BGH, Urteil vom 10.02.2015 - 1 StR 488/14
Fundstelle
openJur 2015, 7870
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 27. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, a) soweit der Angeklagte wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung verurteilt worden ist [Fälle II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe], b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird der Tagessatz der in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen jeweils auf einen Euro festgesetzt.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

5. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung sowie wegen unerlaubten Besitzes erlaubnispflichtiger Munition und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.

Gegen dieses Urteil wenden sich jeweils mit näher ausgeführten Sachrügen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit einer zu seinen Ungunsten eingelegten Revision.

Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt weitgehend erfolglos. Die Revision der Staatsanwaltschaft erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.

A.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

1. Dem gesondert Verfolgten C. H. wird vorgeworfen, durch ein betrügerisches Anlagemodell mehrere tausend Anleger um insgesamt ca. 135 Mio. Euro betrogen zu haben. In die C. H. vorgeworfenen Taten sollen auch die beiden Geschäftsführer einer A. GmbH (A. ), M. K. und D. , involviert gewesen sein.

Aus dem Kreis der Anleger des von C. H. betriebenen Anlagemodells hatten sich mehrere Gruppierungen gebildet, die ihr eingebrachtes Geld zurückerlangen wollten. Zu einer dieser Anlegergruppen gehörte auch der ebenfalls gesondert verfolgte Au. . Dieser konnte ab etwa Jahresende 2011 den Angeklagten dazu bestimmen, der Anlegergruppe um Au. dabei behilflich zu sein, den Aufenthaltsort des zwischenzeitlich untergetauchten C. H. ausfindig zu machen und diesen zu veranlassen, sich bei der Anlegergruppe zu melden. Aus Sicht von Au. sollte es darum gehen, in das betrügerische Anlagemodell "investierte" und bislang nicht zurückerhaltene Gelder von C. H. zurückzuerlangen.

Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, dass außer dieser Anlegervereinigung noch weitere Personen bzw. Personengruppen versuchten, C. H. dazu zu veranlassen, sich seinen Anlegern zu stellen, und ggf. Geld von diesem zu erhalten.

2. Au. beauftragte den Angeklagten gegen Zahlung von 3.000 Euro damit, jeweils Sprengkörper in unmittelbarer Nähe der Anwesen von M. K. und von P. , dem Bruder von C. H. , zu zünden, um Angst zu verbreiten und mittelbar auf C. H. einzuwirken. Dies sollte geschehen, "indem man dessen Angehörige und Geschäftsfreunde ihrerseits bedrohte" (UA S. 6). Zur Umsetzung dieses Vorhabens übergab Au. dem Angeklagten drei im Inland nicht zugelassene, aber in der Tschechischen Republik frei verkäufliche Feuerwerkskörper mit jeweils etwas mehr als 100 g Schwarzpulver. Im Rahmen der Au. zugesagten Unterstützung kam es nach den Feststellungen des Landgerichts zu folgenden Verhaltensweisen des Angeklagten:

a) Am 27. Dezember 2012 versandte der Angeklagte zwei Briefbombenattrappen. Die jeweiligen Briefe waren an den Geschäftsführer der A. , D. , sowie an die Schwiegermutter von C. H. gerichtet. In die Briefumschläge hatte der Angeklagte jeweils ein Feuerzeug, eine Batterie und einen Kupferdraht gelegt, um den Eindruck von Briefbomben zu erwecken. Damit sollten die beiden Empfänger unter Druck gesetzt werden und auf C. H. eingewirkt werden, damit dieser sich mit den Anlegern in Verbindung setze [Fall II.2.d) der Urteilsgründe].

b) Am 15. Januar 2013 zündete der Angeklagte einen der von Au. übergebenen Feuerwerkskörper im Garten des (früheren) Wohnanwesens des anderen Geschäftsführers der A. , M. K. . Dabei warf der Angeklagte diesen Gegenstand in den Garten und verließ eilends das Grundstück. Der Feuerwerkskörper explodierte rund 2,60 m von der Hauswand entfernt. An der Explosionsstelle entstand eine Vertiefung in einer Größe von ca. 15 cm. Die Hauswand wies aufgrund der Wirkungen des gezündeten Feuerwerkskörpers an drei Stellen Verfärbungen bzw. eingebrannte Stellen auf [Fall II.2.a) der Urteilsgründe].

c) Nachdem im Rahmen einer noch am Tatabend erfolgten Polizeikontrolle auf der A8 die beiden bei dem Angeklagten verbliebenen Feuerwerkskörper wegen der fehlenden inländischen Zulassung sichergestellt worden waren, verschaffte dieser sich in der Tschechischen Republik einen anderen Sprengsatz, einen sog. Blitzknallsatz. Dabei handelt es sich um einen dort freiverkäuflichen, in Deutschland aber verbotenen Artikel mit 50 g aus Kaliumperchlorat und Aluminium bestehender Explosivmasse.

