Niedersächsischer StGH, Urteil vom 16.05.2001 - 6/99
Fundstelle
openJur 2014, 18534
  • Rkr:
Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren StGH 9/99 werden verworfen.

2. § 2 des Göttingen-Gesetzes vom 1. Juli 1964 (Nds. GVBl. S. 134) in der Fassung des Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 74) ist mit Art. 58 der Niedersächsischen Verfassung unvereinbar und daher nichtig.

3. Im übrigen werden die Verfassungsbeschwerden und der Antrag im Verfahren StGH 8/99 zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführer und die Antragstellerin machen mit ihren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden sowie in dem mit diesen Verfassungsbeschwerden verbundenen Normenkontrollverfahren geltend, die gesetzliche Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (NFAG-ÄndG) vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 74), das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG 1999) i.d.F. der Neubekanntmachung vom 26. Mai 1999 (Nds. GVBl. S. 116), das Niedersächsische Gesetz zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (NFVG) vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 79) sowie das Haushaltsbegleitgesetz vom 21. Januar 1999 (Nds. GVBl. S. 10) verletze sie in ihrem Recht auf Selbstverwaltung bzw. verstoße gegen die Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 57 und Art. 58 NV.

I.

1. Nachdem das Gesetz zur Regelung des Finanz- und Lastenausgleichs (Finanzausgleichsgesetz - FAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Mai 1990 (Nds. GVBl. S. 147) durch das 10. Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 16. Dezember 1992 (Nds. GVBl. S. 339) geändert und das Änderungsgesetz durch Beschluß des Staatsgerichtshofs vom 15. August 1995 (Nds. StGHE 3, 136) für nichtig erklärt worden war, verabschiedete der Niedersächsische Landtag am 19. Dezember 1995 das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG 1995), das am 20. Dezember 1995 verkündet worden ist (Nds. GVBl. S. 463). Durch Urteil des Staatsgerichtshofs vom 25. November 1997 (Nds. StGHE 3, 299) wurden die wesentlichen Vorschriften auch dieses Gesetzes für mit der Niedersächsischen Verfassung unvereinbar und mit Wirkung vom 1. Januar 1999 für nichtig erklärt, da der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Kostenerstattung für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises die eigenständige normative Bedeutung des Art. 57 Abs. 4 NV verkannt und es unterlassen hatte, die von ihm angenommene Interessenquote der Kommunen ausdrücklich im Gesetz zu regeln. Überdies hatte es der Gesetzgeber versäumt, nachvollziehbar und unter Berücksichtigung des Gebots der Verteilungssymmetrie für einen aufgabengerechten Finanzausgleich zu sorgen.

2. Der Niedersächsische Landtag hat am 12. März 1999 nach Erlaß des Urteils des Staatsgerichtshofs vom 25. November 1997 das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (NFAG-ÄndG) sowie das Niedersächsische Gesetz zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (NFVG) beschlossen. Beide Gesetze sind am 22. März 1999 verkündet worden (Nds. GVBl. S. 74 und S. 79) und rückwirkend zum 1. Januar 1999 in Kraft getreten. Eine Neubekanntmachung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (NFAG 1999) ist am 26. Mai 1999 (Nds. GVBl. S. 117) erfolgt. Schon zuvor waren durch das Haushaltsbegleitgesetz 1999, das der Niedersächsische Landtag am 21. Januar 1999 verabschiedet hatte (Nds. GVBl. S. 10), erste Schritte in Richtung einer umfassenden Neukonzeption des kommunalen Finanzausgleichs unternommen worden. Vorbereitet wurden die gesetzgeberischen Aktivitäten durch Untersuchungen zu den durch die Wahrnehmung übertragener Aufgaben verursachten Kosten (Niedersächsisches Innenministerium, Vorläufiger Schlußbericht zur Ermittlung der Kosten und Einnahmen der Kommunen für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und die Bemessung der Zuweisungen ab 1999 vom 5. Oktober 1998; ferner Schlußbericht mit gleichem Titel vom 3. Mai 1999) sowie durch ein Gutachten zu den mit dem übergemeindlichen Finanzausgleich im Zusammenhang stehenden Fragen (Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung, Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Niedersachsen - eine Untersuchung im Auftrag des Niedersächsischen Innenministeriums, Dezember 1998).

II.

Im Zuge der Neukonzeption sind die den kommunalen Finanzausgleich betreffenden Regelungen auf zwei verschiedene Gesetze verteilt worden. Das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich (NFAG 1999) trifft vorrangig Regelungen zur interkommunalen Verteilung der Finanzausgleichsmasse, bezieht sich also auf die horizontale Dimension des Finanzausgleichs, während das Niedersächsische Gesetz zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (NFVG) primär Festlegungen hinsichtlich der Zuweisungsmasse, d.h. des prozentualen Anteils der Kommunen am Steueraufkommen und an anderen Einnahmen des Landes, sowie bezüglich der Höhe der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises enthält und damit die vertikale Dimension des Finanzausgleichs betrifft. Durch das Haushaltsbegleitgesetz 1999 wurden der bisherige besondere Finanzausgleich der Kosten der Heimerziehung und Familienpflege (§ 15 AG KJHG a.F.) sowie die früheren Finanzhilfen für Personalausgaben der Kindertagesstätten (§§ 15 ff. KiTaG a.F.) in den allgemeinen Finanzausgleich überführt. Ebenso wurden die bisherigen besonderen Ansätze zum Ausgleich von Steuerausfällen aufgrund der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs sowie zur Beteiligung der Landkreise an der Grunderwerbsteuer in den allgemeinen Finanzausgleich einbezogen (Art. 1 Nr. 17 und Art. 1 Nr. 19 NFAG-ÄndG). Schließlich wurde der Stadt Göttingen durch Art. 3 NFAG-ÄndG in finanzausgleichsrechtlicher Hinsicht die Rechtsstellung einer kreisangehörigen Gemeinde zugewiesen.

1. Das durch die Verfassungsbeschwerden sowie im Verfahren der Normenkontrolle angegriffene Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 1999 (NFAG 1999) regelt in § 1 Abs. 1 die Zusammensetzung der Verbundmasse. Diese besteht aus dem im sog. Steuerverbund zusammengefaßten Steueraufkommen und den sonstigen Einnahmen des Landes. Aus der Verbundmasse erhalten die Kommunen gemäß der ursprünglichen Festlegung in § 1 Abs. 1 NFVG insgesamt einen Anteil von 16,92 vom Hundert für das Haushaltsjahr 1999 und von 17,59 vom Hundert ab dem Haushaltsjahr 2000 (Zuweisungsmasse). Der für das Jahr 2000 geltende Vomhundertsatz ist durch Art. 3 des Änderungsgesetzes vom 22. Juni 2000 (Nds. GVBl. S. 138) rückwirkend auf den 1. Januar 2000 auf 17,01 vermindert worden. Die sich aus diesem Anteil am Steuerverbund ergebende Zuweisungsmasse wird nach Maßgabe des § 2 NFAG 1999 wie folgt auf verschiedene Teilmassen aufgeteilt:

㤠2 Aufteilung der Zuweisungsmasse

Von der Zuweisungsmasse werden vorab

1. 1,6 vom Hundert für Bedarfszuweisungen

2. die Finanzhilfen für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen nach § 1 Abs. 2 NFVG und

3. der Betrag für Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises

bereitgestellt. Der verbleibende Betrag wird für Zuweisungen für Gemeinde- und Kreisaufgaben zur Ergänzung und zum Ausgleich der Steuerkraft der Gemeinden und der Umlagekraft der Landkreise verwendet (Schlüsselzuweisungen).“

Die nach § 2 Nr. 2 NFAG 1999 vorab für Investitionen und Investitionsfordermaßnahmen bereitzustellende Summe beträgt gemäß § 1 Abs. 2 NFVG 12,3 vom Hundert der um Bedarfszuweisungen und die Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises gekürzten Zuweisungsmasse. Bei der Festsetzung der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises werden gemäß § 2 NFVG für das Haushaltsjahr 1999 bei kreisfreien Städten 98,46 Deutsche Mark und bei Landkreisen 106,18 Deutsche Mark für jeden Einwohner zugrunde gelegt. Für das Haushaltsjahr 2000 gelten nach einer rückwirkend zum 1. Januar erfolgten Änderung durch Gesetz vom 22. Juni 2000 (Nds. GVBl. S. 138) geringere Beträge, nämlich ein Betrag von 81,32 Deutsche Mark bei kreisfreien Städten und ein Betrag von 89,35 Deutsche Mark bei Landkreisen. Die Teilhabe kreisangehöriger Gemeinden an den entsprechenden Zuweisungen richtet sich nach § 12 Abs. 2 Satz 3 NFAG 1999.

§ 3 NFAG 1999 regelt die Aufteilung der Schlüsselmasse auf die Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise und hat folgenden Wortlaut:

„§ 3 Aufteilung der Schlüsselzuweisungen für Gemeinde- und Kreisaufgaben

Von den Schlüsselzuweisungen werden

1. 48 vom Hundert für Zuweisungen für Gemeindeaufgaben an kreisangehörige Gemeinden und kreisfreie Städte und

2. 52 vom Hundert für Zuweisungen für Kreisaufgaben an Landkreise und kreisfreie Städte

verwendet. Der Anteil an den Schlüsselzuweisungen nach Satz 1 Nr. 1 wird erhöht um die Einnahmen aus der Finanzausgleichsumlage (§ 16). Der Anteil an den Schlüsselzuweisungen nach Satz 1 Nr. 2 enthält die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2.“

§ 4 NFAG 1999 betrifft die Berechnung der Schlüsselzuweisungen für Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise, die sich auf eine Gegenüberstellung von Finanzbedarf und Finanzkraft der jeweiligen Kommune stützt. Die Bedarfsmeßzahlen für Gemeindeaufgaben werden dabei gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1,1. Halbsatz NFAG 1999 durch Vervielfältigung des Bedarfsansatzes nach § 5 mit einem für die kreisfreien Städte und kreisangehörigen Gemeinden einheitlichen Grundbetrag ermittelt. § 5 NFAG 1999 hat folgenden Wortlaut:

㤠5 Bedarfsansatz

Der Bedarfsansatz wird durch Vervielfältigung der Einwohnerzahl der Gemeinde mit dem Gemeindegrößenansatz errechnet. Der Gemeindegrößenansatz beträgt bei Gemeinden

mit weniger als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern 100 vom Hundert,

mit 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern 110 vom Hundert,

mit 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern 125 vom Hundert,

mit 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern 145 vom Hundert,

mit 250 000 Einwohnerinnen und Einwohnern 170 vom Hundert,

mit mehr als 500 000 Einwohnerinnen und Einwohnern 180 vom Hundert

der Einwohnerzahl. Für Gemeinden mit dazwischenliegenden Einwohnerzahlen gelten die entsprechenden dazwischenliegenden Gemeindegrößenansätze; diese werden auf volle 0,1 vom Hundert gerundet.“

Die Bedarfsmeßzahlen für Kreisaufgaben werden demgegenüber gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz NFAG 1999 durch Vervielfältigung des Bedarfsansatzes nach § 7 mit einem für die kreisfreien Städte und Landkreise einheitlichen Grundbetrag ermittelt. § 7 NFAG 1999 lautet:

㤠7 Bedarfsansatz

(1) Der Bedarfsansatz ergibt sich aus der Einwohnerzahl des Landkreises oder der kreisfreien Stadt, erhöht um eine zusätzliche Einwohnerzahl zur Berücksichtigung der Sozialhilfelasten. Die zusätzliche Einwohnerzahl ergibt sich aus der Vervielfältigung des Einwohnererhöhungswertes (Absatz 2) mit der Verhältniszahl, die sich aus dem Verhältnis der Sozialhilfelasten (Absatz 3) des Landkreises oder der kreisfreien Stadt zu denen aller Landkreise und kreisfreien Städte ergibt.

(2) Der Einwohnererhöhungswert ergibt sich durch Teilung der Gesamtzahl der Einwohner der Landkreise und kreisfreien Städte durch 69,2, dieses Ergebnis vervielfältigt mit 30,8. Die zweitgenannte Zahl ist der auf die Sozialhilfe, die erstgenannte Zahl der auf die übrigen Aufgaben entfallende Vomhundertsatz der gesamten Aufgabenbelastung im eigenen Wirkungskreis.

(3) Die Sozialhilfelasten werden nach dem Durchschnitt der Ausgaben der letzten beiden vorvergangenen Haushaltsjahre für Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (Abschnitt 41 der Haushalte) nach Abzug der dort verbuchten Einnahmen sowie der Zuweisungen nach der Sozialhilfeausgleichsverordnung - AG BSHG 1986 (Nds. GVBl. S. 76) ermittelt.“

Die Finanzkraft der Gemeinden ist nach Maßgabe des § 11 NFAG 1999 zu ermitteln:

㤠11 Steuerkraftzahlen

(1) Als Steuerkraftzahlen werden für die Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und die gemeindefreien Gebiete berücksichtigt:

1. bei den Grundsteuern A und B die Messbeträge mit 90 vom Hundert des mit den Messbeträgen gewogenen Durchschnitts der Hebesätze aller Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern im vorvergangenen Haushaltsjahr,

2. bei der Gewerbesteuer ein durch Verordnung des Innenministeriums jährlich festzusetzender Vomhundertsatz der Messbeträge mit 90 vom Hundert des mit den Messbeträgen gewogenen Durchschnitts der Hebesätze aller Gemeinden mit weniger als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern im vorvergangenen Haushaltsjahr (...),

3. bei dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer die Messbeträge mit 90 vom Hundert,

4. bei dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer die Messbeträge mit 90 vom Hundert,

5. bei den Anteilen der Spielbankgemeinden an der Spielbankabgabe die Messbeträge mit 90 vom Hundert.

