LG Baden-Baden, Urteil vom 01.03.2013 - 1 O 104/12
Fundstelle
openJur 2014, 3133
  • Rkr:

Das Verfahren wurde durch Rücknahme der Berufung hin Hinweisbeschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) des OLG vom 04.11.2013 beendet.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten Ziffer 1 bis 3 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 2/3 aller materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall vom 21.10.2011 gegen 0:10 Uhr auf der K, km 0,2, Gemarkung G., mit dem Pkw Marke Audi, amtliches Kennzeichen, entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten übergegangen ist oder übergeht. Die Beklagte Ziffer 3 haftet nur im Rahmen der Deckungssumme des zugrunde liegenden Versicherungsvertrages.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten Ziffer 1 bis 3 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Verkehrsunfall vom 21.10.2011 gegen 0:10 Uhr auf der K, km 0,2, Gemarkung G., mit dem Pkw Marke Audi, amtliches Kennzeichen, entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote des Klägers von 1/3, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten übergegangen ist oder übergeht. Die Beklagte Ziffer 3 haftet nur im Rahmen der Deckungssumme des zugrunde liegenden Versicherungsvertrages.

3. Im übrigen wird die Klage abweisen.

4. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten Ziffer 1 bis 3 jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Mit der Klage verlangt der Kläger Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall am frühen Morgen des 21.10.2011. Der Kläger war Fahrer des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen, dessen Halter der Beklagte Ziffer 2 zum Unfallzeitpunkt war. Die Beklagte Ziffer 3 war die Haftpflichtversicherung des Fahrzeuges.

Der Beklagte Ziffer 1 lud den Kläger, seinen Freund, am 20.10.2011 zur Präsentation eines neuen Fahrzeuges in eine Diskothek in der sog. C., einem Fachmarktzentrum in B., ein. Die Getränke und Speisen waren für die Gäste frei. Bevor der Kläger und der Beklagte Ziffer 1 gemeinsam im Fahrzeug des Beklagten Ziffer 2 zur Veranstaltung fuhren, besprachen sich beide dahingehend, dass die Heimfahrt nach der Veranstaltung nicht mit dem Fahrzeug des Beklagten Ziffer 2, sondern mit einem Taxi, welches die Mutter des Beklagten Ziffer 1 bezahlen wollte, angetreten werden soll.

Auf der Veranstaltung, auf der man zwischen 19 Uhr und 19.30 Uhr eintraf, unterhielt sich der Beklagte Ziffer 1 u. a. mit den Zeugen B. und Z..

Im Verlauf des Abends tranken sowohl der Kläger als auch der Beklagte Ziffer 1 auf der Veranstaltung erhebliche Mengen Alkohol. Der Beklagte Ziffer 1 konsumierte überwiegend Bier, in geringem Umfang auch Wein bis kurz vor der gemeinsamen Abfahrt, die ca. eine viertel bis halbe Stunde vor dem Unfall erfolgte. Vor Antritt der Heimfahrt erklärt der Beklagten Ziffer 1 dem Kläger, dass er noch Auto fahren könne, weshalb entgegen der ursprünglichen Absprache auf die Heimfahrt mit einem Taxi verzichtet wurde. Der Beklagte Ziffer 1 fuhr mit dem Fahrzeug, welches er auf dem Parkdeck des Fachmarktzentrums abgestellt hatte, über die S. Straße und die W. Straße über die K in Richtung G.-S. Bei km 0,2 kam der Beklagte gegen 0.10 Uhr am Morgen des 21.10.2011 mit dem von ihm gesteuerten Fahrzeug in einer dortigen scharfen Rechtskurve aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit nach links von der Fahrbahn ab, kollidierte mit mehreren Bäumen und kam in einem angrenzenden abfallenden Waldgebiet zum Liegen. Wegen der Einzelheiten der Unfallstelle wird auf die Lichtbilder in der beigezogenen Ermittlungsakte (AS. 91 ff) Bezug genommen.

Gegen 0:10 Uhr ging beim Polizeirevier G. die Meldung ein, dass der Beklagte Ziffer 1 im Bereich der W. Straße versuchte, fahrende Fahrzeug anzuhalten.

Beim Beklagten Ziffer 1 wurde aufgrund eines vom Zeugen PHM S. um 0:48 Uhr durchgeführten Tests eine Atemalkoholkonzentration von 0,76 mg/l festgestellt.

Die Zeugen G. und F. waren als Rettungsteam am Unfallort.

Um 1:45 Uhr wurde der Beklagten Ziffer 1 im Kreiskrankenhaus R. ärztlich untersucht und eine Blutprobe entnommen, die eine Blutalkoholkonzentration von 1,48 Promille festgestellt. Wegen der Einzelheiten des Untersuchungsbefundes wird auf das Protokoll und den Antrag zur Feststellung von Alkohol im Blut (Ermittlungsakte AS. 19) sowie deren Auswertung (AS. 29) Bezug genommen.

Um 1:16 Uhr wurde beim Kläger im Klinikum in B. eine Blutentnahme durchgeführt und eine Alkoholkonzentration von 2,1 g/l Blut (Serumwert) ermittelt. Wegen der Einzelheiten wird auf AS. 105 Bezug genommen.

Bei dem Verkehrsunfall wurde der Kläger erheblich verletzt. Er erlitt eine Halswirbelsäulenverletzung mit weitgehender Lähmung. Derzeit kann er lediglich die Schulter sowie einige Oberarmmuskeln bewegen. Die Entwicklung seines gesundheitlichen Zustandes ist offen.

Gegen den Kläger wurde ein seit 21.02.2012 rechtskräftiger Strafbefehl erlassen, mit dem er wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15,00 EUR, somit insgesamt 1.800,00 EUR, verurteilt wurde. Ferner wurde ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von neun Monaten entzogen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Strafbefehl, AS. 167 ff der Ermittlungsakten, Bezug genommen.

