BGH, Urteil vom 25.06.2003 - VIII ZR 344/02
Fundstelle
openJur 2010, 10268
  • Rkr:
Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 6. November 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Freigabe eines als Mietkaution an die Beklagte verpfändeten Sparguthabens.

Die Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen am 11. Dezember 1998 einen Mietvertrag über eine Wohnung in H.

/L. . Nach § 3 dieses Vertrages beträgt der Grundmietzins monatlich 930 DM. In § 5 heißt es:

"1. Der Mieter leistet eine Kaution in Höhe von 2.790 DM (DM zwei-sieben-neun-null).

2. Der Kautionsbetrag wird verzinst; er wird entrichtet durch Verpfändung eines vom Mieter bei der B. M. , Zweigstelle A. zu errichtenden Sparkontos. Die Zinshöhe soll einer Spareinlage mit gesetzlicher Kündigung entsprechen. Die Zinsen stehen dem Mieter zu, sie erhöhen die Sicherheit. Die Sicherheitsleistung ist mit Abschluß des Mietvertrages zu erbringen.

3. Die Kaution wird nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Mietsache unter Berücksichtigung der dem Vermieter etwa zustehenden Ansprüche, in diesem Falle spätestens binnen sechs Monaten nach Rückgabe oder Beendigung, freigegeben."

Das Mietverhältnis begann am 15. März 1999. Die Kläger errichteten beider Sparkasse H. ein Sparkonto, auf das sie 2.790 DM einzahlten. Mit Erklärung vom 9. April 1999 verpfändeten sie das Sparguthaben an die Rechtsvorgängerin der Beklagten.

Die Kläger sind der Auffassung, die Kautionsabrede sei insgesamt unwirksam, die Kaution deshalb ohne Rechtsgrund geleistet worden.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Verpfändung des Sparguthabens bei der Sparkasse H. zugunsten der Beklagten sei nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, so daß ein Freigabeanspruch der Kläger gemäß § 812 BGB nicht gegeben sei. Die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 4 des Mietvertrages sei zwar wegen Verstoßes gegen § 550 b Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 BGB a.F. (jetzt § 551 BGB) sowie nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam, weil der Mieter danach die gesamte Kaution schon bei Abschluß des Mietvertrages zu leisten habe. Diese Unwirksamkeit führe aber nicht dazu, daß die Kautionsabrede im ganzen unwirksam wäre. Unwirksam sei nur die Vereinbarung zur Fälligkeit der Kaution. § 5 des Mietvertrages enthalte sprachlich und inhaltlich selbständige Regelungen, die teilbar seien und auch bei Wegfall der Fälligkeitsabrede in Absatz 2 Satz 4 einen eigenen sinnvoll bleibenden Regelungsgehalt hätten. Präventive Erwägungen seien außer acht zu lassen. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung in § 550 b Abs. 3 BGB a.F. nicht den Vermieter bestrafen und durch eine Pflicht zur Rückzahlung der Kaution einem Vermögensrisiko aussetzen wollen. Da die Parteien aufgrund der unwirksamen Fälligkeitsregelung keine Vereinbarung über die Fälligkeit der Kaution getroffen hätten, greife gemäß § 6 Abs. 2 AGBG die in § 550 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB a.F. enthaltene gesetzliche Regelung ein. Dies entspreche dem mutmaßlichen Willen redlicher Parteien. Der Vermieter erhalte seine Sicherheitsleistung letztlich nur vorfristig.

II.

Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg. Das Landgericht ist zu Recht der Auffassung, daß die Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Freigabe des verpfändeten Sparguthabens gemäß § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB bei noch bestehendem Mietverhältnis haben.

1.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die Vereinbarung in § 5 Abs. 2 Satz 4 des Mietvertrages -"Die Sicherheitsleistung istmit Abschluß des Mietvertrages zu erbringen" -unwirksam ist. Sie verstößt gegen die zwingende Bestimmung des § 550 b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. Danach ist der Mieter berechtigt, die Sicherheitsleistung in drei gleichen monatlichen Teilzahlungen zu leisten, wobei die erste Teilzahlung zu Beginn des Mietverhältnisses fällig ist. Gemäß § 550 b Abs. 3 BGB a.F. ist eine hiervon zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Durch § 5 Abs. 2 Satz 4 des Mietvertrages werden die Rechte des Mieters zur ratenweisen Erfüllung der Kaution und zur Zahlung erst bei Beginn des Mietverhältnisses unzulässig eingeschränkt.

2.

Richtig ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, bei Wegfall des vierten Satzes des § 5 Absatz 2 des Mietvertrages enthalte die restliche Bestimmung in ihrer verbleibenden Fassung noch eine sprachlich und inhaltlich selbständige Regelung, die dem Vertragszweck diene.

In Absatz 1 des § 5 des Mietvertrages haben die Parteien vereinbart, daß der Mieter eine Kaution in Höhe von 2.790 DM leisten soll; diese Regelung ist gemessen an § 550 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. nicht zu beanstanden, da die zu erbringende Sicherheit das Dreifache des auf einen Monat entfallenden Mietzinses ohne Nebenkosten nicht übersteigt. In Absatz 2 des § 5 des Mietvertrages werden dann unter anderem die Art der Kautionsleistung (Verpfändung eines Sparbuchs) sowie die Fälligkeit der Kaution geregelt. Ohne die unwirksame Fälligkeitsregelung bleibt eine Abrede der Parteien über eine von den Klägern zu erbringende Sicherheitsleistung in Höhe von 2.790 DM selbständig bestehen. Entgegen der von Instanzgerichten und der Literatur teilweise vertretene Auffassungen (z.B. LG Berlin, Grundeigentum 2002, 55; LG München, NJW-RR 2001, 1230; Börstinghaus, MDR 1999, 965 f.) stellt die Annahme einer Teilunwirksamkeit einer Kautionsvereinbarung keine unzulässige geltungserhaltende Reduktion einer Allgemeinen Geschäftsbedingung dar (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 550 Rdnr. 28).

