VG Berlin, Urteil vom 05.11.2014 - 80 K 46.11 OL
Fundstelle
openJur 2015, 486
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 19... geborene Beklagte trat nach Abschluss seiner Schulausbildung (Abschluss Mittelschule nach 10.Klasse im Jahr 19...) im Jahr 19... als Verwaltungslehrling in den Dienst des Klägers. 19... wurde er als Stadtinspektoranwärter in den Vorbereitungsdienst übernommen, den er erfolgreich beendete und 19... Beamter auf Probe wurde. Nach erfolgreicher Absolvierung der Probezeit wurde er im Jahr 19... zum Stadtinspektor und im Jahr 19... zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Im selben Jahr beförderte ihn der Kläger zum Stadtoberinspektor und im Jahr 19... zum Stadtamtmann. Mit Ablauf des 31. März 2014 trat der Beklagte regulär aus Altersgründen in den Ruhestand.

Der Beklagte ist seit 19... geschieden, er hat zwei 19...und 19... geborene Kinder. Disziplinarische Vorbelastungen gibt es nicht.

Zum 1. Dezember 19... wurde der Beklagte in die Abteilung Sozialwesen als Leiter einer Sozialhilfestelle der offenen Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) umgesetzt. Er führte die Fachaufsicht über die unterstellten Mitarbeiter, koordinierte die Arbeitsabläufe innerhalb der Sozialhilfestelle, bearbeitete die Gewährung von Geld und Sachleistungen in Sozialhilfefällen. Ihm wurden in den Beurteilungen vom September 19... und März 19... gute Fachkenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit und insbesondere Fachkenntnisse im Hinblick auf § 15 a BSHG und ein vollständiges Beherrschen des Arbeitsgebiets attestiert.

Nachdem er beim Bezirksamt R... seit 19... Leiter der Wirtschafts- und Rechnungsstelle war und anschließend als Gruppenleiter im Wohnungsamt (Mietpreisangelegenheiten und Zweckentfremdungsverordnung) verwendet wurde, setzte ihn der Kläger seit Mai 19... in der Abteilung Sozialwesen als Amtspfleger/Amtsvormund und nach Änderung des Betreuungsgesetzes im Jahr 1990 als Amtsbetreuer ein. In der ersten dienstlichen Beurteilung nach dieser Umsetzung wurden seine Leistungen als „gut“ bezeichnet. Er sei fleißig und einsatzfreudig und den besonderen Anforderungen eines Betreuers sowohl im menschlichen wie im rechtlichen Bereich voll gewachsen. Auch bei seiner dienstlichen Beurteilung im Jahr 19... wird er mit „gut“ beurteilt. Im Jahr 2000 werden sein Leistungen mit „1-2“ beurteilt. Der Beklagte arbeite sehr engagiert und zuverlässig und zeige sich den hohen Belastungen in der Betreuungsstelle mit zum Teil schwieriger Klientel gewachsen. Er habe zusätzlich die Leitungsaufgabe (seit August 19... Krankheitsvertretung für den Leiter der Betreuungsstelle, ab Mai 2... bis November 20... amtierender Leiter der Betreuungsstelle) übernommen und übe diese aktiv und engagiert aus.

Seit April 20... wurde dem Beklagten Altersteilzeit im Blockmodell gewährt (mit Freistellungsphase ab 1. April 2009). Wegen der Vorwürfe, die Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, wurde der Beklagte ab Juni 2004 aus der Betreuungsstelle herausgenommen und zur Kosteneinziehung/Unterhaltsstelle der Abteilung Sozialwesen umgesetzt.

Mit Verfügung vom 10. März 2004 leitete der Leiter der Service-Einheit Personal beim Bezirksamt R... gemäß § 27 LDO Vorermittlungen gegen den Beklagten wegen des Verdachts eines Dienstvergehens ein. Gegenstand der Vorermittlungen war der Verdacht, der Beklagte habe im Rahmen der Bearbeitung des Betreuungsfalls P... hinsichtlich gewährter Versicherungsleistungen sozialhilferechtliche Mitteilungspflichten missachtet sowie das entstandene Vermögen durch unvertretbare Auszahlungen an bzw. für den Betreuten verbraucht, wodurch dem Land Berlin wegen Überzahlung von Sozialhilfe ein Schaden von mehr als 5.000,- Euro entstanden sei.

Am 27. April 2004 fand hierzu eine mündliche Anhörung des Beklagten statt. Der Beklagte erklärte, er habe sich als Amtsbetreuer im Interesse seiner Betreuten ausschließlich vom Betreuungsrecht leiten lassen und insofern nicht fehlerhaft gehandelt. Allerdings sei die Unterlassung der Mitteilung von vorhandenem Vermögen an das Sozialamt auch aus seiner Sicht eine Verletzung von Dienstpflichten. Nach dem Betreuungsrecht bestünde jedoch keine Pflicht zur Meldung, vielmehr habe der Betreuer vorhandenes Vermögen zum Wohle und zum Vorteil des Betreuten zu verwenden, und genau das habe er getan. Es gebe jedoch ein erhebliches Spannungsfeld zwischen den Pflichtenlagen aus den beiden genannten Rechtsgebieten.

In den Folgejahren wertete der Kläger die vom Beklagten bearbeiteten Betreuungsfälle und -akten aus, da aufgrund der Angaben des Beklagten der Verdacht entstanden war, dass das Unterlassen der Mitteilung von Vermögensanfällen generelle Praxis beim Beklagten gewesen sein könne.

Mit Verfügung vom 11. Juni 2009 dehnte der stellvertretende Bezirksbürgermeister das Disziplinarverfahren auf weitere im Zusammenhang mit Betreuungsfällen stehende mögliche Dienstpflichtverletzungen des Beklagten aus, was diesem mit Schreiben vom 4. August 2009 mitgeteilt wurde. Eine weitere Ausdehnung erfolgte durch den Bezirksbürgermeister am 7. Juni 2010.

Unter dem 20. September 2010 übersandte der Kläger dem Beklagten den Ermittlungsbericht und hörte ihn abschließend zu den Vorwürfen an. Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 10. November 2010 nahm der Beklagte zu den Vorwürfen teilweise Stellung.

Nachdem das Bezirksamt in seiner Sitzung vom 30. August 2011 die Erhebung der Disziplinarklage beschlossen und Frauenvertreterin und Personalrat beteiligt hatte, erhob der Kläger unter dem 27. September 2009 Disziplinarklage gegen den Beklagten, indem er Bezug auf den beigefügten Ermittlungsbericht nahm.

Mit Beschluss vom 11. November 2011 setzte die Disziplinarkammer dem Kläger zur Beseitigung von Mängeln der Disziplinarklageschrift eine Frist von einem Monat nach Zustellung. Als mangelhaft wurde insbesondere die bloße Bezugnahme der Disziplinarklageschrift auf den Ermittlungsbericht angesehen sowie die fehlende hinreichend klare Aufarbeitung und Darstellung der Sachverhalte, in denen eine Dienstvergehen gesehen wird. Der Beschluss wurde dem Kläger am 21. November 2011 zugestellt.

Am 21. Dezember 2011 wurde die neu gefasste Disziplinarklageschrift nebst Beiakten in der Poststelle des Verwaltungsgerichts von Mitarbeitern des Klägers abgegeben.

Mit der Disziplinarklage wirft der Kläger dem Beklagten vor, in acht Betreuungsfällen zum Teil mehrfach seine Dienstpflichten verletzt zu haben.

Dem Beklagten sei vom Kläger als Betreuungsbehörde die Ausübung der Obliegenheiten im Rahmen der dem Kläger vom Vormundschaftsgericht übertragenen Betreuungen aufgetragen worden. Die Mitarbeiter der Betreuungsstelle arbeiteten in sog. Raten, jeweils zwei Betreuer und ein Sachbearbeiter. Innerhalb der Rate würden sich die Betreuer vertreten, im Falle von Erkrankungen auch für Kollegen anderer Raten.

Im Einzelnen wirft der Kläger dem Beklagten als Dienstvergehen vor:

Vorwurf zu 1):

Unterlassen der Mitteilung von Einkommen und Vermögen an den Sozialhilfeträger

Der Beklagte habe als von dem Kläger eingesetzter Amtsbetreuer die ihm im Rahmen der Vermögenssorge obliegende Erfüllung der sozialhilferechtlichen Mitteilungspflichten in mehreren Betreuungsfällen vorsätzlich verletzt und hierbei einen Schaden zum Nachteil des Landes Berlin bzw. eine entsprechende Vermögensgefährdung verursacht:

a) Betreuungsfall P...

Der 1939 geborene P... stand seit 1990 unter Pflegschaft, seit Januar 1992 unter rechtlicher Betreuung; die Betreuung umfasste die Vermögenssorge, die Aufenthaltsbestimmung und die Zustimmung zur Heilbehandlung.

Der Betreute lebte in einer eigenen Wohnung und erhielt vom Sozialamt Reinickendorf unter Anrechnung von Wohngeld fortlaufend Hilfe zum Lebensunterhalt (z.B. 1993/1994: etwa 1.050 DM monatlich). Das Geld wurde auf das Girokonto des Betreuten bei der B... überwiesen; die Miete (ca. 500,- bis 550 DM, später steigend) wurde vom Vermieter jeweils per Lastschrift abgezogen. Für den Lebensunterhalt wurde dem Betreuten nach entsprechender Geldabhebung durch den Betreuer ca. 500,- DM (z.B. 2 mal 250,- DM) monatlich in bar zugeteilt, so dass die monatlich gewährte Sozialhilfe im Wesentlichen aufgebraucht wurde. Eigene Einnahmequellen besaß der Betreute, der seit 1969 keiner Beschäftigung mehr nachgegangen war und zeitweise in einer Nervenklinik untergebracht war, nicht.

Zuständiger Betreuer war anfangs der Beklagte, in den Jahren 1994 und 1995 jedenfalls zeitweise auch Herr G... und ggf. andere Betreuer; der Beklagte war Abwesenheitsvertreter. Die genauen Zeiten der Zuständigkeit und Vertretung in dieser Zeit sind nicht aktenkundig.