Diesen Sprengsatz warf der Angeklagte am 28. März 2013 auf dem Garagenvorplatz vor dem Wohnanwesen von P. aus dem geöffneten Fenster seines Fahrzeugs. Der Sprengkörper geriet unter den hinteren Teil eines dort abgestellten Pkw. Dort explodierte der Sprengsatz. Aufgrund der Sprengwirkung wurde u.a. das Bodenblech des Fahrzeugs durchschlagen, die Karosserie beschädigt und die Scheiben zerstört. Es entstand ein Schaden von rund 12.000 Euro. Durch die Detonation wurde zudem das Garagentor am Anwesen von P. verzogen und der Gartenzaun beschädigt. Dies führte weitere Schäden in Höhe von über 7.000 Euro herbei. Angesichts des ungezielten Hinauswerfens des Sprengsatzes aus seinem Wagen konnte der Angeklagte damit rechnen, dass die Explosion in der Nähe des abgestellten Fahrzeugs erfolgen würde und dadurch erhebliche Schäden entstünden.

Das Landgericht hat nicht aufzuklären vermocht, von wem eine rund eine Woche nach der Tat an C. H. gesandte und auch seinem Bruder P. zugeleitete E-Mail, in der die Zahlung von 2,4 Millionen Euro gefordert und auf den Anschlag Bezug genommen wurde, stammte. Kenntnis des Angeklagten von dieser Mail ließ sich nicht feststellen [Fall II.2.c) der Urteilsgründe].

3. a) Darüber hinaus hat das Tatgericht festgestellt, dass im Anschluss an die polizeiliche Sicherstellung der zwei nach dem Anschlag auf das frühere Wohnanwesen von M. K. bei dem Angeklagten verbliebenen Feuerwerkskörper [oben A.I.2.c)] gegen diesen ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet worden war. In diesem Verfahren behauptete der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, die beiden Gegenstände gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn. Dies wiederholte er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht, das ihn daraufhin freisprach. Wie von dem Angeklagten billigend in Kauf genommen, wurde nunmehr ein Ermittlungsverfahren gegen seinen Sohn eingeleitet [Fall II.2.b) der Urteilsgründe].

b) Anlässlich einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten in E. wurden zwei Patronen des Kalibers 38 Spezial gefunden. Wie der Angeklagte wusste, verfügte er nicht über die für den Besitz erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis [Fall II.2.e) der Urteilsgründe].

II.

Das Versenden der Briefbombenattrappen und die beiden Anschläge mit den Sprengkörpern hat das Landgericht als einheitlichen Versuch der Nötigung (in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion) zu Lasten von C. H. gewertet. Zwar habe sich die Tat unmittelbar gegen verschiedene Nötigungsopfer gewendet. Im Ergebnis sei aber auf einen "einzigen und gleichartigen Nötigungserfolg" (UA S. 21) abgezielt worden, C. H. zu einer Handlung zu veranlassen.

Die verschiedenen Verhaltensweisen des Angeklagten hat das Landgericht mit entsprechenden Erwägungen als eine einheitliche Beihilfe gewertet. Mehrere Hilfeleistungen zu einer Haupttat bildeten wegen des akzessorischen Rechtsgutsangriffs im Regelfall nur eine Beihilfe. Hier seien sämtliche Handlungen darauf gerichtet gewesen, C. H. zu veranlassen, seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Der ausgeübte Druck auf dessen Angehörige und Geschäftspartner war auf dieses eigentliche Ziel gerichtet. Dies gestatte, die einzelnen Handlungen des Angeklagten als einheitliche Handlung anzusehen.

B.

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt jeweils lediglich zur Nachholung der vom Tatgericht versäumten Festsetzung der Höhe des Tagessatzes bezüglich der in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen. Im Übrigen weist das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf.

I.

Hinsichtlich des mittels eines im Inland nicht zugelassenen Feuerwerkskörpers am 15. Januar 2013 ausgeführten Anschlags auf das frühere Wohnanwesen von M. K. [Fall II.2.a) der Urteilsgründe] besteht kein Verfahrenshindernis. Das den Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz freisprechende Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Mai 2013 (4 2 Cs ) hat keinen Strafklageverbrauch (Art. 103 Abs. 3 GG, § 264 StPO) hinsichtlich der Verwendung der dem Angeklagten von Au. überlassenen Feuerwerkskörper herbeigeführt.