Durch Schreiben vom 28.03.2012 erklärte die Beklagte Ziffer 3 gegenüber dem damaligen Anwalt des Klägers, dass sie den Mithaftungseinwand aufrecht erhalte und die bereits geltend gemachten Ansprüche und auch die zukünftigen, unfallbedingten Ansprüche, die ausreichend belegt sind, mit einer Haftungsquote von 66,67 % regulieren werde. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B 1 Bezug genommen.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden, der ihm aus dem Verkehrsunfall vom 21.10.2011 entstanden und zukünftig noch entsteht, und die nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen, zu erstatten. Ferner verlangt er die Zahlung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 5.682,96 EUR nebst Zinsen.

Der Kläger behauptet, ihn treffe kein Mitverschulden. Man habe nicht von vorne herein geplant, dem Alkohol übermäßig zuzusprechen. Er habe keine Veranlassung gehabt, den Alkoholkonsum des Beklagten Ziffer 1 zu beobachten, da ohnehin geplant gewesen sei, das Fahrzeug stehen zu lassen. Das Trinkverhalten des Beklagten Ziffer 1 habe er über Stunden nicht mitbekommen. Während des Abends seien er und der Beklagte Ziffer 1 etwas weniger als die Hälfte ihrer Anwesenheit vor Ort zusammen gewesen. In der restlichen Zeit seien beide ihrer Wege gegangen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, zu erkennen, dass der Beklagte Ziffer 1 nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei. Dieser habe bei Fahrtantritt keine Trunkenheitsmerkmale aufgewiesen, insbesondere keine Probleme beim Gehen oder Sprechen gehabt, nicht nach Alkohol gerochen und ebenso wenig seien die Bindehäute gerötet gewesen. Der Beklagte Ziffer 1 habe bei Antritt der Heimfahrt allenfalls eine Blutalkoholkonzentration von 1,0 Promille gehabt. Der Kläger selbst sei aufgrund seines erheblich alkoholisierten eigenen Zustandes derart negativ beeinflusst gewesen, dass er eigentlich nichts mehr Konkretes wahrgenommen habe.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Unfall vom 21.10.2011, 00:12 Uhr G., K, Kilometer 0,2 mit dem Pkw Audi entstanden sind bzw. noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten übergegangen ist oder übergeht.

2. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihm vorgerichtliche Nebenkosten in Höhe von 5.682,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen - soweit nicht anerkannt wurde -

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Kläger hafte zu 1/3 selbst für den eingetretenen Schaden, da er zu dem erkennbar erheblich alkoholisierten Beklagten Ziffer 1 ins Fahrzeug gestiegen sei. Man sei mit der Absicht auf die Veranstaltung gefahren, dort nicht unerhebliche Mengen Alkohol zu konsumieren, was man auch in die Tat umgesetzt habe. Der Beklagte Ziffer 1 habe bei Fahrtantritt eine Blutalkoholkonzentration von 1,5 Promille gehabt. Außerdem habe er stark nach Alkohol gerochen, sein Gang sei schleppend gewesen, die plötzliche Kehrtwendung sei unsicher gewesen, die Sprache silbenstolpernd, der Denkablauf sprunghaft und die Bindehäute gerötet. Der Kläger habe den Beklagten Ziffer 1 vor Fahrantritt auf seine Fahrtüchtigkeit hin überprüfen müssen, da beide auf der Veranstaltung planmäßig über Stunden gemeinsam Alkohol getrunken hätten. Eine einfache Geruchsprüfung hätte ausgereicht, um festzustellen, dass der Beklagte Ziffer 1 erhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen habe.

Die Strafakte des Amtsgerichts G., AZ: wurde zu Beweiszwecken beigezogen.

Das Gericht hat Beweis erhoben zur Frage des Vorliegens alkoholbedingter Ausfallerscheinungen durch Vernehmung der Zeugen S., Z., B., G. und F.. Wegen der Einzelheiten ihrer Angaben wird auf die Sitzungsniederschriften, AS. 195 ff sowie 317 ff, Bezug genommen.

Ferner hat das Gericht Beweis erhoben zur Frage des Vorliegens von Ausfallerscheinungen sowie zur Promille-Zahl durch die Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des Rechtsmediziners Dr. R.. Wegen der Einzelheiten seiner Angaben wird auf dessen mündliches Gutachten (AS. 213 ff) in der Sitzung vom 17.10.2012 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

Die Feststellungsklage ist zulässig und vollumfänglich begründet.

I.

Der Kläger hat ein Interesse daran, dass festgestellt (§ 256 Abs. 1 ZPO) wird, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm alle materiellen und immateriellen Schäden, die ursächlich aufgrund des Verkehrsunfalls vom 21.10.2011 bereits entstanden sind bzw. zukünftig noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten übergegangen ist oder übergeht, zu ersetzen. Wie sich der gesundheitliche Zustand des beim Unfall schwer verletzten Klägers entwickelt, lässt sich derzeit nicht abschließend beurteilen. Ebenso wenig lässt sich beurteilen, welche weiteren Schäden aufgrund der erlittenen Verletzungen entstehen. Künftige Schadensfolgen sind jedenfalls möglich (s. Zöller, 29. Aufl., § 256 Rn. 9).

Das Feststellungsinteresse ist auch nicht durch das unstreitig vor Klageerhebung erklärte teilweise Anerkenntnis der Beklagten Ziffer 3 vom 28.03.2012 (Anlage B 1, AS. 57) entfallen. Darin erhebt die Beklagte Ziffer 3 den Einwand des Mitverschuldens des Klägers und erklärt lediglich, dass sie mit einer Haftungsquote von 66,67 % regulieren werde. Ein vollumfängliches Anerkenntnis der Haftung dem Grunde nach, wie es der Kläger begehrt, ist damit nicht verbunden. Es besteht daher nach wie vor ein Interesse des Klägers, die alleinige Haftung der Beklagten festzustellen.

II.

