OLG Hamm, Urteil vom 21.01.2013 - 22 U 120/12
Fundstelle
openJur 2014, 19377
  • Rkr:
Tenor

Die Berufungen der Beklagten gegen das am 4.6.2012 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster werden zurückgewiesen.

Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die Kosten de Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner; der Beklagte zu 3) trägt als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1) und 2) 3 % der Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Das Urteil des Landgerichts Münster vom 4.6.2012 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Kläger begehren mit der Klage im Wesentlichen die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Wohnungserbbaurecht an dem Grundstück H-Weg in G, Grundbuch Bl. ..., Gemarkung G, Flur X, Flurstück X, 2/3-Anteil, und die Rückzahlung der an den Beklagten zu 3) gezahlten Maklercourtage in Höhe von 4.000 €.

Zur Begründung ihrer Klage behaupten die Kläger, die Beklagten hätten sie bei Kaufvertragsabschluss arglistig über den Umfang der in der Wohnung erfolgten Sanierung, einen sich in den Kellerräumen und im Schlafzimmer des Erdgeschosses zeigenden Feuchtigkeitsschaden und die Größe des zur Verfügung stehenden Wohnraums arglistig getäuscht. Zudem sei in Täuschungsabsicht auch ein falscher Energieausweis (Verbrauchs- statt Bedarfsausweis) vorgelegt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des Landgerichts Münster vom 4.6.2012 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Kläger und die Beklagten zu 1) und 3) persönlich angehört und im Termin vom 30.1.2012 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L und C. Darüber hinaus hat es im Termin vom 7.5.2012 Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen H.

Mit Urteil vom 4.6.2012 hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Kläger könnten von den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner aus §§ 812, 142, 421 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Kaufobjekte verlangen. Weiter stünde ihnen aus §§ 280, 421 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Notariats- und Umschreibungskosten wie auch der gezahlten Maklercourtage einschließlich vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu. Hinsichtlich weiterer künftiger Rückabwicklungskosten sei der Feststellungsantrag zu 4) begründet. Zudem sei der Annahmeverzug der Beklagten zu 1) und 2) festzustellen. Der Beklagte zu 3) sei neben den Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zur Rückzahlung der Courtage aus § 812 BGB und zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 280 BGB verpflichtet.

Die Kläger hätten den Kaufvertrag mit Schreiben vom 6.1.2011 wirksam angefochten. Dem stünde der zuvor mit Schreiben vom 7.12.2010 erklärte Rücktritt nicht entgegen, da es nicht zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages gekommen sei. Die Beklagten hätten die Kläger im Sinne von § 123 BGB arglistig getäuscht. Für die Kläger sei die Trockenheit des Hauses wesentlich gewesen. Ihre Frage danach hätte der Beklagte zu 1) jedoch objektiv falsch beantwortet. Die Beklagten zu 1) und 2) hätten im Gegensatz zum Beklagten zu 3) nicht bestritten, dass das Mauerwerk Durchfeuchtungen aufgewiesen habe. Aus dem vorprozessual eingeholten Gutachten des sachverständigen Zeugen H ergebe sich eine stark erhöhte Feuchtigkeit (130,1 bzw. 144,1 digits mit der GANN Hydromette) an der nördlichen und westlichen Außenwand des Anbaus im Schlafzimmer (Erdgeschoss), an der westlichen Außenwand des Kellerraums IV, an der westlichen Außenwand des Kellerraums II, an den Außenwänden der Waschküche im Bereich der Kellertreppe und bis zur Wand zum Kellerraum I sowie in dem nicht zum streitigen Wohnungseigentum gehörenden Kellerraum I. Soweit der Beklagte zu 3) die Feuchtigkeit nicht näher begründet bestritten habe, hätten die Zeugen C und H für September und Oktober 2010 die Feuchtigkeitsbelastung bestätigt und auch Schwarzschimmel und Salzausblühungen geschildert. Angesichts der Ausbreitung der Feuchtigkeit sei der Wertung des sachverständigen Zeugen H zu folgen, dass sich die Feuchtigkeit bereits seit geraumer Zeit vor dem Sommer 2010 in den Wänden halte.