Dem Angeklagten war in dem Verfahren 21 Js der Staatsanwaltschaft München II die entgegen § 27 Abs. 1 SprengG und damit unerlaubt erfolgende Einfuhr sowie der unerlaubte Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen, zu denen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG auch pyrotechnische Gegenstände gehören (vgl. näher B. Heinrich in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 8, SprengG, § 40 Rn. 20), und damit ein Vergehen nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG vorgeworfen worden. Selbst wenn der durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Miesbach vom 4. März 2013 festgelegte Verfahrensgegenstand (§§ 155, 264 StPO) auch die Einfuhr des und den Umgang mit dem nicht zugelassenen (§ 5 SprengG; § 6 SprengG i.V.m. Anlage 3 zur Ersten Verordnung zum SprengG), bei dem genannten Anschlag verwendeten Feuerwerkskörper umfasste, hat das freisprechende Urteil die Strafklage im Hinblick auf die Begehung des Verbrechens des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 StGB nicht verbraucht. Wie der Bundesgerichtshof bereits zu Verstößen gegen das Waffengesetz durch den unerlaubten Besitz und das unerlaubte Führen einer Waffe entschieden hat, steht die rechtskräftige Aburteilung der Dauerstraftat des Besitzes der Waffe einer Strafverfolgung wegen eines mit dieser Waffe begangenen Verbrechens nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 153 f.; siehe auch Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256 sowie Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 289 ff. bzgl. Organisationsdelikten). Für das Dauerdelikt des (unerlaubten) Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG gilt nichts anderes. Auf das kontrovers beurteilte materiellrechtliche Konkurrenzverhältnis zwischen diesem Tatbestand und § 308 StGB (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 308 Rn. 13 aE; B. Heinrich aaO § 40 Rn. 106; Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, SprengG, § 40 Rn. 27 mwN) kommt es für die Beurteilung des Strafklageverbrauchs nicht an.

II.

1. Das Landgericht hat bezüglich der für die Fälle II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Geldstrafen von 60 bzw. 30 Tagessätzen jeweils die Höhe des Tagessatzes nicht festgesetzt. Einer solchen Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn die Einzelgeldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB in eine Gesamt(freiheits)strafe einbezogen wird (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 96; vom 8. April 2014 - 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209). Dies zieht zwar regelmäßig die Zurückverweisung zum Zwecke der Nachholung der Bestimmung der Tagessatzhöhe nach sich (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 97). Allerdings ist dem Revisionsgericht in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Möglichkeit eröffnet, in geeigneten Fällen die Festsetzung selbst vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 8. April 2014 - 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209 mwN) und etwa die Tagessatzhöhe auf das gesetzliche Mindestmaß festzusetzen (BGH aaO; BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, WM 2010, 1957, 1964). Davon macht der Senat auf den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung gestellten entsprechenden Antrag Gebrauch.

2. Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten weist das angefochtene Urteil im Übrigen nicht auf.

a) Das Landgericht hat im Fall II.2.c) rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 StGB bejaht.

aa) Mit dem Zünden des verwendeten Feuerwerkskörpers hat der Angeklagte eine Explosion herbeigeführt. Explosion ist die plötzliche Auslösung von Druckwellen außergewöhnlicher Beschleunigung (Wolff in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 11, § 308 Rn. 4; Krack in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 5, § 308 Rn. 3 jeweils mwN). Unmittelbar durch die mittels des aus Kaliumperchlorat und Aluminium bestehenden Sprengstoffs ausgelöste Explosion sind erhebliche Schäden an fremden Gegenständen, dem Kraftfahrzeug der Tochter von P. sowie u.a. an der Garage von dessen Hausgrundstück, verursacht worden.

bb) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht bei dem hinsichtlich der Explosion selbst mit direktem Vorsatz handelnden Angeklagten einen auf das Verursachen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert bezogenen bedingten Vorsatz angenommen. Es stützt sich zur Begründung auf eine - teils im Rahmen der rechtlichen Würdigung erfolgende - Gesamtwürdigung aller relevanten objektiven und subjektiven Umstände des Zündens des Feuerwerkskörpers. Dabei hat das Landgericht vor allem auf die für die Durchführbarkeit des Nötigungsvorhabens erforderliche Nachhaltigkeit der Explosion als Drohmittel abgestellt.

Die Hinweise der Revision auf die Freiverkäuflichkeit des verwendeten Feuerwerkskörpers in der Tschechischen Republik zeigen Lücken in der Beweiswürdigung des Tatgerichts nicht auf. Dieses hat sich erkennbar von dem Gedanken leiten lassen, dass der Angeklagte nach der Sicherstellung von zwei der ihm seitens Au. übergebenen, ebenfalls aus Tschechien stammenden Feuerwerkskörpern und der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz aufgrund des Mitsichführens der entsprechenden Gegenstände Kenntnis von deren fehlender Zulassung im Inland hatte. Da er anschließend zur Vorbereitung des Anschlags gegen das Wohnanwesen von P. in die Tschechische Republik gefahren ist, um einen wegen der hohen Sprengkraft wiederum im Inland nicht zugelassenen Feuerwerkskörper zu erwerben, konnte das Landgericht unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände auf einen wenigstens bedingten Gefahrvorsatz schließen.

