OLG Köln, Beschluss vom 12.07.2013 - 13 U 120/12
Fundstelle
openJur 2013, 45114
  • Rkr:
Tenor

beabsichtigt der Senat, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 3.5.2012 (30 O 443/10) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, ist eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.

1.

Das Landgericht hat eine Haftung der Beklagten wegen fehlerhafter Anlageberatung und unterlassener Aufklärung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Swap-Geschäft mit Recht bejaht und die Beklagte deshalb zum Ausgleich des in der Höhe unstreitigen Verlustes der Klägerin aus dem Geschäft verurteilt. Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag geschlossen worden. Danach war die Beklagte als beratende Bank zur anleger- und objektgerechten Beratung der Klägerin verpflichtet (BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalles ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (BGHZ 178, 149, WM 2000, 1441; WM 2009, 1647; WM 2011, 682). Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine auf Grund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH WM 2009, 2303).

2.

Es kann auch aus der Sicht des Senats offen bleiben, ob die von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Erfordernis einer anlegergerechten Beratung angeführten Pflichtverletzungen der Beklagten tatsächlich vorliegen. Ebenso wenig kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob eine umfassende Risikoaufklärung der Geschäftsführer der Klägerin stattgefunden hat. Jedenfalls hat die Beklagte ihre Beratungspflicht dadurch verletzt, dass sie die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass der von ihr empfohlene Vertrag zum Abschlusszeitpunkt einen für die Klägerin negativen Marktwert aufwies. Diesem negativen Marktwert kommt ein für die Beurteilung des streitgegenständlichen Rechtsgeschäfts maßgebliche Bedeutung zu, da er Ausdruck eines schwerwiegenden Interessenkonfliktes der Beklagten ist.

Mit dem Beratungsvertrag übernimmt die Bank die Pflicht, eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben. Sie muss daher Interessenkollisionen, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden, vermeiden bzw. diese offen legen. Dieser zivilrechtliche Grundsatz ist aufsichtsrechtlich für den Bereich der dem Wertpapierhandelsgesetz unterfallenden Geschäfte in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WPHG normiert (BGHZ 170, 226; WM 2010, 1694; WM 2011, 682).

3.

Danach musste die Beklagte die Klägerin über den von ihr bewusst strukturierten negativen Marktwert des streitgegenständlichen Swap-Vertrags aufklären. Wie bei dem der Entscheidung des BGH vom 22.03.2011 (WM 2011, 682) zu Grunde liegenden CMS Spread ladder Swap-Vertrag befand sich die Bank bei dem Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt. Wie dort handelt es sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - im vorliegenden Fall letztlich um eine Zinswette, bei der die Beklagte die Rolle der - im Verhältnis zur Klägerin - entgegengesetzte Interessen verfolgenden Wettpartei eingenommen hat. Kennzeichnend für die Wirkungsweise des CMS Spread ladder Swaps war der Umstand, dass sich für die Bank der Tausch ("Swap") der Zinszahlungen nur dann als günstig erwies, wenn ihre Prognose zur Entwicklung des Basiswertes - dort das Ausweiten der Zinsdifferenz - nicht eintrat und der Anleger dadurch einen Verlust erleidet.

4.

Eben diese Wirkungsweise liegt auch dem streitgegenständlichen Swap zu Grunde: Wie sich aus der Beschreibung der Berechnungsmethode für den von der Klägerin im dritten Laufzeitjahr an die Beklagte zu zahlenden Betrag ergibt, fällt diese - variable - Zahlung umso geringer aus (und kann sogar einen negativen Betrag und damit eine weitere Ausgleichszahlung der Bank ergeben), je höher die positive prozentuale Wertentwicklung des dem Swap zu Grunde liegenden Index ist. Umgekehrt ist die vertragsgemäß vom Anleger an die Bank zu leistende Zahlung umso höher, je negativer sich der Index entwickelt. Bereits daraus ergibt sich, dass die Interessen der Beklagten als Bank und der Klägerin als Anlegerin nicht gleichgerichtet, sondern gegenläufig sind und die Beklagte in ihrer Rolle als Partei des Swap-Vertrages daran interessiert sein musste, dass sich der Index möglichst negativ entwickelte. Dem diametral entgegengesetzt gestaltet sich aber - wie ausgeführt - die Rolle der Bank als Beraterin; als solche ist sie dazu verpflichtet, ausschließlich die Interessen des Kunden zu wahren und in dieser Funktion auf einen möglichst hohen Gewinn des Kunden bedacht zu sein, was aber - zwangsläufig - einen entsprechenden Verlust für sie selbst bedeutet.

