VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2014 - 5 S 1282/13
Fundstelle
openJur 2014, 21787
  • Rkr:

Die Vorschrift des § 3b Abs 2 UVPG ist auf Änderungen eines UVP-pflichtigen Vorhabens entsprechend anzuwenden, wenn diese gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 07.02.2013 über die 11. Planänderung zum Planfeststellungsbeschluss für den Umbau des Bahnknotens Stuttgart „Projekt Stuttgart 21“ Planfeststellungsabschnitt 1.1. Er ist Miteigentümer des Grundstücks Flst.Nr. 1322 der Gemarkung Stuttgart. Das Grundstück befindet sich am Übergang der Planfeststellungsabschnitte 1.1 und 1.2, die bestandskräftig planfestgestellt sind. Es wird für das Vorhaben zu einem geringen Teil dauerhaft und zum überwiegenden Teil vorübergehend in Anspruch genommen, teilweise wird es dinglich beschränkt. Auf dem Grundstück ist die Einfahrt zum sog. Fildertunnel geplant. Das auf dem Grundstück stehende Wohngebäude S... Straße ..., in dem sich die Wohnung des Klägers befand, ist im Oktober 2013 abgerissen worden, nachdem die Beigeladene vorzeitig in den Besitz des Grundstücks eingewiesen worden und ein Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die vorzeitige Besitzeinweisung erfolglos geblieben war (Beschluss des Senats vom 19.09.2013 - 5 S 1546/13 -, juris).

Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 für den Abschnitt 1.1 hatte der Kläger erfolglos Klage erhoben (Senatsurteil vom 06.04.2006 - 5 S 848/05 -). Im Mai 2012 beantragte der Kläger beim Eisenbahn-Bundesamt den Planfeststellungsbeschluss für den Planfeststellungsabschnitt 1.1 aufzuheben. Seinen im Juni 2012 zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte der Senat mit Beschluss vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -, juris) ab. Seine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse für die Abschnitte 1.1 und 1.2 ist mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen worden (- 5 S 2429/12 -).

Mit der hier angefochtenen 11. Planänderung werden eine geänderte Anordnung der Gründungspfähle mehrerer Ingenieurbauwerke (u. a. des Trogs der Bahnhofshalle), die Anordnung zusätzlicher Pfähle und teilweise geänderte Gründungen zugelassen. Auch auf dem Grundstück des Klägers sind zusätzliche Bohrpfähle vorgesehen. Diese dienen der gleichmäßigen Verteilung der Lasten des aufstehenden Bauwerks. Sie wurden erforderlich, weil im Bereich des Südkopfes eine verfüllte Doline angetroffen wurde. Im Zuge des Gründungsgutachtens wurden für die ursprünglich geplante Flachgründung sehr große Setzungen berechnet. Zudem war für den Bereich dieser Doline eine entsprechend reduzierte Bettung zu berücksichtigen. Daher wurde eine kombinierte Pfahl-Plattengründung als vorzugswürdig erachtet.

Eine Anhörung des Klägers während des Verfahrens der 11. Planänderung fand nicht statt. Der Bescheid über die 11. Planänderung vom 07.02.2013 wurde dem Kläger nicht bekannt gegeben und auch nicht öffentlich bekannt gemacht.

Am 20.06.2013 hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 07.02.2013 erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er sei klagebefugt, da er durch die Gründungspfähle erstmals und weitergehend als bisher betroffen sei. Seine Klage sei auch begründet. Der Bescheid leide an Verfahrensfehlern. Es sei bereits zweifelhaft, ob es sich bei der vorliegenden Planänderung um eine solche von unwesentlicher Bedeutung handele und auf ein Anhörungsverfahren habe verzichtet werden dürfen. Durch den angefochtenen Bescheid würden zusätzliche Eigentumseingriffe zugelassen, zudem seien wasserrechtliche Eingriffe möglich. Die Oberkante der Grundgipsschichten werde nun unterschritten. Außerdem seien Bohrpfähle im Bereich von Dolinen gefährlich. Es seien vertikale Wasserwegsamkeiten zu befürchten. Die Beklagte habe darüber hinaus sein aus § 28 VwVfG folgendes Anhörungsrecht als unmittelbar Betroffener verletzt.