Es könne zwar nicht festgestellt werden, dass den Beklagten die Feuchtigkeitsbelastung der Wände positiv bekannt gewesen sei. Da nach dem Zeugen H die nicht fachgerechte in Eigenleistung angebrachte Innendämmung im Erdgeschoss zu erhöhtem Tauwasseranfall führe, könne nicht gesagt werden, dass 2002 bei Aufbringen der Innendämmung bereits Feuchtigkeit in einem solchen Maße vorhanden war, das hätte auffallen müssen. Im Kellerraum IV sei die Innendämmung ohnehin schon vor der Besitzzeit des Beklagten zu 1) eingebaut worden. Im Kellerraum II sei nicht feststellbar, dass Feuchtigkeitsspuren bereits sichtbar gewesen seien, zumal der Lebensgefährte der Zeugin L speziell hiernach geschaut hätte. Eine frische Renovierung durch die Beklagten sei nicht belegt. Die Aussage der Zeugin L ergebe lediglich, dass alles in Ordnung, hingegen nicht, dass frisch renoviert gewesen sei. Hiergegen spräche auch, dass im Waschkeller lediglich einzelne Stellen nachträglich überstrichen worden seien.

Die Beklagten zu 1) und 2) hätten jedoch dadurch getäuscht, dass sie bei der Erklärung, das Objekt sei trocken, nicht die Begrenztheit ihres Kenntnisstandes deutlich gemacht hätten, sondern den Eindruck vermittelt hätten, die Erklärung beruhe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis. Dies ergebe sich aus dem Hinweis darauf, es handele sich um das Elternhaus der Beklagten zu 2), in dem sie selbst schon seit 10 Jahren wohnten und umfangreiche Arbeiten in Eigenleistung durchgeführt hätten. Zudem seien die Kläger durch die im Exposé enthaltene Angabe, das Objekt sei "komplett saniert", "entkernt und neu aufgebaut" fehlgeleitet worden, die einen Rückbau bis auf die tragenden Strukturen und ggfs. Instandsetzung auch der tragenden Wände 2005 nahelegten. Die Angaben im Exposé seien den Beklagten zu 1) und 2) auch zuzurechnen, da der Beklagte zu 3) das Exposé in ihrem Auftrag erstellt habe und der Beklagte zu 1) dessen Unrichtigkeit erkannt habe. Dagegen, dass durch den Beklagten zu 1) eine Richtigstellung der Angaben im Exposé gegenüber den Klägern erfolgt sei, habe der Beklagte zu 3) sich entschieden verwahrt. Die Aufzählung der durchgeführten Arbeiten genüge hierfür nach allgemeinem Verständnis nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass die Kläger bei einem Hinweis, zur Feuchtigkeit des Kellermauerwerks könne nichts Verlässliches gesagt werden, das Objekt ohne weitere Erkundigungen gekauft hätten.

Der Zinsanspruch folge aus §§ 286, 288 BGB.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie jeweils ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgen.

