BGH, Urteil vom 15.11.2013 - V ZR 24/13
Fundstelle
openJur 2013, 45243
  • Rkr:
Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. November 2012 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Wohngrundstücke. Auf der Grundstücksgrenze steht eine Garage, die zu dem Grundstück der Kläger gehört und sich zu einem Teil auf dem Grundstück der Beklagten befindet. Auch die Zufahrt, die die Garage mit der Straße verbindet, liegt teilweise auf dem Grundstück der Beklagten. Zugunsten des klägerischen Grundstücks ist eine von dem Rechtsvorgänger der Beklagten bewilligte Grunddienstbarkeit eingetragen, wonach der Überbau zu dulden ist. Nachdem die Beklagten das dienende Grundstück erworben hatten, verboten sie den Klägern, die Garagenzufahrt wie bisher zu befahren.

Die Kläger nehmen die Beklagten auf Duldung der Zufahrt in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, wollen die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht verneint eine Duldungspflicht der Beklagten. Die eingetragene Grunddienstbarkeit beschränke sich auf die Duldung des Überbaus. Auch die Pflicht zur Duldung eines Überbaus nach § 912 BGB erstrecke sich nicht auf die Zufahrtsfläche. Die Zufahrt stelle keinen Überbau dar. Eine Duldungspflicht der geltend gemachten Art, nämlich hinsichtlich des Befahrens des Nachbargrundstücks, könne sich lediglich aus einer Zugangsnot nach § 917 BGB ergeben; wenn die engen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt seien, könne ein Wegerecht nicht durch eine Ausweitung der Duldungspflicht nach § 912 BGB erreicht werden. Ein Notwegerecht aus § 917 BGB bestehe deshalb nicht, weil das Grundstück der Kläger unmittelbar an der Straße liege und das Abstellen von Kraftfahrzeugen in einer Garage für die ordnungsgemäße Benutzung des Wohngrundstücks nicht notwendig sei. Ebenso wenig könnten sich die Kläger auf die Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses stützen; eine langjährige tatsächliche Übung allein reiche nicht aus, um eine entsprechende Duldungspflicht zu begründen. 2 II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision bleibt ohne Erfolg, weil die Kläger aus keiner der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen von den Beklagten die Duldung der Zufahrt zu der Garage auch über deren Grundstück verlangen können.

1. Den Klägern steht ein solcher Anspruch nach § 1027 i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB aus der Grunddienstbarkeit nicht zu.

a) Inhalt und Umfang einer Grunddienstbarkeit bestimmen sich nach der Eintragung im Grundbuch (Senat, Urteil vom 27. Januar 1960 - V ZR 148/58, NJW 1960, 673; Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, 3703 Rn. 11). Bei deren Auslegung ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn des Eintrags und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Außerhalb dieser Urkunden liegende Umstände dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (st. Rspr.: vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83, BGHZ 92, 351, 355; Urteil vom 7. Juli 2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16, 20 f.; Urteil vom 8. Februar 2002 - V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798). Ein von der Eintragung im Grundbuch abweichender Wille der die Dienstbarkeit bestellenden Parteien muss dagegen bei der Auslegung des Inhalts des dinglichen Rechts unbeachtet bleiben, weil sonst der Eintragung ihre eigenständige Bedeutung als rechtsbegründender Akt (§ 873 BGB) entzogen würde (Senat, Urteil vom 27. Januar 1960 - V ZR 148/58, NJW 1960, 673; Urteil vom 8. Februar 2002 - V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798).

b) Vor diesem Hintergrund ist die Auslegung der Eintragung der Grunddienstbarkeit durch das Berufungsgericht, die in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt (Senat, Urteil vom 3. Juli 1992 - V ZR 218/91, NJW 1992, 2885, 2886; Urteil vom 7. Juli 2000 - V ZR 435/98, BGHZ 145, 16, 21; Urteil vom 6. Februar 2009 - V ZR 139/08, MittBayNot 2009, 374), nicht zu beanstanden.