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die eine geltungserhaltende Reduktion von Formularklauseln auf einen zulässigen Kern ablehnt, betrifft Klauseln, die zulässige und unzulässige Tatbestände sprachlich nicht trennbar verbinden, bei denen daher die Ausgrenzung der unzulässigen und die Aufrechterhaltung der zulässigen Teile nur durch eine sprachliche und inhaltliche Umgestaltung erreicht werden könnte (BGH, Urteil vom 28. Mai 1984 -III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 unter II 3). Hier geht es aber nicht darum, für eine unzulässige Klausel eine neue Fassung zu finden, die für den Verwender möglichst günstig, aber rechtlich gerade noch zulässig ist. Vielmehr wird eine sprachlich und inhaltlich teilbare Formularbestimmung ohne ihre unzulässigen Bestandteile mit ihrem zulässigen Inhalt aufrechterhalten. Das Verbot geltungserhaltender Reduktion einer beanstandeten Klausel gilt nicht, wenn sich die Formularklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen läßt (BGHZ 136, 314, 322; vgl. auch BGHZ 145, 203, 212).

3. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Teilunwirksamkeit der Kautionsabrede auch mit dem Sinn und Zweck des § 550 b BGB a.F. vereinbar.

Mit dem Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20. Dezember 1982 (BGBl. I S. 1912), mit dem auch § 550 b in das BGB eingefügt worden ist, sollte "marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten mehr Geltung verschafft" werden, der "sozialen Bedeutung des Mietverhältnisses für die Mieter Rechnung getragen, als auch die Interessen des Vermieters an der Wirtschaftlichkeit der Wohnungen berücksichtigt" werden (Gesetzesbegr. BT-Drucks. 9/2079 S. 1 f.). Die unübersichtliche Rechtslage zur Mietkaution sollte bereinigt und ein Ausgleich zwischen dem Sicherungsbedürfnis des Vermieters auf der einen und dem Schutzbedürfnis des Mieters auf der anderen Seite geschaffen werden (Gesetzesbegr. BT-Drucks. 9/2079, S. 10). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck des § 550 b BGB a.F. wäre es verfehlt, eine Kautionsregelung insgesamt für unwirksam zu erklären, weil eine Teilregelung zur Fälligkeit gegen das Gesetz verstößt. Damit blieben die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Sicherheit und damit auch an der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Wohnung außer acht. Der Vermieter erbringt dem Mieter gegenüber in der Weise eine Vorleistung, daß er diesem die Wohnung zur Verfügung stellt, die er nur bei Wahrung der besonderen Erfordernisse des Mieterschutzrechtes zurückerhalten kann. Zudem besteht für einen Vermieter die Gefahr, daß die vermietete Wohnung durch den Mieter beschädigt wird und der Schaden bei Vertragsende nicht oder nicht vollständig von diesem beseitigt worden ist. Durch die Mietsicherheit ist der Vermieter zumindest teilweise gegen hieraus resultierende Schäden abgesichert. Demgegenüber kann ein Mieter in der Regel nicht erwarten, daß sich ein Vermieter zur Überlassung einer Wohnung ohne Stellung einer Mietsicherheit bereit erklärt. Die Leistung einer solchen Sicherheit entspricht der üblichen Praxis, die vom Gesetzgeber durch die Regelung des § 550 b BGB a.F. auch ausdrücklich bestätigt worden ist.

Entgegen der Meinung der Revision läuft die Bestimmung des § 550 b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. nicht leer, wenn die Kautionsregelung nicht insgesamt als unwirksam anzusehen ist. Der Mieter ist nicht verpflichtet, die Mietsicherheitvor der gesetzlichen Fälligkeit zu entrichten. Er ist dazu nur berechtigt. Es steht ihm frei, die Kaution sofort zu bezahlen oder sie bis zu den in § 550 b Abs. 1 BGB a.F. bestimmten Fälligkeitszeitpunkten einzubehalten. Der Vermieter hat keine rechtliche Möglichkeit, die Zahlung der Kaution vor Fälligkeit zu erzwingen.

Ein Mieter, von dem der Vermieter die vorzeitige Zahlung der vereinbarten Kaution verlangt, ist auch nicht ohne rechtlichen Schutz. Ihm steht ein Anspruch auf Überlassung der Wohnung zu, den er notfalls gerichtlich durchsetzen kann. Entsprechend dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung vermag der Mieter damit seine wirtschaftliche Belastung zu Beginn des Mietverhältnisses zu verringern (vgl. Gesetzesbegr. BT-Drucks. 9/2079 S. 14). Auch ist die Kaution vom Zeitpunkt ihrer Zahlung an zu verzinsen.

III.

Die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung in § 5 des Mietvertrages der Parteien vom 11. Dezember 1998 ist mithin mit Ausnahme der Fälligkeitsregel in Abs. 2 Satz 4 rechtswirksam. Die Verpfändung des Sparguthabens an die Beklagte erfolgte deshalb mit Rechtsgrund. Ein Bereicherungsanspruch der Kläger gegenüber der Beklagten scheidet demnach aus.