In seinem Betreuungsbericht vom 19. Oktober 1995 an das Amtsgericht Wedding gab Herr G... die Kontostände beider Konten des Betreuten bei der Berliner Sparkasse an (2.619,36 DM Girokonto und 10.232,45 DM Sparkonto). Mitteilungen an den Sozialhilfeträger waren bis zu dieser Zeit - auch bezüglich einer im Februar 1994 an den Hilfeempfänger ausgezahlten Lebensversicherung in Höhe von über 4.400,- DM - nicht erfolgt. Auch im Jahr 1996 erfolgten keine Mitteilungen.

Im Laufe des Jahres 1997 ging die Zuständigkeit der Betreuung wieder auf den Beklagten über. In einem von ihm unter dem 13. November 1997 an das Amtsgericht Wedding verfassten Betreuungsbericht (B II 509) gab der Beklagte an, Herr P... besuche ihn - den Beklagten - alle 14 Tage, zuletzt am 10. November 1997. Im Betreuungsbericht wurden auch die aktuellen Kontostände (2.254,28 DM auf dem Girokonto und 8.855,40 DM auf dem Sparkonto) angegeben. Eine Mitteilung der Kontostände an den Sozialhilfeträger nahm der Beklagte nicht vor.

Der Kläger wirft dem Beklagten in diesem Zusammenhang als Dienstvergehen vor, weder die im Februar 1994 an den Hilfeempfänger ausgezahlte Versicherungssumme noch die das Schonvermögen von 4.500,- DM überschreitenden Kontostände im Jahr 1997 an den Sozialhilfeträger gemeldet zu haben, wodurch dem Land Berlin als Träger der Eingliederungshilfe ein Schaden entstanden sei.

b) Betreuungsfall C...

Die im Jahr 1960 geborene C... stand seit 1978 unter Pflegschaft, seit dem 1. Januar 1992 bestand die rechtliche Betreuung durch das Bezirksamt Reinickendorf; diese umfasste die Gesundheitssorge, die Vermögenssorge und die Aufenthaltsbestimmung. Frau K... war seit Oktober 1999 im Wohnheim des K... untergebracht und erhielt vom Sozialamt Mitte Eingliederungshilfe nach dem BSHG, was u.a. die Übernahme der Heimkosten sowie einen monatlichen Barbetrag umfasste. Die Heimkosten betrugen im Jahr 2003 monatlich über 7.000,- Euro. Die Rechnungen wurden in der Regel im Folgemonat vom Heimträger an das Sozialamt übersandt und von dort beglichen. In regelmäßigen Abständen - zumeist jährlich - waren vom Betreuer Folgeanträge auf Eingliederungshilfe zu stellen, die mit entsprechenden Bescheiden des Sozialamts bewilligt wurden. Die Schonvermögensgrenze für die Betreute lag bei 2.301,00 Euro.

Der Beklagte war seit dem 1. April 2003 für die Wahrnehmung der Betreuungsaufgaben zuständig.

Im November 2002 war der Betreuten aus einer Erbschaft ein Betrag in Höhe von 4.091,- Euro zugeflossen. In seinem Bericht an das Amtsgericht Pankow vom 7. November 2002 teilte der frühere Betreuer K... den Anfall der Erbschaft sowie den Kontostand des Sparkontos (5.899,71 Euro) mit. Eine Mitteilung an den Träger der Eingliederungshilfe, das Bezirksamt Reinickendorf, erfolgte dagegen bis zur Übernahme der Betreuung durch den Beklagten Anfang April 2003 nicht. Das Sparkonto der Betreuten war bis dahin aufgrund einer Zinsgutschrift auf 5.997,71 Euro angewachsen; das Taschengeldverwahrkonto wies einen Stand von 718,- Euro auf.

Der Beklagte vermerkte nach Übernahme des Betreuungsfalls und Sichtung der Vermögensverhältnisse am 7. Mai 2003 in der Betreuungsakte: „Wo lassen wir bloß das viele Geld?“. Eine Mitteilung des Vermögensstandes an den Träger der Eingliederungshilfe nahm er nicht vor.

Unter dem 4. März 2004 gab der Beklagte gegenüber dem Amtsgericht Pankow/Weißensee seinen Betreuungsbericht ab, worin er den zu diesem Zeitpunkt aktuellen Kontostand des Sparbuchs (3.506,40 Euro) mitteilte.

Im April 2004 übernahm wieder Herr K... die Wahrnehmung der Betreuung.

Der Kläger wirft dem Beklagten in diesem Zusammenhang als Dienstvergehen die fehlende Mitteilung des Vermögensstandes der Betreuten an den Sozialhilfeträger bei Übernahme der Betreuung im April 2003 vor. Aufgrund späterer Rückerstattungen sei dem Land Berlin letztlich kein Schaden entstanden.

c) Betreuungsfall H... W...

Von einer Darstellung wird abgesehen und auf den Inhalt der Disziplinarklageschrift Bezug genommen, weil die Kammer den entsprechenden Vorwurf gemäß § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) ausgeschieden hat.

d) Betreuungsfall H...

Der 1932 geborene und 2003 verstorbene Herr T... stand seit 1971 wegen einer psychischen Erkrankung unter Pflegschaft, seit 1992 unter Betreuung, die seit Ende August 1998 auch die Vermögenssorge umfasste. Herr T... lebte in einer Mietwohnung und erhielt neben einer Rente vom Sozialamt Reinickendorf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe). Die Schonvermögensgrenze lag bei 4.500,- DM (2.301,- Euro). Der Beklagte war seit Juni 1997 für Herrn T... als Amtsbetreuer zuständig.

Aufgrund einer sozialhilferechtlichen Mietnachzahlung im Februar 1999 von fast 2.700,- DM überschritt das Vermögen des Betreuten am Ende des Monats (zusammen mit dem Geld auf dem Sparkonto in Höhe von 3.036,78 DM) die Vermögensschongrenze um 1.357,22 DM (ohne Berücksichtigung der Sozialhilfezahlung für März 1999).

Anfang März 1999 ging auf dem Konto des Betreuten die monatliche Rentenzahlung von 1.386,67 DM ein, bereits am 22. Februar 1999 war die ergänzende Sozialhilfe für März 1999 in Höhe von 289,89 DM auf das Konto überwiesen worden.

Der Kläger wirft dem Beklagten in diesem Zusammenhang als Dienstvergehen vor, hinsichtlich der Überschreitung der Schonvermögensgrenze eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger unterlassen zu haben, wobei der Kläger als Stichtag den 4.März 1999 zugrunde legt. Das Vermögen des Betreuten habe an diesem Tag insgesamt 7.533,78 DM betragen, die Schonvermögensgrenze sei mit 3.033,78 DM überschritten worden.

Einen Zahlungseingang von 224,11 DM aus einem Mietguthaben im März 2000 teilte der Beklagte dem Sozialhilfeträger ebenfalls nicht mit, was der Kläger dem Beklagten ebenfalls als Dienstvergehen vorwirft.

Ende Januar 2001 wies das Girokonto des Betreuten ohne Berücksichtigung der Renten- und Sozialhilfezahlungen für Februar 2001 einen Stand von 2.262,52 DM, das Sparbuch 4.473,03 DM auf.

Am 30. Januar 2001 ging auf dem Konto des Betreuten die monatliche Rentenzahlung von 1.413,74 DM für Februar 2001 ein, bereits am 25. Januar 2001 war die ergänzende Sozialhilfe für Februar 2001 in Höhe von 318,91 DM auf das Konto überwiesen worden, so dass das Girokonto am 1. Februar 2001 einen Stand von 3.995,17 DM aufwies. Am 5. Februar 2001 hob der Beklagte für den Lebensunterhalt des Betreuten 1.800,- DM per Scheck vom Girokonto ab. Am 15. Februar 2001 wurden dem Sparkonto des Betreuten 48,08 DM Zinsen gutgeschrieben worden, so dass das Sparkonto einen Stand von 4.521,11 DM aufwies.

Der Kläger wirft dem Beklagten in diesem Zusammenhang als Dienstvergehen vor, hinsichtlich der Überschreitung der Schonvermögensgrenze im Februar 2001 eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger unterlassen zu haben, wobei er von einem Gesamtvermögen des Betreuten von insgesamt 8.516,28 DM und einer Überschreitung der Schongrenze von 4.016,28 DM ausgeht (4.521,11 DM auf dem Sparbuch - Stand 15. Februar 2001; 3.995,17 DM auf dem Girokonto - Stand 1. Februar 2001).

e) Betreuungsfall E...

Für die 1938 geborene E... bestand seit 1984 aufgrund einer geistigen Behinderung eine Pflegschaft, seit 1992 die rechtliche Betreuung, die auch die Vermögenssorge umfasste. Seit 1987 war der Beklagte als Amtsbetreuer für Frau W... zuständig. Diese erhielt vom Sozialamt Mitte Eingliederungshilfe in der Übernahme der Heimunterbringung (Wohnheim M...) nebst einem Barbetrag (Taschengeld). Die Schonvermögensgrenze lag bei 4.500,- DM (2.301,- Euro).

Im Juli 1999 erhielt die Betreute ihren Anteil an der Auflösung einer Erbengemeinschaft in Höhe von 3.480,40 DM (incl. Zinsen: 3.517,58 DM) überwiesen, so dass das Konto der Betreuten einen Stand von 5.851,09 DM aufwies.

Der Kläger wirft dem Beklagten vor, den Träger der Eingliederungshilfe nicht über den Zahlungseingang informiert zu haben, dem hierdurch wegen überzahlter Hilfe ein Schaden entstanden sei.

f. Betreuungsfall A...

Von einer Darstellung wird abgesehen und auf den Inhalt der Disziplinarklageschrift Bezug genommen, weil die Kammer den entsprechenden Vorwurf gemäß § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) ausgeschieden hat.

g. Betreuungsfall P...

Von einer Darstellung wird abgesehen und auf den Inhalt der Disziplinarklageschrift Bezug genommen, weil die Kammer den entsprechenden Vorwurf gemäß § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) ausgeschieden hat.

h. Betreuungsfall K...

Für den im Jahr 1960 geborenen K... bestand seit 1980 aufgrund einer geistigen Behinderung eine Pflegschaft, seit 1992 die rechtliche Betreuung, die auch die Regelung von Vermögens- und Behördenangelegenheiten umfasste. Jedenfalls ab Ende 1994 war der Beklagte als Amtsbetreuer zuständig. Herr P... war im Krankenheim in der M... in Berlin untergebracht.