Darin liegt der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Doppelrolle der Bank kennzeichnende schwerwiegende Interessenkonflikt, aus dem sich eine entsprechende Aufklärungspflicht der Beklagten ergibt, der sie im vorliegenden Fall nicht nachgekommen ist (dazu unten Ziff. 6).

5.

Die Beklagte kann dem zunächst nicht entgegenhalten, dass es sich bei der - für einen möglichen Gewinn der Klägerin vorausgesetzten - Markterwartung (wie sie zu Beginn der Beschreibung des Produkts im Termsheet zum Ausdruck kommt), um eine einseitige Markterwartung der Klägerin gehandelt habe. Das gilt auch unabhängig davon, dass es sich in der Regel gerade nicht um eine reale Einschätzung des Bankkunden, sondern um eine von der Bank vorgegebene und dem Kunden nur vermittelte Einschätzung handelt, im vorliegenden Fall deshalb, weil die Markterwartung der Strukturierung des Produkts seitens der Beklagten zu Grunde lag, wie sich aus der Darstellung unter der Überschrift "Exkurs" (S. 2 des Termsheets) ergibt ("die Strategie beruht auf der Beobachtung, dass in der Vergangenheit die tatsächliche Abwertung von hoch verzinslichen Währungen und die tatsächliche Aufwertung von niedrig verzinslichen Währungen gegenüber einer Referenzwährung (hier dem USD) häufig hinter den von den Terminmärkten hierfür erwarteten Entwicklungen zurückgeblieben sind."). Dies entspricht der Darstellung der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung (dort S. 11 = GA 550 ("Überdies wird die Bank in aller Regel dieselbe Markterwartung wie ihre Kunden haben."). Daraus folgt, dass es sich bei der der Klägerin zugeschriebenen "Markterwartung" in Wahrheit um die der Empfehlung der Beklagten als Beraterin zum Abschluss des Swaps zu Grunde liegende Prognose handelte, die - aus der Sicht der Klägerin und ihrem von der Beklagten in ihrer Rolle als Beraterin nur unterstützten Interesse am wirtschaftlichen Erfolg der Anlage - einen möglichst hohen Anstieg des Index - als wünschenswert erscheinen ließ, während die Beklagte in ihrer Rolle als Partei des Swap-Vertrages am Ausbleiben dieses Anstiegs interessiert sein musste. Entgegen der Auffassung der Beklagten befand sie sich im vorliegenden Fall also gerade in dem Interessenkonflikt, der eine Aufklärungspflicht begründet.

Dieser Interessenkonflikt löst sich nicht dadurch auf, dass sie ihre Rolle als "Wettgegnerin" der Klägerin nicht für die vertraglich vereinbarte Laufzeit beibehalten, sondern ihre Risiken und Chancen des Geschäfts sofort durch "Hedge-Geschäfte" an andere Marktteilnehmer weitergegeben hat. Nach Abschluss der "Hedge-Geschäfte" konnte der Beklagten die weitere Entwicklung des "Spreads" über die Laufzeit des Swap-Vertrages nämlich nur deshalb gleichgültig sein, weil sie durch diese Gegengeschäfte bereits ihre Kosten gedeckt und ihren Gewinn erzielt hatte. Dies hat die Beklagte dadurch ermöglicht, dass sie die Konditionen des Swap-Vertrages bewusst so strukturiert hat, dass dieser zu Vertragsbeginn einen für die Klägerin negativen Marktwert aufwies. Dies gilt im vorliegenden Fall ebenso wie in dem, der der Entscheidung des BGH vom 22.03.2011 (WM 2011, 682) zu Grunde lag. Auch im vorliegenden Fall berechnet sich der jeweils gültige Marktwert des Vertrages anhand finanzmathematischer Berechnungsmodelle (wie dies die Beklagte im Rahmen der Berufungsbegründung unter Bezugnahme auf die Darstellung in dem als Anlage B 21 vorgelegten wirtschaftswissenschaftlichen Beitrag im Einzelnen dargelegt hat). Dies entspricht im Kern der Situation in dem der Entscheidung des BGH zu Grunde liegenden Fall: Der - auch im vorliegenden Fall unstreitig vorhandene - anfänglich negative Marktwert ist Ausdruck der Tatsache, dass "der Markt" das (Verlust-)Risiko der Klägerin um diesen Betrag (bzw. diesen Prozentsatz) höher bewertet als das Risiko der Bank. Wenn die Beklagte sich - wie es auch im vorliegenden Fall geschehen ist - den sich daraus ergebenden Vorteil (einer positiven Bewertung ihrer eigenen Chancen aus dem Swap-Geschäft) durch das "Hedging" abkaufen lässt und deshalb Vorteile daraus zieht, dass der Markt das von ihr empfohlene Produkt in der Erwartung eigener Gewinne übernimmt, so besteht die konkrete Gefahr, dass sie ihre Anlageempfehlung nicht ausschließlich am Kundeninteresse ausrichtet. Damit erweist sich auch im vorliegenden Fall die Doppelrolle der Beklagten als Beraterin der Klägerin einerseits und als Vertragspartnerin des Swap-Vertrages andererseits, die in dieser Funktion ihren Gewinn aus der negativen Einschätzung der Ertragschancen der Klägerin durch den Markt zieht, als miteinander unvereinbar, was die jeweilige Interessenlage angeht.