(2) Absatz 1 ist auf die Gemeinden mit 100 000 und mehr Einwohnerinnen und Einwohnern mit der Maßgabe anzuwenden, dass der jeweilige gewogene Durchschnitt der Hebesätze aller Gemeinden mit 100 000 und mehr Einwohnerinnen und Einwohnern der Berechnung der Steuerkraftzahlen für die Grundsteuern A und B und die Gewerbesteuer zugrunde zu legen ist.“

§ 12 NFAG 1999 enthält Bestimmungen über die Verteilung des Ansatzes für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, die mit Wirkung vom 1. Januar 2000 geändert worden sind (Art. 4 des Änderungsgesetzes vom 22. Juni 2000, Nds. GVBl. S. 138):

„§ 12 Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises

(1) Der Gesamtbetrag der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises beträgt 75 vom Hundert der nicht durch Einnahmen gedeckten pauschalierten Kosten.

(2) Die Aufteilung der Zuweisungen auf die einzelnen kreisfreien Städte und Landkreise erfolgt nach ihrer Einwohnerzahl. Abweichend von § 17 wird die Einwohnerzahl vom 31. Dezember des Vorvorjahres zugrunde gelegt. Von den Zuweisungen für einen Landkreis erhalten

1999 2000 große selbständige Städte60,11 vom Hundert74,56 vom Hundertselbständige Gemeinden41,09 vom Hundert51,00 vom Hundertund die übrigen Gemeinden/Samtgemeinden26,01 vom Hundert32,26 vom Hundertdes auf ihre Einwohnerzahl entfallenden Betrages.“

§ 15 NFAG 1999 ermöglicht die Erhebung einer Umlage von den kreisangehörigen Gemeinden, Samtgemeinden und gemeindefreien Gebieten (Kreisumlage), soweit die anderen Einnahmen eines Landkreises seinen Bedarf nicht decken. Hinsichtlich der Umlagegrundlagen ist in § 15 Abs. 2 NFAG 1999 bestimmt:

„(2) Umlagegrundlagen sind

1. für kreisangehörige Gemeinden und gemeindefreie Gebiete die Steuerkraftzahlen nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 sowie für kreisangehörige Gemeinden, die nicht Mitgliedsgemeinde einer Samtgemeinde sind, 90 vom Hundert der auf sie entfallenden Schlüsselzuweisungen,

2. für Samtgemeinden 90 vom Hundert der auf sie nach § 6 Abs. 1 entfallenden Schlüsselzuweisungen.“

Für den Fall der Wahrnehmung von Kreisaufgaben durch kreisangehörige Gemeinden auf der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung ist in § 15 Abs. 4 NFAG 1999 vorgesehen:

„(4) Der Landkreis kann die finanziellen Folgen von Vereinbarungen zwischen dem Landkreis und einer oder mehrerer Gemeinden, durch die von der allgemeinen Verteilung der Aufgaben zwischen dem Landkreis und den Gemeinden abgewichen wird, bei der Kreisumlage der betroffenen Gemeinde oder Gemeinden berücksichtigen.“

Durch § 16 NFAG 1999 werden die finanzausgleichsrechtlichen Mechanismen um das Instrument einer sog. Finanzausgleichsumlage erweitert. § 16 NFAG 1999 hat den folgenden

㤠16 Finanzausgleichsumlage

Übersteigt die für die Schlüsselzuweisungen gemäß § 11 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 ermittelte Steuerkraftmesszahl einer Gemeinde ihre Bedarfsmesszahl, so erhebt das Land von der Gemeinde eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 20 vom Hundert des übersteigenden Betrages.“

2. Das ebenfalls angegriffene Niedersächsische Gesetz zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (NFVG) vom 12. März 1999 enthält außer den bereits im Zusammenhang mit dem Finanzausgleichsgesetz angeführten Regelungen bezüglich der Verteilungsmasse (§ 1 NFVG) und des übertragenen Wirkungskreises (§ 2 NFVG) Bestimmungen zur Investitionsbindung (§ 3 NFVG). So ist im Hinblick auf die nach § 2 Nr. 2 NFAG 1999 von der Zuweisungsmasse vorab bereitzustellenden Finanzhilfen für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen, auf die gemäß § 1 Abs. 2 NFVG 12,3 vom Hundert von der um Bedarfszuweisungen und die Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises gekürzten Zuweisungsmasse gemäß § 2 Satz 1 NFAG 1999 entfallen, in § 3 NFVG geregelt:

„(1) Die Finanzhilfen nach § 1 Abs. 2 werden in dem Verfahren der §§ 3 bis 8 NFAG verteilt und sind für das Berechnungsverfahren als Schlüsselzuweisungen (§ 2 Satz 2 NFAG) zu behandeln. Die Finanzhilfen sind in entsprechender Anwendung des § 18 Abs. 2 NFAG Grundlagen für die Kreisumlage, die Umlage nach dem Niedersächsischen Krankenhausfinanzierungsgesetz und die Verbandsumlagen des Zweckverbandes ‚Großraum Braunschweig‘ und des Kommunalverbandes ‚Großraum Hannover‘. Sie sind für eigene Investitionen oder Investitionsfördermaßnahmen im Bereich des Hoch- oder Tiefbaus oder für Ausrüstungsinvestitionen zu verwenden. Für diese Investitionen oder Investitionsfördermaßnahmen darf kein Kredit aufgenommen werden.

(2) Die Verwendung für Investitionsmaßnahmen nach Absatz 1 ist dem Land nach Abschluss des Haushaltsjahres nachzuweisen. Das Innenministerium wird ermächtigt, die Form des Nachweises zu bestimmen. Das Land kann nicht zweckentsprechend oder unter Verstoß gegen Absatz 1 Satz 4 verwendete Mittel durch Bescheid zurückfordern und mit Leistungen nach dem Niedersächsischen Gesetz über den Finanzausgleich aufrechnen. § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NFAG gilt entsprechend.

(3) Die Finanzhilfen gelten als Investitionsfördermaßnahmen des Landes nach Art. 71 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung.“

3. Durch Art. 1 Nr. 7, Art. 2 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1999 sind § 15 AG KJHG a.F. sowie §§ 15 ff. KiTaG a.F. gestrichen worden. Der besondere finanzkraftunabhängige Ausgleich der Kosten der Heimerziehung und Familienpflege sowie die gesonderten Finanzhilfen für Personalausgaben der Kindertagesstätten sind dadurch abgeschafft und in den allgemeinen Finanzausgleich (Teilmasse für Kreisaufgaben) überführt worden. Entsprechend verhält es sich mit §§ 15 und 17 NFAG 1995. § 15 NFAG 1995 hatte den Gemeinden außerhalb des finanzkraftabhängigen Finanzausgleichs Mittel zum Ausgleich von Steuerausfallen aufgrund der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs zugewiesen und ist durch Art. 1 Nr. 17 NFAG-ÄndG aufgehoben worden. § 17 NFAG 1995 ist Grundlage für gesonderte und eigenständig abgerechnete Zuweisungen aus dem Grunderwerbsteueraufkommen gewesen. Seine Aufhebung ist durch Art. 1 Nr. 19 NFAG-ÄndG erfolgt. Die entsprechenden Mittel werden nunmehr zur Erhöhung der Teilmassen für Gemeindeaufgaben (Familienleistungsausgleich) bzw. Kreisaufgaben (Grunderwerbsteueraufkommen, vgl. § 3 Satz 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 NFAG 1999) verwendet, fließen also in den allgemeinen Finanzausgleich ein.

4. Durch Art. 3 NFAG-ÄndG ist schließlich eine Änderung des besonderen Status der Stadt Göttingen bewirkt worden. § 2 des Göttingen-Gesetzes lautet in der aktuellen Fassung:

㤠2

Die Stadt Göttingen wird bei Anwendung der Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich über die Schlüsselzuweisungen sowie die Kreisumlage als kreisangehörige Gemeinde behandelt.“

B.-I.

Die Beschwerdeführer zu 1 bis 28 sind niedersächsische Landkreise, Städte, Gemeinden und Samtgemeinden. Antragstellerin im Verfahren nach Art. 54 Nr. 3 NV ist die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. Die Verfassungsbeschwerden und der Normenkontrollantrag sind durch Beschluß des Staatsgerichtshofs vom 30. Juni 2000 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Die Beschwerdeführer zu 1 bis 7 richten ihre Verfassungsbeschwerden gegen das NFVG und gegen die Bestimmungen des NFAG 1999 über die Investitionsbindung eines Teils der Zuweisungsmasse, die Erstattung der Kosten für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, die Aufteilung der Schlüsselzuweisungen für Gemeinde- und Kreisaufgaben, die Ermittlung des Finanzbedarfs für die Erfüllung von Kreisaufgaben, die Ermittlung des Finanzbedarfs für die Erfüllung von Gemeindeaufgaben sowie die Berechnungsgrundlagen für die Erhebung der Kreisumlage. Beantragt wird, die entsprechenden Bestimmungen mit ex-tunc-Wirkung für nichtig zu erklären, und außerdem die Feststellung, daß der Schutz der Finanzgarantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 57 Abs. 1, 58 NV prozedurale Absicherungen in dem zu anstehenden Entscheidungen des Gesetzgebers über den Finanzausgleich führenden Verfahren voraussetzt, denen der niedersächsische Landesgesetzgeber nicht Rechnung getragen habe.

Die Beschwerdeführer zu 8 bis 17 wenden sich gegen das NFVG und das NFAG in der Fassung des NFAG-ÄndG insgesamt sowie gegen die Überführung vormals gesonderter Zuweisungen in den allgemeinen Finanzausgleich. Auch sie beantragen die Nichtigerklärung der angegriffenen Gesetze mit Wirkung ex tunc.

Die Beschwerdeführer zu 18 bis 25 sowie die Antragstellerin im Verfahren StGH 8/99 rügen die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze (NFAG-ÄndG) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 26. Mai 1999 sowie des Niedersächsischen Gesetzes zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (NFVG).

Die Beschwerdeführer zu 26 bis 28 wenden sich gegen die Vorschriften betreffend die Ermittlung des Finanzbedarfs für die Erfüllung von Gemeinde- und Kreisaufgaben, die Bestimmung der Steuerkraft von Gemeinden sowie gegen die finanzausgleichsrechtliche Behandlung der Stadt Göttingen als kreisangehörige Gemeinde.

Der Niedersächsische Landtag hat beschlossen, von einer Äußerung gegenüber dem Staatsgerichtshof abzusehen. Die Niedersächsische Landesregierung hat sich zu den Verfassungsbeschwerden und dem Normenkontrollantrag geäußert.

II.

Die Beschwerdeführer zu 1 bis 28 halten, soweit sie sich zu Fragen der Zulässigkeit äußern, die Verfassungsbeschwerden gemäß Art. 54 Nr. 5 NV, §§ 8 Nr. 10, 36 StGHG für zulässig.

Die Landesregierung äußert in ihrer Stellungnahme hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden Bedenken. Den Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführerinnen zu 26 bis 28 stehe das Prozeßhindernis der bestehenden Rechtshängigkeit entgegen, weil die Beschwerdefuhrerinnen bereits an dem Verfahren StGH 7/99 beteiligt seien. Der Antrag der Beschwerdeführer zu 18 bis 25, der auf die Nichtigerklärung der angegriffenen Bestimmungen gerichtet sei, „soweit die Beschwerdeführerinnen betroffen sind“, genüge nicht den Anforderungen hinreichender Bestimmtheit. Zudem sei die Rüge der Verfassungswidrigkeit des fehlenden Flächenansatzes für die Landkreise in den Verfassungsbeschwerden zu 1 bis 7 mangels Betroffenheit der Beschwerdeführer offensichtlich unzulässig. Bedenken bestünden schließlich hinsichtlich des Feststellungsantrages der Beschwerdeführer zu 1 bis 7, weil dieser Antrag der Sache nach bereits in dem weitergehenden Antrag auf Nichtigerklärung enthalten sei und es dem Staatsgerichtshof zudem an einer entsprechenden Feststellungskompetenz mangele. Überdies sei zweifelhaft, ob der Antrag den Anforderungen hinreichender Bestimmtheit Rechnung trage und ob die beschwerdeführenden Landkreise bezüglich der Bestimmungen über die Ermittlung des Finanzbedarfs für die Erfüllung von Gemeindeaufgaben überhaupt beschwerdebefugt seien.

III.

Die Beschwerdeführer sehen sich durch die jeweils beanstandeten Regelungen in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt. Die Antragstellerin hält die Selbstverwaltungsgarantie für verletzt. Insgesamt stützen die Beschwerdeführer und die Antragstellerin die von ihnen behauptete Verfassungswidrigkeit des NFAG-ÄndG bzw. NFAG 1999, des NFVG sowie des Haushaltsbegleitgesetzes 1999 auf die folgenden Argumente:

1. Die gesetzliche Regelung der Kostenerstattung für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises verstoße insofern gegen Art. 57 Abs. 4 NV, als die tatsächlich entstehenden Kosten nicht vollständig berücksichtigt und unrichtig festgesetzt worden seien; insbesondere könnten die bei der Kostenermittlung angewandten Pauschalierungstechniken vor der Verfassung keinen Bestand haben. Dem verfassungsrechtlichen Gebot der Transparenz der Kostenuntersuchung sei nicht Rechnung getragen worden. Ebenfalls unzulässig sei die Festlegung einer Deckungsquote in Höhe von 75 vom Hundert der nicht durch Einnahmen gedeckten pauschalierten Kosten. Die gerügten Maßnahmen führten zusammengenommen zu einer Kostenunterdeckung um etwa ein Drittel, was die Garantie des Art. 57 Abs. 4 NV aushöhle.

