FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2014 - 9 K 3297/13
Fundstelle
openJur 2015, 872
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Inanspruchnahme von § 34a Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin erzielte im Kalenderjahr 2009 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin aus einer Beteiligung an der X GmbH & Co. KG. Mit geändertem Feststellungsbescheid vom 12. Juli 2011 stellte das Feststellungsfinanzamt A Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dieser Beteiligung in Höhe von 152.784,24 Euro fest, wovon 111.545,18 Euro die Voraussetzung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34a EStG erfüllten.

Die Klägerin erzielte zudem weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmerin wie folgt:

Y GmbH & Co. KG./. 34.462 Euro,Z GmbH & Co. KG./. 201.383 Euro,W.. 97 Euro.

Mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom 02. September 2011 berücksichtigte der Beklagte diese Einkünfte im Rahmen der Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 3 EStG, so dass die Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ./. 82.949 Euro betrug, mit der Folge, dass der ermäßigte Steuersatz auf die Beteiligungseinkünfte aus der X GmbH & Co. KG nicht zur Anwendung kam.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. August 2013 als unbegründet zurück. Ein zwischenzeitlich ergangener aus anderen Gründen geänderter Einkommensteuerbescheid 2009 vom 04. Januar 2012 war Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden (§ 365 Abs. 3 AO).

Die Klägerin hat am 30. September 2013 Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, § 34a EStG sei als Tarifvorschrift nach § 32 Abs. 1 S. 2 EStG vorrangig vor dem allgemeinen Steuertarif anzuwenden. Ein Verlustausgleich und Verlustabzug mit begünstigten Einkünften käme erst danach in Betracht. Die thesaurierten Gewinne müssten sozusagen aus dem für den Grundtarif des § 32a EStG maßgebenden zu versteuerndem Einkommen herausgelöst werden und in die Begründung einer eigenständigen Bemessungsgrundlage für den besonderen Steuertarif nach § 34a EStG münden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers bei Einführung der Begünstigung sei § 34a EStG als lex specialis gegenüber § 2 Abs. 5 EStG anzusehen. Nach dessen Intention habe durch diese Norm eine Gleichbehandlung zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Steuerbelastung geschaffen werden sollen. Diese gelte sowohl für den Steuertarif als auch für die Behandlung thesaurierter Gewinne, die bei Kapitalgesellschaften nicht mit anderen Einkünften der Gesellschafter verrechnet würden. Ein horizontaler und vertikaler Verlustausgleich sei damit ausgeschlossen. Ein Verlustausgleich würde deshalb zu einer Schlechterstellung von Personenunternehmen führen.

Die Regelung des § 34a Abs. 8 EStG scheine zudem § 10d Abs. 1 S. 2 EStG auszuhebeln. Danach dürfte ermäßigt besteuerten Gewinnen nicht durch laufende Verluste im Rahmen eines Verlustrücktrags die Grundlage für die Thesaurierung entzogen werden. § 10d Abs. 1 S. 2 EStG werde jedoch durch den Beklagten dahingehend angewandt, dass eben gerade die begünstigten Gewinne nach § 34a EStG in einem horizontalen und vertikalen Verlustausgleich mit einbezogen würden.

Darüber hinaus widerspräche die Auffassung der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. August 2008 Rz. 1 (Az.: IV C 6-S 22090-a/07/10001, FMNR701000008 in Bundessteuerblatt - BStBl - I 2008, 838) dem Gesetzeswortlaut des § 34a Abs. 1 S. 2 EStG. Dem Gesetzeswortlaut folgend sei für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil der Antrag auf Thesaurierungsbegünstigung gesondert zu stellen. Wenn nach Auffassung der Finanzverwaltung jedoch zuerst sowohl ein horizontaler als auch ein vertikaler Verlustausgleich vorgenommen werden solle, könne denklogisch eine gesonderte Thesaurierungsbeantragung einzelner Betriebe oder Mitunternehmeranteile nicht erfolgen.

Die Interpretation des § 34a EStG durch den Beklagten und die damit einhergehende Unterwerfung des § 34a EStG unter § 2 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 EStG gehe schlussendlich weit über den Gesetzeswortlaut hinaus. Es sei daher fraglich, ob dem Beklagten überhaupt ein Freiraum für Interpretationen betreffend § 34a Abs. 1 S. 2 EStG gegeben sei.

