ArbG Detmold, Urteil vom 26.03.2003 - 1 Ca 2027/02
Fundstelle
openJur 2015, 4134
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger

a} 78,28 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.06.2002;

b) 292,90 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.10.2002;

c) 6,52 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten überdem Basiszinssatz der EZB seit dem 21.07.2002.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt 87 v. Hd., die Beklagte 13 v. Hd. der Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf 3.002,18 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Kernpunkt um die Frage der richtigen Eingruppierung des Klägers.

Der 1954 geborene, verheiratete Kläger ist als Wachmann seit dem 04.03.2002 beider Beklagten beschäftigt und wird hier im Separatwachdienst im Objekt T, Q eingesetzt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Nordrhein-Westfalen Anwendung. Die Tarifverträge sind für allgemeinverbindlich erklärt.

Mit der Klage begehrt der Kläger Vergütungsdifferenzen für die Monate März 2002 bis A-gust 2002 als auch im Klageantrag zu Ziffer 8 die Auszahlung einbehaltener Leistungszuschläge betreffend die Monate Juli, August und September 2002 sowie Abzüge in den Abrechnungen März und September 2002 in Höhe von 78,28 € und in Höhe von 297,90 €.

Die Beklagte vergütet den Kläger nach der Tarifgruppe 2.0.11 des Lohntarifvertrages für dasWach- und Sicherheitsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 06.04.2001. Der Kläger begehrt Vergütung nach der Lohngruppe 2.0.19. Nach der Lohngruppe 2.0.19 wird der Separatwachmann im Pförtnerdienst vergütet, die sich von der Lohngruppe 2.0.15 dadurch abhebt,in dem er im Empfangsdienst tätig ist und dem die Eingangs- und Ausgangskontrolle desPublikums sowie auch die Personennahkontrolle der Dienststelle, Überwachungsfunktionvon technischen Anlagen und Bedienung der Telefonzentrale obliegt.

In die Tariflohngruppe 2.0.15 wird eingruppiert der Separatwachmann im Pförtnerdienst, dersich von der Tariflohngruppe 2.0.11 und 2.0.12 dadurch abhebt, in dem ihm verantwortlichEingangs- und Ausgangskontrollen von Personen und Kraftfahrzeugen obliegen und bei demder Arbeitgeber eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen kann.

In die Tariflohngruppe 2.0.11 schließlich ist eingruppiert der Separatwachmann, der den Dienst hauptsächlich in geschlossenen Objekten auszuführen hat und Separatwachmänner im Pförtnerdienst.

Die Beklagte vergütet arbeitsstündlich 6,56 €.

Wegen der Tätigkeiten des Klägers als Separatwachmann im Pförtnerdienst der Firma T in Q wird auf dessen Ausführung in der Klageschrift verwiesen. Einzelheiten davon sind unter den Parteien streitig. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang den Besitz einer Ausbildung in Erster Hilfe.

Im Rahmen der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Differenzvergütungen für die Monate März 2002 bis August 202 als auch damit einhergehend einen Anspruch auf Fahrgelderstattung nach Ziffer 8 des Manteltarifvertrages für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 01.03.2002. Danach erhält ein Arbeitnehmer, der in ein Objektversetzt wird, das mehr als 30 Kilometer von seinem Wohnsitz entfernt ist, ein Fahrtkostenzuschuss in Höhe von 0,27 € für jeden Kilometer einfacher Wegstrecke, der über 30 Kilometer hinausgeht. Der Kläger wohnt 45 Kilometer vom Objekt in Q entfernt und macht arbeitstäglich 30 Kilometer Fahrgelderstattung geltend.

Wegen der einzelnen Berechnung des Kläger für die Monate März bis Juni 2002 wird auf die Anlagen zur Klageschrift verwiesen. Dabei nahm die Beklagte in der Abrechnung Mai 2002 einen Gesamtabzug von 78,28 € vor mit der Bemerkung T 3/02 und 38,34 € mit der Bemerkung Sonntagszuschlag und 31,95 € mit der Bemerkung Feiertagszuschlag.

Wegen der Berechnung der Monate Juni und August 2002 wird auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 21.10.2002 verwiesen, wegen der Berechnung der Monate September 2002 wirdauf die Anlagen zum Schriftsatz vom 11.10.2002 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 459,67 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.04.2002 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 434,33 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.05.2002 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 700,07 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.06.2002 zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 104,68 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.07.2002 zu zahlen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 410,28 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.10.2002 zu zahlen,

6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 488,53 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.08.2002 zu zahlen,

7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 329,69 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.09.2002 zu zahlen,

8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 74,93 € brutto nebst einer Verzinsung, die 5 Prozentpunkte über dem gesetzlichen Basiszinssatz liegt, seitdem 01.10.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich nicht nur auf die Verwirkung nach § 13 des benannten Manteltarifvertrages sondern meint auch, dass dem Kläger kein Anspruch auf Vergütung nach der Tarifgruppe 2.0.19 zustehe. Der Kläger erfüllt nämlich noch nicht einmal die Voraussetzung fürdie Lohngruppe 2.0.15, in der vorausgesetzt wird, dass vom Arbeitgeber eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangt wird. Derartiges sei eben nicht vom Kläger abverlangt worden, so dass auch die Lohngruppe 2.0.15 keine Gültigkeit finde.Im übrigen bestreitet die Beklagte, dass der Kläger eine Ausbildung in Erster Hilfe habe.