Vor Erlass des Bescheides habe wegen des engen Zusammenhangs zwischen der 11. und der 7. Planänderung sowie wegen der genannten nachteiligen Auswirkungen auf das Wasser eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Da für die 7. Planänderung eine UVP-Pflicht bestehe, müsse dies auch für die 11. Planänderung gelten, weil diese ebenfalls unmittelbar ins Grundwasser eingreife. Ein Aufsplitten eines Verfahrens in mehrere Verfahren zur Umgehung der UVP-Pflicht sei unzulässig.

Der Bescheid sei auch materiell fehlerhaft. Dem Projekt fehle die Planrechtfertigung, da die Gesamtfinanzierung infolge der Verfassungswidrigkeit der für das Land Baden-Württemberg vorgesehenen Finanzierungsanteile ausgeschlossen sei und weil es sich aufgrund der Verringerung der Leistungsfähigkeit des zukünftigen Hauptbahnhofs im Vergleich zum heutigen Bedarf an Zugfahrten bei dem Projekt um einen planerischen Missgriff handele. Der angefochtene Bescheid bestätige erneut, dass im Planfeststellungsabschnitt 1.1 gebaut werden dürfe, auch wenn das Gesamtprojekt noch nicht planfestgestellt sei. Diese Abschnittsbildung sei rechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die 11. Planänderung des Eisenbahnbundesamtes vom 07.02.2013 für das Vorhaben „Großprojekt Stuttgart 21, PFA 1.1, 11. Planänderung Gründungen von Ingenieurbauwerken“ zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 für das Vorhaben „Projekt S 21, Planfeststellungsabschnitt 1.1“ aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser sei durch die 11. Planänderung nicht erstmals oder stärker in seinen Rechten betroffen als durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005. Bereits auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 werde das Gebäude S... Straße ... ersatzlos abgerissen. Der Planfeststellungsbeschluss erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Demgegenüber stellten die hinzukommenden Gründungspfähle im Untergrund keine weitergehende oder erstmalige Belastung dar. Sie befänden sich ausschließlich im Bereich der bereits im ursprünglichen Beschluss für die dingliche Belastung vorgesehenen Fläche. Die Eingriffstiefe bleibe unverändert auf die Oberkante der Grundgipsschichten begrenzt. Die Einzelheiten der Tiefgründungsmaßnahmen überlasse der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 der Ausführungsplanung. Rechtzeitig vor Baubeginn seien dem Eisenbahn-Bundesamt die mit der unteren Wasserbehörde abgestimmten Ausführungspläne, in denen die Tiefgründungsmaßnahmen dargestellt seien, zur Freigabe vorzulegen. Daran habe sich nichts geändert. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe nicht durchgeführt werden müssen. Es sei mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 festgestellt worden, dass eine solche Prüfung nicht erforderlich sei, weil sämtliche Bauwerke bereits Gegenstand des festgestellten Plans gewesen seien. Die geänderte Planung verursache keine zusätzlichen erheblichen Beeinträchtigungen für die Schutzgüter des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes. Die Trennung der 7. Planänderung von der 11. Planänderung sei zulässig. Die Erhöhung der Grundwasserentnahmemengen, die Gegenstand der 7. Planänderung sei, berühre die 11. Planänderung allenfalls am Rande. Denn durch die mit der 11. Planänderung genehmigten Maßnahmen würden schon keine weitergehenden erheblichen Grundwassermengen verdrängt. Die Finanzierung des Gesamtprojekts sei nicht ausgeschlossen, wie der Senat in mehreren Entscheidungen bestätigt habe.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Klage sei schon nicht zulässig, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Er werde durch die 11. Planänderung weder erstmals noch in weitergehendem Umfang in Anspruch genommen als nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005. Die durch die 11. Planänderung geänderte Gründung verlasse nicht den Bereich, der nach dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss ohnehin dinglich belastet sei. Die Klage sei auch nicht begründet. Dies folge schon daraus, dass die 11. Planänderung weder zu einer erstmaligen noch zu einer weitergehenden Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers führe. Unabhängig davon lägen die geltend gemachten Verfahrensfehler nicht vor. Der Kläger könne nicht überprüfen lassen, ob die 11. Planänderung von unwesentlicher Bedeutung sei. Er habe keine vom materiellen Recht unabhängige, selbständig durchsetzbare Rechtsposition auf Durchführung des „richtigen“ Verwaltungsverfahrens, sondern könne nur verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt würden. Im Übrigen sei die 11. Planänderung offensichtlich von unwesentlicher Bedeutung. Die vorgesehenen 460 zusätzlichen Bohrpfähle unterhalb des ohnehin planfestgestellten neuen Bahnhofsbauwerks ließen die mit der Planung verfolgte Zielsetzung und die bereits getroffene Abwägung aller Belange in ihrer Struktur unberührt. Zusätzliche belastende Auswirkungen von einigem Gewicht seien sowohl auf die Umgebung als auch hinsichtlich der Belange Einzelner auszuschließen. Der Kläger sei an dem Verfahren zur 11. Planänderung nicht zu beteiligen gewesen, da sein Grundstück weder erstmals noch weitergehend in Anspruch genommen werde. Die geltend gemachten Mängel der Planrechtfertigung und Abwägung lägen nicht vor. Die Finanzierung des Großprojekts und die Abschnittsbildung seien rechtmäßig. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich gewesen. Eine „kumulierende Wirkung“ im Zusammenhang mit der 7. Planänderung sei nicht ersichtlich. Die damit beantragte Erhöhung der Entnahme- und Infiltrationsmengen im Rahmen der Bauwasserhaltung habe mit den im Rahmen der 11. Planänderung abgehandelten Gesichtspunkten nichts zu tun.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakte verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Gründe

