OLG Celle, Urteil vom 19.01.2011 - 3 U 140/10
Fundstelle
openJur 2011, 13515
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 O 97/10

1. Stellen Darlehensvertrag und Restschuldversicherung ein verbundenes Geschäft dar, führt die nach wirksamen Widerruf der Restschuldversicherung eintretende Saldierung kraft Gesetzes nicht zu einem Zahlungsanspruch des an die Stelle des insolventen Kreditnehmers tretenden Treuhänders, da für diesen kein positiver Saldo verbleibt und insolvenzrechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen.

2. Der nach wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages an sich gegebene Anspruch auf Rückgewähr der aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erbrachten Zins und Tilgungsraten ist durch Aufrechnung der Bank mit ihrem Anspruch auf Rückgewähr der Darlehensvaluta in Höhe des nicht zur Finanzierung des verbundenen Geschäfts verwandten Anteils an der Darlehensvaluta erloschen. Der Aufrechnung steht weder die Insolvenz über das Vermögen des Schuldners noch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit entgegen, weil mit einer Masseverbindlichkeit aufgerechnet wird und die Wirkung der Aufrechnung bereits vor der Anzeige beim Insolvenzgericht eingetreten ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Juli 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger ist mit Beschluss des Amtsgerichts Walsrode vom 10. Juni 2009 (11 IK 72/09) zum Treuhänder über das Vermögen des insolventen K. L. bestellt worden. Der Insolvenzschuldner schloss gemeinsam mit seiner Ehefrau, über deren Vermögen ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, am 18. Mai 2007 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur Beklagte) einen Darlehensvertrag über eine Nettokreditsumme von 23.037,44 € (Anlage K 2, Bl. 7 ff. d. A.). Der Versicherungsbeitrag (8.676,30 €) für die gleichzeitig abgeschlossene Restschuldversicherung wurde gleichzeitig mit dem Kredit, dessen Gesamtbetrag sich auf 40.429,82 € belief, finanziert und der Versicherungsbeitrag von der Beklagten in einer Summe an die Versicherungsgesellschaft gezahlt. Mit Schreiben vom 11. August 2009 (Anlage K 3, Bl. 2 f. d. A.) widerrief der Kläger den Darlehensvertrag und den Restschuldversicherungsvertrag mit dem Hinweis darauf, dass er die Erfüllung der Rückgewährpflichten aus dem Versicherungsverhältnis verlange und zugleich die Erfüllung der Rückgewährpflichten aus dem Darlehensverhältnis ablehne. Der Insolvenzschuldner hat bis zu seiner Zahlungseinstellung auf das Darlehen Ratenzahlungen in Höhe von 4.809 € (7 Raten à 687 €) geleistet.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 hat der Kläger die Anzeige der Masseunzulänglichkeit mitgeteilt.

Der Kläger hat behauptet, der Abschluss des Restschuldversicherungsvertrages sei von der Beklagten zur Bedingung für den Abschluss des Darlehensvertrages erhoben worden, weshalb beide Verträge ein verbundenes Geschäft darstellten. Da ein hinreichender Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit auch des Restschuldversicherungsvertrages fehle, sei sein Widerruf nicht durch Fristablauf ausgeschlossen, weil infolge der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung die Frist nicht zu laufen begonnen habe. Der von der Beklagten gezahlte Versicherungsbeitrag sei demnach an ihn zurück zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.676,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass der Abschluss der Restschuldversicherung Voraussetzung für den Abschluss des Darlehensvertrages gewesen sei. Sie hat gemeint, dies könne ohnedies dahinstehen, da auch bei Vorliegen eines verbundenen Geschäfts keine Rückzahlungspflicht entstünde, weil gegenseitige Ansprüche, kraft Gesetzes verrechnet würden, weshalb ein Saldo zugunsten der Beklagten verbleibe, wobei die Beklagte an die Stelle des Versicherungsunternehmens trete.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dabei die Frage dahinstehen lassen, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt, weil aufgrund der mit der dann eintretenden Konsumtion, Konzentration oder Saldierung kraft Gesetzes ohnehin kein Anspruch zugunsten des Insolvenzschuldners verbleibe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Er ist der Auffassung, das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass infolge seines Widerrufs, verbunden mit der Ablehnung seiner Rückgewährpflicht aus dem Darlehensvertrag, seitens der Beklagten Ansprüche aus dem Darlehensvertrag gemäß § 103 Abs. 2 Satz 2 InsO nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden könnten. Soweit er dagegen die Erfüllung der Rückgewährpflicht aus dem Versicherungsvertragsverhältnis begehre, schließe eine - nach seiner Auffassung nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB gar nicht eintretende - Saldierung kraft Gesetzes, die im Insolvenzverfahren ohnehin nur eingeschränkt möglich sei, die Rückzahlungspflicht der Beklagten mit Blick auf die Versicherungsprämie nicht aus. Letztlich stünden einer Saldierung auch insolvenzrechtliche Einwendungen nach §§ 91, 96 InsO entgegen.

