VG Düsseldorf, Urteil vom 21.02.2014 - 26 K 5622/12
Fundstelle
openJur 2014, 7145
  • Rkr:

1. § 30 AO ist als Geheimhaltungsvorschrift im Sinne des Presserechts anzusehen.

3. § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW gebietet keine Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Presseberichterstattung mit entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen.

2. Eine einschränkende - enge - Auslegung des Begriffs des Steuergeheimnisses kommt auch nicht unter Berücksichtigung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Pressefreiheit in Betracht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen

Tatbestand

Der Kläger ist Journalist und Chefreporter bei einer großen, überregional erscheinenden Boulevard-Zeitung. Am 11. September 2011 veröffentlichte er in der Print-Ausgabe und in der Online-Ausgabe einen Artikel, in dem er über einen Polizeieinsatz in X.       berichtete, bei dem „150 Polizeibeamte und 30 Steuerfahnder mit Schutzhunden“ das Gelände, auf dem ein Swinger-Club betrieben werde, gestürmt hätten. Bei dem Einsatz sei auch ein Panzer-Wagen eingesetzt worden. Die Fahnder hätten Beweise für Steuerbetrug gesucht und hierbei den Eigentümer des Gebäudes, der Anhänger der Rocker-Gruppe „I.     B.       “ (Support 81) sei, im Visier gehabt. Auch dessen Wohnung in L.       sei durchsucht worden. Auf Anfrage habe er sich nicht äußern wollen. Nach Auskunft der Polizei W.       habe es sich um eine Aktion der Steuerfahndung E.          gehandelt, bei der alle anwesenden Personen überprüft würden. Ob die Fahnder Beweis-Material gesichert hätten, habe die Polizei nicht sagen wollen.

Unter der Óberschrift: „Riesige Swinger-Razzia wegen 70 000 Euro – War’s das wirklich wert?“ berichtete der Kläger am 13. September 2011 in der Print- und Online-Ausgabe der Zeitung, dass die Razzia durch eine anonyme Anzeige ausgelöst worden sei. Nach Ansicht der Steuerfahndung würden in dem Club regelmäßige Partys „mit satten Eintrittsgeldern“ veranstaltet, die nicht versteuert worden seien. Wer die Partys veranstalte sei unklar. Der Hauseigentümer habe gegenüber der Zeitung erklärt, dass eine Steuerhinterziehung von seiner Seite nicht stattgefunden habe. Die Räumlichkeiten seien von ihm als “Tagesmiete“ vermietet worden, dafür habe er dann Steuern gezahlt.

Mit Email vom 12. September 2011 stellte der Kläger unter Hinweis auf § 4 des Landespressegesetzes an das Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Finanzministeriums des beklagten Landes folgende Fragen mit der Bitte um Beantwortung noch am gleichen Tage bis 16:00 Uhr:

“1. Hat am Samstag Abend ein behördlicher Einsatz der Polizei und Steuerfahndung E.          im Swinger‑Club „WH 6“ in X.       (O.            ) stattgefunden?

2. Wie lange dauerte dieser Einsatz?

3. Wer war bei diesem Einsatz federführend und wer hat ihn veranlasst?

4. Wurde bei diesem Einsatz Beweismaterial gesichert?

5. Hat es Festnahmen gegeben oder wurden Haftbefehle erlassen?“

Mit Email vom gleichen Tage teilte der Beklagte mit, dass der Erteilung der erbetenen Auskünfte das Steuergeheimnis (§ 30 AO) entgegenstehe. Die erbetenen Informationen beträfen steuerliche Verhältnisse eines anderen im Sinne von § 30 AO, für die keine Offenbarungsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AO bestehe. Das Steuergeheimnis umfasse auch die Frage, ob ein Steuerfahndungsverfahren oder eine Außenprüfung stattgefunden habe und alle damit zusammenhängenden Einzelheiten. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 Landespressegesetz bestehe ein Anspruch auf Auskunft nicht, wenn Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstünden. § 30 AO sei eine Vorschrift in diesem Sinne.

Am 19. September 2011 beantragte der Kläger bei der erkennenden Kammer den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem Ziel, den begehrten Informationszugang nach § 4 Landespressegesetz, § 4 IFG und Art. 5 GG zu erhalten.

Mit Beschluss vom 16. November 2011 – 26 L 1431/11 – (veröffentlicht in  juris) verpflichtete die erkennende Kammer den Beklagten und Antragsgegner antragsgemäß zur Auskunftserteilung zu den gestellten Fragen. Zur Begründung führte die Kammer zur materiellen Rechtslage im Wesentlichen aus: Der geltend gemachte Auskunftsanspruch könne zwar nicht aus § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen â€‘ IFG NRW) vom 27. November 2001 hergeleitet werden, folge aber aus § 4 Abs. 1 des Landespressegesetzes NRW (PresseG NRW), wonach  die Behörden verpflichtet seien, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Ausschlussgründe nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW stünden dem Anspruch des Antragstellers nicht mit der Folge entgegen, dass die begehrte Auskunft verweigert werden könnte. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Auskunft die Durchführung eines eventuell eingeleiteten Steuerstrafverfahrens beeinträchtigt werden könnte. Auch Vorschriften über die Geheimhaltung stünden der erbetenen Auskunft nicht entgegen. Das Steuergeheimnis gehöre zu den Vorschriften über die Geheimhaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW, die einen Anspruch auf Auskunftserteilung zwar grundsätzlich ausschlössen. Die nachgesuchte Auskunftserteilung betreffe jedoch nicht die "Verhältnisse" eines anderen im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO. Angesprochen seien hiermit alle persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Verhältnisse einer Person. Der Begriff sei dem Zweck der Vorschrift weit auszulegen. Durch die erbetene Auskunft, ob am besagten Tag ein Einsatz der Polizei und Steuerfahndung im „WH 6“ stattgefunden habe (Frage 1), seien jedoch keine Verhältnisse eines anderen betroffen, die dem Antragsgegner in einem Steuerstrafverfahren bekannt geworden sind. Insbesondere berühre diese Auskunft nicht die persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Verhältnisse einer Person. Gleiches gelte für die Fragen 2), 4) und 5). Die Frage 2) („Wie lange dauerte dieser Einsatz?“) ziele auf eine bloße Zeitangabe ab, durch die keinerlei Verhältnisse eines anderen offenbart würden. Frage 4) („Wurde bei diesem Einsatz Beweismaterial gesichert?“) und Frage 5) („Hat es Festnahmen gegeben oder wurden Haftbefehle erlassen?“) könnten durch einfaches „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Es würden seitens des Antragstellers keine personenbezogenen Daten abgefragt. Die Frage 3) („Wer war bei diesem Einsatz federführend und wer hat ihn veranlasst?“), betreffe keine unter § 30 AO fallende Angabe über eine steuerpflichtige Person, sondern allenfalls personenbezogene Daten des Ermittlungsführers. Berührt werde hier § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW, wonach ein Anspruch auf Auskunft nicht bestehe, soweit ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Mit der Namensnennung des Ermittlungsführers werde die Privatsphäre des betroffenen Bediensteten nicht betroffen. Allenfalls berührt werde die Öffentlichkeitssphäre durch die hier in Rede stehende Aufgabenwahrnehmung im beruflichen Bereich. Insoweit sei es unbedenklich, wenn sich die Angaben auf den Namen und die Berufs‑ und Funktionsbezeichnung des Einsatzleiters bzw. Ermittlungsführers beschränken würden. So bestimme etwa § 9 Abs. 3 IFG NRW, dass dem Antrag auf Informationszugang in der Regel stattgegeben werden solle, soweit sich die Angaben auf Namen, Titel, akademischen Grad, Berufs‑ und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Rufnummer beschränkten und die betroffene Person als Amtsträger an dem jeweiligen Vorgang mitgewirkt habe, es sei denn, der Offenbarung stünden schutzwürdige Belange der betroffenen Person entgegen.

