VG München, Urteil vom 16.04.2015 - M 10 K 14.5633
Fundstelle
openJur 2015, 12299
  • Rkr:

1. Im Zweifelsfall ist aus Gründen des verfassungsrechtlich verankerten Tierschutzgebotes im Rahmen einer Regelvermutung zunächst davon auszugehen, dass ein aufgefundenes Tier nicht durch Aussetzen herrenlos geworden ist.2. Unter der notwendigen Beachtung des Tierschutzgebotes ist in den Fällen eines Tierfunds die Ablieferungspflicht des § 967 BGB ausnahmsweise bereits dann erfüllt, wenn das Tier einer fachkundigen Stelle (Tierheim u. dergl.) überantwortet wird, der Fund der zuständigen Behörde angezeigt und ihr das Fundtier zur Aufbewahrung angeboten wird.Aufwendungsersatz für Fundkatzen; Öffentlich-rechtliche GoA Zinsen

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.998,36 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Dezember 2014 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein Tierschutzverein, begehrt von der Beklagten als Fundbehörde die Erstattung von tierärztlichen Behandlungskosten und Unterbringungskosten für neun Katzen, welche im Gemeindegebiet der Beklagten aufgefunden wurden.

Fundkatze Registrier-Nr. ...

Am ... Juni 2013 wurde in der Hauptstraße im Ortsteil ... der Beklagten eine weiß-getigerte, ausgewachsene Langhaar-Katze in einen Autounfall verwickelt. Das Tier wurde zunächst in der Tierklinik Dr. B. in ... zur Beobachtung eingeliefert und am ... Juni 2013 im Einvernehmen mit der Finderin unter Abtretung ihrer Fundrechte an den Kläger weitergeleitet (Registrier-Nr. beim Kläger ...).

Mit E-Mail vom selben Tag zeigte der Kläger der Beklagten den Fund an und teilte mit, er werde ein Foto der Katze auf seiner Homepage sowie in seinem sozialen Netzwerk veröffentlichen; gleichzeitig bat er die Beklagte um Unterstützung zur möglichst schnellen Ermittlung des Besitzers des Tieres. Ferner wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass sie die Möglichkeit habe, die Katze anderweitig artgerecht unterzubringen, da bei ihm im Tierheim für die Unterbringung und veterinäramtlich vorgeschriebenen Impfungen und Entwurmungen Kosten für die Beklagte anfielen; sofern die Beklagte sich für eine anderweitige Unterbringung entscheide, werde sie um Mitteilung gebeten.

Der Kläger brachte das Tier daraufhin vom ... Juni 2013 bis ... Juli 2013 (27 Tage) unter und nahm eine Grundimmunisierung sowie Entwurmung vor.

Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 433,17 Euro (8 Euro Unterbringungskosten pro Tag, 50 Euro für 2-fach-Impfung, 20 Euro für 2-fach-Entwurmung jeweils zzgl. 7% MwSt.; 147,17 Euro Tierarztkosten) stellte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom ... August 2013 unter Hinweis auf die Gemeinsame Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 1. Dezember 1993 - Nr. I B 3 – 2530 – 1 (AllMBl 1993, S. 1315) in Rechnung.

Fundkatze Registrier-Nr. ...

Am ... September 2013 wurde ein gechippter, aber nicht registrierter, gepflegter und zutraulicher Siamkater in der ... im Gemeindegebiet der Beklagten aufgefunden und am ... Oktober 2013 vom Finder unter Abtretung der Fundrechte beim Kläger abgeliefert und hier unter der Registrier-Nr. ... erfasst. Dieser zeigte den Fund der Beklagten mit E-Mail vom selben Tag an und verwies dabei wiederum auf ihre Möglichkeit einer anderweitigen Unterbringung zur Kostenvermeidung. Der Kater wurde vom ... Oktober 2013 bis ... November 2013 im vom Kläger betriebenen Tierheim untergebracht sowie zweifach geimpft und entwurmt.

Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 302,00 Euro (brutto) stellte er der Beklagten unter dem ... November 2013 in Rechnung.

Fundkatze Registrier-Nr. ...

Eine etwa zwei Monate alte, schildpattfarbene Europäische Kurzhaarkatze wurde am ... November 2013 im Gemeindegebiet der Beklagten gefunden und am Tag darauf von der Finderin unter Abtretung der Fundrechte beim Kläger abgegeben und unter der Registrier-Nr. ... erfasst. Der Kläger brachte sie nach Anzeige des Fundes bei der Beklagten per E-Mail vom ... November 2013 bis zum ... November 2013 in seinem Tierheim unter und impfte und entwurmte sie.

Dabei fielen Kosten in Höhe von brutto 302,00 Euro an, die er der Beklagten unter dem ... November 2013 in Rechnung stellte.

Fundkatzen Registrier-Nrn. ... und ...