Hilfsweise begehrt der Kläger die Rückzahlung der vom Insolvenzschuldner auf den Darlehensvertrag geleisteten Raten (4.809 €). Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2010 erklärte (Hilfs)Aufrechnung mit ihrem aus dem Rückgewährschuldverhältnis hervorgehenden Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta (soweit diese dem Insolvenzschuldner in Höhe von 23.037,44 € zugeflossen ist) sei infolge der angezeigten Masseunzulänglichkeit ausgeschlossen (§ 210 InsO, § 390 BGB).

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 20. Juli 2010 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren K. L. 8.676,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2009 zu zahlen,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, die vom Schuldner auf den Darlehensvertrag geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 6.860 € an die Insolvenzmasse zu erstatten.

Er regt ferner an, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie den Hilfsantrag abzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung hält sie für unzulässig und rechnet für den Fall, dass der Senat die Klageänderung doch für zulässig erachtet, hilfsweise mit ihrem insoweit aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis hervorgehenden Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta auf, soweit diese dem Insolvenzschuldner zugeflossen ist.

Zur Ergänzung des Sach und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie auf die vor dem Senat gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten weder der auf Rückzahlung des Versicherungsbeitrages von 8.676,30 € gerichtete Anspruch noch die in zweiter Instanz erstmals geltend gemachte Rückerstattung der auf das Darlehen erbrachten Zahlungen des Insolvenzschuldners zu. Erachtet man Darlehensvertrag und Restkreditversicherung als verbundenes Geschäft, sind als Rechtsfolge des wirksamen Widerrufs zwar gemäß §§ 358 Abs. 4 Satz 1, 357 Abs. 1 Satz 1 BGB die von den Vertragsbeteiligten empfangenen Leistungen jeweils zurück zu gewähren. Indessen ergibt sich aufgrund der Saldierung kraft Gesetzes kein an den Kläger auszukehrender positiver Saldo. Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Rückgewähr der vom Insolvenzschuldner geleisteten Ratenzahlungen ist der Rückerstattungsanspruch des Klägers nach §§ 358 Abs. 3, 357, 346 BGB aufgrund der Hilfsaufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen, bevor infolge der Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 210 InsO ein Aufrechnungsverbot eingetreten ist (§ 94 InsO analog).

1. Es kann untergestellt werden, dass der Darlehensvertrag und die durch diesen mitfinanzierte Restschuldversicherung verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz BGB sind, weil die Restschuldversicherung wegen der infolge der engen Verknüpfung anzunehmenden wirtschaftlichen Einheit eine ´andere Leistung´ im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB darstellt (vgl. BGH Urteil vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 45/09, Juris Rn. 17 ff.). Rechtsfolge ist, dass der Darlehensnehmer mangels ordnungsgemäßer Belehrung gemäß § 358 Abs. 5 BGB seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB widerrufen kann, wie vorliegend vom Kläger vorgenommen. Es kommt deshalb nicht auf die Streitfrage an, ob der Abschluss der Restschuldversicherung von der Beklagten zur Bedingung für den Abschluss des Darlehensvertrages gemacht worden ist. Denn auch wenn man von einem verbundenen Geschäft ausgeht, was hier nahe liegt, vermag dies dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg zu verhelfen.

2. Unterstellt man ein Verbundgeschäft, erfasst der dann fristgerechte Widerruf des Darlehensvertrages gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 BGB auch den Restschuldversicherungsvertrag, mit dem Ergebnis, dass nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB auch dieser der Rückabwicklung nach §§ 357, 346 BGB unterfällt. Gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB hat dies aber gleichwohl einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung der Versicherungsprämie nicht zur Folge.

a) Nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB tritt der Darlehensgeber - hier also die Beklagte - im Verhältnis zu dem Verbraucher - hier also dem Insolvenzschuldner - hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag - hier also der … Lebensversicherung AG - ein, wenn - wie hier - das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist. Vorliegend ist die Auszahlung der Versicherungsprämie unmittelbar nach Abschluss des Darlehensvertrages erfolgt.