Der Gesetzeswortlaut des § 34a Abs. 1 EStG führe eindeutig aus, dass die begünstigten Einkünfte einem besonderen Steuersatz unterlägen und zur Erlangung dieses begünstigten Steuersatzes ein Antragswahlrecht für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil bestehe. Die begünstigten Gewinne würden nach der Systematik des § 34a Abs. 1 EStG aus dem zu versteuernden Einkommen herausgelöst. Ein Verlustausgleich oder Verlustabzug werde im Gesetzeswortlaut selbst nicht erwähnt. § 34a Abs. 8 EStG halte zudem fest, dass negative Einkünfte nicht mit ermäßigt besteuerten Gewinnen im Sinne des § 34a Abs. 1 S. 1 EStG ausgeglichen werden dürften und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden dürften. Auch wenn im Streitfall keine positive Summe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliege, seien trotzdem die positiven Einkünfte aus der Beteiligung an der X GmbH & Co. KG „enthalten“ im Sinne von § 34a Abs. 1 EStG.

Die Gesetzesbegründung hingegen spreche unterschiedliche Parameter an. In der Bundestagsdrucksache 16/4841, Seite 62 ff. werde hervorgehoben, dass die Begünstigung und das Antragswahlrecht betriebs- und personenbezogen ausgestaltet seien. Ausgangspunkt für die Berechnung der Steuerermäßigung sei das zu versteuernde Einkommen mit Hinweis auf § 2 Abs. 5 EStG. Im Gegensatz dazu werde die Funktionsweise des § 34a Abs. 8 EStG dahingehend erläutert, dass ein Verlustrücktrag ausgeschlossen sei, soweit die Einkünfte im Vorjahr nach § 34a EStG ermäßigt besteuert worden seien. Ein darüber hinausgehender Verlustrücktrag werde nach der Gesetzesbegründung nicht ausgeschlossen.

Der Beklagte bzw. die Finanzverwaltung betreibe im genannten BMF-Schreiben Rechtsfortbildung. Rechtsfortbildung setze allerdings voraus, dass eine wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Ein sinnwidriger Gesetzeswortlaut sei nur dort vorhanden, wo die ursprüngliche gesetzgeberische Entscheidung entweder von Anfang an falsch gewesen oder durch veränderte Verhältnisse zwischenzeitlich falsch geworden und der Wortlaut des Gesetzes unklar oder verworren sei. Eine derartige Voraussetzung sei nicht gegeben. Der Wortlaut des § 34a EStG sei eindeutig und nicht auslegungsbedürftig. Die Klägerin beruft sich diesbezüglich auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhof (BFH) vom 8. September 2010 I R 74 / 09 (Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFHE - 231, 84, BStBl II 2014, 788). Hier habe der Bundesfinanzhof eine „fiktive Umqualifizierung“ von Sondervergütungen nach § 50d Abs. 10 EStG in Unternehmensgewinne im Sinne des Art. 7 DBA-MA abgelehnt und sei damit der Auslegung der Finanzverwaltung nicht gefolgt. Übertragen auf den vorliegenden Sachverhalt sei daher festzuhalten, dass entgegen der Auffassung der Beklagten, der eindeutige Gesetzeswortlaut für die von der Klägerin vorgetragene Behandlung spreche.

Die Klägerin beantragt, 1. den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 4. Januar 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 30. August 2013 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 111.545 Euro mit dem besonderen Steuersatz nach § 34a EStG besteuert und nicht bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG) berücksichtigt werden, 2. hilfsweise die Revision zuzulassen und 3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Verfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Er trägt zur Begründung unter Bezugnahme auf sein Einspruchsentscheidung vor, er habe zu Recht die tarifbegünstigten Einkünfte nach § 34a EStG in das zu versteuernde Einkommen einbezogen.

Mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BStBl I 2008, 630) sei § 34a EStG insoweit modifiziert worden, dass nicht entnommene Gewinne bei Personenunternehmen mit einem besonderen linearen Steuersatz von 28,25 % plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer besteuert würden.