Der Betreute, der über kein Einkommen verfügte, erhielt vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf fortlaufend Eingliederungshilfe in Form der Heimunterbringung nebst einem Barbetrag. Die Schonvermögensgrenze lag bei 4.500,- DM (2.301,- Euro).

Gemäß einem im Juli 1990 eröffneten Testament der Großmutter des Betreuten von 1984, Frau W..., erbte der Betreute 1/6 des nachgelassenen Vermögens, wobei ihm jedoch nur die Erträge aus dem Erbteil zufließen sollten. Das Vermögen solle nur im Notfall angegriffen werden können. Als Testamentsvollstrecker war Herr J... bzw. waren - im Fall der Verhinderung - die Eheleute I... und W... eingesetzt; die Verwaltung des Erbteils des Betreuten wurde von den Testamentsvollstreckern auf C..., einen Cousin des Betreuten, und in der Folgezeit auf W..., einen Onkel des Betreuten, übertragen.

Das verwaltete Vermögen des Betreuten bestand im Wesentlichen aus einem Wertpapierdepot aus festverzinslichen Wertpapieren und wies im Jahr 1995 einen Wert von ca. 141.000,- DM auf. Die Zinsen aus dem Depot flossen zunächst auf das Ertragskonto Nr. 3... bei der V...bank AG, ab Juni 1995 auf das Sparkonto 8... derselben Bank. Zum überwiegenden Teil wurden aus den Zinserträgen neue Wertpapiere für das Depot erworben.

Der Beklagte verwaltete als Betreuer ein Sparkonto des Betreuten bei der B... Das Konto wies im Juli 1994 einen Stand von 1.020,58 DM auf.

Im Oktober 1994 ging auf dem vom Beklagten verwalteten Sparkonto ein Betrag in Höhe von 4.350,- DM „Zinsen aus Erbe“ ein, so dass das Konto anschließend einen Stand von 5.370,58 DM aufwies. Eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger durch den Beklagten erfolgte nicht.

In seinem Betreuungsbericht an das Amtsgericht Wedding vom 23. August 1995 wies der Beklagte auf die Miterbenstellung des Betreuten hin. Herr C..., der Testamentsvollstrecker, berichte regelmäßig über Kontobewegungen und überweise jährlich die Zinserträge auf das Sparkonto. Da der Betreute keine besonderen Wünsche habe, werde er Erstattungen an das Sozialamt Wilmersdorf vornehmen.

In einem Schreiben vom 10. September 1995 an Herrn C... teilte der Beklagte mit, dass er bislang keine Erstattungen an das Sozialamt vorgenommen habe. Dieses verlange gemäß § 88 BSHG den Einsatz des Vermögens, soweit es den Betrag von 4.500,- DM überschreite. Selbstverständlich sei er bemüht, zunächst die Wünsche des Herrn K... zu erfüllen, bevor Erstattungen vorgenommen werden würden.

Am 19. April 1996 überwies der Testamentsvollstrecker vom Ertragssparkonto des Betreuten mehrere Beträge direkt auf das Heimkonto und zwar 2.000,- (Spende für Krankenheim M... GmbH, Berlin“, 5.000,- DM „Spende DM 4.000,- für Reise/Station Nr. 5/1.000,- f...“ und 250,- DM für „Betreuer der Wohngruppe 5“. Herr C... erläuterte diese Zahlungen gegenüber dem Heim damit, dass diese Beträge ausschließlich als Schenkungen gedacht seien. Eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger durch den Beklagten, der über die Zahlungen informiert war, erfolgte nicht. Das Heim informierte den Beklagten unter dem 14. November 1997 über die Verwendung des Geldes (u.a. Kauf von Kleidung, einer Uhr sowie Finanzierung von Besuchen bei einer Prostituierten).

Am 21. November 1997 ging auf dem Sparkonto des Betreuten eine Überweisung in Höhe von 1.291,01 DM vom Heim ein mit dem Vermerk „Restlicher Zinsertrag“. Das Konto des Beklagten wies nach dem Eingang der Zahlung einen Stand von 4.147,31 DM auf.

Unter dem 26. Februar 1998 teilte der Beklagte Herrn C... mit, dass die Herrn K... aus der Erbschaft zustehenden Erträge grundsätzlich auf das Betreuungskonto zu überweisen seien. Wie schon erläutert, werde er selbstverständlich dafür sorgen, dass alle vertretbaren Wünsche des Herrn K... erfüllt würden, bevor Erstattungen an das Sozialamt erfolgten. Eine andere Verfahrensweise würde die beiderseitigen Befugnisse überschreiten. Das Heim habe ihm inzwischen Belege und Erläuterungen über die Verwendung der von Herrn C... überwiesenen Beträge hergereicht und einen restlichen Betrag auf das vom Beklagten verwaltete Konto zurückgezahlt. Erstattungen an das Sozialamt seien bislang noch nicht vorgenommen worden.

Am 16. März 1998 ging daraufhin ein Überweisungsbetrag vom Ertragskonto in Höhe von 6.500,- DM auf dem Sparkonto des Beklagten ein, das dadurch einen Saldo in Höhe von 9.767,48 DM aufwies. Eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger erfolgte nicht.

Unter dem 23. November 1998 teilte der Beklagte dem Sozialhilfeträger mit, dass er aus dem Vermögen des Betreuten einige Bedürfnisse befriedigt habe (z.B. Bekleidungsgeld, Fernseher mit Videorecorder, Reise- und Unternehmensgeld), so dass jetzt noch ein Betrag von 867,48 DM über dem Schonvermögen erstattet werden könne. Es sei bereits angewiesen worden. Eine Nachfrage durch den Sozialhilfeträger oder sonstige Reaktion erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1999 teilte der Sozialhilfeträger mit, dass auch weiterhin die Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung in Höhe von 244,40 DM täglich als Eingliederungshilfe übernommen würden; der Sozialhilfeanspruch belaufe sich demnach auf durchschnittlich 7.597,93 DM im Monat.

Nachdem das Sparkonto des Betreuten bis November 1999 auf einen Saldo von 558,51 DM gesunken war, erfolgte im Dezember 1999 eine Überweisung vom Ertragskonto in Höhe von 10.000,- DM, so dass der Saldo 10.558,51 DM betrug. Der Beklagte hob 1.540,- DM mit dem Verwendungszweck „Fahrgeld 1/00“ und „SB“ ab. Am 6. Januar 2000 hob der Beklagte weitere 800,- DM vom Sparkonto mit dem Verwendungszweck „SB“ ab, so dass das Konto einen Saldo von 8.293,76 DM aufwies. Unter dem 5. Januar 2000 teilte der Beklagte dem Sozialhilfeträger mit, dass er als „Erstattungsbetrag über dem Schonvermögen“ in den nächsten Tagen 3.718,51 DM überweisen werde. Eine Nachfrage oder Reaktion des Sozialamts erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 5. September 2001 an Herrn C... bat der Beklagte „dringend“ um Überweisung der Erträge aus dem verwalteten Vermögen. Herr P... habe alle Ersparnisse aufgebraucht. Ihm stehe seit Juni 2001 nur noch der Barbetrag vom Sozialamt zur Verfügung.

Mit weiterem Schreiben vom 18. Oktober 2001 monierte der Beklagte die Zinsauflistung des Testamentsvollstreckers. Der größere Teil der Zinseinnahmen müsse an Herrn P... fließen. Er teile dies mit, weil die Sozialbehörde detaillierte Auskünfte zur Entwicklung der Zinserträge von ihm verlange und auch das Vormundschaftsgericht genau darauf achte, dass die Bestimmungen des Vermächtnisses genau eingehalten würden. Er versichere, die zufließenden Zinserträge soweit wie möglich für Herrn P... zu verwenden und Erstattungen an den Sozialhilfeträger zu vermeiden. Dennoch sei er zur Offenlegung der Vermögensverhältnisse verpflichtet.

Darauf ging am 29. Oktober 2001 auf dem Sparkonto des Betreuten ein Betrag von 5.000,- vom Ertragskonto ein, so dass der Saldo nunmehr 5.028,35 DM betrug. Eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger erfolgte nicht.

Am 3. Mai 2002 und am 5. Februar 2003 wurden dem Betreuungskonto Zinserträge in Höhe von jeweils 1.950,- Euro gutgeschrieben (Saldo dadurch im Mai 2002: 2.812,66 Euro, im Februar 2003: 2.180,- Euro). Eine Meldung an den Sozialhilfeträger erfolgte nicht.

Im September 2002 begann der Betreute psychotherapeutische Einzelgespräche bei einer Diplompsychologin, da eine Wohnveränderung geplant war und der Betreute auf Veränderungen häufig mit starker Angst und neurotischen Zwangshandlungen reagierte. Von der im Februar 2003 eingegangen Zahlung von 1.950,- Euro beglich der Beklagte u.a. eine Rechnung der Therapeutin über 248,- Euro (Februar 2003), hob 200,- Euro für Bekleidung und ca. 76 Euro für CD’s ab (Juni und August 2003). Im Oktober 2003 hob er weitere 1006,- Euro ab, um die Therapeutin des Betreuten zu bezahlen, da die Kosten der Therapie (monatlich durchschnittlich 200,- Euro) weder vom Sozialamt noch von der AOK übernommen wurden.

Mit Schreiben vom 24. April 2002 wendete sich das Sozialamt Charlottenburg-Wilmersdorf an den Beklagten und teilte mit, vom Bundesamt für Finanzen erfahren zu haben, dass der Betreute im Jahr 2001 über Zinseinkünfte verfügt habe. Es wurde zwecks Überprüfung der gewährten Hilfe um Vorlage aller Sparbücher, Kontoauszüge, Depotauszüge u.a. gebeten und allgemein auf die Mitteilungspflicht bezüglich aller Arten von Einnahmen hingewiesen.

In der Betreuungsakte befindet sich ein vom Beklagten unter dem 1. Juli 2002 datiertes Antwortschreiben, worin er dem Sozialhilfeträger unter Bezug auf die - ausweislich des Schreibens - als Anlage beigefügten aktuellen Kontoführungsblätter des Sparbuchs mitteilt, dass alle weiteren auf den Namen des Betreuten geführten Depots und Konten vom Vermögensverwalter der Erblasserin geführt und verwaltet würden. Lediglich die Zinserträge des Erbanteils flössen Herrn P... zu; eine Inanspruchnahme des Erbes sei daher ausgeschlossen. Die Zinseinkünfte (jährlich ca. 3.500,- DM) werde er zunächst für persönliche Bedürfnisse verwenden; erst dann erfolgten Erstattungen. Der geschilderte Sachverhalt sei „dort“ seit Jahren bekannt und entspreche den Härtefallregelungen des BSHG.