2. Verfassungswidrig seien die angefochtenen Gesetze weiterhin deshalb, weil sie die Regelung der Kostendeckung für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises mit dem Finanzausgleich nach Art. 58 NV vermischten. Der Betrag für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises werde in § 2 Satz 1 Nr. 3 NFAG 1999 als Teil der im Landeshaushaltsplan ausgewiesenen Zuweisungsmasse behandelt. Die verfassungswidrige, weil mit der normativen Eigenständigkeit der in Art. 57 Abs. 4 NV und Art. 58 NV enthaltenen Finanzgarantien unvereinbare Folge sei, daß eine Aufstockung der Deckungsmittel für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zwangsläufig eine entsprechende Verminderung der Schlüsselzuweisungsmasse für die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zur Folge habe.

3. Die gesetzliche Ausgestaltung des Finanzausgleichs zwischen Land und Kommunen sei in mehrerlei Hinsicht mit Art. 58 NV unvereinbar.

Der Gesetzgeber habe versäumt, die Aufgaben der Gemeinden und Landkreise und die dadurch bedingten Ausgaben zu analysieren. Statt dessen habe er die Entscheidung über das Volumen der Ausgleichsmasse und damit die Höhe der Schlüsselzuweisungen unzulässigerweise als einnahmebezogene, am Gebot der Verteilungssymmetrie orientierte politische Abwägungsentscheidung behandelt. In der Konsequenz dieses Vorgehens liege es, daß die primäre Frage nach der aufgabengerechten vertikalen Zuweisung der Finanzmittel ausgeblendet und statt dessen versucht worden sei, eine Art Selbstfinanzierung des Finanzausgleichs durch Strukturveränderungen auf der horizontalen Ebene zu organisieren.

Darüber hinaus seien die Kommunen nicht ausreichend in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen worden. Damit sei das vom Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg entwickelte Erfordernis der prozeduralen Absicherung der Selbstverwaltungsgarantie verletzt worden. Insbesondere habe im Zuge der legislativen Beratungen des NFVG keine den Anforderungen des Art. 57 Abs. 6 NV genügende Anhörung der Kommunen stattgefunden.

Die finanzielle Mindestausstattung, die zum unantastbaren Kern der kommunalen Selbstverwaltung zähle und die Möglichkeit der Gemeinden und Landkreise zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung sicherstelle, sei unterschritten, weil den Kommunen die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten infolge einer unzureichenden Finanzausstattung zunehmend unmöglich werde. Das Gebot der Verteilungssymmetrie sei mißachtet worden. Zu verzeichnen sei nämlich eine weiterhin scherenartige Entwicklung zwischen langsamer steigenden kommunalen Einnahmen bei stärker zunehmenden kommunalen Ausgaben einerseits und besser sich entwickelnden Einnahmen des Landes bei weniger steil zunehmenden Ausgaben andererseits.

Verfassungswidrig sei angesichts des unzureichenden Volumens der Schlüsselzuweisungen auch die Investitionsbindung eines Teils der Zuweisungssumme. Eine solche gesetzliche Zweckbindung stelle einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die kommunale Finanzhoheit dar, der nur dann verfassungsgemäß sei, wenn der nicht zweckgebundene Teil der Schlüsselzuweisungen einen aufgabengerechten Finanzausgleich bewirke. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht erfüllt.

Mit Art. 58 NV sowie mit der Selbstverwaltungsgarantie unvereinbar sei es ferner, von Gemeinden, deren Steuerkraftmeßzahl ihre Bedarfsmeßzahl übersteige, eine Finanzausgleichsumlage in Höhe von 20 vom Hundert des übersteigenden Betrages zu erheben (§ 16 NFAG 1999). Insbesondere sei es willkürlich, die Bemessung der Finanzausgleichsumlage allein an den Gewerbesteuervorauszahlungen, nicht aber an der endgültigen Steuerveranlagung zu orientieren und für den Fall dabei entstehender Einnahmeverluste keine Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur vorzusehen.

4. Verfassungswidrig sei außerdem die Überführung ehemals finanzkraftunabhängiger Zuweisungen in die finanzkraftabhängige Schlüsselmasse, nämlich der Zuweisungen für die Kosten der Heimerziehung und Familienpflege, die Personalausgaben der Kindertagesstätten, den Ausgleich von Steuerausfällen aufgrund der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs sowie der Zuweisungen aus dem Grunderwerbsteueraufkommen. Dieser konzeptionellen Änderung liege keine nachvollziehbare gesetzgeberische Entscheidung zugrunde.

5. Die interkommunale Verteilung der Schlüsselmasse wird mit den folgenden Argumenten angegriffen: Die Zuweisungen für Gemeindeaufgaben und Landkreisaufgaben seien rechnerisch nicht nachvollziehbar, sondern gegriffen, wie sich auch aus der Gesetzesbegründung ergebe. Die Einwohnerspreizung aus früheren, inzwischen für verfassungswidrig erklärten Fassungen des Gesetzes werde ohne Rücksicht auf den kommunalen Aufgabenbestand beibehalten und sei sogar noch verstärkt worden, obgleich bis zum Beweis des Gegenteils der Bedarf pro Einwohner in jeder Gebietskörperschaft gleich hoch zu veranschlagen sei. Die Ermittlung des Finanzbedarfs der Landkreise ohne flächenbezogene Indikatoren, die in allen anderen Ländern gälten, mißachte die verfassungsrechtliche Vorgabe der Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs. Statt eines Flächenkriteriums habe der Gesetzgeber die Sozialhilfelasten der Landkreise und kreisfreien Städte berücksichtigt, was ebenfalls verfassungswidrig sei, weil dabei nicht auf normierte Indikatoren, sondern auf die Ist-Ausgaben eines vergangenen Zeitraums abgestellt worden sei. Schließlich sei verfassungswidrig, daß bei der Bestimmung der Steuerkraftzahlen zwischen Gemeinden mit weniger und mit mehr als 100.000 Einwohnern differenziert werde.

Von der Prozeßvertretung der Stadt ... wird geltend gemacht, daß die Stadt gemäß dem Göttingen-Gesetz in großem Umfang Kreisaufgaben wahrnehme, ohne an den entsprechenden Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben beteiligt zu sein.

6. Einige Beschwerdeführer halten es auf Grund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für verfassungsrechtlich zwingend, daß der Landesgesetzgeber die grundlegenden Regelungen des Finanzausgleichs in einem formell verselbständigten Maßstäbegesetz treffe.

7. Die Beschwerdeführer zu 1 bis 7 beantragen, das Niedersächsische Gesetz zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (Niedersächsisches Finanzverteilungsgesetz - NFVG) vom 12. 3. 1999 (Nds. GVBl. S. 79) und §§ 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, 3, 7 und 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze vom 12. 3. 1999 (Nds. GVBL S. 74) sowie § 5 dieses Gesetzes i. V. m. § 15 Abs. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich (NFAG) i. d. F. der Neubekanntmachung vom 26. 5. 1999 (Nds. GVBl. 1999 S. 117) wegen Unvereinbarkeit mit Art. 57 Abs. 1 und 4 sowie Art. 58 der Niedersächsischen Verfassung vom 19. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 107) für verfassungswidrig und mit ex-tunc-Wirkung für nichtig zu erklären sowie festzustellen, daß der Schutz der Finanzgarantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 57 Abs. 1, 58 NV prozedurale Absicherungen in dem zu anstehenden Entscheidungen des Gesetzgebers über den Finanzausgleich führenden Verfahren voraussetzt, denen der niedersächsische Landesgesetzgeber mit dem Erlaß des NFVG und dem NF AG-Änderungsgesetz jeweils vom 12. 3. 1999 nicht Rechnung getragen hat, so daß auch aus diesem Grunde das NFVG und die vorgenannten Bestimmungen des NF AG-Änderungsgesetzes verfassungswidrig und nichtig sind.

Die Beschwerdeführer zu 8 bis 17 beantragen, das Niedersächsische Gesetz zur Regelung der Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen (Niedersächsisches Finanzverteilungsgesetz - NFVG -) vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 79 mit Berichtigungen S. 106 und S. 360), das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich - NFAG - (Fassung vom 26. Mai 1999, Nds. GVBl. S. 177) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze - NFAG-ÄndG - vom 12. März 1999 (Nds. GVBl. S. 74) sowie Art. 1 Nrn. 17, 19 NFAG-ÄndG und Art. 1 Nr. 7 und Art. 2 Nr. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 1999 vom 21. Januar 1999 (Nds. GVBl. S. 19) wegen Unvereinbarkeit mit Art. 57 und 58 der Niedersächsischen Verfassung vom 19. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 107) ex tunc für nichtig zu erklären.

Die Beschwerdeführer zu 18 bis 25 beantragen, das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze vom 12. 3. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 74) i. d. F. der Neubekanntmachung vom 26. 5. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 116) sowie das Gesetz zur Regelung der Niedersächsischen Finanzverteilung (Niedersächsisches Finanzverteilungsgesetz - NFVG -) v. 12. 3. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 79 mit Berichtigung S. 106) für verfassungswidrig und nichtig zu erklären, soweit die Beschwerdeführer betroffen sind.

Die Beschwerdeführerinnen zu 26 bis 28 beantragen, Art. 1 Nr. 7 und Nr. 10 (Bedarfsansatz), Nr. 12 (Steuerkraftzahlen) sowie Art. 3 (Göttingen) des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich vom 12. 3. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 74) wegen Unvereinbarkeit mit der Niedersächsischen Verfassung, insbesondere deren Art. 57 Abs. 4 und 58, für verfassungswidrig und nichtig zu erklären.

Die Antragstellerin beantragt, das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze vom 12. 3. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 74) i. d. F. der Neubekanntmachung vom 26. 5. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 116) sowie das Gesetz zur Regelung der Niedersächsischen Finanzverteilung (Niedersächsisches Finanzverteilungsgesetz - NFVG -) vom 12. 3. 1999 (Nds. GVBl. 1999, S. 79 mit Berichtigung S. 106) für verfassungswidrig und nichtig zu erklären.

IV.

Die Landesregierung hält die Verfassungsbeschwerden und den Normenkontrollantrag für unbegründet. Sie führt dazu im wesentlichen aus:

1. Was die im übertragenen Wirkungskreis entstehenden Kosten anbelange, liege eine vertretbare und nicht evident unzutreffende Einschätzung vor. Auch die Methode der Erfassung der Kosten - Bemessung auf der Grundlage von Angaben der Kommunen, Bildung gewogener Durchschnittsbeträge, Anwendung des Verfahrens der gestutzten Reihe - sowie die Eigenquote der Gemeinden von 25 % seien nicht zu beanstanden, da Art. 57 Abs. 4 NV keine vollständige Kostenerstattung, sondern Bestimmungen über die Kostendeckung verlange. Auch bewirke die Kombination von Kostenschätzung und Eigenquote keine Verfassungswidrigkeit.

2. Im Finanzausgleichsgesetz seien Kostenerstattung und Finanzausgleich zwar dergestalt verknüpft, daß bei jeder Steigerung der Kostendeckungsquote sich automatisch die Mittel für den Finanzausgleich verringerten. Dies sei aber in einer Zeit angespannter Haushaltslage kein Verstoß gegen die normative Selbständigkeit der Art. 57 Abs. 4 NV und 58 NV.

3. Die gesetzliche Ausgestaltung des Finanzausgleichs nach Art. 58 NV sei in jeder Hinsicht verfassungsmäßig. Der Gesetzgeber habe sich der Auffassung des als sachkundig anerkannten Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung angeschlossen, daß die Forderung nach einer Quantifizierung des finanziellen Mindestbedarfs der Kommunen nach finanzwissenschaftlichen Maßstäben nicht zu erfüllen sei, weswegen die Festlegung der Finanzausgleichsmittel eine Frage politischer, nicht aber rechtlicher Wertung sei. Um gleichwohl innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitraums zu einer nachvollziehbaren Dotierung des Finanzausgleichs zu kommen, habe der Gesetzgeber nach Hilfsmaßstäben gesucht und dafür die vom Staatsgerichtshof geforderte Verteilungssymmetrie genommen und demgemäß die Entwicklung der Einnahmen der Haushalte und die Aufgaben- und Ausgabenentwicklung des Landes und der Kommunen zugrunde gelegt. Die Berufung auf das vom Staatsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg aufgestellte Postulat einer prozeduralen Absicherung der Finanzgarantie gehe fehl, weil dieses Postulat in einem zwingenden Zusammenhang mit der von diesem Staatsgerichtshof gleichzeitig vorgenommenen Absenkung der materiellen Standards bzw. der gerichtlichen Kontrolldichte stehe. Zudem seien die Kommunen in allen Phasen der Entscheidungsfindung ausreichend beteiligt und zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens auch offiziell angehört worden. Die Abrechnung des Haushaltsjahres 1999 ergebe Finanzausgleichsmittel (einschl. Mittel für Kostenerstattung nach Art. 57 Abs. 4 NV) von über 5 Mrd. DM. Dieser Betrag garantiere ohne jeden Vorbehalt eine finanzielle Mindestausstattung im Sinne einer „freien Spitze“. Im übrigen sei die Garantie des Art. 58 NV nur institutionell, nicht individuell zu verstehen, deshalb komme es nicht auf die Situation einer einzelnen oder mehrerer einzelner Gemeinden und Landkreise an. Die Bindung von 12,3 % der Zuweisungsmasse für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sei schon deshalb nicht verfassungswidrig, weil es sich um einen Vorab handele, der nicht zur Schlüsselmasse gehöre. Außerdem handele es sich bei der Zweckbindung für Investitionen um die bloße Beschränkung einer Vorteilsgewährung, also um eine Leistung mit Auflage, durch die das Land im übrigen den bundesrechtlichen Vorgaben des § 16 Abs. 2 StabG nachkomme. Die erhebliche Kluft zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden rechtfertige die Finanzausgleichsumlage, die als horizontales Element mit dem Grundgedanken des verfassungsrechtlich geforderten Finanzausgleichs vereinbar sei.