Am ... oder ... November 2013 wurden im Bahnhof ... zwei zutrauliche, jeweils etwa 9 Monate alte Europäische Kurzhaarkatzen (schwarz-weiß bzw. weiß getigert) aufgefunden und nach Aktenlage (Blatt 32 u. 33 der Behördenakten) am ... oder ... November 2013 von einer Bahnhofsangestellten unter Abtretung der Fundrechte beim Kläger abgegeben. Dort erhielten sie die Registrier-Nrn. ... und ... Der Kläger beherbergte sie – nach Anzeige des Fundes gegenüber der Beklagten (E-Mail vom ...11.2013) - jeweils bis ... Dezember 2013, entwurmte sie zweifach und ließ sie tierärztlich versorgen.

Dabei entstanden Gesamtkosten in Höhe von 569,26 Euro, die der Beklagten mit Schreiben vom ... Dezember 2013 in Rechnung gestellt wurden.

Fundkatzen Registrier-Nrn. ..., ... und ...

Am ... März 2014 fand ein Herr E. im Gemeindegebiet ... drei weitere Katzen auf, die er am ... März 2014 unter Abtretung der Fundrechte dem Kläger übergab.

Bei den Katzen, deren Alter der Kläger jeweils auf etwas mehr als ein Jahr einschätzte ("Geburtsdatum ca. ...1.2013", vgl. Blatt 28, 29 u. 30 der Behördenakte), handelte es sich um einen schwarz-weißen Europäischen Kurzhaarkater („...“) der Kategorie „Hauskatze", Registrier-Nr. ..., sowie um zwei schwarz-grau getigerte sog. „Freigängerkatzen", die der Kläger unter den Nummern ... und ... registrierte.

Mit E-Mail vom ... März 2014 erstattete der Kläger gegenüber der Beklagten Fundanzeige. Er brachte die Tiere daraufhin bis ... April 2014 in seinem Tierheim unter und impfte und entwurmte sie jeweils zweifach.

Die ihm dadurch entstanden Kosten in Höhe von insgesamt 906,00 Euro stellte er der Beklagten unter dem ... Mai 2014 in Rechnung.

Fundkatze Registrier-Nr. ...

Schließlich wurde am ... Juli 2014 im Gemeindegebiet der Beklagten ein schwarz-weißer Kurzhaarkater aufgefunden und noch am selben Tag beim Kläger abgegeben (Kategorie „Freigängerkatze", beim Kläger registriert unter Nr. ...) und bis zum ... August 2014 von ihm untergebracht, tierärztlich versorgt, geimpft und entwurmt (Fundanzeige gegenüber der Beklagten per E-Mail am ...7.2014).

Die entsprechende Kostenrechnung über insgesamt 485,93 Euro wurde der Beklagten unter dem ... August 2014 zugeleitet.

Die Beklagte leistete keine Zahlungen auf die Kostenrechnungen.

Mit Schreiben vom ... Oktober 2014 forderten die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, die ausstehende Gesamtforderung in Höhe von 2.696,36 Euro (zutreffend: 2.998.36 Euro) bis spätestens ... November 2014 zu begleichen.

Unter dem ... Oktober 2014 teilte die Beklagte den Bevollmächtigten des Klägers mit, dass sie Unterbringungskosten für Fundtiere nur dann zahle, wenn die Tiere vom Besitzer wieder abgeholt würden; andernfalls, also ohne gefundenen Besitzer, sei davon auszugehen, dass es sich um herrenlose Tiere handle.

Mit Schreiben vom ... November 2014 setzten die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers der Beklagten unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung mit Bezugnahme auf die Gemeinsame Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 1. Dezember 1993 - Nr. I B 3 – 2530 – 1 und auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. September 2011 – AN 10 K 11.00205 - letztmals eine Zahlungsfrist bis ... November 2014.

Die Beklagte leistete keine Zahlungen, sondern verwies unter dem ... November 2014 ihrerseits auf zwei Urteile des Amtsgerichts Rosenheim (U.v. 22.10.1993 – 14 C 345/93, U.v. 12.9.2002 – 10 C 882/02), in denen Aufwendungsersatzansprüche gegen Gemeinden für die Unterbringung von Fundtieren abgelehnt worden waren.

Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2014 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben (Eingang am ...12.2014) mit dem Antrag,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2998,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen.