Der Beklagte Ziffer 1 haftet dem Kläger gemäß §§ 18 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 223 StGB zu 2/3 für den durch den Verkehrsunfall am frühen Morgen des 21.10.2011 verursachten gegenwärtigen und zukünftigen materiellen Schaden. Der Beklagte Ziffer 2 haftet als Halter des Fahrzeuges im gleichen Umfang gemäß § 7 Abs. 1 StVG. Die Beklagte Ziffer 3 haftet als Pflichtversicherer gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG.

Der Kläger selbst haftet gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 Abs. 2 BGB zu 1/3 für den materiellen Schaden.

Hinsichtlich der ebenfalls gegebenen Haftung der Beklagten Ziffer 1 bis 3 für den immateriellen Schaden (§§ 11 StVG, 253 Abs. 2 BGB) des Klägers ist, da eine Quotelung nicht erfolgt, ein Mitverschulden des Klägers in Höhe von 1/3 bei der Bestimmung der billigen Entschädigung zu berücksichtigen.

Alle Beklagten haften gesamtschuldnerisch (§ 421 BGB, 115 Abs. 1 Satz 4 VVG). Im Übrigen besteht kein weitergehender Anspruch auf Schadensersatz.

1. Der Beklagte Ziffer 1 haftet als Fahrer des bei der Beklagten Ziffer 3 haftpflichtversicherten Fahrzeuges, dessen Halter der Beklagte Ziffer 2 zum Unfallzeitpunkt war, gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG, da bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges, nämlich der Fahrt im vom Beklagten Ziffer 1 gesteuerten Fahrzeug, der Kläger am Körper und an der Gesundheit verletzt wurde. Den ihm obliegenden Beweis, dass ihn an dem Unfall, bei dem der Kläger verletzt wurde, kein Verschulden trifft, hat der Beklagte Ziffer 1 nicht geführt. Vielmehr hat der Beklagte Ziffer 1 den Unfall dadurch verschuldet, dass er unstreitig jedenfalls mit überhöhter Geschwindigkeit (§ 3 Abs. 1 StVO) und im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit (§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB), gefahren ist.

Unstreitig hat der Kläger bei dem Verkehrsunfall eine schwere Verletzung der Halswirbelsäule erlitten, so dass bei ihm eine nahezu vollständige Lähmung vorliegt.

Die Voraussetzungen der §§§ 823 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 223, § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB liegen ebenfalls vor.

2. Der Kläger haftet gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 Abs. 1 BGB zu 1/3 selbst für den Schaden, da er sich zu dem Beklagten Ziffer 1 in das von diesem gesteuerte Fahrzeug gesetzt hat, obwohl sich ihm aus den erkennbaren Umständen bei zumutbarer Aufmerksamkeit begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 hätten aufdrängen müssen (vgl. BGH, NJW 1979, 938 = juris, Tz. 8). Maßgeblich ist, ob ein verständiger Mensch Zweifel an der Fahrtüchtigkeit entwickelt hätte. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger die Fahruntüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 positiv erkannt hat. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass sich ihm hätten begründete Zweifel aufdrängen müssen. Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Beweis hinsichtlich eines Mitverschuldens geführt, so dass offen bleiben kann, ob diesbezüglich bereits ein Anscheinsbeweis zu ihren Gunsten eingreift (s. dazu OLG Celle, Urteil vom 05.10.2011, Az. 14 U 93/11). Den Anscheinsbeweis hätte der Kläger jedenfalls nicht erschüttert.

a) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen, dem mündliche Gutachten des Rechtsmediziners Dr. R., den vorgelegten Urkunden und den Angaben des Beklagten Ziffer 1 steht zur Überzeugung des Gerichtes folgender Sachverhalt fest:

Der Beklagte Ziffer 1 hatte für den 20.10.2011 eine Einladung seines ehemaligen Arbeitgebers, der Firma A. G., zur Präsentation einen Modells der Marke Audi in einer Diskothek in den Räumlichkeiten des Fachmarktzentrums (sogenannte C.) in B., wobei auf der Veranstaltung die ausgeschenkten Getränke und Speisen für die Gäste frei waren. Bevor der Kläger und der Beklagte Ziffer 1 zu der Veranstaltung aufbrachen, wurde darüber gesprochen, dass die Mutter des Beklagten Ziffer 1 beide am Ort der Veranstaltung abholt, da man davon ausging, dass auf der Veranstaltung auch alkoholische Getränke konsumiert werden würden und jedenfalls der Beklagte Ziffer 1 als Fahrer sich nicht daran festhalten lassen wollte, lediglich drei Bier zu trinken. Die Mutter des Beklagten Ziffer 1 erklärte sich bereit, die Kosten für ein Taxi zu übernehmen, womit der Kläger und der Beklagte Ziffer 1 einverstanden waren. Im vom Beklagten Ziffer 1 gesteuerten Fahrzeug des Beklagten Ziffer 2 fuhren beide zu der Veranstaltung, wo sie zwischen 19:00 und 19:30 Uhr eintrafen. Auf der Veranstaltung wurde kostenfrei Bier, sowohl in 0,5 Liter als auch in 0,33 Liter, sowie Wein ausgeschenkt und kleine Häppchen vom Büffet serviert. Es waren viele Leute anwesend und es herrschte Diskothekenatmosphäre mit Musik.

Auf der Veranstaltung trafen sowohl der Klägers als auch der Beklagte Ziffer 1 jeweils Bekannte bzw. Arbeitskollegen, darunter auch die Zeugen B. und Z.. Insgesamt waren beide etwa die Hälfte der Zeit des Abends, vielleicht auch ein bisschen weniger, zusammen. Bis kurz vor Antritt der Heimfahrt, die gegen 23.45 Uhr am 201.10.2011 erfolgte, trank der Beklagte Ziffer 1 kontinuierlich insgesamt 5 l Bier und 1/4 l Rotwein. Vor Antritt der Heimfahrt suchte der Beklagte Ziffer 1 den Kläger, um mit ihm zu besprechen, wie es weitergeht und ob man vielleicht noch in die Stadt geht und dort weiter macht. Man entschloss sich, den Abend zu beenden und die Heimfahrt anzutreten, weshalb man gemeinsam zum Parkdeck, auf dem der Beklagte Ziffer 1 das Fahrzeug des Beklagten Ziffer 2 abgestellt hatte, ging. Zu diesem Zeitpunkt roch der Beklagte Ziffer 1 bereits stark nach Bier. Der Beklagte Ziffer 1 erklärte dem Kläger, dass er noch Auto fahren könne. Im Fahrzeug verhielt sich der Kläger ruhig, möglicherweise hat er auch geschlafen. Der Beklagte Ziffer 1 fuhr zunächst über die S. Tangente zur W. Straße und dann über die K Richtung G.- S., wo sich bei km 0,2 der Verkehrsunfall gegen 0.10 Uhr ereignete.