Auf die Beschwerde des Beklagten lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) durch Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 -  (veröffentlicht in juris) den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger/Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich sei. Wörtlich heißt es in dem Beschluss u.a.:

„Bei vorläufiger Prüfung sprechen gewichtige Gründe dafür, dass ein Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW ausgeschlossen ist. Ob dies der Fall ist, lässt sich in diesem Verfahren allerdings nicht mit letzter Sicherheit beurteilen. Dies betrifft in erster Linie die Frage, ob der begehrten Auskunftserteilung Vorschriften über die Geheimhaltung in Gestalt des Steuergeheimnisses nach § 30 Abs. 1 und 2 AO entgegen stehen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes spricht zunächst Óberwiegendes dafür, dass das Steuergeheimnis als Geheimhaltungsvorschrift nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW anzusehen ist. Dies hat auch das Verwaltungsgericht angenommen.

Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juli 1980 – 1 VAs 7/80 –, NJW 1981, 356, 357; OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2009 – 5 B 1184/08 –, NVwZ-RR 2009, 635, 636; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 4 LPG Rn. 101 f.; siehe im Zusammenhang mit § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2011 – 20 F 21.10 –, NVwZ 2012, 112 = juris, Rn. 12.

1. Ferner dürfte die vom Antragsteller begehrte Auskunftserteilung (...) dem Steuergeheimnis unterfallen, auch wenn insoweit Restunsicherheiten verbleiben. Hiergegen spricht zwar, worauf das Verwaltungsgericht maßgeblich abgestellt hat, dass weder nach den Personalien des Clubbetreibers oder der dort Beschäftigten gefragt wurde noch nach der Person, gegen die sich das Verfahren richtete. Allerdings reicht das Steuergeheimnis mit dem Begriff der geschützten "Verhältnisse eines anderen" (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 AO) sehr weit. Es dürfte die begehrten Informationen einschließen, weil sie Rückschlüsse auf bestimmte Personen erlauben.“

Der Kläger hat nach dem unanfechtbarem Abschluss des Eilverfahrens am 9. August 2012 Klage erhoben, mit der er sein Begehren – Erteilung der begehrten Auskünfte – weiterverfolgt.

Er trägt vor: Er habe als Vertreter der Presse gemäß § 4 Abs. 1 PresseG NRW einen Anspruch auf Auskunft. Dieser Anspruch sei nicht nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW ausgeschlossen. Die Beantwortung der Frage 1) sei nicht dazu geeignet, die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens zu vereiteln, zu erschweren, zu verzögern, oder zu gefährden. Der Einsatz sei bereits beendet. Der Beantwortung stünden – wie auch bei Frage 2) - keine Vorschriften über die Geheimhaltung entgegen. Namentlich werde § 30 AO nicht durch die Auskunft verletzt. Die Vorschrift wolle das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Steuerpflichtigen schützen, sie diene aber nicht dem Schutz der Ermittlungsbehörden. Er, der Kläger, verlange weder Auskunft über die Verhältnisse eines anderen, noch Auskunft über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Bei einem Großeinsatz der Polizei mit Panzerfahrzeug und dutzenden Zeugen könne nicht einmal mehr von einem Geheimnis gesprochen werden. Eine derart weite Auslegung von § 30 AO, wie sie der Beklagte vertrete, sei mit der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbar. Die Unanwendbarkeit von § 30 ABO ergebe sich auch aus systematischen Erwägungen. Der Schutz von Betriebsgeheimnissen beziehe sich nach überzeugender Ansicht nicht auf Information über rechtswidrige Vorgänge. Auch der Schutz des Persönlichkeitsrechts habe hinter dem öffentlichen Informationsinteresse zurückzustehen. Auch hinsichtlich der Frage 3) komme ein Ausschlussgrund nicht in Betracht. Die Auskunft, wer bei dem Einsatz federführend bzw. wer der Veranlasser war, habe keinen Personenbezug zu dem vom Steuergeheimnis geschützten Personenkreis. Auch schutzwürdige Interessen der entsprechenden Beamten stünden der Auskunft nicht entgegen. Die vom Kläger erbetenen Auskünfte seien nicht als sensibel anzusehen, da lediglich eine sehr allgemeine Frage gestellt worden sei. Es werde nicht erwartet, dass ein bestimmter Name genannt werde, sondern eine Angabe nach Funktion oder die Bezeichnung der Abteilung wäre ausreichend gewesen. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass er, der Kläger, nach Erhalt der Auskunft, die Information bedenkenlos publizieren würde. Auch die Beantwortung der Frage 4) sei nicht nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW ausgeschlossen. Die Auskunft stehe nicht im Zusammenhang mit einem Steuergeheimnis. Die Pressestelle habe den Bedeutungsgehalt der Pressefreiheit verkannt und dabei § 30 Abs. 4 Nr. 3 AO übersehen. Sie habe es versäumt zu klären, ob eine Information an die Presse dem Interesse des Adressaten der Maßnahme zuwiderlaufe. Die Pressestelle hätte nachfragen müssen, ob die vom Steuergeheimnis geschützte Person mit der Veröffentlichung der Informationen einverstanden gewesen wäre. Die Erteilung der Auskunft sei zudem nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO gerechtfertigt. Bei der Auslegung dieser Vorschrift sei bisher zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, dass die erfragten Informationen von relativ geringer Sensibilität seien und das öffentliche Interesse an der Information relativ hoch einzuschätzen sei. Im Zusammenhang mit § 4 Abs. 1 PresseG NRW ergebe sich aus § 30 Abs. 4 AO auch eine Pflicht zur Offenbarung. Denn sofern die Behörde informieren dürfe, müsse sie dies auch tun, wenn ein Vertreter der Presse die Information verlange. Wenn das Geheimhaltungsinteresse des Maßnahmeadressaten zu Gunsten des öffentlichen Informationsinteresses in Fällen zurückweichen müsse, in denen ihm Straftaten vorgeworfen würden und die Behörde rechtmäßig gehandelt habe, so sei umgekehrt auch denkbar, dass ein öffentliches Interesse an hinreichender Information bestehe, wenn den Betroffenen Straftaten vorgeworfen würden, die Behörde aber möglicherweise – hier wegen des massiven Polizeieinsatzes – rechtswidrig gehandelt habe.  Diese Óberlegungen würden auch für die Beantwortung der Frage 5) gelten.

