BGH, Urteil vom 09.12.2008 - 5 StR 412/08
Fundstelle
openJur 2011, 4054
  • Rkr:
Tenor

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 4. März 2008 werden verworfen.

Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel des Angeklagten. Er erhebt Verfahrensrügen und die Sachrüge. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, ist auf den Strafausspruch beschränkt. Beide Rechtsmittel bleiben erfolglos.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

a) Die Mutter des 1980 geborenen Angeklagten betrieb 2006 eine auf einem Reiterhof gelegene Gaststätte. Der Angeklagte hielt sich dort oft auf und nahm auch Reitunterricht. Mehrere Schülerinnen verbrachten auf dem Reiterhof ihre Freizeit. Zu diesen entwickelte der Angeklagte freundschaftliche Beziehungen; der Angeklagte meinte, sie seien "wie ein Harem" (UA S. 20). Zwei Mädchen brachte er zum Geschlechtsverkehr; anschließend ließ er sie "wie eine heiße Kartoffel fallen" (UA S. 19). Der Angeklagte spielte die Mädchen gegeneinander aus und versuchte - nach Meinung einer Zeugin - "sie alle ins Bett zu bekommen" (UA S. 18).

Der Angeklagte pflegte auch mit der am 22. April 1990 geborenen Nebenklägerin L. R. , die auf dem Reiterhof voltigierte, ein freundschaftliches Verhältnis. Sie konnte mit ihm über alles reden, insbesondere über die Probleme mit ihrer Mutter, mit der sie sich häufig stritt. Während der Osterferien 2006 gab der Angeklagte der Nebenklägerin einen Kuss, den sie jedoch nicht erwiderte. Daraufhin nannte er sie "Schisser" (UA S. 4). Der Angeklagte und L. "kuschelten" dann aber, wobei sie auf seinem Schoß saß. Am Abend des 15. Juli 2006 wollte die Nebenklägerin das auf dem Reiterhof veranstaltete Scheunenfest verlassen, um in einer Diskothek in Ahlshausen an einer dort stattfindenden Geburtstagsfeier des T. S. , in den sie verliebt war, teilzunehmen. Der Angeklagte erklärte sich nach Befragen durch die Nebenklägerin am späten Abend bereit, diese mit seinem Pkw dorthin zu fahren.

Der Angeklagte bog plötzlich von der Landstraße in einen Waldweg ein und hielt seinen Wagen an einer nicht von der Straße einsehbaren Stelle an. Er fasste L. am Unterkörper an. Sie forderte ihn auf, dies zu unterlassen. Der Angeklagte lachte nur, bezeichnete sie als "Schisser" und fasste sie weiter am Oberschenkel und zwischen den Beinen an. Auch ihrer erneuten Aufforderung, dies zu unterlassen, folgte er nicht. L. war aus Angst wie versteinert. Er forderte sie auf, sich auf den Rücksitz zu begeben. Sie sagte ihm, dass sie dies nicht möchte, kletterte aber schließlich aus Angst vor dem Angeklagten zwischen den Sitzen hindurch und legte sich auf den Rücksitz. Der Angeklagte kam hinterher, zog ihr die Hose und den Slip aus und streichelte mehrmals über ihre Brüste. Auch nachdem die Nebenklägerin ihn mehrfach eindringlich aufgefordert hatte, von ihr abzulassen, führte er den vaginalen Geschlechtsverkehr aus. Die Nebenklägerin versuchte währenddessen erfolglos, den Angeklagten mit beiden Händen von sich wegzustoßen; der Angeklagte drückte sie jedoch mit seinem Körpergewicht nach unten. Die Nebenklägerin bat ihn immer wieder aufzuhören, er machte jedoch weiter, auch nachdem sie ihm gesagt hatte, dass er ihr sehr wehtäte. Nachdem der Angeklagte zum Orgasmus gekommen war, ließ er von der Geschädigten ab, gab ihr ein Taschentuch, forderte sie auf, sich damit abzuwischen und fuhr sie zur Diskothek. Er selbst kehrte anschließend zum Reiterhof zurück. Auf dem T-Shirt des Angeklagten befanden sich Blutspritzer.

b) Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten - vorher vereinbarter freiwilliger Geschlechtsverkehr auf Fahrersitz und Rücksitz und seine danach entflammte Liebe zur Nebenklägerin, die indes von dieser nicht erwidert worden sei - durch das Ergebnis der Beweisaufnahme als widerlegt angesehen. Dagegen sprächen sein spezielles, die Nebenklägerin mit Worten bedrängendes Tatvorverhalten, die Unwahrscheinlichkeit eines freiwilligen Geschlechtsverkehrs der jungen Frau mit einem Dritten auf dem Weg zu dem jungen Mann, in den die Nebenklägerin damals gerade verliebt gewesen sei, das zum Ausdruck gebrachte Bewusstsein eines Fehlverhaltens (UA S. 20; bei Kenntnisnahme der Ladung zur Polizei fragte der Angeklagte sofort: "L. ?") und seine als eine Art Vorwärtsverteidigung bewerteten Mitteilungen gegenüber vier Zeuginnen, darunter auch die Mutter der Nebenklägerin, über einen freiwilligen Geschlechtsverkehr mit L. . Die der Aussage der Nebenklägerin widerstreitende Einlassung des Angeklagten, L. sei nicht mehr Jungfrau gewesen, hat das Landgericht durch die Aussagen von als Zeugen benannten Freunden der Nebenklägerin nicht bestätigt gefunden; sie widersprachen zudem als erwiesen angesehenen früheren eigenen Bekundungen des Angeklagten.

c) Das Landgericht hat den Schuldspruch auf § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 StGB gestützt und die Strafe dem ersten Absatz dieser Vorschrift entnommen. Dabei hat es in einer Gesamtbetrachtung neben dem Maß des der Nebenklägerin zugefügten seelischen Schmerzes auf die bisherige Straffreiheit des Angeklagten, das nur geringe Maß der Gewaltanwendung und auf die vorherige persönliche Nähe zwischen Täter und Opfer abgestellt. Zwar habe keine sexuelle Beziehung zwischen ihnen bestanden, aber eine durch Küssen und Kuscheln gekennzeichnete Nähe, woraus der Angeklagte eine Hoffnung auf einverständliche sexuelle Handlungen hätte ableiten können. Die Nebenklägerin habe ferner zur Entstehung der Tatsituation beigetragen, weil sie sich aufgrund eigener Initiative in das Fahrzeug des Angeklagten begeben habe. In der Tatsituation hätte aktiverer körperlicher oder lautstarker verbaler Widerstand des Opfers den Angeklagten in weitaus stärkerem Umfang mit eigenen moralischen Hemmungen konfrontiert.

2. Die Revision des Angeklagten greift nicht durch.

a) Die Aufklärungsrügen sind unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Soweit mit der Aufklärungsrüge Nr. 1 geltend gemacht wird, dass eine Gynäkologin und eine Polizeibeamtin hätten vernommen werden sollen, sind diese Beweismittel wegen fehlender ladungsfähiger Adressen nicht genügend bezeichnet (vgl. BGH NStZ 2006, 713). Zudem ermangelt es der von der Revision vorgetragenen erwarteten Beweistatsache der gebotenen Bestimmtheit (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 9 m.w.N.).

Den an eine unterlassene Inaugenscheinnahme des Pkw des Angeklagten anknüpfenden Aufklärungsrügen Nr. 2 und 3 ermangelt es an dem gebotenen Vortrag, dass der Untersuchungsgegenstand zur Zeit der Hauptverhandlung noch zur Verfügung stand (vgl. BGHR aaO Aufklärungsrüge 5) und warum sich das Landgericht vor dem Hintergrund des vom Angeklagten eingeräumten freiwilligen Geschlechtsverkehrs im Pkw zu weiterer Aufklärung gerade durch dieses Beweismittel hätte genötigt sehen müssen (vgl. BGHR aaO Aufklärungsrüge 6).

Soweit mit den Aufklärungsrügen Nr. 4 und 5 vorgetragen wird, drei in der Hauptverhandlung vernommene Zeuginnen hätten bei sachgerechter Erhebung ihrer polizeilichen Aussagen für den Angeklagten Günstigeres bekundet, beruft sich die Revision auf eine unterbliebene vollständige Ausschöpfung erhobener Beweise (vgl. BGHSt 4, 125, 126). Solches kann indes nicht Gegenstand einer Aufklärungsrüge sein, weil sich das Revisionsgericht nicht über das Verbot der Rekonstruktion der Beweisaufnahme hinwegsetzen darf (vgl. BGHSt 43, 212, 214; BGH NJW 2003, 150, 152, insoweit in BGHSt 48, 34 nicht abgedruckt). Nur auf der Grundlage der Kenntnis der vollständigen Aussage der Zeuginnen in der Hauptverhandlung ließe sich beurteilen, ob das von der Revision als sachgerecht erachtete Aufklärungsbegehren erfüllt worden ist. Die Erlangung einer solchen Kenntnis ist indes nach den verfahrensrechtlichen Strukturprinzipien - jenseits von Protokollierungen gemäß § 273 Abs. 3 Satz 1 StPO - ausgeschlossen. Das Tatgericht ist nämlich zur umfassenden Dokumentation der Beweisaufnahme im Urteil nicht verpflichtet (vgl. BGHSt 15, 347, 348; BGH NStZ 2007, 720), sondern lediglich zur Darstellung seiner - wenn auch rational zu begründenden und tatsachengestützten (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2008 - 5 StR 224/08 Rdn. 16) - Beweisführung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 267 Rdn. 12a).

