BGH, Urteil vom 09.10.2008 - VII ZR 80/07
Fundstelle
openJur 2011, 5143
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 3. April 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Oldenburg vom 22. September 2006 gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger verlangt Ersatz von Nachbesserungskosten durch eine Drittfirma. Im Revisionsverfahren geht es nur noch um den Anspruch gegen die Beklagte zu 2.

Der Kläger ließ im Jahre 1993 seine Tankstelle umbauen. Er beauftragte den Beklagten zu 1 mit den Architektenleistungen, die Beklagte zu 2 mit den Werkleistungen. Der Text des Bauvertrags mit der Beklagten zu 2 wurde unter Einbeziehung der VOB/B vom Beklagten zu 1 für den Kläger gefertigt.

Die Arbeiten der Beklagten zu 2 wurden nicht abgeschlossen. Eine Abnahme ist nicht erfolgt. Die Betonplatte des Abfüllplatzes ist mangelhaft. Sie wurde vom TÜV-Prüfer nicht abgenommen. Er rügte u.a. den fehlenden Nachweis der Betonqualität, erhebliche Abplatzungen, starke Rissbildungen im Beton sowie eine fehlende Verfugung. Der Kläger führte gegen die Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren durch. Er forderte die Beklagte zu 2 unter Bezugnahme auf das dort erstellte Gutachten am 8. Dezember 1998 zur "Fertigstellung ... des geschuldeten Werks" bis 23. Dezember 1998 auf. Mit Anwaltsschreiben vom 24. Dezember 1998 setzte er eine mit Ablehnungsandrohung versehene Nachfrist bis zum 8. Januar 1999.

Der Kläger hatte sich bereits am 13. Mai 1998 ein Angebot zur Erweiterung der Tankstelle eingeholt, das auch die Entfernung der Betonplatte vorsah. Am 30. September 1999 war diese entfernt. Erst am 4. Oktober 1999 entzog der Kläger der Beklagten zu 2 den Auftrag.

Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1 zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 hat es die gegen diese gerichtete Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Gründe

Die Revision des Klägers führt, soweit seine Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht beurteilt die Rechtsbeziehungen der Parteien nach den Regelungen der VOB/B.

Die VOB/B sei wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Ihre Einbeziehung scheitere nicht an § 2 Abs. 1 Ziffer 2 AGBG bzw. § 305 Abs. 2 BGB, da auf Seiten des Auftraggebers ein Architekt bei Vertragsschluss mitgewirkt habe und der Kläger selbst als Verwender der VOB/B anzusehen sei.

Da die Abnahme nicht erfolgt sei, könne der Kläger seinen Anspruch nur auf § 8 Nr. 3 VOB/B stützen, dessen Voraussetzungen nicht gegeben seien. § 8 Nr. 3 VOB/B gewähre lediglich Ansprüche auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten, die nach der Auftragsentziehung ausgeführt worden seien. Zum Zeitpunkt der Kündigung sei die Betonplatte bereits entfernt gewesen. Ein möglicher Anspruch beschränke sich daher von vorneherein auf Nebenarbeiten, die nach der Kündigung verrichtet worden seien. Insofern fehle es jedoch an dem erforderlichen Vortrag, wann diese Arbeiten ausgeführt worden seien. Dieser sei erforderlich gewesen, weil der Auftraggeber keine Ansprüche habe, wenn die Arbeiten vor der Kündigung begonnen, aber erst nachher beendet worden seien. Dies könne jedoch auf sich beruhen. Denn der Anspruch scheitere in jedem Fall daran, dass der Kläger keine ausreichende Mängelrüge erhoben habe. Der Kläger habe zwar unter Bezugnahme auf das im selbständigen Beweisverfahren erstellte Gutachten die Beklagte zu 2 aufgefordert, eine "vertragsgemäße Leistung, d.h. einen mangelfreien Abfüllplatz ..." zu erstellen. In dem Gutachten seien die Maßnahmen, die zur Herbeiführung der Abnahmereife des Abfüllplatzes erforderlich seien, aufgelistet. Dem Auftragnehmer müsse aber, obwohl der Auftraggeber sich auf die Beschreibung der Symptome beschränken könne, klar sein, welche konkreten Leistungen von ihm gefordert würden. Diese Klarheit sei hier nicht vorhanden gewesen.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung weitgehend nicht stand.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, dass das Berufungsgericht von der wirksamen Einbeziehung der VOB/B gegenüber der Beklagten zu 2 ausgeht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. Juni 1999 - VII ZR 170/98, BauR 1999, 1186 = ZfBR 1999, 327) wird die VOB/B allerdings gegenüber Vertragsparteien, die im Baurecht nicht bewandert sind, nur dann wirksam in den Vertrag einbezogen, wenn der Verwender seinem zukünftigen Vertragspartner die Gelegenheit einräumt, den vollen Text zur Kenntnis zu nehmen. Jedoch ist das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner revisionsrechtlich beanstandungsfrei getroffenen Feststellungen, dass der Vertragstext unter Einbeziehung der VOB/B vom Beklagten zu 1, dem Architekten des Klägers, gefertigt worden ist, unter Berücksichtigung der Umstände des Falles ohne Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt, der Kläger sei hier selbst als Verwender der VOB/B anzusehen, so dass er sich nicht darauf berufen kann, die Einbeziehung sei ihm gegenüber nicht wirksam.