cc) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob bei Verursachung tatbestandsmäßiger Gefahrerfolge hinsichtlich von § 308 Abs. 1 StGB erfasster Rechtsgüter durch Explosion mittels Feuerwerkskörper eine einschränkende Auslegung des Tatbestandes oder gar ein Ausschluss der Tatbestandsmäßigkeit oder der Rechtswidrigkeit in Betracht zu ziehen ist (zu dem entsprechenden Diskussionsstand vgl. Krack aaO § 308 Rn. 4 f.; siehe auch Wolff aaO § 308 Rn. 13; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 5-6). Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation der vorsätzlichen Verwendung eines im Inland nicht zugelassenen, in seiner Explosivwirkung über das inländisch Zugelassene deutlich hinausgehenden Feuerwerkskörpers kommt vor dem Hintergrund der geschützten Individualrechtsgüter (zu diesen Fischer aaO § 308 Rn. 1) eine Restriktion des Tatbestandes, erst recht ein Tatbestands- oder Rechtswidrigkeitsausschluss nicht in Betracht.

b) Im Fall II.2.b) der Urteilsgründe tragen die getroffenen, allerdings knappen Feststellungen die Verurteilung wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB.

aa) Indem der Angeklagte im Rahmen des gegen ihn wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz geführten Strafverfahrens bewusst wahrheitswidrig angegeben hatte, die in dem von ihm geführten Pkw aufgefundenen Feuerwerkskörper gehörten seinem Sohn, hat er diesen vorsätzlich der Begehung einer rechtswidrigen Tat, nämlich einer Straftat gemäß § 40 Abs. 1 SprengG, verdächtigt.

Nach ganz überwiegendem Verständnis ist Verdächtigen das Hervorrufen, Umlenken oder Verstärken eines Verdachts (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1960 - 2 StR 593/59, BGHSt 14, 240, 246; Ruß in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 164 Rn. 5; Zopfs in Münchener Kommentar zum StGB, Band 3, 2. Aufl., § 164 Rn. 20 jeweils mwN; siehe auch Langer, Gedächtnisschrift für Schlüchter, 2002, S. 361, 366 f.). Die Tathandlung kann jedenfalls durch das Behaupten von Tatsachen verwirklicht werden, die geeignet sind (§ 152 Abs. 2 StPO), den Verdächtigten einem behördlichen Verfahren auszusetzen (Fischer aaO § 164 Rn. 3; Jeßberger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 6; näher Zopfs aaO § 164 Rn. 23 mwN).

Diese Voraussetzungen sind angesichts der konkreten Bezichtigung des Sohns, Eigentümer der im Inland nicht zugelassenen pyrotechnischen Gegenstände zu sein, erfüllt. Da der Angeklagte die bereits während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen ihn erfolgte Falschbezichtigung in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wiederholt hat, handelt es sich bei den beiden wahrheitswidrigen Verdächtigungen lediglich um eine Tat im Rechtssinne (BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 427/12, BGHR StGB § 164 Konkurrenzen 2; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Dezember 2010 - 2 Ws 480/10 Rn. 20).

bb) Eine auf zulässiges Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren oder dessen Selbstbelastungsfreiheit gestützte Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB kommt in der vorliegenden Konstellation nicht in Betracht.

(1) Ob eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa BayObLG NJW 1986, 441, 442; OLG Frankfurt DAR 1999, 225; OLG Düsseldorf MDR 1992, 286 f.) und von Teilen der Strafrechtswissenschaft (siehe nur Ruß aaO § 164 Rn. 6 mwN; Jeßberger aaO § 164 Rn. 10) befürwortete Tatbestandseinschränkung für Fallgestaltungen, in denen der Täter wahrheitswidrig eine allein als alternativer Täter in Frage kommende Person ausdrücklich als solchen bezeichnet (gegen Einschränkungen in solchen Fällen etwa Langer aaO S. 367-369; Schneider, NZV 1992, 471, 472 ff. jeweils mwN; Fischer aaO § 164 Rn. 3a; näher auch Deutscher, Grundfragen der falschen Straftatverdächtigung [§ 164 Abs. 1 StGB], 1995, S. 127 ff.), angenommen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - eine Person konkret verdächtigt wird, für deren Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden, kommt im Hinblick auf das durch § 164 StGB auch gewährleistete Rechtsgut des Schutzes der innerstaatlichen Strafrechtspflege vor unberechtigter Inanspruchnahme (siehe nur BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 427/12, StraFo 2013, 79) eine Tatbestandseinschränkung nicht in Betracht (vgl. Zopfs aaO § 164 Rn. 25 f.; siehe auch Aselmann, Die Selbstbelastungs- und Verteidigungsfreiheit, 2004, S. 267 f.). Anders als in Fallgestaltungen, in denen außer dem falsch Verdächtigenden überhaupt nur eine weitere Person als Täter der fraglichen rechtswidrigen Tat in Betracht kommt, wird in der hier vorliegenden Konstellation erstmals eine andere Person als vermeintlicher Täter bezichtigt. Erst dadurch werden die Ermittlungsbehörden zu einer auf eine materiell unschuldige und bis zur Falschbezichtigung unverdächtige Person bezogenen Ermittlungstätigkeit veranlasst.