Zur Begründung tragen die Beklagten zu 1) und 2) vor, sie hätten während ihrer 10 jährigen Besitzzeit keine Anhaltspunkte für eine Feuchtigkeitsbelastung gehabt und diese daher auch nicht für möglich gehalten. Auch bei der Begehung sei den Klägern keine Feuchtigkeit aufgefallen, obwohl der Lebensgefährte der Mutter der Klägerin zu 2) sämtliche Wände wiederholt genau inspiziert habe. Weiter sei keine Erklärung ins Blaue hinein anzunehmen, da die langjährige Nutzung als Maßstab für die Beurteilung ausreiche. Es könne nicht verlangt werden, dass eine Öffnung der Gebäudesubstanz oder ein umfassendes Gutachten eingeholt werde. Die Beklagten hätten unstreitig sämtliche vorgenommenen Arbeiten (wie Bl. 252 d.A. aufgezählt) erläutert, so dass den Klägern auch klar gewesen sei, was gerade nicht vorgenommen worden wäre. Es könne nicht verlangt werden, dass auf alle theoretisch denkbaren Arbeiten hingewiesen werden müsse. Die Kläger hätten daher aufgrund des Exposés nicht davon ausgehen können, dass die Aussage zur Trockenheit des Gebäudes auf der Grundlage des Rückbaus bis auf die tragenden Strukturen und ggfs. Instandsetzung auch der tragenden Wände abgegeben worden sei. Im Kaufvertrag sei unter § 8 schließlich auch aufgenommen, dass das Objekt nicht in kernsaniertem, sondern im gebrauchten Zustand verkauft werde. Schon aufgrund der offensichtlichen Begebenheiten (alte Heizkörper im Eingangsbereich, deutliche Gebrauchsspuren des Teppichs auf den Holztreppen, mehrfaches Streichen des Treppengeländers, alte und gesprungene Fliesen im Flur des Kellers, Wandvertäfelung in Kellerflur und Treppenabgang ersichtlich mehr als 10 Jahre alt, Badezimmer im Keller im Stil der 80er Jahre, alte Fliesen und defektes Fenster in Küche, Dacheindeckung mit halbrunden roten Tonpfannen aus dem Jahr der Erbauung, sichtbares Muster der Außenwand im Souterrain ohne Isolierung) hätten die Kläger nicht von einem Rückbau bis auf die tragenden Strukturen ausgehen können. Der Beklagte zu 3) habe auch nie behauptet, dass keine nähere Erläuterung der Angaben des Exposés stattgefunden hätte.

Der Beklagte zu 3) schließt sich der Begründung der Beklagten zu 1) und 2) an und trägt ergänzend vor, die bloße Messung mit einer Hydromette lasse keinen auch nur annähernd sicheren Rückschluss auf tatsächliche Feuchtigkeit zu. Dies habe der Gutachter Swensson in einem anderen Rechtsstreit ausgeführt. Das Gerät reagiere neben dem Wassergehalt auch auf das spezifische Gewicht, den Salzgehalt und den Metallgehalt, so dass es zu unkorrekten Messergebnissen komme. Darüber hinaus sei es zu einer bereits im Termin vom 10.10.2011 monierten Falschprotokollierung auf Bl. 4 des Protokolls Mitte "richtiggestellt" gekommen, die zwar gelöscht, aber dann doch im Protokoll erschienen sei. Tatsächlich habe der Beklagte zu 3) gesagt, dass Begrifflichkeiten wie "kernsaniert" bei der Besichtigung dann selbstverständlich erläutert würden. Entsprechend seien die Kläger bei mehreren Besichtigungsterminen über alle Maßnahmen, die in den letzten Jahren durchgeführt worden seien, aufgeklärt worden und hätten ja auch selbst Fachleute zu Rate gezogen. Die Antwort der Kläger auf die Frage, was sie unter kernsaniert verstehen würden, könne man nicht ernst nehmen, da eine Erneuerung der Bodenplatte offenkundig nicht erwartet werden könne.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und tragen unter Bezugnahme auf ihren Sachvortrag aus der ersten Instanz vor, die Beklagten hätten ihre eigene Unkenntnis offen legen müssen, zumal die Wände verkleidet gewesen seien. Bei rechtzeitiger Kenntnis der Feuchtigkeit hätten die Kläger das Haus nie gekauft. Zudem sei die zugesicherte Kernsanierung nicht vorgenommen worden. Aus den gesamten Umständen ergebe sich, dass die Beklagten zu 1) und 2) positive Kenntnis von der Feuchtigkeit gehabt hätten. Sie hätten die Ausführung anderer Sanierungsarbeiten geschickt in den Vordergrund gestellt, ohne die falschen Angaben im Exposé zu korrigieren. Der Begriff "Kernsanierung" umfasse eine wirksame Feuchtigkeitsvorsorge. Die Beklagten hätten bei den Klägern eine Beschaffenheitserwartung im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Ziff. 2, S. 3 BGB erzeugt, da das Exposé eine öffentliche Äußerung eines Verkäufergehilfen darstelle. Eine Korrektur (Kernsanierung und Wohnfläche) hätte ausdrücklich erfolgen müssen. Die Beklagten hätten damit vorgespiegelt, dass ein Haus auf dem Stand der anerkannten Regeln der Technik 2005 verkauft werde. Hiermit korrespondiere die Vorlage eines falschen Energieausweises, da der notwendige Bedarfsausweis eine Kontrolle des Objekts erforderlich gemacht hätte und dabei die Feuchtigkeit zu Tage getreten wäre. Der Beklagte zu 1) sei als Sachbearbeiter für Immobilienfinanzierung insoweit sachkundig. Durch die Vorlage des einfachen Bedarfsausweises hätten die Beklagten das Feuchtigkeitsproblem verdecken wollen (vgl. Anlage B1). Weiter widerlege das Schreiben vom 31.5.2010 eine Unkenntnis der Beklagten zu 1) und 2), da dieses ergebe, dass die Dämmung nicht schon durch den Schwiegervater eingebracht worden sei. Der Beklagten zu 2) sei die Notwendigkeit der Sanierung des ohne Fundament gebauten Siedlungshauses auch bekannt gewesen, da die Nachbarhäuser schon saniert seien und sie in dem Haus groß geworden sei. Die Bauart und der Baugrund (hoher Grundwasserspiegel) bedingten, dass Feuchtigkeit in die erdberührten Teile des Baukörpers eindringe, was den Bewohnern nicht verborgen geblieben sein könne. Die Symptome (muffiger Geruch, Schimmelbildung, Farbabplatzungen und Salzausblühungen) hätten sich in der 8-jährigen Wohndauer der Beklagten zu 1) und 2) zeigen müssen.