Das hierzu am 11. August 2008 vom BMF ergangene Anwendungsschreiben sei für ihn, den Beklagten, bindend. Danach bliebe die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG) durch § 34a EStG unberührt. Damit seien insbesondere die Regelungen über den Verlustausgleich und Verlustabzug vorrangig zu beachten. Der Verlustausgleich und -abzug sei auch dann vorzunehmen, wenn für nicht entnommene Gewinne die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG in Anspruch genommen werde. Daher könne durch § 34a EStG kein Verlustvortrag nach § 10d EStG generiert werden.

Am 30. Juli 2014 hat im Verfahren ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (Bl. 54 der Gerichtsakte).

Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahren ausgetauschten Schriftsätzen und den vom Beklagten vorgelegten Akten (Einkommensteuerakte, Rechtsbehelfsakte, § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gründe

1. Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Einkommensteuer für den Gewinn aus dem Mitunternehmeranteil an der X GmbH & Co. KG mit einem Steuersatz von 28,25 % zu berechnen (§ 34a Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG). Denn im zu versteuernden Einkommen der Klägerin waren keine begünstigen nicht entnommenen Gewinne aus Gewerbebetrieb nach § 34a Abs. 1 S. 1 HS. 1 EStG enthalten.

a) Dies ergibt sich, anders als nach Auffassung der Klägerin, bereits aus dem Wortlaut der Norm. Denn nach § 34a Abs. 1 S. 1 HS. 1 EStG ist Grundvoraussetzung für die Thesaurierungsbegünstigung, dass die begünstigten Gewinne im zu versteuernden Einkommen der Klägerin enthalten sein müssen.

§ 2 EStG normiert die Begriffe des Einkommensteuerrechts, also auch das „zu versteuernde Einkommen“, und gibt gleichzeitig den Wegweiser zur Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer ist demnach das Ergebnis der in § 2 EStG vorgegebenen Rechenschritte. Das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG ist u.a. Ausfluss der Berechnung der Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG. Danach werden alle Einkünfte eines Steuerpflichtigen saldiert und ein uneingeschränkter vertikaler Verlustausgleich durchgeführt.

Dieser gesetzlichen Vorgabe entspricht die Saldierung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin aus der X GmbH & Co KG in Höhe von 111.545,18 Euro insbesondere mit den Verlusten an der Y GmbH & Co. KG in Höhe von ./. 34.462 Euro und der der Z GmbH & Co. KG in Höhe von ./. 201.383 Euro durch den Beklagten.

Soweit die Klägerin vorträgt, aus dem Wortlaut der Norm sei gerade das gegenteilige Ergebnis zu folgern, teilt der Senat diese Meinung nicht. Die Klägerin stellt bei ihrer Argumentation auf den Begriff „enthalten“ im Sinne von § 34a Abs. 1 S. 1 EStG ab und zieht dabei § 34 Abs. 1 S. 2 EStG als Argumentationshilfe heran. Schließlich sei für jeden Betrieb und Mitunternehmeranteil ein Antrag zu stellen. Damit geht die Klägerin über den Wortlaut der Norm hinaus und legt diese bereits systematisch aus, ohne dabei ein Argument für eine am Wortlaut orientierte Auslegung zu finden. Denn „enthalten“ im Sinne von § 34a Abs. 1 S. 1 EStG setzt nach Auffassung des Senats voraus, dass diese Einkünfte einen Teil der positiven Summe des zu versteuernden Einkommens bilden. Denn nur eine solche positive Summe kann überhaupt zu einer Einkommensteuerbelastung führen und dementsprechend durch die Thesaurierungsbesteuerung begünstigt werden.

b) Eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Eine solche wäre nur dann möglich, wenn die wortgetreue Gesetzesanwendung offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers widersprechen und zu einem offenbar sinnwidrigen Ergebnis führen würde, das durch die beabsichtigte Auslegung vermieden oder jedenfalls entscheidend gemindert würde, ohne gleichzeitig andere Wertungswidersprüche hervorzurufen (BFH-Urteil vom 03. Juni 2014 II R 45/12, BFHE 245, 374, BStBl II 2014, 806 m.w.Nw.)

Diese Voraussetzungen sind beim Wortlaut des § 34a EStG nicht erfüllt. Es entspricht der Absicht des Gesetzgebers, die Steuerermäßigung auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden. Denn nach der Gesetzesbegründung ist „Ausgangspunkt für die Berechnung der Steuerermäßigung (sei) das nach allgemeinen Grundsätzen ermittelte zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG), […] aus dem die begünstigten Gewinne herauszurechnen sind (Bundestagsdrucksache -BT-Drucks.- 16/4841, S. 62).