(2) Eine Einschränkung des Tatbestandes von § 164 Abs. 1 StGB in Anwendung auf einen sich durch Falschverdächtigung Dritter verteidigenden Beschuldigten oder Angeklagten lässt in der hier vorliegenden Fallgestaltung auch nicht mit Erwägungen aus der Rechtsprechung zu zulässigem Verteidigungsverhalten im Rahmen der Strafzumessung begründen (siehe aber OLG Düsseldorf MDR 1992, 286; krit. Schneider, NZV 1992, 471, 473 f.). Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs strafzumessungsrechtlich die Grenze zulässigen und damit nicht strafschärfend berücksichtigungsfähigen Verteidigungsverhaltens selbst bei unberechtigten Anschuldigungen gegen Dritte noch nicht überschritten (etwa BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 5 StR 453/12 Rn. 2 bzgl. Alternativtäterschaft); dies sei vielmehr erst dann der Fall, wenn sich dieses Verhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung erweise (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 532/12, NStZ-RR 2013, 170 f. mwN sowie vom 6. Juli 2010 - 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692). Diese für die Strafzumessung im Rahmen von § 46 Abs. 2 StGB geltenden Erwägungen können jedoch nicht die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 164 StGB in einer Weise beeinflussen, die mit den Schutzzwecken dieses Tatbestandes nicht mehr vereinbar wäre.

(3) Die Auslegung von § 164 StGB nach dem Wortlaut, der Systematik - der Gesetzgeber hat für die falsche Verdächtigung anders als in § 258 Abs. 1 und Abs. 5 StGB kein Selbstbegünstigungsprivileg vorgesehen - und dem Schutzzweck spricht gegen eine Einschränkung des Tatbestandes in Konstellationen wie der hier vorliegenden. Mit der durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz (43. StrÄndG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2288) erfolgten Einführung von § 164 Abs. 3 StGB hat der Gesetzgeber möglichen Missbräuchen der in § 46b StGB und § 31 BtMG enthaltenen Strafmilderungsmöglichkeiten bei Aufklärungshilfe durch in einem Strafverfahren Beschuldigte entgegen wirken wollen (BT-Drucks. 16/6268 S. 15 re. Sp.). Dabei hat er zugrunde gelegt, dass vielfach Falschangaben durch einen Beschuldigten in dem gegen ihn gerichteten Verfahren zum Zwecke der Erlangung von Strafmilderung den Tatbeständen aus § 164 StGB und § 145d StGB unterfallen, deren Strafandrohungen gravierende Fälle aber nur unzureichend erfassen (BT-Drucks. aaO). Die Entstehungsgeschichte von § 164 Abs. 3 StGB spricht damit ebenfalls gegen eine Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung bei Falschbezichtigung Dritter durch Beschuldigte oder Angeklagte in gegen sie geführten Strafverfahren.

(4) Die Restriktion könnte sich angesichts dessen lediglich aus übergeordneten verfassungsrechtlichen oder menschenrechtlichen Grundsätzen ergeben, aus denen sich für Beschuldigte bzw. Angeklagte im Strafverfahren ein Recht auf Lüge ableiten ließe (vgl. insoweit Kölbel, Selbstbelastungsfreiheiten, 2006, S. 403 f.). Solche Grundsätze bestehen jedoch nicht. Die Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur se ipsum accusare) gewährleistet verfassungsrechtlich dem Beschuldigten bzw. Angeklagten im Strafverfahren ein umfassendes Recht zu schweigen, um nicht zu seiner Überführung beitragen zu müssen; der Beschuldigte ist durch die Selbstbelastungsfreiheit mithin davor geschützt, auf ihn selbst bezogene Informationen zu generieren (siehe BVerfGE 56, 37, 49; BVerfGE 109, 279, 324; BVerfGE 133, 168, 201 Rn. 60; näher Verrel, Die Selbstbelastungsfreiheit im Strafverfahren, 2001, S. 261-264).