Der so verstandene negative Marktwert hat mit dem negativen Marktwert, der sich nach Auffassung der Beklagten für jeden Anleger bei dem Erwerb etwa von Aktien ergibt, wertungsmäßig nichts zu tun. Während er sich - wie die Beklagte für sich genommen zutreffend für diesen Fall ausführt - dort als die Summe der Transaktionskosten darstellt, die mit dem eigentlichen, von der Bank nicht beeinflussbaren Wert des Produkts nichts zu tun haben, ist der negative Marktwert bei Swap-Geschäften der vorliegenden Art Ausdruck der von der Bank gewählten und beabsichtigten Konstruktion, von dieser also willkürlich herbeigeführt und - obwohl Ausdruck erhöhter Risiken auf Seiten des Anlegers - von der Bank gewollt und im eigenen im Rahmen des "Hedging" realisierten Gewinninteresses gezielt herbeigeführt.

Mit dieser Beurteilung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinen mit der Berufungsbegründung zitierten Entscheidungen vom 18.01.2012 (13 U 37/11; 13 U 232/10; 13 U 235/10). In diesen Fällen lag den Swap-Geschäften - anders als hier - jeweils ein Grundgeschäft zu Grunde, zu dessen Absicherung die Swap-Vereinbarung dienten. Im vorliegenden Fall handelte es sich dagegen um ein reines Spekulationsgeschäft ohne jeden Bezug zu einem Grundgeschäft, das schon aus diesem Grunde bereits vom Ansatz her mit den in den angesprochenen Entscheidungen beurteilten Konstellationen nicht vergleichbar ist. Anders als im vorliegenden Fall handelt es sich bei den im Zusammenhang mit einem Grundgeschäft (etwa einem Darlehen) abgeschlossenen Swaps um Sicherungsgeschäfte, die den Zweck verfolgten, Risiken des Kunden zu begrenzen bzw. auszuschließen (so auch OLG Stuttgart, WM 2012, 1829, 1833). Im Übrigen konnte in den o.g. Senatsentscheidungen - anders als hier - nicht festgestellt werden, dass die jeweiligen Swapgeschäfte einen anfänglichen negativen Marktwert hatten.