Zum Zeitpunkt des Fahrtantritts hatte der Beklagte eine Blutalkoholkonzentration von 1,7 bis 1,8 0. Der Kläger selbst hatte zu diesem Zeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,2 0.

b) Die Feststellungen des Gerichtes zum Geschehen vor der Veranstaltung ergeben sich aus den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Beklagten Ziffer 1 (AS. 95 - 97).

Die Feststellungen zum Ablauf während der Veranstaltung in der Diskothek ergeben sich ebenfalls aus den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben des Beklagten Ziffer 1 (AS. 95 - 97) sowie den Angaben der Zeugen Z. (AS. 203 - 207). Der Zeuge Z. hat davon gesprochen, dass viele Leute dort gewesen seien, viel geboten gewesen sei und dass Diskothekenatmosphäre mit Musik geherrscht habe. Außerdem hat er, ebenso wie der Beklagte Ziffer 1, angegeben, dass Bier in der Menge 0,5 l und 0,33 l ausgeschenkt worden sei (AS. 207). Der Zeuge Z. hat eine differenzierte Aussage gemacht ohne jegliche Belastungstendenz.

Die Feststellungen des Gerichtes zum Alkoholisierungsgrad des Beklagten Ziffer 1 beim Antritt der Heimfahrt ergeben sich aus dem als Urkunde (§ 416 BGB) zu verwertenden Protokoll und Antrag zur Feststellung von Alkohol im Blut (AS. 19 und 29 der Ermittlungsakte). Die Blutalkoholkonzentration wurde anhand von vier Werten nach ärztlicher Entnahme zutreffend ermittelt. Ferner ergeben sich die Feststellungen aus den nachvollziehbaren und überzeugenden Angaben des Zeugen PHM S. (AS. 197 - 201). Dieser hat, nachdem er einen starken Alkoholgeruch beim Beklagten Ziffer 1 festgestellt hat, selbst am Unfallort den Atemalkoholtest um 0:48 Uhr durchgeführt, der eine Konzentration 0,76 mg/l ergab. Da der Zeuge S. Polizist ist, ist davon auszugehen, dass der Test ordnungsgemäß durchgeführt und der Wert zutreffend ermittelt wurde. Der Sachverständige Dr. R., ein sehr erfahrener Rechtsmediziner, hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass sich für den Zeitpunkt des Fahrantritts unter Berücksichtigung der durchgeführten Alkoholtestungen bei realistischer Betrachtung einen Promillewert von 1,7 - 1,8 für den Beklagten Ziffer 1 ergibt (AS. 215). Unerheblich ist, dass der Sachverständige ebenfalls davon gesprochen hat, dass auch 1,5 0 nicht auszuschließen seien und der Beklagte Ziffer 1 auch maximal 2,1 0 zum Zeitpunkt des Fahrtentschlusses gehabt haben kann (AS. 219). Mit dem gemäß § 286 ZPO erforderlichen Grad an Überzeugung kann festgestellt werden, dass es 1,7 - 1,8 0 waren, da es sich hierbei nach Angaben des Sachverständigen Dr. R. um eine realistische Betrachtung handelt. Der Sachverständige hat bei der Ermittlung der Blutalkoholkonzentration einen zeitweisen Aufbau über einen Zeitraum von fünf Stunden und einen ebenso möglichen Abbau des Alkohols in dieser Zeit berücksichtigt (AS. 221). Unter Zugrundelegung eines Eintreffens zwischen 19:00 bzw. 19:30 Uhr und eines Trinkendes erst kurz vor Fahrantritt, wie es der Beklagte Ziffer 1 angegeben hat, sowie der benötigten Fahrtzeit bis zur Unfallstelle, ist dies ein zutreffender Zeitraum. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Angaben des Sachverständigen Dr. R. ist das Gericht auch davon überzeugt, dass der Beklagte Ziffer 1 zwischen Ankunft auf der Veranstaltung und Abfahrt gegen 23.45 Uhr insgesamt 5 l Bier und 0,25 l Wein zu sich genommen hat. Diese Trinkmenge hat der Sachverständige unter Berücksichtigung des Körpergewichtes und der Größe des Beklagten Ziffer 1 ermittelt (AS. 215). Der Beklagte Ziffer 2 selbst hat angegeben, dass er überwiegend Bier, mit seinem Chef auch Wein getrunken habe (AS. 95). Der Sachverständige hat ausgeführt, dass 1/4 l Wein gleichzusetzen ist mit 1/2 l Bier (AS. 219). Der Beklagte Ziffer 1 hat also an diesem Abend mindestens 10 Flaschen Bier mit 0,5 l oder aber 15 Flaschen mit 0,33 l in einem Zeitraum von vier bis fünf Stunden getrunken. Hinzu kommt noch ein Glas Wein mit 0,25 l. Das Gericht geht davon aus, dass der Beklagte Ziffer 1 diese Menge kontinuierlich zu sich genommen hat, was der Situation vor Ort, nämlich dass man in entspannter Atmosphäre Leute trifft und sich mit ihnen bei einem Getränk unterhält, entspricht. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte Ziffer 1 zu einer bestimmten Phase des Abends besonders schnell und viel getrunken hat, haben sich im Laufe der Verhandlung nicht ergeben. Gerechnet auf den Gesamtzeitraum ergeben sich daher 2 bis 3 Getränke pro Stunde. Dies ist auch ein realistisches Trinktempo.