Der Beklagte behauptet, das Schreiben vom 1. Juli 2002 an das Sozialamt Charlottenburg-Wilmersdorf verschickt zu haben; das Sozialamt hat angegeben, ein solches Schreiben nicht erhalten zu haben. Ein Absende- oder Zugangsnachweis findet sich in der Betreuungsakte ebenso wenig wie eine Antwort des Sozialamts oder eine weitere Nachfrage.

Stattdessen erging am 12. März 2003 ein weiterer Bewilligungsbescheid hinsichtlich der Eingliederungshilfe, wo es - standardmäßig - heißt, dass mangels Einkommens des Betreuten kein Kostenbeitrag zu leisten sei.

Am 11. Dezember 2003 überwies der Testamentsvollstrecker 1.000,- Euro für die Bezahlung der Psychotherapie des Betreuten. Eine Meldung an den Sozialhilfeträger erfolgte nicht. Der Beklagte hob am 11. Dezember 2003 1.246,- Euro ab, um damit die Rechnung der Therapeutin vom 12. September 2003 zu bezahlen.

Im März 2003 hatte der Testamentsvollstrecker 20.000,- Euro aus dem Erbteil des Betreuten in eine Rentenversicherung zu Gunsten des Betreuten eingezahlt, woraus der Betreute jährlich einen Betrag von 906,64 Euro erhalten sollte.

Am 13. Mai 2004 ging auf dem Sparkonto des Betreuten ein Betrag von 1.000,- Euro vom Ertragskonto ein, so dass der Saldo 1.028,79 Euro betrug. Eine Mitteilung an den Sozialhilfeträger erfolgte von Seiten des Beklagten nicht.

In einem Aktenvermerk ebenfalls vom 13. Mai 2004 wies der Beklagte auf sein Schreiben an das Sozialamt Charlottenburg-Wilmersdorf vom 1. Juli 2002 hin. Dazu sei nie eine Antwort eingegangen, so dass er von der Anerkennung dieses Rechtsstandpunktes ausgehen könne.

Ab Juli 2004 wurde der Beklagte von der Amtsbetreuerin W... abgelöst. In Zuge einer Korrespondenz teilte ihr der Sozialhilfeträger unter dem 13. Juli 2005 mit, dass die Erbschaft des Herrn P... dort nicht bekannt gewesen sei. Auch das Schreiben des Beklagten vom 1. Juli 2002 liege dort nicht vor.

Der Sozialhilfeträger sah nach entsprechender Prüfung des Vorgangs im Jahr 2006 von der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs für die zugeflossenen Zinserlöse an Herrn P... für die Zeit bis 31. Dezember 2004 ab.

Mit der Disziplinarklage wirft der Kläger dem Beklagten als Verstoß gegen die sozialhilferechtliche Mitteilungsplicht und als Dienstvergehen im Betreuungsfall P... vor:

-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 4.350,- DM im Oktober 1994-die Nichtmeldung der Überweisung von 7.500 DM durch den Testamentsvollstrecker direkt an das Heim im April 1996-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 1.291,01 DM im November 1997-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 6.500,- DM im März 1998-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 10.000,- DM im Dezember 1999-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 5.000,- DM im Oktober 2001-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 1.950,- € im Mai 2002-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 1.950,- € im Februar 2003-die Nichtmeldung der Einzahlung von 20.000,- € durch den Testamentsvollstrecker in eine private Rentenversicherung im März 2003-die Nichtmeldung des Zahlungseingangs von 1.000,- € im Mai 2004Vorwürfe zu 2) bis 13)

Von einer Darstellung wird abgesehen und auf den Inhalt der Disziplinarklageschrift Bezug genommen, weil die Kammer diese Vorwürfe gemäß § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) ausgeschieden hat.

Vorwurf zu 14):

Entnahmen aus dem Vermögen des Betreuten zur eigenen Verwendung

Der 1942 geborene R... stand seit 1972 unter Pflegschaft, seit 1992 unter Betreuung, die die Vermögenssorge, Wohnungs-, Renten- und Sozialhilfeangelegenheiten umfasste. Der Beklagte war seit etwa Mai 1987 (erster Akteneintrag) für die Betreuung zuständig. Der Betreute erhielt fortlaufend Eingliederungshilfe in Form von Heimunterbringung (die Zuständigkeiten der Sozialämter wechselten hierbei aufgrund des mehrfachen Heimwechsels). Er lebte zunächst in verschiedenen Einrichtungen in Berlin, seit Oktober 1994 in einem Heim der H... in D... bei N..., wo er in einer Werkstatt für Behinderte arbeitete.

a) In mehreren Fällen hob der Beklagte vom Konto des Betreuten Geldbeträge ab, die er zwar entsprechend verbuchte, als Nachweis für die Verwendung der Beträge Belege bzw. Quittungen anheftete, die die Höhe des jeweils abgehobenen Betrages nicht vollständig abdeckten. Dies geschah in folgenden Fällen:

- 08.11. 1999: 78,- DM entnommen, belegt: 77,94 DM

- 19.12. 2000: 31,89 DM entnommen, belegt: 5,99 DM

- 25.04. 2003: 37,75 € entnommen, belegt: 34,40 €

- 06.11. 2003: 80,- € entnommen, belegt: 66,79 €

- 07.04. 2004: 110,- € entnommen, belegt: 78,90 €

Der Kläger wirft dem Beklagten insoweit vor, die Differenzbeträge (Summe: 60,94 €) jeweils für sich behalten und damit eine Untreue (§ 266 StGB) begangen zu haben.

b) In weiteren Fällen hob der Beklagte vom Konto des Betreuten Geldbeträge ab, die er auch zur Begleichung eigener Kosten und Aufwendungen anlässlich von Besuchen bzw. Unternehmungen mit dem Betreuten verwendete. Der Kläger wirft dem Beklagten in diesem Zusammenhang vor, dass die Begleichung eigener Unkosten aus Mitteln des Betreuten ohne dessen Wissen und Wollen erfolgt sei und der Beklagte deshalb jeweils eine Untreue begangen habe, da der Akte kein Hinweis zu entnehmen sei, dass der Betreute den Beklagten habe einladen wollen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte dem Betreuten dessen Verwahrgeld hierfür zur Verfügung gestanden.

Ein Dienstvergehen sei es aber auch dann, wenn der Beklagte vom Betreuten eingeladen worden sei, denn dann habe der Beklagte gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken verstoßen. Im Einzelnen:

aa) Am 15. Dezember 2000 besuchte der Beklagte den Betreuten im Heim in D... Mit Rechnung vom 31.Dzember 2000 forderte das Heim den Betrag von 22,- DM. Der Beklagte, der den Vermerk „Mittagessen: Aus Anlaß des Besuchs bei Hr. Petrich“ auf die Rechnung setzte, veranlasste im Januar 2001 die Begleichung des Betrags vom Konto des Betreuten. Vorgeworfen wird dem Beklagten, einen Vermögensvorteil von 22, DM (11,25 €) erlangt zu haben.

bb) In einem Vermerk vom 17. Februar 2003 hatte der Beklagte notiert, dass der Betreute am 26. Februar 2003 nach Berlin kommen werde, um seine Tochter und die Enkelkinder zu besuchen. Er - der Beklagte - habe sich bereit erklärt, den Betreuten am Ostbahnhof abzuholen, Geschenke zu besorgen und den Betreuten in Berlin zu begleiten. Der Betreute kam am 26. Februar 2003 nach Berlin. Der Beklagte hatte laut Quittung vom 27. Februar 2003 aus dem Vermögen des Betreuten 15,30 € entnommen (Vermerk: „SB f. Kuschelbären, Imbiss, Parken“). Beigeheftet waren der Quittung zwei Parkscheine vom 26. Februar 2003 über je 1,- € und der Kassenzettel einer Pizzeria am Ostbahnhof vom 26. Februar 2003 über 6,35 € für 2 Getränke und 2 Mini-Pizzen. Vorgeworfen wird dem Beklagten, dass er durch s... Anteil am Verzehr und den Parkgebühren einen Vermögensvorteil in Höhe von 4,18 € erlangt habe.

cc) Anlässlich eines Hausbesuchs beim Betreuten in D... unternahm der Beklagte am 25. April 2003 mit dem Betreuten einen Ausflug nach N... und ging dort mit dem Betreuten in einem Asia-Restaurant essen. Laut Kassenzettel wurden 34,40 € für 2 Essen, 2 Kännchen Kaffee, 2 Cola und 2 Apfelschorle entrichtet. Der Beklagte hatte 37,75 € dem Sparkonto des Betreuten entnommen. Vorgeworfen ...wird, dass der Beklagte durch seinen Anteil am Verzehr einen Vermögensvorteil in Höhe von 17,20 € erlangt habe.

dd) Am 20. Oktober 2003 vermerkte der Beklagte zu einem weiteren geplanten Heimbesuch: „Herr P... möchte mit mir wieder essen gehen.“ Für diesen Besuch hatte der Beklagte am 6. November 2003 80 € aus dem Sparkonto des Betreuten entnommen. Der Quittung vom 6. November 2003 beigeheftet ist ein Kassenzettel eines Berliner Chinarestaurants vom 11. November 2003, wonach für 3 Hauptgerichte, 3 Getränke und 3 Kaffee insgesamt 44,10 € entrichtet worden waren. Am 12. November 2003 notierte der Beklagte, dass der Besuch gemeinsam mit der Tochter und deren zweitem (erst 3 Monate altem Sohn) durchgeführt worden war. Vorgeworfen wird dem Beklagten, dass dieser durch seinen Anteil am Verzehr (1/3) einen Vermögensvorteil in Höhe von 14,70 € erlangt habe.

ee) Ausweislich eines entsprechenden Vermerks (BA VI 976) besuchte der Beklagte den Betreuten am selben Tag in D... und fuhr dann zusammen mit diesem nach Berlin. Laut Vermerk ging der Beklagte in Berlin mit dem Betreuten „dessen Wunsch entsprechend“ ins I...-Kino, in ein Restaurant, auf den Aussichtspunkt am Potsdamer Platz und in ein Cafe. Der Beklagte gab an, er habe den Betreuten gegen 18:00 Uhr wieder an der Wohnstätte abgesetzt. Auf einer Quittung vom 7. April 2004 bestätigte der Beklagte den Erhalt eines Barbetrages von 110,- €. Der Auszahlungsquittung waren ein Parkticket über 7,50 €, eine Restaurantrechnung über 38,20 €, 2 Kinokarten für insgesamt 15,80 €, 2 Tickets für den Panoramapunkt am Potsdamer Platz für insgesamt 7,- € und ein Beleg eines „Wiener Cafe“ über 10,40 €, insgesamt über 78,90 €, beigefügt. Vorgeworfen wird dem Beklagten, dass er durch seinen Anteil (1/2) am Verzehr, den Eintrittsgeldern und Parkgebühren einen Vermögensvorteil in Höhe von 39,45 € erlangt habe.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe schon allein durch die gegenüber Herrn P... begangenen Untreue-Straftaten, die die Grenze zur Geringwertigkeit deutlich überstiegen, das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren.

