FG München, Urteil vom 08.05.2014 - 15 K 2474/12
Fundstelle
openJur 2014, 11550
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Streitig ist, ob die Kläger Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen können.

Die Kläger werden beim Beklagten, dem Finanzamt Lindau, in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seit September 2008 als Lehrer an einer …schule in Lindau bzw. seit September 2009 als Angestellte der … in … Kempten. Hierfür wurde ab dem 1. September 2008 eine 2-Zimmer-Wohnung in … und ab dem 15. Februar 2010 eine 3-Zimmer-Wohnung in Lindau angemietet. Die Kläger sind dort nach Auskunft des Einwohnermeldeamts mit dem alleinigen Wohnsitz angemeldet.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 20.831 Euro für 2010 und 3.729 Euro für 2011 und die Klägerin in Höhe von 4.159 Euro für 2010 geltend. In den Werbungskosten waren u.a. beim Kläger für 2010 insgesamt 26 Familienheimfahrten und für 2011 29 Familienheimfahrten á 478 km einfache Entfernung berücksichtigt (zusammen 59.461 km). Die Kläger trugen vor, der Haupthausstand befinde sich nach wie vor in ihrem eigenen Haus in Eisenach, wo auch der 1990 geborene Sohn wohne, der in Weimar bzw. Erfurt studiere. Der Beklagte lehnte den Ansatz dieser Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid für 2010  vom 24. April 2012 und für 2011 vom 26. April 2012 jeweils ab. Der Lebensmittelpunkt der Kläger habe sich mit dem Zuzug der Klägerin nach Bayern verlagert.

Im Einspruchsverfahren ergänzten die Kläger ihr Vorbringen dahingehend, dass die Wohnfläche der Wohnung in Lindau mit 93 qm geringer sei als die des Hauses in Eisenach und auch nicht der Unterbringung der gesamten Familie diene. In der Regel seien wöchentliche Familienheimfahrten durchgeführt worden, nachgewiesen durch km-Stände ihrer Pkw und Einkäufe in Eisenach. Das Haus in Eisenach werde nur von ihnen und ihrem Sohn genutzt, der gesamte Freundes- und Verwandtenkreis befinde sich aber dort, und der Kläger sei auch Mitglied in einem örtlichen Laufteam und nehme an allen Lauftreffs im Raum Eisenach teil. Sie verwiesen zudem auf die Urteile der Finanzgerichte Hamburg vom 17. August 2007 5 K 160/06 und München vom 23. April 2008 10 K 1772/07. Auf Anforderung des Beklagten legten die Kläger insgesamt vier Urkunden des Klägers über die Teilnahme an Laufveranstaltungen 2010 bzw. 2011, den Arbeitsvertrag der Klägerin, die Grundrisspläne des Hauses in Eisenach bzw. der Wohnung in Lindau, Tabellen mit wochenweisen Angaben der Fahrten zwischen Lindau und Eisenach (unterteilt nach dem Pkw des Klägers LI… bzw. der Klägerin LI- …) und zwei Rechnungen des Autohauses … für den Pkw des Klägers vor, ferner Auflistungen über Fahrten nach Eisenach sowie Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für die Streitjahre mit Gesamtkilometersummen von 28.458 km für 2010 und von 29.930 km für 2011. Die Wohnfläche des Hauses in Eisenach betrage laut den vorgelegten Plänen 110,07 qm. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2012 als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Der Kläger sei erst ab dem 2. September 2011 Beamter auf Lebenszeit, vorher sei er beim Freistaat Bayern lediglich auf Probe angestellt gewesen. Auch die Klägerin sei zunächst für sechs Monate auf Probe beschäftigt gewesen. Ausschlaggebend für die Aufnahme des zweiten Haushalts sei alleine gewesen, dass die Kläger von dort aus ihren Arbeitsplatz schnell und unmittelbar hätten aufsuchen können. Der Haushalt in Eisenach sei beibehalten und weder fremdvermietet noch veräußert worden, um ihn als Unterkunft für den Sohn der Kläger und auch für sportliche Aktivitäten sowie Treffen mit Freunden und Bekannten nutzen zu können. Zum Nachweis der Rückkehrabsicht legten sie eine Bewerbung des Klägers vom 30. Oktober 2012 auf eine Stelle als … in Eisenach und eine Bescheinigung des Staatlichen Schulamts Westthüringen vom 14. Februar 2013 über mehrfache Erkundigungen des Klägers zu Einstellungs- bzw. Übernahmemöglichkeiten in den Thüringer Schuldienst vor. Ferner legten sie Bescheinigungen von Autohäusern vom 26. Januar 2011, vom 16. August 2011 und vom  16. Januar 2013 (Pkw des Klägers, km-Stand 141.592 km bzw. 150.375 und 170.364 km) sowie eine Rechnung betreffend das Fahrzeug der Klägerin vom 29. März 2012 (km-Stand 23.473 km; Erstzulassung sei am 21. Juli 2010 gewesen) und den Dienstplan der Klägerin von Januar bis November 2011 vor, ferner selbsterstellte Auflistungen von Kreditkartenzahlungen in Eisenach (Kläger: 28 Zahlungen in 2010, 23 Zahlungen 2011; Klägerin: 21 Zahlungen 2010). 2012 seien erhebliche Sanierungsarbeiten am selbstgenutzten Einfamilienhaus in Eisenach durchgeführt worden. Am 7. Januar 2014 habe der Kläger förmlich die Versetzung nach Thüringen bzw. grenznah nach Hessen beantragt.