A.

Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Er wird durch die auf der Grundlage des § 76 Abs. 3 VwVfG erlassene Planänderung weitergehend als bisher betroffen (vgl. zu dieser Voraussetzung die st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B. Urteil vom 08.01.2014 - 9 A 4.13 -, juris Rn. 28 und Urteil vom 24.07.2008 - 4 A 3001/07 -, BVerwGE 131, 346). Dies folgt zwar - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht bereits daraus, dass die Tiefe der Gründungspfähle verändert worden wäre. Denn die Beklage hat in der Nebenbestimmung A.3 zum angefochtenen Bescheid ausdrücklich verfügt, dass die Einbindelänge der Gründungspfähle, die u.a. in der Anlage 7.1.4.1 dargestellt sind, bis maximal zur Oberkante der Grundgipsschicht zu begrenzen ist. Der Kläger wird jedoch dadurch weitergehend betroffen, dass nunmehr vorgesehen ist, auf seinem Grundstück Gründungspfähle einzubringen. Dies war bislang nicht der Fall.

Die Beklagte und die Beigeladene bestreiten allerdings eine erstmalige oder weitergehende Betroffenheit unter Hinweis darauf, dass die 11. Planänderung nur den Bereich des Grundstücks des Klägers betreffe, der nach dem Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 ohnehin dinglich belastet sei. Der Planfeststellungsbeschluss sehe den vollständigen Abriss des Gebäudes S... Straße ... vor und erachte dies als eine dem vollständigen Entzug des Eigentums gleichkommende Belastung. Das Hinzutreten mehrerer Gründungspfähle im Untergrund stelle demgegenüber keine weitere oder erstmalige Belastung dar.