Durch das Unterlassen der Mitteilung von Einkommenszugängen und Vermögen gegenüber dem Sozialhilfeträger habe der Beklagte darüber hinaus einen Betrug gegenüber dem Kläger durch Unterlassen begangen. Es sei zu erheblichen Überzahlungen von Sozialhilfe gekommen; der Nachrang der Sozialhilfe habe später durch Rückforderungen und Berücksichtigung von Vermögenswerten nur teilweise wiederhergestellt werden können.

Die angespannte Arbeitssituation könne nicht als Milderungsgrund anerkannt werden. Dies wäre allenfalls bei einem einmaligen „Vergessen“ einer Mitteilung an den Hilfeträger denkbar gewesen.

Der Kläger beantragt,

dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei zwar richtig, dass er im Rahmen seiner Betreuertätigkeit nicht in jedem Fall der vollen Mitwirkungspflicht in sozialhilferechtlicher Weise entsprochen habe. Aufgrund einer bereits in den 1990er Jahren in Berlin bekannten Überlastung der Sozialhilfeträger sei es zu einer Praxis gekommen, die nicht in jedem Fall dem BSHG entsprochen, jedoch zu einer Entlastung der Mitarbeiter in den Sozialhilfestellen und der Betreuer beigetragen und die Arbeitsfähigkeit der Behörden aufrecht erhalten habe. Die Betreuer hätten Bedürfnisse der Betreuten aus den Überschreitungen finanziert und dabei zumeist Maßstäbe angesetzt, die auch bei einer Bewilligung durch die Sozialämter erfolgt wären. Diese Praxis sei amtsübergreifend gewesen und sei von den jeweiligen Amtsleitern hingenommen worden. Er habe niemals vorsätzlich zum Nachteil des Sozialhilfeträgers gehandelt.

Der Beklagte war durch Bescheide des Bezirksamts Reinickendorf vom 30. Dezember 2004 und 10. Februar 2005 - teilweise modifiziert durch Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2006 - bezogen zunächst auf den Betreuungsfall P... zum Schadensersatz dem Grunde nach und anschließend konkret zur Zahlung von 4.069,78 Euro herangezogen worden. Hiergegen wendete sich der Kläger mit seiner Klage zum Aktenzeichen VG 5 A 189.06 beim Verwaltungsgericht Berlin. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20. August 2009 schlossen die dortigen Beteiligten einen Vergleich, wonach der Beklagte insgesamt 9.500,- Euro als Schadensersatz leisten sollte, womit alle bis zu diesem Zeitpunkt bekannten möglichen Regressforderungen bezüglich der Betreuungsfälle abgegolten sein sollten. Durch vollständige Zahlung der Vergleichssumme war das Regressverfahren im Oktober 2010 abgeschlossen.

Die Disziplinarkammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G..., S... und S... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Die Disziplinarkammer hat den Disziplinarvorgang, die Personalakte sowie die Betreuungs- und Sozialhilfe- bzw. Eingliederungshilfeakten betreffend die in der Disziplinarklage genannten Betreuungsfälle beigezogen. Deren wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung der Disziplinarkammer. Wegen der Einzelheiten wird zudem auf den Inhalt der im gerichtlichen Disziplinarverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die Disziplinarklage ist zulässig, jedoch wegen eines Maßnahmeverbots unbegründet.

I. Die Disziplinarklage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger, hier das vor der Zurruhesetzung des Beklagten zuständige Bezirksamt Reinickendorf von Berlin, nachdem ihm die Disziplinarkammer mit Beschluss vom 11. November 2011 - dem Kläger zugestellt am 21. November 2011 - eine Frist von einem Monat zur Beseitigung von Mängeln der Disziplinarklageschrift gesetzt hat (§ 55 Abs. 3 Satz 1 BDG i.V.m. § 41 DiszG), die nachgebesserte Disziplinarklageschrift fristgemäß bei Gericht eingereicht. Zwar ist diese erst am 22. Dezember 2011 auf der Geschäftsstelle der Disziplinarkammer eingegangen, nach dem in der Akte befindlichen Empfangsbekenntnis und der dienstlichen Erklärung der mit der Einreichung der Disziplinarklageschrift befassten Mitarbeiter des Bezirksamts Reinickendorf jedoch schon am 21. Dezember 2011, also fristgemäß, in der Poststelle des Verwaltungsgerichts abgegeben worden.

Nach der Zurruhesetzung des Beklagten mit Ablauf vom 31. März 2014 ist das Landesverwaltungsamt Berlin für die Fortführung des Verfahrens zuständig geworden (vgl. Nr. 2 der „Anordnung zur Übertragung von Befugnissen nach dem Disziplinargesetz im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Inneres“ vom 2. August 2004, ABl. S. 3202).

II. Die Disziplinarklage ist unbegründet. Zwar hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen (nachfolgend unter 1.), das jedoch aufgrund seiner Schwere nicht die Aberkennung des Ruhegehalts erfordert (nachfolgend unter 2.). Einer denkbaren Kürzung des Ruhegehalts steht das Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gemäß § 15 Abs. 2 DiszG entgegen (nachfolgend unter 3.).

1. Der Beklagte hat durch das in zahlreichen Einzelfällen vorwerfbare Unterlassen der Mitteilungen von Einkommen und Vermögen der von ihm Betreuten an den jeweiligen Träger der Sozial- bzw. Eingliederungshilfe - nachfolgend a) - sowie das jedenfalls versuchte ungenehmigte Annehmen von Belohnungen und Geschenken im Betreuungsfall P... - nachfolgend b) - ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen begangen.

a) In den o.g. Betreuungsfällen oblag dem Bezirksamt Reinickendorf als von den Vormundschaftsgerichten eingesetztem Amtsbetreuer auch die Vermögenssorge für die Betreuten; dies betraf auch die mit dem Bezug von Sozial- oder Eingliederungshilfe verbundenen gesetzlichen Mitteilungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I, also die Pflicht, Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betreuten oder auch sonstige Tatsachen gegenüber dem Hilfeträger anzugeben, die für die Leistungsgewährung erheblich sein konnten (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB I). Daraus resultierte im Wesentlichen die Pflicht zur Mitteilung von außerplanmäßigen (also dem Hilfeträger noch nicht bekannten) Einkünften (vgl. § 76 BSHG a.F.) sowie von Vermögen, das die sog. Vermögensschongrenze (vgl. § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG a.F.) überstieg. In den Fällen, in denen die Beklagte die Aufgaben der Amtsbetreuung für das Bezirksamt Reinickendorf wahrnahm, war er - da die Betreuten hierzu gesundheitlich nicht in der Lage waren - für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Mitteilungspflichten verantwortlich. Ihr Unterlassen führte, wenn deshalb die Anrechnung von einzusetzendem Einkommen oder Vermögen auf die gewährte Sozial- oder Eingliederungshilfe unterblieb, zu einer materiell rechtswidrigen Hilfegewährung und damit zu einem Schaden beim Land Berlin als Träger der Hilfeleistungen. Strafrechtlich gesehen war zudem der Tatbestand des Betruges erfüllt: Der Beklagte hatte als Betreuer die o.g. gesetzlichen Mitteilungspflichten für die Betreuten zu erfüllen und war in diesem Sinne zugleich im strafrechtlichen Sinne Garant (§ 13 StGB), so dass er in den nachfolgend genannten Fällen jeweils einen fremdnützigen Betrug (§ 263 StGB) - zum Vorteil des jeweiligen Betreuten - durch Unterlassen beging.

aa) Im Betreuungsfall P... stellt die Kammer den Beklagten von den Vorwürfen unterlassener Mitteilungen insoweit frei, als es den Zeitraum bis Mitte 1997 und der hier aktenkundigen Übernahme der Betreuung durch den Beklagten betrifft. Für die Zeit davor, insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeit für die unterlassene Mitteilung der ausgezahlten Versicherungssumme im Jahr 1994, sind die Zuständigkeiten unter den in Betracht kommenden Betreuern ungeklärt. Vieles spricht dafür, dass der Beklagte in dieser Zeit lediglich Abwesenheitsvertreter war.