Zwar gilt der Grundsatz, dass eine durch den Widerruf eines Vertrages ausgelöste Rückabwicklung grundsätzlich in den einzelnen Vertragsverhältnissen erfolgt. Dieser Grundsatz wird indes durch § 358 Abs. 4 S. 3 BGB eingeschränkt, indem der Darlehensgeber in die Rechte und Pflichten des Unternehmers einrückt und an dessen Stelle Gläubiger und Schuldner des Verbrauchers wird, so dass es zu einer ausschließlich zweiseitigen Rückabwicklung sowohl des Darlehens wie auch des damit verbundenen Geschäfts im Verhältnis zwischen dem Darlehensgeber und dem Verbraucher kommt. Die hierdurch eintretende Konsumtion, Konzentration oder Saldierung kraft Gesetzes (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. November 2009 - 6 U 27/09, Juris Rn. 22) soll gerade zum Schutz des Verbrauchers eine Rückabwicklung über das Dreieck verhindern. Der Verbraucher ist danach nicht verpflichtet, die an den Unternehmer geflossene Darlehensvaluta zurückzuzahlen. Er schuldet diesem vielmehr nur die Herausgabe der finanzierten Leistung. Andererseits steht dem Verbraucher aber auch kein Anspruch auf Rückzahlung des an den Unternehmer aus dem Darlehen geleisteten finanzierten Entgelts zu. Denn durch den Eintritt des Darlehensgebers in die Rechte und Pflichten des Unternehmers kommt es insoweit zum Zusammenfallen von Anspruchsberechtigung und Verpflichtung. Da finanziertes Entgelt vorliegend der Versicherungsbeitrag ist, besteht nach der gesetzlichen Regelung kein gegen die Beklagte gerichteter Anspruch auf dessen Erstattung (vgl. Senatsentscheidung vom 17. Juni 2009 3 U 53/09, WM 2009, 1600, 1602).

b) Diese Rechtsfolge steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes, durch das der Verbraucher im Falle verbundener Verträge für den Fall des Widerrufs vor den Folgen einer Aufspaltung des Rückabwicklungsverhältnisses in zwei gesonderte Rückabwicklungsverhältnisse gegenüber verschiedenen Personen geschützt werden soll (BTDrucksache 11/5462, 24). Dem gegenüber würde es zu einem - vom Gesetzgeber nicht intendierten - Aufspaltungsgewinn kommen, wenn der Kläger vorliegend mit seiner Forderung durchdringen würde (Senatsurteil a. a. O.).

c) Der infolge der Saldierung kraft Gesetzes eintretenden Rechtsfolge des Nichtbestehens eines eigenständigen Anspruchs auf Rückzahlung der Prämie für die Restschuldversicherung stehen - wie vorstehend dargelegt - vorliegend auch keine insolvenzrechtlichen Vorschriften entgegen.

aa) Der Eintritt der Saldierung ist nicht davon abhängig, dass der Insolvenzverwalter gem. § 103 Abs. 1 InsO die Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses mit dem Darlehensgeber wählt. Die Entstehung beider Rückgewährschuldverhältnisse und der Eintritt des Darlehensgebers in die Rechte und Pflichten des Unternehmers fallen als jeweilige Folgen des Widerrufes zusammen. Der Widerruf als solcher kann aber nur einheitlich ausgeübt werden, was der Kläger mit seiner am 11. August 2009 abgegebenen Erklärung, wonach er die Erfüllung der Rückgewährpflichten aus dem Versicherungsverhältnis verlange, zugleich aber die Erfüllung derselben aus dem Darlehensverhältnis ablehne, verkannt hat. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für den Widerruf, so muss er sich an der vom Gesetzgeber vorgesehenen Konzeption des § 358 BGB festhalten lassen, die eine Rückzahlung des unmittelbar an die Restschuldversicherung geflossenen Teils der Darlehensvaluta - wie dargelegt - gerade nicht vorsieht (OLG Schleswig, Urteil vom 25. Juni 2009 - 5 U 3/09, Juris Rn. 21, OLG Düsseldorf a. a. O., Rn. 27). Aufgrund der nach § 358 Abs. 4 BGB eintretenden Saldierung kraft Gesetzes kommt es nicht darauf an, welche Intention der Treuhänder mit seiner Erklärung mit Blick auf § 103 InsO verfolgt, da er sich bei Ausübung seines Widerrufsrechts an der gesetzlichen Konzeption des § 358 BGB festzuhalten lassen muss.