Zur Klagebegründung wird ausgeführt, dem Kläger stehe ein Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683, 677, 679 und 670 BGB, die auch im öffentlichen Recht Anwendung fänden, zu. Der Kläger habe für die Beklagte als Fundbehörde ein fremdes Geschäft wahrgenommen. Die Fundtierverwaltung falle in den originären kommunalen Aufgabenbereich, §§ 90a, 967 Halbs. 1 BGB i.V.m. §§ 2, 5 Abs. 1 Fundverordnung (FundV). Die Katzen seien auch nicht herrenlos. Das Verwaltungsgericht Ansbach habe in seinem Urteil vom 26. September 2011 - AN 10 K 11.00205 - darauf hingewiesen, dass insbesondere Katzen regelmäßig Haustiere seien, auch wenn dies nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden könne. Zum gleichen Ergebnis komme das Verwaltungsgericht des Saarlandes (U.v. 24.4.2013 - 5 K 593/12). Auch sei die durch das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 1. Dezember 1993 (AllMBl 1993, 1350) konkretisierte Weisungslage heranzuziehen. Danach handle es sich bei Tieren in den ersten vier Wochen nach Auffinden regelmäßig um Fundtiere und nicht um herrenlose Tiere.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich sinngemäß aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.

Mit Schreiben vom ... Januar 2015 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter dem ... März 2015 machen sie geltend, ein Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag sei mangels Vorliegen der tatbestandliche Voraussetzungen nicht gegeben. Der Kläger habe kein Geschäft für die Beklagte als Fundbehörde geführt.

Die Durchführung einer tierärztlichen Behandlung und der Unterbringung der aufgefundenen Katzen seien Inhalt der Verwahrungspflicht des Finders. Diese könne er nur dadurch beenden, dass er von seinem Ablieferungsrecht an die zuständige Fundbehörde Gebrauch mache. Zuständig für die Entgegennahme und Verwahrung einer Fundsache und damit auch eines Fundtiers sei grundsätzlich die Gemeinde. Vorliegend seien die Katzen jedoch alle direkt beim Beklagten abgegeben worden und nicht bei der Beklagten. Ohne Ablieferung der jeweiligen Katzen könne eine Verwahrungspflicht der Beklagten als Fundbehörde gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FundV jedoch nicht entstanden sein, ihr behördlicher Aufgabenbereich sei gar nicht erst eröffnet worden (VG Regensburg, U.v. 5.8.2014 - RO 4 K 13.1231 – juris).

Darüber hinaus handle es sich bei den beiden im Bahnhof der Beklagten aufgefundenen Katzen und den am ... März 2014 gemeinsam aufgefundenen drei Jungkatzen nach den konkreten Auffindesituationen nicht um Fundtiere, sondern um herrenlose Tiere, da die Umstände (Fundort bzw. Alter) für ein Aussetzen der Tiere sprächen.

Der Kläger habe zudem jeweils die Unterbringungskosten für 29 Tage entsprechend der Gemeinsamen Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 1. Dezember 1993 - Nr. I B 3 – 2530 – 1 (AllMBl 1993, S. 1315) in Rechnung gestellt. Diese Bekanntmachung sei jedoch mangels Übernahme in die digitale Datenbank „Bayern-Recht“ außer Kraft getreten.

Mit Schriftsatz vom ... April 2015 vertraten die Bevollmächtigten des Klägers die Auffassung, das von der Beklagtenseite zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 5. August 2014 sei schwerlich mit dem verfassungsrechtlich verankerten und die Staatsorgane bindenden Tierschutzgebot in Einklang zu bringen. Der Kläger habe die Beklagte jeweils unmittelbar nach Abgabe der Katzen bei ihm hierüber mittels E-Mail informiert und gleichzeitig auf die Möglichkeit einer anderen, durch die Gemeinde zu veranlassenden artgerechten Unterbringungsmöglichkeit hingewiesen. Hiervon habe die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Im Übrigen sei zu bezweifeln, dass die Beklagte selbst die Tiere über einen längeren Zeitraum entsprechend den Anforderungen nach § 2 TierSchG hätte unterbringen können. Jedenfalls habe der Kläger damit ein Geschäft der Beklagten (Fundtierverwahrung) angezeigt und übernommen.

Auch rechtfertige die jeweilige Auffindesituation der Katzen nicht die Annahme ihrer Dereliktion. Ein solches bußgeldbewehrtes Aussetzen der Tiere könne dem Besitzer nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Letztlich sei deswegen eine Eigentumsaufgabe durch das Aussetzen von Tieren schon gar nicht möglich (OVG Mecklenburg-Vorpommern, U.v. 30.1.2013 - 3 L 93/09).

Schließlich habe der Kläger entsprechend der allgemeinen Verwaltungspraxis und unter Berücksichtigung der finanziellen Belange der Kommune nur jeweils die Kosten der Unterbringung für einen Monat in Rechnung gestellt; angesichts der klaren Regelung in § 973 Abs. 1 BGB wäre darüber hinaus durchaus auch eine Abrechnung für bis zu sechs Monaten Tierheimaufenthalt möglich und begründbar gewesen.