Die Anlehnung an den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, führt auch nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis. Es ist Ziel der Regelung, „Einzelunternehmer und Mitunternehmer mit ihren Gewinneinkünften […] in vergleichbarer Weise wie das Einkommen einer Kapitalgesellschaft tariflich zu belasten.“ Diese annähernde Belastungsgleichheit soll durch eine „betriebs- und personenbezogene“ Ausgestaltung erreicht werden (BT-Drucks. 16/4841, S. 62). Betrachtet bzw. verglichen wird demnach die Belastung einer natürlichen Person nach § 1 Abs. 1 EStG, die Subjekt der Einkommensbesteuerung ist, und die Belastung einer Kapitalgesellschaft nach § 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Da alle Einkünfte einer Kapitalgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind (§ 8 Abs. 2 KStG), findet bei einer Kapitalgesellschaft die Saldierung der positiven und negativen Einkünfte bei einer Einkunftsart statt, wohingegen das EStG eine Saldierung auf Ebene der Ermittlung der Summe der Einkünfte erfordert (§ 2 Abs. 3 EStG). Wäre das Gesetz ausschließlich betriebsbezogen ausgestaltet, ohne das Subjekt der Besteuerung zu berücksichtigen, würde anders als vom Gesetzgeber gewollt, keine vergleichbare Belastung der Steuersubjekte eintreten. Im Gegenteil würde dies sogar zu einer Begünstigung der gewerblichen Einkünfte aus Personengesellschaften führen, da die bei Kapitalgesellschaften bereits systembedingt durchzuführende Saldierung aller Einnahmen (§ 8 Abs. 2 KStG), bei Personenunternehmen unterbliebe.

Für diese Betrachtung spricht auch die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Norm. § 34a Abs. 1 S. 2 EStG bestimmt, dass der Antrag auf begünstigte Besteuerung für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil gesondert bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen ist und nicht etwa beim für eine gesonderte Feststellung zuständigen Finanzamt. Demnach kommt es auf den einzelnen Steuerpflichtigen und nicht (allein) auf den Betrieb an (vgl. Finanzgericht Münster Urteil vom 19. Februar 2014, 9 K 511/14 F, Finanzrundschau - FR - 2014,611 -615, juris.de).

b) Auch eine systematische Auslegung des Gesetzes führt zu keinem anderen Ergebnis. Bei dieser Auslegungsart sind einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren, dass sie logisch miteinander vereinbar sind (vgl. BFH, Urteil vom 09. April 2008 – II R 39/06 –, juris, Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 9. Mai 1978 2 BvR 952/75, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - 48, 246, 257).

Die Auffassung der Klägervertreter, § 34a EStG sei lex specialis gegenüber § 2 Abs. 5 EStG teilt der Senat nicht. Dem widerspricht bereits die Stellung der Norm im Gesamtgefüge des Gesetzes, wonach es sich bei § 34a EStG um eine Tarifvorschrift handelt, die nach Ermittlung des zu versteuernden Einkommens angewandt wird.

Demnach folgt der Senat auch nicht der Auffassung, dass Begünstigungsbeträge i.S.d. § 34a EStG nicht an der Einkommensermittlung teilnehmen und somit der synthetischen Einkommensbesteuerung entzogen werden (so Stein in Herrmann/Heuer/Raupach, 21. Aufl. 262 Lfg., EStG § 34a, Rz. 95). Dies folgt bereits aus der o.g. Erwägungen, nämlich dass § 34a Abs. 1 EStG auf das zu versteuernde Einkommen abstellt. Dem entspricht auch, dass der Gesetzgeber mit der Fassung des § 34a Abs. 1 EStG, parallel zur Regelung des § 34 Abs. 1 S. 1 EStG, eine Trennungslösung unmissverständlich abgelehnt hat. Der wissenschaftliche Beirat hatte in der Gesetzgebungsphase ein so genanntes „Trennungsmodell“ präferiert und vorgeschlagen, keinerlei Verlustausgleich mit den tatsächlich nicht entnommenen thesaurierten Gewinne durchzuführen. Diesem Vorschlag ist der Gesetzgeber nicht gefolgt und hat sich statt dessen für eine Ausgestaltung als „einfache“ Tarifbegünstigung im synthetischen System der Einkommensteuer entschieden (siehe R. Wacker in FR 2008, 605 - 611, 607). Dementsprechend kann auf die Rechtsprechung zu § 34 EStG verwiesen werden (BFH-Urteil vom 25. September 1996 IV B 120/95, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1997, 23).