Die Feststellungen dazu, dass der Beklagte Ziffer 1 bereits bei Fahrtantritt stark nach Alkohol, im konkreten Fall Bier, gerochen hat, beruhen auf den nachvollziehbaren und überzeugenden Angaben des Zeugen PHM S.. Der Zeuge, Polizeihauptmeister beim Polizeirevier G. und am Unfallort anwesend, hat nachvollziehbar und überzeugend angegeben, dass er bei dem Beklagten Ziffer 1, als dieser im Streifenwagen seiner Kollegen gesessen habe, starken Alkoholgeruch wahrgenommen habe, weshalb er diesen nach seinem Konsum gefragt habe (AS. 197). Er habe dann den Atemalkoholtest gegen 0:48 Uhr selbst durchgeführt. Der Zeuge hat von einer deutlichen Fahne gesprochen (AS. 197). Aufgrund seines Berufes, nämlich Polizist, kann der Zeuge aus Sicht des Gerichtes eine zuverlässige Einschätzung hinsichtlich des Alkoholgeruchs vornehmen, zumal er sich in einem eng begrenzten, geschlossenen Raum, nämlich einem Streifenwagen, befand. Seine Wahrnehmung ist angesichts der bestehenden Situation sowie der getrunkenen, ganz erheblichen Menge Bier, welches stark riecht, nachvollziehbar. Die Angaben werden auch vom Sachverständigen Dr. R. bestätigt (AS. 217). Wenn der Zeuge S. am Unfallort gegen 0.48 Uhr die Bierfahne gerochen hat, dann war diese auch bereits bei Fahrtantritt, auf den es hier maßgeblich ankommt, vorhanden. Der Geruch geht von der Person selbst aus und verfliegt nicht innerhalb dieser kurzen Zeit (knapp eine Stunde). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte Ziffer 1 etwa einen Kaugummi oder ein Pfefferminzbonbon, welches möglicherweise den Alkoholgeruch in den Hintergrund hat treten lassen, genossen hat, haben sich im Verlauf der Verhandlung nicht ergeben. Unerheblich ist, dass aus der Wahrnehmung von Biergeruch allein sicher nicht zuverlässig festgestellt werden kann, wie viel Bier tatsächlich getrunken wurde. Dies ist für die Annahme von begründeten Zweifeln hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit einer Person auch nicht erforderlich. Der Geruch ist jedenfalls ein nicht zu übersehende Warnsignal. Hinzu kommen noch weitere (wird ausgeführt).

Den Angaben des Zeugen PHM S. stehen die Angaben der Zeugen G. und F. nicht entgegen.

Der Zeuge G. hat bei seiner Vernehmung nachvollziehbar und überzeugend angegeben, er habe nichts gerochen (AS. 319). Gleichzeitig hat der Zeuge aber auch angegeben, dass er gefahren sei und der Kollege länger mit dem Beklagten Ziffer 1 zusammen gewesen sei. Sein Augenmerk sei auf der Information gewesen, dass noch jemand im Wald liege (AS. 321). Außerdem hat der Zeuge nur für einen kurzen Moment auf der Straße und nicht in einem geschlossenen Raum mit dem Beklagten Ziffer 1 gesprochen (AS. 321). Der Zeuge hat den Beklagten Ziffer 1 daher nur sehr kurz wahrgenommen und war im Übrigen auf etwas anderes, nämlich die Suche nach einem weiteren Verletzten, fokussiert. Das Gericht ist daher nicht davon überzeugt, dass der Zeuge in jedem Fall den Biergeruch beim Kläger in der gegebenen Situation hätte wahrnehmen können. Daraus, dass er keinen Geruch wahrgenommen hat, kann daher nicht mit der notwendigen Sicherheit geschlossen werden, dass ein solcher nicht vorhanden war. Dem stehen die glaubhaften Angaben des Zeugen S. sowie die erhebliche Menge Bier, die getrunken wurde, entgegen.

Der Zeuge F. hat sich als Sanitäter um den Beklagten Ziffer 1 vor Ort längere Zeit gekümmert. Er hat angegeben, dass er nichts dazu sagen könne, ob er einen Alkoholgeruch wahrgenommen hat (AS. 323). Gleichzeitig hat er angegeben, dass er vielleicht auch berufsbedingt eine eingeschränkte Wahrnehmung diesbezüglich habe, weil er den ganzen Tag mit Desinfektionsmittel usw. zu tun habe. Damit hat der Zeuge selbst Zweifel daran geäußert, ob er einen Alkoholgeruch überhaupt hätte feststellen können und im übrigen offen gelassen, ob er ihn festgestellt hat. Auch seine weitere Aussage, dass es ihn gewundert habe, dass der Beklagte Ziffer 1 alkoholisiert war (AS. 323), bedeutet vor dem Hintergrund der selbst geschilderten Zweifel hinsichtlich der Möglichkeit der Wahrnehmung nicht, dass tatsächlich kein Geruch vorhanden war.

Den Angaben der Zeugen Z. und B. kommt ebenfalls keine entscheidende Bedeutung zu. Beide Zeugen haben sich mit dem Beklagten Ziffer 1 zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als dem hier wesentlichen Zeitpunkt des Antritts der Heimfahrt unterhalten, nämlich so gegen 21 Uhr bis 21.30 Uhr. Außerdem fand diese Unterhaltung in einem großen Raum mit vielen Leuten statt, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Biergeruch zum einen wahrgenommen wird, zum anderen auch zuverlässig dem Beklagten Ziffer 1 zugeordnet werden kann.