Bei Übernahme der Betreuung im Juni 1997 sah und wusste der Beklagte, dass das Vermögen des Betreuten die (damalige) Vermögensschongrenze von 4.500,- DM deutlich überstieg (Girokonto: 2.540,81 DM/Sparkonto: 8.855.40 DM); dies belegt auch sein Betreuungsbericht an das Amtsgericht Wedding vom 13. November 2004, worin er die genauen Kontostände (zu diesem Zeitpunkt) angegeben hat. Die notwendige Meldung an den Sozialhilfeträger unterblieb jedoch. Bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung des die Schongrenze übersteigenden Vermögens hätte im Zeitraum von Juni bis Oktober 1997 5.693,23 DM (2.910,90 €) weniger Sozialhilfe gezahlt werden müssen; erst im Oktober 1997 wäre (bei fiktivem Verbrauch des Vermögens) das Schonvermögen von 4.500,- DM unterschritten worden, so dass für diesen Monat wieder 191,50 DM an Sozialhilfe hätten gewährt werden müssen.

bb) Im Betreuungsfall K... übernahm der Beklagte die Betreuung im April 2003 bei einem Vermögensstand von 5.947,88 € auf dem Sparbuch und 631,95 € auf dem Taschengeldverwahrkonto. Das Schonvermögen von 2.301,- € wurde damit um 4.278,83 € überschritten. Dass der Beklagte um die Höhe des Vermögens wusste, zeigt seine Bemerkung vom 7. Mai 2003 in der Betreuungsakte „Wo lassen wir bloß das viele Geld?“. Da die monatlich gewährte Eingliederungshilfe an Frau K... den das Schonvermögen übersteigenden Betrag bei weitem überschritt (monatlich über 7.000,- € zu dieser Zeit) hätte der Überschreitungsbetrag schon im ersten Monat nach Übernahme der Betreuung durch den Beklagten - bei entsprechender Mitteilung - voll auf die gewährte Hilfe angerechnet werden müssen, so dass auch in dieser Höhe - 4.278,83 € - ein entsprechender Schaden entstanden ist.

cc) Im Betreuungsfall T... führte die Pflichtverletzung des Beklagten im Februar 1999, das über der Schonvermögensgrenze liegende Vermögen des Betreuten dem Sozialhilfeträger nicht zu melden, in den Folgemonaten März bis Mai 1999 zu einem Schaden in Höhe der in diesen Monaten gewährten ergänzenden Sozialhilfe von 1.173,78 DM (600,14 €). Nachdem der Beklagte Ende Mai 1999 einen vom Betreuten verursachten Mietwohnungsschaden in Höhe von 6.000,- DM begleichen hatte, war sein Vermögen ab Juni 1999 wieder unter die Schonvermögensgrenze gefallen.

Im Zeitraum Februar bis April 2001, in dem ebenfalls von Seiten des Beklagten eine Mitteilung des Vermögens (über der Schongrenze) unterblieb, entstand ein Schaden in Höhe der in diesen Monaten gezahlten ergänzenden Sozialhilfe von 1.172,73 DM (599,61 €).

Der Kläger setzte bei seiner Darstellung in der Disziplinarklageschrift die Höhe des über der Schongrenze liegenden Vermögens im Februar 2001 zu hoch an, weil er nicht berücksichtigte, dass die für diesen Monat gewährte Rentenzahlung und ergänzende Sozialhilfe dem Lebensunterhalt des Betreuten und damit dem Verbrauch dienten und nicht - jedenfalls nicht in dem Zahlungsmonat - als Vermögen gerechnet werden können. Zudem kann der eingetretene Vermögensschaden nicht höher sein als die - nur ergänzend - gewährte Sozialhilfe.

Die Kammer hat hinsichtlich der vom Beklagten nicht angegebenen geringfügigen Mietnachzahlung aus dem März 2000 von § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) Gebrauch gemacht und das entsprechende Handeln/Unterlassen ausgeschieden.

dd) Im Betreuungsfall W... ist durch die vom Beklagten unterlassene Mitteilung der Erbschaftsauszahlung an die Betreute im Juli 1999 in derselben Höhe, nämlich 3.480,- DM (1.779,30 €), ein entsprechender Schaden beim Träger der Eingliederungshilfe entstanden, weil die der Betreuten monatlich gewährte Hilfe zu dieser Zeit über 8.000,- DM lag und die Erbschaft als Einkommenszufluss voll hätte angerechnet werden müssen.

ee) Im Betreuungsfall P... war rechtlich zu klären, ob wegen der Besonderheiten und Zielrichtung des den Geldzuflüssen an den Betreuten zugrunde liegenden Testaments der Großmutter des Betreuten überhaupt eine Anrechenbarkeit der Zuflüsse aus der Erbschaft auf die gewährte Hilfeleistungen gegeben war.

Ob in diesem Fall ein sog. „Behindertentestament“ vorgelegen hat, das mittels einer Kombination von testamentarisch bestimmter Vorerbschaft des Begünstigten bei gleichzeitig lebenslanger Testamentsvollstreckung den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf die Erbschaft wirksam hätte verhindern sollen und können (vgl. hierzu - allerdings im Verhältnis der Eltern zu ihrem behinderten Kind - BGH, Urteile vom 20. Oktober 1993 - IV ZR 231/92 - und vom 19. Januar 2011 - IV ZR 7/10 - nach juris), kann letztlich offenbleiben. Solange sich die Substanz des Nachlasses sowie die Erträge hieraus in der Verwaltung des Testamentsvollstreckers befanden, waren sie dem Zugriff des Sozialhilfe- bzw. Eingliederungshilfeträgers entzogen (§ 2214 BGB; vgl. Hess. Landessozialgericht, Urteil vom 26. Juni 2013 - L 6 SO 165/10 - nach juris Rn. 33). Nach Überweisung einzelner Beträge durch den Testamentsvollstrecker auf das vom Beklagten betreute allgemeine Sparkonto des Herrn P... stand es diesem jedoch, wenn und soweit durch den Testamentsvollstrecker keine besondere Zweckbindung vorgegeben war, als Vermögen voll zur Verfügung und erlaubte, soweit hierdurch die Schonvermögensgrenze überschritten war, auch den Zugriff des Sozialhilfeträgers bzw. die Anrechnung auf den Bedarf.

An diesem Maßstab gemessen sind die dem Beklagten im Zusammenhang mit dem Betreuungsfall P... vorgeworfenen Mitteilungsverstöße wie folgt zu beurteilen:

-Nichtmeldung der Zinsüberweisung im Oktober 1994: Die Schonvermögensgrenze wurde nach der Überweisung um 870,58 DM überschritten. In dieser Höhe (445,12 €) ist dem Land Berlin als Träger der Eingliederungshilfe ein entsprechender Schaden entstanden.-Nichtmeldung der Überweisung eines höheren Betrages direkt auf das Heimkonto im April 1996: Insoweit ist der Beklagte von dem Vorwurf freizustellen, da das Geld nicht auf das vom Beklagten betreute Sparkonto, sondern vom Testamentsvollstrecker direkt auf ein Fremdkonto gezahlt wurde und zudem zweckgebunden war. Ein Zugriff des Trägers der Eingliederungshilfe schied damit aus.-Nichtmeldung des Eingangs der Restgeldes von 1.291,01 DM (660,08 €) auf dem Sparkonto des Betreuten im November 1997: Durch die Gutschrift des Restgeldes auf dem Sparkonto des Betreuten stand es diesem vollumfänglich zur Verfügung. Der nach der Überweisung auf dem Sparkonto des Betreuten vorhandene Gesamtbetrag von 4.147,31 DM lag jedoch noch unter der Schonvermögensgrenze von 4.500,- DM, so dass kein Schaden entstanden ist und der Beklagte vom Vorwurf des Betrugs freizustellen ist.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 6.500,- DM im März 1998: Auch insoweit stand dem Betreuten der Überweisungsbetrag nach der Überweisung ohne besondere Zweckbindung zur Verfügung und erlaubte die Anrechnung auf die gewährte Eingliederungshilfe. Unter Berücksichtigung der Vermögensschongrenze von 4.500,- DM ist dem Land Berlin ein Schaden wegen überzahlter Eingliederungshilfe in Höhe von 5.267,48 DM (2.693,22 €) entstanden.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 10.000,- DM im Dezember 1999: Auch insoweit stand dem Betreuten der Überweisungsbetrag nach der Überweisung ohne besondere Zweckbindung zur Verfügung und erlaubte die Anrechnung auf die gewährte Eingliederungshilfe. Unter Berücksichtigung der Vermögensschongrenze von 4.500,- DM und der vom Beklagten im Januar 2000 vorgenommenen Erstattung in Höhe von 3.718,51 DM ist dem Land Berlin ein Schaden wegen überzahlter Eingliederungshilfe in Höhe von 2.340,- DM (1.196,42 €) entstanden.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 5.000,- DM im Oktober 2001: Auch insoweit stand dem Betreuten der Überweisungsbetrag nach der Überweisung ohne besondere Zweckbindung zur Verfügung und erlaubte die Anrechnung auf die gewährte Eingliederungshilfe. Unter Berücksichtigung der Vermögensschongrenze von 4.500,- DM ist dem Land Berlin ein Schaden wegen überzahlter Eingliederungshilfe in Höhe von 528,35 DM (270,14 €) entstanden.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 1.950,- € im Mai 2002. Unter Berücksichtigung der Vermögensschongrenze von 2.301,- € ist dem Land Berlin insoweit ein Schaden wegen überzahlter Eingliederungshilfe in Höhe von 511,66 € entstanden.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 1.950,- € im Februar 2003. Da die Vermögensschongrenze von 2.301,- € insgesamt nicht überschritten wurde, ist dem Land Berlin insoweit kein Schaden entstanden.-Nichtmeldung der Einzahlung eines Betrages von 20.000,- € aus dem Erbteil des Betreuten in eine Rentenversicherung durch den Testamentsvollstrecker im März 2003: Insofern war zu keinem Zeitpunkt ein Zugriff des Sozialhilfeträgers auf die vom Testamentsvollstrecker verwalteten 20.000,- € gegeben, so dass auch kein entsprechender Schaden entstanden und der Beklagte vom Vorwurf des Betrugs freizustellen ist.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 1.000,- € im Dezember 2003: Diese vom Testamentsvollstrecker vorgenommene Überweisung war zweckgebunden und diente der Bezahlung der Psychotherapie des Betreuten. Hierfür verwendete der Beklagte das Geld auch sofort nach Eingang der Überweisung. Ausgehend davon, dass diese zweckgerichtete Überlassung von Mitteln aus der Erbschaft dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen war, ist dem Land Berlin kein Schaden entstanden; zumindest wäre ein entsprechender Vorsatz beim Beklagten zu verneinen. Der Beklagte war daher von dem Vorwurf freizustellen.-Nichtmeldung des Überweisungsbetrages in Höhe von 1.000,- € im Mai 2004. Da die Vermögensschongrenze von 2.301,- € insgesamt nicht überschritten wurde, ist dem Land Berlin insoweit kein Schaden entstanden und der Beklagte auch hier vom Vorwurf des Betrugs freizustellen.Insgesamt ist dem Land Berlin daher ein nachweisbarer Schaden in Höhe von 15.285,34 € entstanden. Der Kläger handelte zumindest bedingt vorsätzlich sowie mit der Absicht, dem jeweiligen Betreuten einen rechtlich nicht zustehenden Vermögensvorteil zu verschaffen. Dass der Beklagte wusste, dass auch die an den Betreuten P... durch den Testamentsvollstrecker ausgekehrten Beträge grundsätzlich einzusetzendes Vermögen sind, belegen die Schreiben des Beklagten an den Testamentsvollstrecker (etwa Schreiben vom 26. Februar 1998 und 18. Oktober 2001).