Der Kläger beantragt,

  den Beklagten zur verurteilen, ihm Auskunft auf folgende Fragen zu geben:

1. Hat am Samstag Abend, den 10. September 2011, ein behördlicher Einsatz der Polizei und Steuerfahndung E.          im Swinger‑Club „WH 6“ in X.       (O.           ) stattgefunden?

2. Wie lange dauerte dieser Einsatz?

3. Wer war bei diesem Einsatz federführend und wer hat ihn veranlasst?

4. Wurde bei diesem Einsatz Beweismaterial gesichert?

5. Hat es Festnahmen gegeben oder wurden Haftbefehle erlassen?

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es wendet ein: Die Klage sei unbegründet. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu, weil mehrere der in § 4 Abs. 2 PresseG NRW genannten Ausschlussgründe gegeben seien. Der Anspruch sei nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW ausgeschlossen, denn das Auskunftsbegehren beziehe sich auf Informationen, die der Geheimhaltungsvorschrift des § 30 Abs. 1 und 2 AO unterlägen. Zudem würde eine Auskunftserteilung schutzwürdige private Interessen des Betreibers des Etablissements im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW verletzen. Auch der Beantwortung der dritten Frage, die auf die Identität des etwaigen Einsatzleiters ziele, stünden außerdem überwiegende öffentliche und schutzwürdige private Interessen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW entgegen.

Hinsichtlich der ersten beiden Fragen sei darauf zu verweisen, dass der Begriff der „Verhältnisse eines anderen“ anerkanntermaßen weit auszulegen sei und sowohl von seinem Wortlaut als auch seinem Sinn und Zweck nach die hier in Rede stehenden Informationen umfasse. Der Kläger argumentiere zudem widersprüchlich, wenn er behaupte, der angebliche Großeinsatz der Polizei mit dutzenden Zeugen sei “offenkundig“. Wäre dies der Fall, so würde seinem Auskunftsbegehren das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Indes zeige das Auskunftsersuchen des Klägers gerade, dass die von ihm verlangten Auskünfte gerade nicht offenkundig seien. Selbst wenn der Einsatz in Teilen öffentlich wahrnehmbar gewesen sei, so entfalle hierdurch nicht der Schutz des Steuergeheimnisses. Eine amtliche Information als offizielle Bestätigung des Einsatzes würde eine Verletzung des durch § 355 StGB auch strafrechtlich geschützten Steuergeheimnisses darstellen. Soweit der Kläger anführe, der Schutz von Betriebsgeheimnissen greife nicht bei rechtswidrigen Vorgängen, so bestehe – worauf auch das OVG NRW abgestellt habe – für ein dienstliches Fehlverhalten kein Anhaltspunkt. Die erfragten Informationen seien zudem ohne weiteres individualisierbar und unterfielen mithin dem Steuergeheimnis.

Bezüglich der dritten Frage, die auf die Identität des Beamten ziele, der den angeblichen Einsatz veranlasst habe und bei seiner Durchführung federführend gewesen sei, gelte folgendes: Die Frage setze voraus, dass es einen Einsatz gegeben habe. Eine Auskunft zu der Frage 3) würde daher die erste Frage nach dem Ob des Einsatzes mitbeantworten. Im Rahmen von § 4 Abs. 2 PresseG NRW bedürfe es stets einer Abwägung zwischen dem Auskunftsinteresse der Medien und den gegenläufigen Interessen des Betroffenen. Dies gelte umso mehr, wenn nicht nur persönlichkeitsrechtliche Belange des Beamten, sondern sogar Leib und Leben betroffen seien. Soweit der Kläger nunmehr geltend mache, die Frage habe nicht auf die Identität des Betroffenen, sondern auf dessen Dienstgrad bzw. Organisationseinheit gezielt, sei bislang von den Gerichten beider Instanzen die Frage – unwidersprochen – anders interpretiert worden. Letztlich komme es hierauf aber nicht an, weil auch die Beantwortung dieser Frage voraussetzen würde, dass es überhaupt einen Einsatz gegeben habe. Hierzu könne sich das beklagte Land wegen § 30 AO jedoch nicht erklären. Zum anderen ließe sich anhand des Dienstgrades und der Organisationseinheit ohne weiteres der Name der betreffenden Person ermitteln. Auch der Hinweis auf die Unterscheidung zwischen Informationserlangung und Informationsverbreitung könne nicht verfangen. Das OVG NRW habe unter ausdrücklicher Berücksichtigung der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 28. März 2012 – 6 C 12.11 – ausgeführt, dass aufgrund der Veröffentlichungen des Klägers Grund für die Annahme bestehe, er werde auch künftig identifizierend über die für den angeblichen Einsatz verantwortlichen Personen stigmatisierend berichten.

Zu den Fragen 4) und 5) sei zu bemerken, dass bereits das OVG NW festgestellt habe, dass die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände § 30 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 5 AO nicht vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den der Gerichtsakte 26 L 1431/11 und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist in Gestalt der allgemeinen Leistungsklage zulässig. Soweit der Beklagte anfänglich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs angezweifelt hat, hat er seine Bedenken nach der den Verwaltungsrechtsweg bejahenden Entscheidung der Kammer im Eilverfahren offenbar fallengelassen, jedenfalls hat er seine Bedenken hiernach nicht wiederholt. Vorsorglich wird hinsichtlich der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs auf die Ausführungen im Beschluss der Kammer vom 16. November 2011 – 26 L 1431/11 - Bezug genommen.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der erbetenen Auskünfte. An der im Beschluss der Kammer vom 16. November 2011 noch geäußerten gegenteiligen Rechtsansicht hält der Einzelrichter nach eingehender Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht fest.

Dass der geltend gemachte Anspruch nicht aus § 2 Abs. 1 IFG NRW hergeleitet werden kann, hat die Kammer bereits im genannten Beschluss vom 16. November 2011 – auch nach Ansicht des OVG NRW zutreffend – dargelegt. Auf die dortigen Ausführungen nimmt der Einzelrichter Bezug.

Der Anspruch folgt aber auch nicht aus § 4 Abs. 1 PresseG NRW.

Diese Vorschrift verpflichtet alle Behörden mit Sitz im Geltungsbereich des Landespressegesetzes,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Dezember 2013 – 5 A 413/11 – juris m.w.N.,

den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Als öffentliche Aufgabe der Presse bestimmt § 3 PresseG NRW, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Die Art und Weise der Auskunftserteilung liegt im Ermessen der Behörde.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. März 2013 - 5 A 1293/11 - NWVBl. 2013, 336, m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 25. März 1966 - 1 B 18.65 - DVBl. 1966, 575.

Der presserechtliche Auskunftsanspruch steht als Voraussetzung für die Informationsbeschaffung im unmittelbaren Zusammenhang mit der in Art. 5 GG gewährleisteten Pressefreiheit.