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, lässt sich aus der einfachgesetzlichen Gewährleistung des Schweigerechts des Angeklagten in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO als Ausprägung der Selbstbelastungsfreiheit zwar keine Wahrheitspflicht aber auch kein "Recht zur Lüge" ableiten (BGH, Beschluss vom 17. März 2005 - 5 StR 328/04, NStZ 2005, 517, 518 Rn. 10; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 2 Ws 480/10 Rn. 13, NStZ-RR 2011, 178 [nur Leitsätze]; zum Meinungsstand bzgl. des "Rechts auf Lüge" Kölbel aaO S. 25 f.). Für eine einschränkende Anwendung des § 164 StGB jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation der bewusst wahrheitswidrigen Verdächtigung besteht daher kein tragfähiger Grund (vgl. insoweit auch Kölbel aaO S. 404, siehe aber auch ders. aaO S. 493).

3. Bezüglich der Verurteilung des Angeklagten im Fall II.2.e) der Urteilsgründe kann der Senat dem Gesamtzusammenhang des Urteils entnehmen, dass der unerlaubte Besitz erlaubnispflichtiger Munition sich auf die am Tag der vorläufigen Festnahme des Angeklagten, dem 19. November 2013 (UA S. 4 unten), in dessen Wohnung aufgefundene Munition bezieht.

4. Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte durch die im Rahmen der Revision der Staatsanwaltschaft aufgezeigten Rechtsfehler beschwert ist.

III.

Angesichts des nur sehr geringen Erfolgs des Rechtsmittels des Angeklagten ist es nicht unbillig, diesen insgesamt mit dadurch entstandenen Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

C.

Die Revision der Staatsanwalt führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

I.

Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 28. Oktober 2014 zutreffend aufgezeigt hat, ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft beschränkt. Die Verurteilungen in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe werden ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Beschränkung ersichtlich nicht angegriffen.

Die Beschränkung ist wirksam. Dass die für die vorgenannten Fälle verhängten Einzelgeldstrafen wegen der beim Tatrichter unterbliebenen Festsetzung der Tagessatzhöhe (oben B.II.1.) isoliert nicht vollstreckt werden könnten, steht nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1998 - 4 StR 348/98, BGHR StGB § 40 Abs. 2 Satz 1 Bestimmung, unterlassene 2; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 5 StR 122/10).

II.

Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit lediglich einer (einheitlichen) Beihilfe zu einer (gleichfalls einheitlichen) versuchten Nötigung zu Lasten von C. H. als Haupttat hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Bereits der von dem Landgericht für das Vorliegen einer einzigen Haupttat herangezogene Grund eines "einzigen und gleichartigen Nötigungserfolgs" (UA S. 21) trägt nicht.

1. Das Landgericht hat nicht ausreichend in den Blick genommen, dass als Tat bzw. als Taten auch Nötigung(en) in Bezug auf die von den Sprengstoffanschlägen bzw. Briefbombenattrappen unmittelbar bedrohten Angehörigen (Bruder, Schwiegermutter) bzw. Geschäftspartner (Geschäftsführer der A. ) von C. H. in Betracht kamen. Ausweislich der Urteilgründe sollte durch die von dem Angeklagten verübten Anschläge bzw. das Versenden der Briefbombenattrappen auf die betroffenen Angehörigen und Geschäftspartner von C. H. "Druck dahingehend ausgeübt werden, dass diese sich an H. wenden und ihn veranlassen, sich mit seinen Gläubigern in Verbindung zu setzen, damit diese in der Folge ihre behaupteten Ansprüche gegen H. geltend machen können" (UA S. 21). Waren aber die Handlungen des Angeklagten darauf gerichtet, die direkt davon Betroffenen selbst wenigstens zu einer Kontaktaufnahme mit C. H. zu bewegen, sollten diese aufgrund nötigenden Drucks zu einem eigenen Handeln veranlasst werden. Dementsprechend sollte vorsätzlich eine Beeinträchtigung ihrer durch § 240 StGB geschützten Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit (BVerfGE 92, 1, 13 f.; siehe auch BGH, Beschlüsse vom 21. März 1991 - 1 StR 3/90, BGHSt 37, 350, 353; vom 24. Februar 2005 - 1 StR 33/05, NStZ 2005, 387; Schluckebier in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 240 Rn. 1) herbeigeführt werden.

Mit diesen Taten würde eine bzw. würden mehrere versuchte Nötigung(en) zu Lasten von C. H. - die gegen Angehörige und Geschäftspartner gerichteten (konkludenten) Drohungen sollten von diesem als eigenes Übel empfunden werden (siehe dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 240 Rn. 37; Altvater in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 7/2, § 240 Rn. 83 jeweils mwN) - jeweils in gleichartiger Tateinheit stehen, weil mittels derselben Nötigungshandlung, den jeweiligen Anschlägen als konkludente Drohungen mit weiteren solcher Angriffe, von je zwei verschiedenen Nötigungsopfern unter Beeinträchtigung ihrer Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit Verhaltensweisen erzwungen wurden bzw. erzwungen werden sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 4 StR 220/07 Rn. 3; Schluckebier aaO Rn. 28).

