Der Beklagten wird das Ruhegehalt aberkannt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
1. Die 1... geborene Beklagte ist ledig und kinderlos. Sie erwarb das Abitur und wurde 1984 beim Bezirksamt Reinickendorf zur Stadtinspektor-Anwärterin ernannt. Am 31. März 1987 schloss sie die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst ab. Ihr wurde der Titel „Diplom-Verwaltungswirtin (FH)“ verliehen. Sie wurde mit Wirkung zum 1. April 1987 zur Stadtinspektorin zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt. Mit Wirkung zum 30. September 1989 wurde sie zur Stadtinspektorin ernannt, zum 1. Februar 1991 zur Stadtoberinspektorin, zum 1. Oktober 1991 zur Beamtin auf Lebenszeit und zum 1. Februar 2001 zur Stadtamtfrau. Der Kläger ordnete durch Bescheid vom 16. März 2009 ihre vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von 20 v.H. ihrer Dienstbezüge an. Den dagegen gerichteten Aussetzungsantrag der Beklagten wies die Kammer durch Beschluss vom 18. November 2009 – VG 80 K 20.09. OL – zurück. Ab dem 12. September 2008 war die Beklagte krankheitsbedingt durchgehend dienstunfähig. Dipl.-Med. B... führte in der amtsärztlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 19. Juni 2009 aus, im Zusammenhang mit einem lang andauernden Arbeitsplatzkonflikt sei es bei der Beklagten zu einer akuten Belastungsreaktion und einer mittelschweren depressiven Episode gekommen. Mit Ablauf des Monats Oktober 2009 wurde die Beklagte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt und erhält seitdem Versorgungsbezüge aus der Besoldungsgruppe A... Der Kläger hat die Versorgungsbezüge mit Wirkung ab dem 1. Februar 2013 um 25 v.H. gekürzt. Die Beklagte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
Die Beklagte war ab 1. Februar 2000 im Bezirksamt Reinickendorf im Fachbereich... – Betreuungsbehörde – der Abteilung Sozialwesen und Sport als Amtsbetreuerin tätig. In der dienstlichen Beurteilung vom 21. Dezember 2000 wurde sie für die von ihr ausgeübte Tätigkeit als „gut geeignet“ eingestuft. Das Gesamturteil lautete „gut“. In der dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum 22. Dezember 2000 bis 26. Januar 2006 wurden ihre Leistungen mit „B“ bewertet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte eine engagierte Mitarbeiterin sei, die aufgrund ihrer Flexibilität und Leistungsbereitschaft auch in personellen Ausnahmesituationen wie Vertretungszeiten sehr gute Arbeitsergebnisse erziele. Sie berücksichtige intensiv die speziellen Anforderungen des Arbeitsgebiets und löse Probleme mit viel Einfühlungsvermögen. Die Beklagte war mit der Vertretung des Fachbereichsleiters betraut. Sie wurde am 7. Dezember 2007 vor dem Hintergrund interner Überprüfungen von dieser Aufgabe entbunden. Ab 1. Juni 2008 nahm sie keine Aufgaben als Amtsbetreuerin mehr wahr. Sie wurde in der Betreuungsstelle für allgemeine Betreuungsangelegenheiten eingesetzt.
Das Bezirksamt Reinickendorf war als Betreuer unter anderem für Frau D...F... und Herrn O...S... eingesetzt. Die Betreuung umfasste in beiden Fällen unter anderem die Vermögenssorge. Mit der Wahrnehmung der Betreuung für Frau F... und Herrn S... war die Beklagte betraut. Frau F..., die ergänzende Sozialhilfeleistungen bezog, wohnte allein in einer Wohnung, Herr S... in einem Pflegeheim.
2. a) Das Bezirksamt Reinickendorf stellte bei der Prüfung der Betreuungsakten der Frau F... und anderer vom Bezirksamt Betreuter fest, dass die Beklagte für diese Betreuten auf deren Kosten Bestellungen bei einem Versandhaus vorgenommen habe. Das Versandhaus habe ihr für die Bestellungen Provisionen gewährt, die sie nicht an die Betreuten weitergeleitet habe. Sie habe Kopien der Rechnungen zu den Akten genommen, auf denen ihre Anschrift geschwärzt gewesen sei und die keine Hinweise auf die Provisionen aufgewiesen hätten. Auf Aufforderung des Bezirksamts erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 12. Dezember 2007, sie sei beim „O...“-Versand als Sammelbestellerin tätig. Für die Mitbesteller übernehme sie sämtliche zu einer Bestellung gehörenden Schritte. Für ihren Aufwand gewähre das Versandhaus ihr eine Provision, die sie an keinen der Mitbesteller weitergeben. Die Mitbesteller profitierten von ihrem Service. Um diesen Service gewährleisten zu können, nehme sie alle Originalrechnungen zu ihren Sammelbesteller-Unterlagen. Künftig werde sie als Sammelbestellerin keine Bestellungen für Betreute und keine Einkäufe mehr vornehmen, bei denen ihr ein Vorteil jedweder Art zukommen könnte.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2008 listete die Beklagte folgende von ihr beim Versandhaus für Betreute getätigte Bestellungen und von ihr erzielte Provisionen auf:
Artikel: Rechnungs-Datum Provision 4 Schrankteile für Frau F... 12.12.2003 45,98 Euro 12.12.2003 18,00 Euro Hocker, Sessel, Récamiere für Frau F... 23.03.2004 90,80 Euro Waschmaschine für Frau M... 20.10.2004 39,90 Euro Kühlschrank für Frau L... 04.11.2004 17,99 Euro Balkonstuhl nebst Zubehör für Frau F... 26.04.2005 17,00 Euro 9 Teile Hzg.-Verkleidung für Frau F... 26.09.2005 85,23 Euro Gesamtbetrag 314,90 EuroDie Beklagte war für die Betreuung von Frau M... und Frau L... nicht zuständig. Die Zuständigkeit für Frau M... lag bei Herrn K..., für Frau L... bei Herrn G... Herr K... erklärte, es sei bekannt gewesen, dass die Beklagte einen „O...“-Katalog an ihrem Arbeitsplatz gehabt habe. Er habe die Beklagte gebeten, die Bestellung telefonisch vorzunehmen und die Waschmaschine an die Adresse der Betreuten liefern zu lassen. Er habe nicht gewusst, dass die Beklagte als Sammelbestellerin Provisionen für derartige Einkäufe beim „O...“-Versand erhalten habe. Auf der Rechnung habe es keinen Hinweis darauf gegeben. Es sei der komplette Rechnungsbetrag überwiesen worden.
Nachdem das Bezirksamt sie hierzu aufgefordert hatte, zahlte die Beklagte Beträge in Höhe der Provisionen, die sie für die jeweiligen Bestellungen erlangt hatte, auf die Konten der betroffenen Betreuten ein.
b) Die Beklagte kaufte in einem Baumarkt am 30. März 2004 eine Alu-Stapelkarre für 69,95 Euro und am 7. April 2004 mehrere Werkzeuge und andere Gegenstände für insgesamt 76,54 Euro. Sie vermerkte hierzu jeweils, sie habe das Geld für Frau F... verauslagt und bitte um Erstattung in Form eines Schecks bzw. erstatte sich das Geld per Scheck. Die beiden Kassenbons wiesen jeweils Stempel des Rabatt- und Bonusanbieters BSW auf. Die Beklagte führte hierzu im Schreiben vom 12. Dezember 2007 aus, die Artikel seien mit Ausnahme einer Farbtube für Frau F... bestimmt gewesen. Bei der Vorlage der BSW-Kundenkarte sei ihr nicht bewusst gewesen, dass nachträglich gewährte Rückvergütungen eine persönliche Bereicherung darstellten. Im Schreiben vom 10. Januar 2008 hielt sie fest, dass BSW eine Rückvergütung von 4% gewährt und sie bezogen auf den Rechnungsbetrag von 76,54 Euro folglich eine Rückvergütung von 3,07 Euro erhalten habe. Am 8. Januar 2008 zahlte sie diesen Betrag auf das Konto der Frau F... ein und erklärte unter dem 22. August 2008, die beim Kauf der Stapelkarre gewährte Rückvergütung an Frau F... überweisen zu wollen.
c) Die Beklagte entnahm für die Begleichung der Kosten einer Reparatur ihres Pkw aus dem Vermögen der Frau F... insgesamt 3.941,24 Euro. Hierzu führte sie in verschiedenen Vermerken und Schreiben aus: Frau F... habe sich 2005 zur Verlängerung ihres Blindengeldbezugs einer Begutachtung unterziehen müssen. Die Begutachtung habe gerätegestützt beim Augenarzt erfolgen müssen. Versuche, Frau F... durch den Pflegedienst zur Augenarztpraxis zu bringen, seien am Widerstand der Frau F... gescheitert. Die Beklagte habe mit ihrem Pkw Frau F... zum Augenarzt gefahren. Auf der Rückfahrt habe Frau F..., die inkontinent gewesen und die Benutzung von Hilfsmitteln abgelehnt habe, auf den Beifahrersitz uriniert. Die Beklagte habe versucht, den Fleck zu beseitigen. Die Geruchsbelästigung sei geblieben. Im Dezember 2005 habe sie „entnervt“ eine Fachwerkstatt aufgesucht, um den Beifahrersitz neu beziehen zu lassen. Die Werkstatt habe, weil sie keinen mit den im Pkw der Beklagten vorhandenen Sitzen muster- und farbgleichen Bezug vorrätig gehabt habe, ihr geraten, auch den Fahrersitz neu beziehen zu lassen, damit die beiden Vordersitze ein gleiches Erscheinungsbild hätten. Die Beklagte habe die Werkstatt mit dem Neubezug beider Sitze beauftragt. Sie leistete durch Bezahlung mit ihrer Kreditkarte eine Anzahlung von 500,00 Euro, stellte sich über diesen Betrag einen auf das Konto der betreuten Frau F... bezogenen Scheck aus, quittierte am 28. Dezember 2005 den Empfang des Schecks und vermerkte auf der Quittung: „Anzahlung neuer Sitz … v. Uz. bereits verauslagt.“ Am gleichen Tag wurde der Scheck ausweislich des Kontoauszugs vom 31. Dezember 2005 eingelöst. Die Beklagte erklärte weiter, die Werkstatt habe sie telefonisch darauf hingewiesen, dass weitere Reparaturen an ihrem Pkw vorgenommen werden müssten. Sie habe der Werkstatt aufgegeben, auch diese Reparaturen auszuführen. Die Werkstatt erstellte unter dem Datum 11. Januar 2006 eine Rechnung, die alle von ihr ausgeführten Werkstattleistungen enthielt und als Endsumme 3.941,24 Euro auswies. Die Beklagte bezahlt nach eigenen Angaben den Rechnungsbetrag abzüglich der von ihr geleisteten Anzahlung. Auf der ersten Seite der Rechnung vermerkte sie handschriftlich, dass sie 2.000,00 mit ihrer Kreditkarte und 1.441,24 Euro mit ihrer EC-Karte bezahlt habe. Zuvor habe sie eine Anzahlung von 500,00 Euro getätigt. Auf Seite zwei schrieb sie: „Aufgrund nachfolgender Rg. (= b.w.) werden d. Uz. insges. 3.441,24 € erstattet, und zwar 2.000,- vom Sparbuch + 1.201,24 als Scheck + 240,- vom verwahrten Bargeld.“ Sie unterzeichnete und fügte das Datum 12. Januar 2006 hinzu. Sie stellte einen auf Frau F... bezogenen Scheck über 1.201,24 Euro aus und hielt auf der Quittung vom 12. Januar 2006 fest, dass sie sich den Scheck ausgestellt und 240,00 Euro aus Bargeldbestand entnommen habe. Der Scheck wurde laut Kontoauszug vom 3. Februar 2006 am 13. Januar 2006 eingelöst. Unter dem 1. März 2006 vermerkte die Beklagte, bei Durchsicht der Akte sei ihr aufgefallen, die Rechnung über den Austausch der Sitzbezüge enthalte zusätzliche Posten, die versehentlich noch nicht herausgerechnet worden seien. Der Hintergrund sei, als ihr Pkw zum Austausch der Bezüge in der Werkstatt gewesen sei, habe die Werkstatt sie angerufen und sie darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Fahrzeug weitere Mängel habe. Sie habe die Werkstatt gebeten, diese Mängel mit zu beseitigen. Zudem habe sie drei Zubehörteile bestellt. Bei der Abholung des Pkw habe sie gesehen, dass die Werkstatt eine Gesamtrechnung erstellt habe, die auch alle von ihr privat bestellten Leistungen umfasst habe. Es sei bereits nach Feierabend der Werkstatt gewesen. Sie habe den Rechnungsbetrag vollständig beglichen und gebeten, ihr getrennte Rechnungen zuzuleiten. Die Werkstatt sei dem nicht nachgekommen. Sie habe die telefonische Erinnerung der Werkstatt aus wichtigen Gründen wie Vertretungen immer wieder hinausgeschoben. Ihr sei das Versäumnis sehr unangenehm. Sie habe nunmehr mit der Bereinigung des Versäumnisses begonnen, um jegliche Beschwerden, Verdächtigungen und Ähnliches aus dem Weg zu räumen. Auch habe sie es unterlassen, beim Amtsgericht die Genehmigung für die Geldentnahme vorher einzuholen. Sie werde dies umgehend nachholen.
