KG, Beschluss vom 30.05.2014 - 6 U 54/14
Fundstelle
openJur 2014, 15244
  • Rkr:

Das Umknicken mit dem Fuß beim Tennisspiel stellt keinen Unfall in der privaten Unfallversicherung im Sinne des § 178 Abs. 2 VVG dar, wenn das vorangegangene Ausrutschen auf Blättern nicht bewiesen werden kann.

Hinweisbeschluss vom 30.5.2014; Erledigung durch Rücknahme der Berufung (Beschluss gemäß § 516 Abs. 3 ZPO vom 15.7.2014

Gründe

1.

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Klägerin vom 17. April 2014 gegen das am 27. März 2014 verkündete Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungsrügen greifen im Ergebnis nicht durch. Sie ergeben nicht, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen eine andere rechtliche Würdigung rechtfertigen; es liegen weder Fehler in der Tatsachenfeststellung noch in der Rechtsanwendung vor (§§ 513, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Entgegen der Ansicht der Klägerin erfüllt nicht schon allein die beim Umknicken erlittene Bandverletzung den Unfallbegriff. Dafür ist nach der gesetzlichen Unfalldefinition in § 178 Abs. 2 VVG, die sich mit der in Ziffer 1.3 der AUB 2005 enthaltenen Definitiondeckt, vielmehr notwendig, dass die Klägerin die Gesundheitsbeschädigung „durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis erlitten hat“. Da die Klägerin sich den Riss der Außenbänder und die Überdehnung der Innenbänder, die Ursache des behaupteten Dauerschadens wären, unstreitig nicht durch einen Sturz (Aufprall auf den Boden, vgl. dazu BGH VersR 2011, 1135, zitiert nach juris, dort Ls. und Rdz. 12/14) zugezogen hat, sondern während der Bewegung, liegt ein bedingungsgemäßer Unfall nur vor, wenn das Umknicken des Fußes auf ein von außen kommendes Ereignis zurückgeführt werden kann. Denn allein die körperliche Fehlbewegung, die zum Umknicken des Fußes geführt hat, reicht –obwohl in Bezug auf das Umknicken nicht willensgesteuert– für die Erfüllung des Unfallbegriffs nicht aus (BGH VersR 2009, 492 – 495, zitiert nach juris, dort Rdz. 11; OLG Düsseldorf NVersZ 1999, 524 – 525, zitiert nach juris, dort Ls. und Rdz. 10 f; OLG Frankfurt RuS 2009, 32, zitiert nach juris, dort Ls. 1 und Rdz. 27; OLG München MDR 1998, 1479, zitiert nach juris, dort Ls. und Rdz. 13; OLG Hamm VersR 2008, 249 – 250, zitiert nach juris, dort Ls. und Rdz. 20 mit Anmerkung Kloth, jurisPR-VersR 4/2008, Anm. 4; ders, Anmerkung zum Urteil des LG Dortmund, jurisPR-VersR 09/2009 Anm. 4).

Das Landgericht hat deshalb zutreffend Beweis erhoben über die von der Beklagten ausdrücklich bestrittene Behauptung der Klägerin, sie sei mit dem Fuß umgeknickt, weil sie auf Blätter getreten und dort keinen ausreichenden Halt gefunden habe; diesen Beweis hat es jedoch als nicht geführt angesehen. Soweit die Klägerin die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil angreift, kommt ihrer Berufung ebenfalls kein Erfolg zu. Denn die Berufungsbegründung zeigt bereits keine Umstände im Sinne des § 529 ZPO auf, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen könnten. Insbesondere zeigen die Berufungsangriffe keine Fehler in der Beweiswürdigung –etwa durch Mißachtung der von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelten Anforderungen– auf, was etwa der Fall wäre, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich wäre oder wenn sie gegen Denkgesetze verstoßen würde (BGH NJW 2004, 1876 – 1879, zitiert nach juris, dort Rdz. 9 m.w.N.). Die Klägerin setzt statt dessen nur ihre eigene Beweiswürdigung gegen die des Gerichts und sieht aufgrund der Aussage der Zeugin N... den Beweis ihrer Behauptung, auf einem Blatt umgeknickt zu sein, als geführt an. Dabei räumt sie allerdings ein, dass die Zeugin tatsächlich nicht bekundet hat, gesehen zu haben, dass die Klägerin auf einem Blatt oder einem Ast ausgerutscht ist. Die Klägerin meint jedoch, gerade dies sei ein Beleg für die Glaubwürdigkeit der Zeugin. Mit den vom Landgericht dargestellten Bedenken an der Glaubhaftigkeit der Aussage setzt sich die Berufungsbegründung dagegen nicht auseinander.

Der Senat folgt der Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts. Allein die Bekundungen der Zeugin, es hätten wegen des stürmischen Wetters auf dem Platz „überall Blätter“ gelegen und die Klägerin hätte nach dem Vorfall „Scheiß Blätter“ gesagt, rechtfertigen nicht mit der gemäß § 286 Abs. 1 ZPO notwendigen Gewissheit die Feststellung, dass die Behauptung der Klägerin wahr ist. Das Landgericht hat nachvollziehbar begründet, dass es sich gehindert sieht, aus diesen Aussagen den Schluss auf die behauptete Tatsache zu ziehen, schon weil diesen Bekundungen der Zeugin kein allzu hoher Beweiswert zukomme. Dies ist im Urteil damit begründet worden, dass in dem Zeitraum zwischen Spielbeginn und Verletzung der Klägerin sehr viele Blätter gefallen sein müssten, wenn die Aussage, es hätten „überall Blätter“ gelegen, zutreffend sein sollte. Zudem sei es eher unwahrscheinlich, dass tatsächlich überall auf dem Platz Blätter gelegen hätten, weil ein Verbandsspiel in so einem Fall wohl nicht weitergeführt worden wäre. Weiter sieht das Landgericht für den Senat nachvollziehbar den Beweiswert der Aussage vom 20. Februar 2014 dadurch geschmälert, dass die Zeugin anlässlich ihrer früheren schriftlichen Zeugenbefragung durch die Beklagte im September 2012 (Anlage B 5) zur Frage nach Blättern auf dem Platz lediglich Vermutungen geäußert hatte, schon weil das menschliche Gedächtnis über die Zeit nicht besser zu werden pflege. Zudem habe die Zeugin die Bekundung zur Aussage der Klägerin nach dem Sturz nicht von sich aus, sondern erst auf ausdrückliche Nachfrage des Klägervertreters gemacht.

Mit all diesen Feststellungen setzt sich die Berufungsbegründung nicht auseinander. Die Klägerin meint zwar, allein die Tatsache, dass die Zeugin offen eingeräumt habe, dass sie nicht gesehen habe, ob die Klägerin auf einem Blatt oder Ast ausgerutscht sei, spreche für ihre Glaubwürdigkeit. Darauf kommt es jedoch entscheidungserheblich nicht an, zumal dadurch nicht zugleich die vom Landgericht dargestellten Gründe für die verbleibenden Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin nicht ausgeräumt werden können. Mangels Nachweises, dass tatsächlich in unmittelbarer Nähe zur Sturzstelle Blätter auf dem Boden lagen, verbleiben deshalb selbst bei Einbeziehung der allgemeinen Lebenserfahrung und der weiteren Bekundung der Zeugin, dass die Klägerin „Scheiß Blätter“ gesagt habe, mehr als unerhebliche Restzweifel in Bezug auf die Wahrheit der behaupteten Tatsache.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind erfüllt. Weder kommt der Rechtssache nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzliche Bedeutung zu (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vorliegend eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO), weshalb auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

2.

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen zweier Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen oder –schon aus Kostengründen– eine Berufungsrücknahme zu erwägen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich im Falle der Berufungsrücknahme die Gerichtskosten auf die Hälfte reduzieren würden (vgl. KV 1222 zum GKG, dort Anlage 2).

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