Wirtschaftlich gesehen mag diese Betrachtung zutreffen. Eine wirtschaftliche Betrachtung steht jedoch nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. z.B. Beschluss vom 08.03.1988 - 1 BvR 1092/84 -, BVerfGE 78, 58). Danach gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG das Privateigentum „in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers“. Es ist daher eine rechtliche Betrachtung geboten. Nach dieser liegt eine weitergehende Belastung durch die Gründungspfähle vor. Sie stellen im Verhältnis zu dem Bauwerk, das im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vorgesehen war, ein anderes, zusätzliches Bauwerk dar (anders im Fall des BVerwG, Urteil vom 17.09.2004 - 9 VR 3.04 -, NVwZ 2005, 330). Außerdem nehmen sie das Grundstück in deutlich größerer Tiefe und damit in größerem Umfang in Anspruch als bisher. Dies führt zu einer erhöhten Duldungspflicht und damit zu einer weitergehenden Betroffenheit. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der betroffene Bereich ohnehin bereits dinglich belastet sei, denn dies trifft so nicht zu. Der Bereich mag zwar für eine dingliche Belastung vorgesehen sein. Der Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 behält die Festlegung der genauen Modalitäten der Dienstbarkeit - für den Fall, dass keine Einigung zustande kommt - jedoch dem Enteignungsverfahren vor (vgl. die Begründung auf S. 228). Dieses ist bisher nicht durchgeführt, eine Dienstbarkeit ist noch nicht eingetragen worden.

B.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

I.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses leidet nicht an den von dem Kläger geltend gemachten formellen Fehlern.

Das Eisenbahn-Bundesamt durfte über die 11. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 im vereinfachten Verfahren nach § 18d AEG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG entscheiden, weil es sich um eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handelte. Es durfte deshalb insbesondere auf ein förmliches Anhörungsverfahren nach § 73 VwVfG verzichten.

Unwesentlich ist eine Änderung insbesondere dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleich bleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden sollen. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die Belange eines einzelnen Betroffenen durch die Änderung stärker berührt werden als durch die ursprüngliche Planung (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die 11. Planänderung nur eine unwesentliche Änderung des festgestellten Vorhabens zum Gegenstand. Bei der Beurteilung ist auf den Planfeststellungsbeschluss insgesamt abzustellen. Bezogen auf den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs ist die hier in Rede stehende Änderung der Bauwerksgründung unwesentlich. Die Gründung der Bauwerke stellt zwar einen wichtigen Pfeiler des Projekts dar. Mit der 11. Planänderung soll jedoch kein neues, bisher unbekanntes Problem bewältigt werden. Denn es war schon bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 bekannt, dass an die Technik der Bauwerksgründung aufgrund der schwierigen Baugrundverhältnisse besondere Anforderungen zu stellen sind. Diese Technik wird nun an die fortgeschrittene Erkenntnislage über den Baugrund angepasst und teilweise geändert und es werden zusätzliche Gründungspfähle angeordnet. Diese Änderung fällt im Verhältnis zum Gesamtprojekt nicht ins Gewicht, zumal eine Änderung der bisherigen wasserrechtlichen Erlaubnis mit der 11. Planänderung nicht verbunden ist.

Das danach zulässige vereinfachte Planfeststellungsverfahren durfte das Eisenbahn-Bundesamt nach § 76 Abs. 3 VwVfG ohne förmliches Anhörungsverfahren im Sinne des § 73 VwVfG durchführen. Diejenigen, in deren Rechte eingegriffen wird, waren dennoch nach § 28 VwVfG anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 08.08.2013 - 5 S 2327/12 -, juris; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 76 Rn. 37; Dürr, in: Knack/ Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 76 Rn. 35; Bonk/ Neumann, in: Stelkens/ Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 76 Rn. 28; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl. 2013, § 76 Rn. 14; Ronellenfitsch, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 17d, Rn. 17). Die danach gebotene Anhörung des Klägers ist unterblieben. Dies führt jedoch auf keinen beachtlichen Fehler (vgl. § 46 VwVfG), da offensichtlich ist, dass die unterbliebene Anhörung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Denn die vom Kläger gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erhobenen Einwände sind dieselben, die er bereits in früheren Klageverfahren erhoben hat. Er beruft sich auf den Wegfall des „vorläufigen positiven Gesamturteils“ wegen mangelnder Planrechtfertigung, weil die Finanzierung nicht gesichert und der neue Bahnhof nicht ausreichend leistungsfähig sei. Zu diesen Argumenten hat die Beklagte schon vor Erlass der 11. Planänderung in der Weise Stellung genommen, dass sie sie nicht für durchgreifend erachtet. Diese Ansicht trifft zu.