4. Die Überführung ehemals finanzkraftunabhängiger Zuweisungen in den allgemeinen Finanzausgleich verbessere und vereinfache das Finanzausgleichssystem und sei deshalb nicht verfassungswidrig.

5. Die interkommunale Verteilung der Schlüsselmasse beruhe auf plausiblen und nachvollziehbaren Erwägungen; sie sei strikt. aufgabenbezogen. Der Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf die Einwohnerspreizung verbiete dem Landesgesetzgeber nicht, sich wie bisher politisch für diese Spreizung zu entscheiden. Auch der Verzicht auf einen Flächenansatz liege im Rahmen der Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers. Verfassungsmäßig sei auch die bei der Steuerkraftberechnung erfolgende Differenzierung zwischen Gemeinden mit mehr und solchen mit weniger als 100.000 Einwohnern, weil erwiesen sei, daß Großstädte aufgrund des Angebots umfassender kommunaler Leistungen und besserer Standortbedingungen über größere Möglichkeiten der Hebesatzanspannung verfügten als kleinere Städte und Gemeinden, und dem Gesetzgeber überdies bei der Bildung von Gemeindegrößenklassen ein großer Gestaltungsspielraum zustehe. Schließlich könne mit Blick auf das geltende Recht nicht angenommen werden, daß durch das Zusammenwirken der verschiedenen Maßnahmen im Ergebnis eine unzulässige Nivellierung oder gar Übernivellierung bewirkt werde. Letzteres sei schon daran zu erkennen, daß die auf die Steuerkraft bezogene Rangfolge aller am Finanzausgleich teilnehmenden 427 Verwaltungseinheiten durch den Finanzausgleich in keinem Fall verändert werde. Lediglich die Abstände zwischen den Kommunen würden verringert, was gerade Ziel des Finanzausgleichs sei.

Die Behandlung der Stadt ... sei gerechtfertigt, weil die wahrgenommenen Kreisaufgaben entweder kein wirtschaftliches Gewicht hätten oder mit nahezu vollständiger Kostendeckung betrieben würden. Den verbleibenden Abweichungen könne durch die Kreisumlage und besondere Vereinbarungen zwischen Stadt und Landkreis Rechnung getragen werden.

6. Die Forderung einzelner Beschwerdeführer, der Landesgesetzgeber müsse dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern folgen und die Kriterien des kommunalen Finanzausgleichs in einem Maßstäbegesetz regeln, auf dessen Grundlage dann erst das Finanzausgleichsgesetz erlassen werden könne, finde in der Niedersächsischen Verfassung keine Stütze.

C.

Die Verfassungsbeschwerden in dem Verfahren StGH 7/99 und die abstrakte Normenkontrolle sind zulässig.

Dies gilt auch für die Verfassungsbeschwerden im Verfahren StGH 6/99, allerdings mit der Einschränkung, daß der Antrag der sieben beschwerdeführenden Landkreise insoweit unzulässig ist, als mit ihm die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die Ermittlung des Finanzbedarfs für Gemeindeaufgaben (§ 5 NFAG 1999) geltend gemacht wird. Entgegen ihrer Ansicht sind die Beschwerdeführer durch die in Rede stehende Vorschrift nicht selbst und unmittelbar betroffen. Wenn dies gleichwohl mit der Begründung angenommen wird, die Schlüsselzuweisungen an die kreisangehörigen Gemeinden nach § 15 Abs. 2 NFAG 1999 zählten zu den Umlagegrundlagen der Kreisumlage, wird verkannt, daß es sich dabei um eine lediglich mittelbare Betroffenheit der Landkreise handelt, die nicht zur Begründung ihrer Beschwerdebefugnis ausreicht.

Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren StGH 1/2000 sind ebenfalls zulässig. Zwar sind die Beschwerdefuhrerinnen bezüglich desselben Streitgegenstandes auch an dem Verfahren StGH 7/99 beteiligt. Das Prozeßhindernis der Rechtshängigkeit, das die Landesregierung geltend macht, soll die unnütze Anrufung der Gerichte verhindern, Prozeßökonomie wahren und widersprechende Entscheidungen mehrerer Gerichte über denselben Streitgegenstand vermeiden. Bei den vorliegenden Verfahren besteht aber auf Grund der ausschließlichen Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs zur Entscheidung über kommunale Verfassungsbeschwerden weder die Gefahr divergierender Entscheidungen, noch ist die Prozeßökonomie beeinträchtigt, zumal die verschiedenen anhängigen Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.

Die Verfassungsbeschwerden im Verfahren StGH 9/99 sind unzulässig. In der Beschwerdeschrift wird nur pauschal beantragt, das NFAG 1999 und das NFVG für nichtig zu erklären, „soweit die Beschwerdeführerinnen betroffen sind“. Auch in den Ausführungen zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des geltenden Finanzausgleichsrechts, die zu einem Großteil eine Stellungnahme des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes beim Niedersächsischen Landtag wörtlich wiedergeben, werden Normen der betroffenen Gesetze nur kursorisch erwähnt. Ausdrücklich oder wenigstens sinngemäß als verfassungswidrig bezeichnet und aufgeführt werden lediglich §§ 2, 3 NFVG, 2 Satz 1 Nr. 2, 3, 12 NFAG 1999. Inwiefern die beschwerdeführenden Kommunen durch die Normen des NFAG 1999 und NFVG in ihrem Selbstverwaltungsrecht selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein sollen, wird in dem Schriftsatz, der nahezu wörtlich mit dem im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle eingereichten Schriftsatz übereinstimmt, nicht deutlich. Die Beschreibung der finanziellen Konsequenzen der Neuregelung für die Beschwerdeführer erfolgt ohne Bezug zur Selbstverwaltungsgarantie der Art. 57, 58 NV, während das zur Verfassungswidrigkeit von NFAG 1999 und NFVG Vorgetragene mit Ausnahme der Darlegungen zur Finanzausgleichsumlage allenfalls nur bedingt auf die Situation der klagenden Kommunen bezogen ist.

D.

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 27 und der Normenkontrollantrag sind teilweise begründet. § 2 des Göttingen-Gesetzes i.d.F. des Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze von 12 März 1999 (GVBl. S. 74) ist verfassungswidrig und nichtig.

I.

Das Gesetzgebungsverfahren ist mit Art. 57 Abs. 6 NV vereinbar, obwohl es Mängel aufweist.

Die von den Beschwerdeführern in Bezug genommene Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs des Landes Baden-Württemberg, wonach eine wirksame und über eine bloße Anhörung hinausgehende Teilnahme der Kommunen an der Entscheidungsfindung des Finanzausgleichsgesetzgebers um der Sicherstellung eines aufgabengerechten Finanzausgleichs willen geboten ist (Urteil vom 10. Mai 1999, ESVGH 49, 241, 253 ff.), ist auf das niedersächsische Verfassungsrecht nicht übertragbar. Die verfahrensrechtliche Absicherung der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsposition der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren wird durch Art. 57 Abs. 6 NV bewirkt, der eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zur Pflicht macht. Die Landesregierung hat die kommunalen Spitzenverbände angehört, bevor die angegriffenen gesetzlichen Regelungen erlassen worden sind. Das gilt auch für den Erlaß des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes. Dessen Entwurf wurde gemäß Kabinettsbeschluß vom 22. Dezember 1998 zur Anhörung freigegeben. Wegen der unmittelbar bevorstehenden Feiertage war es den kommunalen Spitzenverbänden nur schwer möglich, eine Stellungnahme vorzubereiten und abzugeben. Die Anhörung hat dann auch noch überraschend auf Grund einer Ladung per Telefax vom 2. Februar am 4. Februar 1999 im Ausschuß für Haushalt und Finanzen stattgefunden. Obwohl somit dem verfassungsrechtlich ausdrücklich verbürgten Anhörungsrecht im Gesetzgebungsverfahren nicht in vollem Umfange Rechnung getragen worden ist, führt das nicht zur Verfassungswidrigkeit des Finanzverteilungsgesetzes, weil sich die kommunalen Spitzenverbände auf dieses Verfahren eingelassen haben.

II.

Prüfungsmaßstab für die angegriffenen gesetzlichen Regelungen ist die Selbstverwaltungsgarantie der Art. 57 und 58 NV. Beide Bestimmungen konkretisieren für das Land Niedersachsen die in Art. 28 GG enthaltene bundesverfassungsrechtliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und haben nach Zweck und Entstehungsgeschichte jedenfalls denselben Mindestgehalt wie Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 2 GG (Nds. StGHE 3, 136, 155 f.; 3, 299, 311).

Zum Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gehört nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 71, 25, 36 m.w.N.) und der Verfassungsgerichte der Länder (Nds. StGHE 3, 299, 311 m.w.N.) die Finanzhoheit der Kommunen. Sie umschließt die eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft der Kommunen. Die Niedersächsische Verfassung enthält mit Art. 57 Abs. 4 einerseits und Art. 58 andererseits zwei selbständige Ausformungen der finanziellen Absicherung der kommunalen Gebietskörperschaften, kraft derer das Land zum einen Bestimmungen über die Deckung der Kosten treffen muß, die den Gemeinden und Landkreisen durch die Erfüllung übertragener staatlicher Aufgaben entstehen, und zum anderen verpflichtet ist, den Gemeinden und Landkreisen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel durch Erschließung eigener Steuerquellen und im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit durch übergemeindlichen Finanzausgleich zur Verfügung zu stellen (Nds. StGHE 3, 136, 156 ff., 160 f.; 3, 299, 311 f.).

III.

1. Im übertragenen Wirkungskreis, dessen Finanzierung durch Art. 57 Abs. 4 NV geregelt wird, sind die Kommunen weder hinsichtlich der Aufgabenstellung noch hinsichtlich der Ausgabengestaltung aus eigenem Recht entscheidungsbefugt. Dieser Bindung an staatliche Vorgaben entspricht die Verpflichtung des Landesgesetzgebers, Bestimmungen über die Deckung der in diesem Aufgabenbereich entstehenden Kosten zu treffen. Art. 57 Abs. 4 NV enthält insoweit einen besonderen Regelungsauftrag, der seinem Wesen nach eine Schutzfunktion für die Kommunen erfüllt, da der Gesetzgeber bei jeder Aufgabenübertragung die damit verbundenen finanziellen Belastungen zu berücksichtigen hat. Diesem Gebot kann der Gesetzgeber aber nur nachkommen, wenn die Bestimmungen über die Deckung der Kosten erkennbar und nachprüfbar sind (Nds. StGHE 3, 136, 157; 3, 299, 312). Wie das Land seiner aus Art. 57 Abs. 4 NV abzuleitenden Verpflichtung nachkommt, bei der Übertragung staatlicher Aufgaben auf die kommunalen Gebietskörperschaften Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen, unterliegt der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist jedoch nicht unbegrenzt, sondern im Lichte von Art. 57 Abs. 4 NV zu interpretieren (Nds. StGHE 3, 299, 313). Im einzelnen gilt folgendes:

a) Der Gesetzgeber muß bei der Prüfung der Kosten, die von Art. 57 Abs. 4 NV erfaßt werden, alle Ausgaben berücksichtigen, welche die Aufgabenerfüllung verursacht. In Betracht zu ziehen sind alle Kosten der Verwaltungstätigkeit, und zwar die Zweckausgaben ebenso wie die Personal- und Sachkosten (Nds. StGHE 3, 136, 159; 3, 299, 313). Allerdings verlangt Art. 57 Abs. 4 NV nicht, daß für jede einzelne übertragene Aufgabe die jeweils entstehenden und nach Einzelfallprüfung erforderlichen Kosten gesondert berechnet werden. Dies erforderte einen vom Schutzzweck des Art. 57 Abs. 4 NV nicht gedeckten und nicht verlangten Verwaltungsaufwand. Die hierfür erforderliche Kontrolle der Mittelverwendung stünde zudem in einem schwer auflösbaren Widerspruch zur Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung. Denn je genauer die Zweckbestimmung der jeweils zugewiesenen Mittel ist und je näher die Zuweisung am Erstattungsprinzip liegt, desto mehr werden die Möglichkeiten der Kommunen beschränkt, in dem durch Gesetz und Weisungen gezogenen Rahmen Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung eigenverantwortlich zu bestimmen (Nds. StGHE 3, 136, 159; 3, 299, 313). Der Gesetzgeber darf die Kosten deshalb pauschal in einem einheitlichen Ansatz zusammenfassen, wodurch gleichzeitig im kommunalen Vergleich bestehenden Unterschieden hinsichtlich Aufgabenanfall und Kostenstrukturen sowie bei der Aufgabenerfüllung auftretenden Synergieeffekten Rechnung getragen werden kann. Jedoch darf die Pauschalierung nicht zu einer Aushöhlung von Art. 57 Abs. 4 NV führen (Nds. StGHE 3, 136, 159; 3, 299, 313).

b) Die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung garantiert eine Untergrenze der nach Art. 57 Abs. 4 NV zu finanzierenden Kosten. Sie verlangt aber nicht eine Kostenerstattung für jede übertragene Aufgabe im Sinne einer vollständigen Kostendeckung (Nds. StGHE 3, 299, 313). Die Grenzen des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Kostenerstattungssystems zukommenden Gestaltungsspielraums werden vielmehr erst dann überschritten, wenn eine Aushöhlung der Garantie des Art. 57 Abs. 4 NV zu besorgen ist (Nds. StGHE 3, 136, 159; ähnlich Leitsatz 3 jenes Urteils). Daß der Niedersächsischen Verfassung ein Prinzip der Vollkostenabdeckung fremd ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 57 Abs. 4 NV, wonach lediglich „Bestimmungen über die Deckung der Kosten“ zu treffen sind, nicht aber die tatsächliche Deckung aller Kosten sichergestellt sein muß.