Grundlage der Kaufentscheidung seien für die Kläger die im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen übergebenen Zeichnungen (K1) gewesen, die Wohnräume im Kellergeschoss ausweisen würden. Die Räume seien auch als solche eingerichtet gewesen und in die Quadratmeterzahl eingeflossen. Auch dies begründe eine arglistige Täuschung der Beklagten.

Auf Hinweis des Senats haben die Kläger eine Kopie der Teilungserklärung (Bl. 292 ff. d.A.) sowie eine Abgeschlossenheitsbescheinigung der Stadt G (Bl. 300 f. d.A.) und die dazugehörenden Pläne eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger haben gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 139.000 € Zug um Zug gegen Rückübertragung des Erbbaurechtsanteils aus §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben Eigentum und Besitz an den durch die Kläger als Kaufpreis geleisteten 139.000 € erlangt. Die Zahlung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, da der notarielle Kaufvertrag nach Anfechtung der Kläger wegen arglistiger Täuschung durch die Beklagten zu 1) und 2) von Anfang an nichtig war (§§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 6.1.2011 haben die Kläger nach § 143 BGB die Anfechtung wirksam innerhalb der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erklärt, nachdem sie spätestens durch das Gutachten des vorgerichtlichen Sachverständigen H vom 24.11.2010 Kenntnis von den Umständen erhalten haben, auf die sie die Anfechtung stützen. Die Anfechtung war auch noch möglich, obwohl die Kläger bereits mit Schreiben vom 7.12.2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatten, da beide Rechtsinstitute eine unterschiedliche Schutzrichtung verfolgen. Daher sind Rücktritt und Anfechtung wahlweise nebeneinander und auch zugleich möglich, insbesondere ist die Anfechtung auch nach dem Rücktritt möglich (vgl. Müko-Armbrüster, BGB, 6. Auflage 2012, § 123 Rn. 86). In einem solchen Fall ist allerdings über die Anfechtung wegen ihrer stärkeren Wirkung vorrangig zu entscheiden.

Der Senat kann offen lassen, ob die Beklagten zu 1) und 2) eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 BGB begangen haben, indem sie angegeben haben, der Keller des Hauses sei trocken.