Die Werkstatt erstellte zwei Rechnungen mit dem Datum 8. März 2006. Eine Rechnung enthält die mit dem Austausch der beiden Sitzbezüge verbundenen Kosten und weist als Endsumme 3.378,44 Euro aus. Die Beklagte vermerkte auf der Rechnung „Anteil F...“. In der zweiten Rechnung werden die weiteren Reparaturmaßnahmen aufgeführt und als Endsumme 562,80 Euro ausgewiesen. Auf diese Rechnung schrieb die Beklagte „Anteil 'privat' = Warch Erstattg. Erl. 13.3.“ und fügte ihre Paraphe hinzu. Am 13. März 2006 zahlte sie 562,80 Euro auf das Konto der Frau F... ein. Mit Schreiben vom 17. März 2006 beantragte die Beklagte unter Darlegung des Sachverhalts beim Amtsgericht die Genehmigung zur Entnahme finanzieller Mittel aus dem Vermögen der Betreuten. Das Amtsgericht lehnte die Genehmigung ab und forderte die Beklagte zur sofortigen Rückerstattung sämtlicher aus dem Betreutenkonto entnommener Beträge auf. Die Beklagte zahlte am 28. April 2006 3.378,44 Euro auf das Konto der Frau F... ein.
Die Mitarbeiterin der Betreuungsstelle Frau F... erklärte bei ihrer Befragung im Disziplinarverfahren, ihr sei bei der Bearbeitung der Akte von Frau F... die Werkstattrechnung aufgefallen. Sie sei zu ihrem Vorgesetzten, dem Zeugen S..., gegangen. Er habe die Akte entgegengenommen und die Rechnung zur Kenntnis genommen. Der Zeuge S... erklärte bei seiner im Rahmen der behördlichen Ermittlungen durchgeführten Befragung, er habe circa zwei bis drei Wochen, nachdem Frau F... ihm die Rechnung vorgelegt habe, mit der Beklagten über die Rechnung gesprochen. Vermerke über die Gespräche mit Frau F... und der Beklagten habe er nicht gefertigt. Er sei sich sicher, dass, als Frau F... ihn angesprochen habe, die Beklagte noch für Frau F... zuständig gewesen sei. Erst danach sei die Zuständigkeit auf Herrn K... übergegangen.
d) Herr O...S... bedachte die Beklagte in einem notariell verfassten Testament vom 10. März 2003 mit 20.000,00 Euro. Die Beklagte fertigte im Vorfeld der Testamentserstellung unter dem 2. Dezember 2002 folgenden Vermerk über ein mit Herrn S... geführtes Gespräch: Bereits vor einem Jahr habe er gesagt, dass nur noch seine Nichte erben und der Neffe nichts bekommen solle. Beim heutigen Gespräch habe er seinen Wunsch konkretisiert. Sie, die Beklagte, möge entsprechend seinem Wunsch ein Testament für ihn entwerfen, da er selbst nicht mehr schreiben könne. Die Beklagte führte unter dem 6. März 2003 zu einem Gespräch, an dem sie, Herr S... und ein Notar teilgenommen hätten, aus, Herr S... habe wiederholt den Wunsch geäußert, das Testament notariell erstellen zu lassen. Das Treffen zur Aufnahme seiner Wünsche habe stattgefunden. Der Notar habe Herrn S... für testierfähig gehalten. Er werde sich zur Unterschriftsleistung zu einem neuen Termin einfinden. Er habe ihr, der Beklagten, geraten, das Testament beim Amtsgericht genehmigen zu lassen, da sie von Herrn S... im Testament bedacht werde. Die Beklagte hielt im unmittelbaren Anschluss an den Vermerk unter dem gleichen Datum fest, der Richter habe ihr gesagt, das Testament solle dem Rechtspfleger beim Vormundschaftsgericht mit der Bitte um Genehmigung und um Auskunft, ob noch etwas zu beachten sei, vorgelegt werden.
In die Betreuungsakten legte die Beklagte lose ein Schriftstück, das überschrieben ist mit „O...S... Mein letzter Wille“. Es folgt handschriftlich „Vorschlag gefertigt gemäß mündl. Diktat“. Es schließt sich folgender computergeschriebener Text an:
„Ich, O...S... … bestimme hiermit, wie mein Nachlass aufgeteilt werden soll:
1 - 3.000,- Euro sollen die Schwestern meiner Station … bekommen (= Kaffeekasse)
2 - Von meinem Sparbuch der Sparkasse … soll [die Beklagte] … 20.000,- Euro erhalten.
3 - Das auf dem Sparbuch der Sparkasse … verbleibende sowie das bei der Deutschen Bank 24 … festangelegte Geld solle meine Nichte Frau S... … bekommen.
4 - Das Inventar in meinem Zimmer soll (es folgt eine längere Textstreichung) [die Beklagte] bekommen, ebenso alle restlichen Gegenstände zur weiteren Verwendung …“
Handschriftlich fügte die Beklagte hinzu, der Notar wolle es „etwa so formulieren: - Alleinerbin wird Frau G... mit folgenden Auflagen (= Bedingungen) s.o. 1 - 3.“
Die Beklagte hielt in einem an das Amtsgericht gerichteten und Herrn S... betreffenden Bericht vom 15. Mai 2003 fest, dass es ihm sehr wichtig gewesen sei, über ein neues Testament zu sprechen. Seine Nichte solle erben. Auch sie als seine Betreuerin solle einen erheblichen Geldbetrag bekommen. Da ihr dies nicht recht gewesen sei, habe sie ihn davon überzeugt, ein notarielles Testament errichten zu lassen, damit sie als Beamtin nicht einer Vorteilsannahme oder etwas Ähnlichem beschuldigt werde. Das Testament sei beim Amtsgericht hinterlegt. Der Inhalt sei ihr nicht bekannt.
Herr S... errichtete am 21. Dezember 2006 ein weiteres notarielles Testament, in dem er die Beklagte mit 25.000,00 Euro bedachte. Im Vorfeld der Erstellung dieses Testaments hielt die Beklagte unter dem 8. November 2006 fest, Herr S... wolle sein Testament ändern. Seine Nicht solle nicht mehr so viel erben, sondern die ihn öfter besuchende Frau B... Am 15. Juli 2008 verstarb Herr S... Das Amtsgericht übersandte dem Bezirksamt mit Schreiben vom 12. August 2008 Kopien der beiden Testamente.
e) Das Bezirksamt führte ab 2006 interne Untersuchungen unter anderem hinsichtlich der von der Beklagten für Betreute beim Versandhaus getätigten Bestellungen, der von ihr durch die Bestellungen erlangten Provisionen, der bei den Einkäufen im Baumarkt erzielten Rückvergütung und der von der Beklagten vorgenommenen Erstattung der Kosten der Pkw-Reparatur durch und bat die Beklagte um Stellungnahme. Zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens kam es seinerzeit nicht. Insbesondere der Vorgesetze der Beklagten, der Zeuge S..., sprach sich 2007 dagegen aus, disziplinarische Maßnahmen zu ergreifen.
3. a) Durch Verfügung vom 2. September 2008 leitete der Kläger das Disziplinarverfahren gegen die Beklagte unter anderem im Hinblick auf die Erlangung der Provisionen aus der Tätigkeit als Sammelbestellerin, den Einsatz ihrer Rabattkarte bei den für Betreute vorgenommenen Einkäufen und die Erstattung der Kosten für die Pkw-Reparatur ein, hörte die Beklagte durch Schreiben vom 24. September 2008 hierzu an und erweiterte die Vorwürfe durch ein Anhörungsschreiben vom 15. Oktober 2008 hinsichtlich der Berücksichtigung der Beklagten in den testamentarischen Verfügungen des Herrn S... Vom Inhalt der Testamente habe sie Kenntnis gehabt, ohne ihren Dienstherrn darüber zu informieren. Eine zusätzliche Erweiterung erfolgte durch Anhörungsschreiben vom 19. Februar 2009.
b) Die Beklagte verwies darauf, dass die Erzielung der Provisionen und Rabatte sowie die Erstattung der Kosten für die Pkw-Reparatur vom Bezirksamt rechtlich bereits bewertet worden seien und nicht zu disziplinarischen Schritten geführt hätten. Durch die Berücksichtigung in den Testamenten habe sie nicht gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken verstoßen. Aus den letztwilligen Verfügungen habe sie nichts angenommen oder als Zuwendung erhalten. Es sei zweifelhaft, ob es sich bei einer in einer letztwilligen Verfügung vorgesehenen Begünstigung um ein Geschenk mit Bezug zur Amtsführung handele. Jedenfalls habe § 34 Satz 1 LBG in der seinerzeit geltenden Fassung nicht das Versprechen eines Geschenks erfasst. Sie habe auch nichts verheimlichen wollen. Sie habe dem Vormundschaftsgericht in einem Bericht über die Führung der Betreuung die testamentarische Einsetzung mitgeteilt. Außerdem habe der Dienstherr die Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Dienstpflichten nicht ausreichend geschult.
c) Der Kläger erstattete hinsichtlich der disziplinarrechtlich erhobenen Vorwürfe gegen die Beklagte Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO größtenteils ein. Sie klagte die von der Beklagten in ihrer Garage vorgenommene Einlagerung eines von ihr für Frau F... gekauften Sofas an. Sie erhob auch Anklage, soweit die Beklagte Herrn S... eine für sein Girokonto gültige EC-Karte ausgehändigt und auf dessen Wunsch hin der im Besuchsdienst des Pflegeheims tätigen Zeugin B... die dazugehörige PIN genannt hatte. Das Amtsgericht Tiergarten sprach die Beklagte in beiden Anklagepunkten rechtskräftig frei (Urteil vom 13. April 2010 – (264 Ds) 2 WI Js 50/09 (202/09)).
d) Der Kläger hörte die Beklagte mit Schreiben vom 26. November 2012 zur von ihm mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts beabsichtigten Erhebung der Klage an. Die Beklagte sah von einer Stellungnahme ab.