Durch seine Handlungsweise hat der Beklagte nicht nur im mehrfacher Weise Betrugstaten (§ 263 StGB) begangen (jeweils in Fremdbereicherungsabsicht), sondern zugleich seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten gemäß § 20 Satz 3 LBG a.F. (jetzt: § 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt. Es handelt sich, da die Pflichtverletzungen in das Amt des Beklagten als Betreuer eingebunden waren, um innerdienstliche Pflichtverstöße.

b) Im Betreuungsfall P... - Vorwurf zu 14) der Disziplinarklage - war der Beklagte vom Vorwurf freizustellen, hinsichtlich der nicht belegten Differenzbeträge eine Untreue begangen zu haben, indem er die Fehlbeträge für sich behalten habe. Hierfür gibt es keinen Beweis. Der Umstand, dass die Verwendung der vom Sparkonto des Betreuten durch den Beklagten abgehobenen Beträge nicht vollständig durch entsprechende Nachweise oder Quittungen belegt ist, beweist nicht, dass es lediglich die durch Quittungen belegten Ausgaben zu Gunsten des Betreuten gegeben hat. Möglich ist ebenso gut, dass der Beklagte für manche Ausgaben keinen schriftlichen Beleg erhalten hat bzw. dass er Quittungsbelege verloren oder aus sonstigen Gründen nicht abgeheftet hat. Angesichts der überwiegend sehr niedrigen Differenzen erscheint es auch eher unwahrscheinlich, dass der Beklagte die Verfügungsmöglichkeit bewusst zu derartigen Zugriffen auf das Konto des Betreuten ausgenutzt haben sollte, zumal dann zu erwarten gewesen wäre, dass der Beklagte einen deliktischen Zugriff verschleiert hätte (etwa durch Verwendungsangaben wie „SB“ ).

Ebenso ist der Nachweis nicht erbracht und auch nicht mehr möglich, dass der Beklagte in den übrigen vom Kläger genannten Fällen, in denen er sich seine eigenen Aufwendungen anlässlich von Besuchen oder gemeinsamen Unternehmungen mit Herrn P... aus dessen Mitteln erstattete, eine Untreue begangen habe. Der Kläger schließt dies lediglich aus dem Umstand, dass den Betreuungsakten kein Hinweis auf ein Einverständnis oder gar eine Einladung durch Herrn P... zu entnehmen sei. Dies genügt als Beweis für ein Handeln gegen den Willen des Betreuten jedoch nicht, da es gut möglich ist, dass es insoweit lediglich an vollständiger Dokumentation in der Betreuungsakte fehlt.

Die Kammer hat deshalb erwogen, Herrn P... als Zeugen zu laden und zur Frage möglicher Einladungen bzw. des Einverständnisses mit den Erstattungen zu vernehmen, obwohl es nach so langer Zeit sehr unwahrscheinlich ist, dass dieser sich noch an die Einzelheiten der Begegnungen mit dem Beklagten würde erinnern können. Die Kammer hat letztlich von einer solchen Zeugenvernehmung Abstand genommen, da sie im Ergebnis nicht erheblich wäre. Denn auch wenn der Zeuge sich erinnern könnte und - im für den Beklagten schlechtesten Fall - aussagen würde, dass über eine Einladung des Beklagten oder einen Aufwendungsersatz nicht gesprochen worden sei, würde der Nachweis einer Untreue an der subjektiven Tatbestandsseite, dem Vorsatz, scheitern. Denn dem Beklagten wäre nicht zu widerlegen, dass er in jedem der genannten Fälle jedenfalls von einem konkludenten Einverständnis des Betreuten mit der Erstattung seiner Aufwendungen ausging, da die Zusammentreffen und Unternehmungen mit Herrn P... ausschließlich in dessen Interesse lagen. Angesichts von Einträgen in der Betreuungsakte wie „Herr P... möchte mit mir wieder essen gehen“ (vom 20. Oktober 2003) erscheint die Möglichkeit fernliegend, dass der Beklagte derartige Unternehmungen, die außerhalb seiner eigentlichen Aufgaben als rechtlicher Betreuer lagen und dem seelischen Wohlergehen des Betreuten dienen sollten, auch dann durchgeführt hätte, wenn er seine Unkosten selbst hätte tragen müssen.

Als Dienstvergehen vorwerfbar ist dem Beklagten stattdessen, in den genannten Fällen zumindest versucht zu haben, gegen das Verbot des § 34 Satz 1 und 2 LBG a.F. (jetzt: § 42 Abs. 1 BeamtStG) verstoßen zu haben, Belohnungen und Geschenke in Bezug auf sein Amt nicht ohne Zustimmung des Dienstherrn anzunehmen.

Unter genehmigungsbedürftigen Belohnungen und Geschenken sind solche Vorteile wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Art zu verstehen, die dem Beamten unmittelbar oder mittelbar zugewendet werden, ohne dass er einen Anspruch darauf hätte. Auf den Wert der Belohnung oder des Geschenkes kommt es grundsätzlich nicht an.

Da der Beklagte gegen Herrn P... als Betreuer keinen rechtlichen Anspruch auf Ersatz seiner Kosten und Aufwendungen in den von der Disziplinarklage genannten Fällen hatte - wie der Beklagte auch wusste -, war die aus Mitteln des Betreuten erfolgte Erstattung jeweils ein Vorteil für den Beklagten. Dieser Vorteil stand auch im Zusammenhang mit seiner Betreuungstätigkeit.

Allerdings hat die Kammer die Handlungen des Beklagten im Zusammenhang mit dem Berlin-Besuch des Betreuten am 26. Februar 2003, die lediglich zu einem Vorteil in Höhe von 4,18 € beim Beklagten geführt haben sollen, gemäß § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) ausgeschieden, weil sich die Annahme der hier genannten Vorteile („halber“ Parkschein, Mini-Pizza und ein Getränk) im Zusammenhang mit dem Abholen des Betreuten vom Bahnhof am Rande der Sozialadäquanz bewegte und als Dienstvergehen jedenfalls keinen besonderen Unwertgehalt aufweist.

In den übrigen vom Kläger aufgeführten Fällen, also die Begleichung eigener Aufwendungen des Beklagten aus Mitteln des Betreuten im Zusammenhang mit den Treffen am 15. Dezember 2000, 25. April 2003, 11. November 2003 und 7. April 2004, hat der Beklagte insgesamt zu Unrecht Vorteile im Gesamtwert von 82,60 € erlangt.

Es kann offenbleiben, ob der Annahme der Vorteile durch den Beklagten eine - wie von diesem behauptet - ausdrückliche Einladung des Betreuten zugrundelag oder der Beklagte (ggf. fälschlich) von einem konkludenten Einverständnis ausging, denn auch für die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens kommt es maßgeblich auf den entsprechenden Handlungswillen des Beamten an und nicht darauf, ob der „Erfolg“ tatsächlich eingetreten ist.

c) Die Kammer hat die den Vorwürfen zu Nr. 2 bis Nr. 13 und Nr. 15 zugrunde liegenden Handlungen bzw. Unterlassungen des Beklagten gemäß § 56 BDG (i.V.m. § 41 DiszG) ausgeschieden, weil es auf sie für Art und Höhe einer möglichen Disziplinarmaßnahme nicht ankam. Die genannten Pflichtverstöße betreffen ganz überwiegend - strafrechtlich nicht relevante - mögliche Fehler des Beklagten bei der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Amtsbetreuung, die als sog. „Schlechtleistung“ nur unter besonderen Umständen überhaupt disziplinarrelevant wären; andere Vorwürfe beziehen sich letztlich auf den Vorwurf zu 1. und beschreiben lediglich zusätzlich einzelne Facetten der Handlungsweise des Beklagten.

2. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG). Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 DiszG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. Dabei können die von der Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 DiszG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das weitere Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 DiszG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 25. März 2010, a.a.O., Rn. 10 ff., sowie Beschluss vom 28. Juni 2010 - 2 B 84.09 -, juris Rn. 13 ff. jeweils m.w.N.).

Besteht das Dienstvergehen aus mehreren Pflichtverletzungen, richtet sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

Diese ist hier in den mehrfachen, sich teilweise über Jahre hinziehenden Betrugstaten zum Vorteil der vom Beklagten Betreuten und zum Nachteil des Klägers als Träger der Sozial- bzw. Eingliederungshilfe zu sehen.

Für Fälle des Betruges, wobei hier wegen der Schädigung des Landes Berlin und damit des Dienstherrn des Beklagten und der Einbindung der Handlungen/Unterlassungen in die dienstliche Betreuungstätigkeit von einem innerdienstlichen Betrug auszugehen ist, gibt es keine disziplinare Regelmaßnahme. Die Strafandrohung von bis zu fünf Jahren in § 263 StGB würde allerdings selbst bei außerdienstlichem Fehlverhalten einen Orientierungsrahmen bis zur Entfernung eröffnen.

Es handelt sich um schwerwiegende Pflichtverletzungen. Das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe bzw. Eingliederungshilfe ist, soweit Betreuer die Vermögensinteressen der Hilfeempfänger wahrzunehmen haben, auf deren absolute Ehrlichkeit sowie darauf angewiesen, dass diese bei der vertretungsweisen Wahrnehmung der Rechte, insbesondere bei der Geltendmachung von Ansprüchen, der Wahrheits- und Offenbarungspflicht ohne jede Einschränkung genügen. Ein Beamter, der als Amtsbetreuer seinen Dienstherrn unter Verletzung dieser Pflichten in betrügerischer Weise schädigt, belastet deshalb das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende Vertrauensverhältnis grundsätzlich schwer und nachhaltig.

In den Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn hat ein Beamter in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. Urkundenfälschungen, stehen.

Ausgehend von diesem Maßstab fällt hier die in einem fünfstelligen Eurobereich liegende Schadenshöhe, die Vielzahl der Betrugshandlungen sowie der Missbrauch des dem Beklagten als Amtsbetreuer entgegengebrachten Vertrauens in die Redlichkeit der Aufgabenwahrnehmung besonders ins Gewicht.

