Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 06.01.2014 - 5 W 83/13
Fundstelle
openJur 2014, 23380
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus – Grundbuchamt – vom 25. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 3.000,00 €.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

In den verfahrensgegenständlichen Grundbüchern sind die Miteigentumsanteile an dem Grundstück Gemarkung …, Flur 49, Flurstück 47, gebucht. Im Wohnungsgrundbuch von … Blatt 7098 ist aufgrund Auflassung vom 29. Februar 2012 am 20. September 2012 ein Eigentümerwechsel eingetragen worden. Mit Rücksicht u. a. auf diese Verfügung hat das Grundbuchamt den auf Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Fernwärmeversorgungsanlagen) in den verfahrensgegenständlichen Grundbüchern gerichteten Antrag der Antragstellerin vom 5. Dezember 2012 zurückgewiesen, da u. a. der Erwerber des in Blatt 7098 gebuchten Wohnungseigentums den zugehörigen Miteigentumsanteil gutgläubig lastenfrei erworben habe (§ 892 BGB, § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG) und eine Dienstbarkeit nicht auf einzelnen Miteigentumsanteilen lasten könne. Dagegen wendet die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde ein, dass das Grundbuchamt den Gutglaubensschutz einzelner Wohnungseigentümer rechtsfehlerhaft auf diejenigen Wohnungseigentümer erstreckt habe, die vor Geltung von § 892 BGB am 1. Januar 2011 Wohnungseigentum und damit Miteigentum erworben haben. Darüber hinaus sei die Antragstellung erst am 5. Dezember 2012 ausschließlich der verzögerten Umsetzung des GBBerG durch das Land Brandenburg und dessen Behörden geschuldet, die ihr mangels Zurechenbarkeit nicht zum Nachteil gereichen dürften. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag der Antragstellerin zu Recht zurückgewiesen. Durch Eintragung der gesetzlich begründeten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit der Antragstellerin (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GBBerG) würde das Grundbuch unrichtig. Denn der Erwerber des in Blatt 7098 gebuchten Wohnungseigentums hat den zugehörigen Miteigentumsanteil gemäß § 892 BGB, § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG gutgläubig lastenfrei erworben. Dieser Erwerb hat das Erlöschen der Dienstbarkeit auf den übrigen Anteilen des Grundstücks zur Folge, weil gemäß § 1090 Abs. 1 BGB nur ein Grundstück, nicht aber ein ideeller Anteil desselben, mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet werden kann.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG gilt im Hinblick auf die nach Satz 1 der Vorschrift kraft Gesetzes entstandenen Dienstbarkeiten § 892 BGB in vollem Umfang für Anträge, die nach dem 31. Dezember 2010 gestellt sind. Für den Zeitpunkt der (vollständigen) Geltung von § 892 BGB hat der Gesetzgeber ausdrücklich weder auf die Auflassungserklärung noch auf die eventuelle Eintragung einer Auflassungsvormerkung, sondern – in Übereinstimmung mit § 892 Abs. 2 BGB – auf den Eingang des Eintragungsantrags bei dem Grundbuchamt abgestellt. Dadurch und im Zusammenwirken mit § 17 GBO wird im Ergebnis sichergestellt, dass der Dienstbarkeitsberechtigte noch bis zum 31. Dezember 2010 die Eintragung der Dienstbarkeit im Grundbuch beantragen kann, ohne einen Rechtsverlust durch gutgläubigen lastenfreien Erwerb des Grundstücks befürchten zu müssen. Ist hingegen – wie hier – die Dienstbarkeit bis zu diesem Zeitpunkt weder eingetragen noch die Eintragung beantragt und auch kein Widerspruch nach § 899 BGB für den Berechtigten eingetragen, wird der gutgläubige Erwerber, dessen Eintragungsantrag nach dem Stichtag eingegangen ist, durch § 892 Abs. 1 BGB geschützt (Senat, Beschluss vom 18. November 2013 – 5 W 68/13; ThürOLG, NotBZ 2012, 393, juris Rn. 10 m.w.Nachw.). Danach hat der Erwerber des in Blatt 7098 gebuchten Wohnungseigentums den zugehörigen Miteigentumsanteil gutgläubig lastenfrei erworben. Der Antrag auf Umschreibung des Eigentums ist am 22. August 2012 gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, dass dem Erwerber zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen ist, dass das Grundstück mit der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit der Antragstellerin belastet war, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Dem gutgläubigen lastenfreien Erwerb des in Blatt 7098 gebuchten Miteigentumsanteils steht nicht entgegen, dass nach der soweit ersichtlich einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, die der Senat teilt, ideelle Miteigentumsanteile nicht isoliert mit beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten (§ 1090 BGB) belastet werden können (z. B. BGHZ 36, 187, juris Rn. 8 für Grunddienstbarkeit; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl. 2014, § 1090 Rn. 2, § 1018 Rn. 2). Soweit hieraus abgeleitet wird, der lastenfreie gutgläubige Erwerb derartiger ideeller Miteigentumsanteile sei in Bezug auf nicht eingetragene Belastungen, deren Bestellung nur an dem Gesamtgrundstück möglich ist, von vornherein ausgeschlossen (OLG Dresden, ZfIR 2010, 545, juris Rn. 25 ff., mit abl. Anm. Heggen, ZfIR 2010, 550 ff.), vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Aus dem Wortlaut von § 892 Abs. 1 BGB ergibt sich eine solche einschränkende Auslegung der Vorschrift nicht. Auch aus dem Normzweck lässt sie sich nicht ableiten. § 892 Abs. 1 BGB fingiert im Interesse des Verkehrsschutzes die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs; der gutgläubige Erwerber soll sich in Bezug auf Grundstücksbelastungen mithin auch darauf verlassen können, dass nur diejenigen vorhanden sind, die im Grundbuch gebucht sind. Diese durch § 892 Abs. 1 BGB geschützte Erwartung des Erwerbers, ein abgesehen von den eingetragenen Belastungen lastenfreies Grundstück zu erwerben, unterscheidet sich nicht danach, ob er das gesamte Grundstück oder aber einen Miteigentumsanteil erwirbt (Senat a. a. O.; ThürOLG a. a. O., juris Rn. 11).