Auch im Hinblick auf seinen Zweck ist Art. 57 Abs. 4 NV nicht im Sinne eines Prinzips der Vollkostenabdeckung zu interpretieren. Die besondere Finanzgarantie für die übertragenen staatlichen Aufgaben soll verhindern, daß der Staat beliebig zu Lasten der Kommunen Aufgaben verschiebt, ohne für deren Finanzierung zu sorgen. Der Gesetzgeber soll sich bei jeder Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Kommunen bewußt machen, daß damit die Kommunen finanziell belastet werden. Wenn der Gesetzgeber deshalb nach Art. 57 Abs. 4 NV über die Deckung der Kosten Bestimmungen treffen muß, so muß er dies erkennbar und damit nachprüfbar tun (Nds. StGHE 3, 136, 157; 3, 299, 312). Das Gebot der Transparenz der gesetzgeberischen Entscheidungen, verbunden mit der verfassungsrechtlichen Garantie einer Untergrenze der nach Art. 57 Abs. 4 NV zu finanzierenden Kosten, erscheint insofern als ausreichend.

Weil somit verfassungsrechtlich keine vollständige Deckung der bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben anfallenden Kosten gefordert ist und die Wahrnehmung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zudem die Effizienz des kommunalen Verwaltungsapparates steigert, darf der Gesetzgeber die Kommunen durch die Festlegung einer Eigenquote an den Kosten für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben beteiligen (vgl. Nds. StGHE 3, 136, 159 ff.; 3, 299, 313 f.). In bezug auf die Bemessung der Eigenquote ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers allerdings insofern begrenzt, als seine Entscheidung - auch im Zusammenwirken mit einer ggf. pauschalierenden Kostenermittlung - nicht zu einer Aushöhlung des Art. 57 Abs. 4 NV führen darf.

c) Unabhängig davon, ob Kostendeckungsbestimmungen durch ein selbständiges Gesetz oder gesondert im Rahmen eines allgemeinen Finanzausgleichs- und Kostendeckungsgesetzes getroffen werden, was gleichermaßen zulässig ist, hat der Gesetzgeber die Kosten nachvollziehbar zu ermitteln und für die Kommunen sichtbar zu machen, in welcher Höhe sie an der Deckung der Kosten beteiligt sind. Dessen bedarf es nicht nur der Klarheit und Publizität wegen, sondern auch, um die Kostendeckungsquote auf ihre Angemessenheit hin überprüfen zu können (Nds. StGHE 3, 136, 160 f.; 3, 299, 313 f.), zumal die Höhe des Kommunalanteils im Bereich der Kostendeckung des Art. 57 Abs. 4 NV regelmäßig Einfluß auf den Ausgleichsbedarf der Kommunen im Bereich des Finanzausgleichs nach Art. 58 NV haben wird. Müssen nämlich die Kommunen einen hohen Anteil an den Kosten für die Erfüllung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises selbst tragen, so mindern sich dadurch die ihnen zur Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel. Das kann zu einem Ansteigen ihres Bedarfs an Ausgleichsleistungen im Rahmen des Art. 58 NV führen (vgl. Nds. StGHE 3,136, 159 f.).

Allerdings besteht zwischen den nach Art. 57 Abs. 4 NV und nach Art. 58 NV zu verteilenden Finanzmassen kein rechtliches Konnexitätsverhältnis in dem Sinne, daß eine Veränderung der Deckungsquote für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zwingend zu einer entsprechenden Veränderung der Schlüsselzuweisungen führt. Denn aufgrund der Selbständigkeit beider Finanzgarantien dürfen sich Änderungen im Rahmen des Erstattungssystems nach Art. 57 Abs. 4 NV nicht dahin auswirken, daß den Kommunen Mittel vorenthalten werden, die ihnen nach Maßgabe des Art. 58 NV zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben mindestens zustehen. Anderenfalls könnte das Land den Kommunen auf deren alleinige Kosten weitere Staatsaufgaben übertragen, weil die gegebenenfalls vorzunehmende Erhöhung der Erstattungszuweisungen durch eine äquivalente Reduzierung der vom Land zur Verfugung zu stellenden Schlüsselmasse kompensiert würde. Entsprechendes gälte für den Fall einer Steigerung der Kosten für die Erfüllung übertragener Aufgaben. Eine Verminderung der Schlüsselmasse kommt selbst, wenn deswegen die Zuweisungen nach Art. 57 Abs. 4 NV aufgestockt werden, nur in Betracht, wenn eine entsprechende Kürzung nach Maßgabe des insoweit allein maßgeblichen Art. 58 NV gerechtfertigt ist. Eine Verminderung der für übertragene Aufgaben zur Verfügung gestellten Mittel bzw. eine Vergrößerung der aus der Wahrnehmung dieser Aufgaben resultierenden Kosten führt nicht automatisch und rechtlich zwangsläufig dazu, daß das Volumen der den Gemeinden und Landkreisen nach Art. 58 NV zur Verfügung zu stellenden Mittel erhöht werden muß. Daß eine kommunale Mitfinanzierung der Erfüllung staatlicher Aufgaben den finanziellen Bedarf der Gemeinden und Landkreise im Sinne des Art. 58 NV steigert, mag zwar - gerade in Zeiten allseits knapper Kassen - naheliegen, bedarf wegen der Selbständigkeit der in Art. 57 Abs. 4 und Art. 58 NV enthaltenen kommunalen Finanzgarantien jedoch stets einer eigenständigen Überprüfung.

d) Die Ausgleichsmasse für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises ist nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs finanzkraftunabhängig zu verteilen, wobei von Verfassungs wegen kein bestimmter Verteilungsmodus vorgegeben ist. Die Verteilung hat sich allerdings an der Eigenart der wahrzunehmenden Aufgaben zu orientieren und kann darüber hinaus kommunalspezifische Strukturmerkmale wie z.B. die Fläche der aufgabenwahrnehmenden Gebietskörperschaft berücksichtigen (Nds. StGHE 3, 299, 314, 318). Werden staatliche Aufgaben mit besonders stark ausgeprägtem territorialen Bezug übertragen, kann sich die Notwendigkeit eines flächenbezogenen Verteilungskriteriums derart aufdrängen, daß der gesetzgeberische Verzicht auf die Einführung eines Flächenkriteriums als in besonderer Weise begründungsbedürftig erscheint.

Schließlich ist zu berücksichtigen, daß im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit für sich genommen jeweils zulässige Maßnahmen (pauschalierende Bestimmung der Kosten, Festlegung einer Eigenquote der Kommunen, Verwendung bestimmter Verteilungsindikatoren etc.) auch in ihrem Zusammenwirken nicht dazu führen dürfen, daß das Verfassungsgebot des Art. 57 Abs. 4 NV unterlaufen und die in ihm enthaltene Garantie ausgehöhlt wird.

2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich für die insoweit angegriffenen Regelungen:

a) Die Ermittlung und Festsetzung der nach Maßgabe des Art. 57 Abs. 4 NV zu erstattenden Kosten, die bei der Erfüllung übertragener staatlicher Aufgaben anfallen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Grundlage der Erstattungsregelung ist eine vom Land unter Mitwirkung der Gemeinden und Landkreise durchgeführte Erhebung über die Höhe der Kosten und Einnahmen bei allen 465 niedersächsischen Kommunen, die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wahrnehmen. Dieser Ausgangspunkt und die weiteren Schritte der Kostenermittlung sind in dem Vorläufigen Schlußbericht vom 5. Oktober 1998, der die Basis für das Gesetzgebungsverfahren bildete, sowie in dem weitgehend unveränderten (endgültigen) „Schlussbericht zur Ermittlung der Kosten und Einnahmen der Kommunen für die Wahrnehmung der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und die Bemessung der Zuweisungen ab 1999“ vom 3. Mai 1999 ausführlich und nachvollziehbar dargestellt.

Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot, alle Ausgaben zu berücksichtigen, welche die Aufgabenerfüllung verursacht, liegt nicht vor. Soweit hinsichtlich der Kosten für EDV-Arbeitsplätze sowie der Personalkosten die unzureichende Höhe der jeweils in Ansatz gebrachten Summen gerügt wird, kann damit die Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Ansätze nicht begründet werden, weil Art. 57 Abs. 4 NV lediglich eine Untergrenze der zu finanzierenden Kosten garantiert und gerade keine Kostenerstattung für jede übertragene Aufgabe im Sinne einer vollständigen Kostendeckung verlangt (Nds. StGHE 3, 299, 313). Diese Untergrenze ist hier angesichts der von den Beschwerdeführern vorgetragenen Zahlen nicht verletzt. Der Gesetzgeber hat insofern in zulässiger Weise von seiner Befugnis zur pauschalierenden Kostenermittlung Gebrauch gemacht.

Auch eine in bezug auf einzelne übertragene Aufgaben eventuell eintretende Gebührenunterdeckung ist wegen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums verfassungsrechtlich irrelevant, solange nur die mit der Aufgabenerfüllung verbundenen Kosten überhaupt bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt worden sind und keine Aushöhlung der Garantie des Art. 57 Abs. 4 NV zu besorgen ist.

Die konkret praktizierte Art der Kostenbestimmung durch Bildung gewogener Durchschnittsbeträge und anschließende Anwendung des Verfahrens der „gestutzten Reihe“ verletzt die Verfassungsgarantie des Art. 57 Abs. 4 NV ebenfalls nicht. Unabhängig davon, ob schon die Bildung gewogener Durchschnittsbeträge einen Akt der Pauschalierung darstellt, wäre die Bildung „angemessener gewogener Durchschnitte“ durch Anwendung des Verfahrens der „gestutzten Reihe“ als (weiterer) Pauschalierungsschritt nämlich nur dann mit Art. 57 Abs. 4 NV unvereinbar, wenn es dadurch zu einer Aushöhlung der in diesem Artikel enthaltenen besonderen Finanzgarantie käme. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der Gesetzgeber bewegt sich auch dann noch im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, wenn er den Betrag der den Kommunen zuzuweisenden Mittel dadurch vermindert, daß er verschiedene Pauschalierungstechniken miteinander kombiniert.

Die durch Art. 57 Abs. 4 NV garantierte Untergrenze der zu finanzierenden Kosten wird durch das angewandte pauschalierende Verfahren der Kostenbestimmung nicht tangiert. Nach dem Schlußbericht Kostenermittlung beträgt die Differenz zwischen dem Zuweisungsbetrag auf Grundlage der Originaldaten und dem sich nach Anwendung des Verfahrens der „gestutzten Reihe“ ergebenden Zuweisungsbetrag 79.772 Mio. DM. In Anbetracht der damit festzustellenden pauschalierungsbedingten Kürzung der Zuweisungssumme um ca. 6,5 % kann von einer Aushöhlung des Art. 57 Abs. 4 NV nicht die Rede sein.

b) Im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen liegt auch die Beschränkung der Kostenerstattung auf 75 vom Hundert der nicht durch Einnahmen gedeckten pauschalierten Kosten. Da Art. 57 Abs. 4 NV keine vollständige Kostendeckung verlangt, darf eine Beteiligung der Kommunen an den Kosten der Erfüllung übertragener staatlicher Aufgaben nicht nur durch ein pauschalierendes Vorgehen bei der Festsetzung der zu erstattenden Kosten bewirkt werden, sondern darüber hinaus grundsätzlich auch durch die Festlegung einer Eigenquote der Gemeinden und Landkreise. Auch indem er die Höhe dieser Quote auf 25 % festgelegt hat, hat der Gesetzgeber die Grenzen des ihm von Verfassungs wegen eröffneten Gestaltungsspielraums nicht überschritten, weil angesichts einer solchen Beteiligungsquote noch keine Aushöhlung der in Art. 57 Abs. 4 NV enthaltenen Finanzgarantie zu gewärtigen ist. Schließlich kann auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot festgestellt werden, weil die vom Gesetzgeber angestellten Überlegungen zur Kostenersparnis durch die gleichzeitige Wahrnehmung kommunaler und übertragener Angelegenheiten einen mit Blick auf seine legislative Gestaltungsfreiheit hinreichenden sachlichen Grund für die Regelung des § 12 Abs. 1 NFAG 1999 bilden.

c) Daß die Aufteilung der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises auf die einzelnen Kommunen gemäß §§ 12 Abs. 2 NFAG 1999, 2 NFVG ausschließlich nach ihrer Einwohnerzahl erfolgt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar kann der Verzicht auf ein Flächenkriterium bei Aufgaben mit besonders stark ausgeprägtem territorialen Bezug in besonderer Weise begründungsbedürftig sein. Dementsprechend hat der Staatsgerichtshof dem Gesetzgeber aufgegeben zu untersuchen, ob die Einwohnerzahl weiterhin allein als Verteilungsmaßstab in Betracht zu ziehen ist (Nds. StGHE 3, 299, 318). Dahingehende Untersuchungen sind vom Niedersächsischen Landesamt für Statistik vorgenommen worden und haben ergeben, daß sowohl die Fläche als auch die Bevölkerungsdichte als zusätzliche Verteilungsmaßstäbe für einzelne Aufgaben grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Damit hat der Gesetzgeber, der sich diese Erwägungen zu eigen gemacht hat, den ihm obliegenden Pflichten genügt.