Gleichwohl gibt es eine Anzahl von teilweise erheblichen Milderungspunkten, die im Ergebnis dazu führen, dass die Höchstmaßnahme - Aberkennung des Ruhegehalts- nicht indiziert ist.

So fehlt es an der Eigennützigkeit der Betrugstaten; der Beklagte handelte vielmehr zum - vermeintlichen - Vorteil der von ihm Betreuten. Sein Motiv bestand darin, die in vielen Fällen schwierige Lebenssituation der zumeist behinderten Menschen durch kleinere zusätzliche Anschaffungen oder sonstige Annehmlichkeiten (kleinere Reisen, Finanzierung des Besuchs von Angehörigen oder Freunden) etwas zu verbessern und insofern spontan und unbürokratisch handeln zu können, ohne jedes Mal auf eine u.U. langwierige Antragstellung bei den zuständigen Sozialämtern angewiesen zu sein.

Ganz erheblich entlastend wirkt der Umstand, dass die Handlungsweise des Beklagten, Einkünfte der Betreuten oder das über der Schongrenze liegende Vermögen den zuständigen Ämtern nicht in allen Fällen oder nur mit erheblicher Verspätung zu melden, offenbar - wie die Zeugen G... und S... bei ihren gerichtlichen Vernehmungen bestätigt haben - bei der Betreuungsstelle des Bezirksamts R... viele Jahre gängige Praxis war und weder von Vorgesetzten noch vom Vormundschaftsgericht moniert wurde. Der Beklagte handelte demgemäß auch keineswegs heimlich und verschleierte sein Vorgehen nicht. Obwohl aus etlichen seiner Betreuungsberichte an das zuständige Amtsgericht unschwer abzulesen ist, dass er den sozialhilferechtlichen Mitteilungs- und Erstattungspflichten hinsichtlich des Einkommens und Vermögens der Betreuten nicht nachgekommen ist, sondern zunächst versucht hat, „überschüssiges“ Geld für Zwecke der Betreuten auszugeben, gab es - soweit erkennbar - zu keinem Zeitpunkt rechtliche Einwände oder Hinweise durch das Amtsgericht, obwohl dieses die Ordnungsgemäßheit der Amtsbetreuung zu überwachen hatte. Auch die Sozialämter selbst kümmerten sich nicht sonderlich um die Einhaltung der Melde- und Anrechnungsvorschriften, sondern begnügten sich mit den gelegentlichen vom Beklagten vorgenommenen Erstattungen von über der Schongrenze befindlichem Vermögen der Betreuten. Nachfragen, woher das überschüssige Geld denn stamme und wann es dem Betreuten zugeflossen sei, um korrekte Erstattungsbescheide abfassen und frühere Bewilligungsbescheide ganz oder teilweise zurücknehmen zu können, gab es - soweit ersichtlich - bis auf eine Ausnahme im Betreuungsfall P... nicht, selbst dann nicht, wenn die - verspäteten - Angaben des Beklagten konkrete Angaben zu Einkommenszuflüssen beim Betreuten in der Vergangenheit enthielten (etwa Angaben über die Auszahlung von Lebensversicherungen).

Auch die eigentlich rechtserhebliche Frage, ob es sich um Mittel handelte, die als voll auf die Sozialhilfe oder Eingliederungshilfe anrechenbares Einkommen dem Betreuten zugeflossen waren, oder ob - etwa durch Ansparen - lediglich die Vermögensschongrenze überschritten war, spielte in der Kommunikation des Beklagten mit den Sozialämtern ersichtlich keine Rolle. Es genügte in der Praxis offenbar - auch aus Sicht der Sozialämter - von Zeit zu Zeit das aktuell die Schongrenze übersteigende Vermögen an den Sozialhilfeträger unbürokratisch abzuführen. Förmliche Rückabwicklungen oder gar die (teilweise) Aufhebung früherer Bewilligungsbescheide und Erstellung von Erstattungsbescheiden gab es - soweit ersichtlich - nicht. Diese offenbar der Praktikabilität und beidseitigen Arbeitsüberlastung geschuldete Praxis begünstigte ganz erheblich die unkorrekte Handlungsweise des Beklagten, der sich geradezu ermuntert fühlen konnte, das über der Schongrenze liegende Vermögen seiner Betreuten zunächst für „sinnvolle“ Dinge auszugeben, um dann - zu gegebener Zeit - einen etwaig verbliebenen Rest an den Sozialhilfeträger auszukehren. Widerspruch oder Nachfragen von dortiger Seite waren nicht zu befürchten.

Hieraus folgert zugleich, dass - was ebenfalls mildernd zu berücksichtigen ist - das Unrechtsbewusstsein des Beklagten deutlich gemindert war. Zwar kannte er die gesetzlichen sozialhilferechtlichen Mitteilungspflichten genau; gleichwohl ging er bei Wahrnehmung seiner Aufgaben in Zusammenarbeit mit den Sozialämtern offenbar von einem allseits tolerierten Handlungs- und Beurteilungsspielraum für ihn als Betreuer aus.

Im Betreuungsfall P... kam noch hinzu, dass der Beklagte zusätzlich glaubte, im Sinne der Erblasserin, der Großmutter des Herrn P..., zu handeln, wenn von den Erträgen der Erbschaft dem Betreuten möglichst viel verblieb und nur ein etwaiger Rest an den Sozialhilfeträger ausgekehrt würde.

Insgesamt ist deshalb trotz des nominal recht hohen Schadens aufgrund der erheblich mildernden Gesichtspunkte nur eine unterhalb der Aberkennung des Ruhegehalts liegende Disziplinarmaßnahme indiziert.

Diese Einschätzung wird auch nicht durch die Einbeziehung der weiteren, die ungenehmigte Annahme von Belohnungen und Geschenken im Betreuungsfall P... betreffenden Dienstpflichtverletzungen verändert. Zwar wiegt auch diese Art Dienstvergehen grundsätzlich schwer. Die selbstlose, uneigennützige, auf keinen Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des Berufsbeamtentums trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei. Ein Beamter, der in Bezug auf sein Amt Vorteile annimmt, setzt das Ansehen der Beamtenschaft herab und gefährdet das Vertrauen seiner Behörde und der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit.

Allerdings fällt die vorliegende Fallkonstellation auch insoweit aus dem üblichen Rahmen. Der Beklagte handelte auch hier nicht aus eigensüchtigen Motiven, weil es ihm etwa auf den Vorteil angekommen wäre, sondern im Interesse des Betreuten, der zu ihm ein besonderes Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte und für den die gemeinsamen Unternehmungen eine willkommene, den Heimalltag unterbrechende Abwechslung waren. Der Beklagte agierte insofern aus einem sozialen Engagement außerhalb seines eigentlichen rechtlichen Pflichtenkreises heraus. Die von ihm angenommenen Vorteile bestanden auch nicht in einer irgendwie gearteten Vergütung, sondern lediglich im Ersatz seiner Aufwendungen anlässlich dieser Ausflüge und Zusammentreffen, so dass sich auch in der Summe kein besonders hoher Betrag ergibt. Der Zeuge G... hat in seiner Vernehmung angegeben, dass die Betreuten unter Umständen tödlich beleidigt gewesen wären, wenn man als Betreuer eine Einladung abgelehnt hätte. Wenngleich dieses am Pflichtenverstoß nichts ändert, zumal der Beklagte, der allein Zugriff auf das Konto des Betreuten hatte, auch nachträglich - ohne Herrn P... ggf. in seiner Ehre zu verletzten - eine Genehmigung zur Annahme der Erstattungen hätte beantragen müssen, liegt kein so schweres Dienstvergehen vor, als dass hierdurch - auch in der Zusammenschau mit dem Betrugskomplex - die Höchstmaßnahme indiziert wäre.

Die anzustellende Prognose für den Beklagten wäre vielmehr, wenn dieser sich noch im aktiven Beamtenverhältnis befinden würde, positiv. Seine Berufseinstellung und sein Engagement waren auch in der Vergangenheit grundsätzlich nicht zu beanstanden, wie sich nicht nur in seiner - vom Zeugen G... geschilderten - großen Beliebtheit bei den von ihm Betreuten, sondern auch in seinen durchweg sehr positiven dienstlichen Beurteilungen niederschlägt. Negativ ausgewirkt hat sich dagegen, dass es eine ernsthafte rechtliche Kontrolle seiner Amtsführung - ähnlich wie bei den übrigen Amtsbetreuern in dieser Zeit - nicht gab, so dass sich eine nicht gesetzeskonforme Praxis in einzelnen Bereichen der Amtsführung herausbilden konnte, die jedoch nicht auf einer grundsätzlich ablehnenden oder gar eigensüchtigen Berufseinstellung beruhte. Es wäre demnach zu erwarten, dass der Beklagte, wenn er noch im aktiven Dienst wäre, schon durch das Disziplinarverfahren und die in diesem Rahmen „nachgeholte“ Kontrolle so stark beeindruckt wäre, dass weitere Dienstpflichtverletzungen gleicher oder ähnlicher Art nicht zu erwarten wären.

3. Der als Disziplinarmaßnahme deshalb angemessenen Kürzung des Ruhegehalts (§ 5 Abs. 2 Nr. 1, § 11 DiszG) steht das Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gemäß § 15 Abs. 2 DiszG entgegen. Danach darf u.a. eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden, wenn seit der Vollendung des Dienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen sind. Der letzte Teilakt des Dienstvergehens des Beklagten - die ungenehmigte Annahme von Belohnungen und Geschenken im Betreuungsfall P... - fand im April 2004 statt. Bereits kurz zuvor - im März 2004 - war das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wegen des Vorwurfs zu 1. im Betreuungsfall P... eingeleitet worden, was nach § 15 Abs. 4 DiszG eine Unterbrechung der Frist nach den Absätzen 1 bis 3 zur Folge hatte, beginnend jedenfalls mit Inkrafttreten des DiszG am 1. August 2004 (vgl. § 49 Abs. 1 DiszG). Die Frist für eine etwaige Kürzung der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts war daher gemäß § 15 Abs. 2 DiszG drei Jahre später (auch mehr als drei Jahre nach dem letzten Teilakt des Dienstvergehens), also spätestens im August 2007, abgelaufen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG, § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 DiszG i. V. m. § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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