2. Der Bescheid des Eisenbahn-Bundesamtes ist materiell rechtmäßig. Im Falle einer Planänderung muss nicht die Planänderung als solche im Sinne einer Planrechtfertigung erforderlich sein. Vielmehr muss jetzt für das Vorhaben in seiner geänderten Gestalt gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf bestehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 - 7 A 7.09 -, NVwZ 2010, 584). Die Planrechtfertigung würde fehlen, wenn der Verwirklichung des Gesamtprojekts „Stuttgart 21“ von vornherein unüberwindbare Hindernisse entgegen stünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.07.2013 - 7 A 4.12 -, BVerwGE 147, 184). Das ist jedoch nicht der Fall.

Die Planrechtfertigung für das geänderte Vorhaben ergibt sich hier aus der Planrechtfertigung für das Vorhaben in seiner ursprünglichen Gestalt. Durch die 11. Planänderung wird diese Planrechtfertigung nicht in Frage gestellt. Dies behauptet auch der Kläger nicht. Er meint aber, es lägen neue Umstände vor, die belegten, dass die ursprüngliche Einschätzung fehlerhaft sei, das Vorhaben sei gerechtfertigt. Dies trifft indessen nicht zu. Dem Projekt „Stuttgart 21“ fehlt - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht die Planrechtfertigung wegen ungesicherter Finanzierung (dazu a)), was zur Folge hätte, dass die Pläne für die Abschnitte 1.3 und 1.6b nicht mehr festgestellt werden könnten. Auch die Rüge des Klägers, der neue Hauptbahnhof sei nicht ausreichend leistungsfähig, greift nicht durch (dazu b)). Schließlich begegnet auch die Abschnittsbildung keinen rechtlichen Bedenken (dazu c)).

a) Der Kläger meint, die Gesamtfinanzierung sei (nunmehr) ausgeschlossen, weil die (neue) Finanzierungsvereinbarung vom 02.04.2009 aufgrund der vorgesehenen Beteiligung des Landes Baden-Württemberg verfassungswidrig sei. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Er hat bereits in seinen zwischen den Beteiligten ergangenen Beschlüssen vom 13.08.2012 (- 5 S 1200/12 -) und vom 15.11.2012 (- 5 S 1812/12 -) ausgeführt, dass die Frage der Planrechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der gesicherten Gesamtfinanzierung durch das Senatsurteil vom 06.04.2006 (- 5 S 848/05 -) rechtskräftig entschieden worden ist und der Kläger die Rechtskraftwirkung des Urteils gegen sich gelten lassen muss. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Ein neuer entscheidungserheblicher Sachverhalt, auf den sich die Rechtskraft des Urteils nicht erstrecken würde, liegt nicht vor. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -, mit dem er die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Eisenbahn-Bundesamtes zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 abgewiesen hat.

b) Die Rüge des Klägers, dem neuen Hauptbahnhof fehle es an der ausreichenden Leistungsfähigkeit, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.

Aufgrund des Urteils des Senats vom 06.04.2006 steht gegenüber dem Kläger rechtskräftig fest, dass der neue Bahnhof ausreichend leistungsfähig ist. Die Feststellung nimmt an der Rechtskraft des Urteils nach § 121 VwGO teil. Denn der Umfang der Rechtskraft einer abweisenden Entscheidung über eine Anfechtungsklage, wie sie hier in Form des Urteils des Senats vom 06.04.2006 vorliegt, erschöpft sich nicht in dem Rechtsschluss, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist, sondern umfasst grundsätzlich auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen der unmittelbaren Ermächtigungsgrundlage vorliegen (BVerwG, Urteil vom 07.08.2008 - 7 C 7.08 -, BVerwGE 131, 346).