Mit Schriftsatz vom ... April 2015 betonten die Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten nochmals, dass es ihrer Auffassung nach bereits an der Zuständigkeit der Beklagten mangels Entstehens einer behördlichen Verwahrungspflicht fehle. Die bloße, hier durch E-Mail erfolgte Fundanzeige reiche insoweit nicht aus. Die Fundanzeige entsprechend § 965 Abs. 2 Satz 1 BGB ersetze die Ablieferung der Fundsache nicht, denn beide Vorgänge, „Fundanzeige“ und „Ablieferung der Fundsache“, seien voneinander zu unterscheiden. Dies folge auch aus der Bestimmung in § 4 Abs. 2 FundV. Die Fundanzeige ermögliche der Fundbehörde lediglich zu prüfen, ob sie die Ablieferung der Fundsache entsprechend § 967 Alt. 2 BGB anordnen wolle oder nicht. Bei Fundtieren bestehe hierzu nach § 3 FundV keine Verpflichtung. An die Ablieferung knüpfe § 5 FundV u.a. die behördliche Verwahrungspflicht (VG Regensburg, U.v. 5.8.2014 a.a.O.). Allein aus der Unterstellung des Klägers, wonach die Beklagte faktisch nicht zu einer Verwahrung der Tiere in der Lage gewesen wäre, folge nicht die Unbeachtlichkeit eines Verstoßes des Finders gegen § 965 Abs. 2 BGB analog.

Insoweit sei auch die Argumentation des Klägers mit der Verfassungsnorm des Art. 20a GG nicht relevant. Auch komme es vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, dass zumindest die am ... November 2013 und ... März 2014 gefundenen Katzen herrenlose Tiere gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist vorliegend gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben, da mit der Klage Ansprüche aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag geltend gemacht werden (vgl. ausführlich VG Regensburg, U.v. 5.8.2014 - RO 4 K 13.1231 – juris Rn. 19 m.w.N.).

2. Die als allgemeine Leistungsklage statthafte Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz seiner für die Versorgung der neun Fundkatzen erbrachten Aufwendungen in Höhe von 2.998,36 Euro sowie der geltend gemachten Zinsen.

2.1. Der Aufwendungsersatzanspruch steht dem Kläger nach den Grundsätzen der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag in entsprechender Anwendung der §§ 683, 677, 679 und 670 BGB zu (vgl. dazu auch VG München, U.v. 26.2.2015 - M 10 K 14.2408).

Die zivilrechtlichen Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) finden im öffentlichen Recht entsprechende Anwendung, wenn die Erstattung von Aufwendungen für die Wahrnehmung von Aufgaben in Betracht kommt, die an sich zum Tätigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltung gehören (grundlegend: BVerwG, U.v. 6.9.1988 - 4 C 5/86 - BVerwGE 80, 170-177).

Ein Aufwendungsersatzanspruch analog §§ 677, 683, 670 BGB setzt dabei voraus, dass ein fremdes Geschäft geführt worden ist, das dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgers entspricht. Wer eine Aufgabe erledigt, die, wie er weiß, zum Aufgabenbereich einer Behörde gehört, tätigt ein objektiv fremdes Geschäft und handelt als Geschäftsführer ohne Auftrag. Nach § 683 Satz 1 BGB kann der Geschäftsführer, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, wie ein Beauftragter und somit entsprechend § 670 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Nach § 683 Satz 2 BGB steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer in den Fällen des § 679 BGB, d.h. wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden könnte, auch dann zu, wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.

Diese Voraussetzungen für einen Aufwendungsersatzanspruch sind im vorliegenden Fall gegeben.

2.1.1. Der Kläger hat mit der Entgegennahme sowie der anschließenden Verwahrung einschließlich tiermedizinischer Untersuchung und Versorgung der neun Katzen jeweils ein Geschäft der Beklagten in ihrer Funktion als Fundbehörde im Sinne von § 967 BGB und damit ein – zumindest auch - objektiv fremdes Geschäft geführt.

2.1.1.1. Die Fundvorschriften nach §§ 965 ff. BGB sind grundsätzlich auch auf Tiere anwendbar (vgl. § 90a BGB).

2.1.1.2. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist davon auszugehen, dass es sich bei allen neun Katzen um Fundtiere und nicht um herrenlose Tiere handelt.

Die Vorschrift des § 960 BGB, wonach wilde Tiere herrenlos sind, solange sie sich in der Freiheit befinden, ist nicht einschlägig. In der Region der Beklagten werden Katzen regelmäßig als Haustiere, d.h. (gattungsmäßig) unter menschlicher Herrschaft gehalten (vgl. auch VG Stuttgart, U.v. 16.12.2013 – 4 K 29/13 – juris Rn. 28 m.w.N.).

Nach Auffassung des Gerichts ist bei den Katzen im Ergebnis auch nicht davon auszugehen, dass sie gemäß § 959 BGB dadurch herrenlos geworden sind, dass ihr jeweiliger Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz an ihnen aufgegeben hat.