b) Die Rüge, das Landgericht habe den Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens hinsichtlich der Zeugenaussage der Nebenklägerin zu Unrecht abgelehnt, ist unbegründet. Die Inanspruchnahme eigener Sachkunde ist nach Vernehmung der sachverständigen Zeugin Leinweber, die die Nebenklägerin in der stationären Therapie betreut hatte, im Ergebnis nicht zu beanstanden (UA S. 9 f.; 25; vgl. BGH NJW 1998, 2753, 2754).

c) Auch die Rüge, das Landgericht habe durch Nichtverwertung der in einem Internet-Chat zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin nach der Tat hinterlegten Dialoge Verfahrensrechte des Angeklagten missachtet, versagt.

aa) Der Revisionsvortrag vermag eine Inbegriffsrüge (§ 261 StPO; vgl. BGHSt 38, 14, 16 f.; BGH NJW 2007, 92, 95 f.) nicht zu begründen, weil die Nachrichten nicht durch Verlesen gemäß § 249 StPO zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden sind.

bb) Er wäre auch als Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) unbegründet. Zwar muss das Gericht von Amts wegen Beweis erheben, wenn ihm aus den Akten oder aus dem Stoff der Verhandlung noch Umstände und Möglichkeiten bekannt oder erkennbar sind, die bei verständiger Würdigung der Sachlage begründete Zweifel an der Richtigkeit der - aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangten - Überzeugung wecken müssen (BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 6 m.w.N.). Dies ist indes hier nicht der Fall.

Die Nebenklägerin hat sich nach dem Revisionsvortrag auf Vorhalt zu einem Teil der Dialoge erklärt. Auf Antrag der Verteidigung wurden - zur Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Nebenklägerin - anschließend fünf Zeugen vernommen, unter anderem dazu, ob Nachrichten vom Angeklagten verändert worden sind. Nachdem das Landgericht Letzteres - auch ersichtlich vor dem Hintergrund erkannten eigenen Fehlverhaltens des Angeklagten, fehlender Zuneigung zur Nebenklägerin, der praktizierten Vorwärtsverteidigung und der die Nebenklägerin bedrängenden Anrufe (UA S. 22) - als wahrscheinlich angesehen hat (UA S. 23), drängte die Aufklärungspflicht nicht mehr zu deren Verlesung.

cc) Das vorgetragene Verfahrensgeschehen begründet auch keine Behinderungsrüge (§ 338 Nr. 8 StPO; vgl. BGHSt 49, 317, 328; Meyer-Goßner aaO § 338 Rdn. 59). Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem von der Revision behaupteten Fairnessverstoß und dem Urteil besteht nicht.

Einen solchen sieht die Revision in der mangelnden gerichtlichen Reaktion auf einen Vorspann ("dies vorausgeschickt") in einem Beweisantrag des Verteidigers. Darin wurde als Ergebnis einer Zeugenvernehmung der Nebenklägerin behauptet, diese habe drei ihr zugeschriebene Äußerungen im Internet-Chat mit dem Angeklagten bestätigt. Danach hätte das Gericht ohne ausdrücklichen Hinweis nicht von der Wahrscheinlichkeit einer Manipulation der Gesprächsprotokolle durch den Angeklagten ausgehen dürfen. Dies trifft nicht zu.

Das Gericht war unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, seine Würdigung des Ergebnisses einer Beweiserhebung dem Angeklagten vor der Urteilsverkündung mitzuteilen (vgl. BGHSt 43, 212, 214 f.). Die Verteidigung wurde auch nicht im Unklaren über das Verständnis des Gerichts betreffend die Grundlagen eines von ihr gestellten Antrags gehalten (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 38). Die Darlegungen im Vorspann des Antrags waren mit den unter anderem auf die Vernehmung von fünf Zeugen gerichteten Beweisanträgen inhaltlich keineswegs dergestalt verbunden, dass die Begründungen der Beweisanträge auch Beweisbehauptungen aus dem Vorspann umfasst hätten. Zudem gilt für ein nicht direkt antragsbezogenes bestimmtes Verständnis vom Ergebnis einer vorherigen Beweiserhebung Folgendes: Wenn einem Beweisantrag - wie hier - vollständig stattgegeben wird, macht dies schon im Blick auf die notwendigerweise fehlende Begründung einer solchen Entscheidung die Beweiserwägungen des Gerichts in keiner Hinsicht transparent. Hieraus lässt sich für den Antragsteller kein Vertrauenstatbestand herleiten.