d) Auch das Zusammenwirken der Pauschalierungstechniken mit der Festlegung einer Eigenquote der Kommunen von 25 % und der sonstigen gesetzlichen Regelungen führt nicht zu einer Aushöhlung der Finanzgarantie des Art. 57 Abs. 4 NV. Der auf Grundlage der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Originaldaten für das Jahr 1999 ermittelte Bedarfsbetrag von 1.226 Mio. DM als Ausgangsbetrag ist zwar um insgesamt 404 Mio. DM auf ca. 822 Mio. DM gekürzt worden, wobei sich der Gesamtkürzungsbetrag aus folgenden Einzelbeträgen zusammensetzt (vgl. im einzelnen Schlußbericht Kostenermittlung, S. 14 ff.): 80 Mio. DM (Pauschalierungstechniken), 50 Mio. DM (Berichtigung der Zuweisungen für die Landkreise aufgrund der Wahrnehmung einzelner Kreisaufgaben durch selbständige Gemeinden und große selbständige Städte), 274 Mio. DM (kommunale Eigenquote). Damit ist der Ausgangsbetrag im Ergebnis um etwa ein Drittel reduziert worden. Dies ist verfassungsrechtlich jedoch noch hinnehmbar, weil die von den Kommunen mitgeteilten tatsächlichen Kosten nicht deren notwendige Finanzbedarfe für die Erfüllung übertragener Aufgaben widerspiegeln und insofern von Anfang an lediglich die Grundlage, nicht aber bereits das Ergebnis der Kostenermittlung bilden konnten, und weil unter diesen Umständen eine Verletzung der von Art. 57 Abs. 4 NV garantierten Untergrenze der Kostenerstattung nicht mit hinreichender Sicherheit verfassungsgerichtlich festgestellt werden kann.

IV.

!X!. Art. 58 NV verpflichtet das Land, den Gemeinden und Landkreisen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel durch Erschließung eigener Steuerquellen und im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit durch übergemeindlichen Finanzausgleich zur Verfügung zu stellen. Anders als Art. 57 Abs. 4 NV bezieht sich Art. 58 NV also auf die Ausstattung der Kommunen mit den Finanzmitteln, die für die Erfüllung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises einschließlich der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben notwendig sind. Als landesverfassungsrechtliche Garantie eines aufgabengerechten Finanzausgleichs weist Art. 58 NV dabei einen engen Bezug zu den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen über den Finanzausgleich auf, welcher die Gemeinden unmittelbar einschließt. So steht den Gemeinden ein bundesgesetzlich zu bestimmender Anteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 5, 5a GG) zu, ferner die Ertragshoheit über die Grund- und Gewerbesteuer, an deren Aufkommen aber Bund und Länder durch eine Umlage beteiligt werden, sowie die Ertragshoheit über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, sofern diese nicht nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zusteht (Art. 106 Abs. 6 GG). Von Bedeutung sind weiterhin die in Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG niedergelegte Pflicht, die Gemeinden und Gemeindeverbände landesgesetzlich am Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern zu beteiligen, sowie die in Art. 106 Abs. 7 Satz 2 GG normierte Möglichkeit, die Kommunen landesgesetzlich am Aufkommen der Landessteuern zu beteiligen. Diesen Regelungsauftrag erfüllt die Niedersächsische Verfassung in Art. 58 (Nds. StGHE 3, 136, 162; 3, 299, 311 f.).

Kernelement des an die bundesverfassungsrechtlichen Regelungen des Finanzausgleichs anknüpfenden gesetzlichen Ausgleichsmechanismus des Landes ist die Errichtung eines Systems finanzkraftabhängiger Schlüsselzuweisungen, das nicht nur die Finanzierung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Kommunen sichern soll, sondern auch dem Ziel dient, bestehende Finanzkraftunterschiede zu mildern. Durch eine Annäherung der Finanzausstattung der Kommunen sollen auch die ursprünglich finanzschwachen Kommunen so gestärkt werden, daß sie zu einer eigenverantwortlichen Entwicklung und Aufgabengestaltung befähigt werden (Nds. StGHE 3, 136, 164). Wie der kommunale Finanzausgleich konkret ausgestaltet wird, unterliegt der Entscheidung des Landesgesetzgebers, dem dabei angesichts des Ineinandergreifens von landesrechtlichen und grundgesetzlichen Finanzausgleichsvorschriften, durch welche den Gemeinden unmittelbar Steuererträge zugewiesen werden, sowie der Einbindung des kommunalen Finanzausgleichs in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (Nds. StGHE 3, 299, 314).

a) Die Aufgabenbezogenheit der Finanzgarantie des Art. 58 NV und ihr Ziel eines aufgabengerechten Finanzausgleichs zwischen Land und Kommunen verlangen, daß der Gesetzgeber die Höhe der erforderlichen Finanzmittel und damit auch Art und Umfang der zu erledigenden Aufgaben kennt, d.h. nachvollziehbar einschätzt (vgl. Nds. StGHE 3, 299, 315). Eine Beschränkung hinsichtlich der zu berücksichtigenden Aufgaben und der zu ihrer Erledigung zur Verfügung zu stellenden Mittel ergibt sich indes daraus, daß gemäß Art. 58 NV lediglich die „erforderlichen Mittel“ bereitgestellt werden müssen. Hieraus folgt zunächst, daß Aufwendungen zur Aufgabenerfüllung unbeachtlich sind, die dem Gebot sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung nicht entsprechen. Die Grenze der Erforderlichkeit des Art. 58 NV gilt allerdings nicht allein für die haushaltsrechtliche Betrachtung der je für eine Aufgabe erforderlichen Mittel, sondern auch für die Wahrnehmung der Aufgaben dem Grunde nach. Denn die Kommunen entscheiden über das Ob und den Umfang der Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben sowie über die Strukturen der Aufgabenwahrnehmung bei Pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben. Die aus dem Grundsatz kommunaler Selbstverwaltung folgende Aufgabenautonomie verwehrt es mithin dem Land, sich in jedem Einzelfall die Entscheidung vorzubehalten, ob und in welchem Umfang eine wahrgenommene Aufgabe „ausgleichsrelevant“ ist. Für die Bestimmung der nach Art. 58 NV erforderlichen Mittel ist deshalb anders als bei Art. 57 Abs. 4 NV keine Kostenanalyse, sondern eine typisierende Bedarfsanalyse vorzunehmen (Nds. StGHE 3, 136, 163 f.; 3, 299, 315).

b) Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit ist der Gesetzgeber nicht nur berechtigt, besonders finanzkräftige Gemeinden als sog. abundante Gemeinden von den Zuweisungen nach Art. 58 NV auszuschließen, sondern grundsätzlich auch befugt, einen Teil der Finanzkraft dieser Gemeinden abzuschöpfen, um das Gesamtvolumen der Ausgleichsmasse zu vergrößern. Indem Art. 58 NV als eines der möglichen Finanzierungsinstrumente den „übergemeindlichen Finanzausgleich“ nennt, wird neben der Verpflichtung des Landes zur Bereitstellung von Mitteln der Gedanke interkommunaler Solidarität zum Ausdruck gebracht, der dem Begriff des übergemeindlichen Finanzausgleichs innewohnt (Nds. StGHE 3, 136, 161). Des weiteren resultiert aus dem Gebot des „übergemeindlichen Finanzausgleichs“ eine gewisse Harmonisierungspflicht des Gesetzgebers. Eine Kombination von Mittelzuweisung und Finanzkraftabschöpfung kann insbesondere deswegen angebracht sein, weil die bloße Nichteinbeziehung überdurchschnittlich finanzkräftiger Kommunen in das Verteilungssystem des Art. 58 NV angesichts der ihnen kraft bundesverfassungsrechtlicher Anordnung verbleibenden Steuererträge (Art. 106 Abs. 5, 5 a, 6 GG) und zudem der finanzkraftunabhängig zu gewährenden Zuweisungen nach Art. 57 Abs. 4 NV oftmals nur wenig an ihrer überschießenden Finanzkraft wird ändern können. Vor diesem Hintergrund überschreitet der Gesetzgeber nicht den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum, wenn er besonders finanzstarke Gemeinden zur Aufbringung eines Teils der im Rahmen des Finanzausgleichssystems zu verteilenden Mittel heranzieht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grenzen, die jeder finanzausgleichsrechtlichen Regelung gesetzt sind. Da der Finanzausgleich Finanzkraftunterschiede durch Angleichung mildern, sie aber nicht völlig abbauen oder gar im Ergebnis bewirken soll, daß die tatsächliche Finanzkraftrangfolge umgekehrt wird, findet das Ausgleichsgebot dort seine Grenzen, wo es zur Nivellierung oder gar einer Übernivellierung fuhrt (Nds. StGHE 3, 136, 164; bezogen auf den bundesstaatlichen Finanzausgleich ebenso BVerfGE 1, 117, 131; 72, 330, 398, 418 f.; 86, 148, 250; 101, 158, 222). Auch ist, ebenso wie bei der Erhebung einer Kreisumlage, zu beachten, daß die angemessene Finanzausstattung der umlagepflichtigen Kommunen nicht in Frage gestellt werden darf, ihnen also ein substantieller Finanzspielraum zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung verbleiben muß (Nds. StGHE 3,299, 320).

c) Das System des kommunalen Finanzausgleichs ist eingebunden in den bundesverfassungsrechtlichen Finanzausgleich und in die gesamte Haushaltswirtschaft und -planung des Landes (Nds. StGHE 3, 299, 314). Dem letztgenannten Umstand entspricht es, daß Art. 58 NV die Pflicht zur Befriedigung des kommunalen Finanzbedarfs unter den Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes stellt, der nicht nur auf die vom Land zu erbringenden Ausgleichsleistungen zu beziehen ist, sondern auch auf das vom Land im Ergebnis zu gewährleistende Niveau der Finanzbedarfsbefriedigung (Nds. StGHE 3, 136, 162 f.). Dieser Vorbehalt soll dem Land eine gewisse Elastizität sichern und einen Ausgleich zwischen den finanziellen Interessen der Kommunen und denen des Landes herstellen. Durch ihn wird die Gleichwertigkeit von Landes- und Kommunalaufgaben zum Ausdruck gebracht und verhindert, daß in Zeiten knapper Finanzen anstelle einer gleichmäßigen Verteilung des Defizits primär das Land betroffen wird (Nds. StGHE 3, 136, 162; 3, 299, 315 f.). Die Niedersächsische Verfassung enthält damit in Gestalt des Art. 58 eine Kollisionsregelung für das normative Spannungsverhältnis zwischen den zur Aufgabenwahrnehmung der Kommunen „erforderlichen Mitteln“ einerseits und der „finanziellen Leistungsfähigkeit“ des Landes andererseits. Daraus folgt das Gebot einer gerechten und gleichmäßigen Verteilung bestehender Lasten. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Verteilungssymmetrie, um dem Land und den Kommunen die jeweils verfügbaren Finanzmittel gleichermaßen aufgabengerecht zukommen zu lassen (Nds. StGHE 3, 299, 316).

Zwar sind die in Art. 58 NV vorgesehenen Finanzierungsinstrumente von vornherein nicht dahin zu verstehen, daß sie eine Vollabdeckung des Finanzbedarfs der Kommunen für die Erledigung ihrer Angelegenheiten gewährleisten. Der Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes, unter den der übergemeindliche Finanzausgleich gestellt ist, bestätigt dies (Nds. StGHE 3, 136, 162). Jedoch liegt Art. 58 NV, der einen Anspruch der Kommunen auf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel begründet, gleichzeitig das Leitbild eines aufgabengerechten Finanzausgleichs zugrunde (Nds. StGHE 3, 299, 315). Auch wenn durch Art. 58 NV keine Vollabdeckung der im eigenen Wirkungskreis anfallenden Kosten garantiert ist, sollen den Kommunen doch grundsätzlich diejenigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, die sie zu einer angemessenen Wahrnehmung ihrer Aufgaben in den Stand setzen (Nds. StGHE 3,136, 163 f.).

In bezug auf die von den Gemeinden und Landkreisen zu erledigenden Aufgaben ist zu berücksichtigen, daß das Ob der Aufgabenwahrnehmung nur teilweise im Ermessen der Kommunen steht, ihnen in zahlreichen Fällen vielmehr gesetzlich zur Pflicht gemacht wird. Dementsprechend ist hinsichtlich der von Art. 58 NV erfaßten Aufgaben zwischen freiwilligen und Pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten zu unterscheiden (vgl. Nds. StGHE 3, 299, 314 f.). Des weiteren muß bedacht werden, daß durch Gesetz vielfach Standards vorgegeben werden, die bei der Erfüllung von Selbstverwaltungsangelegenheiten einzuhalten sind und zu weiteren staatlich veranlaßten Belastungen führen.

d) Beschränkt ist der Anspruch der Kommunen auf einen aufgabengerechten Finanzausgleich insofern, als er unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes steht. In Zeiten einer angespannten Finanzlage resultiert aus diesem Vorbehalt sowie dem daraus abgeleiteten Prinzip der Verteilungssymmetrie das Gebot einer gerechten und gleichmäßigen Verteilung bestehender Lasten, d.h. einer ausgewogenen Aufteilung des Defizits auf Land und Kommunen durch eine beiderseitige Reduzierung der zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel. Sofern Land und Kommunen zu anteilsmäßig gleich großen Einsparungen gezwungen sind, darf daher im Falle mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit des Landes das Volumen der auf der Grundlage des Art. 58 NV zur Verfügung gestellten Mittel hinter dem zurückbleiben, was für eine angemessene Wahrnehmung der zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden und Landkreise zählenden Aufgaben erforderlich ist.