Katzen werden häufig nicht nur in der Wohnung, sondern auch als sogenannte "Freigängerkatzen" gehalten; dabei kommt es erfahrungsgemäß vor, dass sie ihr "Revier" verlassen, herumstreunen und gelegentlich sogar verwildern (VG Stuttgart, U.v. 16.12.2013 – 4 K 29/13 – juris Rn. 28).

Vor diesem Hintergrund kann nicht mit abschließender Sicherheit geklärt werden, ob die Katzen ihrem jeweiligen Besitzer verlorengegangen waren oder von ihm jeweils absichtlich ausgesetzt wurden.

In solchen Zweifelsfällen ist nach Ansicht des Gerichts aber aus Gründen des Tierschutzes im Rahmen einer Regelvermutung zunächst davon auszugehen, dass es sich jeweils um Fundtiere handelt (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, U.v. 12.1.2011 – 3 L 272/06 – juris Rn. 23 ff.; VG Stuttgart, U.v. 16.12.2013 – 4 K 29/13 – juris Rn. 30; VG Ansbach, U.v. 26.9.2011 – AN 10 K 11.00205 – juris Rn. 29 f.; VG Saarlouis, U.v. 24.4.2013 – 5 K 593/12 – juris Rn. 23 ff.).

Diese Wertung des Gerichts entspricht im Ergebnis der Erlasslage in verschiedenen Bundesländern (vgl. dazu z.B. OVG Mecklenburg-Vorpommern, U.v. 12.1.2011 a.a.O. juris Rn. 25), die vorgibt, dass alle aufgefundenen Tiere zunächst als Fundtiere zu behandeln seien, diese Vermutung – und damit eine Erstattungspflicht für Aufwendungen – aber ende, wenn sich nach vier Wochen noch kein Eigentümer gemeldet habe; denn dann könne angenommen werden, dass das Tier keinen Besitzer (mehr) habe, damit herrenlos sei und nicht mehr in die Zuständigkeit der Kommune falle.

Eine entsprechende Weisung zum Vollzug des Fundrechts in Bayern findet bzw. fand sich in der Gemeinsamen Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern und des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit vom 1. Dezember 1993 - Nr. I B 3 – 2530 – 1 (AllMBl 1993, S. 1315). Allerdings ist dieser Vollzugshinweis ab dem 1. Januar 2008 gemäß § 7a der Bekanntmachung über die amtliche Veröffentlichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Staatsregierung und der Staatsministerien in der bis 31. Dezember 2013 gültigen Fassung im Rahmen derBereinigung veröffentlichter Verwaltungsvorschriften außer Kraft getreten, da er nicht in der in der „Datenbank BAYERN-RECHT“ digital erfasst wurde (so auch VG Regensburg, U.v. 5.8.2014 – RO 4 K 13.1231 – juris Rn. 34).

Unabhängig von der – das Gerichts ohnehin nicht normativ bindenden - vollzugsbehördlichen Weisungslage leitet das Gericht sein Verständnis des Fundtierbegriffes aus der verfassungsrechtlich vorgegebenen und gesetzlich umgesetzten Bedeutung des Tierschutzes ab.

Mit dem zum 1. August 2002 eingefügten Art. 20a GG wurde der Tierschutz zum Staatsziel erklärt. Als Normadressaten werden neben der Gesetzgebung auch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung benannt. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund sind vorliegend die Wertungen des Tierschutzgesetzes – insbesondere die Verbote in § 1 Satz 2, § 3 Nr. 3 TierSchG – im Rahmen der rechtlichen Ausgestaltung des Fundtierbegriffs zu beachten. Eine Auslegung und Verwaltungspraxis, die entgegen § 3 Nr. 3 TierSchG davon ausgeht, dass aufgefundene Tiere in aller Regel ausgesetzt wurden und damit herrenlos sind, steht nicht in Einklang mit den normierten tierschutzrechtlichen Zielen. Gemäß § 3 Nr. 3 TierSchG ist das Aussetzen eines Tieres verboten und bußgeldbewehrt. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieses gesetzliche Verbot schon dazu führt, dass eine wirksame Dereliktion von Vornherein nicht möglich ist, oder ob es nur die Basis für Sanktionsmöglichkeiten darstellt (str.; zum Meinungsstand vgl. VG Stuttgart, U.v. 16.12.2013 – 4 K 29/13 – juris Rn. 30 m.w.N.). Jedenfalls darf einem Tierhalter - auch wenn er den Verlust des Tieres nicht gegenüber der zuständigen Behörde anzeigt - nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass er sich seines Tieres durch Aussetzen – also unter Begehung einer Ordnungswidrigkeit – entledigt hat. Dies gilt umso mehr, als häufig zu beobachten ist, dass sich Besitzer verlorengegangener Tiere – auch unabhängig von einer förmlichen Verlustmeldung - intensiv durch private Suchzettel und Nachfragen in der Nachbarschaft bemühen, ihre verloren gegangenen Tiere wiederzufinden (ausführlich VG Gießen, U.v. 27.2.2012 - 4 K 2064/11.GI – juris Rn. 20 ff.; VG Saarlouis, U.v. 24.4.2013 – 5 K 593/12 – juris Rn. 28 ff.).