aa) Der Wortlaut sowohl der Eintragung im Grundbuch als auch der Bewilligung in der notariellen Urkunde bezieht sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ausschließlich auf die Pflicht zur Duldung des Überbaus in Form der Garage. Ein darüber hinausgehendes Wegerecht hat somit weder in der Grundbucheintragung, die den wesentlichen Inhalt der Grunddienstbarkeit schlagwortartig kennzeichnen muss (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 1961 - V ZB 16/61, BGHZ 35, 378, 381; Urteil vom 29. September 2006 - V ZR 25/06, WM 2006, 2226, 2228 Rn. 13), noch in der zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts in Bezug genommene Eintragungsbewilligung einen Niederschlag gefunden.

bb) Der sich aus dem Wortlaut der Eintragung ergebende Inhalt der Dienstbarkeit entspricht auch dem Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Die im Grundbuch eingetragene Pflicht, einen Überbau zu dulden, kann Inhalt einer Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB sein. Die gesetzliche Pflicht des Nachbarn, einen Überbau bei Vorliegen der in § 912 Abs. 1 BGB bestimmten Voraussetzungen zu dulden, beruht allerdings nicht auf einer dinglichen Einigung nach § 873 BGB und ist daher als solche nicht eintragungsfähig (Senat, Urteil vom 3. Dezember 1954 - V ZR 93/53, LM Nr. 1 zu § 912 BGB; Urteil vom 16. Januar 2004 - V ZR 243/03, BGHZ 157, 301, 306); wenn jedoch - wie insbesondere nach einem früheren Eigengrenzüberbau - nicht ohne weiteres klar 7 ist, welches der beiden Grundstücke das Stammgrundstück und welches das überbaute Grundstück ist (zu den Kriterien für die Entscheidung dieser Frage: Senat, Urteil vom 23. Februar 1990 - V ZR 231/88, BGHZ 110, 298, 302 f.), können solche Zweifel durch eine Vereinbarung der Eigentümer der benachbarten Grundstücke und deren Eintragung in Form einer Grunddienstbarkeit behoben werden, um künftige Streitigkeiten über das Eigentum am Bauwerk und über die Duldungspflicht des Nachbarn auszuschließen (vgl. OLG Düsseldorf, OLGZ 1978, 19, 20; OLG Hamm, OLGZ 1984, 54, 59; Tersteegen, RNotZ 2006, 433, 449).

cc) Schließlich ergibt sich aus dem der Bewilligung beigefügten Lageplan, der ebenfalls zur Auslegung des Inhalts einer Grunddienstbarkeit heranzuziehen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Mai 1972 - V ZB 19/71, BGHZ 59, 11, 15; Münch-KommBGB/Joost, 6. Aufl., § 1018 Rn. 17; Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl, Einl. G Rn. 103 mwN), nicht, dass mit der Bestellung der Grunddienstbarkeit auch ein Wegerecht für die Zufahrt zur Garage bestellt worden ist. In dem beigefügten Lageplan (einem Flurkartenauszug) ist nur die Garage, aber nicht die Zufahrt eingetragen. Aus der Darstellung der Garage auf dieser Karte ist zudem nur zu erkennen, dass ein kleiner Teil des Bauwerks die Grenze überschreitet. Nicht zu ersehen ist, dass das Einfahren in die Garage mit Kraftfahrzeugen nur unter Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks möglich ist und es daher der Begründung eines Wegerechts zur Behebung einer andernfalls bestehenden Zugangsnot bedarf.

dd) Das Berufungsgericht hat nach dem Vorstehenden zutreffend den Vortrag der Kläger als unerheblich angesehen, dass die das dingliche Recht bestellenden Parteien nicht nur den Überbau der Garage über die Grenze, sondern auch deren weitere Nutzung als Abstellplatz für ein Fahrzeug über die sich teilweise auf dem Nachbargrundstück befindliche Zufahrt absichern woll-10 ten. Die Nichtberücksichtigung des Willens der Vertragsparteien bei der Ermittlung des Umfangs einer Grunddienstbarkeit im Berufungsurteil ist vor dem Hintergrund rechtsfehlerfrei, dass der Inhalt eines dinglichen Rechts am Grundstück stets in der Grundbucheintragung seinen Ausdruck gefunden haben muss (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2002 - V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798). Die von den Klägern behauptete Einigung kann nach der Eintragung im Grundbuch nicht Inhalt des dinglichen Rechts geworden sein.

2. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus der gesetzlichen Pflicht des Nachbarn, einen Garagenüberbau zu dulden (§ 912 Abs. 1 BGB), nicht zugleich das Recht des Bauwerkseigentümers zur Nutzung der (hier teilweise) auf dem Grundstück des Nachbarn belegenen Garagenzufahrt.

a) Die Vorschriften über den Überbau in §§ 912 ff. BGB greifen allerdings auch dann ein, wenn - wie hier - eine die Pflicht des Nachbarn zur Duldung des Überbaus klarstellende Grunddienstbarkeit bestellt und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Die sich nach § 912 Abs. 1 BGB ergebenden Rechte des Eigentümers, dessen Gebäude die Grenze überschreitet, verkürzen sich nicht deshalb, weil die Eigentümer der benachbarten Grundstücke zur Klarstellung und Vermeidung künftiger Streitigkeiten eine Grunddienstbarkeit bestellt haben.

Die Vorschriften der §§ 912 ff. BGB sind auf den hier vorliegenden Fall, dass der frühere Eigentümer beider Grundstücke mit dem Bau der Garage auf einem derselben die Grenze des anderen überschritten hatte und in der Folge die Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen gelangten, sinngemäß anzuwenden (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 1990 - V ZR 231/88, BGHZ 110, 298, 300). Die bei einem Eigengrenzüberbau zunächst ruhenden wechselseitigen Duldungs- und Rentenzahlungspflichten leben mit dem Über-12 gang des Eigentums an den Grundstücken in die Hände verschiedener Eigentümer auf (RGZ 160, 166, 181; 169, 172, 176).

b) Die Duldungspflicht des Nachbarn nach § 912 Abs. 1 BGB bezieht sich jedoch allein auf den Überbau. Sie schließt nur in diesem Umfang den Anspruch des Nachbarn auf Beseitigung der Besitzstörung durch das fremde Bauwerk (§ 1004 Abs. 1 BGB) und auch den Anspruch auf Herausgabe der überbauten Grundstücksfläche (§ 985 BGB) dadurch aus, dass sie ein Recht zum Besitz nach § 986 BGB an der überbauten Fläche begründet (Senat, Urteil vom 30. April 1958 - V ZR 215/56, BGHZ 27, 204, 206). Die Pflicht zur Duldung des Bauwerks erstreckt sich zwar auch auf dessen wesentliche Bestandteile i.S.d. §§ 93, 94 BGB. Die Zufahrt zu einem Gebäude ist aber regelmäßig nicht wesentlicher Bestandteil des Bauwerks, sondern des nicht bebauten Teils des Nachbargrundstücks (vgl. Soergel/Marly, BGB, 13. Aufl., § 93 Rn. 33; Tersteegen, RNotZ 2006, 433, 435; anders für den Sonderfall einer befestigten Tiefgaragenzufahrt, OLG Rostock, OLGR 2002, 265, 267).

c) Ob sich aus den Vorschriften über den Überbau eine weitergehende Duldungspflicht des Nachbarn in Bezug auf die Flächen seines Grundstücks ergibt, die (wie die Zufahrt zu einer Garage) der zweckentsprechenden Nutzung des die Grenze überschreitenden Bauwerks dienen, ist allerdings streitig.

aa) Hierzu wird die Auffassung vertreten, dass die gesetzliche Duldungspflicht sich auch auf die sogenannten Funktionsflächen des die Grenze überschreitenden Bauwerks erstrecke. Der Nachbar habe auch die Nutzung der Teile seines Grundstücks durch den Überbauenden zu dulden, ohne die der Überbau mangels Zugangs funktionslos und damit wertlos würde (OLG Brandenburg, Urteil vom 19. Januar 2005 - 4 U 189/03, juris Rn. 15: Zugang zu einer als Überbau zu duldenden Kelleraußentreppe; diesem folgend: 15 MünchKomm-BGB/Säcker, 6. Aufl., § 912 Rn. 27; BeckOK BGB/Fritzsche, Edition 28, § 912 Rn. 7). Auch nach dieser Auffassung könnten die Kläger allerdings nicht die grenzüberschreitende Nutzung der bisherigen Zufahrt auf ihrer gesamten Länge verlangen, die Gegenstand der Klage ist, sondern allenfalls eine Duldung einer Fahrt von ihrem eigenen Grundstück zum Garagentor beanspruchen. Das entspräche hier derjenigen (kleineren) Fläche, die erforderlich wäre, um mit einem Kraftfahrzeug vom klägerischen Grundstück kommend in einer Kurve in die Garage einzufahren.