2. Unter Berücksichtigung des Vorgenannten und der insgesamt festgestellten vier Handlungen des Angeklagten (Versenden von zwei Briefbombenattrappen an zwei unterschiedliche Empfänger, zwei Anschläge mit Feuerwerkskörpern gegen zwei verschiedene Opfer) lässt sich das Vorliegen lediglich einer einheitlichen Nötigungstat zu Lasten von C. H. auch nicht auf die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit stützen.

a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt eine natürliche Handlungseinheit, die mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Einheit im Rechtsinne verbinden kann, an, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (BGH, Urteile vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368; vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16 [in NStZ-RR 2010, 140 f. nur LS], vom 8. Februar 2012 - 1 StR 427/11, NStZ-RR 2012, 241, 242 f.; Fischer aaO Vor § 52 Rn. 3 mwN). Richten sich die Handlungen des Täters bzw. Tatbeteiligten - wie hier - gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, ist die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sie liegt aber regelmäßig nicht nahe (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16). In solchen Konstellationen können unterschiedliche Handlungen regelmäßig weder durch ihre Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges willkürlich oder gekünstelt erschiene (BGH aaO mwN).

b) Nach diesen Maßstäben können die einzelnen Handlungen des Angeklagten, die sich als konkludente Drohungen gegenüber den verschiedenen von den Anschlägen betroffenen Personen erweisen, nicht zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dem steht bereits die Tatbegehung zu Lasten des höchstpersönlichen Rechtsguts Willensfreiheit unterschiedlicher Rechtsgutsinhaber entgegen. Das Landgericht hat, wie bereits aufgezeigt, bei der Annahme natürlicher Handlungseinheit nicht ausreichend im Blick behalten, dass mit den Anschlägen die unmittelbar dadurch Bedrohten veranlasst werden sollten, sich an C. H. zu wenden. Die Voraussetzungen dafür, mehrere Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedenen Inhaber ausnahmsweise als natürliche Handlungseinheit zu bewerten, liegen ersichtlich nicht vor. Zwischen dem Versenden der Briefbombenattrappen und den beiden Anschlägen mit Feuerwerkskörpern sowie zwischen den letztgenannten Handlungen untereinander besteht kein außergewöhnlich enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang.

3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.

Obwohl die Aufhebung aufgrund eines Wertungsfehlers des Tatgerichts erfolgt, hebt der Senat die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf (§ 353 Abs. 2 StPO). Das angefochtene Urteil erweist sich nicht als widerspruchsfrei. So führt das Landgericht - im Rahmen der rechtlichen Würdigung - einerseits aus, es habe sich nicht feststellen lassen, dass einer der von den Anschlägen des Angeklagten unmittelbar Betroffenen sich bei C. H. dafür eingesetzt habe, dass dieser sich bei den Anlegern melde (UA S. 22), was jedenfalls eine vollendete Nötigung zum Nachteil der Opfer der Anschläge ausschließen würde. Da sich aber andererseits aus der Darstellung der Aussage des Zeugen C. H. ergibt, diesem sei durch seinen Bruder P. , dem Opfer des Anschlags vom 28. März 2013, über den Sprengstoffanschlag berichtet worden (UA S. 18), findet die Annahme ausgebliebener Reaktionen der unmittelbar bedrohten Nötigungsopfer keine ausreichende Stütze in der Beweiswürdigung. Um dem neuen Tatrichter in sich widerspruchsfreie Feststellungen auch zu den Reaktionen der Anschlagsopfer zu ermöglichen, erfolgt die Aufhebung auch der Feststellungen.

III.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Sollte auch der neue Tatrichter feststellen, dass nach dem Tatplan des Angeklagten und ggf. seiner Auftraggeber durch die Briefbombenattrappen sowie die Explosionen die von den Anschlägen unmittelbar Betroffenen dazu veranlasst werden sollten, sich ihrerseits an C. H. zu wenden, wird aufzuklären sein, ob und wie sich die Bedrohten nach den gegen sie gerichteten Handlungen verhalten haben. Die Vollendung einer ihnen gegenüber begangenen Nötigung wäre bereits dann eingetreten, wenn sie als Nötigungsopfer unter der Einwirkung des Nötigungsmittels mit der von dem Täter geforderten Handlung begonnen hätten (BGH, Urteil vom 26. August 1986 - 1 StR 365/86, NStZ 1987, 70 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3; siehe auch BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12, NStZ 2013, 36 f.; Altvater aaO § 240 Rn. 90 mwN).