OVG NRW, Urteil vom 18. Dezember 2013 a.a.O.

Auskunftspflichten öffentlicher Stellen gehören nach der ausdrücklichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den prinzipiellen Forderungen der Pressefreiheit. Sie entsprechen dem verfassungsrechtlichen Gebot, wonach der Staat überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen hat.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u. a. - BVerfGE 20, 162, 175 .

Sinn und Zweck presserechtlicher Auskunftsansprüche ist es, der Presse die ihr durch Art. 5 GG garantierte Funktion im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung zu gewährleisten und es ihr so zu ermöglichen, ihre Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse umfassend und wahrheitsgetreu zu erhalten.

Vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - III ZR 294/04 - NJW 2005, 1720.

Hierauf gerichtete Ansprüche der Presse sollen als Gegenstück zur grundrechtlich gewährleisteten Presse- und Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 GG der besonderen Eigenart der freien Presse Rechnung tragen und kommen dementsprechend nur den Vertretern der Presse zu Gute.

Zur Pressefreiheit gehört der Schutz der Berichterstattung von der medienspezifischen Form der Beschaffung von Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Medien in die Lage, die ihnen in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wahrzunehmen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95 u. a. - BVerfGE 103, 44, 59 .

Eine Behörde, die der Presse eine Auskunft verweigert, obwohl der Erteilung ein durchgreifender Grund nicht entgegensteht, wird der ihr vom Grundgesetz auferlegten Pflicht nicht gerecht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 - 7 C 139.81 - BVerwGE 70, 310.

Diese allgemeinen Erwägungen vorangestellt scheitert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch vorliegend an § 4 Abs. 2 PresseG NRW. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Auskunft nicht, soweit

1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder

2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder

3. ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder

4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet.

Hier stehen den erbetenen Auskünften Vorschriften über die Geheimhaltung (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW) entgegen.

Nach § 30 Abs. 1 AO haben Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren. Das Steuergeheimnis, bei dem es sich um einen grundrechtlich geschützten Lebensbereich von hoher Bedeutung handelt,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.2011- 20 F 21/10 – DVBl. 2011, 1092 (zu § 99 VwGO),

gehört zu den Vorschriften über die Geheimhaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW, die einen Anspruch auf Auskunftserteilung grundsätzlich ausschließen. § 30 AO ist als Geheimhaltungsvorschrift im Sinne des Presserechts anzusehen.

Vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 23. August 2013 – 27 K 159.13 – juris.

Hinsichtlich des Begriffs des Steuergeheimnisses und seiner Tragweite hat das OVG NRW in seinem im Eilverfahren ergangenen Beschluss vom 27. Juni 2012 ausgeführt:

„Dem Steuergeheimnis unterfällt alles, was über eine Person bekannt werden kann, also sämtliche persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Merkmale, die eine natürliche oder juristische Person betreffen. Hierzu kann bereits die Tatsache zählen, ob eine Außenprüfung oder Steuerfahndung erfolgt ist.

OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juli 1980 – 1 VAs 7/80 –, NJW 1981, 356, 358; Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FO, Stand: März 2012, § 30 AO Rn. 32 ff.; Drüen, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 30 Rn. 12; Stahl/Demuth, DStR 2008, 600, 601, m. w. N.

Das Steuergeheimnis dient vor allem dem privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen und anderer zur Auskunftserteilung verpflichteter Personen. Zugleich soll es durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich relevanten Sachverhalte fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern und eine vollständige und gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen. Die Geheimhaltung bestimmter steuerlicher Angaben und Verhältnisse, deren Weitergabe einen Bezug auf den Steuerpflichtigen oder private Dritte erkennbar werden lässt, kann nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG grundrechtlich geboten sein. Diese Grundrechte verbürgen einen Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe individualisierter oder individualisierbarer Daten. Diese Gewährleistung darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Die Einschränkung darf nicht weiter gehen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2008 – 2 BvR 336/07 –, NJW 2008, 3489; Urteile vom 27. Juni 1991  – 2 BvR 1493/89 –, NJW 1991, 2129, 2132, und vom 17. Juli 1984 – 2 BvE 11/83 u. a. –, BVerfGE 67, 100, 143 = NJW 1984, 2271, 2275 f.

Das weitgehende Steuergeheimnis trägt dem umfangreichen Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung, das sich nicht auf sensible Daten beschränkt. Unabhängig von der Art der betroffenen Informationen kann sich eine gewichtige Beeinträchtigung bereits daraus ergeben, dass sie auf eine die Persönlichkeit erheblich berührende Weise erlangt werden. Von Bedeutung sind ferner die Nachteile, die auf Grund einer informationsbezogenen Maßnahme drohen oder konkret befürchtet werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03 u. a. –, NJW 2007, 2464, 2466 und 2469, Rn. 88 und 132 f.

Nach dem Schutzzweck des – gemäß § 355 StGB teilweise auch strafbewehrten – Steuergeheimnisses und im Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes kann selbst eine nicht personenbezogene Information unter das Steuergeheimnis fallen, wenn und soweit sie sichere oder zumindest sehr wahrscheinliche Rückschlüsse auf die Verhältnisse bestimmter Personen zulässt.

Vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FO, Stand: März 2012, § 30 AO Rn. 38; Weste, in: Pump/Leibner, AO, Stand: März 2009, § 30 Rn. 54; Rüsken, in: Tipke/Kruse, AO, Stand: März 2012, § 30 Rn. 43 a; Leipziger Kommentar zum StGB, 10. Aufl. 1988, § 355 Rn. 10.

Hierfür kann bereits die Óbermittlung von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität des Betroffenen für die sachlich interessierten Adressaten ohne Weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt. Für einen effektiven Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist wie im Zusammenhang mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten die gemeinte Person identifizieren können. Des Schutzes personenbezogener Daten bedarf es gerade gegenüber Adressaten, denen eine Identifikation auf Grund anderweitiger Einblicke in das berufliche oder persönliche Umfeld des Betroffenen möglich ist.

Vgl. im Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsrechtsverletzung BVerfGE, Beschluss vom 14. Juli 2004 – 1 BvR 263/03 – NJW 2004, 3619, 3620.

Diese Ausführungen macht sich der erkennende Einzelrichter im vorliegenden Hauptsacheverfahren zu eigen.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, aufgrund der – durch Vorlage von Fotos dokumentierten - Öffentlichkeit des Vorgangs könne vorliegend von einem „Geheimnis“ nicht mehr gesprochen werden. Zwar sind Amtsträger, wenn eine dem Steuergeheimnis unterliegende Tatsache einem unbeschränkten größeren Kreis Dritter tatsächlich bekannt geworden ist, nicht zu einer weiteren "Geheimhaltung" in dem Sinne verpflichtet, dass sie nicht zu einer weiteren Verbreitung der Kenntnis von diesen Tatsachen beitragen dürften, sofern sich Dritte, denen die Tatsachen trotz ihrer Offenbarung noch nicht bekannt sind, jederzeit und ohne erhebliche Schwierigkeiten von ihnen aus anderen Quellen Kenntnis verschaffen können.