Die Feststellungen des Gerichtes zur Blutalkoholkonzentration des Klägers zum Zeitpunkt des Fahrtantrittes beruhen ebenfalls auf den nachvollziehbaren und überzeugenden Angaben des Sachverständigen R. in der Sitzung vom 17.10.2012 (AS. 217) sowie dem Laborbefund (AS. 105) des Klinikum M., der als Urkunde (§ 416 ZPO) verwertet werden kann. Unstreitig geblieben ist, dass dem Kläger das Blut um 1:16 Uhr am 21.10.2011 entnommen wurde und daraus ein Serumwert hinsichtlich der Menge Alkohol im Blut ermittelt wurde. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass lediglich ein einziger Serumwert vorliegt und nicht eine mehrfach abgesicherte Blutalkoholbestimmung nach dem Widmark- und ADH-Verfahren vorgenommen wurde (s. BGH, NJW-RR 2003, Seite 17 = juris, Tz. 15ff.). Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass bei nur einem einzigen Serumwert die medizinische Sicherheit, mit der die richtige Blutalkoholkonzentration ermittelt werden kann, ein Vielfaches unter der Wertermittlung mittels automatischer gaschromatischer Analyse (GC) und dem ADH-Verfahren, wie sie beim Beklagten Ziffer 1 vorgenommen wurde, liegt (AS. 217). Daher könne man nur mit großen Vorbehalten auf 1,8 bis 1,9 0 bei Fahrtantritt kommen (AS. 217). Der Sachverständige hat aber auch ausgeführt, dass man in der Medizin aus der Erfahrung wisse, dass die Promille-Zahl um 0,5 höher oder auch niedriger sein kann, wenn nur ein Serumwert vorliegt. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Kläger eine Blutalkoholkonzentration von 1,7 - 1,8 0 +/- 0,5 0 hatte. Mit der erforderlichen Sicherheit (§ 286 ZPO) kann das Gericht daher nur feststellen, dass der Kläger jedenfalls eine Blutalkoholkonzentration von 1,2 0 (1,7 0 - 0,5 0) hatte.

c) Einem verständigen, nüchternen Menschen in der Situation des Klägers hätten sich begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 spätestens jedenfalls unmittelbar bei Fahrtantritt im Fahrzeug des Beklagten Ziffer 1 aufdrängen müssen.

aa) Das Gericht ist davon überzeugt, dass ein nüchterner Beifahrer bei zumutbarer Aufmerksamkeit zumindest und spätestens in dem Zeitpunkt, als man gemeinsam im Fahrzeug saß und die Heimfahrt antrat, den starken Alkoholgeruch beim Beklagten Ziffer 1 hätte wahrnehmen müssen. Der Sachverständige hat überzeugend und nachvollziehbar angegeben, dass innerhalb von geschlossenen Räumen, um den es sich bei einem Fahrzeug handelt, und bei nicht allzu großer Distanz, was ebenfalls anzunehmen ist, der Alkoholgeruch erkennbar ist und dies von einem nüchternen Betrachter gerochen wird (AS. 217). Unstreitig waren der Kläger und der Beklagte Ziffer 1 auch alleine im Fahrzeug, so dass der Geruch eindeutig zugeordnet werden kann. Zu diesem Zeitpunkt, nämlich vor Abfahrt, wäre für den Kläger noch genügend Zeit gewesen, dem Beklagten Ziffer 1 mitzuteilen, dass er nicht mit ihm fährt, auszusteigen und - wie ursprünglich abgesprochen - mit dem Taxi den Heimweg anzutreten. Der starke Biergeruch war daher ein Umstand, der hätte Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 begründen müssen, weil er für einen Alkoholkonsum spricht.

bb) Dies gilt umso mehr, als dass dem Kläger aufgrund der gemeinsam Besprechung vor der Veranstaltung bekannt war, dass ursprünglich übereinstimmend geplant war, dass man nicht mehr mit einem Fahrzeug selbst nach Hause fährt, sondern sich ein Taxi nimmt, weil auf der Veranstaltung sämtliche Getränke, somit auch die alkoholischen, frei sind und man sich bei deren Konsum nicht beschränken wollte. Dies hat der Beklagte Ziffer 1 selbst so angegeben (AS. 95 und 97). Dem Kläger war daher bekannt, dass der Beklagte Ziffer 1 als Fahrer sich nicht bei seinem Alkoholkonsum kontrollieren und beschränken wollte. Vielmehr war für den Kläger aus dem Gespräch offenkundig, dass der Beklagte Ziffer 1 ernsthaft in Betracht zog, dass er am Ende des Abends nicht mehr in der Lage sein würde, ein Fahrzeug sicher zu führen, weshalb dies gerade auch nicht erfolgen sollte. Der Kläger musste somit mit einem entsprechenden Verhalten des Beklagten Ziffer 1 auch konkret rechnen. Tatsächlich hat der Beklagte Ziffer 1 dem entsprechend Alkohol in ganz erheblichen Mengen bis weit über die absolute Fahruntüchtigkeit hinaus konsumiert. Es ist somit genau die Situation eingetreten, die man vorher gemeinsam ernsthaft in Betracht gezogen hat.