Dass es dem Angeklagten als Endziel darauf ankam, auf C. H. einzuwirken, stünde vollendeten Nötigungen zu Lasten der unmittelbar Bedrohten nicht entgegen. Selbst bei Nötigungen gegenüber demselben Opfer kann ein Teilerfolg, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, für die Annahme einer vollendeten Nötigung ausreichen, wenn die abgenötigte Handlung des Opfers nach den Vorstellungen des Täters eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12, NStZ 2013, 36 f.; vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3; Urteile vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082; vom 20. Juni 2007 - 1 StR 157/07, StV 2008, 249). Das gilt erst recht, wenn ein "Teilerfolg" gegenüber anderen Personen als dem vom Täter als Endziel ins Auge gefassten Nötigungsopfer eintreten soll.

Vollendete oder versuchte Nötigungen zu Lasten der von den Anschlägen des Angeklagten unmittelbar Betroffenen stünden mit der Nötigungstat oder den Nötigungstaten zu Lasten von C. H. jeweils in gleichartiger Tateinheit (oben C.II.1.).

2. Der neue Tatrichter wird auch die durch den Angeklagten verwirklichte Beteiligungsform näher zu prüfen haben. Das Landgericht hatte in Bezug auf die Nötigungstaten die Möglichkeit einer unmittelbaren Täterschaft im Sinne von § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB nicht in den Blick genommen. Nach dieser Vorschrift ist Täter, wer vorsätzlich handelnd sämtliche Tatbestandsmerkmale der Straftat in eigener Person verwirklicht (BGH, Urteil vom 17. August 1993 - 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3; siehe auch BGH, Urteile vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 317 mwN; vom 12. August 1998 - 3 StR 160/98, NStZ-RR 2000, 22 [nur LS]; Schünemann in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Bd. 1, § 25 Rn. 53 f.). Fehlender Täterwille oder das Berufen darauf, lediglich einem anderen behilflich sein zu wollen, schließt bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen die (unmittelbare) Täterschaft nicht aus (BGH, Urteil vom 17. August 1993 - 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3). Bei der Beurteilung, ob angesichts der Ausführung der Nötigungshandlungen seitens des Angeklagten Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB in Betracht kommt, wird auch zu bedenken sein, wie und durch wen die Anschlagsopfer erfahren haben oder sollten, welches Verhalten von ihnen erwartet wurde.

3. Im Fall II.2.a) der Urteilsgründe wird eine Strafbarkeit wegen versuchter oder vollendeter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion näher zu prüfen sein. § 308 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 - 5 StR 366/95, NStZ-RR 1996, 132 f. mwN zu § 311 StGB aF). Vollendung tritt mit dem Herbeiführen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert ein. Maßgeblich ist dafür die Höhe des dem betroffenen fremden Eigentum konkret drohenden Schadens (Wolff aaO § 308 Rn. 8; Krack aaO § 308 Rn. 9 mwN). Um diese zu bestimmen, bedarf es regelmäßig eines zweistufigen Vorgehens, indem zunächst der Wert der Sache selbst und anschließend der ihr drohende (bedeutende) Schaden zu ermitteln sind (st. Rspr. zu § 315c StGB; vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 4 StR 22/11, DAR 2011, 398 f. mwN).

Der Bundesgerichtshof hat - soweit ersichtlich - bislang weder zu § 308 StGB noch zu der Vorgängerregelung § 311 StGB aF entschieden, ab welcher Untergrenze von einem bedeutenden Wert ausgegangen werden kann. Für die bezüglich des konkreten Gefahrerfolgs im Wortlaut identisch gefassten §§ 315b, c StGB legt der Bundesgerichtshof eine solche von 750 Euro zugrunde (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2013 - 4 StR 145/13 Rn. 7 mwN). Der Senat neigt für § 308 StGB im Hinblick auf die auf der Ebene der Tathandlung auch erfassten Explosionen durch Sprengkörper mit geringer Sprengkraft [oben B.II.2.a)] allerdings zu einem etwas höheren Grenzwert, der bei 1.500 Euro liegen könnte. In der Strafrechtswissenschaft geforderte, deutlich höhere Untergrenzen (Wolff aaO § 308 Rn. 8 "2.500 Euro"; Krack aaO § 308 Rn. 9 "ca.

5.000 Euro"; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 7 "3.000 Euro") sind weder aus teleologischen Gründen noch durch das verfassungsrechtliche Schuldprinzip veranlasst.

Sollte nach diesen Maßstäben dem auf dem Grundstück befindlichen Wohnhaus ein solcher Gefahrerfolg nicht gedroht haben, wird die Frage eines darauf gerichteten Gefahrvorsatzes des Angeklagten und damit eine Versuchsstrafbarkeit näher zu prüfen sein.

Rothfuß Jäger Radtke Mosbacher Fischer