Der Kläger muss sich die Rechtskraft des Urteils auch im vorliegenden Verfahren entgegenhalten lassen, weil - jedenfalls soweit es die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs betrifft - das ursprünglich planfestgestellte Vorhaben und das Vorhaben in der Gestalt der 11. Planänderung identisch sind und der vom Kläger mit seiner Klage - 5 S 2429/12 - geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für den Abschnitt 1.1 vom 28.01.2005 nicht besteht. Der Senat hat die Klage mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen.

c) Der angefochtene Planänderungsbeschluss weist auch unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbildung keinen Fehler auf, der zu dem Wegfall der Planrechtfertigung führen würde. Dies folgt schon daraus, dass die 11. Plan-änderung auch insoweit nichts am ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ändert, dessen Rechtmäßigkeit rechtskräftig feststeht. Ein neuer Sachverhalt, der von der Rechtskraft des Urteils vom 06.04.2006 nicht erfasst wäre, liegt nicht vor. Der Senat verweist hierzu auf die entsprechenden Ausführungen in seinem Urteil vom heutigen Tage im Verfahren - 5 S 2429/12 -.

II.

Die Rüge des Klägers, es habe nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bestanden, gegen die verstoßen worden sei, führt ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Klage.

1. Der Kläger ist nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG berechtigt, diesen Fehler zu rügen. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich bei § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG nicht um eine „andere gesetzliche Bestimmung“ im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO handelt, die Einzelnen eine von der möglichen eigenen Betroffenheit unabhängige Klagebefugnis verleiht, sondern diese Norm (nur) die Begründetheitsprüfung betrifft. Die Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG) führen abweichend von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Begründetheit der Klage, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften des UVP-Rechts der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts Einzelner dienen. Gleiches gilt für den Verfahrensfehler einer dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG nicht genügenden Vorprüfung des Einzelfalls (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG findet hier ungeachtet dessen Anwendung, dass sie erst mit Wirkung vom 29.01.2013 eingefügt wurde (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - Rs. C-72/12, Altrip -, NVwZ 2014, 49; Schlussanträge des Generalanwalts vom 20.06.2013, - Rs. C-72/12, Altrip -, Rn. 56), zumal mit ihr der Regelungswiderspruch zu § 3a Satz 4 UVPG (vgl. hierzu Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 4 UmwRG Rn. 12) aufgelöst wurde (vgl. im Ergebnis bereits BVerwG, Urteil vom 20.12.2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG a.F.). Durch § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG wird den Einzelnen folglich eine selbständig durchsetzbare Verfahrensposition eingeräumt. Lediglich für deren Klagebefugnis bleibt es bei dem allgemeinen Erfordernis, dass eine eigene Betroffenheit durch die Zulassung des UVP-pflichtigen Vorhabens möglich erscheint (BVerwG, Urteil vom 02.10.2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367; vgl. auch Beschluss vom 27.06.2014 - 4 B 37.12 -, BauR 2013, 2014). Hier ist die Klagebefugnis des Klägers - wie oben ausgeführt - gegeben.

2. In der Sache liegt der geltend gemachte Rechtsverstoß jedoch nicht vor. Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht auch für die Änderung oder Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens eine Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Vorschrift ist hier grundsätzlich anwendbar, weil für das am 28.01.2005 planfestgestellte Vorhaben - den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs - jedenfalls aufgrund der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls (vgl. PFB S. 138) bereits eine UVP-Pflicht bestand (vgl. hierzu Nr. 14.7 und Nr. 14.8 der Anlage 1 zum UVPG; hierzu Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Komm. 4. Aufl. 2012, § 3e UVPG Rn. 8 sowie Anlage 1 Rn. 94 und 95). Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung nachgekommen und hat auch für die beantragte 11. Planänderung eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 UVPG durchgeführt. Sie hat mit verfahrensleitender Verfügung vom 08.01.2013 gemäß § 3a UVPG festgestellt, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese Feststellung unterliegt nach § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Einschätzung der Beklagten ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Hiervon ausgehend ist ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 3c UVPG nicht zu erkennen. Das Ergebnis der Vorprüfung ist angesichts des bereits oben dargestellten begrenzten Gegenstands der Planänderung - einer Änderung der Technik des Bauwerksgründung bei fortbestehender Begrenzung der Einbindelänge der Gründungspfähle auf maximal bis zur Oberkante der Grundgipsschicht - auch nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme der unteren Wasserbehörde der Stadt Stuttgart, die im Schreiben des Beigeordneten für Städtebau und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart vom 20.08.2012 an das Eisenbahn-Bundesamt enthalten ist, dass auch bei dem vorgesehenen verdichteten Pfahlraster die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 zu den bauwerksbedingten Veränderungen der Grundwasserpotentiale eingehalten werden. Hinsichtlich der Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen Potential- und Grundwasserströmungsverhältnisse bewege sich die Vorhabenträgerin auch bei Umsetzung der beantragten Änderung im zulässigen Rahmen.

