2012 – OVG 5 S 22.11 – juris; NdsOVG, U.v. 18.6.2013 – 11 LC 206/12 – RdL 2013, 286). Die Einschätzung des zugezogenen beamteten Tierarztes wird vom Gesetz in § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG im Regelfall als maßgeblich angesehen. Als gesetzlich vorgesehene Sachverständige sind die Amtstierärzte für Aufgaben wie diese eigens bestellt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). In einem exakten Nachweisen nur begrenzt zugänglichen Bereich einzelfallbezogener Wertungen kommt ihrer fachlichen Beurteilung daher besonderes Gewicht zu. Anhaltspunkte dafür, dass der kontrollierende Amtstierarzt des Landratsamts ... nicht über die regelmäßig für seine Amtsführung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen würde, sind in keiner Weise ersichtlich. Damit besteht kein Anlass, dessen fachlicher Stellungnahme lediglich aufgrund der eigenen abweichenden Meinung des Klägers nicht zu folgen.

Soweit der Kläger behauptet, er und seine Ehefrau hielten auf dem ..., ..., kein Pferd, spielt dies für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die hier zu treffende Entscheidung keine Rolle. Falls diese Behauptung des Klägers zutreffen sollte – wovon das Gericht angesichts des auch in anderen Verfahren gezeigten Verhaltens des Klägers nicht ausgeht – kommt es darauf schon deswegen nicht an, weil es sich dann allenfalls um eine falsche Bezeichnung des Koppelgrundstücks handeln würde und nicht die Feststellungen in Bezug auf die Mängel der Tierhaltung beträfe. Nachdem allen Verfahrensbeteiligten zweifelsfrei klar ist, um welches Pferd es sich handelt und wo und unter welchen Bedingungen dieses Tier gehalten wurde, schadet eine etwaige falsche Bezeichnung des Grundstücks nicht. Der Kläger kann im Übrigen schon deswegen nicht behaupten, er wisse nicht, welches Pferd gemeint ist, weil er bei der Kontrolle durch die Bediensteten des Landratsamtes anwesend war, über die angekündigten Auflagen mit ihnen diskutiert und nach Angaben der Behörde erklärt hat, dass die Auflagen des Bescheides vom 31.01.2013 nicht erfüllt würden, weil sie „fachlicher Unsinn“ seien. Damit kann von einem Mangel der Bestimmtheit des Bescheides nicht die Rede sein.

Soweit der Kläger eine fehlende Zustellung der Bescheide rügt, spielt auch dies keine Rolle, weil eine förmliche Zustellung nicht notwendig ist. Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird (Art. 43 Abs. 1 BayVwVfG). Dass alle Bescheide sowohl dem Kläger als auch seiner Ehefrau gegenüber bekannt gegeben wurden, ergibt sich zwingend aus den beim Verwaltungsgericht anhängig gewordenen diesbezüglichen Rechtsschutzverfahren.

Soweit gerügt wird, dass der Kläger mangels Haltereigenschaft für die Entgegennahme von Hinweisen und Anordnungen nicht zuständig gewesen sei, ist zu betonen, dass dieser selbst erklärt hat, seine Ehefrau habe sich nicht um das streitgegenständliche Pferd kümmern können, weil sie verreist gewesen sei. Damit war der Kläger seinerzeit zweifelsfrei Betreuer des Pferdes im Sinne von § 2 TierSchG und damit ebenfalls für dessen tierschutzgerechte Haltung zuständig und zulässiger Adressat für Hinweise und Anordnungen.

Die Fortnahme des Pferdes wurde nach allem – wie bereits in den vorangegangenen Verfahren bestätigt – rechtsfehlerfrei angeordnet.

Bei der Fortnahme und anderweitigen Unterbringung handelt es sich um eine besondere tierschutzrechtliche Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung in der Form der Anwendung unmittelbaren Zwangs. Die Zwangsmaßnahme kann vorher angeordnet oder nach ihrer tatsächlichen Ausführung nachträglich durch Anordnung bestätigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 7.8.2008 – 7 C 7.08BayVBl 2008, 764NVwZ 2009, 120). Diese Zwangsmaßnahme bleibt auch dann wirksam, wenn ein Wechsel in Bezug auf die Person des Halters eintritt. Auch der neue Halter muss das betreffende Tier entsprechend den – hier sofortvollziehbar – festgesetzten Anforderungen halten. Ein Herausgabeanspruch setzt nach der Vorschrift des § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG voraus, dass eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung sichergestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.7.2006 – 25 CS 06.812; OVG NRW, B.v. 16.5.2007 – 20 B 610/07). Da der Kläger erklärtermaßen das Pferd unter den selben tierschutzwidrigen Bedingungen halten will, die zur Wegnahme geführt haben, auch in der mündlichen Verhandlung nachhaltig bekräftigt hat, dass er die Auffassung des Amtstierarztes für unsinnig und überzogen hält, kann er nach Treu und Glauben die Herausgabe des Pferdes nicht fordern (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est). Der Kläger besitzt unabhängig von der Frage des Eigentums deshalb keinen Anspruch auf Herausgabe des Pferdes.

Sofern ein Eigentümerwechsel eingetreten ist, hat das Landratsamt diesem Umstand durch Erlass der streitgegenständlichen Duldungsanordnung Rechnung getragen (vgl. BVerwG, U.v. 7.8.2008 a.a.O.). Gleiches gilt auch für die angedrohte Veräußerung des streitgegenständlichen Hengstes, sofern weiterhin eine tierschutzgerechte Haltung nicht gewährleistet ist. Eine entsprechende Anordnung ist auch gegenüber dem Kläger in Ziffer 2 des Bescheides des Landratsamts ... vom ... sofortvollziehbar verfügt worden.

Die Duldungsanordnung lässt auch keine Ermessensfehler erkennen. Sie ist geeignet, auf Dauer die Einhaltung der Anforderungen des § 2 TierSchG hinsichtlich der Haltung des Pferdes zu gewährleisten. Wird der Verkauf in der Regie des Beklagten vorgenommen, wird gewährleistet, dass dieser unter Berücksichtigung der Anforderungen des § 2 TierSchG seitens des zukünftigen Halters erfolgen wird. Der Verkauf ist auch erforderlich, um eine zukünftige tierschutzgerechte Haltung sicherzustellen, nachdem der Kläger sich unmissverständlich geweigert hat, die gesetzten Auflagen zu erfüllen oder sich mit der Behörde über denkbare andere geeignete Maßnahmen zu verständigen. Ein anderes, milderes Mittel kommt deshalb nicht in Betracht.

Schließlich ist die Anordnung der Duldung der Veräußerung auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Rechtsposition des Klägers stehen nicht außer Verhältnis zum Zweck der Veräußerung. Um langfristig eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Hengstes zu gewährleisten, ohne die Allgemeinheit letztlich mit den dafür erforderlichen Kosten zu belasten, ist die Anordnung der Duldung des Verkaufs damit verhältnismäßig.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 35.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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