bb) Dem vorstehenden Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Saldotheorie in der Insolvenz nur eingeschränkt Anwendung findet (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - IX ZR 200/03, Juris Leitsatz). Der Kläger verkennt bei seiner Auffassung, dass sich vorliegend - anders als in dem vorstehend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem ein Vertragspartner der Insolvenzschuldnerin Ausgleich für getätigte Aufwendungen dem Bereicherungsanspruch des Insolvenzverwalteranspruchs mindernd entgegensetzen wollte, was grundsätzlich zur Anwendung der Saldotheorie führen würde - gerade keine gegenläufigen Ansprüche gegenüberstehen. Vielmehr bewirkt der mit § 358 BGB bezweckte Verbraucherschutz die Vermeidung einer Aufspaltung durch Zusammenfallen von Anspruchsberechtigung und Verpflichtung, was zu einer Saldierung kraft Gesetzes führt (vgl. Senatsentscheidung a. a. O.).

cc) Auch weitere insolvenzrechtliche Vorschriften stehen dem nicht entgegen.

(1) Die Voraussetzungen des Aufrechnungsverbots nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO liegen - ungeachtet der fraglichen Qualifizierung des Rückerstattungsanspruchs als Insolvenzforderung - nicht vor. Denn das Erlöschen beruht nicht auf der rechtsgeschäftlichen Willenserklärung einer Aufrechnung, sondern auf dem nach der gesetzlichen Regelung erfolgenden Zusammenfall von Schuld und Forderung.

(2) Auch § 91 InsO greift nicht ein, da der Rückgewähranspruch aus dem ursprünglichen Restschuldversicherungsvertrag kein ´nach Insolvenzeröffnung entstandenes Recht´ darstellt. Vielmehr entstehen die wechselseitigen Ansprüche infolge des Widerrufs einheitlich und werden - wie gesagt - saldiert, so dass ein Recht des Insolvenzschuldners, an dessen Stelle der Kläger gemäß §§ 313 Abs. 1 Satz 1, 80 Abs. 1 InsO getreten ist, bereits nicht zur Masse gelangt ist.

3. Die Klage ist auch nicht aus dem Hilfsantrag begründet, mit dem der Kläger die Rückerstattung der vom Insolvenzschuldner auf das Darlehen erbrachten Zins und Tilgungsleistungen, die sich auf 4.809 € belaufen, begehrt. Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist zwar nach § 533 ZPO zulässig. der Hilfsantrag ist aber aufgrund der Hilfsaufrechnung der Beklagten unbegründet.

a) Der Hilfsantrag, mit dem ein Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Darlehensraten aus dem den Darlehensvertrag betreffenden Rückgewährschuldverhältnis geltend gemacht wird, stellt gegenüber dem in erster Instanz erhobenen Anspruch aus dem Rückgewährschuldverhältnis, das aus dem Versicherungsvertrag hervorgegangen ist, einen anderen Streitgegenstand dar, so dass eine objektive (Eventual)Klagehäufung vorliegt. Darin liegt eine nach § 533 ZPO in der Berufungsinstanz zulässige Klageänderung, da deren Berücksichtigung sachdienlich ist (§ 533 Nr. 1 2. HS ZPO) und der Antrag auf die unstreitige Tatsache, dass der Insolvenzschuldner auf das Darlehen Zahlungen in Höhe von 4.809 € geleistet hat, gestützt wird, die der Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen war (§ 533 Nr. 2 ZPO). Die Sachdienlichkeit i. S. v. § 533 Nr. 1 2. HS ZPO ergibt sich aus der voraussichtlichen Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits über einen Anspruch des Klägers aus dem Rückabwicklungsverhältnis des Darlehensvertrages.

b) Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten aber kein Anspruch auf Rückzahlung der - unstreitig - in Höhe von 4.809 € gezahlten Darlehensraten nach § 358 Abs. 2 bis 4, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB zu. soweit sein Klageantrag in Höhe von 6.860 € diesen Betrag um 2.051 € übersteigt, ist ohnehin keine Rückerstattungsforderung gegeben. Denn ein solcher Anspruch ist durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit ihrem Darlehensrückgewähranspruch aus § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB erloschen, bevor aufgrund der Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 210 InsO ein Aufrechnungsverbot eingetreten ist (§ 94 InsO analog).

aa) Der vom Kläger mit Schreiben vom 11. August 2009 erklärte Widerruf des Darlehensvertrages (Anlage K 3, Bl. 17 d. A.) war - unter der Annahme des Vorliegens eines Verbundgeschäfts - zwar wirksam, da zu diesem Zeitpunkt das Widerrufsrecht noch nicht nach § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 BGB erloschen war, weil der Darlehensvertrag eine den Anforderungen des § 358 Abs. 5 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung nicht enthielt. Durch den wirksamen Widerruf hat sich der Darlehensvertrag gemäß § 357 Abs. 1, § 346 BGB ex nunc in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt, in dessen Folge die Beklagte dem - an die Stelle des Darlehensnehmers getretenen - Kläger auch die Rückgewähr der aus seinem Vermögen erbrachten Zins und Tilgungsraten schuldet (BGH, Urteil vom 10. März 2009 - IX ZR 33/08, Juris Rn. 19 f.).

bb) Dieser in Höhe von 4.809 € an sich begründete Anspruch des Klägers ist aber durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit ihrem Darlehensrückgewähranspruch aus § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 BGB erloschen.

