VG Würzburg, Beschluss vom 01.09.2014 - W 3 S 14.778
Fundstelle
openJur 2014, 21477
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt das Alten- und Pflegeheim ... in ... Die Parteien streiten um die Anordnung des Antragsgegners, für eine Bewohnerin dieses Heimes ein Niederflurbett zur Verfügung zu stellen.

Frau B.S. wohnt seit März 2014 im Alten- und Pflegeheim ... in ... (im Folgenden: Pflegeheim). Mit Beschluss vom 27. März 2014 genehmigte das Amtsgericht Würzburg deren zeitweise oder regelmäßig erfolgende Freiheitsentziehung längstens bis zum 27. März 2016 durch das Anbringen eines Bettgitters und durch einen Gurt am Stuhl, wobei sich die Beschränkung immer nur auf das unbedingt erforderliche Maß erstrecken darf. Zudem wurde angeordnet, ein Niederflurbett zu benutzen, sobald ein solches zur Verfügung steht. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Betroffene benötige zur Zeit die genannten mechanischen Beschränkungen, um Verletzungen durch Sturz oder unkontrollierte Bewegungen zu verhindern. Das Bettgitter sei derzeit mangels eines zur Verfügung stehenden Niederflurbettes zu genehmigen, zumindest bis ein solches Bett zur Verfügung stehe.

Auf der Grundlage einer Begehung des Pflegeheims durch die Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen - Qualitätsentwicklung und Aufsicht - (im Folgenden: FQA) am 7. April 2014 erstellte das Landratsamt Würzburg - FQA - am 30. April 2014 einen Prüfbericht. In diesem wurde festgehalten, seit der letzten Prüfung seien freiheitseinschränkende Maßnahmen durch den Einsatz von geeigneten Alternativen verringert worden, allerdings wäre noch eine weitere Reduzierung möglich, wenn mehr notwendige Materialien wie z.B. Niederflurbetten zur Verfügung stünden. Unter Ziffer IV. führt der Bericht erneut festgestellte Abweichungen von den Vorgaben des Gesetzes nach Art. 11 Abs. 4 Satz 1 PfleWoqG auf, zu denen bereits eine Beratung über die Möglichkeiten der Abstellung erfolgt ist und aufgrund derer eine Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 PfleWoqG geplant ist. Unter Ziffer IV.1. „Qualitätsbereich freiheiteinschränkende Maßnahmen“ wird festgestellt, dass bei mehreren Bewohnerinnen und Bewohnern mit Gerichtsbeschluss für ein Bettgitter die freiheiteinschränkende Maßnahme vermeidbar wäre, wenn Niederflurbetten zur Verfügung stehen würden. Der Träger sei kraft Gesetzes verpflichtet, den festgestellten Mangel abzustellen, um die Qualitätsanforderungen an den Betrieb der Einrichtung sicherzustellen. Die Beratung ergehe dahin, dass zur Reduzierung von freiheiteinschränkenden Maßnahmen empfohlen werde, ausreichend notwendige Materialien wie z.B. Niederflurbetten anzuschaffen. Vor der Anwendung von freiheiteinschränkenden Maßnahmen sei immer genau zu prüfen, ob alternative Maßnahmen oder Hilfsmittel in der konkreten Situation in Betracht kämen. Finanzielle Aspekte oder die personelle Mangelausstattung müssten grundsätzlich bei der Prüfung von alternativen Maßnahmen unbeachtlich sein.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 nahm die Antragstellerin gegenüber der FQA hinsichtlich der geforderten Anschaffung von Niederflurbetten dahingehend Stellung, dringende Investitionen in diesem Jahr seien die Anschaffung von Bade-Sitz- und Liege-Lifter. Für das Jahr 2015 würden die Niederflurbetten erneut in den Investitionsplan aufgenommen werden.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2014 ordnete das Landratsamt Würzburg - FQA - gegen über der Antragstellerin Folgendes an:

1. Für die Bewohnerin B.S. ist bis spätestens 15. August 2014 ein Niederflurbett mit geteilten Bettgittern zur Verfügung zu stellen.