BFH, Beschluss vom 14. April 2008 – VII B 226/07 – juris; auf diese Entscheidung Bezug nehmend: VG Augsburg, Urteil vom 29. Januar 2014 – Au 7 E 13.2018 - .

So liegt der Fall hier jedoch nicht. Wäre die Sachlage so, bedürfte es auch aus Sicht des Klägers keiner Auskunft mehr. Allerdings sind auf den vom Kläger vorgelegten Fotos uniformierte Personen mit der Aufschrift „Polizei“ und ein gepanzertes Fahrzeug mit der Aufschrift „Polizei“ erkennbar; ferner Personen, die jeweils eine Weste mit der Aufschrift „Steuerfahndung E.          “ tragen. Auch ist aus den veröffentlichten Presseartikeln erkennbar, dass der Kläger bezogen auf den streitgegenständlichen Vorgang über Teilinformationen verfügt, die er teils von dritter Seite, teils aus eigener Wahrnehmung erhalten hat. Dies gilt insbesondere für den Umstand, wer Eigentümer des von den Einsatzkräften durchsuchten Gebäudes ist. Ob jedoch der vom Kläger und anderen Zeugen beobachtete Vorgang ein Einsatz der Polizei oder der Steuerfahndung oder ein gemeinsamer Einsatz mehrerer Behörden war, wer bzw. welche Behörde den Einsatz veranlasst hat, wann der Einsatz abgeschlossen war, und ob Beweismaterial gesichert wurde oder es Festnahmen gegeben hat, kann der Kläger mit den für ihn verfügbaren Teilinformationen nicht beantworten. Nach dem Verständnis des Gerichts erstrebt der Kläger mit seiner Frage, ob ein Einsatz der Polizei und Steuerfahndung im Swinger-Club „WH6“ in X.       stattgefunden hat, eine „offizielle Bestätigung“ bzw. ein „Dementi“ für seine aus anderen Quellen und eigener Beobachtung gewonnen Vermutung, gegen den Grundstücks- bzw. Clubeigentümer sei ein Steuerstrafverfahren geführt worden. Die Beantwortung der Frage mit einem „Ja“ oder „Nein“ würde ihm unmittelbar Rückschlüsse auf die steuerlichen Verhältnisse dieser Person erlauben. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass in Folge der gegenüber einem Organ der Presse erteilten Auskunft, die gerade zu dem Zweck beantragt wird, die öffentliche Berichterstattung über einen bestimmten Vorgang zu ermöglichen oder zu erleichtern, ein nicht näher bestimmbarer weiter Personenkreis Rückschlüsse auf das Steuerverhältnis einer bestimmten Person ziehen könnte.

In diesem Zusammenhang ist auf die weiteren Ausführungen des OVG NRW in dem Beschluss vom 27. Juni 2012 – 5 B 1463/11 - zu verweisen:

„Gemessen hieran spricht ganz Óberwiegendes dafür, dass die Auskünfte, die der Antragsteller begehrt, dem Steuergeheimnis unterfallen, weil sie für ihn ohne Weiteres individualisierbar sind. Zwar hat er lediglich nach Einzelheiten betreffend einen behördlichen Einsatz der Polizei und Steuerfahndung im Swinger-Club "X." in X1.  (O.) gefragt. Gleichwohl verfügt der Antragsteller offenbar bereits über detaillierte Teilinformationen, gegen wen anlässlich dieses Einsatzes ermittelt wurde. Schon bevor der Antragsteller um behördliche Auskunft nachsuchte, hatte er in der C.-Zeitung einen Bericht darüber veröffentlicht. Aus diesem ging hervor, dass der Clubeigentümer "N.  X., Anhänger der Rocker-Gruppe I.  B.  (T.)" im Visier der Ermittler stehe und auch seine Wohnung in L. durchsucht worden sei. Nichts deutet darauf hin, diese Information über den von der Steuerfahndung Betroffenen sei nicht sicher geklärt. Anhand der bis heute im Internet abrufbaren Presseberichte des Antragstellers und anderer Medien wären die vom Antragsteller erbetenen Auskünfte auch für die Allgemeinheit, zumindest aber für Personen aus dem näheren Umfeld des Clubeigentümers, identifizierbar, sollte der Antragsteller darüber erneut berichten. Die Voraussetzungen, unter denen § 30 Abs. 4 AO die Offenbarung von Steuergeheimnissen erlaubt, liegen ersichtlich nicht vor.“

Eine einschränkende – enge – Auslegung des Begriffs des Steuergeheimnisses kommt auch nicht unter Berücksichtigung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Pressefreiheit in Betracht. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 27. Juni 2012 ausgeführt:

„So ist etwa daran zu denken, unter bestimmten Voraussetzungen individualisierbare Informationen vom Steuergeheimnis auszunehmen, von denen sich jedermann z. B. auf Grund einer öffentlichen Erörterung Kenntnis verschaffen kann.

Vgl. hierzu etwa BFH, Beschluss vom 14. April 2008 – VII B 226/07 –, juris, Rn. 26; EGMR, Urteil vom 21. Januar 1999 – 26/1998/929/1141 –, NJW 1999, 1315, 1318, Rn. 53.

Hinsichtlich solcher Vorgänge, die sich vor den Augen der Öffentlichkeit abgespielt haben, stellt sich weiter die Frage, ob dem Interesse an einer sachgerechten Presseberichterstattung ausreichend dadurch Rechnung getragen wird, dass ein Steuergeheimnis nach allgemeiner Meinung bereits dann unzulässigerweise offenbart wird, wenn ein Dritter es (noch) nicht, nicht in diesem Umfang, nicht in dieser Form oder nicht sicher kennt.

Vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FO, Stand: März 2012, § 30 AO Rn. 120 f., m. w. N.

Gegen ein einschränkendes Verständnis des Steuergeheimnisses im Interesse der Presse spricht allerdings, dass das Steuergeheimnis als solches keinen spezifischen Pressebezug hat. Daher könnte alternativ erwogen werden, der Pressefreiheit bei der Auslegung von § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW Rechnung zu tragen, indem berechtigte Informationsinteressen bei einer Abwägung mit entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen auch insoweit berücksichtigt werden, als Auskunft über dem Steuergeheimnis unterfallende Informationen begehrt wird.

(...)

Einem derartigen Abwägungserfordernis steht jedoch entgegen, dass eine Presseberichterstattung über öffentlich erörterte oder anderweitig zugängliche Informationen, die dem Steuergeheimnis unterliegen, nicht erst durch eine amtliche Auskunft ermöglicht wird. Wo eine solche ausnahmsweise sachlich geboten ist, erlaubt bereits § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO mit Rücksicht auf besondere Informationsinteressen der Öffentlichkeit eine sachgerechte Durchbrechung des Steuergeheimnisses. Ergänzend hierzu bedarf es im Rahmen von § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW nicht notwendig einer weiteren Abwägungsmöglichkeit mit den Belangen der Presse. Eine solche besteht nach dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung des Senats nicht, sofern Geheimhaltungsvorschriften betroffen sind.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2004 – 5 A 640/02 –, OVGE 50, 32 = juris, Rn. 12.”