Dabei ist es nicht notwendig, dass der Kläger tatsächlich im Detail wahrgenommen hat, welche Menge der Beklagte Ziffer 1 im Verlauf des Abends an alkoholischen Getränken konsumiert hat. Dass er darauf nicht im Detail geachtet hat, erscheint dem Gericht nachvollziehbar. Dass es aber ganz erhebliche Mengen gewesen sein mussten, konnte dem Kläger auch in der Zeit, in der er mit dem Beklagten Ziffer 1 tatsächlich direkt zusammen war, nicht entgangen sein. Aufgrund der nachvollziehbaren und überzeugenden Angaben des Beklagten Ziffer 1 ist das Gericht davon überzeugt, dass zumindest etwa die Hälfte des Abends zusammen verbracht wurde, möglicherweise auch ein bisschen weniger (AS. 95). Über den gesamten Abend verteilt hat der Beklagte Ziffer 1 mindestens 10 Flaschen/Gläser Bier (je 0,5 Liter) und ein Glas Wein (0,25 Liter) zu sich genommen. Angesichts der gegebenen Situation der Veranstaltung, nämlich dass man sich das Fahrzeug anschaut, die Reden anhört und sich mit Leuten unterhält, ist es naheliegend und realistisch, dass der Beklagte Ziffer 1, der auch nichts anderes angegeben hat, über den Abend verteilt kontinuierlich in gleichmäßigem Tempo den Alkohol zu sich genommen hat. Bei einem Zeitraum von maximal vier bis fünf Stunden ergibt dies zwei bis drei Getränke pro Stunde. Selbst wenn der Kläger dem Beklagten Ziffer 1 lediglich in einem Zeitraum von insgesamt 2 bis 2 1/2 Stunden tatsächlich so nahe gewesen wäre, dass er sich mit ihm unterhalten hat oder aber jedenfalls mit ihm unmittelbar zusammen war bzw. gegessen hat, kann ihm nicht entgangen sein, dass dieser dabei kontinuierlich Alkohol getrunken hat. Selbst wenn sich der Kläger nicht sicher gewesen wäre, ob der Beklagte Ziffer 1, als er diesen (wieder) getroffen hat, immer noch dasselbe Getränk, welches er vorher schon in der Hand hatte, trank, musste er angesichts der vorherigen Besprechung, dass man sich keine Schranken beim Alkoholgenuss auferlegt, davon ausgehen, dass auch weiterer Alkohol in der übrigen Zeit seiner Abwesenheit konsumiert worden war. Der Entschluss, doch noch selbst Auto zu fahren, wurde dem Kläger vom Beklagten Ziffer 1 auch erst am Ende des Abends mitgeteilt. Er musste somit davon ausgehen, dass der Beklagte Ziffer 1 sich so verhalten hat, wie er es vor der Veranstaltung angekündigt hat. Diese von einem verständigen Mensch in derselben Situation anzustellende Überlegung wird zum Zeitpunkt des Antritts der Heimfahrt gerade durch den starken Alkoholgeruch beim Beklagten Ziffer 1. bestätigt.

cc) Der Kläger durfte sich in dieser Situation bei Berücksichtigung aller ihm bekannten konkreten Umstände nicht einfach auf die Angaben des Beklagten Ziffer 1 verlassen, dass er noch fahren könne. Dies gilt umso mehr, wenn er lediglich etwa die Hälfte des Abends direkt mit dem Beklagten Ziffer 1 verbracht hat und daher nicht wusste, wie viel er im Übrigen tatsächlich an alkoholischen Getränken konsumiert hat. Jedenfalls war ihm bereits ein erheblicher Alkoholkonsum aus dem Zeitraum des direkten Zusammenseins bekannt. Weshalb der Beklagte Ziffer 1 entgegen seiner dem Kläger bekannten Aussage, sich nicht im Alkoholkonsum beschränken zu wollen, davon Abstand genommen haben sollte, erschließt sich nicht.

Aus der Wahrnehmung des starken Biergeruchs sowie der Kenntnis, dass zum einen in der gemeinsamen Zeit des Abends kontinuierlich alkoholische Getränke vom Beklagten Ziffer 1 konsumiert wurden und zum anderen die Annahme begründet war, dass der Beklagte Ziffer 1 sich diesbezüglich auch - wie vorher besprochen - in der restlichen Zeit nicht beschränkt hatte, ergeben sich Umstände, die zu einer Beeinträchtigung der Fahruntüchtigkeit führen können. Ein Geruch nach Bier spricht für den (erheblichen) Konsum alkoholischer Getränke, was wiederum für eine Blutalkoholkonzentration spricht, die wiederum die Fahrtüchtigkeit entscheidend beeinflusst bis hin zur absoluten Fahruntüchtigkeit, die beim Beklagten Ziffer 1 vorgelegen hat. Diese Zusammenhänge sind auch dem Kläger bekannt.

Dem Kläger hätten sich daher begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit aufdrängen müssen und er hätte sicherheitshalber von einer Mitfahrt Abstand nehmen müssen.

d) Ob es für den Kläger noch weitere Anzeichen von Trunkenheit beim Beklagten Ziffer 1 gab, wofür die Feststellungen des Arztes um 1.45 Uhr bei der Blutentnahme sprechen (Ermittlungsakte, AS. 19) und auch die Angaben des Rechtsmediziners Dr. R., der ausgeführt hat, ab 1,5 0 weise jeder Erscheinungen auf (AS. 215), kann offen bleiben. Die vorgenannten Umstände reichen bereits aus, um ein Mitverschulden anzunehmen.

e) Der Vorwurf eines Mitverschuldens des Klägers ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil dieser selbst zum Zeitpunkt des Fahrtantritts, zu dem er spätestens hätte begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 entwickeln müssen, eine Blutalkoholkonzentration von jedenfalls 1,2 0 hatte und es ihm deswegen nicht möglich war, zum einen den starken Biergeruch und zum anderen im Verlauf des Abends die erhebliche Trinkmenge des Beklagten Ziffer 1 selbst wahrzunehmen. Der Rechtsmediziner Dr. R. hat ausgeführt, dass ein nüchterner Betrachter den Biergeruch wahrgenommen hätte. Nüchtern war der Kläger mit der genannten Promillezahl nicht mehr.

Der Mitverschuldensvorwurf liegt in diesem Fall darin, dass der Kläger zumindest fahrlässig durch seinen eigenen Alkoholkonsum eine Situation herbeigeführt hat, in der er nicht mehr die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit hatte und damit auch nicht mehr die Fähigkeit, Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 zu begründen (s. OLG Karlsruhe, NZV 2009, 226 = juris, Tz. 25). Dies beruht auf einer analogen Anwendung von § 827 Satz 2 BGB.

Der Kläger hat am fraglichen Abend bewusst alkoholische Getränke zu sich genommen, von denen er wusste, dass sie ihm berauschen und ihn vorübergehend in einen die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit versetzen können (§ 827 S. 2 BGB analog). Er ist damit nicht unverschuldet in diesen alkoholisierten Zustand geraten.