Die Kläger beantragen,die Einkommensteuer-Änderungsbescheide für 2010 vom 27. April 2011 und für 2011 vom 26. April 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2012 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liege der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Sinne des Mittelpunkts der gesamten Lebensführung und nicht nur der Freizeitgestaltung grundsätzlich an dem Ort, an dem auch der Ehepartner wohne, da sich dort im Wesentlichen das eheliche Leben abspiele. Die Kläger hätten sich zudem auf eigenen Wunsch nach Lindau versetzen lassen und ihren Hauptwohnsitz auch dorthin umgemeldet. Da die statt der 2-Zimmer-Wohnung sodann unbefristet angemietete 3-Zimmer-Wohnung  mit 93 qm familiengerecht sei, liege die Vermutung nahe, dass der Aufenthalt für einen längeren Zeitraum geplant gewesen sei. Die Teilnahme an Sportveranstaltungen sowie Treffen mit Freunden und Bekannten in Eisenach stellten dagegen typische Freizeitaktivitäten am Wochenende bzw. im Urlaub dar, und auch der gelegentliche Besuch des volljährigen studierenden Sohnes spreche nicht für einen Lebensmittelpunkt in Eisenach. Wie in der Einspruchsentscheidung bereits ausgeführt, seien auch die vorgelegten Unterlagen und Erläuterungen hinsichtlich der Fahrleistung der Pkw zum Teil widersprüchlich. Die Behauptung der Kläger, sie seien zu Werbungskostenzwecken in der Zeit vom 21. Januar 2011 bis zum 16. August 2011 insgesamt 16.770 km gefahren, werde durch die vorgelegten Rechnungen für den Pkw des Klägers mit einer tatsächlichen Fahrleistung von 8.783 km nicht belegt. Statt der für 2010 beantragten 29 Familienheimfahrten weise die vorgelegte Tabelle nur 19 Familienheimfahrten aus. Auch nach dem weiteren Vortrag der Kläger zu den Fahrleistungen seien für 2011 nur 10 Familienheimfahrten glaubhaft, wovon nach Abgleich mit dem Dienstplan der Klägerin zwei Fahrten vom Ehemann allein durchgeführt worden seien. Eine vorgelegte Bescheinigung über weitere 4 Fahrten im Rahmen einer Fahrgemeinschaft sei mangels Datumsangabe nicht zu berücksichtigen. Bei drei Fahrten habe es sich offenbar um Urlaubsfahrten gehandelt. Verbleibende Zweifel gingen zu Lasten der Kläger.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Akten, die Einspruchsentscheidung und die Schriftsätze verwiesen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Gründe

II. Der Antrag der Kläger wird dahingehend ausgelegt, dass er sich nicht gegen Einkommensteuer-Änderungsbescheide, sondern gegen die mit dem Einspruch angegriffenen Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 sowie die diesbezügliche Einspruchsentscheidung richtet.

Die Klage ist auch unter der Einschränkung, dass die Kläger entgegen dem in der Klageschrift formulierten Antrag auf (ersatzlose) Aufhebung der streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide nur die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten des Klägers für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 20.831 Euro für 2010 und 3.729 Euro für 2011 und der Klägerin in Höhe von 4.159 Euro für 2010 bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit begehren, unbegründet.

1. Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach Nr. 5 Satz 2 der Vorschrift vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Danach ist zwischen dem Wohnen in einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort und dem Unterhalten eines eigenen Hausstandes außerhalb dieses Ortes zu unterscheiden. Mit dem "Hausstand" ist der Ersthaushalt (Hauptwohnung) umschrieben, an dem sich der Arbeitnehmer - abgesehen von den Zeiten der Arbeitstätigkeit und ggf. Urlaubsfahrten - regelmäßig aufhält, den er fortwährend nutzt und von dem aus er sein Privatleben führt, d.h. wo er seinen Lebensmittelpunkt hat. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftigungs-ortes für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu werten. Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen grundsätzlich an dem Ort, an dem auch sein Ehepartner und - wenn auch nicht notwendigerweise - auch seine minderjährigen Kinder wohnen. Gelegentliche Besuche des Ehepartners am Beschäftigungsort des Arbeitnehmers sowie das Zusammenleben berufstätiger Ehegatten an dem Beschäftigungsort während der Woche führen dabei für sich genommen noch nicht zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes. Dagegen verlagert sich in der Regel der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird (Bundesfinanzhof -BFH - Beschluss vom 1. Februar 2012 VI B 88/11, juris, unter Hinweis auf BFH-Beschluss vom 9. Juli 2008 VI B 4/08, BFH/NV 2008, 2000; Finanzgericht München, Urteil vom 31. März 2011 5 K 2018/10, juris).

2. Der erkennende Senat konnte sich bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalls sowie der von der Klägerin vorgelegten Beweismittel nicht davon überzeugen, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr noch in Eisenach befunden hat. Dies geht nach der im Steuerrecht geltenden Beweislastregel (vgl. BFH-Urteile vom 10. August 1988 II R 252/83, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1988, 987, und vom 19. Januar 1994 I R 40/92, BFH/NV 1995, 181; jeweils mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -; ständige Rechtsprechung), wonach der Steuerpflichtige die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die steuerentlastenden oder -mindernden Tatsachen trägt, d.h. für Tatsachen, die den Steueranspruch aufheben oder einschränken oder Steuerbefreiungen, -ermäßigungen oder (sonstige) Steuervergünstigungen begründen, zu Lasten der Kläger. Die Auffassung des Senats, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger im Streitjahr nicht mehr in Eisenach befunden hat, beruhen auf folgenden Erwägungen:

a) Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen. Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen grundsätzlich an dem Ort, an dem auch sein Ehepartner und -wenn auch nicht notwendigerweise- auch seine minderjährigen Kinder leben. Gelegentliche Besuche des Ehepartners am Beschäftigungsort des Arbeitnehmers sowie das Zusammenleben berufstätiger Ehegatten an dem Beschäftigungsort während der Woche führt dabei für sich genommen noch nicht zur einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes. Dagegen verlagert sich in der Regel der Mittelpunkt der Lebensinteressen an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird (BFH-Beschluss vom 9. Juli 2008 VI B 4/08, am angegebenen Ort -a.a.O.- ).

Dieser Regelfall trifft bei den Klägern zu. Die von den Klägern in Lindau angemietete 3-Zimmer-Wohnung ist auch unter Berücksichtigung möglicher Besuche durch den volljährigen Sohn der Kläger eine familiengerechte Wohnung im genannten Sinn. Ihre Eignung als Lebensmittelpunkt tritt auch in Abwägung zu der Größe, der Lage und dem Wohnwert des Einfamilienhauses in Eisenach nicht in den Hintergrund, vor allem, da sich das eheliche Leben der Kläger weniger an dem studierenden Sohn als an der eigenen Berufstätigkeit orientierte, die sich im Sinne zweier unbefristeter Anstellungen und damit nicht nur vorübergehend nach Lindau verlagert hatte. Dementsprechend war die dortige Wohnung unbefristet angemietet worden. Für diese Betrachtung spricht auch, dass sich die Kläger dort mit dem alleinigen Wohnsitz angemeldet haben.

Die Verlagerung des Lebensmittelpunkts liegt nach Auffassung des Gerichts bereits ab dem Beginn des Streitjahres 2010 vor. Denn aus den vorgelegten Belegen über die Anschaffung von Möbeln ergibt sich, dass diese ab Anfang Dezember 2009 bestellt wurden und damit die Errichtung des gemeinsamen Haushalts in einer geeigneten Wohnung bereits absehbar war.

b) Auch aus der Zahl der nachgewiesenen Familienheimfahrten lässt sich nicht schließen, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger in den Streitjahren noch in Eisenach befunden hätte. So wurden für 2010 keine detaillierten Unterlagen über einzelne Heimfahrten vorgelegt; die selbsterstellte Auflistung belegt nur 19 Fahrten mit dem Pkw LI-… (zuvor: EA-…). Die Kläger hatten in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 die Berücksichtigung von 29 Familienheimfahrten beantragt; die im Einspruchsverfahren nachgereichte Auflistung geht im Summenfeld ebenfalls von 29 Fahrten á 478 km = 27.724 km aus. Dagegen gehen die Kläger im Schriftsatz vom 1. Juli 2013 von einer jährlichen Fahrleistung des klägerischen Pkw von lediglich 14.386 km aus. Anhaltspunkte dafür, dass die Fahrten mit einem anderen Pkw durchgeführt worden wären, liegen nicht vor. Zum einen sind solche Fahrten nicht in der kennzeichenbezogenen Aufstellung vermerkt. Zum anderen verfügte die Klägerin zwar ab dem 21. Juli 2010 über einen Pkw mit dem amtl. Kennzeichen LI-…. Die Kläger haben aber nicht vorgetragen, dass und wann mit diesem Pkw Fahrten zwischen Lindau und Eisenach im Jahr 2010 durchgeführt worden sein sollen. Daher sind die vorgelegten Aufzeichnungen und die gelieferten Erläuterungen bereits dem Grunde nach - ohne auf die erforderliche Anzahl der nachgewiesenen Heimfahrten noch eingehen zu müssen, die der Senat auf 24 pro Jahr beziffert - nicht zum Nachweis einer doppelten Haushaltsführung in Eisenach geeignet.

Für 2011 sind nur 10 Fahrten zwischen Lindau und Eisenach belegt, wovon der Kläger aufgrund eines Abgleichs mit dem Dienstplan der Klägerin zwei Fahrten alleine durchgeführt haben muss. Nachgewiesen sind Fahrten am 9. März, 26./27. März, 22. Mai, 21.-27. Juni, 16. bis 21. August, 4. September, 2. Oktober und 30. Oktober. Demgegenüber hat der Kläger allein für den Zeitraum vom 21. Januar 2011 bis 16. August 2011, für den sich die Laufleistung des Pkw LI-… aus vorgelegten Werkstattrechnungen mit 8.783 km errechnet, insgesamt 15 Fahrten geltend gemacht (15 x 478 x 2 km = 14.340 km).

Nur noch ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die erst im Laufe des Klageverfahrens vorgelegte Bescheinigung über vier Mitfahrten des Klägers im Fahrzeug einer Kollegin im Jahr 2011 zu keinem anderen Ergebnis führt. Selbst wenn die vier Fahrten, die nicht datumsmäßig bezeichnet wurden, berücksichtigt werden, ist der Nachweis über eine hinreichende Zahl von Familienheimfahrten nicht geführt.

c) Auch aus Kontoauszügen und Kreditkartenzahlungen lässt sich nicht feststellen, dass die Kläger ihren Lebensmittelpunkt weiterhin in Eisenach gehabt hätten. Die Kläger haben lediglich zum Nachweis von Benzinkosten Kontoauszüge vorgelegt, die im Übrigen geschwärzt waren. Die angeforderten Auszüge von Kreditkartenkonten wurden nicht vorgelegt. Stattdessen wurde im Klageverfahren eine Auflistung von Einsätzen der Kreditkarten in Eisenach erstellt (Mastercard bzw. EC, 2011 nur für den Kläger, 13/15 Verwendungen durch den Kläger in 2010, 10/12 Verwendungen 2011, 9/12 Verwendungen durch die Klägerin 2010). Hierzu ist zu bemerken, dass eine Vielzahl der Karteneinsätze der beiden Karten an ein und demselben Wochenendaufenthalt erfolgte (Bsp.: 9. März 2011, 3. September 2011, 1. Oktober 2011, 31. Oktober, 2., 3. und 5. November 2011). Zudem ist ohne Vorlage der Kontoauszüge mit den entsprechenden Buchungstexten nicht ersichtlich, zu welchem Zweck die Kreditkarten verwendet wurden. Dem Gericht ist somit die Nachprüfung verwehrt, ob die Kläger Einkäufe, Restaurant-, Opern- oder Konzertbesuche etc. beglichen haben, woraus sich hätte ergeben können, dass sich in Eisenach soziale und kulturelle Aktivitäten in einem Umfang entfalten, die zu dem Schluss führen, dass sich dort ihr behaupteter Lebensmittelpunkt befindet. Anhaltspunkte, wonach in Eisenach intensive soziale Kontakte gepflegt worden seien, haben sich jedenfalls nicht ergeben.

d) Schließlich ergibt sich auch aus der Teilnahme des Klägers am Rennsteiglauf keine andere Wertung. Der Rennsteiglauf ist eine renommierte überregionale Laufveranstaltung, die sich im boomenden Ausdauerbereich steigender Beliebtheit erfreut. Es ist gerichtsbekannt, dass an diesem Laufevent auch viele Athlet(inn)en aus dem süddeutschen Raum teilnehmen. Rückschlüsse auf den Lebensmittelpunkt des Klägers lassen sich aus seiner Teilnahme nicht gewinnen.

e) Die Bewerbungen des Klägers auf ein … in Eisenach und auf Übernahme in den grenznahen hessischen bzw. thüringischen Lehrdienst stammen nicht aus den Streitjahren. Sie sind ebenso wie die in 2012 erfolgte Sanierung des Hauses der Kläger in Eisenach als Bekundung der Rückkehrabsicht zu werten, belegen aber nicht, dass sich der Lebensmittelpunkt der Kläger in den Streitjahren in Eisenach befunden hätte.

f) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) durch die Kläger hinsichtlich der vollständigen Vorlage von lesbaren Kontoauszügen, Dienstplänen der Klägerin, Kreditkartenunterlagen sowie die widersprüchliche Darstellung von Fahrleistungen führt insofern nicht nur zu einer Begrenzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), sondern auch zu einer Minderung des in § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO vorgesehenen Beweismaßes. Der Grad der grundsätzlich erforderlichen Gewissheit („Überzeugung“) reduziert sich in der Weise, dass der Sachverhalt aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen festgestellt werden darf (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462). Dies bedeutet, dass sich das Gericht über etwa gegebene Zweifel in tatsächlicher Hinsicht hinwegsetzen kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 FGO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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