Diese Ausführungen macht sich der erkennende Einzelrichter im vorliegenden Hauptsacheverfahren ebenfalls zu eigen.

Auch die Argumentation, durch ihr öffentlichkeitswirksames Vorgehen hätten die Ermittlungsbehörden quasi selbst das öffentliche Interesse an der Aktion dokumentiert und zu erkennen gegeben, dass ein Geheimhaltungsbedürfnis nicht bestehe, verfängt nicht. Der Umfang des Einsatzes von Sach- und Personalmitteln kann allenfalls ein Indiz für die Bedeutung eines Vorgangs und mithin für das Bestehen eines gewichtigen öffentlichen Interesses an der Berichterstattung sein. Es enthebt jedoch die Behörden nicht von der Einhaltung der Geheimhaltungsvorschriften und mithin von der Prüfung, ob ein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung steuerrelevanter Verhältnisse eines anderen gegeben ist, durch das die Offenbarung zulässig würde. Ein derartiges öffentliches Interesse im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ist hier nicht im Ansatz erkennbar. Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Eigentümer des Grundstücks der Offenbarung ihn betreffender Daten zugestimmt hätte. Vielmehr heißt es in dem Zeitungsbericht vom 11. September 2011: „Auf BILD-Anfrage wollte er sich nicht äußern“.

Vom Steuergeheimnis umfasst ist auch die Beantwortung der Frage 3), also soweit der Kläger erfahren möchte, wer für den Einsatz federführend war und wer ihn veranlasst hat, denn sie setzt zwingend die Beantwortung der Vorfrage dahingehend voraus, dass ein Einsatz stattgefunden hat. Damit zielt sie ebenfalls auf die Offenbarung von Kenntnissen im Sinne von § 30 Abs. 2 AO.

Ungeachtet dessen steht dem Auskunftsanspruch betreffend Frage 3) die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW entgegen. Nach dieser Vorschrift besteht u.a. kein Auskunftsanspruch, soweit ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde.

Dabei bedarf es - sowohl hinsichtlich der Schutzwürdigkeit privater Interessen als auch des Óberwiegens öffentlicher Interessen - einer Abwägung der jeweils zu berücksichtigenden Belange im Einzelfall. Das Interesse der Presse an Offenlegung ist den gegenläufigen Interessen am Unterbleiben der Auskunft gegenüber zu stellen. Ist mit der Auskunft beispielsweise nur ein geringfügiger Eingriff in das Recht eines Privaten verbunden, so bedarf es keines zeitgeschichtlichen Interesses an der Information, um diese als gerechtfertigt anzusehen. Demgegenüber muss das von der Presse verfolgte Interesse umso gewichtiger sein, um eine Auskunft zu legitimieren, je sensibler der Bereich ist, über den informiert wird und je detaillierter und weitergehend die begehrte Auskunft ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2012 - 5 B 1463/11 - DVBl. 2012, 1113; vgl. auch den Beschluss vom 18. Dezember 2013 a.a.O.

Diese umfassende Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden privaten Interessen ist gerichtlich voll nachprüfbar.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH BW), Urteil vom 11. September 2013 – 1 S 509/13 – juris m.w.N.

Verlangt die Presse von einer Behörde Auskunft über bestimmte Daten, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter betreffen, ist die Auskunft jedenfalls dann rechtswidrig und verstößt gegen § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW, wenn nach den von den ordentlichen Gerichten und dem Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben über die zwischen Personen des Privatrechts vorzunehmende Abwägung des Informationsinteresses und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Veröffentlichung rechtswidrig wäre. Denn zu einer solchen rechtswidrigen Veröffentlichung darf die Behörde aufgrund ihrer Bindung an Recht und Gesetz nicht beitragen, zumal die mit dem Auskunftsverlangen begehrte Datenübermittlung auch in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen eingreifen würde, das somit in der Abwägung ergänzend zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen einzustellen ist.

VGH BW, Urteil vom 11. September 2013, a.a.O.

Wenn Veröffentlichungen die berufliche Tätigkeit einer Person zum Gegenstand haben, handelt es sich um einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Solche Veröffentlichungen betreffen die Sozialsphäre. Der Einzelne muss sich im Bereich der beruflichen Tätigkeit wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit hier für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und eine Kritik unter Namensnennung einstellen. Äußerungen oder Veröffentlichungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind.

Vgl. BGH, Urteile vom 21. November 2006 - VI ZR 259/05 - NJW-RR 2007, 619 und vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08 - BGHZ 181, 328.

Ist der Presse der Name des Betroffenen bekannt, gebietet es die Rücksicht auf die Persönlichkeit der Betroffenen, mit besonderer Sorgfalt abzuwägen, ob dem Informationsinteresse nicht auch ohne Namensnennung genügt werden kann.  Dies ist der Fall, wenn die Namensnennung keinen eigenen Informationswert hat.

vgl. BGH, Urteile vom 15. April 1980 - VI ZR 76/79 - NJW 1980, 1790 und vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 51/99 - BGHZ 143, 199.

Bei Abwägung aller Umstände ist die Namensnennung zulässig, wenn eine fundierte Berichterstattung durch die Presse kaum möglich ist, ohne die Namen aller Beteiligten zu nennen oder wenn die Offenlegung der Identität einen direkten Bezug zu der öffentlichen Angelegenheit hat, die Gegenstand der Berichterstattung ist; sie ist jedoch unzulässig, wenn die Veröffentlichung des Namens des Betroffenen den Informationen in der Veröffentlichung nichts hinzufügt und für das Verständnis der Besonderheiten des Falls nicht wesentlich ist

VGH BW, Urteil vom 11. September 2013, a.a.O.

Aber selbst wenn nach den von den ordentlichen Gerichten und dem Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben über die zwischen Personen des Privatrechts vorzunehmende Abwägung des Informationsinteresses und des im Aspekt der Sozialsphäre betroffenen allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Veröffentlichung nicht bereits aufgrund einer zu erwartenden Stigmatisierung oder Prangerwirkung rechtswidrig wäre, folgt daraus noch nicht, dass das Informationsinteresse stets oder in der Regel überwiegt. Die dargestellte Rechtsprechung betrifft die zwischen Personen des Privatrechts vorzunehmende Abwägung des Informationsinteresses und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Wird ein presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen eine Behörde geltend gemacht, ist mit einer Auskunft über Daten von Personen in der Regel auch ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden, der zu seiner Rechtmäßigkeit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist in dieser Konstellation daher mit eigenem Gewicht in die umfassende Abwägung aller zu berücksichtigenden Belange einzustellen.

VGH BW, Urteil vom 11. September 2013, a.a.O.