Die sich aus dieser Auslegung ergebende Regelvermutung rechtstreuen Verhaltens mit der Folge, dass zunächst grundsätzlich ein Fundtier anzunehmen ist, kann zwar widerlegt werden. Dafür müssen jedoch besondere Anhaltspunkte vorliegen, die, ungeachtet der Frage, ob dies rechtlich möglich ist, die Absicht des Eigentümers, auf das Eigentum zu verzichten, deutlich erkennen lassen und somit geeignet sind, diese Regelvermutung auszuräumen (VG Stuttgart, U.v. 16.12.2013 – 4 K 29/13 – juris Rn. 30).

Solche besonderen Anzeichen sind aber in den vorliegenden Fällen nicht ersichtlich. Insbesondere lassen sich - wie hier von den Bevollmächtigten der Beklagten vorgetragen - aus den Umständen der konkreten Auffindesituationen der Katzen mit den klägerischen Registrier-Nrn. ... und ... bzw. ..., ... und ... keine eindeutigen Schlüsse zu einer willentlichen Eigentumsaufgabe ziehen.

Allein der Umstand, dass die Katzen Nr. ... und Nr. ... am .../... November 2013 im - mitten im Ort gelegenen - Bahnhof ... aufgefunden wurden, sagt insoweit nichts aus. Auch das Alter der Tiere Nrn. ..., ... und ... lässt keine Rückschlüsse zu. Der Kläger schätzte es zum Zeitpunkt des Fundes im März 2014 jeweils auf etwas mehr als ein Jahr ("Geburtsdatum ca. ...1.2013", vgl. Blatt 28, 29 u. 30 der Behördenakte); es handelte sich also nicht um gerade erst - und damit möglicherweise in "freier Wildbahn" und insoweit „eigentumslos“ (so VG Gießen, U.v. 5.5.2001 – 10 E 2160/01 - juris Rn.23 ff.) - geborene Katzenwelpen.

2.1.1.3. Die Beklagte war als Fundbehörde verpflichtet, die Fundkatzen entgegen zu nehmen und zu verwahren, § 967 i.V.m. § 966 Abs. 1 BGB.

Nach § 966 Abs. 1 BGB ist zunächst der Finder zur Verwahrung der Fundsache verpflichtet. Aus § 970 BGB ergibt sich, dass er dabei auch zu Aufwendungen für die Erhaltung der Sache verpflichtet ist, d.h. er muss ein Fundtier füttern und, sofern dies notwendig ist, für die tierärztliche Behandlung sorgen (vgl. Kindl in Beck´scher Online-Kommentar BGB, Stand: 1. Februar 2015, § 966 Rn. 1; Oechsler in Münchner Kommentar BGB, 6. Auflage 2013, § 966 BGB Rn. 2).

Die Unterbringung bei Dritten entbindet den Finder nicht von seinen Pflichten. Seine Verwahrungspflicht kann er jedoch dadurch beenden, dass er von seiner Berechtigung nach § 967 BGB Gebrauch macht, das Fundtier bei der zuständigen Behörde abzuliefern (vgl. Oechsler a.a.O. § 967 BGB Rn. 1; Kindl a.a.O § 966 BGB Rn. 1). Dadurch wird er von seinen Pflichten aus § 966 BGB frei und überlässt es der zuständigen Behörde, über die notwendige Verwahrung und die erforderlichen Finanzierungslasten zu entscheiden.

§ 967 BGB regelt öffentlich-rechtliche Verwahrungsrechte und -pflichten der Fundbehörden und wird daher dem öffentlichen Recht zugeordnet. In Bayern finden sich die landesrechtlichen Ausführungsvorschriften in der Verordnung über die Zuständigkeiten und das Verfahren der Fundbehörden (FundV) in der Fassung vom 1. Januar 1983 (BayRS IV S. 581). Nach § 2 Satz 1 FundV ist zuständig für die Entgegennahme einer Fundsache und damit auch eines Fundtiers jede Gemeinde sowie im Falle des § 2 Satz 2, § 1 Abs. 1 Satz 3 FundV auch die Polizei.

Vorliegend haben die Finder die aufgefundenen Katzen jeweils nicht bei der Beklagten, sondern - unter Abtretung ihrer Fundrechte - unmittelbar beim Kläger abgegeben. Dieser hat anschließend die jeweilige Fundanzeige im Sinne von § 965 Abs. 2 BGB, § 1 Abs.1 FundV gegenüber der Beklagten vorgenommen; dass dies jeweils mittels E-Mail erfolgte, ist nicht zu beanstanden, denn weder § 965 BGB noch § 1 FundV schreiben für die Fundanzeige eine bestimmte Form vor.