bb) Dem steht die Ansicht gegenüber, dass die Duldungspflicht nach § 912 BGB sich auf die Entziehung der Eigentumsbefugnisse an dem überbauten Grundstücksteil beschränke; zusätzliche Beeinträchtigungen, die über den eigentlichen Überbau hinausgingen (wie die Nutzung von Wegeflächen), von der gesetzlichen Duldungspflicht dagegen nicht umfasst seien (RGZ 65, 73, 77; 160, 166, 188; Staudinger/Roth, BGB [2009], § 912 Rn. 39; Soergel/Baur, BGB, 13. Aufl., § 912 Rn. 15). Die Pflicht zur Duldung einer Verbindung zum öffentlichen Weg könne auch im Fall eines Überbaus nur unter den engen Voraussetzungen des Notwegerechts nach § 917 BGB bestehen (RGZ 160, 166, 188).

cc) Die zuletzt genannte Auffassung ist richtig.

(1) Das zeigt sich bereits daran, dass der Nachbar eine Zufahrt zu einem verbindungslosen Grundstück, selbst wenn dieses bebaut ist, nur bei Vorliegen eines Notwegerechts nach § 917 BGB gewähren muss. Im Übrigen darf das Nachbargrundstück zu Reparatur- oder Wartungsarbeiten an dem eigenen Gebäude nur unter engen Voraussetzungen betreten werden (vgl. § 24 NachbG NRW; Staudinger/Roth, BGB [2009], § 912 Rn. 38, § 909 Rn. 33, § 917 Rn. 54). Allein der Umstand, dass auch über die Grenze gebaut wurde, rechtfertigt es nicht, den Eigentümer in Bezug auf die Nutzung der von dem 18 Überbau nicht in Anspruch genommenen Teile des Nachbargrundstück besser zu stellen.

(2) Entgegen der Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Urteil vom 19. Januar 2005 - 4 U 189/03, juris Rn. 15) ergibt sich auch aus dem Normzweck des § 912 BGB nichts anderes. Die Vorschrift soll die mit der Beseitigung eines Überbaus verbundene Zerschlagung wirtschaftlicher Werte vermeiden, die dadurch entsteht, dass sich der Abbruch eines überbauten Gebäudeteils meist nicht auf diesen beschränken lässt, sondern zu einer Beeinträchtigung und Wertminderung auch des bestehen bleibenden, auf eigenem Grund gebauten Gebäudeteils führt. Zu diesem Zweck stellt § 912 BGB das Interesse an dem Erhalt der Gebäudeeinheit über das Interesse des Nachbarn an der Durchsetzung seiner Eigentumsrechte, sofern der Überbauer nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt und der Nachbar dem Überbau nicht sofort widersprochen hat (Senat, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 152/07, NJW-RR 2009, 24 Rn. 9; Motive III S. 283 = Mugdan, Materialien, Bd. 3, S. 156). Die Vorschrift soll aber nur insoweit Abhilfe schaffen, als es das Ziel des Gebäudeerhalts erfordert (Motive III S. 283 = Mugdan, Materialien, Bd. 3, S. 157). Um die Garage als einheitliches Gebäude zu erhalten, genügt die auf die Überbaufläche beschränkte Duldungspflicht. Zweck der Duldungspflicht nach § 912 Abs. 1 BGB ist es dagegen nicht, dem Überbauenden unter Inanspruchnahme weiterer Flächen des Grundstücks des Nachbarn eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des die Grenze überschreitenden Bauwerks zu ermöglichen. Auch insoweit gilt, dass der Eigentümer in Bezug auf Wegerechte an dem Grundstück des Nachbarn durch die Grenzüberschreitung nicht besser stehen kann als er stünde, wenn er das Bauwerk vollständig auf dem eigenen Grundstück errichtet hätte.

