LG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2013 - 12 O 32/12
Fundstelle
openJur 2014, 24055
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, bei der Bewerbung von Servicerufnummern die Angabe des für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preises nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorgenannte Unterlassungsgebot ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 250.000,-- Euro angedroht.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 €.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung aus Wettbewerbsrecht in Anspruch.

Der Kläger ist eine seit 1913 in das Vereinsregister beim AG Düsseldorf eingetragene rechtsfähige Vereinigung von Gewerbetreibenden und Verbänden von Gewerbetreibenden zur Bekämpfung von Verstößen gegen den unlauteren Wettbewerb und die Nebengesetze.

Die Beklagte betreibt das Bankgeschäft mit Privatkunden.

Der Kläger beanstandet mit der Klage das als Anlage K1 vorgelegte und aus dem Tenor dieses Urteils ersichtliche Werbeschreiben der Beklagten wegen der Preisangabe zu den dort aufgeführten Service-Rufnummern. Die Beklagte gibt im Briefkopf sowie im Fließtext eines Briefes eine 0180-Servicetelefonnummer an. Die angegebenen Rufnummern sind jeweils mit drei Sternchen versehen. In der Fußzeile des Schreibens befinden sich Angaben zu insgesamt drei Sternchenhinweisen. Der mit drei Sternchen gekennzeichnete Hinweis lautet: „14 Ct./Min. aus dt. Festnetzen, max. 42 Ct./Min. aus Mobilfunknetzen“. Die Angaben zu den Kosten unterscheiden sich im Schriftbild vom restlichen Text und insbesondere der Service-Rufnummer; sie sind in kleinerer Schrift sowie hinsichtlich der Angabe der Rufnummer im Briefkopf in hellerer Schrift gehalten.

Der Kläger, der behauptet, eines seiner Mitglieder sei die J1, ist der Auffassung, die beanstandete Handlung verstoße gegen § 66a TKG. Die Preisangabe erfolge entgegen den Voraussetzungen von § 66a Satz 2 TKG nicht „in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer“ und nicht „in derselben Darstellung“.Hierdurch seien auch die Verbraucherinteressen mehr als nur unerheblich beeinträchtigt, da eine ausreichende Preistransparenz nicht gegeben sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € zu unterlassen, bei der Bewerbung von Servicerufnummern die Angabe des für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preises nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, mit ihrem Werbeschreiben nicht gegen § 66a TKG verstoßen zu haben. Sie bestreitet das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG. Sie ist der Auffassung, ein etwaiger Verstoß wäre jedenfalls nicht geeignet, die Interessen der Verbraucher mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. Die Geltendmachung des vermeintlichen Anspruches sei rechtsmissbräuchlich, da die Interessen der Vereinsmitglieder nicht berührt seien und es dem Kläger nur darum gehe, einen Anspruch auf Aufwendungsersatz oder Rechtsverfolgungskosten entstehen zu lassen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 13.02.2013 durch Vernehmung des Zeugen Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.02.2013 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache begründet.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis ergibt sich aus der Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG, die eine doppelrelevante Tatsache darstellt, denn sie ist nicht nur eine Regelung der Anspruchsberechtigung, sondern eben auch der Prozessführungsbefugnis (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 3UKlaG Rn 3 m.w.N.). Sie ist wortlautidentisch mit § 8 Abs. 3 UWG und genauso auszulegen (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. 2013, § 3UKlaG Rn 5 m.w.N.), so dass auf die zu § 8 UWG ergangene ständige Rechtsprechung rekurriert werden kann, die ebenfalls von einer Doppelnatur ausgeht (vgl. BGH NJW 2012,1812f.).

Bei dem Kläger handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen mit entsprechender Ausstattung, bei dem eine erhebliche Zahl seiner Mitglieder verwandte Dienstleistungen anbieten und die beanstandete Handlung sowohl die Interessen der Mitglieder berührt als auch geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen.

Verbandszweck des Vereins ist die Bekämpfung von Verstößen gegen den unlauteren Wettbewerb und die Nebengesetze. Anhaltspunkte, die daran zweifeln ließen, dass der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben bei der Verfolgung gewerblicher Interessen wahrzunehmen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ist ein Verband jahrelang als klagebefugt anerkannt, so ist zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen (KG WRP 2012, 993 Rn 44); ein bloßes Bestreiten durch die Beklagte genügt nicht (BGH GRUR 2000, 1093, 1095 – Fachverband; OLG Stuttgart GRUR-RR 2009, 343, 344; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage 2013, § 8 UWG Rn 3.66). So liegt der Fall auch hier.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dem Kläger eine erhebliche Zahl von Unternehmern, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, angehören. Insofern ist es ausreichend, wenn ein Verband aus Mitgliedern i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG, also Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern besteht (vgl. Micklitz in: MüKoZPO, 3. Aufl. 2008, § 3 UKlaG Rn 30; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage 2013, § 8 UWG Rn 3.43); in solch einem Fall ist der Verband immer klagebefugt (vgl. OLG Köln, GRUR 1995, 284).