4. a) Mit der am 19. Februar 2013 beim Gericht eingegangenen Disziplinarklage wirft der Kläger der Beklagten vor:
2.1
Die Beklagte habe Warenbestellungen, die für die Betreuten bestimmt gewesen und aus deren Vermögen bezahlt worden seien, unter ihrem Namen und ihrer Kundennummer als private Sammelbestellerin des „O...“-Versands in Auftrag gegeben. Zunächst habe sie die daraus resultierenden Vorteile den Betreuten zukommen lassen. Im Zeitraum vom 12. Dezember 2003 bis 29. September 2005 habe sie die Provisionen in Höhe insgesamt 314,90 Euro für sich privat vereinnahmt, und zwar für
•einen Fernseher für Herrn S... im Jahr 2002,•vier Schrankteile für Frau F... mit Rechnungen vom 12. Dezember 2003 über 182,48 Euro und 464,80 Euro, insgesamt 647,28 Euro, Provisionen in Höhe von 45,98 Euro und 18,00 Euro,•einen Hocker, einen Sessel und eine Récamiere für Frau F... mit Rechnung vom 23. März 2004 über insgesamt 915,45 Euro, Provisionen in Höhe von 90,80 Euro,•einen Kühlschrank für Frau L... mit Rechnung vom 4. November 2004 über 189,85 Euro, Provision in Höhe von 17,99 Euro,•einen Balkonstuhl und Zubehör für Frau F... mit Rechnung vom 26. April 2005 über 169,94 Euro, Provision in Höhe von 17,00 Euro,•neun Teile Heizkörperverkleidung für Frau F... mit Rechnung vom 26. September 2005 über 852,30 Euro, Provision in Höhe von 85,23 Euro,•einen Waschvollautomaten für Frau M... mit Rechnung vom 20. Oktober 2004 über 430,95 Euro, Provision in Höhe von 39,90 Euro.Die Provisionen habe die Beklagte für sich verbraucht. Erst nach Bekanntwerden der Vorwürfe und Aufforderung durch ihren Vorgesetzten habe sie die Beträge am 22. bzw. 23. Januar 2008 auf die Konten der jeweiligen Betreuten anteilig zurückgezahlt. Von den Originalrechnungen habe sie Kopien hergestellt und diese so geschwärzt, dass ihre private Lieferanschrift und die Provisionen nicht ersichtlich gewesen seien. Diese Kopien habe sie zu den Akten gereicht. Die Originalrechnungen habe sie privat zu Hause verwahrt.
2.2
Die Beklagte habe bei einem Einkauf in einem „T...“-Baumarkt am 7. April 2004 eine Wandfarbe im Wert von 4,49 Euro aus dem Vermögen der Frau F... bezahlt und für sich verbraucht.
2.3
Die Beklagte habe aus dem Vermögen der betreuten Frau F... am 7. April 2004 einen Parallelschraubstock und zwei Schraubzwingen sowie Kleber im Wert von insgesamt 76,54 Euro gekauft, um eine defekte Schublade eines alten Schränkchens neu zu verleimen. Die Werkzeuge habe sie vom 7. April 2004 bis zum 21. August 2008 bei sich zu Hause verwahrt. Aktenkundig habe sie diesen Umstand nicht gemacht. Erst auf Nachfrage und nach Aufforderung durch die Dienststelle habe sie das Werkzeug herausgegeben.
2.4
Die Beklagte habe am 30. März 2004 aus dem Vermögen der betreuten Frau F... eine Alu-Stapelkarre im Wert von 69,95 Euro gekauft, die sie zu Hause aufbewahrt habe. Sie habe die Karre erst am 15. August 2008 dem Leiter des Amtes für Soziales, Herrn G..., im Zusammenhang mit laufenden Überprüfungen auch dieser Rechnung und der Aufforderung, die Rechnung und den Verbleib der Sackkarre zu erläutern, übergeben.
Die Beklagte habe bei diesen Einkäufen (2.3 und 2.4) für die Betreuten ihre private Rabattkarte vorgelegt. Die entsprechenden Rabatte (4 %) seien auf ihr privates Konto erstattet worden. Es handele sich vorliegend um einen Geldwertvorteil von ca. 2,80 Euro sowie ca. 3,06 Euro, insgesamt ca. 6,00 Euro. Die Rabatte habe sie für sich verbraucht. Erst nach Bekanntwerden der Vorwürfe und Aufforderung durch ihren Vorgesetzten habe sie die Beträge an die jeweiligen Betreuten anteilig zurückgezahlt.
2.5
Die Beklagte habe beim “O...“-Versand aus dem Vermögen der betreuten Frau F... am 26. September 2005 Heizkörperverkleidungen im Wert von 852,30 Euro gekauft, die an die Privatadresse der Beklagten geliefert und in ihrem Besitz verblieben seien. Erst nachdem auf das Fehlen der laut Betreuungsakte vorhandenen Heizkörperverkleidungen vom nachfolgenden Betreuer, Herrn K..., aufmerksam gemacht worden sei und eine Aufforderung durch ihren Vorgesetzten, Herrn S..., Leiter der Betreuungsstelle, erfolgt sei, habe sie die Heizkörperverkleidungen im Juni 2006 in die zur Räumung vorbereitete Wohnung der Betreuten zurückgebracht. Sie seien in der Wohnung niemals angebracht und nach Rückgabe mit der Räummasse neuwertig entsorgt worden.
2.6
Die Beklagte habe beim „O...“-Versand aus dem Vermögen der betreuten Frau F... am 18. März 2004 eine Récamiere, einen Sessel und einen Hocker im Wert von insgesamt 907,95 Euro gekauft. Lieferadresse sei die private Anschrift der Beklagten gewesen. Die Récamiere im Wert von 669,00 Euro sei in ihrem privaten Haus eingelagert worden. Erst nachdem das Fehlen der laut Betreuungsakte vorhandenen Récamiere vom nachfolgenden Betreuer, Herrn K..., bemerkt worden und eine Aufforderung durch ihren Vorgesetzten, den Zeugen S..., Leiter der Betreuungsstelle, erfolgt sei, habe sie ein nicht mehr ganz neues Sofa in die zur Räumung vorbereitete Wohnung der Betreuten zurückgebracht.
Sie habe zu den Betreuungsakten jeweils nur Kopien der Rechnungen des „O...“-Versands gereicht. Auf diesen habe sie ihre persönlichen Daten und die Lieferanschrift durch Schwärzen unkenntlich gemacht. Die Spalten, aus denen die Provisionszahlungen und der Nettorechnungsbetrag hervorgegangen seien, seien von ihr vor der Herstellung der Kopien durch die Lieferscheine verdeckt worden. Die Originalrechnungen habe sie privat zu Hause verwahrt.
2.7
Die Beklagte habe die betreute Frau F... mit ihrem Pkw zum Arzt gefahren. Dabei soll diese den Beifahrersitz beschmutzt haben. Den Austausch beider Vordersitze sowie weitere Reparaturen ihres privaten Pkw, die nicht im Zusammenhang mit dem von der Betreuten verursachten Schaden gestanden hätten, habe sie aus dem Vermögen der Betreuten in Höhe von insgesamt 3.441,24 Euro bezahlt, ohne den Dienstherrn über den Sachverhalt zu informieren. Erst nach dem sie von der Dienststelle und dem Amtsgericht Wedding (Vormundschaftsgericht) hierzu aufgefordert worden sei, habe sie den Betrag an die Betreute zurückgezahlt.
2.8
Die Beklagte habe in Überschreitung ihres Aufgabenkreises an der Erstellung zweier Testamente zunächst über 20.000 Euro und dann später über 25.000 Euro ihres Betreuten, Herrn S..., mitgewirkt und sich als Begünstigte in den notariellen Testamenten einsetzten lassen. Ihren Dienstherrn habe sie über das erfolgte Schenkungsversprechen nicht informiert.
Die Beklagte habe im Dezember 2002 für ihren Betreuten ein Testament entworfen, indem sie selbst als Begünstigte über 20.000 Euro vorgesehen gewesen sei. In einem notariellen Testament vom 10. März 2003 sei sie dann auch mit dieser Summe bedacht worden. In einem folgenden Testament vom 21. Dezember 2006 sei sie dann mit 25.000 Euro begünstigt worden. Auf dem zu den Betreuungsakten genommenen Testamentsentwurf habe sie den Teil, durch den sie begünstigt worden sei, geschwärzt.
2.9
Die Beklagte habe einer unbefugten Dritten, nämlich der Zeugin B..., die den betreuten Herrn S... regelmäßig besucht habe, den vollständigen Zugang zu dessen Girokonto ab November 2006 verschafft, indem sie am 14. November 2006 die Geheimnummer zur EC-Karte an Frau B... herausgegeben und gleichzeitig die EC-Karte an Herrn S... übergeben habe, obwohl sie gewusst habe, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei, diese sorgfältig zu verwahren und selbständig zu verwenden.
2.10
Die Beklagte habe ohne vorherige Genehmigung des Vormundschaftsgerichts 1.800,00 Euro in bar gegen Quittung vom 4. Februar 2003 an ihren Betreuten, Herrn S..., zum Kauf eines Anzugs ausgezahlt, obwohl das Heimpersonal gebeten habe, keine größeren Bargeldsummen an den Betreuten zu übergeben und der Betreute selbst aufgrund seiner körperlichen Verfassung gar nicht mehr in der Lage gewesen sei, selbständig einen Anzug zu kaufen. Er habe sich den Anzug von seiner Lieblingsschwester S... kaufen lassen wollen, die jedoch von dem Wunsch des Betreuten nichts gewusst habe. Ein Anzug sei auch tatsächlich nicht gekauft worden. Der Verbleib des Geldes habe nicht mehr nachvollzogen werden können und sei auch von der Beklagten nicht kontrolliert worden, obwohl sie vom Unvermögen ihres Betreuten, mit Bargeld umzugehen, gewusst habe und es auch deshalb immer wieder Schwierigkeiten im Heim gegeben habe. Der Quittungsbetrag sei nicht eindeutig lesbar und erwecke den Anschein einer Manipulation.
2.11
Die Beklagte habe sich auf einen Barscheck 150,00 Euro aus dem Vermögen der betreuten Frau F... auszahlen lassen und habe das Geld in der Zeit vom 18. Oktober 2005 bis 2. November 2005 zu Hause verwahrt. Sie habe das Geld am Dienstag, den 18. Oktober 2005, auf dem Nachhauseweg von der Sparkasse abgehoben. Vom 19. Oktober 2005 bis 2. November 2005 sei die Beklagte arbeitsunfähig erkrankt. Das Bargeld sei von ihr daher nicht in den in der Betreuungsstelle befindlichen Werteschrank gelegt worden. Es habe sich vielmehr in ihrem persönlichen Herrschaftsbereich befunden.