Nicht erforderlich ist, dass der Kläger zu Beginn des Abends und zu Beginn seines Alkoholkonsums hätte bereits vorhersehen müssen, dass am Ende des Abends der Beklagte Ziffer 1 - entgegen der vorherigen Absprache - den Vorschlag macht, dass er doch selbst das Fahrzeug nach Hause steuert. Auf die Schadensverursachung und ihre Vorhersehbarkeit im nüchternen Zustand braucht sich das gemäß § 827 Satz 2 BGB analog erforderliche Verschulden des Klägers nicht zu beziehen (s. Palandt, 72. Aufl., § 827 Rn. 2 a). Entscheidend ist, dass der Kläger sich fahrlässig in einen alkoholisierten Zustand versetzt hat, in dem er, anders als ein nüchterner Betrachter, nicht mehr in der Lage war, zu erkennen, dass konkrete Umstände vorlagen, die bei ihm hätten begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Beklagten Ziffer 1 hervorrufen müssen. Diesen Zustand hat er schuldhaft herbeigeführt, weshalb es gerechtfertigt ist, ihm dies als Mitverschulden anzulasten.

f) Die gemäß § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende Abwägung ergibt, dass der Kläger zu 1/3 selbst für den eingetretenen Schaden haftet bzw. bei der Bestimmung einer billigen Entschädigung (§ 253 Abs. 2 BGB) hinsichtlich des immateriellen Schadens eine solche Quote zu berücksichtigen ist. Die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes hängt von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

Auf Seiten des Beklagten Ziffer 1 liegt ein ganz erhebliches Verschulden vor. Er hat im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt und ist darüber hinaus mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Dies war ursächlich für den Unfall, wodurch es zu den schweren Verletzungen des Klägers gekommen ist. Seine Pflichten als Fahrzeugführer hat er daher im besonderen Maß verletzt.

Der Kläger selbst hat den Schaden dadurch mit verursacht, dass er sich - schuldhaft alkoholisiert - zu dem Beklagten Ziffer 1 in das Fahrzeug gesetzt hat bzw. die Heimfahrt nicht abgebrochen hat. Hätte er sich nicht im Fahrzeug befunden, wäre er nicht verletzt worden.

Auf beiden Seiten liegt eine fahrlässiges Handeln vor.

Die Abwägung ergibt, dass der Verursachungsbeitrag des Beklagten Ziffer 1 doppelt so hoch zu bewerten ist, als der Verursachungsbeitrag des Klägers selbst. Es ist vorrangig der Fahrer eines Fahrzeuges dafür verantwortlich, dass er sich in einem fahrtüchtigen Zustand befindet. Der Beifahrer muss demgegenüber erst dann reagieren, wenn sich ihm hätte begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit aufdrängen müssen, was der Fall war. Dass der Kläger die vorhandenen Umstände nicht ausreichend bewertet bzw. nicht konkret wahrgenommen hat, beruht auf Fahrlässigkeit.

3. Die Beklagten haften gemäß §§ 11 Satz 1 und 2 sowie §§ 249 Abs. 1, 253 Abs. 1 BGB daher in Höhe von 2/3 für die materiellen Schäden des Klägers. Hinsichtlich der immateriellen Schäden ist eine Haftungsquote des Klägers in Höhe von 1/3 zu berücksichtigen. Die Beklagte Ziffer 3 hat ihre Haftung mit Wirkung für die Beklagten Ziffer 1 und 2 bereits mit Schreiben vom 28.03.2012 (Anlage B 1, AS. 57) außergerichtlich gegenüber dem damaligen Anwalt des Klägers anerkannt und dies auch im Verfahren bekräftigt. Die Beklagten sind daher im Wege eines Anerkenntnisurteils (§ 307 ZPO) zu verurteilen.

Ein weitergehender Anspruch des Klägers auf Feststellung der Haftung der Beklagten Ziffer 1 - 3 besteht jedoch nicht. Die Klage ist daher, soweit sie eine Haftung zu 100 % erstrebt, abzuweisen.

4. Die Beklagte Ziffer 3 wird ausschließlich als Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen, so dass sie nur beschränkt auf die mit dem Versicherungsnehmer, hier dem Beklagte Ziffer 2, vereinbarte Deckungssumme (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 VVG) haftet. Dies hat sie auch im Rechtsstreit geltend gemacht (AS. 41). Die Beschränkung ihrer Haftung ist daher im Tenor des Feststellungsurteils auszusprechen (s. BGH, NJW 1996, 408).

5. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 5.682,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit mangels Anspruch in der Hauptsache zu. Die Anwaltskosten beziehen sich nur auf den nicht anerkannten Haftungsanteil von 1/3, der dem Kläger gerade nicht zusteht. Die Klage ist daher hinsichtlich der Anwaltskosten sowie der daraus resultierenden Zinsen abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 93 ZPO. Hinsichtlich der Haftung von 2/3 haben die Beklagten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben und im übrigen im Verfahren sofort anerkannt (§ 93 ZPO).

Die Beklagte Ziffer 3 als Haftpflichtversicherer, gegen die der Direktanspruch gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG geltend gemacht wurde, hat bereits im März 2012 die Haftung zu 2/3 anerkannt (Anlage B 1, AS. 57). Dieses Anerkenntnis bindet auch den Beklagten Ziffer 2 als Versicherungsnehmer sowie den Beklagten Ziffer 1 als Fahrer, der ebenfalls versichert ist. Somit hat keiner der Beklagten hinsichtlich dieses Anteils der Haftung Anlass zur Klageerhebung gegeben. In der Begründung zur Klagabweisung wurde das Anerkenntnis wiederholt, so dass auch ein sofortiges Anerkenntnis i. S. v. § 93 ZPO vorliegt. Soweit eine Verurteilung der Beklagten aufgrund des Anerkenntnisses erfolgt, tragen diese gemäß § 93 ZPO daher keine Kosten. Soweit die Klagte abgewiesen wird, fallen die Kosten dem Kläger zur Last (§ 91 ZPO).

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich hinsichtlich des Anerkenntnisses aus § 708 Nr. 1, im Übrigen aus § 709 Satz 2 ZPO.