3. Die Voraussetzungen für ein Notwegerecht (§ 917 BGB) liegen ebenfalls nicht vor. Nach § 917 Abs. 1 BGB besteht ein Notwegerecht nur dann, wenn einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Das Grundstück der Kläger liegt aber mit seiner Vorderseite an einem öffentlichen Weg. Die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen, die für die ordnungsgemäße Benutzung eines Wohngrundstücks in der Regel notwendig ist (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 24), ist damit gewährleistet.

Eine Zufahrt über das Nachbargrundstück, um das Fahrzeug auf dem eigenen Wohngrundstück abstellen zu können, ist dem Eigentümer dagegen aus dem Notwegerecht nach § 917 BGB nicht zuzubilligen (st. Rspr.: vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1979 - V ZR 85/78, BGHZ 75, 315, 318 f.; Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 19; Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, Umdruck S. 4, zur Veröffentlichung bestimmt). Ausschlaggebend dafür ist, dass angesichts der Schwere des Eingriffs, den ein Notweg für das Eigentum des Nachbarn bedeutet, an das Fehlen einer für die ordnungsgemäße Benutzung notwendigen Verbindung strenge Anforderungen zu stellen sind und daher Gesichtspunkte der Bequemlichkeit und auch Zweckmäßigkeit nicht die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks rechtfertigen (Senat, Urteil vom 9. November 1979 - V ZR 85/78, BGHZ 75, 315, 319).

4. Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis lässt sich ein Wegerecht nicht herleiten.

a) Aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Grundstücksnachbarn folgt zwar eine Pflicht der Nachbarn zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die dazu führen kann, dass die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden kann. Das Rechtsinstitut darf jedoch 22 nicht dazu dienen, die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil zu verkehren (Senat, Urteil vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160, 1161 Rn. 20; Urteil vom 21. Oktober 1983 - V ZR 166/82, BGHZ 88, 344, 351 f., jeweils mwN).

So verhielte es sich hier. Die Regelung des Notwegerechts in § 917 BGB stellt eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dar (vgl. MünchKomm-BGB/Säcker, 6. Aufl., § 917 Rn. 1, 3), die im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründeten Wegerechte eine abschließende Regelung enthält. Sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, so können sie nicht mithilfe des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses umgangen oder erweitert werden (Senat, Urteil vom 15. April 1964 - V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322; OLG Karlsruhe, DWW 2013, 261, 263; OLG Saarbrücken, OLGR 2006, 580, 581; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1989, 204, 205).

b) Auf den Umstand, dass die Beklagten in der Vergangenheit die Zufahrtsfläche auf ihrem Grundstück nicht genutzt haben, kommt es dabei ebenso wenig an wie auf die Frage, ob für die Zukunft eine konkrete Nutzungsabsicht besteht. Nach § 903 BGB brauchen die Beklagten ihre Nutzung des Grundstücks bzw. den Ausschluss Dritter hiervon nicht zu rechtfertigen (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 1999 - V ZR 144/98, NJW 2000, 1719, 1720). Zu Unrecht sieht die Revision einen Verstoß gegen das Schikaneverbot darin, dass die Beklagten den Klägern den Zugang zu Fuß zugestehen und lediglich die Zufahrt mit dem Kraftfahrzeug verbieten wollen. Wird ein Wegerecht freiwillig gewährt, so kann dessen Beschränkung auf Fußgänger schon deshalb nicht schikanös sein, weil der Gewährende es jederzeit vollständig widerrufen kann. Im Übrigen stellt - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - jeder Fahrzeugverkehr eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentümers dar, an 26 deren Beschränkung bzw. Verhinderung er ein berechtigtes Interesse hat (Senat, Urteil vom 11. April 2003 - V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235, 1236 f.).

III.

Die Revision ist nach alledem mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub RiBGH Dr. Kazele ist infolge Urlaubsan der Unterschrift gehindert.

Karlsruhe, den 19. November 2013 Die Vorsitzende Stresemann Vorinstanzen:

LG Hagen, Entscheidung vom 22.05.2012 - 6 O 28/12 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 22.11.2012 - I-5 U 98/12 - 28