Zum Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit hat der Staatsgerichtshof festgestellt (E 3, 299, 314 f.) „Der Gesetzgeber darf die kommunale Finanzausstattung aber nicht in einer Weise beeinträchtigen, die den Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung verletzt und dadurch das Recht auf Selbstverwaltung aushöhlt. Die danach gebotene Mindestausstattung ist jedenfalls dann unterschritten, wenn die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten infolge einer unzureichenden Finanzausstattung unmöglich wird. Die Erfüllung neuer pflichtiger Aufgaben durch die kommunalen Gebietskörperschaften unter Ausschöpfung der für die freiwillige Selbstverwaltung vorgehaltenen Finanzmittel kann dazu führen, daß die Finanzmittel, die der Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben vorbehalten sind, durch die Wahrnehmung gesetzlich vorgeschriebener Aufgaben aufgezehrt werden. Bei einer offensichtlichen Disproportionalität von wahrzunehmenden Aufgaben und Mittelzuweisung ist der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung in unzulässiger Weise beeinträchtigt.“

Sofern den Kommunen die Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsangelegenheiten unmöglich wird, weil die zur Verfügung stehenden Finanzmittel aufgrund ihrer Pflicht zur Erfüllung landesgesetzlich vorgeschriebener Aufgaben bzw. Standards der Aufgabenerfüllung bereits ausgeschöpft sind, ist das Land mit Blick auf Art. 58 NV wenn nicht verpflichtet, das Ausgleichsvolumen entsprechend zu erhöhen, dann aber verpflichtet, neue Steuerquellen zu erschließen, oder aber, sofern dies angesichts der Finanzlage ausgeschlossen ist, gehalten, die landesgesetzlich verursachten Kosten für die Erfüllung der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises durch eine Verminderung der Zahl der Pflichtaufgaben bzw. eine Senkung der bei der Aufgabenerfüllung einzuhaltenden Standards zu reduzieren. Soweit es sich um bundesgesetzliche Aufgabenzuweisungen und Standards handelt, muß das Land einen entsprechenden Einfluß im Bundesrat geltend machen.

e) Ausgangspunkt für die horizontale Verteilung der Schlüsselmasse auf die Kommunen muß das Leitbild eines aufgabengerechten Finanzausgleichs sein; denn der Finanzausgleich soll bewirken, daß den Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen (Nds. StGHE 3, 299, 315, 318 f.). Genügen die vorhandenen Gelder, bedarf eine Kommune keiner Schlüsselzuweisungen. Ausgleichsleistungen im Sinne des Art. 58 NV sind mithin nur dann erforderlich, wenn die ursprünglich vorhandene Finanzkraft der Gemeinden und Landkreise mit Blick auf die jeweils zu erfüllenden Aufgaben nicht ausreicht. Bevor ein übergemeindlicher Finanzausgleich durchgeführt werden kann, müssen daher der Finanzbedarf und die Finanzkraft der verschiedenen Kommunen ermittelt werden. Erst in einem zweiten Schritt können dann die Schlüsselzuweisungen auf diejenigen Kommunen verteilt werden, deren vorhandene Einnahmen nicht ausreichen, um die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zu ermöglichen.

Geht es um die Ermittlung der Finanzkraft der Gemeinden und Landkreise, so kann das Land alle erzielten oder erzielbaren Einkünfte der Kommunen berücksichtigen (Nds. StGHE 3, 136, 163). Für die Bestimmung des Finanzbedarfs der einzelnen Gemeinden und Landkreise ist demgegenüber die Festlegung fiktiver Maßstäbe und damit das Abstrahieren vom Ausgabeverhalten der einzelnen bzw. überhaupt konkreter Kommunen unumgänglich, sofern nicht deren Ausgabewilligkeit belohnt, sparsames Finanzgebaren aber bestraft werden soll (entsprechend BVerfGE 101, 158, 220). Dem dient die gesetzliche Fixierung abstrakter Bedarfsindikatoren. Die herangezogenen Indikatoren müssen die mit der Erfüllung bestimmter Aufgaben verbundenen Kosten realitätsgerecht abbilden. Diesem Umstand ist vor allem dann Rechnung zu tragen, wenn der Finanzbedarf der Kommunen in Anlehnung an ihre Einwohnerzahl ermittelt werden soll und dabei je nach Größe der Kommune ein unterschiedlicher abstrakter Bedarf pro Einwohner unterstellt wird (sog. Einwohnerspreizung). Einer dahingehenden Regelung müssen - auch wegen des grundsätzlichen Gebots der Gleichbehandlung aller Kommunen - sach- und aufgabengerechte Erwägungen des Gesetzgebers zugrunde liegen, die eine entsprechende Differenzierung zu rechtfertigen vermögen. Umfang und Höhe eines Mehrbedarfs sowie die Art seiner Berücksichtigung dürfen vom Gesetzgeber nicht frei gegriffen werden. Sie müssen sich nach Maßgabe verläßlicher, objektivierbarer Indikatoren als angemessen erweisen (vgl. BVerfGE 72, 330, 415 f.; 86, 148, 239; 101, 158, 230).

Aus dem Umstand, daß die zur Bedarfsermittlung herangezogenen Faktoren die mit der Aufgabenerfüllung verbundenen Kosten realitätsgerecht abbilden müssen, ergibt sich wegen der besonderen territorialen Bezogenheit bestimmter Aufgaben außerdem, daß als Kriterium für die Verteilung der Schlüsselzuweisungen auf die Kommunen auch die Heranziehung ihrer Fläche erforderlich sein kann. So hat der Staatsgerichtshof bereits zum Ausdruck gebracht, daß jedenfalls bei den Landkreisen die Zahl der Einwohner nicht notwendig im Verhältnis zur Fläche des Landkreises steht, und daß die Eigenart mancher Aufgaben der Landkreise bewirken kann, daß die Fläche ein wesentlicher Kostenfaktor ist. Dies gilt z.B. für die Straßenbaulast und für die Schülerbeförderung (Nds. StGHE 3, 299, 319). Verzichtet der Gesetzgeber gleichwohl auf ein Flächenkriterium, bewegt er sich nur dann innerhalb des ihm von Verfassungs wegen zustehenden Gestaltungsspielraumes, wenn er seine Entscheidung Hinter Berücksichtigung der im Entscheidungszeitpunkt aktuellen finanzwissenschaftlichen Erkenntnisse nachvollziehbar begründet und die Aufgabengerechtigkeit der Finanzzuweisungen - speziell im Hinblick auf flächenbedingt entstehende Kosten - trotz des Verzichts auf flächenabhängige Verteilungskriterien sichergestellt ist.

f) Mit der durch Art. 58 NV begründeten Verpflichtung des Landes, den Gemeinden und Landkreisen die zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen und sie dadurch zu einer angemessenen Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu befähigen, korrespondiert ein Anspruch jeder einzelnen Kommune. Eine mit Blick auf Art. 58 NV verfassungswidrige Lage ist folglich nicht erst dann gegeben, wenn in der Gesamtheit der Gemeinden oder Kreise oder Gruppen derselben diesbezügliche Defizite zu verzeichnen sind, sondern liegt schon dann vor, wenn einzelnen Kommunen die im Sinne des Art. 58 NV erforderlichen Mittel vorenthalten werden. Indem Art. 58 NV die von den Kommunen zu erledigenden Aufgaben, zu denen insbesondere auch die freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten zählen, zum Maßstab für die Bemessung der Finanzzuweisungen erhebt, wird nämlich ein Bezug zu der in Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 57 NV verbürgten allgemeinen Selbstverwaltungsgarantie hergestellt, welche den Kommunen ein auch subjektiv-individuelles, gerichtlich durchsetzbares Recht auf eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung einräumt. An dieser Rechtsqualität hat der aus Art. 58 NV abgeleitete Anspruch als auf die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung bezogener und sie erst ermöglichender Anspruch teil (entsprechend VerfGH Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 30. Januar 1998, NVwZ, Rechtsprechungs- Report, Verwaltungsrecht 1998, 607, und VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. September 1999, NVwZ, Rechtsprechungs-Report, Verwaltungsrecht 2000, 129, 131). Somit ist der Gesetzgeber gehalten, Vorkehrungen - gegebenenfalls unter Einsatz des Instruments der Bedarfszuweisung - für den Fall zu treffen, daß auch nur eine einzelne Gemeinde trotz sparsamster Wirtschaftsführung in eine finanzielle Lage gerät, in der ihr keinerlei Mittel auch nur für ein Mindestmaß an freiwilliger kommunaler Selbstverwaltung verbleiben.

2. Die nach Art. 58 NV erforderliche Mindestausstattung der Kommunen ist trotz der problematischen Methode der Festlegung der Schlüsselzuweisungen (a) durch die angegriffenen gesetzlichen Vorschriften gewährleistet (a - i). Im Fall der Stadt ... verletzt die gesetzliche Regelung jedoch Art. 58 NV (j).

a) Die gesetzliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Kostenerstattung nach Art. 57 Abs. 4 NV und Finanzausgleich nach Art. 58 NV ist zwar nicht bedenkenfrei, aber im Ergebnis nicht verfassungswidrig. In den §§ 1, 2 Nr. 3, 12 NFAG 1999 und in § 2 NFVG ist ein formal gesonderter und der Summe nach bestimmbarer Kostenansatz für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises vorgesehen, woraus sich nach Abzug weiterer Posten die Mittel für den Finanzausgleich errechnen lassen. In Anbetracht der normativen Eigenständigkeit der Gewährleistungen der Art. 57 Abs. 4 und 58 NV problematisch ist jedoch die durch § 2 Satz 1 Nr. 3 NFAG 1999 vorgenommene rechnerische Verknüpfung zwischen Kostenerstattung und Finanzausgleich. Diese Regelung wirkt sich unter anderem dahin aus, daß eine Erhöhung der Zuweisungen für die Erfüllung übertragener Aufgaben bei insgesamt unveränderter Zuweisungsmasse automatisch zu einer entsprechenden Reduzierung der im Rahmen des übergemeindlichen Finanzausgleichs zu verteilenden Mittel fuhrt. Damit besteht die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 58 NV, weil den Kommunen infolge jenes Kürzungsautomatismus möglicherweise Mittel vorenthalten werden, zu deren Bereitstellung das Land nach Maßgabe des Art. 58 NV verpflichtet ist und auf die die Kommunen einen Anspruch haben. Verfassungswidrig wäre eine derartige Regelung, wenn den Kommunen dadurch die erforderliche Mindestausstattung nicht mehr gewährleistet wäre.

b) In den hier zur Beurteilung stehenden Finanzausgleichsperioden 1999 und 2000 war die den Kommunen zustehende Mindestausstattung gewährleistet. Dem Gesetzgeber lag eine Liste sämtlicher Pflichtaufgaben der Kommunen vor. Eine typisierende Bedarfsanalyse hat zwar vor Erlaß des Finanzausgleichsgesetzes 1999 und des Finanzverteilungsgesetzes nicht stattgefunden. Eine solche Bedarfsanalyse hat aber inzwischen die am 10. März 1999 eingesetzte FAG-Kommission für die zurückliegenden Jahre 1995 - 1997 erstellt (LT Drucks. 14/1524 und 14/1790, S. 4). Wenn die Arbeiten weitergehen, wird der Gesetzgeber alsbald auch über Daten verfügen, die im Sinne der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs der zukünftigen Bemessung der Schlüsselzuweisungen zugrunde gelegt werden können. Daß die notwendige Mindestausstattung gewährleistet ist, ergibt sich aus den Zahlen, die die Entwicklung der Schlüsselzuweisungen seit 1996 widerspiegeln und die deren ständiges Ansteigen anzeigen (Statistische Berichte Niedersachsen L II / S - j / 00: Kommunaler Finanzausgleich 2000, S. 30). Selbst wenn die Schlüsselzuweisungen fallende Kostenerstattung nach Art. 57 Abs. 4 NV kompensieren, steigt die Gesamtmasse der staatlichen Leistungen nach Art. 57 Abs. 4 und Art. 58 NV an. Des weiteren hat sich gezeigt, daß die Kommunen über eine freie Spitze verfügen, die für die Jahre 1995 - 1997 durchschnittlich 5,3 vom Hundert der kommunalen Ausgaben beträgt (LT Drucks. 14 / 1524, S. 9). Von keinem Beschwerdeführer ist konkret geltend gemacht worden, daß ihm eine freie Spitze für die Erfüllung freiwilliger Aufgaben fehle. Sollte dies jedoch ausnahmsweise der Fall sein, würde dies noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelungen führen, weil § 13 NFAG 1999 Bedarfszuweisungen vorsieht, die in solch einem Fall eingesetzt werden können.