Für den gutgläubigen lastenfreien Erwerb des Miteigentumsanteils ist ferner unerheblich, worauf zurückzuführen ist, dass die Antragstellerin ihren Eintragungsantrag erst am 5. Dezember 2012 gesellt hat. Selbst wenn die Antragstellerin aufgrund ihr nicht zurechenbarer Versäumnisse im Gesetzesvollzug des Landes Brandenburg gehindert gewesen wäre, den Eintragungsantrag vor Wiederherstellung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs am 1. Januar 2011 zu stellen, rechtfertigte dies keine Suspendierung des Verkehrsschutzes über diesen Zeitpunkt hinaus. Für eine solche „Folgenbeseitigung“ zum Nachteil des gutgläubigen Erwerbers bietet das Gesetz und namentlich die Stichtagsregelung in § 9 Abs. 1 Satz 2 GBBerG keine Grundlage.

Der gutgläubige lastenfreie Erwerb des dem in Blatt 7098 gebuchten Wohnungseigentum zugehörigen Miteigentumsanteils hat das Erlöschen der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auf den übrigen Anteilen des Grundstücks zur Folge (Senat a. a. O.; ThürOLG a. a. O., juris Rn. 13 m.w.Nachw.). Dadurch wird entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht der Gutglaubensschutz des Erwerbers auf diejenigen Wohnungseigentümer erstreckt, die vor Geltung von § 892 BGB am 1. Januar 2011 Wohnungseigentum und damit Miteigentum erworben haben. Der Untergang der Dienstbarkeit ist vielmehr Folge der gesetzlichen Regelung des § 1090 Abs. 1 BGB, nach der nur ein Grundstück insgesamt und nicht auch einzelne Miteigentumsanteile desselben mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet werden können.

III.

Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Die Beschwerde beurteilt sich nicht nach dem gemäß Art. 50 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I, 2586) am 1. August 2013 in Kraft getretenen Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare, Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG; Art. 1 des 2. KostRMoG). Denn nach § 136 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG ist die KostO in gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG anhängig geworden oder eingeleitet worden sind, weiter anzuwenden. Gleiches gilt nach Nr. 2 dieser Vorschrift in gerichtlichen Verfahren über ein Rechtsmittel, das vor diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist.

IV.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GBO zugelassen. Die Frage, ob ein Miteigentumsanteil gutgläubig lastenfrei erworben werden kann, wenn nicht der Anteil selbst, sondern das gesamte Grundstück mit einer Dienstbarkeit belastet ist, sieht der Senat als rechtsgrundsätzlich an. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Rechtbeschwerde im Hinblick auf die entgegenstehende Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden zuzulassen.

Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten: 1. die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und 2. die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten: 1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); 2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt ist, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur eingelegt und begründet werden (http://www.egvp.de).