2. Die Revision wendet sich jedoch zu Recht gegen die weiteren rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar anerkannt, dass der Auftraggeber im VOB/B-Vertrag vor Abnahme dem Auftragnehmer, der mit der Mängelbeseitigung in Verzug ist und gegenüber dem eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung erfolgt ist, regelmäßig den Vertrag vor Beginn der Fremdnachbesserung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B kündigen muss (BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - VII ZR 44/97, BauR 1997, 1027 = ZfBR 1998, 31; Urteil vom 15. Mai 1986 - VII ZR 176/85, BauR 1986, 573 = ZfBR 1986, 226, jeweils m.w.N.). Der Auftragsentziehung bedarf es aber dann nicht, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung endgültig verweigert. Denn dadurch verliert er sein Recht, die Herstellung selbst vorzunehmen. Bei dieser Fallgestaltung kann es unter den Beteiligten zu unklaren Verhältnissen nicht kommen, weil der Auftraggeber entweder die vertragsgemäße Fertigstellung verlangen oder die Ersatzvornahme durchführen kann. Ein Nebeneinander von Auftragnehmer und Drittunternehmer, das zu Streitigkeiten auf der Baustelle führen kann, ist dann ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 164/99, BauR 2000, 1479, 1481 = ZfBR 2000, 479 = NZBau 2000, 421). Unter diesen Voraussetzungen ist der Auftraggeber ohne vorherige Kündigung des Vertrags oder Benachrichtigung des Auftragnehmers berechtigt, die Mängel durch einen Drittunternehmer beseitigen zu lassen.

Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass es hier nahelag, von einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung auszugehen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger nach Vorlage des Gutachtens in dem selbständigen Beweisverfahren am 8. Dezember 1998 gefordert, "eine vertragsmäßige Leistung ... zu erstellen" und mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Dezember 1998 eine mit Ablehnungsandrohung versehene Nachfrist bis zum 8. Januar 1999 gesetzt. Die Beklagte zu 2 hat bis zu der am 30. September 1999 festgestellten Entfernung der Betonplatte und der Kündigung vom 4. Oktober 1999 nichts unternommen.

b) Das Urteil wird auch nicht von der weiteren Erwägung getragen, der Anspruch des Klägers scheitere jedenfalls schon daran, dass dieser keine ausreichende Mängelrüge erhoben habe. Das Berufungsgericht verkennt insoweit die Anforderungen an das Mängelbeseitigungsverlangen.

Auch beim Mängelbeseitigungsverlangen ist mit einer hinreichend genauen Bezeichnung der "Mangelerscheinungen" (der Symptome des Mangels) der Mangel selbst bezeichnet (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 405/97, BauR 1999, 391 = ZfBR 1999, 135 = NJW 1999, 1330; Urteil vom 22. Oktober 1981 - VII ZR 142/80, BauR 1982, 66). Der Auftraggeber muss hingegen nicht die Ursachen der Symptome bezeichnen. Im Mängelbeseitigungsverlangen müssen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Mängel nicht konkret aufgelistet werden, wenn auf geeignete Unterlagen Bezug genommen wird, aus denen die erforderlichen Angaben zu entnehmen sind. Dazu gehört insbesondere die Bezugnahme auf das den Parteien bekannte Gutachten in einem selbständigen Beweisverfahren (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 405/97 aaO). Da die Art der Mängelbeseitigung zunächst dem Auftragnehmer obliegt, kann vom Auftraggeber auch nicht verlangt werden, im Mängelbeseitigungsverlangen die konkrete Art der Mängelbeseitigung zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 45/87, BauR 1988, 82 = ZfBR 1988, 38; Urteil vom 25. Juni 1987 - VII ZR 251/86, BauR 1987, 689 = ZfBR 1987, 238).

Das Mängelbeseitigungsverlangen des Klägers genügt diesen Anforderungen. Er hat am 8. Dezember 1998 nach Vorlage des Gutachtens in dem auch gegen die Beklagte zu 2 gerichteten selbständigen Beweisverfahren zur Fertigstellung des geschuldeten Werks bis zum 23. Dezember 1998 aufgefordert und die Aufforderung mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Dezember 1998 unter Nachfristsetzung bis 8. Januar 1999 unter Ablehnungsandrohung wiederholt. Auf das Gutachten war ausdrücklich Bezug genommen, der Beklagten zu 2 waren die Mängel bekannt, sie konnte sie ihrer Werkleistung zuordnen.

Dressler Kuffer Bauner Safari Chabestari Halfmeier Vorinstanzen:

LG Oldenburg, Entscheidung vom 22.09.2006 - 9 O 2158/99 -

OLG Oldenburg, Entscheidung vom 03.04.2007 - 12 U 58/06 -