Jedoch selbst bei unterstellter entsprechender Ausbildung habe der Kläger keinesfalls die Ausbildung im Brand- und Katastrophenschutz, so wie von Lohngruppe 2.0.15 vorgesehen.

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Ein Fahrgeld stehe dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, da der Kläger ja nicht an das Objekt T versetzt worden sei. Das Objekt T sei das Objekt gewesen, für das der Kläger von Anfang an eingestellt worden sei.

Im übrigen bestreitet die Beklagte auch im Einzelfall die vom Kläger in der Klageschrift aufgezeigten konkreten Aufgaben im Bewachungsobjekt T.

Richtig an der Berechnung des Klägers sei einzig der Nachzahlungsanspruch von 6.52 € hinsichtlich der 5 -igen Nachtzulage für den Zeitraum Mai bis August 2002 wegen 35 Stunden a 0,33 €.

Wegen des gesamten Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und Protokolle verwiesen, die sämtliche Gegenstand der mündlichen Verhandlungwaren.

Gründe

Die Klage ist zulässig. aber nur teilweise begründet.

Dem Kläger stehen zunächst keine Differenzlohnansprüche bezogen auf die Lohngruppe2.0.19 zu. Nach dem Tarifgefüge müsste der Kläger nämlich hierbei auch die Voraussetzungen der Lohngruppe 2.0.15 erfüllen, die besagen. dass unter anderen der Arbeitgeber vomArbeitnehmer eine Ausbildung in Erster Hilfe sowie Brand- und Katastrophenschutz verlangen kann. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger offensichtlich unter Berücksichtigungdes konkreten Bewachungsauftrages im Objekt T nicht. Anders als der strenge Wortlautist der Sinn und Zweck der Vergütungsregelung dahingehend zu verstehen, dass es tatsächlich auf die objektiven Umstände des Bewachungsauftrages ankommt, ob der Arbeitgeberhier die entsprechenden Ausbildungen vom Arbeitnehmer verlangen kann. Entweder mussder Auftrag dieses Erfordernis in sich tragen, oder es ist der ausdrückliche Wunsch des Auftraggebers entsprechend ausgebildete Arbeitnehmer einzusetzen oder es sind sonstige anlagenbedingte Voraussetzungen und Bestimmungen, wie gesetzliche, behördliche oder betreiberrechtliche Bestimmungen, die eine entsprechende Ausbildung vorschreiben. Das ist jedoch weder vom Kläger vorgetragen noch ergibt es sich aus den gesamten Umständen. Auch war hierbei zu berücksichtigen, dass die Tarifgruppe 2.0.15 nicht nur die Ausbildung in Erster Hilfe fordert, sondern zusätzlich darüber hinaus die Ausbildung in Brand- und Katastrophenschutz. Letzteres hat der Kläger in seiner Person nicht behauptet.

Von daher scheiden sämtliche Ansprüche des Klägers betreffend die Differenzlohnansprüche März bis September 2002 aus und waren daher abzuweisen.

Das bezieht sich auch auf die vom Kläger begehrte Fahrtkostenerstattung nach § 8 des Manteltarifvertrages. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers lag tatsächlich keine Versetzungim tarifrechtlichen Sinne vor. Der Kläger war für das Objekt T eingestellt. Von daherkommt es nicht auf die Entfernungen zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte des Klägers an.Die Fahrtkostenregelung des Tarifvertrages greift erst dann ein, wenn es zu einer arbeitsrechtlichen Versetzung des Arbeitnehmers innerhalb des Arbeitsverhältnisses gekommen ist. Sie bezieht sich nicht auf den Ersteinsatz.

Das darüber hinaus die Ansprüche des Klägers bis Mai 2002 verwirkt waren, § 13 des Manteltarifvertrages, sei hier nur am Rande erwähnt.

Dem Kläger stehen jedoch die Ansprüche zu, die ihm in den Abrechnungen Mai 2002 (Blatt15 der Akten) und im September 2002 (Blatt 33 der Akten) abgezogen worden sind, nämlich einmal die 78,28 € brutto als auch die 297,90 € brutto. Der Abzug in den benannten Abrechnungen hat sich jedenfalls auch dem Gericht nicht erschlossen. Es war nicht nachvollziehbar, warum von den verdienten Ansprüchen für die beiden Monate die Beklagte hier berechtigt gewesen sein sollte, Abzüge vorzunehmen. Dies auch vor allem vor dem Hintergrund,dass im Verfahren 1 Ca 2249/02 festgestellt worden ist, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien im Ergebnis fortbesteht. Zu einer Beendigung ist es jedenfalls weder durch die Anfechtung vom 04.02.2003 noch durch die Kündigung vom 10.09.2002 gekommen.

Darüber hinaus kann der Kläger die anerkannten 6,52 € betreffend die Nachtzulage im Zeitraum Mai bis August 2002 verlangen.

Der Antrag zu Ziffer 8 des Klägers war abzuweisen, da es gerade nicht zu einer Beendigungdes Arbeitsverhältnisses gekommen ist. Der entsprechende Leistungszuschlag ist erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort fällig. Die Beendigung ist -wie oben ausgeführt und unter Hinweis auf 1 Ca 2249/02 festgestellt- gerade nicht eingetreten.

Der Zinsanspruch des Klägers beruht auf §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 18GB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Wenn jede Partei teils obsiegt und teilsunterliegt, so können die Kosten verhältnismäßig zueinander geteilt werden.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 3 ZPO. Der gesamte saldierte bezifferte Zahlungsanspruch des Klägers war hier anzusetzen.

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