2.12
Die Beklagte habe der betreuten Frau F..., die keinerlei Bezug zu Geld gehabt habe, und die deshalb üblicherweise zum Schutz ihres Vermögens zweimal pro Woche einen Barscheck über kleine Geldsummen (jeweils ca. 20,00 bis 60,00 Euro) erhalten habe, entgegen dieser jahrelangen üblichen Gewohnheiten am 8. März 2004 zweimal Bargeld, und zwar in Höhe von 50,00 Euro und 230,00 Euro ausgezahlt, ohne – ebenfalls entgegen den üblichen Gewohnheiten – hierfür eine Begründung angegeben zu haben. Ein konkreter Wunsch der Betreuten habe nicht festgestellt werden können.
2.13
Die Beklagte habe nach ihren Angaben von einem Herrn W... ein Nachtschränkchen für Frau F... für 100,00 Euro gekauft. Ein entsprechender Wunsch der Betreuten habe nicht festgestellt werden können. Es liege weder eine Rechnung über 100,00 Euro noch eine Quittung darüber, dass der Verkäufer das Geld erhalten habe, vor. Der Betrag sei lediglich von der Beklagten quittiert worden.
2.14
Im Januar 2004 soll die Beklagte für die betreute Frau F... private Dienstleistungen (Abbau und Entsorgung einer defekten Schrankwand sowie Aufbau eines Mehrzweckschranks) bei der Firma R... beauftragt und eine Bezahlung aus dem Vermögen der Betreuten ohne Rechnung, lediglich gegen Geldempfangsquittung über 160,00 Euro bzw. 140,00 Euro, bewirkt haben. Diesbezügliche Absprachen mit der betreuten Frau F... seien der Betreuungsakte nicht zu entnehmen. Die Rechnungen für die Aufsatzschränke und die Mehrzweckschränke befänden sich lediglich in Kopie in der Betreuungsakte. Die Rechnungen seien teilweise vor dem Kopieren abgedeckt worden. Auf den Lieferscheinen und der zweiten Auftragsbestätigung, die an die Beklagte privat adressiert gewesen seien, sei die Adresse unkenntlich gemacht worden.
2.15
Die Beklagte habe die Betreuungsakten unübersichtlich geführt und Teile der Akten (Originalrechnungen) getrennt von den Betreuungsakten in ihrem privaten Haushalt aufbewahrt. Ihr Bearbeitungsstil sei geprägt durch unleserliche, teilweise mit Bleistift geschriebene handschriftliche Vermerke. Die Akten enthielten zahlreiche lose Blätter und es seien unzählige Vermerke auf kleinen Zetteln in die Akte geheftet worden. Die Seitentaschen der Akten seien teilweise übervoll mit losen Urkunden, Rechnungen, Bescheiden, Verträgen und verschiedensten Schreiben Dritter an die Betreuten. Die Akten seien teilweise nicht chronologisch geführt worden, indem Vermerke im Nachhinein gefertigt und zur Akte genommen worden seien. Bei Übernahme der Akten durch einen anderen Mitarbeiter sei aktenkundig keine Übergabe der Bargeldbestände bzw. Kontostände erfolgt. Hier habe lediglich der übernehmende Mitarbeiter einseitig die Übernahme vermerkt. Aus den Betreuungsakten habe sich größtenteils nicht ergeben, dass der Wunsch und der Wille der Betreuten die Bestellungen ausgelöst hätten. Es hätten auf den Bestellungen die Unterschriften der geschäftsfähigen Betreuten gefehlt.
b) Der Kläger hat die Disziplinarklage ergänzt und vor allem dargelegt, gegen welche dienstlichen Verpflichtungen die Beklagten durch ihr Verhalten aus seiner Sicht verstoßen hat.
Der Kläger beantragt,
der Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte wiederholt im Wesentlichen das im behördlichen Verfahren Vorgetragene und ergänzt, soweit die gegen sie erhobenen Vorwürfe bereits Gegenstand der im Bezirksamt geführten und nicht in ein Disziplinarverfahren übergegangenen Untersuchungen gewesen seien, habe sie darauf vertrauen können, dass nach Abschluss des damaligen Verfahrens die Vorwürfe nicht in eine spätere Disziplinarklage aufgenommen würden. Es liege ein „Disziplinarklageverbrauch“ vor.
Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2014 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S... und B... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Der behördliche Disziplinarvorgang, die Akten zu den im Bezirksamt geführten Untersuchungen und zum gegen die teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge gestellten Aussatzungsantrag der Beklagten, deren Personalakte, die Betreuungsakten der Frau F... und des Herrn S..., die Akten der Staatsanwaltschaft zum oben
genannten Strafverfahren sowie die Gerichtsakte des Verfahrens – VG 80 K 20.09 OL – lagen neben der Gerichtsakte dieses Verfahrens vor und waren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung.
Dis Disziplinarklage ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.), das aufgrund seiner Schwere die Aberkennung des Ruhegehalts erfordert (2.).
1. Die Kammer ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der vorliegenden Akten davon überzeugt, dass die Beklagte folgende Dienstpflichtverletzungen begangen hat: Sie hat sich im Fall 2.7 der Disziplinarklageschrift durch die von ihr aus dem Vermögen der Frau F... vorgenommene Erstattung der Kosten für die Reparatur ihres Pkw hinsichtlich derjenigen Werkstattleistungen, die ersichtlich nicht durch die nach ihren Angaben von Frau F... verursachte Verschmutzung bedingt waren, in strafrechtlich erheblicher Weise einer Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) sowie eines Verstoßes gegen die Pflicht zur uneigennützigen Wahrnehmung des Amtes (a) und hinsichtlich der Erstattung der übrigen Reparaturkosten eines Verstoßes gegen die Pflicht zur uneigennützigen Wahrnehmung des Amtes schuldig gemacht hat (b). Im Fall 2.8 der Disziplinarklageschrift hat sich die Beklagte im Hinblick auf ihre Begünstigung im Testament des Herrn S... vom 10. März 2003 einer Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 13. November 1998, BGBl. I S. 3322) sowie eines Verstoßes gegen die Pflichten zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten und zur uneigennützigen Wahrnehmung des Amtes (c) und im Fall 2.1 der Disziplinarklageschrift durch die Erlangung der aufgelisteten Provisionen sowie im Fall 2.4 der Disziplinarklageschrift durch die Erzielung der aufgeführten Rabatte eines Verstoßes gegen die Pflicht zur uneigennützigen Wahrnehmung des Amtes schuldig gemacht hat (d).
Von dem unter 2.1 der Disziplinarklageschrift erhobenen Vorwurf, die Provision vereinnahmt zu haben, die sie für die für Herrn S... getätigte Bestellung eines Fernsehers erzielt habe, und von dem unter 2.8 der Disziplinarklageschrift erhobenen Vorwurf, sie habe sich im von Herrn S... am 21. Dezember 2006 errichteten Testament als Begünstigte einsetzen lassen, war die Beklagte freizustellen (e).
Im Hinblick auf die übrigen in der Disziplinarklageschrift erhobenen Vorwürfe hat die Kammer die sich darauf beziehenden Handlungen ausgeschieden (f).
a) Der Beklagten oblag als zuständiger Amtsbetreuerin der Frau F..., bei der die Betreuung die Vermögenssorge umfasste, hinsichtlich des Vermögens der Frau F... eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13. Februar 2013 – 1 Ws 54/13 –, juris Rn. 6). Die Beklagte stellte ausweislich der von ihr gefertigten Quittung am 12. Januar 2006 einen auf das Konto der Frau F... bezogenen Scheck über 1.201,24 Euro aus und löste ihn laut Kontoauszug vom 3. Februar 2006 ein, erwirkte laut ihrem auf der Rechnung vom 11. Januar 2006 befindlichen handschriftlichen Vermerk die Auszahlung von 2.000,00 Euro vom Sparbuch der Frau F... und entnahm 240,00 Euro aus deren Bargeldbestand. Sie verwendete die Gelder für sich, wie ihr handschriftlicher Vermerk auf der Rechnung vom 11. Januar 2006, sie habe die Erstattung an sich vorgenommen, belegt. Unerheblich ist, dass die Beklagte die Gelder nicht den einzelnen von der Werkstatt in Rechnung gestellten Leistungen zuordnete, da sie die Gelder in deren Gesamtheit zur Erstattung der von ihr getätigten Bezahlung der Werkstattrechnung vom 11. Januar 2006 verwendete. Untreuerelevant sind die Handlungen jedenfalls hinsichtlich derjenigen auf der Rechnung vom 11. Januar 2006 vermerkten Werkstattleistungen, die nicht im Zusammenhang mit der von der Beklagten beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... standen und die auf der Rechnung vom 8. März 2006, die einen Endbetrag von 562,80 Euro aufweist, aufgeführt sind. Die Beklagte nahm insoweit die Erstattung von allein auf sie entfallenden und unter keinem Gesichtspunkt von Frau F... zu tragenden Aufwendungen vor. Einem Betreuer ist es untersagt, Vermögen des Betreuten für sich zu verwenden (§ 1908i Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1805 Satz 1 BGB). Insoweit missbrauchte die Beklagte durch die Ausstellung des Schecks, dessen Einlösung und die Verwendung des Geldes für sich ihre mit der Vermögenssorge eröffnete Verfügungsgewalt über das Konto der Frau F... im Sinne von § 266 Abs. 1 Alternative 1 StGB und verletzte durch die Entnahme des Geldes aus dem Bargeldbestand der Frau F... ihre Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 Alternative 2 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 1962 – 1 StR 282/62 –, BGHSt 17, S. 360 [361 f.]). Hinsichtlich des vom Sparbuch abgehobenen Geldes kann offen bleiben, welche Handlungsalternative des Untreuetatbestands die Beklagte verwirklicht hat. War das Sparbuch mit dem Vermerk versehen, dass Auszahlungen allein an denjenigen getätigt werden dürfen, der sich als Berechtigter des Sparkontos ausweist, und hat sich die Beklagte als aufgrund ihrer Betreuerstellung Berechtigte ausgewiesen, liegt gleichermaßen wie bei der Scheckausstellung ein Missbrauch der sich aus der Betreuerstellung ergebenden Verfügungsgewalt vor. Bestand ein solcher Vermerk nicht, sodass das Kreditinstitut an jeden, der das Sparbuch vorwies, mit befreiender Wirkung Auszahlungen vornehmen konnte (vgl. § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB), ist wie bei der Entnahme des Geldes aus dem Bargeldbestand die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 Alternative 2 StGB gegeben.