Zwar treten die Wirkungen der Ablieferung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FundV im Sinne eines subjektiv-öffentlichen Rechts des Finders auf Aufgabe des Besitzes an der Fundsache zugunsten der zuständigen Fundbehörde grundsätzlich erst ein, nachdem die Fundbehörde die Sache gemäß § 2 FundV entgegengenommen hat (vgl. Kindl a.a.O. § 967 BGB Rn. 1; VG Regensburg, U.v. 5.8.2014 - RO 4 K 13.1231 – juris Rn. 27). Auch ersetzt die Fundanzeige entsprechend § 965 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 1 FundV die Ablieferung der Fundsache grundsätzlich nicht, da beide Vorgänge voneinander zu unterscheiden sind (VG Regensburg, U.v. 5.8.2014 a.a.O juris Rn. 31).

Unter der notwendigen Beachtung des verfassungsrechtlich verankerten Tierschutzgebotes ist nach Auffassung des Gerichts in den Fällen eines Tierfunds die Ablieferungspflicht des § 967 BGB aber ausnahmsweise bereits dann erfüllt, wenn das Tier einer fachkundigen Stelle (Tierheim u. dergl.) überantwortet wird, der Fund der zuständigen Behörde angezeigt und ihr das Fundtier zur Aufbewahrung angeboten wird. Die Behörde trifft dann die Pflicht zur Verwahrung als eigenes Geschäft i.S.v. § 677 BGB (so auch VG Stuttgart, U.v. 16.12.2013 – 4 K 29/13 – juris Rn. 32).

Zwingend auf der Hand liegt dieses Verständnis, wenn das Fundtier verletzt oder ersichtlich krank ist und tierärztlicher Betreuung bedarf oder wenn das gemeindliche Fundbüro z.B. außerhalb seiner regelmäßigen Öffnungszeiten nicht erreichbar ist.

Aber auch außerhalb dieser „Notfälle“ ist zu berücksichtigen, dass die „Fundsache Tier“ je nach Spezies einer besonderen Verwahrung bedarf, insbesondere artgerecht untergebracht sowie entsprechend ernährt und gepflegt werden muss. Häufig kann auch der gesundheitliche Zustand vom unmittelbaren Finder gar nicht beurteilt werden, ggf. kann sogar eine Quarantäne veranlasst sein. Dem Ziel einer möglichst raschen artgerechten Versorgung des Fundtiers würde der Umweg über die Fundbehörden – die in der Regel selbst nicht über entsprechend Möglichkeiten verfügen – zuwiderlaufen und damit dem Tierschutzgebot widersprechen.

Nach diesen Maßstäben ist hier eine Verwahrpflicht der Beklagten als Fundbehörde auch ohne direkte Ablieferung der Katzen bei ihr entstanden.

Mit den Fundanzeigen vom ... Juni 2013 (Fundkatze mit der Registrier-Nr. ...), vom ... Oktober 2013 (Katze Nr. ...), vom ... November 2013 (Katze Nr. ...), vom ... November 2013 (Katzen Nrn. ... und ...), vom ... März 2014 (Katzen Nrn. ..., ... und ...) und vom ... Juli 2014 (Katze Nr. ...) wurde der Ablieferungspflicht i.S.v. § 967 BGB hier jeweils Genüge getan. Die Beklagte hatte - worauf der Kläger in den einzelnen Fundanzeigen auch ausdrücklich hinwies - ab diesen Zeitpunkten jeweils die Möglichkeit, die Tiere selbst zu verwahren, und war spätestens dann auch dazu verpflichtet.

Dieser Verwahrungspflicht ist sie nicht nachgekommen. Die Beklagte hat die Tiere weder abgeholt noch den Kläger darauf hingewiesen, dass er sie bei ihr oder einer von ihr benannten Stelle abliefern solle.

2.1.2. Der von der Beklagten später u.a. mit Schreiben vom ... Oktober 2014 geäußerte entgegenstehende Wille steht einem Aufwendungsersatz gemäß § 683 Satz 2 BGB nicht entgegen; er ist nach § 679 BGB unbeachtlich.

2.1.2.1. Nach § 679 BGB kommt ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn dann nicht in Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt würde.