c) Ob bei der Dotierung der Schlüsselmasse dem Gebot der Verteilungssymmetrie hinreichend Rechnung getragen worden ist, kann angesichts des Umstandes, daß den Kommunen im Rahmen des übergemeindlichen Finanzausgleichs Mittel in erforderlichem Mindestumfang zugeflossen sind, dahinstehen; denn der Grundsatz der Verteilungssymmetrie braucht aufgrund seiner Herleitung aus dem Leistungsfähigkeitsvorbehalt, einer Anspruchsschranke, nur dann thematisiert zu werden, wenn das Land den Kommunen infolge seiner beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit weniger Mittel zur Verfügung stellen kann, als die Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Soweit sich das Land bei der Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs hilfsweise am Prinzip der Verteilungssymmetrie orientiert hat, ist dies weder grundsätzlich noch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Verletzung dieses Prinzips zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat seine Entscheidung, Fragen der Verteilungssymmetrie mit Hilfe einer Gegenüberstellung von Finanzierungssalden zu beurteilen, mit vertretbaren Argumenten begründet und auch dargetan, daß die Finanzierungssalden von Land und Kommunen in den letzten Jahren annähernd parallel verlaufen seien. Solange die Richtigkeit seiner Einschätzung nicht widerlegt ist, sind seine Entscheidungen mithin verfassungsrechtlich hinzunehmen.

d) Die durch §§ 2 Satz 1 Nr. 2 NFAG 1999, 1 Abs. 2 i.V.m. § 3 NFVG bewirkte Investitionsbindung eines Teils der Zuweisungsmasse ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs steht die Zweckbindung eines Teils der Schlüsselzuweisungen dann mit Art. 58 NV im Einklang, wenn der nicht zweckgebundene Teil der Schlüsselzuweisungen einen aufgabengerechten Finanzausgleich bewirkt (Nds. StGH 3, 299, 320). Da die Höhe der im Rahmen des übergemeindlichen Finanzausgleichs ohne Zweckbindung zur Verfügung gestellten Mittel in Gestalt der Schlüsselzuweisungen so bemessen ist, daß der Anspruch der Kommunen auf eine den Vorgaben des Art. 58 NV entsprechende Finanzausstattung befriedigt wird, war der Gesetzgeber nicht daran gehindert, sich unter Berufung auf die von ihm angestellten Erwägungen für die Investitionsbindung eines Teils der insgesamt bereitgestellten Mittel zu entscheiden.

e) Die Erhebung einer Finanzausgleichsumlage (§ 16 NFAG 1999) und damit die Abschöpfung eines Teils der Finanzkraft besonders steuerstarker Kommunen ist von Verfassungs wegen grundsätzlich zulässig; sie führt auch in der konkreten Ausgestaltung der Umlage nicht zu einer verbotenen Nivellierung oder Übernivellierung. Die vor dem Eingreifen des finanzausgleichsrechtlichen Instrumentariums vorhandene Finanzkraftrangfolge der Kommunen bleibt trotz Korrektur durch die Finanzausgleichsmechanismen, insbesondere durch die Erhebung der Finanzausgleichsumlage, erhalten (vgl. Nieders. Landesamt für Statistik (NLS), Kommunaler Finanzausgleich 1999, Tabelle 8, S. 40 ff., sowie Kommunaler Finanzausgleich 2000, Tabelle 8, S. 38 ff.). Eine Übernivellierung, d.h. eine Umkehrung der tatsächlichen Finanzkraftrangfolge der Kommunen, liegt demnach nicht vor.

Auch ein über das Ziel der Annäherung der Finanzausstattung der Kommunen hinausgehender völliger oder weitgehender Abbau der bestehenden Finanzkraftunterschiede, der den finanzschwachen Kommunen jeden Anreiz nimmt, ihre Finanzkraft zu verbessern, und es finanzstärkeren Kommunen finanziell attraktiv macht, sich statt durch selbstverantwortliche Anspannung der eigenen Finanzkraft über den allgemeinen Finanzausgleich zu finanzieren (zu dieser Grenze jeder finanzausgleichsrechtlichen Regelung vgl. Nds. StGHE 3, 136, 164), ist nicht zu verzeichnen. Selbst nach Durchführung aller finanzausgleichsrechtlichen Maßnahmen schwankt die Finanzkraft der Kommunen im Jahre 1999 noch zwischen 2.694,62 und 941,94 DM je Einwohner Bedarfsansatz (NLS, Kommunaler Finanzausgleich 1999, Tabelle 8, S. 40 ff.). Im Jahre 2000 hat sich die Schwankungsbreite nicht wesentlich verändert. Läßt man den atypischen Fall der finanzstärksten Gemeinde außer Acht - sie zählt nur 4 100 Einwohner -, so beträgt die Schwankungsbreite im Jahre 2000 immerhin 1.414 DM; 1999 betrug sie 1.723 DM (NLS, Kommunaler Finanzausgleich 2000, Tabelle 8, S. 38 ff.). Von einer übermäßigen, nivellierenden Einebnung der Finanzkraftunterschiede kann danach nicht die Rede sein. Ebensowenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die nur von wenigen, besonders steuerstarken Kommunen erhobene Finanzausgleichsumlage im Zusammenwirken mit der Kreisumlage und der Gewerbesteuerumlage eine nivellierende oder gar übernivellierende Wirkung hat.

Daß für die Ermittlung der Umlagepflichtigkeit bezüglich der Gewerbesteuer auf Gewerbesteuervorauszahlungen abgestellt wird, ohne daß im Fall einer niedriger ausfallenden endgültigen Steuerfestsetzung und eines daraus möglicherweise resultierenden Zurückbleibens der Steuerkraftmeßzahl hinter der Bedarfsmeßzahl eine Korrekturmöglichkeit besteht, ist weder willkürlich noch sonst verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat seine diesbezügliche Entscheidung nachvollziehbar mit der sonst eintretenden mehrjährigen Vorläufigkeit des gesamten Finanzausgleichs begründet, sie konsequent umgesetzt und den Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit damit nicht überschritten. Der Gesetzgeber wird allerdings zu beobachten haben, wie sick. die geltende Regelung auf Gemeinden auswirkt, in denen das jährliche Gewerbesteueraufkommen und damit auch die Vorauszahlungen starken Schwankungen unterworfen sind.

Sollte sich herausstellen, daß Kommunen aufgrund von Steuervorauszahlungen umlagepflichtig werden und Beträge abführen müssen, auf Basis der endgültigen Steuerveranlagung aber nicht umlagepflichtig waren, müßte der Gesetzgeber seine Entscheidung überprüfen und dergestalt ändern, daß für die zu hoch abgeführten Beträge nachträglich ein angemessener Ausgleich geschaffen wird.

f) Mit der Niedersächsischen Verfassung vereinbar ist auch die Überführung der Zuweisungen für die Kosten der Heimerziehung und Familienpflege (§ 15 AG KJHG a.F.), für die Personalausgaben der Kindertagesstätten (§§ 15 ff. KiTaG a.F.), für den Ausgleich von Steuerausfällen aufgrund der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs (§ 15 NFAG 1995) sowie der Zuweisungen aus dem Grunderwerbsteueraufkommen (§ 17 NFAG 1995) in die finanzkraftabhängig zu verteilende Schlüsselmasse. Originär den Kommunen zustehende Einnahmen sind von dieser Maßnahme nicht betroffen. Da die Schlüsselmasse auch unter Berücksichtigung der nun nicht mehr durch gesonderte Zuweisungen finanzierten Aufgaben so bemessen ist, daß die Kommunen entsprechend der Vorgabe des Art. 58 NV zur Erledigung ihrer Angelegenheiten imstande sind, oblag es der Entscheidung des Gesetzgebers, ob er den aus der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben des eigenen Wirkungskreises herrührenden Finanzbedarf der Kommunen durch gesonderte, d.h. aufgabenspezifische und gleichzeitig finanzkraftunabhängige Zuweisungen oder aber durch Zuweisungen im Rahmen des allgemeinen Finanzausgleichs befriedigt. Auch die Einbeziehung der Zuweisungen für den Ausgleich von Steuerausfällen aufgrund der Neuordnung des Familienleistungsausgleichs verstößt aus diesem Grunde nicht gegen die Niedersächsische Verfassung.

g) Mit Blick auf den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist die durch § 3 NFAG 1999 vorgeschriebene Verwendung von 48 % der Schlüsselzuweisungen für Gemeindeaufgaben und 52 % der Schlüsselmasse für Kreisaufgaben. Die entsprechende Verteilung beruht auf finanzwissenschaftlichen Untersuchungen des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung, wird demzufolge der verfassungsrechtlich geforderten Aufgabengerechtigkeit der finanzausgleichsrechtlichen Regelungen gerecht und ist auch in der Motivation des Gesetzes eingehend und nachvollziehbar begründet worden.

h) Die in § 5 NFAG 1999 vorgesehene Einwohnerspreizung hat vor der Verfassung ebenfalls Bestand. Unter Berücksichtigung seiner politischen Gestaltungsfreiheit durfte der Gesetzgeber entsprechend der bisherigen niedersächsischen und auch in zahlreichen anderen Ländern vorherrschenden Praxis von einem mit steigender Einwohnerzahl überproportional zunehmenden Finanzbedarf der Gemeinden ausgehen. Seiner Pflicht zur Überprüfung der Einwohnergewichtung ist der Gesetzgeber dadurch nachgekommen, daß er den finanzwissenschaftlichen Sachverstand des Nieders. Instituts für Wirtschaftsforschung zurate gezogen und sich dessen Untersuchungsergebnisse zu eigen gemacht hat. Allerdings bleibt der Gesetzgeber auch in Zukunft verpflichtet, sich kontinuierlich der Richtigkeit der von ihm vorausgesetzten Prämissen zu vergewissern und ggf. neuen finanzwissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Entsprechendes gilt für den Verzicht auf flächenbezogene Bedarfsindikatoren bei den Kreisaufgaben sowie für die Heranziehung der Ist-Ausgaben für die Ermittlung der Sozialhilfelasten und insbesondere für die Abflachung der Einwohnerspreizung.

i) Verfassungsgemäß ist § 11 NFAG 1999, demzufolge bei der Ermittlung der kommunalen Steuerkraft zwischen Gemeinden mit weniger und mit mehr als 100.000 Einwohnern differenziert wird. Im Rahmen seiner ihm von Verfassungs wegen zustehenden Entscheidungsfreiheit durfte sich der Gesetzgeber sowohl überhaupt für nach Gemeindegröße differenzierte Nivellierungshebesätze entscheiden als auch die Schnittstelle zwischen „größeren“ und „kleineren“ Gemeinden bei einer Zahl von 100.000 Einwohnern ansetzen. Beide Entscheidungen sind unter Bezugnahme auf das Gutachten des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung plausibel begründet und lassen sich zudem damit rechtfertigen, daß durch die in Gestalt differenzierter Nivellierungssätze erfolgende „Privilegierung“ kleinerer Gemeinden ein Gegengewicht zu ihrer „Benachteiligung“ durch die Einwohnerspreizung geschaffen wird.

j) Überschritten ist die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen allerdings im Fall der Stadt Göttingen, die fachrechtlich Träger fast sämtlicher Kreisaufgaben des eigenen Wirkungskreises ist (§§ 1 Abs. 2, 3 Göttingen-Gesetz), finanzausgleichsrechtlich aber als kreisangehörige Gemeinde behandelt (§ 2 Göttingen-Gesetz) und dementsprechend nur an den Zuweisungen für Gemeindeaufgaben beteiligt wird (§ 3 Satz 1 Nr. 1 NFAG 1999). Eine nachvollziehbare Begründung für diese finanzausgleichsrechtliche Behandlung der Stadt Göttingen ist nicht ersichtlich. Die entsprechende Regelung kann auch nicht unter Berufung auf die grundsätzlich vorhandene politische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers gerechtfertigt werden, weil gerade Entscheidungen im Rahmen des legislativen Gestaltungsspielraums einer plausiblen und nachvollziehbaren Begründung bedürfen. Auch ist im Fall der Stadt Göttingen nicht sichergestellt, daß durch die zur Verfügung gestellten Finanzmittel im Ergebnis das nach Art. 58 NV erforderliche Niveau der Finanzausstattung erreicht wird. Der Gesetzgeber hat insoweit das Ziel eines aufgabengerechten Finanzausgleichs verfehlt. Er hätte die im Hinblick auf die Aufgabenverteilung zwischen der Stadt und dem Landkreis ... besondere Konstellation bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs nicht unberücksichtigt lassen dürfen. Auch aus der Ausgleichsklausel des § 15 Abs. 4 NFAG 1999 ergibt sich nichts Gegenteiliges, weil sie ihrem klaren Wortlaut nach nicht auf gesetzliche Aufgabenzuweisungen, sondern nur auf Aufgabenverlagerungen bezogen ist, die auf einer Vereinbarung zwischen betroffenem Landkreis und betroffener Gemeinde beruhen.

V.

Mit dem Fehlen eines die grundlegenden Koordinaten des kommunalen Finanzausgleichs abstrakt und formell separiert regelnden Maßstäbegesetzes kann die Verfassungswidrigkeit von NFAG 1999 und NFVG nicht begründet werden. Ungeachtet dessen, daß der Nachweis des praktischen Nutzens einer legislatorisch verselbständigten Maßstabbildung bisher noch aussteht, besteht kein Anlaß, das vom Bundesverfassungsgericht in einem Akt der Verfassungsfortbildung (so ausdrücklich BVerfGE 101, 158, 218) kreierte Institut des Maßstäbegesetzes auf die niedersächsische Verfassungsordnung zu übertragen; denn allein die vom Staatsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung herausgearbeiteten Vorgaben für die Ausgestaltung des Finanzausgleichs sorgen für ein hinreichendes Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit der gesetzgeberischen Entscheidungen. Einer zusätzlichen Fixierung bestimmter Grundentscheidungen des Gesetzgebers in einem speziellen Gesetz bedarf es daneben nicht.