2. Falls die Einrichtung nicht fristgerecht die Anordnung unter Nr. 1 umsetzt, wird ein Zwangsgeld von 500,00 EUR fällig.

Der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffer 3) und eine Gebühr von 300,00 EUR mit Auslagen von 3,45 EUR festgesetzt (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, im Rahmen der turnusmäßigen Prüfung durch die FQA am 7. April 2014 sei im „Qualitätsbereich Umgang mit freiheiteinschränkenden Maßnahmen“ ein erneuter Mangel dahingehend festgestellt worden, dass bei mehreren Bewohnern mit Gerichtsbeschluss für ein Bettgitter die freiheitsentziehende Maßnahme vermeidbar wäre, wenn als geeignete Alternative Niederflurbetten zur Verfügung stehen würden. Aus der Stellungnahme der zuständigen Verfahrenspflegerin am Amtsgericht Würzburg ergebe sich, dass ein geteiltes Bettgitter für die Bewohnerin B.S. ausreichend wäre, da diese nachts ruhig im Bett liege. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 PfleWoqG müsse sichergestellt werden, dass die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner vor Beeinträchtigungen geschützt würden sowie freiheiteinschränkende Maßnahmen nur angewendet würden, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr von Leib und Leben unerlässlich seien. Alternative Maßnahmen oder Hilfsmittel seien zu prüfen. Mit der Einrichtung seien mehrfach, z.B. am 6. März 2012, 24. Juli 2012, 26. Februar 2013 und 7. April 2014 diesbezügliche Gespräche geführt worden. Der Mangel sei nicht abgestellt worden. Die Bereitschaft zur zeitnahen Anschaffung von Niederflurbetten sei nicht erkennbar. Unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und Abwägung aller tangierten Interessen sei die Anordnung, ein Niederflurbett anzuschaffen, angemessen. Das Interesse des Trägers am Fortbestand der bisherigen Situation sei weit weniger gewichtig als der Schutz der Heimbewohnerin. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 19. Juli 2014 zugestellt.

Am 14. August 2014 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 3 K 14.777 Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2014 zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und zugleich im vorliegenden Verfahren beantragen,

die aufschiebende Wirkung der gegen den Anordnungsbescheid vom 16. Juli 2014 erhobenen Anfechtungsklage anzuordnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, in der Einrichtung seien derzeit 15 Niederflurbetten vorhanden, die allerdings sämtlich von anderen Bewohnern benutzt werden würden. Die Neuanschaffung eines Niederflurbettes beliefe sich auf etwa 2.000,00 EUR. Der Investitionsrahmen für das Jahr 2014 sei ausgeschöpft.

Aus dem Prüfbericht vom 30. April 2014 sei nicht konkret erkennbar, um welchen konkreten Mangel es sich handeln solle, der abzustellen sei. Dem gegenüber müsse eine Beratung nach Art. 12 PfleWoqG den Mangel konkret benennen. Der Prüfbericht vom 30. April 2014 sei daher zu unbestimmt.

Zudem sei kein Mangel darin zu sehen, dass nicht sofort ein Niederflurbett zur Verfügung gestellt worden sei. Dabei sei auch der Betreuerwille zu berücksichtigen; der Ehemann der Bewohnerin habe sich gegen die Anschaffung eines Niederflurbettes gewandt.

Zu beachten sei, dass der Beschluss des Amtsgerichts Würzburg die Verwendung von Bettgittern genehmige und lediglich die Verwendung eines Niederflurbettes anrege, allerdings die Verwendung des Bettgitters bis ins Jahr 2016 zulasse. Über diesen Beschluss dürfe man sich nicht hinwegsetzen.

Anordnungen wie die vorliegende würden dazu führen, dass Alteneinrichtungen keine entsprechende zuverlässige Finanzplanung mehr aufstellen könnten. Damit sei die angegriffene Maßnahme unverhältnismäßig und tangiere die Antragstellerin in ihren Grundrechten aus Art. 14 GG.