§ 34a Abs. 8 EStG hebelt auch nicht, wie von der Klägerin angenommen, § 10d Abs. 1 S. 2 EStG aus. Die Normen stehen vielmehr in einem systematischen Zusammenhang und betreffen den Fall, dass bereits ermäßigt besteuerte Gewinne vorliegen, die nicht mit negativen Einkünften ausgeglichen werden dürfen. Eine tarifbegünstigte Besteuerung muss demnach - anders als im vorliegenden Fall - bereits stattgefunden haben, so dass diese begünstigten Einkünfte in den nachversteuerungspflichtigen Betrag nach § 34a Abs. 4 EStG eingeflossen sind. Dafür spricht schon der eindeutige Wortlaut der zitierten Norm, welche von „ermäßigt besteuerten Einkünften“ ausgeht, mithin von Fällen, in welchen die Thesaurierungsbegünstigung bereits in Anspruch genommen worden war.

Ferner behandelt § 34a Abs. 8 HS. 1 EStG den innerperiodischen Verlustausgleich im Rahmen einer Änderungsveranlagung und verbietet den Abzug von negativen Einkünften mit bereits ermäßigt besteuerten Gewinnen (vgl. auch Bodden in FR 2012, 68 -77). Durch dieses Verbot wird eine Doppelbegünstigung von Einkünften nach § 34a Abs. 1 S. 1 EStG vermieden (Sondertarif und zusätzliche Verrechnung mit Verlusten). Die Gefahr einer Doppelbegünstigung kann nach der Systematik des Gesetzes also nur im Fall einer Änderungsveranlagung eine Rolle spielen, da andernfalls die positiven und negativen Einkünfte bereits bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG), wie im vorliegenden Fall, verrechnet wurden. Ob im Rahmen einer Änderungsveranlagung aufgrund später bekanntgewordener negativer Einkünfte (bspw. durch Betriebsprüfung oder Feststellungsbescheid) zunächst die ermäßigte Besteuerung nach § 34a Abs. 1 EStG rückgängig gemacht werden muss, um dann einen Verlustausgleich durchzuführen, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden, da die Verluste aus den Beteiligungen an der Y GmbH & Co. KG in Höhe von ./. 34.462 Euro und der der Z GmbH & Co. KG ./. 201.383 Euro die Gewinne der X GmbH & Co KG in Höhe von 111.545,18 Euro bereits im Rahmen der Erstveranlagung deutlich überstiegen. Für eine derartige Lösung spräche allerdings die Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes, wonach vorrangig immer ein Verlustausgleich stattfindet, der naturgemäß eine steuerliche Belastung verhindert (so auch R. Wacker in FR 2008, 605 - 611, 607).

c) Auch aufgrund der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) der Norm ist der Senat der Überzeugung, dass der Gesetzgeber alle Einkünfte zunächst im Rahmen des innerperiodischen Ausgleichs saldieren wollte. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen, zum vom Gesetzgeber verworfenen Vorschlag des wissenschaftlichen Beirats eine Trennung der Systeme einzuführen, verwiesen (vgl. 1.b)).

d) Auch nach dem Sinn und Zweck der Norm (teleologische Auslegung) kommt der Senat zu keinem anderen Ergebnis. Ziel des Gesetzgebers war es, eine vergleichbare Belastung von Einzelunternehmen und Mitunternehmern mit Kapitalgesellschaften herzustellen. Insbesondere wird auf die bereits oben gemachten Ausführungen verwiesen, wonach bei Kapitalgesellschaften eine Verrechnung der Einnahmen und Ausgaben bereits der bei Einkünfteermittlung stattfindet und sich dementsprechend eine Saldierung erübrigt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Vorverfahrens erübrigt sich, da die Klägerin die Kosten des Verfahrens trägt (§ 139 Abs. 3 S. 3 FGO).

3. Die Revision war aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).