Die Kläger sind nämlich durch die Beklagten zu 1) und 2) zum Abschluss des Kaufvertrages durch arglistige Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB bestimmt worden, indem diese sich auf die im Maklerexposé (Bl. 12 d.A.) und in der diesem beigefügten Wohnflächenberechnung (Bl. 15 f. d.A.) angegebene Wohnfläche unter Einschluss der Fläche der Kellerräume mit ca. 125 qm bzw. mit 127,92 qm gestützt haben und damit den Klägern vorgespiegelt haben, es stünde über die Fläche im Erdgeschoss hinaus genehmigter Wohnraum zur Verfügung. Grundsätzlich kommt bei Verschweigen des Fehlens einer für die Nutzung von Kellerräumen als Wohnraum erforderlichen - hier unstreitiig nicht vorliegenden - Baugenehmigung eine arglistige Täuschung in Betracht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.2.1998, 22 U 96/95).

Zwar haben die Beklagten zu 1) und 2) das die Angaben zur Wohnfläche enthaltene Exposé nicht selbst erstellt. Sie haben dem Beklagten zu 3) aber bereits falsche Informationen zur Erstellung des Exposés gegeben, indem sie ihm die vom Beklagten zu 1) unstreitig selbst erstellte Wohnflächenberechnung überreicht haben, die die streitigen Kellerräume in die Berechnung der 127,92 qm Wohnraum einbezieht. Soweit die Beklagten zu 1) und 2) behaupten, der Beklagte zu 3) habe das Exposé ohne vorherige Rücksprache ins Internet gestellt, spielt dies vor dem Hintergrund, dass sie ihm selbst die insoweit maßgeblichen Daten gegeben haben, keine Rolle. Abgesehen davon hat der Beklagte zu 1) in seiner E-Mail vom 31.5.2010, Bl. 95 d.A., einen Link auf das bei M hinterlegte Exposé aufgenommen, wodurch er selbst noch einmal den Bezug auf die darin enthaltenen Daten hergestellt hat. Sein Einwand, er habe den Inhalt des Exposés nicht zur Kenntnis genommen, verfängt nicht, da er in der E-Mail unabhängig davon selbst noch einmal die im Untergeschoss befindlichen Räume (Badezimmer und zwei Kinderzimmer) als "Wohnräume" mit 35 qm bezeichnet.

Die Beklagten zu 1) und 2) verfügten über die Kenntnis, dass die Genehmigungsfähigkeit der Nutzung der Räume im Keller als Wohnräume aufgrund ihrer Höhe von unter 2,40 m zumindest fraglich war und jedenfalls keine behördliche Genehmigung vorlag. So hat der Beklagte zu 1) in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erklärt, er habe, wenn auch nicht über das Problem des gesonderten Zugangs, so doch über das der Höhe der Kellerräume im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit Problembewusstsein gehabt.

Eine Aufklärung darüber, dass die Landesbauordnung für Wohnräume grundsätzlich eine Höhe von 2,40 m verlange, wie es die Beklagten zu 1) und 2) für den ersten Besichtigungstermin mit den Klägern behaupten, haben sie jedoch nicht bewiesen. Der mit den Klägern im betreffenden Besichtigungstermin alleine anwesende Beklagte zu 1) hat zwar in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erklärt, er habe auf die Deckenhöhe der Räume im Keller hingewiesen, seine Wohnflächenberechnung erläutert und erklärt, dass die Nutzung als Wohnfläche mit der Stadt nicht abgesprochen sei. Die Kläger haben jedoch in ihrer jeweiligen persönlichen Anhörung angegeben, die Frage der Genehmigungsfähigkeit der Kellerräume sei mit dem Beklagten nicht erörtert worden. Nach der Anhörung der Parteien ist der Senat weder davon überzeugt, dass der Beklagte zu 1) entsprechende Angaben gemacht hat, noch, dass er sie nicht gemacht hat. Damit sind die Beklagten zu 1) und 2) bezüglich ihrer Behauptung beweisfällig geblieben.