Die Beklagte fügte dem Vermögen der Frau F... durch die von ihr vorgenommene Erstattung einen Nachteil in Höhe von 562,80 Euro zu. Der Nachteil ergibt sich daraus, dass die Beklagte hinsichtlich der auf der Rechnung vom 8. März 2006, die den genannten Betrag als Rechnungssumme ausweist, aufgeführten Werkstattleistungen unabhängig davon, inwieweit ihr hinsichtlich der restlichen Werkstattkosten ein Ersatzanspruch gegen Frau F... zustand, gegen Frau F... – wie gezeigt – keinerlei Ausgleichsansprüche hatte, die den insoweit eingetretenen Vermögensverlust hätten ausgleichen können. Auch hatte die Beklagte, als sie mit der vorgenommenen Erstattung die Tathandlungen ausführte, nicht den Willen, die entnommenen Gelder in Höhe der Werkstattkosten, die nicht mit der von ihr beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... im Zusammenhang standen, an Frau F... zurückzuzahlen. Sie verlangte laut ihrem Vermerk vom 1. März 2006 zwar, als sie ihren Pkw von der Werkstatt abgeholt und gesehen habe, dass unter dem 11. Januar 2006 eine Gesamtrechnung über sämtliche von der Werkstatt erbrachten Leistungen erstellt worden sei, die Ausstellung getrennter Rechnungen. Hieraus kann geschlossen werden, dass sie den Anteil an den Werkstattkosten, für den aus ihrer Sicht Frau F... nicht aufzukommen hatte, zunächst selbst tragen wollte. Auch zahlte sie am 13. März 2006 562,80 Euro auf das Konto der Frau F... ein. Als sie sich aber den Rechnungsbetrag, den sie ausweislich des „Bezahlt“-Stempels der Werkstatt am 11. Januar 2006 beglichen hatte, laut ihrem handschriftlichen Vermerk aus dem Vermögen der Frau F... erstattete und damit die Tathandlungen ausführte, war sie zur Überzeugung der Kammer zur Rückzahlung nicht mehr bereit. Dies schließt die Kammer zum einen aus dem Umstand, dass sich die Beklagte den gesamten Rechnungsbetrag, den sie abzüglich der von ihr zuvor entrichteten Anzahlung beglichen hatte, aus dem Vermögen der Frau F... erstattete, obwohl, wie sie im Vermerk vom 1. März 2006 darlegte, wusste, dass der Gesamtbetrag der Rechnung auch Werkstattleistungen enthielt, für die auch aus ihrer Sicht Frau F... nicht aufzukommen hatte. Da sich die Beklagte schon zuvor die Anzahlung aus dem Vermögen der Frau F... erstattet hatte, hatte sie auch nicht in Höhe der von ihr entrichteten Anzahlung einen Anteil an den Gesamtkosten übernommen. Hätte sie die Kosten für die auf der Gesamtrechnung ausgewiesenen Werkstattleistungen, die nicht mit der von ihr beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... im Zusammenhang standen und die auch nach ihrer Auffassung Frau F... nicht zu übernehmen hatte, selbst tragen wollen, hätte es nahe gelegen, diese Kosten nicht in die Erstattung einzubeziehen. Auch lässt der handschriftliche Vermerk der Beklagten auf der Rechnung vom 11. Januar 2006 nicht erkennen, dass die Beklagte die Erstattung zumindest hinsichtlich der nach ihrer Meinung von ihr zu tragenden Kosten nur vorläufig vornahm. Hinweise, die dafür sprechen könnten, dass die Beklagte nach Erhalt getrennter Rechnungen gewillt war, einen Teilbetrag zurückzuzahlen, enthält der Vermerk nicht. Überdies bemühte sich die Beklagte ausweislich ihres Vermerks vom 1. März 2006 erst circa sieben Wochen, nachdem sie die Erstattung vorgenommen hatte, bei der Werkstatt erneut um die Übersendung getrennter Rechnungen. Sie erklärte, sie habe es immer wieder hinausgeschoben, bei der Werkstatt nachzufragen. Wichtige Termine, Vertretungen und anderes hätten sie davon abgehalten. Es hätte aber, wie sie schreibt, ein schlichter Telefonanruf genügt, sodass es nicht nachvollziehbar ist, dass sie nicht alsbald die Werkstatt um Erstellung getrennter Rechnungen gebeten hat, wenn sie die Rückzahlung beabsichtigt hätte und nicht den Gesamtbetrag auf Dauer behalten wollte. Vor allem aber wandte sich die Beklagte nach Überzeugung der Kammer erst, nachdem der damalige Leiter der Betreuungsstelle, der Zeuge S..., sie auf die Reparaturrechnung angesprochen hatte, mit der Bitte um Erstellung getrennter Rechnungen an die Werkstatt. An das Datum der Unterredung mit ihr hat sich der Zeuge S... zwar nicht erinnern können. Auch nimmt die Beklagte im Vermerk vom 1. März 2006 keinen Bezug auf das Gespräch. Die von ihr gewählte Formulierung, dass sie es immer wieder verschoben habe, die Werkstatt zu erinnern, und sie nunmehr sofort mit der Bereinigung des Versäumnisses begonnen habe, um jegliche Beschwerden, Verdächtigungen und Ähnliches aus dem Wege zu räumen, verdeutlicht, dass sie bereits auf den Vorgang angesprochen worden war. Wenn die Beklagte den Vermerk vor der Unterredung mit dem Zeugen S... verfasst hätte, hätte es nahe gelegen zu schreiben, dass es ihr darum gegangen sei, der Entstehung von Beschwerden und Verdächtigungen vorzubeugen. Die Kammer glaubt der Beklagten daher nicht, ihr sei, wie sie es im Vermerk vom 1. März 2006 schrieb, bei der Durchsicht der Akte aufgefallen, dass die Rechnung Posten enthalte, die versehentlich noch nicht herausgerechnet worden seien. Die Beklagte wurde nicht, wie sie es zu suggerieren versucht, eigeninitiativ tätig. Vielmehr bemühte sie sich nach der Unterredung mit dem Zeugen S... um Schadensbereinigung. Wiedergutmachung lässt den bereits erfolgten Eintritt des Vermögensnachteils nicht nachträglich entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1994 – 2 StR 328/94 –, juris Rn. 44). Der Zeuge S... erwähnte zwar, die Beklagte habe davon gesprochen, sie habe sich von der Werkstatt getrennte Rechnungen geben lassen wollen, dies habe aber nicht geklappt. Diese vom Zeugen wiedergegebene Aussage der Beklagten kann sich ausgehend von ihrem Vermerk vom 1. März 2006 einzig auf ihre ursprüngliche Erwartung, bei der Abholung ihres Pkw von der Werkstatt getrennte Rechnungen zu erhalten, bezogen haben. Danach kümmerte sie sich ausweislich ihres Vermerks längere Zeit nicht um den Erhalt gesonderter Rechnungen, sondern nach Überzeugung der Kammer erst wieder nach dem Gespräch mit dem Zeugen S...
Die Beklagte handelte vorsätzlich. Sie wusste, dass sie im Hinblick auf diejenigen Werkstattleistungen, die nicht mit der von ihr beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... im Zusammenhang standen, keinen Ersatzanspruch gegen Frau F... hatte. Dies zeigt ihr Vermerk vom 1. März 2006, in dem sie festhielt, dass sie die Werkstatt, nachdem sie ihren Pkw dort abgegeben habe, gebeten habe, weitere Mängel an ihrem Pkw, die die Werkstatt festgestellt habe, mit zu beseitigen. Zudem habe sie drei Zubehörteile bestellt. Auch ihr bei Abholung des Pkw geäußerter Wunsch nach getrennten Rechnungen verdeutlicht, ihr war bewusst, dass Frau F... zumindest nicht alle Kosten zu tragen hatte. Um welche Rechnungsposten es sich handelte, mag sie im Einzelnen nicht erkannt haben. Sie nahm aber billigend in Kauf, dass sie letztendlich für alle auf der Rechnung vom 8. März 2006, die als Endsumme 562,80 Euro ausweist, aufgelisteten Werkstattleistungen selbst aufkommen musste und in dieser Höhe durch die von ihr vorgenommene Erstattung dem Vermögen der Frau F... einen Nachteil zufügte. Die Billigung zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die Beklagte sich die Rechnung vom 11. Januar 2006 nicht beispielsweise durch den Werkstattmeister, sei es telefonisch, erläutern ließ, bevor sie die Erstattung vornahm.
Die Beklagte handelte auch schuldhaft.
Soweit die Beklagte annahm, ihr stehe gegen Frau F... ein Ersatzanspruch zu, fehlte der Untreuevorsatz. In der Vorstellung der Beklagten wurde der Vermögensnachteil durch Erfüllung und damit die Befreiung der Frau F... von der Ersatzpflicht ausgeglichen. Ihre Annahme, wegen der von ihr beschriebenen Verschmutzung Ersatz von Frau F... beanspruchen zu können, wird insbesondere durch ihren handschriftlichen Zusatz zum Vermerk vom 15. September 2005 deutlich, sie behalte sich vor, den Sitz, sofern er nicht mehr sauber werde, von einer Fachfirma austauschen zu lassen.
Indem sich die Beklagte durch die vorsätzlich begangene Untreuetat Gelder aus dem Vermögen der Frau F... zugeführt hat, hat sie zugleich gegen ihre Pflicht zur uneigennützigen Wahrnehmung ihres Amtes (§ 20 Satz 2 LBG in der Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2003, GVBl. S. 203) vorsätzlich verstoßen. Sie hat – wie gezeigt – die durch ihre Stellung als Amtsbetreuerin eröffnete Möglichkeit, auf das Vermögen der Frau F... Zugriff zu nehmen, ausgenutzt, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.
Es handelt sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen, weil das pflichtwidrige Verhalten in das Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit der Beklagten eingebunden war (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 – 1 D 1/08 –, juris Rn. 54).
b) Ihrer Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 20 Satz 2 LBG in der Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2003, GVBl. S. 203) handelte die Beklagte durch die von ihr vorgenommene Erstattung auch hinsichtlich der sonstigen Werkstattkosten zuwider. Sie nutzte ihre Amtsstellung zur Erfüllung eines ihr nach ihrer Auffassung gegen die betreute Frau F... zustehenden Ersatzanspruchs aus und verstieß hierdurch gegen das Verbot nach § 1908i Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1805 Satz 1 BGB. Im Übrigen ist es sehr fraglich, ob und inwieweit sie den nach ihrer Ansicht vorhandenen Ersatzanspruch gegen die – wie sie ausweislich ihrer Angaben zum Einkommen der Frau F... in den für das Amtsgericht erstellten Berichten wusste – ergänzende Sozialhilfeleistungen beziehende Frau F... hätten durchsetzen können.
c) Die Beklagte hat sich als Amtsbetreuerin durch das Herrn S... gegebene Einverständnis, testamentarisch von ihm bedacht zu werden, für ihre Dienstausübung einen Vorteil versprechen lassen. Die im Testament vom 10. März 2003 erfolgte Berücksichtigung durch das Vermächtnis in Höhe von 20.000,00 Euro stellt einen Vorteil im Sinne von § 331 Abs. 1 StGB dar (vgl. zum Soldatengesetz BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1995 – 2 C 27/94 –, juris Rn. 23). Unerheblich ist bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass eine letztwillige Verfügung, wie Herr S... sie getroffen hat, jederzeit änderbar ist, da es nur um das Versprechen der künftigen Leistung geht. Ob es zur Leistung kommt, ist nicht von Bedeutung; der Täter muss die Leistung nur wollen (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 1988 – 2 StR 352/88 –, juris Rn. 15). Dass die Beklagte ihre testamentarische Berücksichtigung wollte, hat sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, indem sie sagte, sie habe dem Wunsch des Herrn S..., sie in sein Testament aufzunehmen, schließlich nachgegeben. Sie hat sich, wie ihre Einlassungen zeigen, die letztwillige Berücksichtigung für ihre Dienstausübung versprechen lassen. Zwischen ihr und Herrn S... bestand eine Unrechtsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung liegt vor, wenn eine beiden Seiten bewusste Verknüpfung zwischen der Diensthandlung und dem Vorteil gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 – 5 StR 323/06 –, juris Rn. 9), wobei sich diese Vereinbarung nicht auf eine konkrete dienstliche Handlung zu beziehen braucht. Es reicht aus, dass durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkauft werden soll. Dies gilt auch dann, wenn der Beamte keine Bereitschaft zur Missachtung von Recht und Gesetz hat erkennen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 2 C 3/12 –, juris Rn. 31). Die Beklagte hat eingeräumt, dass sie dem Wunsch des Herrn S..., sie in das Testament aufzunehmen, nachgegeben habe. Sie habe ihm dies vor dem Treffen mit dem Notar zum Ausdruck gebracht. Hierdurch kam die Vereinbarung zwischen ihr und Herrn S... zustande. Die Absicht des Herrn S..., die Beklagte im Testament zu berücksichtigen, erfolgte im Hinblick auf die Dienstausübung der Beklagten. Der Umgang zwischen ihnen ergab sich aus der Amtsbetreuertätigkeit der Beklagten. Sie hat erklärt, sie denke, Herr S... habe sie aus Dankbarkeit in sein Testament aufgenommen. Er habe sich mehrmals dafür bedankt und sie gelobt, wie sie sich um ihn kümmere. Dies zeigt das beiderseitige Einvernehmen über die Verknüpfung von testamentarischer Berücksichtigung und der Diensttätigkeit der Beklagten als zuständiger Amtsbetreuerin. Deutlich wird dies zudem durch ihre erhöhte Einsatzbereitschaft, die sie gegenüber Herrn S... zeigte und die in der Häufigkeit ihrer Besuche bei ihm zum Ausdruck kommt. Sie suchte ihn nach ihren Angaben circa einmal im Monat auf.