Handelt es sich - wie hier – um den Fall einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, ist dabei nicht nur maßgeblich, dass generell ein öffentliches Interesse an der Erfüllung der entsprechenden Aufgabe besteht, sondern es muss darüber hinaus ein öffentliches Interesse daran bestehen, dass die Aufgabe von dem privaten Geschäftsführer in der gegebenen Situation erfüllt worden ist (BVerwG, U. v. 6.9.1988 - BVerwG 4 C 5.86 - BVerwGE 80, 170 – juris Rn. 14 ff. m.w.N.). Dabei darf die Wahrung eines der Behörde zustehenden Handlungsspielraums nicht außer Acht bleiben. Ein Träger öffentlicher Verwaltung darf nicht durch private Initiative im Hinblick auf das Ob oder Wie einer konkreten Maßnahme vor vollendete Tatsachen gestellt werden, wenn ihm in dieser Hinsicht ein Ermessen eingeräumt ist. Die Prioritäten, die eine Behörde selbst setzen kann, dürfen folglich nicht überspielt werden durch private Initiativen, die den öffentlichen Haushalt hiernach durch Aufwendungsersatzansprüche belasten (vgl. BVerwG U. v. 6.9.1988 a.a.O. juris Rn. 17).

Diese vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Maßgaben sind grundsätzlich auch im Fall der Fundtierverwahrung zu beachten. Denn in welcher Art und Weise eine Fundbehörde ihre Verwahrpflicht bei Fundtieren jeweils umsetzt, steht – vorbehaltlich der Beachtung tierschutzrechtlicher Vorgaben zur artgerechten Haltung und Betreuung im Sinne von § 2 TierSchG – grundsätzlich in ihrem Ermessen. So kann sie die Tiere beispielsweise selbst in eigenen Einrichtungen betreuen lassen oder fachkundige Dritte - etwa ein Tierheim - damit beauftragen.

2.1.2.2. Im zu entscheidenden Fall war die Beklagte spätestens ab Erhalt der jeweiligen Fundanzeigen gemäß §§ 967, 966 Abs. 1 BGB, § 2 Satz 1 FundV als Fundbehörde im öffentlichen Interesse verpflichtet, die Katzen zu verwahren (s.o. Ziff. 2.1.1.3.). Dieser gesetzlichen Verpflichtung - also der Entscheidung über das "Ob" der Verwahrung - konnte sie sich nicht durch entsprechend ablehnende Willensäußerung entziehen.

Eine Beeinträchtigung des ihr im Hinblick auf die Art und Weise - das "Wie" - der Verwahrung der Tiere zustehenden Spielraums durch das Tätigwerden des Klägers kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Beklagte von Vornherein zu keinem Zeitpunkt verlasst gesehen hat, die Verantwortung für die in Rede stehenden Katzen zu übernehmen.

2.1.3. Der Annahme einer Fremdgeschäftsführung steht schließlich auch nicht entgegen, dass der Kläger in seiner Funktion als gemeinnütziger Tierschutzverein ein Tierheim unterhält und u.a. auch den Schutz von Haustieren als Vereinszweck verfolgt. Dass er aufgrund seiner vereinssatzungsrechtlichen Vorgaben ggf. selbst zur Versorgung der aufgefundenen und bei ihm abgegebenen Tiere verpflichtet war, führt allenfalls zur Annahme eines so genannten „auch-fremden“ Geschäfts und ist für die Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens unschädlich (vgl. BGH, U.v. 21.12.1978 - VII ZR 91/77 - NJW 1979, 598 f. – juris Rn. 12 m.w.N.).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger der Beklagten entsprechend der vollzugsbehördlichen Weisung bzw. Praxis (s.o. Ziffer 2.1.1.2.) die Kosten für Unterbringung, Pflege und Ernährung der Katzen jeweils nur für die Dauer der dort genannten vier Wochen und nicht bis zum Eigentumsübergang der Fundsache nach sechs Monaten gemäß § 973 BGB in Rechnung gestellt hat. Nach Ablauf dieser – vom Gericht im Übrigen als sachgerecht erachteten - Frist von 29 Tagen und der damit verbundenen Annahme, dass das Tier nunmehr jeweils keinen Besitzer (mehr) habe und damit herrenlos sei, kam der Kläger selbst für die weiter entstandenen Kosten auf.

2.1.4. Dem Kläger sind die geltend gemachten Aufwendungen nach §§ 683, 670 BGB in voller Höhe zu ersetzen. Insoweit sind weder von der Beklagten Bedenken hinsichtlich der Höhe der Rechnungen geltend gemacht worden noch sind für das Gericht Anhaltspunkte ersichtlich, dass die in den Rechnungen vom ... August 2013, ... November 2013, ... Dezember 2013, ... Mai 2014 und ... August 2014 aufgeführten Beträge unangemessen wären.

2.2. Der Anspruch auf Zahlung der Prozesszinsen aus dem Betrag von 2.998,36 Euro seit dem ... Dezember 2014 (Eingang der Klageschrift bei der Beklagten) in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beruht auf entsprechender Anwendung von §§ 291 BGB, 288 Abs. 2 BGB. Höhere Zinsen waren nicht beantragt (§ 88 VwGO).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

5. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.998,36 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 43 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).