Die Beklagten zu 1) und 2) sind insoweit auch beweispflichtig. Zwar trägt der Anfechtende die volle Beweislast für alle Voraussetzungen des § 123 BGB (vgl. BGH NJW 1957, 988). Wenn die Anfechtung auf ein Verschweigen gestützt wird, so reicht es an sich, wenn der Gegner behauptet, wann und wie er die erforderliche Aufklärung gegeben hat; alsdann ist es Sache des Anfechtenden, diese Behauptung zu widerlegen (Palandt-Heinrichs, BGB, 71. Auflage 2012, § 123 Rn. 30). Vorliegend müssten danach die Kläger beweisen, dass der Beklagte zu 1) bei der Besichtigung nicht auf die Probleme der fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Kellerräume als Wohnräume hingewiesen hat. Hier besteht jedoch - vergleichbar mit dem vom OLG Köln im Urteil vom 26.1.1996 entschiedenen Fall (vgl. VersR 1996, 631-633) - die Besonderheit, dass die Beklagten zu 1) und 2) nicht erst durch die unterlassene Aufklärung über die fehlende Genehmigungsfähigkeit als Wohnfläche anlässlich der Besichtigung die Täuschung verübt haben. Vielmehr haben bereits vorher das unrichtige Exposé, die unrichtige Wohnflächenberechnung sowie die falschen Angaben in der E-Mail vom 31.5.2010 die falsche Vorstellung bei den Klägern erzeugt, es stehe eine Wohnfläche von ca. 125 qm zur Verfügung, die die Kläger zum Abschluss des Kaufvertrages bewogen hat. Allein der Umstand, dass die Beklagten zu 1) und 2) zum Zwecke des Verkaufs mit dem Zurverfügungstellen der genannten Dokumente einen falschen Eindruck von der Größe der Wohnfläche erweckt haben, obwohl sie aufgrund der erheblichen Abweichung um rund 1/3 der Wohnfläche wussten oder zumindest für möglich hielten, dass die Größe der Wohnfläche für die Kläger erheblich sein konnte, beweist, dass die Beklagten die Absicht hatten, den Klägern durch die Übergabe dieser Dokumente die wahren Verhältnisse zu verschweigen, um den Vertragsschluss nicht zu gefährden. Daraus ergibt sich, dass prima facie der Beweis dafür erbracht ist, dass die Beklagten zu 1) und 2) die Kläger getäuscht haben und die durch die in den genannten Dokumenten enthaltenen falschen Angaben zur Wohnfläche erzeugte Fehlvorstellung während der Besichtigung nicht korrigiert wurde. Ist aber prima facie der Beweis für die arglistige Täuschung erbracht, so kehrt sich die Beweislast dergestalt um, dass nunmehr die Beklagten zu 1) und 2) hätten beweisen müssen, dass sie die Kläger über die bestehende Problematik der Genehmigungsfähigkeit der Flächen im Keller als Wohnfläche im Besichtigungstermin aufgeklärt haben. Dies ist aber wie dargelegt nicht erfolgt.

Die Umkehr der Beweislast steht auch in Übereinstimmung mit der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung. So haben sowohl das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (MDR 2002, 758-759) als auch das OLG Koblenz (VRS 102, 174-177 (2002)) in Fällen, in denen eine unzureichende schriftliche Teilinformation über maßgebliche Umstände gegeben wurde, die Beweislast für die vollständige und richtige Aufklärung beim Verkäufer gesehen. Hinzu kommt, dass diese Wertung auch der für das Gewährleistungsrecht geltenden Vorschrift des § 434 Abs. 2 Nr. 2 BGB entspricht, die für das Vorliegen der Ausnahmetatbestände dieser Norm - hier der Berichtigung einer zuvor ergangenen öffentlichen Äußerung durch ein Verkaufs exposé - die Beweislast ebenfalls beim Verkäufer ansiedelt.

Die Rechtswidrigkeit ergibt sich ipso facto aus der Täuschung (Palandt-Ellenberger, BGB, § 123 Rn. 10).

Die Täuschung ist auch für die Willenserklärung der Kläger ursächlich geworden, da diese nach unbestrittenem Vortrag den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätten, wenn sie von den der Täuschung zugrunde liegenden Umständen gewusst hätten. Angesichts der erheblichen Abweichung im Keller betroffenen "Wohnfläche" von rund 1/3 der Gesamtfläche sind die Angaben der Kläger in ihrer persönlichen Anhörung, sie hätten in Kenntnis der wahren Wohnfläche jedenfalls nicht den Kaufpreis gezahlt, plausibel und nachvollziehbar.