Hieraus folgt für den vorliegenden Fall: Hinsichtlich der begehrten Auskunft, wer bei dem Einsatz federführend war und wer ihn veranlasst hat, ist schon fraglich, was mit der Information bezweckt wird. Geht es tatsächlich um den/die Namen der Einsatzleitung bzw. der federführenden Einsatzkräfte, so ist nicht ersichtlich, welcher Informationswert der Namensnennung zukommen soll. Die Benennung der Namen wäre für das Verständnis des Falles nicht wesentlich. Vielmehr teilt der Einzelrichter nach nochmaliger Óberprüfung die vom OVG NRW geäußerte Befürchtung einer drohenden Stigmatisierung bzw. Anprangerung des/der Betroffenen. Diese werden bei einer Veröffentlichung unter Namensnennung mit einem nach Einschätzung des Klägers als unangemessen zu bewertenden Einsatz von Polizei und Steuerfahndung im Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht und damit gleichsam "an den Pranger gestellt".

Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht in den Gründen seines Beschlusses ausgeführt:

„Ausgehend davon dürfte die Erteilung der begehrten Auskunft über die für den Einsatz verantwortlichen Personen deren Schutzinteresse, von der Presse mit dem Einsatz nicht namentlich in Verbindung gebracht zu werden, verletzen. Ein Amtsträger genießt in amtlicher Eigenschaft wie auch als Privatperson das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Auch amts- und funktionsbezogene Informationen können existenzbedrohende oder -vernichtende Folgen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Privatsphäre haben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004 – 3 C 41.03 –, BVerwGE 121, 115 = juris, Rn. 30 ff., m. w. N.

Eine derartige Gefahr liegt nach dem Akteninhalt im Streitfall sehr nahe. Schon aus der Presseberichterstattung durch den Antragsteller ergibt sich, dass die Polizei offensichtlich ein erhebliches Sicherheitsrisiko prognostiziert hat, das unter anderem mit einer Verbindung des Betroffenen zu der Rocker-Gruppe "I.  B." zu erklären sein mag. Anders ist der berichtete Einsatz von 150 Polizeibeamten in Begleitung eines Panzer-Wagens kaum zu erklären. Aus der Offenbarung der Personalien desjenigen, der den Einsatz veranlasst und dessen, der ihn geleitet hat, durch die Presse folgt ein entsprechendes Gefährdungspotential. Der Antragsgegner hat unter Hinweis auf Erfahrungen mit Angriffen und Bedrohungen hinreichend konkret und nachvollziehbar die besonderen Sicherheitsrisiken für die Mitarbeiter der Steuerfahndung dargelegt. Das massive Auftreten der Sicherheitskräfte im konkreten Fall kann die Gefahr gewaltsamer Racheaktionen im Nachhinein noch erhöhen.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zwar darauf abgestellt, dass die Erteilung der begehrten Auskunft nicht ohne Weiteres zur Veröffentlichung unter konkreter Namensnennung berechtigt. Allerdings ist die Abwägung zwischen den widerstreitenden Grundrechtspositionen im Rahmen von § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW vom Gericht vorzunehmen und darf nicht allein der Veröffentlichungsentscheidung des jeweiligen Presseorgans überlassen werden.

Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 23. Februar 2012 – 8 A 1303/11, juris, Rn. 37 a. E.

Dies gilt hier in besonderem Maße, weil der Antragsteller in seinem bereits veröffentlichten Artikel in der C.-Zeitung entgegen Ziffer 8 Abs. 1 Sätze 1 und 3 der Richtlinien für die publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des Deutschen Presserats (Pressekodex) Informationen veröffentlicht hat, die nach den oben genannten Maßstäben eine Identifizierung des von der Steuerfahndung Betroffenen ermöglichen. Demgemäß besteht Grund für die Annahme, der Antragsteller werde auch über die für den Einsatz verantwortlichen Personen identifizierend berichten, sofern seinem Auskunftsbegehren insoweit entsprochen würde.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2012 – 6 C 12.11 –, Rn. 35 zu den Voraussetzungen, unter denen bereits eine Bildaufnahme unterbunden werden kann.

Gegenüber den gewichtigen privaten Geheimhaltungsinteressen der für den Einsatz verantwortlichen Beamten wiegt das Interesse des Antragstellers, deren Namen zu erfahren, weniger schwer. Eine identifizierende Veröffentlichung dürfte bereits auf Grund nahe liegender Sicherheitsrisiken unzulässig sein. Grundsätzlich kommt im Óbrigen selbst bei Personen, die einer Straftat verdächtig sind, eine Namensnennung außer bei Berichten über Personen der Zeitgeschichte nur in Fällen schwerer Kriminalität oder bei Straftaten in Betracht, die die Öffentlichkeit besonders berühren. Dabei muss ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen.

Vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99 –, BGHZ 143, 199 = juris, Rn. 20 und 30; BVerfG, Beschlüsse vom 19. Oktober 2006 – 1 BvR 152/01 u. a. –, juris, Rn. 34, und vom 9. März 2010 – 1 BvR 1891/05 –, NJW-RR 2010, 1195 = juris, Rn. 35; OLG E.          , Urteil vom 27. April 2005 – I-15 U 98/03 –, NJW 2005, 1791 = juris, Rn. 206 f.; Nr. 4.1.2 des Runderlasses des MIK MRW über die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei (Az. 401-58.02.05) vom 15. November 2011, MBl. NRW. 2012 S. 1 ff.

Ungeachtet dessen, dass Straftaten der verantwortlichen Beamten ohnehin nicht in Rede stehen, kann nicht einmal ein Mindestmaß an Beweistatsachen für ein – vom Antragsteller allenfalls für möglich gehaltenes – dienstliches Fehlverhalten festgestellt werden. Erst recht haben sie ihre Identität nicht selbst in die Öffentlichkeit gestellt.

Vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2012  – 1 BvR 2499/09 u. a. –, NJW 2012, 1500 = juris, Rn. 37.

Gleichwohl ist zu befürchten, dass die Betroffenen bei einer Veröffentlichung unter Namensnennung mit einem als möglicherweise unangemessen bewerteten Einsatz von Polizei und Steuerfahndung im Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht und damit gleichsam "an den Pranger gestellt" würden. Bereits in seiner Antragsschrift hat der Antragsteller deutlich gemacht, dass er den Einsatz nach dem äußeren Erscheinungsbild für "möglicherweise völlig unangemessen" hält. Solange es sich dabei nach seiner eigenen Darstellung lediglich um eine nicht näher belegbare Mutmaßung handelt, ist eine Rechtfertigung für eine mit der Namensnennung verbundene erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht zu erkennen. Dies gilt umso mehr, als bei vielen Lesern einer Boulevard-Zeitung eine etwaige Bewertung des Einsatzes als unangemessen selbst dann in Erinnerung bleiben dürfte, wenn sie durch das Wort "möglicherweise" eingeschränkt würde und sich später herausstellen sollte, dass ein Fehlverhalten nicht vorlag, sondern aller Anlass zu diesem besonderen Vorgehen bestand.

Vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99 –, BGHZ 143, 199 = juris, Rn. 19; Hess. VGH, Urteil vom 23. Februar 2012 – 8 A 1303/11 –, juris, Rn. 46 a. E.

Sofern der Antragsteller nicht die Absicht haben sollte, über einen "möglicherweise völlig unangemessenen" Einsatz zu berichten, ist ein nachvollziehbares Interesse, die Namen der verantwortlichen Beamten zu erfahren oder gar zu publizieren, erst recht nicht ersichtlich. Ungeachtet dessen, dass das Informationsfreiheitsgesetz NRW hier gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 IFG NRW keine Anwendung findet, ergibt sich aus § 9 Abs. 3 lit. a) IFG NRW nichts anderes. Danach soll einem Antrag auf Informationszugang in der Regel stattgegeben werden, soweit sich die Angaben auf Namen, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Rufnummer beschränken und die betroffene Person als Amtsträger an dem jeweiligen Vorgang mitgewirkt hat, es sei denn, der Offenbarung stehen schutzwürdige Belange der betroffenen Person entgegen. Auch hiernach sind Ausnahmen vorgesehen etwa für den Bereich der Sicherheitsdienste oder den Kreis der Amtsträger, die auf Grund ihrer Funktion vermehrt unpopuläre Entscheidungen zu treffen haben.

Vgl. Gesetzesbegründung zum Informationsfreiheitsgesetz NRW, LT-Drs. 13/1311, S. 14.

Zu diesen gehören die hier in Rede stehenden Beamten der Steuerfahndung, die einen Großeinsatz unter hohen prognostizierten Sicherheitsrisiken veranlasst und geleitet haben.“

Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Einzelrichter an.

Schließlich dürfte vorliegend mit Blick auf die dienstliche Fürsorgepflicht auch ein überwiegendes öffentliches Interesse der Beantwortung von Frage 3) entgegenstehen. Denn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet es, die Beamten vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Bloßstellungen sowie etwaigen Folgewirkungen zu schützen.

Dass etwaige strafrechtliche Ermittlungen im Rockermilieu für die Ermittler eine nicht unerhebliche Gefährdung darstellen, bedarf keiner näheren Erläuterung. Der streitgegenständliche Vorgang, zu dem der Kläger Auskunft begehrt, steht ersichtlich – ohne dass es für diese Beurteilung weitergehender Auskünfte bedürfte - in einem Zusammenhang mit Ermittlungen in einem solchen Milieu.

So wird auf der online abrufbaren Seite

http://www.xtranews.de/2012/06/06/razziendermonchengladbacherermittlungskommissionimrockermilieuinkrefeldund-X.       /

darüber berichtet, dass eine (weitere) Durchsuchung von Clubräumen in X.       (gemeint sind offenbar die Räumlichkeiten des „WH6“) im Juni 2012 in unmittelbaren Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen in der N.                 Altstadt zwischen Rockern der Gruppierungen Bandidos und I.     Angels sowie deren Supportern stünde, bei denen es zahlreiche - darunter drei durch Messerstiche lebensgefährlich  - Verletzte, gegeben habe.

Zu dieser Durchsuchung im Juni 2012 heißt es in der Online-Ausgabe der Rheinischen Post:

(http://www.rponline.de/nrw/staedte/krefeld/razziainclubsundwohnungenderhellsangelsaid-1.2860006)

„Wie unsere Redaktion erfuhr, durchforsteten am Abend die Einsatzkräfte zudem mehrere Wohnungen in unterschiedlichen Städten. Durchsucht wurden Wohnungen von führenden Clubmitgliedern in E.          , L1.    , L.       und T.        sowie ein Clubhaus der I.     Angels in L.       und ein Sex-Club in X.       . Der Einsatz dauerte mehrere Stunden. Insgesamt waren nach Angaben eines Polizeisprechers vom Mittwochmorgen rund 500 Kräfte im Einsatz.

Bei den Razzien im Swingerclub in X.       und dem Clubheim der I.     Angels in der L2.         Innenstadt fanden die Einsatzkräfte jeweils ein voll besuchtes Haus vor. Die Beamten holten verschiedene Personen aus den Etablissements und stellen deren Personalien fest. Außerdem wurden Beweismittel gesichert, erklärte die Polizei. Die Razzia an diesem Abend richtete sich nur gegen Mitglieder der I.     Angels, nicht anderer Rocker-Clubs.

Bei dem durchsuchten Swingerclub in X.       handelt es sich um das "WH 6" nahe der A 44. Das bestätigte die Polizei am Abend. Der Swingerclub ist laut Eigenwerbung 700 Quadratmeter groß, hat 14 Räume und gewährt nur Pärchen oder alleinstehenden Frauen Zutritt. Der Eintritt kostet bei besonderen Events bis zu 150 Euro. In dem Club werden auch Erotikfilme gedreht. Eigentümer ist Marcus W., der Anhänger des L2.         I.     Angels-Charters sein soll. 2010 war das Etablissement in die Schlagzeilen geraten, als 150 Polizeibeamte sowie 30 Steuerfahnder die Räume stürmten und Akten sicherstellten. Bei der gestrigen Razzia wurde auch die Privatwohnung von Marcus W. in L.       durchsucht.

Die Beamten stellten bei den Durchsuchungen unter anderem Computer, USB-Sticks und Handys sicher. Die sichergestellten Gegenstände sollen in den nächsten Tagen überprüft werden. Waffen fand die Polizei den Angaben zufolge nicht.“

Soweit der Kläger geltend macht, seine Frage ziele nicht auf Bekanntgabe des Namens, sondern auf den Dienstgrad des Einsatzführers bzw. auf die Bezeichnung der Organisationseinheit, der die Federführung für den Einsatz oblegen habe, ändert dies nichts an dem Ergebnis. Sollte tatsächlich auch nur der Dienstgrad oder die Funktionsbezeichnung (z.B. Abteilungsleiter, Gruppenleiter, Referatsleiter) offenbart werden, so wäre selbst dann eine weitere Personalisierung ohne größere Schwierigkeiten möglich. Damit würde dem oder den Betroffenen die gleiche Gefahr drohen, als wenn der Name offenbart würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war gemäß §§ 124a, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die entscheidungserheblichen Fragen, ob dem presserechtlichen Auskunftsanspruch die Vorschriften über die Geheimhaltung nach § 30 Abs. 1 und 2 AO entgegen stehen und der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Pressefreiheit dadurch Rechnung zu tragen ist, dass der weite Geltungsbereich des Steuergeheimnisses verfassungskonform reduziert wird, obergerichtlich noch nicht geklärt sind – im Eilverfahren hat der 5. Senat des OVG NRW die Klärung dieser Fragen ausdrücklich dem Hauptsacheverfahren zugewiesen. Eine Klärung dieser Rechtsfragen hat über den zu entscheidenden konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die Auslegung bzw. Anwendung des einschlägigen Gesetzes und ist von allgemeinem Interesse.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548) Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der ERVVO VG/FG einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind nur die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen sowie diesen gleichgestellte Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 Satz 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren eingeleitet wird.

Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.

                                                                                 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.