Im Rahmen der Entscheidung des Gerichts sei zu berücksichtigen, dass die zu klärende Frage von grundlegender Bedeutung sei, nämlich ob es der Heimaufsicht gestattet sei, ohne Einzelfallbetrachtung und Außerachtlassung betreuungsrechtlicher Beschlüsse und des Angehörigenwillens Niederflurbetten als regelkonform anzuordnen. Die Antragstellerin fürchte entsprechende weitere Anordnungsbescheide für andere Bewohner. Die hier zu entscheidende grundsätzliche Rechtsfrage sei derzeit noch nicht entschieden worden. Eine konkrete Gefährdung der Bewohnerin selbst sei nicht zu befürchten.

Der Antragsgegner beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, nach Art. 3 Abs. 2 Nr. 4 PfleWoqG seien freiheitseinschränkende Maßnahmen nur anzuwenden, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben unerlässlich seien. Damit sei die Antragstellerin verpflichtet, mögliche Alternativen in Betracht zu ziehen, unabhängig von einer gerichtlich genehmigten Maßnahme der Freiheitsentziehung.

Die Anordnung im angegriffenen Bescheid, wonach ein Niederflurbett mit geteilten Bettgittern gefordert werde, sei nicht zu beanstanden, da geteilte Bettgitter einen Durchlass aus dem Niederflurbett heraus böten.

Der Bescheid vom 16. Juli 2014 sei hinreichend konkret. Zudem seien im Abschlussgespräch der Prüfung am 7. April 2014 die betroffenen Bewohner namentlich benannt worden. Der Name von Frau B.S. finde sich diesbezüglich im handschriftlichen Vermerk des Begehungsprotokolls vom 7. April 2014. Zudem sei bereits in den vergangenen Jahren im Rahmen von Beratungsgesprächen auf die Problematik im Umgang mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen hingewiesen worden.

Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien, auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und der Unterbringungsakte des Amtsgerichts Würzburg 0435 XVII 299/14 sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte W 3 K 14.777, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

II.

Der vorliegende Antrag, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 14. August 2014 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. Juli 2014 begehrt, ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Allerdings kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.

Im vorliegenden Fall hat die Anfechtungsklage gegen die im Bescheid vom 16. Juli 2014 getroffene Anordnung nach Art. 13 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung (Pflege- und Wohnqualitätsgesetz - PfleWoqG) vom 8. Juli 2008 (GVBl. S. 346), geändert durch Gesetz vom 22. Mai 2013 (GVBl. S. 308), aufgrund der Regelung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung. Damit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.

Der Antrag kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.

In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat sich in der Praxis die Heranziehung eines Stufensystems bewährt, wonach zuerst darauf abgestellt wird, ob der zu vollziehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist. Lässt sich schon bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgesehenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Hauptsacheklage mit Sicherheit Erfolg haben wird, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (vgl. Schmidt in Eyermann/Schmidt, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 73). Gegenläufige Interessen können die offensichtliche Rechtswidrigkeit nicht überwinden. Umgekehrt kann der Adressat des Bescheides kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht. Kann keine eindeutige Aussage zu der Erfolgsaussicht der Klage gemacht werden, können die tendenziellen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, berücksichtigt werden. Gegebenenfalls folgt auf einer dritten Stufe eine reine Interessenabwägung (vgl. Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 74 bis 77). Hierbei ist allerdings die generalisierende Interessenabwägung des Gesetzgebers zu beachten, der für bestimmte Arten von Entscheidungen zunächst den Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses statuiert hat (vgl. Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 69; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 166).