Die Beklagte handelte vorsätzlich. Sie musste, auch wenn sie nach ihren Angaben bei der Erstellung des Testaments am 10. März 2003 nicht anwesend war und den Inhalt der letztwilligen Verfügung nicht kannte, davon ausgehen, dass Herr S... sie im Testament bedacht hatte. In der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, Herr S... habe ihr immer wieder gesagt, dass er sie in sein Testament aufnehmen wolle. In ihrem für das Amtsgericht verfassten Bericht vom 15. Mai 2003 hielt sie fest, Herr S... habe ihr testamentarisch einen erheblichen Geldbetrag zukommen lassen wollen. Laut Testamentsentwurf, den sie ausweislich ihres handschriftlichen Hinweises nach Diktat des Herrn S... erstellt hat, sollte sie mit 20.000,00 Euro bedacht werden. Hierzu vermerkte sie auf dem Testamentsentwurf, dass der Notar dies in das Testament aufnehmen wolle. Der Notar wies sie laut ihrem Vermerk vom 6. März 2003 darauf hin, dass sie im Testament berücksichtigt werde. Auch gab Herr S... ihr nach ihren Angaben nach dem Besuch durch den Notar zu verstehen, es sei alles so, wie er es gewollt habe. Vor diesem Hintergrund gab es für die Beklagte keinen Anlass daran zu zweifeln, dass Herr S... sie letztwillig berücksichtigen wird, wie es im von ihr gefertigten Testamentsentwurf vorgesehen war. Auch zeigen ihre Bemühungen, die Wirksamkeit ihrer letztwilligen Begünstigung sicherzustellen, dass sie davon ausging, von Herrn S... bedacht zu werden. In ihrem für das Amtsgericht gefertigten Bericht vom 15. Mai 2003 teilt sie mit, dass sie, weil ihr die testamentarische Berücksichtigung nicht recht gewesen sei und sie nicht einer Vorteilsannahme habe beschuldigt werden wollen, Herrn S... habe davon überzeugen können, ein notarielles Testament zu errichten. In der mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, sie habe gedacht, wenn ein Notar beteiligt sei, werde alles in Ordnung sein. Ausweislich ihres Vermerks vom 6. März 2003 erkundigte sie sich, nachdem der Notar ihr geraten habe, das Testament vom Amtsgericht genehmigen zu lassen, weil sie darin bedacht werde, beim Amtsgericht nach den Möglichkeiten, die Genehmigung zu erhalten. Auch nach der am 10. März 2003 erfolgten Errichtung des Testaments gab es für sie keinen Grund anzunehmen, dass Herr S... sie entgegen seiner zuvor bekundeten Absicht nicht in das Testament aufgenommen hat. Angesichts des Umstands, dass Herr S... im Vorfeld der Testamentserrichtung nach ihren Angaben wiederholt die Regelung seines Nachlasses mit ihr besprochen und ihr immer wieder gesagt hat, er wolle ihr etwas zukommen lassen, ist anzunehmen, dass, wenn Herr S... seine Pläne geändert hätte, er dies ihr gegenüber zu erkennen gegeben hätte. Dies war nach Aktenlage und den Aussagen der Beklagten nicht der Fall. Der Beklagten war auch bewusst, dass Herr S... ihre testamentarische Berücksichtigung im Hinblick auf ihre Dienstausübung vornahm. Sie ging nach eigenem Vorbringen davon aus, er habe sie aus Dankbarkeit dafür, dass sie sich um ihn kümmere, im Testament bedacht. Unerheblich ist ihre rechtliche Bewertung, die testamentarische Berücksichtigung sei kein Geschenk. Sie hat erkannt, dass ihr mit der letztwilligen Verfügung ein wirtschaftlicher Vorteil durch Herrn S... versprochen worden ist und dies mit Blick auf ihre für ihn geleistete Arbeit als Amtsbetreuer geschehen ist. Im Übrigen verdeutlichen ihre Aussage, dass sie sich zunächst ihrer Aufnahme ins Testament widersetzt habe, um keine Schwierigkeiten zu bekommen, und ihr Hinweis im für das Amtsgericht gefertigten Bericht vom 15. Mai 2003, sie wolle als Beamtin nicht einer zweifelhaften Vorteilsannahme beschuldigt werden, dass sie die Umstände, die in ihrem Fall die Vorteilsannahme begründeten, und das Unrecht ihres Handelns erkannt hat.
Die Genehmigung nach § 331 Abs. 3 StGB liegt nicht vor. Die Beklagte hat sie nicht beantragt. An ihren Dienstherrn wandte sie sich nicht. Die Dokumentation in den Betreuungsakten durch Vermerke und eine Zweitschrift des Betreuerberichts genügt nicht, weil die Fachaufsicht für die Amtsbetreuer in erster Linie das Vormundschaftsgericht führt. Im Übrigen kann in der Erklärung im für das Amtsgericht gefertigten Bericht vom 15. Mai 2003, dass Herr S... ihr testamentarisch einen erheblichen Geldbetrag zukommen lassen wolle, ihr dies nicht recht gewesen sei, weshalb sie ihm ein notarielles Testament vorgeschlagen habe, dessen Inhalt sie nicht kenne, nicht die Mitteilung gesehen werden, sie sei bedacht worden, wovon sie – wie gezeigt – ausgehen musste. Sie verschweigt im Bericht vor allem, dass sie nach ihrer in der mündlichen Verhandlung gegebenen Aussage dem Ansinnen des Herrn S..., sie ins Testament aufzunehmen, schließlich zugestimmt habe.
Die Beklagte handelte schuldhaft.
Mit der beschriebenen Vorteilsannahme hat die Beklagte nicht nur eine Straftat begangen, sondern zugleich ihre Pflichten zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 20 Satz 3 LBG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Februar 1979, GVBl. S. 368) und zu uneigennütziger Amtsführung (§ 20 Satz 2 LBG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Februar 1979, GVBl. S. 368) verletzt.
Es handelt sich wegen des dargelegten Amtsbezugs um ein innerdienstliches Dienstvergehen.
d) Die Beklagte hat eingeräumt, dass sie die Provisionen, die sie aus Bestellungen erlangte, die sie für Betreute beim Versandhaus vornahm, und die Rückvergütung aus den beiden Einkäufen, die sie für Frau F... im Baumarkt tätigte, vereinnahmt hat. Sie erwirtschaftete hierdurch für sich durch ihre Amtsausübung geldwerte Vorteile und verstieß hierdurch gegen ihre Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 20 Satz 2 LBG in der Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2003, GVBl. S. 203). Ohne die Stellung als Amtsbetreuerin wäre es ihr nicht möglich gewesen, die Bestellungen und Käufe für die Betreuten vorzunehmen. Es liegt ein innerdienstliches Dienstvergehen vor. Die Beklagte nutzte hinsichtlich der für Frau F... beim Versandhaus getätigten Bestellungen ihre als zuständiger Amtsbetreuerin gegebene rechtliche Möglichkeit, Bestellungen mit Wirkung für Frau F... aufzugeben, um sich zu bereichern. Gleiches gilt, soweit sie die Einkäufe im Baumarkt für Frau F... vornahm, sich den von ihr entrichteten Kaufpreis aus dem Vermögen der Frau F... vollständig erstattete und die beim Kauf erlangte Rückvergütung für sich behielt. Es war ihr nur deswegen möglich, die Erstattung des von ihr entrichteten Kaufpreises vorzunehmen, weil sie als zuständiger Amtsbetreuerin im Rahmen der eingeräumten Vermögenssorge Zugriff auf das Vermögen der Frau F... hatte. Auch ihre für Frau M... und Frau L... vorgenommenen Bestellungen weisen den innerdienstlichen Bezug auf, obwohl für beide Betreute andere Amtsbetreuer zuständig waren. Die Beklagte wurde von ihren Kollegen gebeten, die Bestellungen vorzunehmen, weil sie in derselben Betreuungsstelle tätig war. Dies verdeutlicht die Aussage von Herrn K..., er habe sich an sie gewandt, weil es bekannt gewesen sei, dass sie an ihrem Arbeitsplatz über einen „O...“-Katalog verfügt habe. Bei den Bestellungen, die sie für Frau M... und Frau L... vornahm, gab sie gleichermaßen wie bei den für Frau F... getätigten Bestellungen Kopien der Rechnungen zu Akte, die keine Hinweise auf die Provisionen enthielten, sodass die Provisionsgewährung den beiden zuständigen Amtsbetreuern verborgen blieb.
Die Beklagte handelte ihrer Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung mit Vorsatz zuwider. Ihr Einwand, es sei ihr nicht bewusst gewesen, dass Provisionen und Rückvergütungen eine Bereicherung darstellten, erschließt sich nicht; sie hat sich bereichert. Ihr Unrechtsbewusstsein zeigt sich darin, dass sie Kopien der Rechnungen und Lieferscheine zu den Akten nahm, auf denen die Provisionsgewährung nicht erkennbar ist. Ihre in der Verhandlung gegebene Begründung, es sollte, wenn die Akten an andere Betreuer abgegeben würden, nicht zu erkennen sein, dass die Lieferanschrift mit ihrer Privatadresse übereinstimme, vermag die Schwärzung der Liederanschrift auf den Rechnungen und Lieferscheinen zu erklären, nicht hingegen das Unkenntlichmachen der Provisionsgewährung bei der Herstellung von Ablichtungen der Rechnungen.
e) aa) Die vom Versandhaus für die Bestellung des Fernsehers für Herrn S... gewährte Provision ließ die Beklagte nach eigenen Angaben Herrn S... zugutekommen, da sie im Zusammenhang mit dieser Bestellung keine weitere Arbeit gehabt habe. Das Fernsehgerät sei geliefert und angeschlossen worden. Ausweislich des Kontoauszugs vom 4. Juli 2002 wurde ein Betrag, der dem um die Provisionsgewährung verringerten Kaufpreis entsprach, vom Konto des Herrn S... an das Versandhaus überwiesen. Die Beklagte verbrauchte die Provision nicht für sich.
bb) Hinsichtlich des von Herrn S... 2006 erstellten Testaments sah es die Kammer nicht als bewiesen an, dass die Beklagte Kenntnis davon hatte, wieder begünstigt worden zu sein. Nach ihren nicht zu widerlegenden Angaben kannte die Beklagte den Testamentsinhalt nicht. Aus der Aktenlage ergibt sich nicht, dass Herr S... mit ihr über seinen Willen, sie erneut im Testament zu berücksichtigen, gesprochen hat. Die Zeugin B... konnte sich nicht erinnern, mit der Beklagten über deren testamentarische Berücksichtigung geredet zu haben. Auch musste die Beklagte angesichts der von ihr im Vermerk vom 8. November 2006 festgehaltenen Änderungswünsche des Herrn S..., insbesondere wegen der von ihm beabsichtigten Aufnahme der Zeugin B... in das Testament, nicht ohne Weiteres damit rechnen, wieder berücksichtigt zu werden.
f) Die Kammer hat die Handlungen, die den Vorwürfe nach 2.2, 2.5, 2.6, 2.9 bis 2.15 sowie – mit Ausnahme der Erzielung der Rückvergütung durch Einsatz der Rabattkarte – 2.3 und 2.4 der Disziplinarklageschrift zugrundeliegen, gemäß § 41 DiszG in Verbindung mit § 56 BDG ausgeschieden, da es auf sie bei Festsetzung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme nicht ankommt.
2. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten sowie dem Umfang der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist dann auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 DiszG); dem entspricht bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 DiszG).
Als maßgebendes Bemessungskriterium ist zunächst die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 DiszG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die von der Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zugrunde gelegt werden. Für die endgültige Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist dann entscheidend, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 – 2 C 9/06 –, juris Rn. 20). Ergibt eine Gesamtwürdigung der gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 DiszG bedeutsamen Umstände, dass ein Beamter durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, so ist er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 DiszG). Ein solcher Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder habe durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wieder gutzumachende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Unter diesen Voraussetzungen ist er als Beamter nicht mehr tragbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2008 – 1 D 2/07 –, juris Rn. 57 ff., m.w.N.). Die Feststellung dieser für das berufliche Schicksal des Beamten und die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes in gleicher Weise bedeutsamen Voraussetzungen hat der Gesetzgeber in die Hand der Disziplinargerichte gelegt. Sie haben auf der Grundlage ihrer im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aus einem umfassend aufgeklärten Sachverhalt zu bildenden Überzeugung eine Prognose über die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beamten abzugeben. Fällt diese negativ aus, ist der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, denn anders als bei den übrigen Disziplinarmaßnahmen besteht insoweit kein Ermessen.
Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BVerwG, Urteil vom 8. September 2004 – 1 D 18/03 –, juris Rn. 47).
a) Besonderes Gewicht hat wegen der Ausnutzung der Amtsbetreuerstellung zur Erlangung eigener Vorteile die verwirklichte Untreue. Das Fehlverhalten der Beklagten stellt im Sinne der disziplinargerichtlichen Rechtsprechung ein Zugriffsdelikt dar. Die disziplinarrechtliche Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter zum Beispiel durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Für die Bewertung als Zugriffsdelikt ist entscheidend, dass einem Beamten Gelder oder gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 2003 – 1 D 27/02 –, juris Rn. 16), ohne dass es auf die eigentumsrechtliche Situation ankommt. Das Handeln des Beamten muss eigennützig sein (Urteil der Kammer vom 17. September 2014 – VG 80 K 3.14 OL –, S. 9 des Urteilabdrucks). Es genügt, dass der Beamte mit bedingtem Vorsatz handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 1995 – 1 D 33/94 –, juris Rn. 12).
Ein solcher Sachverhalt ist hier gegeben. Der Beklagten war im Rahmen der von ihr wahrzunehmenden Aufgaben als für Frau F..., die auch hinsichtlich der Vermögenssorge unter Betreuung stand, zuständiger Amtsbetreuerin das Vermögen der Betreuten dienstlich zugänglich gemacht. Die Schädigung des Vermögens der Betreuten ist deswegen nicht anders zu behandeln, als wenn sich die durch die Beklagte begangene Untreue gegen das Vermögen ihres Dienstherrn gerichtet hätte (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 26. Juli 2006 – 16a D 05.1055 –, juris Rn. 113). Die Beklagte führte sich durch die von ihr vorgenommene Erstattung der von ihr bezahlten Werkstattkosten, die mit der von ihr beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... nicht im Zusammenhang standen, Gelder aus dem Vermögen der Betreuten unberechtigterweise zu. Sie handelte – wie gezeigt – vorsätzlich. Eine Beamtin, die sich amtlich anvertrautes Geld unberechtigt zueignet, zerstört das Vertrauensverhältnis zu ihrem Dienstherrn und die für die Ausübung ihres Amtes erforderliche Achtung regelmäßig bereits dadurch so nachhaltig, dass sie grundsätzlich nicht im Dienst bleiben kann. Denn wer die für das Funktionieren des öffentlichen Dienstes unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. April 2001 – 1 D 19/00 –, juris Rn. 27, m.w.N.). Der Dienstherr, das Vormundschaftsgericht und auch die Öffentlichkeit müssen sich darauf verlassen können, dass ein Amtsbetreuer – zu dessen Kernaufgaben im Rahmen der Vermögenssorge die Verwaltung der Konten und sonstigen Vermögenswerte von Betreuten gehört – gewissenhaft, ehrlich und zuverlässig arbeitet und alle ihm übertragenen Aufgaben uneigennützig erfüllt. Dem Dienstherrn ist eine lückenlose Überwachung eines jeden Amtsbetreuers weder möglich noch zuzumuten (vgl. Beschluss der Kammer vom 18. November 2009 – VG 80 K 20.09 OL –, S. 4 des Beschlussabdrucks). Wer eine solche Situation zur eigenen Bereicherung auf Kosten der Betreuten ausnutzt, begeht sowohl gegenüber dem Dienstherrn als auch der Öffentlichkeit, die gerade bei in Betreuungssachen eingesetzten Beamten eine absolute Lauterkeit der Dienstausübung erwarten darf, einen Vertrauensbruch in einem Maß, der jedes verbleibende Restvertrauen regelmäßig ausschließt (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 26. Juli 2006 – 16a D 05.1055 –, juris Rn. 118).
b) Die Vorteilsannahme wiegt ebenfalls schwer. Zur disziplinarrechtlichen Bedeutung einer Vorteilsannahme hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 28. Februar 2013 (– 2 C 3/12 –, juris Rn. 28 ff.) ausgeführt:
„Dem Verbot der Vorteilsannahme in Bezug auf das Amt kommt als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Ein Beamter, der hiergegen verstößt, zerstört regelmäßig das Vertrauen, das für eine weitere Tätigkeit als Beamter, d.h. als Organ des Staates, erforderlich ist. Eine rechtsstaatliche Verwaltung ist auf die berufliche Integrität des Berufsbeamtentums zwingend angewiesen. Jeder Eindruck, ein Beamter sei für Gefälligkeiten offen oder käuflich, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung des Verwaltungshandelns an Recht und Gesetz und damit die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Diese kann ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn kein Zweifel daran aufkommt, dass es bei der Aufgabenwahrnehmung mit rechten Dingen zugeht …
[Die] Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei strafbarem Verhalten nach § 331 Abs. 1 Satz 1 StGB …[ist] im Regelfall angezeigt, wenn ein Beamter als Inhaber eines hervorgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt ...
Auch wenn der Verstoß gegen das Verbot der Vorteilsannahme der Regeleinstufung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unterfällt, gilt grundsätzlich, dass die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses davon abhängt, ob mildernde Umstände von einem Gewicht vorliegen, das die Schwere des Pflichtenverstoßes und sonstige belastende Umstände aufwiegt. Allerdings kann dies wegen der herausragenden Bedeutung der verletzten Dienstpflicht nur in Erwägung gezogen werden, wenn der Verstoß aufgrund erheblicher mildernder Umstände weniger schwer wiegt oder ein anerkannter Milderungsgrund wie etwa freiwillige Offenbarung eingreift. Liegt ein derartiger Grund nicht vor, kann von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur abgesehen werden, wenn dem Beamten lediglich ein einmaliger Pflichtenverstoß zur Last fällt, der aufgrund der besonders gelagerten Umstände des Einzelfalles eine großzügigere Bewertung rechtfertigt. Dies kann in Betracht kommen, wenn der Beamte kein hervorgehobenes Amt bekleidet und entweder der Wert des Vorteils eher gering ist oder der Vorteil dem Beamten aufgedrängt wird.“
Hiernach indiziert die Vorteilsannahme schon für sich genommen die Aberkennung des Ruhegehalts der Beklagten. Ein Amtsbetreuer unterliegt – wie dargelegt – gesteigerten Erwartungen an eine ehrliche und lautere Ausübung seines Dienstes. Für den Bereich der Sozialarbeit mit alten und/oder pflegebedürftigen Menschen hat das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 14. Dezember 1995 – 2 C 27/94 –, juris Rn. 24) die besondere Bedeutung von Unbestechlichkeit und Uneigennützigkeit der dort Tätigen hervorgehoben. Auf Amtsbetreuer, denen im Wesentlichen der gleiche Personenkreis anvertraut ist, ist dies zu übertragen. Das ausgelobte Vermächtnis von 20.000,00 Euro stellt auch keinen Vorteil dar, der als eher geringwertig anzusehen ist. Der Beklagten ist die Begünstigung durch Herrn S... nicht aufgedrängt worden. Zwar ging nach den Angaben der Beklagten die Initiative von Herrn S... aus. Er habe ihr immer wieder gesagt, dass er sie im Testament bedenken wolle. Sie hat aber keinen Grund vorgetragen, der sie gehindert hätte, dem Wunsch des Herrn S... weiterhin zu widerstehen. Sie war auch, nachdem sie nach ihren Angaben seinem Wunsch nachgegeben hatte, darauf bedacht, die Wirksamkeit ihrer testamentarischen Berücksichtigung sicherzustellen, wie die Kontaktaufnahme mit dem Notar und ihre Nachfrage beim Amtsgericht nach den Genehmigungsmöglichkeiten des Testaments zeigen (vgl. oben). Unerheblich ist, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Urteilspassage auf die Tathandlungen des Vorteilsforderns und -annehmens bezieht. Das Sich-versprechen-lassen des Vorteils wird in § 331 Abs. 1 StGB gleichgestellt.
c) Wenn der Beklagten von ihrem Vorgesetzten auch bescheinigt wird, eine sehr engagierte, umsichtige und den von ihr Betreuten gegenüber sehr fürsorgliche Amtsbetreuerin gewesen zu sein, so zeigt ihr sich über mehrere Jahre von 2003 bis 2006 erstreckendes Fehlverhalten durchgehend bedenkenlose Verstöße gegen die Verpflichtung zu uneigennützigem, achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten. Die von der Beklagten begangenen unrechtmäßigen Handlungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte ihre dienstliche Tätigkeit zur Erlangung eigener finanzieller Vorteile nutzte. Die Vielzahl dieser Handlungen zeichnet ein Gesamtbild der Beklagten, die bei ihrer Amtsführung zwischen Fremd- und Eigennutz keine Abgrenzung getroffen hat. Es handelte sich nicht um Fälle von Versehen, Vergesslichkeit, Unsensibilität oder Ungeschicklichkeit. Die Beklagte trat bewusst als Sammelbestellerin auf, nahm die dadurch erzielten Provisionen für sich in Anspruch und war darauf bedacht, Hinweise auf die Provisionen nicht aktenkundig werden zu lassen. Ihre persönliche Rabattkarte legte sie bei für Rechnung der betreuten Frau F... getätigten Einkäufen vor, um sich geldwerte Vorteile zu verschaffen. Auch ihr Verhalten bei der von ihr vorgenommenen Erstattung der Werkstattkosten und der Errichtung des Testaments vom 10. März 2003 zeigt überlegtes Vorgehen.