Die Beweisaufnahme hat bestätigt, dass die J1, der sämtliche Banken im Kammerbezirk angehören, Mitglied des Klägers ist. Der Zeuge Q1 bestätigte nicht lediglich die Mitgliedschaft, sondern konnte auch Randdetails bekunden, die seine Aussage in vollem Umfang glaubhaft erscheinen ließen. Er sagte aus, die J zu Düsseldorf sei seit Vereinsgründung Mitglied; zu seiner eigenen Kenntnis erklärte er, er sei seit 25 Jahren in der Kanzlei X1 tätig, die seit den 60er Jahren mit der Geschäftsführung des Vereins beauftragt ist. Er bekundete weiterhin, die Mitgliederversammlungen fänden in den Räumen der J statt und ein Mitarbeiter der J sei Rechnungsprüfer des Vereins.

Die Aussage war schlüssig und in sich widerspruchsfrei. Zweifel an der persönlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen sind zu keinem Zeitpunkt zutage getreten.

Die beanstandete Zuwiderhandlung berührt auch die Interessen der Verbandsmitglieder, da sich die Beklagte durch die beanstandete Handlung einen Vorsprung gegenüber den Mitgliedern des Klägers verschafft, die den Anforderungen des Verbraucherschutzes Rechnung tragen.

Der Anspruch ist auch nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise geltend gemacht worden. Rechtsmissbräuchlich ist die Geltendmachung, wenn überwiegend sachfremde Motive im Vordergrund stehen (BGH GRUR 2000, 1089f.). Dies ist vorliegend in keiner Weise ersichtlich.

2.

Die Klage ist auch in der Sache begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 2 UKlaG i.V.m. §§ 44 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 66a Abs. 1 Satz 2 TKG auf Unterlassung der streitgegenständlichen Handlung zu; bei der Tenorierung hat die Kammer auf das im Original vorgelegte Schreiben anstelle der vom Kläger in den Antrag aufgenommenen skalierten Ablichtung zurückgegriffen.

Der Kläger ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 UKlaG i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 TKG anspruchsberechtigt; dies ergibt sich aus den vorstehenden Erörterungen zur Prozessführungsbefugnis.

Dem Kläger steht gemäß §§ 44 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 TKG ein Anspruch auf Unterlassung zu, da die Beklagte gegen § 66a Abs. 1 Satz 2 TKG, eine verbraucherschützende Vorschrift, verstoßen hat.

Die Regelung ist anwendbar, da sie noch in Kraft steht. Art. 5 des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 03.05.2012 bestimmt, dass u.a. die Regelung des § 66a TKG außer Kraft tritt, sobald eine Rechtsverordnung nach § 45n TKG in Kraft tritt. Dies ist bisher nicht geschehen.

Die Beklagte hat gegen § 66a Abs. 1 S. 2 TKG verstoßen, da sie entgegen der Norm den Preis nicht gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer angegeben hat. Die Beklagte hat die Rufnummer im streitgegenständlichen Schreiben zweimal genannt und jeweils mit einem Sternchenhinweis versehen. Die in den Fußnoten enthaltenen Angaben zum maßgeblichen Sternchenhinweis bezüglich der Kosten eines Anrufs genügen den Anforderungen des § 66a Abs. 1 Satz 2 TKG nicht.

Der Hinweis ist sowohl in kleinerer Schrift als auch – insoweit indes nur gegenüber der Angabe der Rufnummer im Briefkopf – in hellerer Schriftfarbe als der Text, in dem die Rufnummer erwähnt wird; darüber hinaus ist der Hinweis deutlich vom oberen Textabschnitt getrennt.

Damit sind die Angaben weder gut lesbar noch deutlich sichtbar. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/5213, Nr 3 zu § 66a) heißt es ausdrücklich, dass die Darstellung kontrastreich und in derselben Darstellung zu erfolgen hat. Daran fehlt es, denn die Preisangabe erfolgt in deutlich kleinerer Schrift als der restliche Text; darüber hinaus wird die Rufnummer in einem Fall in Fettdruck angegeben, während die Angabe zu den Kosten nur in normaler Schrift erfolgt. Schließlich ist die Fußnotenanmerkung in einem geringeren Sättigungsgrad gehalten, so dass sie als graue Schrift wahrgenommen wird, während die Rufnummer im Briefkopf in schwarzer Schriftfarbe gedruckt ist.

Schließlich fehlt es auch am unmittelbaren Zusammenhang zwischen Rufnummer und Angabe der Kosten. Deren Verknüpfung durch Sternchenhinweise, die in der Fußzeile erläutert werden, wahren nicht den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang. Die Kammer teilt die Auffassung des Klägers, dass das Merkmal nicht anders zu verstehen ist als die von § 2 Abs. 1 PAngVO geforderte „unmittelbare Nähe“ und es mithin erforderlich ist, dass die Angaben „auf einen Blick“ wahrgenommen werden können (dazu BGH GRUR 2009, 982f. – „Dr. I).

Der festgestellte Verstoß begründet die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 1990, 530, 532). Die Beklagte hat diese nicht ausgeräumt, insbesondere hat sie die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.

3.

Die Ordnungsmittelandrohung findet ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO unter Berücksichtigung des vom Kläger gestellten Antrags.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.