Die summarische Überprüfung des Bescheides vom 16. Juli 2014 ergibt, dass dieser Bescheid rechtmäßig ist und voraussichtlich die Klage im Verfahren W 3 K 14.777 abzuweisen sein wird. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Sind in einer stationären Einrichtung, also einem Pflegeheim, Abweichungen von den Anforderungen des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes festgestellt worden, liegen also Mängel vor, so soll die zuständige Behörde zunächst gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG den Träger über die Möglichkeiten zur Abstellung der Mängel beraten. Werden festgestellte Mängel nach einer solchen Beratung nicht abgestellt, kann die zuständige Behörde gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG gegenüber dem Träger Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung der stationären Einrichtung erforderlich sind. Wenn die Anordnung der Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Bewohnerinnen und Bewohner dient, ist es nicht erforderlich, das in Art. 13 Abs. 3 Satz 2 PfleWoqG und in Art. 13 Abs. 4 Satz 1 PfleWoqG vorgeschriebene Einvernehmen anzustreben.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides sind erfüllt.

Beim Einsatz eines Bettes mit Bettgitter anstelle eines Niederflurbettes handelt es sich um einen Mangel i.S. des Art. 12 Abs. 2 Satz 1 PfleWoqG. Dies ergibt sich daraus, dass hiermit von den Anforderungen von Art. 3 Abs. 2 Ziffer 4 PfleWoqG abgewichen wird. Nach dieser Vorschrift haben der Träger und die Leitung einer stationären Einrichtung u.a. sicherzustellen, dass eine angemessene Qualität der pflegerischen Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner nach dem allgemein anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse gesichert ist; hierzu gehört insbesondere u.a., freiheitseinschränkende Maßnahmen nur anzuwenden, wenn sie zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben unerlässlich sind.

Im vorliegenden Fall ergibt die Überprüfung, dass der Einsatz eines Bettes mit Bettgitter nicht unerlässlich ist, um eine dringende Gefahr für Leib und Leben von Frau B.S. abzuwenden. Dies ergibt sich schon aus der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin S. vom 26. März 2014, wonach Frau B.S. nachts ruhig im Bett liegt. Nach Einschätzung der Verfahrenspflegerin ist ein geteiltes Bettgitter ausreichend. Gleiches ergibt sich aus der Einschätzung der Richterin am Amtsgericht M. anlässlich der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Würzburg am 27. März 2014 in der Einrichtung. Nach Einschätzung der Richterin würde ein Niederflurbett ausreichen. Da allerdings derzeit kein Niederflurbett zur Verfügung steht, hat das Amtsgericht Würzburg mit Beschluss vom 27. März 2014 die zeitweise oder regelmäßig erfolgende Freiheitsentziehung der Betroffenen u.a. durch Anbringen eines Bettgitters bis längstens 27. März 2016 genehmigt, wobei sich die Beschränkung immer nur auf das unbedingt erforderliche Maß erstrecken darf. Weiterhin wurde angeordnet, ein Niederflurbett zu benutzen, sobald ein solches zur Verfügung steht. Aus den Gründen des Beschlusses ergibt sich, dass das Bettgitter derzeit mangels eines zur Verfügung stehenden Niederflurbettes zu genehmigen ist, zumindest bis ein solches Bett zur Verfügung steht.

Aus alledem ergibt sich, dass die Verwendung eines Bettgitters nicht unerlässlich ist, um eine dringende Gefahr für Leib und Leben von Frau B.S. abzuwenden. Mit dem Einsatz eines Niederflurbettes ist diese freiheitseinschränkende Maßnahme nicht erforderlich; dies gilt auch unter Beachtung der Tatsache, dass der Antragsgegner die Zurverfügungstellung eines Niederflurbettes mit geteilten Bettgittern angeordnet hat, da geteilte Bettgitter keine freiheitseinschränkende Funktion haben.