d) Die Einwände der Beklagten gegen die Berücksichtigung derjenigen Vorwürfe, die bereits in den Jahren 2006 und 2007 innerhalb des Bezirksamts untersucht und seinerzeit nicht zum Anlass für ein Disziplinarverfahren genommen worden sind, greifen nicht durch. Diese Handlungen stellen sich im Licht der im Anschluss festgestellten Vorteilsannahme als Teil eines einheitlich zu würdigenden Dienstvergehens dar. Die sich gegen jegliche disziplinarrechtliche Reaktion aussprechende Stellungnahme des Fachbereichsleiters der Betreuungsstelle vom 13. Dezember 2007 bindet die Disziplinarvorgesetzte nicht. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung oder ein Verlust des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Vorgesetzten, sondern schon aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) der Beamten die Frage, inwieweit der Dienstherr oder die Allgemeinheit bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 – 2 C 12/04 –, juris Rn. 26). Ein Beamter kann, solange seine Dienstpflichtverletzungen nach § 15 DiszG verfolgbar sind, nicht darauf vertrauen, dass die Unterlassung der Disziplinarverfolgung von der übergeordneten Behörde hingenommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1980 – 1 D 7/79 –, juris Rn. 19). Zwar hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 14. August 2012 (– WpSt (R) 1/12 –, juris Rn.16) ausgesprochen, dass der Vertrauensgrundsatz der neuerlichen disziplinarischen Ahndung von Vorgängen, die bereits Gegenstand einer berufsgerichtlichen Prüfung waren, entgegenstehen könne, aber abgesehen davon, dass dem Urteil des Bundesgerichtshofs ein anderes Verfahrensrecht zugrunde lag, führt die Entscheidung schon deswegen nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts, weil die gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfe, soweit die Kammer ihr Urteil auf sie stützt, bislang nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen sind.
e) Milderungsgründe von Gewicht, die es rechtfertigen könnten, von der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen, liegen nicht vor.
Von der Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe und Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen – auch etwa einer verminderten Schuldfähigkeit – Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich aus allen denkbaren Umständen ergeben, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Entlastungsgründe sind nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 38/10 –, juris Rn. 13 ff., m.w.N.).
Tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Milderungsgründe sind hier nicht gegeben.
aa) Der durch die verwirklichte Untreue erlangte wirtschaftliche Vorteile übersteigt die vom Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 26. März 2014 – 2 B 100/13 –, juris Rn. 6 f., m.w.N.) anerkannte Geringwertigkeitsschwelle von 50,00 bzw. 200,00 Euro.
bb) Die von der Beklagten angeführte etwaig unzureichende Unterweisung der Amtsbetreuer steht in keinem Zusammenhang mit ihren hier maßgeblichen Vergehen. Ihr war die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst. Sie wusste, dass sie hinsichtlich der Werkstattkosten, die nicht im Zusammenhang mit der von ihr beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... standen, keinen Ersatzanspruch gegen Frau F... hatte; anderenfalls hätte sie bei der Abholung ihres Pkw nicht um die Erstellung getrennter Rechnungen gebeten. Ausweislich ihres Hinweises im Vermerk vom 1. März 2006, sie wolle die Genehmigung für die erfolgte Entnahme von Geldern aus dem Vermögen der Frau F... beim Vormundschaftsgericht nachträglich einholen, war ihr entgegen ihrer in der Gerichtsverhandlung getätigten Einlassung ebenfalls bewusst, dass sie auch zur Erstattung derjenigen Werkstattkosten, für die nach ihrer Auffassung Frau F... aufzukommen hatte, nicht eigenmächtig auf das Vermögen der Betreuten zugreifen durfte. Hinsichtlich ihrer testamentarischen Berücksichtigung hat sie erklärt, dem Wunsch des Herrn S... anfänglich widersprochen zu haben, um keine Schwierigkeiten zu bekommen. Sie habe nicht einer Vorteilsannahme verdächtigt werden wollen. Sie war auch darauf bedacht, dass bei den für Frau F..., Frau M... und Frau L... vorgenommenen Bestellungen keine Hinweise auf die Provisionserzielung und damit ihre Bereicherung zur Akte gelangten. Dies verdeutlicht, sie hatte erkannt, dass sie durch ihre Dienstausübung keine Vorteile für sich, wie dies auch bei der Vorlage ihrer Rabattkarte bei Einkäufen für Rechnung der Betreuten der Fall war, erzielen durfte.
cc) Es wirkt sich auch nicht entscheidend zugunsten der Beklagten aus, dass sie zugegeben hat, dem Wunsch des Herrn S... nachgegeben zu haben, sie in sein Testament aufnehmen, und sie nicht bestritten hat, sich die gesamten Werkstattkosten aus dem Vermögen der Frau F... zugeführt und durch ihre Tätigkeit als Sammelbestellerin Provisionen und durch die Vorlage der Rabattkarte Rückvergütungen erzielt zu haben, und dass sie die von ihr vereinnahmten Gelder an die Betreuten erstattet hat. Sie wurde nicht eigeninitiativ tätig. Die Aufdeckung erfolgte jeweils ohne ihr Zutun. Die Werkstattrechnung, die Vornahme der Bestellungen und der Einsatz der Rabattkarte waren bei Prüfung der von ihr geführten Betreuungsakten aufgefallen. Sie wurde um Stellungnahme gebeten. Erst hierauf äußerte sie sich und leitete die Provisionen und die erzielte Rückvergütung an die jeweils betroffenen Betreuten weiter. Die Initiative zum Gespräch über die Werkstattrechnung ging ebenfalls nicht von ihr aus. Sie wurde von ihrem Vorgesetzten zur Unterredung gebeten. Erst nach dieser Unterredung bat sie die Werkstatt um Erstellung getrennter Rechnungen und zahlte nach Erhalt gesonderter Rechnungen einen Betrag in Höhe der Kosten, die nicht im Zusammenhang mit der von ihr beschriebenen Verschmutzung durch Frau F... standen, auf das Konto der Frau F... ein und beantragte hinsichtlich der weiteren Reparaturkosten beim Vormundschaftsgericht die Erteilung der Genehmigung für die von ihr vorgenommene Entnahme der Gelder aus dem Vermögen der Frau F... Von ihrer testamentarischen Begünstigung erlangte ihr Dienstherr nicht durch sie, sondern durch das Amtsgericht nach dem Tode des Herrn S... Kenntnis.
dd) Die Beklagte befand sich zur Überzeugung der Kammer in der Zeit der von ihr begangenen und für das Urteil maßgebenden Dienstvergehen nicht in einer psychischen Ausnahmesituation. Ihrer Zurruhesetzung ging zwar eine psychische Störung voraus. Dipl.-Med. B... verwies darauf, dass es im Zusammenhang mit einem lang andauernden Arbeitsplatzkonflikt bei der Beklagten zu einer akuten Belastungsreaktion und einer mittelschweren depressiven Episode gekommen sei. Der einzige aktenkundige Arbeitsplatzkonflikt entstand nach Aufdeckung der von der Beklagten begangenen Dienstvergehen. Das Bezirksamt begann mit den Prüfungen, nachdem Herr K... zum 1. März 2006 die Zuständigkeit für Frau F... übernommen und die Vorgehens- und Bearbeitungsweise der Beklagten in dem Betreuungsvorgang beanstandet hatte. Die entscheidungserheblichen Dienstvergehen hatte die Beklagte zuvor begangen. Der jüngste Dienstverstoß war die im Januar 2006 vorgenommene eigenmächtige Erstattung der Werkstattkosten. Für eine bereits seinerzeit bestehende arbeitsplatzbezogene Konfliktlage enthalten die Akten keine Anhaltspunkte. Sie ergeben sich auch nicht aus den im Disziplinarverfahren getätigten Aussagen der Mitarbeiter der Betreuungsstelle. Der Zeuge S... erklärte bei seiner im Rahmen der behördlichen Ermittlungen erfolgten Befragung, die Beklagte sei ihm
sehr engagiert erschienen. Verbesserungen in den Arbeitsabläufen habe sie mitgetragen. Sie habe sich bereit erklärt, nicht nur die Vertretung für einen anderen Amtsbetreuer, sondern auch für ihn zu übernehmen. Andere Kollegen seien hierzu nicht bereit gewesen. In Gesprächen sei sie ihm als kompetente Ansprechpartnerin erschienen, die die Materie beherrscht habe. Sie habe ihn vertreten. Diese Vertretungen seien nicht zu beanstanden gewesen. Sie seien im Gegenteil gründlich recherchiert und mit ausführlichen Vermerken versehen gewesen. Auch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geschilderten Krankheitsphasen weisen nicht darauf hin, dass sie sich bei Begehung der Dienstvergehen in einer psychischen Ausnahmesituation befand. 2001 und 2002 sei sie längere Zeit krank gewesen und habe sich wegen dieser Erkrankung 2002 einer Operation unterziehen müssen. In dieser Zeit habe sie infolge einer schlechten Partnerschaft psychische Probleme mit Angstzuständen und Tränenausbrüchen gehabt. Sie sei im Hinblick auf ihre psychische Verfassung medikamentös behandelt worden. Die Behandlung habe einige Monate gedauert. Davon, dass die psychischen Probleme bis in die Zeit der Begehung der Dienstverstöße fortbestanden hätten, hat sie nicht berichtet. Auch ergibt sich aus ihren Darlegungen nicht, dass die weiteren von ihr beschriebenen Erkrankungen wie Unterleibsschmerzen mit folgender Operation und ein Armbruch sich auf ihre psychische Situation in entscheidungserheblichem Maße ausgewirkt hätten.
ee) Angesichts der Schwere der Verfehlungen kommt dem Umstand keine entscheidende Bedeutung zu, dass die Beklagte disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und bei der Dienstausübung großes Engagement gezeigt hat. Jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 – 2 A 11/10 –, juris Rn. 82).
f) Die Aberkennung des Ruhegehalts verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ist der durch das Gewicht des Dienstvergehens eingetretene Vertrauensschaden mangels Milderungsgründen so erheblich, dass bei aktiven Beamten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, erweist sich die Höchstmaßnahme gegenüber dem Ruhestandsbeamten als geeignete und erforderliche Maßnahme, den Zwecken von Disziplinarmaßnahmen gegenüber Ruhestandsbeamten – Generalprävention, Gleichbehandlung und Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes – Geltung zu verschaffen. In derartigen Fällen ist die Aberkennung des Ruhegehalts auch angemessen. Dabei kommt es nicht auf das Verhältnis zwischen den von dem Ruhestandsbeamten durch das Dienstvergehen erlangten Vorteilen und den durch die Disziplinarmaßnahme bewirkten Nachteilen an. Abzuwägen sind vielmehr das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastungen andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis – wie hier – zerstört, erweist sich die Aberkennung des Ruhegehalts als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Sie beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit und ist dem späteren Ruhestandsbeamten daher als bei Begehung vorhersehbar zuzurechnen. Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der Ruhestandsbeamte mit der Aberkennung des Ruhegehalts keineswegs ohne Versorgung dasteht. Er ist in der Rentenversicherung nachzuversichern (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 – 1 D 15/04 –, juris Rn. 49).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 DiszG in Verbindung mit § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.