Anderes folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der „kumulierenden Wirkung der 7. Planänderung in Verbindung mit der 11. Planänderung“. Denn eine solche „kumulierende Wirkung“ der beiden Planänderungen liegt nicht vor. Nach § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwar auch dann, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Die Vorschrift des § 3b Abs. 2 UVPG ist auf Änderungen eines UVP-pflichtigen Vorhabens entsprechend anzuwenden, wenn diese - wie hier - gleichzeitig verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (vgl. auch Nr. 5.4 der Vollzugshinweise „Anwendung und Auslegung der neuen UVP-Vorschriften“ vom 14.08.2003). Denn zum einen stellt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 a) UVPG auch die Änderung einer technischen Anlage ein „Vorhaben“ im Sinne des Umweltverträglichkeitsgesetzes dar. Zum anderen besteht auch bei Änderungsvorhaben die Gefahr, dass eine Aufteilung in mehrere Änderungen zu dem Zweck erfolgt, eine an sich wegen des Erreichens eines Schwellenwerts notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden. Eine solche Aufsplitterung soll durch § 3b Abs. 2 UVPG jedoch gerade vermieden werden (vgl. Sangenstedt, in : Landmann/Rohmer, UmwR, § 3b UVPG Rn. 2).

Mehrere Änderungsvorhaben sind entsprechend § 3b Abs. 2 Satz 3 UVPG jedoch nur dann gemeinsam zu betrachten, wenn die Änderungsvorhaben für sich genommen jeweils die Werte für die standortbezogene oder die allgemeine Vorprüfung nach Anlage 1 zum UVPG Spalte 2 erreichen oder überschreiten. Daran fehlt es hier, denn für das Vorhaben, das Gegenstand der 11. Planänderung ist, existieren schon keine Größen- und Leistungswerte. Eine gemeinsame Betrachtung scheidet zudem auch deshalb aus, weil die 11. Planänderung nicht die weitergehende Benutzung von Grundwasser im Sinne von Nr. 13.3.2 der Anlage 1 zum UVPG regelt, wie sie in der 7. Planänderung vorgesehen ist. Nach Nr. 13 der Anlage 1 zum UVPG bedarf das Entnehmen, Zutagefördern oder Zutageleiten von Grundwasser oder Einleiten von Oberflächenwasser zum Zwecke der Grundwasseranreicherung mit einem jährlichen Volumen an Wasser von 100.000 m³ bis weniger als 10 Mio. m³ einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG. Solche Wassernutzungen sind nicht Gegenstand der 11. Planänderung. Die 7. und die 11. Planänderung sind daher nicht „kumulationstauglich“ (vgl. zu dieser Voraussetzung Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 19). Deshalb ist es auch ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Größen- und Leistungswerte durch eine gemeinsame Betrachtung der beiden Planänderungen erreicht oder überschritten werden. Allenfalls kann die 7. Planänderung für sich betrachtet den Schwellenwert erreichen oder überschreiten.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss vom 2. Juli 2014

Der Streitwert wird § 63 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2., 2.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 endgültig auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.