Im Übrigen gibt die im Urteil auf die Zeugenaussage der Mutter der Nebenklägerin gestützte Feststellung, wonach die Nebenklägerin den ihr vom Angeklagten übersandten Blumenstrauß aus dem Fenster warf, Anlass, die im Chat bekundete Freude über die Blumen als unzutreffend anzusehen.

d) Die Beweiswürdigung ist sachlichrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt).

Im Blick auf die von der Nebenklägerin weitaus deutlicher formulierte Ablehnung des Geschlechtsverkehrs, als dies am Vortag durch die Zeugin R. zum Ausdruck gebracht worden war, und auf das fehlerfrei zu Lasten des Angeklagten verwertete Nachtatverhalten war das Landgericht zu weitergehenden Darlegungen zum Vorliegen eines Vergewaltigungsvorsatzes nicht genötigt (vgl. BGH NStZ 1982, 26; BGHR StGB § 177 Abs. 1 Gewalt 8). Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Fall namentlich subjektiv betreffend die Gewaltkomponente im Grenzbereich der Tatbestandsvoraussetzungen des § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB angesiedelt ist.

Es liegt auch keine sachlichrechtliche Lücke in der Beweiswürdigung vor. Das Landgericht war nicht gehalten, die von der Revision - in einer Verfahrensrüge - vorgetragene Falschbelastungshypothese zu erörtern, die Nebenklägerin habe nach einem Grund gesucht, warum es ihr so schlecht gehe, und deshalb einen freiwilligen Geschlechtsakt autosuggestiv in einen erzwungenen umgedeutet. Hierbei handelt es sich insbesondere im Blick auf die vom Landgericht herangezogenen, den Angeklagten indiziell belastenden Umstände aus dem Nachtatverhalten sowohl des Angeklagten als auch der Nebenklägerin um keine Falschbelastungshypothese, deren Erörterung sich nach den getroffenen Feststellungen hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2008 - 5 StR 227/08; Brause NStZ 2007, 505, 507 m.w.N.).

3. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.

Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob die Regelwirkung eines besonders schweren Falles zu entfallen hat oder gar ein minder schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB § 177 Abs. 2 i. d. F. 6. StrRG Strafrahmenwahl 13; BGHR StGB § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH StV 2002, 20). Das ist hier nicht der Fall, zumal vor dem Hintergrund der bezogen auf die Gewaltkomponente des § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB im Grenzebereich angesiedelten Tat. Die Beanstandungen gegen Einzelerwägungen des Landgerichts greifen letztlich nicht durch. Die Strafrahmenwahl und die Strafzumessung erweisen sich auch nicht als lückenhaft.

Die Wertung des Landgerichts, im Vorfeld der Tat ausgetauschte Zärtlichkeiten - ersichtlich auch in Verbindung mit dem weiteren vertrauten persönlichen Umgang zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin - hätten dem Angeklagten Hoffnung auf einverständliche sexuelle Handlungen gemacht, ist als zulässiger Schluss des Tatgerichts (vgl. BGHSt 36, 1, 14; BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt) nicht zu beanstanden.

Soweit die Revision gerade die strafschärfende Berücksichtigung eines Missbrauchs des Vertrauensverhältnisses vermisst, macht sie einen Wertungsfehler geltend, für den es indes keine Tatsachengrundlage gibt. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin erfasste nach den Feststellungen des Landgerichts gerade nicht den Schutz der sexuellen Integrität der Nebenklägerin vor Angriffen durch den Angeklagten, sondern hat einer Annäherung des Angeklagten auch in sexueller Hinsicht sogar den Boden bereitet.

Die Erwägung des Landgerichts, stärkere physische und verbale Gegenwehr der Nebenklägerin hätte den Angeklagten möglicherweise mit höheren moralischen Hemmschwellen konfrontiert, beschreibt zulässigerweise eine nur geringe Gegenwehr überwindende Tatausführung und durfte im Kontext mit dem Einsatz von Gewalt auf unterster Stufe schuldmindernd bewertet werden (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 4. Aufl. Rdn. 348 und 353). Die teilweise nicht gelungen formulierten Wendungen des Landgerichts in diesem Zusammenhang sind nach dem Verständnis des Senats ersichtlich nicht als Vorwurf gegen die Nebenklägerin zu verstehen.

Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken, dass die Durchführung ungeschützten, für die Nebenklägerin erstmaligen Geschlechtsverkehrs in die Gesamtbetrachtung (UA S. 28) nicht einbezogen worden ist (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 1 Strafzumessung 11), wenngleich die ausdrückliche Erwähnung dieses wesentlichen, vom Landgericht indes zentral festgestellten Umstands auch im Zusammenhang mit der Strafzumessung vorzugswürdig gewesen wäre.

Schließlich begegnet auch die Aussetzungsentscheidung im Anschluss an die Strafrahmenwahl offensichtlich keinen Bedenken.

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