Dieser Mangel ist gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG vom Antragsgegner festgestellt worden. Dies ergibt sich aus Ziffer II.2. des Prüfberichts der FQA vom 30. April 2014, der gleichzeitig als Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG bezeichnet worden ist. Hier wird festgestellt, dass es bei insgesamt 26 Bewohnern genehmigte Fixierungen gibt, die tatsächlich bei 19 Bewohnern u.a. mit Bettgittern durchgeführt werden. Es wird weiter festgestellt, dass freiheitseinschränkende Maßnahmen seit der letzten Prüfung durch den Einsatz geeigneter Alternativen verringert worden sind, allerdings wäre noch eine weitere Reduzierung möglich, wenn mehr notwendige Materialien wie z.B. Niederflurbetten zur Verfügung stünden. Dies stellt entgegen der Meinung der Antragstellerin eine hinreichend konkrete Feststellung des Mangels i.S. der zitierten Vorschriften des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes dar. Zwar ist der Name von Frau B.S. nicht ausdrücklich genannt, allerdings ist die unter Ziffer II.2. des Berichtes genannte Feststellung so hinreichend konkretisierbar, dass eindeutig Frau B.S. darunter subsumierbar ist. Dies ergibt sich daraus, dass auf „genehmigte Fixierungen“ abgestellt wird und die Verwendung von Bettgittern bzw. Niederflurbetten angesprochen wird. Im Übrigen kann nicht von je einem separaten Mangel pro Bewohnerin bzw. pro Bewohner gesprochen werden, sondern es handelt sich um einen einheitlichen Mangel, der verschiedene jeweils konkret betroffene Bewohnerinnen und Bewohner angeht.

Hinsichtlich dieses Mangels hat gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG eine entsprechende Beratung durch Ziffer IV.1.3 des Berichts vom 30. April 2014 stattgefunden. Hier wird zur Reduzierung von freiheitseinschränkenden Maßnahmen empfohlen, ausreichend notwendige Materialien wie z.B. Niederflurbetten anzuschaffen. Zudem wird dahin beraten, vor der Anwendung von freiheiteinschränkenden Maßnahmen immer genau zu prüfen, ob alternative Maßnahmen oder Hilfsmittel in der konkreten Situation in Betracht kommen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass finanzielle Aspekte oder die personelle Mangelausstattung grundsätzlich bei der Prüfung von alternativen Maßnahmen unbeachtlich sein müssen. Diese Beratung beruht auf der in Ziffer IV.1.1 aufgeführten Feststellung, dass bei mehreren Bewohnerinnen und Bewohnern mit Gerichtsbeschluss für Bettgitter die freiheiteinschränkenden Maßnahmen vermeidbar wären, wenn Niederflurbetten zur Verfügung stehen würden.

Entgegen der Meinung der Antragstellerin ist diese Beratung nicht zu unkonkret. Die Antragstellerin stützt diese Haltung darauf, dass nach ihrer Meinung die Anschaffung von Niederflurbetten keineswegs in jedem Fall die richtige Lösung sein kann. Dem kann das Gericht nicht folgen, denn aus dem Hinweis in Ziffer IV.1.1 des Prüfberichts auf den Gerichtsbeschluss für ein Bettgitter und die Niederflurbetten ergibt sich die Pflicht der Antragstellerin, die entsprechenden Gerichtsbeschlüsse für die einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner konkret daraufhin zu überprüfen, ob die in der Beratung empfohlenen Maßnahmen durchzuführen sind.

Damit liegen die Voraussetzungen für eine Anordnung nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG vor.

Die Anordnung, die im Ermessen des Antragsgegners steht, ist in der Sache nicht zu beanstanden.

Die Anordnung ist geeignet, den eingetretenen Mangel zu beseitigen und im konkreten Fall die freiheitseinschränkende Maßnahme, die nicht zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben der Frau B.S. unerlässlich ist, abzuwenden. Die Anordnung ist zudem erforderlich, da anstelle der freiheitseinschränkenden Maßnahme Bettgitter kein milderes Mittel als die Verwendung eines Niederflurbettes möglich ist.

Die Ermessensausübung im Bescheid vom 16. Juli 2014 ist nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat die wirtschaftlichen Interessen des Heimträgers genauso in die Abwägung eingestellt wie das Interesse der Heimbewohnerin an Freiheit und Selbstbestimmung und diese Interessen ordnungsgemäß gegeneinander abgewogen.

Entgegen der Meinung der Antragstellerin durfte der Antragsgegner die Tatsache, dass der Betreuer und Ehemann der Frau B.S. den Einsatz eines Niederflurbettes ablehnt, nicht berücksichtigen. Denn für die Vertretung im Verfahren zur Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen ist gemäß dem Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 17. März 2014 ausschließlich die Verfahrenspflegerin S. zuständig. Dies bedeutet, dass es auch bei der Frage, ob anstelle des Einsatzes von freiheitsentziehenden Maßnahmen andere Mittel in Betracht kommen, allein die Verfahrenspflegerin maßgeblich ist. Diese hält jedoch „geteilte Bettgitter“ für ausreichend.

Auf die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgebrachten verschiedenen Argumente für die Ablehnung von Niederflurbetten durch die Bewohner kommt es im vorliegenden Fall nicht an. So wurde vorgebracht, ein Niederflurbett könne das Fernsehen erschweren, ältere Angehörige könnten sich schwieriger um die Bewohner kümmern, auch bestehe möglicherweise ein Unbehagen des Bewohners selbst, nah am Boden zu liegen. Im vorliegenden Fall ist weder vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgebracht worden noch ansonsten ersichtlich, dass derartige Argumente konkret eine Rolle spielen könnten, zumal ein Niederflurbett bei Bedarf auch auf die Höhe eines normalen Bettes gestellt werden kann, wenn ein Angehöriger dies wünscht und die entsprechende Aufsicht übernimmt.

Entgegen dem Vorwurf der Antragstellerin hat sich der Antragsgegner mit seinem Bescheid vom 16. Juli 2014 nicht über die betreuungsrechtliche Entscheidung des Amtsgerichts Würzburg hinweggesetzt. Das Gericht kann der Ansicht der Antragstellerin nicht folgen, das Amtsgericht Würzburg habe lediglich die Verwendung eines Niederflurbettes angeregt, habe allerdings die Verwendung eines Bettgitters bis ins Jahr 2016 ausdrücklich zugelassen. Aus der Begründung des Beschlusses des Amtsgerichts Würzburg vom 27. März 2014 geht hervor, dass das Bettgitter mangels eines zur Verfügung stehenden Niederflurbettes genehmigt worden ist, zumindest bis ein solches Bett zur Verfügung steht. Aus dem Tenor des genannten Beschlusses ergibt sich die Anordnung, ein Niederflurbett zu benutzen, sobald ein solches zur Verfügung steht. Hieraus ergibt sich, dass das Amtsgericht die Freiheitsentziehung der Frau B.S. durch Anbringen eines Bettgitters nur deshalb genehmigt hat, weil die konkrete (Mangel-)Situation im Pflegeheim der Antragstellerin berücksichtigt werden musste. Aus den genannten Passagen des Beschlusses ergibt sich, dass das Amtsgericht von der möglichst baldigen Beschaffung eines Niederflurbettes für Frau B.S. ausgeht und den Zeitraum bis dahin durch die Genehmigung eines Bettgitters überbrückt. Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf das Datum 27. März 2016 berufen, da sich dieses auch auf den Gurt am Stuhl bezieht, für welchen es keine Alternativen gibt.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, der Antragsgegner habe ihre wirtschaftlichen Interessen nicht berücksichtigt. Der Antragsgegner hat ausgeführt, finanzielle Aspekte seien bei der Prüfung von alternativen Maßnahmen für eine Freiheitsentziehung grundsätzlich unbeachtlich. Das Gericht folgt der Haltung des Antragsgegners, dass die Bereitstellung eines absenkbaren Pflegebetts zur Grundausstattung eines Heimes mit schwerstpflegebedürftigen Bewohnern zählt, weshalb die Beschaffung eines solchen Bettes kein besonders zu beachtender finanzieller Aspekt ist.

Hieraus ergibt sich, dass die Anordnung im Bescheid vom 16. Juli 2014, für die Bewohnerin B.S. ein Niederflurbett mit geteilten Bettgittern zur Verfügung zu stellen, nicht zu beanstanden ist. Auch die gesetzte Frist für die Anschaffung des Niederflurbettes bis spätestens 15. August 2014 ist nicht zu beanstanden, da der der Antragstellerin für die Beschaffung eines Niederflurbettes zur Verfügung stehende Zeitraum von etwa vier Wochen nicht unangemessen kurz erscheint, dies insbesondere auch unter Beachtung der Tatsache, dass es sich bei der Freiheit der Bewohnerin um ein hohes Rechtsgut handelt.