Auch der Umstand, dass das Risiko der Klägerin im vorliegenden Fall von vornherein auf den dann tatsächlich eingetretenen Verlust beschränkt war, während es im Fall des CMS Spread ladder Swap-Vertrages theoretisch unbegrenzt war, steht der vorstehenden Beurteilung des Umfangs der Aufklärungspflicht der Beklagten bzw. der Feststellung der Pflichtverletzung nicht entgegen. Wie sich aus der Entscheidung des BGH vom 22.03.2011 (WM 2011, 682) ergibt, besteht für die beratende Bank unter dem Gesichtspunkt des Verlustrisikos eine eigenständige Pflicht, dem Anleger - sofern das der Fall ist - klar und unmissverständlich vor Augen zu führen, dass begrenzten Gewinnaussichten auf seiner Seite ein theoretisch und praktisch unbegrenztes Verlustrisiko gegenübersteht. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Aufklärungspflicht hinsichtlich des negativen Marktwertes dann entfällt, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Verlustrisiken begrenzt sind. Vielmehr ist die Verpflichtung zur Aufklärung über den negativen Marktwert als unabhängige und eigenständige Pflicht aufzufassen, deren Verletzung allein - und unabhängig von der Risikostruktur hinsichtlich der Höhe des möglichen Verlustes - verletzt werden kann. Aus diesem Grunde konnte der BGH es in der genannten Entscheidung auch offen lassen, ob die Pflicht zur Aufklärung über das unbegrenzte Risiko verletzt war (dies hätte eine Zurückverweisung und Sachaufklärung durch das Berufungsgericht erfordert), und den Rechtsstreit mit der Begründung endgültig entscheiden, dass die Bank eine weitere, eigenständig bestehende Pflicht der Aufklärung über den negativen Marktwert verletzt habe. Entgegen der in der Berufungsbegründung zum Ausdruck kommenden Auffassung der Beklagten ist der Anwendungsbereich der BGH-Rechtsprechung also nicht auf die Fälle einer Wette mit für den Kunden unbegrenzten Verlustrisiken beschränkt. Die gegenteilige Bewertung der Entscheidung durch die Beklagte findet in der Urteilsbegründung keine Grundlage.

6.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass eine ausreichende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert nicht erfolgt ist. Diese Feststellung findet sich - zu Recht - bereits im unstreitigen Teil des Tatbestandes des angefochtenen Urteils. Die Beklagte ist dieser Feststellung im Rahmen ihres Tatbestandsberichtigungsantrags vom 15.05.2012 (GA 479 ff.) auch nicht entgegengetreten, sondern hat sie - im Gegenteil - bestätigt ("Dass der 3. Abs. auf S. 3 des Urteils so umgestellt wird, dass er - sinngemäß - lautet: "Bei Vertragsschluss ergab sich ein aus Sicht der Klägerin negativer Marktwert, weil die Bank ihre Gewinnmarge sowie über Risikoabsicherungs-, Kapital- und Abwicklungskosten in die Konditionen des Swaps eingerechnet hatte. Über die Höhe dieses negativen Marktwertes wurde die Klägerin nicht informiert."). Letztlich räumt die Beklagte auch mit der Berufungsbegründung ein, dass eine Aufklärung zumindest über die konkrete Höhe des negativen Marktwertes nicht erfolgt ist. Darauf hat der Anleger aus Sicht des Senats jedoch einen Anspruch. Insoweit kann nichts anderes gelten als im Rahmen der Aufklärungspflichten der Bank über an sie geflossene Rückvergütungen. Ebenso wie dort die Aufklärung auch über die genaue Höhe der Zuwendung erforderlich ist, um das Maß des Interessenkonfliktes beurteilen zu können, ist dies auch im vorliegenden Zusammenhang der Fall.

7.

Dass die Beklagte nicht über den von ihr einstrukturierten negativen Marktwert aufgeklärt hat, hat sie auch zu vertreten. Nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB muss der Aufklärungspflichtige darlegen und beweisen, dass er eine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (BGH WM 2009, 1274; WM 2010, 1694; WM 2011, 682). Umstände, die diese Vermutung entkräften könnten, sind von der Beklagten nicht ausreichend vorgetragen worden. Soweit sie sich im Rahmen der Berufungsbegründung darauf beruft, dass das streitgegenständliche Rechtsgeschäft vor Bekanntwerden der Entscheidung des BGH vom 22.03.2011 (und vor den Entscheidungen des OLG Stuttgart aus dem Jahre 2010) abgeschlossen worden ist, vermag das keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Die Aufklärungspflicht ergibt sich auch hinsichtlich des anfänglich negativen Marktwertes aus dem allgemein anerkannten Grundsatz der Vermeidung vertragswidriger Interessenkollisionen. Für den vorliegenden Fall kann daher nichts anderes gelten als für das Vertretenmüssen von Pflichten hinsichtlich der Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen, die ebenso mit der Vermeidung von Interessenkollisionen begründet werden und für die sich die Bank zumindest für einen Zeitraum ab Ende 1990 nicht darauf berufen kann, sich darüber in Unkenntnis befunden zu haben.