Der Beklagten steht aufgrund des Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung durch den Kläger gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 BGB ein Anspruch auf Rückgewähr der Darlehensvaluta in Höhe des nicht zur Finanzierung der Restschuldversicherung verwandten Anteils an der Darlehensvaluta (23.037,44 €) zu. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 358 BGB besteht kein Anlass, den Darlehensnehmer auch hinsichtlich des Anteils an der Darlehensvaluta, die ihm zu seiner freien Verfügung zugeflossen ist, keinem Rückzahlungsanspruch auszusetzen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 1. September 2010 - 13 U 132/09, Seite 11, Bl. 178, 188 d. A.).

Der Aufrechnung steht die über das Vermögen des Schuldners eröffnete Insolvenz nicht entgegen, weil es sich bei dem Anspruch um eine Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handelt, da der Anspruch der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis auf den durch den Kläger als Treuhänder nach Insolvenzeröffnung erklärten Widerruf zurückzuführen ist. Das Rückgewährschuldverhältnis als Grundlage für die beiderseitigen Ansprüche wurde erst durch den Widerruf geschaffen. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Rückgewähranspruch bereits im Darlehensvertrag - aufschiebend bedingt durch den Widerruf - vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angelegt gewesen sei, würde es sich um eine Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 103 Abs. 1 InsO handeln. § 103 InsO findet - so die Auffassung des Klägers selbst - auf das Rückabwicklungsverhältnis Anwendung (jedenfalls für eine analoge Anwendung: Wegener in Uhlenbruck, Kommentar zur Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 103, Rn. 95. OLG Stuttgart, Urteil vom 18. August 2003 - 5 U 62/03, Juris Rn. 24. vom BGH offen gelassen in seiner Entscheidung vom 22. Januar 2009 - IX ZR 66/07). Ungeachtet der mit seinem Schreiben vom 11. August 2009 im Zusammenhang mit dem Widerruf abgegebenen Erklärung, hat der Kläger mit der Erhebung seines Hilfsantrages jedenfalls konkludent Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses gewählt (§ 103 Abs. 1 InsO).

cc) Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit beim Insolvenzgericht, die der Kläger mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 mitgeteilt hat, führt zwar nach § 210 InsO zu einem Vollstreckungsverbot für Masseverbindlichkeiten, womit gleichzeitig ein Aufrechnungsverbot eintritt (Kießner in Braun, Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. § 210, Rn. 9. BGH, Urteil vom 18. Mai 1995 IX ZR 189/94, Juris, 4. Leitsatz). Indessen hat die Aufrechnungserklärung der Beklagten am 8. Dezember 2010 nach §§ 388, 389 BGB bewirkt, dass die zur Aufrechnung gestellten Forderungen des Klägers nach § 358 Abs. 2 bis 4, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung gezahlter Zinsen und Tilgung in Höhe von 4.809 € und die der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 23.037,44 € gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 BGB in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in dem sie sich zur Aufrechnung geeignet einander gegenüber standen. Dies war mit der zumindest konkludenten Wahl der Erfüllung des auf den Darlehensvertrag bezogenen Rückgewährschuldverhältnisses durch den Kläger der Fall, als er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Hilfsantrag gestellt hat (s. o.). Zu diesem Zeitpunkt war die Masseunzulänglichkeit vom Kläger gegenüber dem Insolvenzgericht jedoch noch nicht angezeigt worden. Hinzu kommt, dass die Aufrechnung in entsprechender Anwendung von § 94 InsO auch nach angezeigter Masseunzulänglichkeit zulässig bleibt, wenn die Aufrechnungslage bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit bereits bestanden hat (Kießner a. a. O.), was - wie dargelegt - der Fall war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage, ob der sich aus dem Rückabwicklungsverhältnis ergebende Anspruch des Darlehensgebers auf Rückerstattung des nicht der Finanzierung des verbundenen Vertrages dienenden Teils des Darlehens als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit zu qualifizieren ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), weil diese Frage in einer Vielzahl von Fällen auftreten kann, in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet wird und bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist.