ArbG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2011 - 8 Ca 5485/10
Fundstelle
openJur 2014, 10460
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Streitwert: 11.324,03 €.

4. Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchst. b) und c) ArbGG), wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung eines Höhergruppierungsgewinns, wie er auch einer Kollegin der Klägerin gezahlt wird.

Die 62-jährige Klägerin ist seit dem 01.04.1986, auf der Grundlage Arbeitsvertrages vom 01.04.1986 (Blatt 9 f. der Gerichtsakte) in Verbindung mit den Änderungsverträgen vom 25.02.1994 (Blatt 11 f. der Gerichtsakte) und vom 28.10.2009 (Blatt 13 f. der Gerichtsakte) - ab dem 01.12.2009 in Altersteilzeit - bei dem c. beschäftigt und bei der T. in E. in der Abteilung für X. tätig. § 2 des Arbeitsvertrages vom 01.04.1986 lautet wie folgt:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung."

Entsprechend ihrer Tätigkeit wurde die Klägerin ab dem 01.04.1986 zunächst in die Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 1 b des allgemeinen Teils der Anlage 1a der Vergütungsordnung zum BAT eingestuft. Aufgrund der Übertragung höherwertiger Tätigkeiten war sie ab dem 01.02.1988 in die Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 1a des allgemeinen Teils der Anlage 1a der Vergütungsordnung zum BAT eingruppiert. Nach Ablauf der insoweit vorgesehenen sechsjährigen Bewährungszeit und Feststellung der tatsächlichen Bewährung durch den Arbeitgeber wurde die Klägerin mit Änderungsvertrag vom 25.02.1994 ab dem 01.02.1994 im Wege des Bewährungsaufstiegs im Sinne des § 23 a BAT in die Vergütungsgruppe IV b, Fallgruppe 2 des allgemeinen Teils der Anlage 1a der Vergütungsordnung zum BAT höhergruppiert.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des den BAT ersetzenden TV-L am 01.11.2006 wurde die Klägerin nach der Anlage 2 Teil A zu § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder entsprechend ihrer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b BAT (Variante "nach Aufstieg aus V b") in die Entgeltgruppe 9 übergeleitet. Die Zuordnung zu einer der gemäß § 16 Abs. 1 TV-L in Entgeltgruppe 9 ausgebrachten fünf Entgeltstufen richtete sich dabei nach den §§ 5 und 6 TVÜ-Länder. Maßgeblich hierfür war ein auf der Grundlage der Bezüge, die der Klägerin im Oktober 2006 zustanden, ermitteltes Vergleichsentgelt, das für die Klägerin gemäß Schreiben des LBV NRW (Blatt 89 der Gerichtsakte) 3.000,11 € betrug.

Nach der von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Entgelttabelle zum 01.11.2006 war in der (höchsten) Entgeltstufe 5 der Entgeltgruppe 9 ein Tabellenentgelt von 2.980,00 € vorgesehen. Das ermittelte Vergleichsentgelt überstieg mithin dieses Tabellenentgelt um 20,11 €. Gemäß § 6 Abs. 4 TVÜ-Länder erfolgt die Zuordnung der Klägerin zu einer individuellen Endstufe in der Entgeltgruppe 9 (Stufe 5+). Sowohl das Tabellenentgelt als auch der individuelle Erhöhungsbetrag (individuelle Zulage) haben an zwischenzeitlich im Rahmen von Tarifverhandlungen vereinbarten Entgelterhöhungen teilgenommen.

Neben der Klägerin arbeitet bei der T. E. eine am 09.11.1954 geborene Kollegin (im Folgenden: Referenzperson), welche mit Arbeitsvertrag vom 02.05.2003 (Blatt 90 f. der Gerichtsakte) mit Wirkung zum 02.05.2003 eingestellt wurde. Auch diesem Arbeitsverhältnis lag bis zum 31.10.2006 der BAT zugrunde. Entsprechend ihrer Tätigkeit als Buchhalterin in der Abteilung für X. war die Referenzperson seit dem 02.05.2003 in die Vergütungsgruppe V b, Fallgruppe 1a des allgemeinen Teils der Anlage 1 a der Vergütungsordnung zum BAT eingruppiert. Anders als die Klägerin hatte die Referenzperson zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-L den nach dem BAT nach einer sechsjährigem Bewährungszeit vorgesehenen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 des allgemeinen Teils der Anlage 1 a der Vergütungsordnung zum BAT noch nicht vollzogen. Ihre Bewährungszeit wäre erst am 01.05.2009 abgelaufen. Zum 01.11.2006 wurde auch die Referenzperson nach der Anlage 2 Teil A zu § 4 Abs. 1 TVÜ-Länder entsprechend ihrer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b BAT (Variante "mit ausstehendem Aufstieg nach IV b") in die Entgeltgruppe 9 übergeleitet. Das von dem LBV NRW für sie ermittelte Vergleichsentgelt betrug 2.805,46 €. Da dieses Vergleichsentgelt zwischen den Stufen 4 und 5 der von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Entgelttabelle zum 01.11.2006 lag, erfolgte die Zuordnung der Referenzperson zu einer individuellen Zwischenstufe in der Entgeltgruppe 9 (Stufe 4+). Zum 01.11.2008 erfolgte sodann der Aufstieg in die betragsmäßig nächsthöhere reguläre Stufe 5 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 TVÜ-Länder. Eine individuelle Zulage wird seit diesem Zeitpunkt nicht mehr gezahlt.

Am 01.03.2009 änderten die Tarifvertragsparteien mit Änderungs-Tarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-Länder u.a. § 8 TVÜ-Länder. § 8 Abs. 3 erhielt dabei den folgenden Wortlaut:

"Abweichend von Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gelten die Absätze 1 bzw. 2 auf schriftlichen Antrag entsprechend für übergeleitete Beschäftigte, die bei Fortgeltung des BAT/BAT-O bis spätestens zum 31. Dezember 2010 wegen Erfüllung der erforderlichen Zeit der Bewährung oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag erfüllt ist. In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 erhalten Beschäftigte, die in der Zeit zwischen dem 01. November 2008 und dem 31. Dezember 2010 bei Fortgeltung des BAT/BAT-O höhergruppiert worden wären, in ihrer bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen Zwischen- oder Endstufe, die sich aus der Summe des bisherigen Tabellenentgelts und dem nach Absatz 2 ermittelten Höhergruppierungsgewinn nach bisherigem Recht ergibt; die Stufenlaufzeit bleibt hiervon unberührt (…)"

Mit Schreiben vom 13.07.2009 (Blatt 97 der Gerichtsakte) beantragte die Referenzperson ihre Eingruppierung im Wege des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 2 des allgemeinen Teils der Anlage 1 a der Vergütungsordnung zum BAT, die ihr bei Fortgeltung des BAT ab dem 02.05.2009 zugestanden hätte. Auch aus dem von der Beschäftigungsbehörde eingeholten Leistungsberichts des zuständigen Abteilungsleiters der Behörde ergaben sich keine Anhaltspunkte ergaben, die bei Fortgeltung des BAT einer Höhergruppierung der Referenzperson entgegengestanden hätten. Da damit die Voraussetzungen für eine besitzstandswahrende Regelung für die Referenzperson erfüllt waren, ermittelte das LBV NRW für sie den Höhergruppierungsgewinn gemäß § 8 Abs. 2 TVÜ-Länder, der unter Anderem wie folgt lautet:

"Beschäftigte, die aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O in eine der Entgeltgruppen 2 sowie 9-15 übergeleitet werden, und

(…) erhalten ab dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in ihrer bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen Zwischen- bzw. Endstufe, die sich ergeben hätte, wenn sich ihr Vergleichsentgelt (§ 5) nach der Vergütung aufgrund der Höhergruppierung bestimmt hätte. ..."

Der Höhergruppierungsgewinn, wegen dessen genauer Berechnung auf Blatt 78 der Gerichtsakte verwiesen wird, betrug für die Referenzperson 292,33 €.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Überleitung der Klägerin und der Referenzperson jeweils ordnungsgemäße entsprechend den tariflichen Vorschriften erfolgte.

Mit ihrer am 26.08.2010 bei Arbeitsgericht E. eingegangenen und mit Schriftsatz vom 10.10.2011 erweiterten Klage verlangt die Klägerin die Zahlung eines Höhergruppierungsgewinns in Höhe von 292,33 € für die Zeit ab Mai 2009 zusätzlich zu ihrer Vergütung nach der individuellen Endstufe. Hilfsweise verlangt sie die Zahlung der Differenz zwischen ihrer individuellen Endstufe und dem Höhergruppierungsgewinn der Referenzperson. Sie ist der Ansicht, dass Ergebnis der Überleitung verstoße gegen Artikel 3 des GG und den Grundsatz der gleichen Vergütung für gleiche Arbeit. Obwohl sie und die Referenzperson die gleiche Tätigkeit ausübten und obwohl die Referenzperson erheblich kürzer beschäftigt sei als sie, erhalte die Referenzperson eine erheblich höhere Vergütung. Diese Regelung sei unter keinem sachlich vertretbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt. Das aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Verbot, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln, gelte auch im Bereich der Vergütung im öffentlichen Dienst. Die Vertragstarifparteien hätten die Grenzen der ihnen zustehenden Gestaltungsfreiheit unter Verletzung des Artikel 3 Abs. 1 GG überschritten.

Die Klägerin beantragt,

1.die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.506,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 292,33 € seit dem 01.06.2009, aus 292,33 € seit dem 01.07.2009, aus 292,33 € seit dem 01.08.2009, aus 292,33 € seit dem 01.09.2009, aus 292,33 € seit dem 01.10.2009, aus 292,33 € seit dem 01.11.2009, aus 292,33 € seit dem 01.12.2009, aus 292,33 € seit dem 01.01.2010, aus 292,33 € seit dem 01.02.2010, aus 292,33 € seit dem 01.03.2010, aus 292,33 € seit dem 01.04.2010, aus 292,33 € seit dem 01.05.2010, aus 292,33 € seit dem 01.06.2010, aus 292,33 € seit dem 01.07.2010, aus 292,33 € seit dem 01.08.2010, aus 292,33 € seit dem 01.09.2010, aus 292,33 € seit dem 01.10.2010, aus 292,33 € seit dem 01.11.2010, aus 292,33 € seit dem 01.12.2010, aus 292,33 € seit dem 01.01.2011 über dem Basiszinssatz zu zahlen;

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen an sie 4.228,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2009 aus 271,73 €, aus 271,73 € seit dem 01.07.2009, aus 271,73 € seit dem 01.08.2009, aus 271,73 € seit dem 01.09.2009, aus 271,73 € seit dem 01.10.2009, aus 271,73 € seit dem 01.11.2009, aus 271,73 € seit dem 01.12.2009, aus 271,73 € seit dem 01.01.2010, aus 271,73 € seit dem 01.02.2010, aus 271,73 € seit dem 01.03.2010, aus 271,73 € seit dem 01.04.2010, aus 271,73 € seit dem 01.05.2010, aus 271,73 € seit dem 01.06.2010, aus 271,73 € seit dem 01.07.2010, aus 271,73 € seit dem 01.08.2010, aus 271,73 € seit dem 01.09.2010, aus 271,73 € seit dem 01.10.2010, aus 271,73 € seit dem 01.11.2010, aus 271,73 € seit dem 01.12.2010, aus 271,73 € seit dem 01.01.2011 über dem Basiszinssatz zu zahlen;

2.festzustellen, dass das c. ab Januar 2011 ihr das ihr zustehende Grundgehalt zuzüglich 64,75% des Höhergruppierungsgewinns von derzeit 189,28 € zu zahlen hat;

hilfsweise,

festzustellen, dass das c. verpflichtet ist, ihr ab Januar 2011 das ihm zustehende Grundgehalt zuzüglich der Differenz aus 64,75% des Höhergruppierungsgewinn in Höhe von derzeit 189,28 € abzüglich individueller Entgeltstufe in Höhe von derzeit 10,31 € zu zahlen hat.

Das c. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es vertritt die Auffassung, dass die Tarifvertragsparteien die ihnen eingeräumten Beurteilungsspielräume nicht überschritten haben. Ferner hält das c. es für unzulässig, dass die Klägerin eine betragsmäßige Gleichbehandlung gerade mit der Referenzperson verlangt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Klageanträge sind zulässig. Die Feststellungsanträge sind insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 ZPO. Der Hauptfeststellungsantrag ist allerdings auslegungsbedürftig. Nach dem Wortlaut dieses Antrages begehrt die Klägerin "das ihr zustehende Grundgehalt zuzüglich 64,75% des Höhergruppierungsgewinnes in Höhe von derzeit 189,28 €". In Verbindung mit dem Hilfsfeststellungsantrag und der weiteren Begründung der Klage wird jedoch deutlich, dass die Klägerin mit dem Hauptfeststellungsantrag die Zahlung ihres Grundgehaltes zuzüglich ihrer individuellen Zulage (Stufe 5+) zuzüglich des Höhergruppierungsgewinnes der Referenzperson verlangt. Denn mit dem Hilfsantrag begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr jedenfalls das zustehende Grundgehalt zuzüglich der Differenz aus Höhergruppierungsgewinn und individueller Zulage zu zahlen sei.

Den Feststellungsanträgen steht auch der Vorrang der Leistungsklage nicht entgegen. Zwar hat aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang vor einer Feststellungsklage, wenn der Kläger den Anspruch beziffern kann (vgl. BAG, Urteil vom 05.06.2003 - 6 AZR 277/02, AP Nr. 81 zu § 256 ZPO 1977; BAG, Urteil vom 06.05.2009 - 10 AZR 313/08, zitiert nach Juris), jedoch kann dennoch ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO bestehen, wenn das angestrebte Urteil trotz der einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet ist, den Konflikt der Parteien endgültig zu lösen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern. Richtet sich die Feststellungsklage - wie hier - gegen einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, kann erwartet werden, dass dieser Arbeitgeber einem gegen ihn ergangenen Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (vgl. BAG, Urteil vom 29.09.2004 - 5 AZR 528/03, zitiert nach Juris; BAG, Urteil vom 06.05.2009 - 10 AZR 313/08, zitiert nach Juris). Weiterhin gilt der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage nicht, wenn eine Leistungsklage nur nach § 259 ZPO als Klage auf zukünftige Leistung möglich wäre (vgl. BAG, Urteil vom 10.01.1989 - 3 AZR 308/87, zitiert nach Juris; BAG, Urteil vom 06.05.2009 - 10 AZR 313/08, zitiert nach Juris). Der Klägerin stand es frei, die Berechnung ihrer Vergütung mittels einer Feststellungsantrages klären zu lassen. Bei dem c. ist davon auszugehen, dass es einem entsprechenden Feststellungstenor Folge leisten würde und es einer Titulierung von Zahlungsansprüchen nicht bedurfte.

II.

Die Klage ist aber insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Zahlung des Höhergruppierungsgewinns der Referenzperson zusätzlich zu ihrer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 mit individueller Zulage, noch hat sie einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach Entgeltgruppe 9, Stufe 5, zuzüglich der Differenz zwischen dem Höhergruppierungsgewinn der Referenzperson und ihrer individuellen Zulage.

1.Die Klägerin hat gegen das c. weder einen Anspruch auf Zahlung von 4.506,95 € nebst Zinsen noch einen Anspruch auf die Feststellung, dass das c. ihr ab Januar 2011 das ihr zustehende Grundgehalt zuzüglich 64,75% des Höhergruppierungsgewinns von derzeit 189,28 € zu zahlen hat. Das c. ist nicht verpflichtet, der Klägerin das ihr zustehende Grundgehalt zuzüglich ihrer individuellen Zulage und eines Höhergruppierungsgewinns der Referenzperson zu zahlen. Nach Auffassung der Kammer verstoßen die tarifvertraglichen Regelungen nicht gegen Art. 3 GG. Aber selbst wenn man mit der Klägerin einen Verstoß annehmen würde, würde hieraus jedenfalls nicht der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch entstehen. Sowohl der Leistungs- als auch der Hauptfeststellungsantrag sind unbegründet.

a.Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, nicht unmittelbar grundrechtsgebunden (vgl. BAG, Urteil vom 13.08.2009 - 6 AZR 177/08, AP Nr. 2 zu § 5 TVöD § 5 Nr. 2; BAG, Urteil vom 17.12.2009 - 6 AZR 665/08, AP Nr. 1 zu § 4 TVÜ). Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (vgl. BAG, Urteil vom 18.12.2008 - 6 AZR 287/07, AP Nr. 2 zu § 11 TVÜ; Urteil vom 17.12.2009 - 6 AZR 665/08, AP Nr. 1 zu § 4 TVÜ; BAG, Urteil vom 17.02.2010 - 3 AZR 216/09, zitiert nach Juris).

Das Bundesarbeitsgericht geht für die Überleitungstarifverträge im öffentlichen Dienst davon aus, dass die Tarifvertragsparteien bei dem Einstieg in die neue Entgeltordnung notwendigerweise generalisieren, pauschalieren und typisieren mussten, ohne dabei jeder Besonderheit gerecht werden zu können (vgl. BAG, Urteil vom 17.12.2009 - 6 AZR 665/08, AP Nr. 1 zu § 4 TVÜ). Bei der Regelung von derartigen Massenerscheinungen liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt. Bei solchen typisierenden Regelungen entstehende Ungerechtigkeiten und Härten sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwerwiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BAG, Urteil vom 18.12.2008 - 6 AZR 287/07, AP Nr. 2 zu § 11 TVÜ; BAG, Urteil vom 17.12.2009 - 6 AZR 665/08, AP Nr. 1 zu § 4 TVÜ). Allerdings sieht es das Bundesarbeitsgericht als nicht mehr von der Tarifautonomie gedeckt an, in einem einheitlichen Vergütungssystem oder in mehreren, von denselben Tarifvertragsparteien geschlossenen Tarifverträgen Arbeitnehmer, die identische Tätigkeiten verrichten, vergütungsrechtlich unterschiedlich zu behandeln (vgl. BAG, Urteil vom 17.12.2009 - 6 AZR 665/08, AP Nr. 1 zu § 4 TVÜ).

Die Tarifvertragsparteien haben für die Tätigkeit der Klägerin und der Referenzperson keine unterschiedliche Vergütung vorgesehen, denn beide wurden in dieselbe Entgeltgruppe übergeleitet. Dabei ist nach Auffassung der Kammer im Einklang mit der Rechtsauffassung der 10. Kammer des Arbeitsgerichts E. (vgl. Urteil vom 14.01.2011 - 10 Ca 5486/10) und des c.es allein auf die Entgeltgruppe abzustellen. Die einzelnen Stufen dieser Entgeltgruppe sind ebenso bedeutungslos wie eventuell gezahlten Zulagen.

Eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin und der Referenzperson ist im Hinblick auf die Überleitung von dem BAT in die Vergütung nach TV-L nur bezüglich des Höhergruppierungsgewinns festzustellen. Insoweit liegen jedoch bereits nicht identische Sachverhalte vor. Im Zeitpunkt der Überleitung in die neue Entgelttabelle zum 01.11.2006 erhielt die Klägerin eine Grundvergütung nach Vergütungsgruppe IV b BAT, da sie den Bewährungsaufstieg bereits erreicht hatte, während die Referenzperson eine Grundvergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT bekam. Die von der Klägerin geltend gemachte Ungleichbehandlung beruht auf dem Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-Länder vom 01.03.2009. Erst die Neuregelung des § 8 Abs. 3 TVÜ-Länder gewährt der Referenzperson einen Zahlungsanspruch in der von der Klägerin begehrten Höhe. Diese Regelung begründete keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, sondern sollte eine von den Tarifvertragsparteien ausgemachte Ungleichbehandlung zwischen solchen Arbeitnehmern auflösen, die im Überleitungszeitpunkt die Voraussetzung eines Bewährungsaufstiegs erfüllt hatten, und solchen Arbeitnehmern, die im Überleitungszeitpunkt einen Teil der Bewährungszeit absolviert hatten, aber aufgrund der neuen tariflichen Vorschriften nicht mehr die Voraussetzungen eine Bewährungsaufstiegs erfüllen konnten. Soweit es durch den zweiten Änderungstarifvertrag zum TV-L tatsächlich in einzelnen Fällen - wie vorliegend von der Klägerin geltend gemacht - zu Überkompensationen gekommen ist, so ist dies nach Auffassung dieser Kammer wie auch der 10. Kammer des Arbeitsgerichts E. (vgl. Urteil vom 14.01.2011 - 10 Ca 5486/10) hinzunehmen. Es handelt sich um eine Randunschärfe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die im Rahmen einer Massenerscheinung wie die Überleitung in das neue Vergütungssystem hinzunehmen ist.

b.Selbst wenn man in der Überkompensation einen Verstoß gegen Art. 3 GG sehen würde, so stünde der Klägerin kein entsprechender Zahlungsanspruch in Höhe des Höhergruppierungsgewinns der Referenzperson zu. Gleichheitswidrige Tarifnormen sind nichtig; die dadurch entstehende ungewollte Regelungslücke ist durch ergänzende Auslegung der Tarifregelung zu schließen (vgl. ErfK/Schmidt, 11. Aufl., Art. 3 GG, Rz. 56 ff. m.w.N.). Dabei kommt eine Ausdehnung der Vergünstigung nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn mit Sicherheit angenommen werden kann, dass der Normgeber bei Beachtung des Diskriminierungsverbots die Norm auf alle zu berücksichtigenden Gruppen erstreckt haben würde (MünchHdbArbR/Rieble/Klumpp 3. Aufl. § 169 Rz. 152 m.w.N.). Durch die Neufassung des § 3 Abs. 3 TVÜ-Länder sollten die betroffenen Personen mit Arbeitnehmern, die - wie die Klägerin - im Zeitpunkt der Überleitung bereits die Voraussetzungen des Bewährungsaufstiegs erfüllt hatten, gleichgestellt werden. Es sind keine Ansatzpunkte dafür erkennbar, dass durch die Neufassung des Tarifvertrags allen Arbeitnehmern, also auch solchen, die bereits zum 01.11.2006 im Wege des Bewährungsaufstiegs höhergruppiert waren, eine zusätzliche Vergütung zuteil werden sollte. Vor diesem Hintergrund ist es - wie bereits die 10. Kammer des Arbeitsgerichts E. zutreffend ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 14.01.2011 10 Ca 5486/10) - ausgeschlossen, für den Fall der Unwirksamkeit der Tarifnorm wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz der Klägerin eine höhere Vergütung zuzugestehen, denn dann kämen ihr die finanziellen Folgen des Bewährungsaufstiegs doppelt zugute. Die entstehende Lücke im Tarifvertrag wäre vielmehr dahingehend zu schließen, dass die Referenzperson nur einen Höhergruppierungsgewinn erhält, der maximal in der Höhe gedeckelt ist, die die Klägerin als Grundentgelt zuzüglich individueller Endstufe erhält. Ein anderes Ergebnis wäre auch dann nicht zu verzeichnen, wenn das LBV den Höhergruppierungsgewinn für die Referenzperson zu unrecht oder falsch berechnet hätte. Auch in diesem Fall würde kein Zahlungsanspruch der Klägerin bestehen.

2.Sind - wie hier - sowohl der Hauptleistungs- als auch der Hauptfeststellungsantrag unbegründet, so ist über die jeweiligen Hilfsanträge zu entscheiden. Auch diese sind jedoch unbegründet. Dies folgt bereits aus Ausführungen unter Ziffer 1) zu den Hauptanträgen. Die unterschiedlichen Überleitungsvorschriften für die Klägerin und die Referenzperson liegen in deren unterschiedlichen Ausgangssituationen begründet. Wenn ein zunächst bestehender Nachteil der Referenzperson durch den zweiten Änderungstarifvertrag überkompensiert sein sollte, ist die entsprechende Ungleichbehandlung hinzunehmen. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so könnte die Klägerin auch nicht die Differenz zwischen ihrer individuellen Zulage und dem Höhergruppierungsgewinn der Referenzperson verlangen. Eine bestehende Tariflücke wäre - wie schon die 10 Kammer des Arbeitsgericht E. zutreffend ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 14.01.2011 - 10 Ca 5486/10) - allenfalls dahingehend auszufüllen, dass auch der Referenzperson nur ein Höhergruppierungsgewinn in Höhe der individuellen Zulage der Klägerin in Höhe von 20,11 € zustünde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.

Die Berufung war - soweit sie nicht bereits kraft Gesetzes zulässig ist (§ 64 Abs. 2 Buchstaben b) und c) ArbGG) - nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen für eine gesonderte Berufungszulassung vorliegend nicht gegeben sind. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei

B e r u f u n g

eingelegt werden.

Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss

innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat

beim Landesarbeitsgericht E., Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 E., Fax: (0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Gez. E.