8.

Auch die Kausalität der Pflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidung der Klägerin kann auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts nicht zweifelhaft sein. Nach der bei Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzungen im Kapitalanlagerecht geltenden Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (dazu BGHZ 124, 151; WM 2009, 789; WM 2009, 1274; WM 2011, 682), die grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gilt, ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei Offenlegung des anfänglichen negativen Marktwertes von dem Geschaft Abstand genommen hätte. Umstände, die dieser Vermutung entgegenstehen oder sie widerlegen könnten, hat die dafür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht dargetan. Der Vortrag der Beklagten, es sei nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin den Swap-Vertrag in Kenntnis des anfänglichen negativen Marktwertes nicht abgeschlossen hätte, genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung konkreter Umstände zur Widerlegung der Vermutung. Ebenso wenig reichen die Bedenken aus, die die Beklagte gegen die Richtigkeit der Angaben der Geschäftsführer der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht geltend gemacht hat. Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich der Beurteilung dieser Angaben durch das Landgericht an; entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Aussagen der beiden Geschäftsführer durchaus plausibel und nachvollziehbar. Aber auch dann, wenn sie den von der Beklagten dargelegten Zweifeln begegnen würden, würde das nichts an der Tatsache ändern, dass die Beklagte den ihr obliegenden Nachweis nicht geführt hat, dass die Aufklärung keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung gehabt hätte. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang rügt, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft nur unvollständig Beweis erhoben, geht sie von falschen Voraussetzungen aus. Die Beklagte hat sich nämlich zum Nachweis ihrer Behauptung, dass die Geschäftsführer der Klägerin den Swap-Vertrag auch bei ausreichender Aufklärung geschlossen hätten, in erster Instanz nicht auf das Zeugnis der für sie tätigen Berater berufen. Schriftsätzlich hat sie in diesem Zusammenhang keinerlei Beweis angetreten; soweit sich die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung (S. 5 des Protokolls vom 22.03.2012; GA 436) überhaupt auf die Berater bezogen hat, handelte es sich ausdrücklich lediglich um eine Anregung, die sich zudem nicht auf die Kausalitätsfrage, sondern auf "die Richtigkeit der heutigen Angaben der Geschäftsführer der Klägerin hinsichtlich der Erläuterungen des Gewinns der E durch die Berater" und damit auf die Teile der Aussage der beiden Geschäftsführer bezog, die die Erklärung von Art und Höhe des Gewinns der Beklagten bei den Swaps betrafen.

9.

Die Rechtsansicht der Beklagten, ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung um Gewinne aus früheren Swap-Geschäften mit der Beklagten zu kürzen, ist unzutreffend. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung können nur im Rahmen des streitgegenständlichen Geschäfts Anwendung finden; andernfalls würden sie zu einer Gesamtsaldierung aller Erträgnisse aus der Betreuung durch die Bank führen, wie sie aber nur im Rahmen einer Vermögensverwaltung denkbar wäre (zu dieser Überlegung: Zöller, BKR 2012, 405). Eine Ausweitung der hypothetischen Kausalitätsbetrachtung über das einzelne Anlagegeschäft hinaus ist mit der Systematik des Schadensrechts nicht vereinbar und lässt die rechtliche Selbstständigkeit der einzelnen Rechtsgeschäfte außer Acht. Im vorliegenden Fall kommt unabhängig davon eine Vorteilsausgleichung aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die früheren Rechtsgeschäfte, deren Gewinne die Beklagte berücksichtigt wissen will, nicht von der Klägerin, sondern von ihren Geschäftsführern abgeschlossen worden sind (Anlagen B 1 und B 2 zur Klageerwiderung).

10.

Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu den vorstehend erteilten Hinweisen innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen. Die Frist kann nur unter den Voraussetzungen des § 224 Abs. 2 ZPO oder mit Zustimmung des Gegners - durch Beschluss des Senats oder durch Verfügung des Vorsitzenden oder dessen Stellvertreters - verlängert werden. Auf die Möglichkeit einer kostensparenden Rücknahme der Berufung (KV-Nr. 1220, 1222 zu § 3 Abs. 2 GKG) wird hingewiesen.