LG Aachen, Beschluss vom 24.07.2013 - 3 T 139/13
Fundstelle
openJur 2014, 25739
  • Rkr:

Bei dem Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach Erledigung der Hauptsache gemäß § 62 FamFG handelt es sich um ein aus dem Grundrecht der persönlichen Freiheit abgeleitetes Individualrecht, das nur von dem Betroffenen selbst, nicht jedoch von einer Vertrauensperson im Sinne des § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ausgeübt werden kann.

Tenor

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag des Beteiligten zu 2 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft als unzulässig verworfen wird.

Der Beteiligte zu 2 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Beteiligten zu 3 im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Betroffene reiste am 28.01.2013 gegen 8.30 Uhr mit dem Bus von Frankreich kommend über Belgien in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde von Beamten der Bundespolizeiinspektion Aachen auf der BAB 44 kontrolliert und sodann wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise festgenommen, da er weder im Besitz eines Passes noch im Besitz einer erforderlichen Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war.

Mit Schreiben vom 29.01.2013 (Bl. 23 f. d.A.) hat die Beteiligte zu 3 beim Amtsgericht Aachen beantragt, gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung nach Frankreich bis zum 28.03.2013 anzuordnen.

Der zuständige Richter des Amtsgerichts hat den Betroffenen am 29.01.2013 angehört (Bl. 26 f. d.A.) und mit Beschluss vom selben Tag (Bl. 28 f. d.A.) gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 3 bis zum 28.03.2013 angeordnet.

Nach Durchführung einer EURODAC-Recherche hat die Beteiligte zu 3 mit Schreiben vom 06.02.2013 (Bl. 75 f. d.A.) beim Amtsgericht Aachen beantragt, gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung nach Frankreich bis zum 05.03.2013 anzuordnen.

Nach erneuter Anhörung des Betroffenen unter dem 07.02.2013 (Bl. 35 f. d.A.) hat das Amtsgericht Aachen mit Beschluss vom 07.02.2013 gegen den Betroffenen unter Aufhebung des Beschlusses vom 29.01.2013 die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 05.03.2013 angeordnet (Bl. 37 ff. d.A.).

Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18.02.2013 (Bl. 40 d.A.) hat der Beteiligte zu 2 mitgeteilt, dass er von dem Betroffenen als Vertrauensperson benannt worden sei. Zugleich hat der Beteiligte zu 2 beantragt, als Vertrauensperson beteiligt zu werden, die Haft aufzuheben und festzustellen, dass der Haftbeschluss ab dem 18.02.2013 rechtswidrig war.

Der Betroffene wurde am 19.02.2013 nach Frankreich zurückgeschoben.

Das Amtsgericht hat unter dem 21.02.2013 die Beteiligung des Beteiligten zu 2 als Vertrauensperson festgestellt (Bl. 43 d.A.).

Der Beteiligte zu 2 hat seinen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 11.03.2013 (Bl. 51 ff. d.A.) näher begründet.

Mit Beschluss vom 08.05.2013 hat das Amtsgericht Aachen festgestellt, dass der Beschluss vom 07.02.2013 rechtmäßig gewesen ist (Bl. 80 ff. d.A.).

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 2 mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 22.05.2013 (Bl. 84 ff. d.A.) Beschwerde eingelegt.

Das Amtsgericht Aachen hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.05.2013 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 87 d.A.).

Die Kammer hat den Beteiligten zu 2 mit Verfügung vom 07.06.2013 darauf hingewiesen, dass sein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung mangels berechtigten Interesses an der begehrten Feststellung unzulässig sein dürfte (Bl. 95 f. d.A.).

Hierzu hat der Beteiligte zu 2 mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 04.07.2013 (Bl. 102 d.A.) Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 08.05.2013 ist nach §§ 58 Abs. 1, 68 Abs. 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Beteiligte zu 2 als im ersten Rechtszug beteiligte Vertrauensperson gemäß § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG auch beschwerdeberechtigt.

In der Sache hat die Beschwerde des Betroffenen allerdings keinen Erfolg. Denn der Antrag des Beteiligten zu 2 auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung erweist sich bereits als unzulässig.

Nachdem sich die Sache durch die Zurückschiebung des Betroffenen am 19.02.2013 in der Hauptsache erledigt hat, ist der Antrag des Beteiligten zu 2 auf Feststellung, dass die Haftanordnung den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, zwar gemäß § 62 FamFG statthaft, er ist jedoch gleichwohl unzulässig, weil es dem Beteiligen zu 2 an dem nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderlichen berechtigten Interesse an der begehrten Feststellung fehlt. Denn die Grundlage des Feststellungsbegehrens bildet das Grundrecht der persönlichen Freiheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG; hierbei handelt es sich um ein höchstpersönliches Individualrecht, das nur von dem Betroffenen selbst geltend gemacht werden kann (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJOZ 2005, 3620, 3621; OLG München, NJOZ 2007, 3154, 3155). Aufgrund dessen kann das Verfahren nach Erledigung der Hauptsache nicht von weiteren Verfahrensbeteiligten im Sinne von § 418 Abs. 3 FamFG, zu denen der Beschwerdeführer nach § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG gehört, mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme fortgesetzt werden (vgl. OLG Frankfurt a.M., a.a.O.; OLG München, a.a.O.; Keidel-Budde, FamFG, 17. Aufl., § 62 Rn. 11). Auch soweit der Beteiligte zu 2 mit seiner Stellungnahme zum Hinweis der Kammer Bezug genommen hat auf diverse Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, in denen der Bundesgerichtshof in vergleichbaren Konstellationen die Rechtswidrigkeit des Haftbeschlusses festgestellt hat, sieht die Kammer keinen Anlass, von der vorgenannten Rechtsauffassung abzuweichen. In den von dem Beteiligten zu 2 zitierten Entscheidungen setzt der Bundesgerichtshof sich mit der Frage des Feststellungsinteresses eines Dritten bei Beeinträchtigung eines höchstpersönlichen Individualrechts nicht auseinander. Darüber hinaus sind der Kammer die genauen Umstände der zugrundeliegenden Sachverhalte nicht bekannt.

Der Beschwerdeführer begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung auch nicht als Bevollmächtigter des Betroffenen. Der Beschwerdeführer hat den entsprechenden Antrag in seiner Eigenschaft als beteiligte Vertrauensperson und damit im eigenen Namen gestellt. Zur Vertretung des Betroffenen in gerichtlichen Verfahren ist der Beschwerdeführer ausweislich der Vollmacht vom 07.02.2013 auch nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.

Beschwerdewert: 3.000,00 €, § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zulässig, die binnen einer Frist von einem Monat beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einzulegen und zu begründen ist; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Beschluss dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist. Die Rechtsbeschwerde kann nur schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt und begründet werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen

Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie angehören, vertreten lassen.

Aachen, 24.07.2013

3. Zivilkammer

Dr. W

Vorsitzender Richter am Landgericht

Dr. I

Richter am Landgericht

Richter am Landgericht