Die Androhung des Zwangsgeldes unter Ziffer 2 des Bescheides vom 16. Juli 2014 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie stützt sich zu Recht auf Art. 29, Art. 30, Art. 31 und Art. 36 VwZVG und ist unter Berücksichtigung der Kosten für ein Niederflurbett in Höhe von 2.000,00 EUR angemessen.

Aus alledem ergibt sich, dass der angegriffene Bescheid vom 16. Juli 2014 sich im Klageverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird.

Aber selbst wenn die Erfolgsaussichten der Klage offen wären, wäre zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, den regelmäßigen Eintritt der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO durch Landesgesetz auszuschließen (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und so einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat. Besondere Umstände, um hiervon abweichend eine Aussetzung der Vollziehung des Bescheides zu rechtfertigen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 114), sind nicht ersichtlich.

In diesem Zusammenhang hat die Antragstellerin ihre wirtschaftlichen Interessen ins Feld geführt und erläutert, dass die Kosten von rund 2.000,00 EUR mangels Ansatz im Finanzplan derzeit nicht aufgebracht werden können. Im Zusammenhang hiermit steht die Befürchtung der Antragstellerin, dass die Gefahr bestehe, dieser Anordnung könnten weitere Anordnungen für andere Bewohner folgen. Angesichts der Grundentscheidung des Gesetzgebers zugunsten des Vorrangs des Vollziehungsinteresses und unter Berücksichtigung des hohen Rechtsguts Freiheit muss das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin zurücktreten, zumal - wie der Antragsgegner ausführt - bereits in den Jahren 2012 und 2013 entsprechende Gespräche zwischen Heimaufsicht und Einrichtung geführt worden sind und die Antragstellerin ihren Finanzplan hierauf hätte einstellen können.

Als Argument für den Vorrang des Interesses der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt diese an, die zu klärende Frage, ob es der Heimaufsicht gestattet sei, ohne Einzelbetrachtung und Außerachtlassung betreuungsrechtlicher Beschlüsse und den Bewohner- bzw. Angehörigenwillen ausschließlich solche Niederflurbetten als regelkonform anzuordnen, sei von grundsätzlicher Bedeutung. Diese Einlassung ist schon vom Grundansatz her unbeachtlich, da die Heimaufsicht im vorliegenden Fall bei der Anordnung im Bescheid vom 16. Juli 2014 den Einzelfall betrachtet und den betreuungsrechtlichen Beschluss des Amtsgerichts Würzburg beachtet hat, demgegenüber aber den Angehörigenwillen nicht beachten durfte (vgl. oben).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es im Rahmen der Abwägung des Gerichts unbeachtlich, ob es sich bei der zu entscheidenden Frage um eine grundsätzliche Rechtsfrage handelt, die derzeit noch nicht entschieden ist. Auch kann das Gericht der Einschätzung des Bevollmächtigten der Antragstellerin, eine konkrete Gefährdung von Frau B.S. sei nicht zu befürchten, nicht folgen. Vielmehr ist in der Anwendung der freiheitseinschränkenden Maßnahme Bettgitter, die zum Schutz gegen eine dringende Gefahr für Leib und Leben nicht unerlässlich ist, nicht nur eine Gefährdung, sondern sogar eine Beeinträchtigung des Rechtsguts Freiheit gegeben.

Hieraus ergibt, dass besondere Umstände, die abweichend von der Regelung des Art. 13 Abs. 5 PfleWoqG eine Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 16. Juli 2014 rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind.

Nach alledem bleibt der Antrag ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen. Die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin ergibt sich aus den von ihr angegebenen Kosten für die Anschaffung eines Niederflurbettes in Höhe von 2.000,00 EUR. Zwar ist in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes der Streitwert in der Regel zu halbieren, doch kann der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes angehoben werden, wenn die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorweggenommen wird. So liegt der Fall hier.