2. Darüber hinaus haben die Kläger gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 1.768,94 € und daneben auf Zahlung von 2.950,39 € aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2, 241 Abs. 2 BGB.

Durch die arglistige Täuschung haben die Beklagten zu 1) und 2) schuldhaft eine Pflicht aus dem (vor-)vertraglichen Schuldverhältnis mit den Klägern verletzt und müssen diesen daher den entstandenen Schaden ersetzen. Ein solcher besteht unbestritten in Höhe der von den Klägern geltend gemachten Notargebühren für den Kaufvertrag, den Notargebühren für die Zustimmungserklärung und den für die Grundbuchänderung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.768,94 €.

Einen weiteren Schaden stellen die den Klägern entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandwert von 139.000 € (= 97 % des Gesamtgegenstandswertes von 143.000 €) dar.

3. Der Zinsanspruch folgt unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB jedenfalls ab dem vom Landgericht tenorierten Zeitpunkt 18.12.2011, da den Beklagten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 7.12.2010 eine Frist zur Rückabwicklung bis zum 17.12.2010 gesetzt wurde.

4. Die Kläger haben darüber hinaus einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs bezüglich der Rückübertragung des Wohnungserbbaurechts durch die Beklagten zu 1) und 2). Der Feststellungsantrag ist im Hinblick auf das aus § 756 und § 765 ZPO folgende Feststellungsinteresse zulässig. Da der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach den Darlegungen unter I. besteht, befinden sich die Beklagten mit der Rückübertragung des Wohnungserbbrauchrechts in Verzug, da ihnen von den Klägern mit Schreiben vom 7.12.2010 unter Fristsetzung erfolglos eine Rückübertragung angeboten wurde.

5. Nach den obigen Ausführungen haben die Kläger weiter einen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) und 2) für die weiteren Kosten der Rückabwicklung. Da diese Kosten noch nicht bezifferbar sind, ist der Feststellungsantrag zulässig. Aus den obigen Gründen ist der Anspruch zudem aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2, 241 Abs. 2 BGB begründet.

6. Schließlich haben die Kläger gegen die Beklagten zu 1 bis 3) auch einen Anspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage in Höhe von 4.000 €.

Gegen die Beklagten zu 1) und 2) ergibt sich dieser nach den obigen Ausführungen aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2, 241 Abs. 2 BGB, da die Kosten ihnen als Teil des Schadens entstanden sind.

Gegen den Beklagten zu 3) folgt der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Der Beklagte zu 3) hat mit der Zahlung der 4.000 € einen vermögenswerten Vorteil erlangt, den die Kläger auch an ihn leisten wollten. Zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 3) ist - wie sich aus der Rechnung vom 10.6.2010 (Bl. 34 d.A.) und der Reservierungsvereinbarung Bl. 136 d.A. ergibt - ein Maklervertrag geschlossen worden, auf den sie unstreitig eine Zahlung in entsprechender Höhe erbracht haben. Da nach den obigen Ausführungen unter I. der dem Maklervertrag zugrunde liegende Kaufvertrag nach der Anfechtung der Kläger von Anfang an nichtig war, ist die Zahlung der Kläger ohne rechtlichen Grund erfolgt, da der Beklagte zu 3) die Maklerprovision dann nicht nach § 652 Abs. 1 BGB verdient hat (vgl. OLG Stuttgart, Urteil 7.12.2011, 3 U 135/111).

7. Der Zinsanspruch folgt in Bezug auf den Anspruch unter VI. gegen den Beklagten zu 3) aus Verzug (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB) ab dem 1.2.2011, da dem Beklagten zu 3) eine Frist zur Zahlung bis 31.1.2011 gesetzt wurde. Bezüglich der Beklagten zu 1) und 2) besteht der Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2, 241 Abs. 2 BGB. Gleiches gilt für die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 91,25 €.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 155.000 € festgesetzt.