LG Köln, Urteil vom 19.01.2012 - 81 O 96/11
Fundstelle
openJur 2013, 43864
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung von Werbemaßnahmen, konkret der unangekündigten vorzeitigen Beendigung von Rabattaktionen, in Anspruch.

Die Klägerin verfügt als qualifizierte Einrichtung über eine Bescheinigung des vormals zuständigen Bundesverwaltungsamtes. Die Beklagte ist gerichtsbekannte Betreiberin von Einzelhandelsgeschäften.

Im Frühjahr 2011 warb die Beklagte in ihren "T" und "M" Märkten mit einer Aktion in Zusammenarbeit mit einem bekannten Markenhersteller von Messern. Bei dieser Aktion erhielt der Kunde pro 5 Euro Einkaufswert einen "Treuepunkt", welchen er in das zugehörige Rabattheft kleben konnte. Wenn dieses Heft voll war, konnte der Kunde gegen einen im Wert zu den Messern geringen Aufpreis ein Produkt des Messerherstellers in den Supermärkten der Beklagten erwerben. In den Heften wurde darauf hingewiesen, dass Kunden bis zum 23.07.2011 die entsprechenden "Rabattmarken" sammeln können. Die Einlösung der Prämien sollte bis zum 06.08.2011 erfolgen. Eine einseitige Änderung der Bedingungen war nicht vorgesehen. Ein Hinweis, der die Aktion auf einen bestimmten Vorrat begrenzte oder die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung der Aktion vorsah, war nicht in den Bedingungen nicht enthalten.

Aufgrund der unerwartet hohen Nachfrage konnte der Bedarf an Messern von dem Messerhersteller nicht vollständig gedeckt werden. Weitere Produktionskapazitäten standen nicht zur Verfügung. Die Beklagte beendete nach Erschöpfung ihres Vorrats die Aktion Ende Mai 2011 und damit 2 Monate vor dem vorgesehenen Aktionsende. Ab dem 16. Mai 2011 wurden die Kunden über die Verkürzung der Aktion informiert. Die Mitteilung erfolgte über den Kassenbontext, über Handzettel und sog. In-Store-Displays. Zudem publizierte die Beklagte das vorzeitige Ende der Aktion über das Internet. Nach Beendigung der Aktion beschwerten sich viele Verbraucher, u.a. die Zeugen Dr. Y und Q, bei der Klägerin, weil ihnen die Möglichkeit genommen war, innerhalb des ursprünglich angekündigten Zeitraums die Rabatthefte füllen und einlösen zu können. Die Beklagte richtete in der Folge eine Telefonhotline ein, über die sowohl die Kunden als auch die Märkte grundsätzlich die Messer nachbestellen konnten.

Die Beklagte hatte die Aktion bereits im Jahr 2009 geplant und war dabei von einer höchstens zu erwartenden Nachfrage von 2,8 Mio. Messern ausgegangen. Nach einer späteren Erhöhung der Bezugsmenge vergrößerte sich der Aktionsvorrat der Beklagten auf insgesamt 3,2 Mio. Messer. Bei vergangenen Aktionen waren zumeist 1,5 - 2 Mio. Artikel umgesetzt worden. Bei einer Messer-Aktion mit demselben Hersteller im Jahr 2007 hatte die Beklagte rund 2 Mio. Messer abgesetzt. Zum Planungszeitpunkt lag die höchste abgesetzte Menge bei vergleichbaren Aktionen bei knapp 3 Mio. Artikeln (Pfannen).

Mit Schreiben vom 11.07.2011 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie auf es zu unterlassen, mit Rabattaktionen zu werben, sofern die Treuepunkte nicht bis zum angegebenen Endzeitpunkt durch Einkauf erlangt werden können, sondern die Aktion vor der Angabe des Endzeitpunktes beendet wird. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18.07.2011 mit, dass sie eine Unterlassungserklärung nicht abgeben werde.

Die Klägerin ist der Ansicht, das Verhalten der Beklagten verstoße gegen § 4 Nr. 4 UWG. Die Beklagte habe die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen nicht eindeutig angegeben, da sie einen Hinweis auf die Möglichkeit einer Verkürzung der Aktion unterlassen habe. Die Beklagte habe den Verbraucher durch die Aktion angelockt, über einen langen Zeitraum umfangreich bei ihr einzukaufen, ohne die versprochenen Prämien innerhalb des ausgelobten Zeitraums vollständig zu gewähren. Dabei spiele es keine Rolle, ob und inwieweit eine unerwartet hohe Nachfrage bestand und ob eine weitere Produktion hätte erfolgen können oder nicht. Entscheidend sei ausschließlich, dass die durchgeführte Bedingung, die Möglichkeit der einseitigen Verkürzung, nicht angegeben war. Die Klägerin behauptet, die Möglichkeit einer telefonischen Nachbestellung sei nicht jedem Kunden mitgeteilt worden. Darüber hinaus seien telefonische Bestellungen selbst innerhalb der ursprünglichen Laufzeit abgelehnt worden. Kunden seien in den Märkten der Beklagten teilweise nur dahingehend informiert worden, dass die Aktion beendet sei und die Artikel nicht mehr erhältlich seien. Nach ihrer Ansicht genüge jedoch ohnehin eine solche Bestellmöglichkeit nicht den ursprünglichen Bedingungen.

Die Klägerin beantragt,

1 der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit Rabattaktionen zu werben und in diesem Zusammenhang die Ausgabe von Treuepunkten für jeweils einen bestimmten Einkaufswert unter Angabe eines Endzeitpunkts auszuloben, sofern die Treuepunkte nicht bis zum angegebenen Endzeitpunkt durch Einkauf erlangt werden können, sondern die Aktion vor der Angabe des Endzeitpunktes beendet wird,

2 der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält den Antrag für zu unbestimmt und rügt, dass sich dieser nicht mit der Begründung decke. Während der Antrag auf das vorzeitige Ende der Aktion abstelle, betreffe die Begründung die nicht klare Angabe der Bedingungen. Zudem gehe es um die Durchführung einer Sonderaktion, die tatbestandlich allenfalls auf § 4 Nr. 1 UWG bezogen werden könne. Die Problematik der Durchführung der Aktion und die aufgetretene Lieferengpässe würden tatbestandlich von § 4 Nr. 4 UWG nicht erfasst.

Die Beklagte behauptet, dass alle Kunden, die bis zum Ende des ursprünglichen Aktionszeitraums mit einem ausgefüllten Rabattheft erschienen seien und ein Messer verlangt hätten, dieses bei der Beklagten haben bestellen können. Über die eingerichtete Hotline habe jeder Kunde weiterhin seine Prämien beziehen können. Jeder Kunde habe so noch die Möglichkeit gehabt, seine Rabatthefte einzulösen. Wegen der Einzelheiten der vorgetragenen Bemühungen der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 02.12.2011 Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Modalitäten der Inanspruchnahme eines Sonderbezugsrechtes seien stets klar und eindeutig angegeben gewesen und auch nicht verändert worden. Die Verkürzung des Ausgabezeitraums und die Änderung der Einlösemöglichkeit Zugum-Zug in eine Bestellmöglichkeit ändere nichts an der Möglichkeit zur Ausnutzung des Sonderbezugsrechts. Es sei objektiv nicht zu erwarten gewesen, dass schon im Mai 2011 die Produktionskapazität erschöpft sein würde. Bei einer fehlenden Produktionsmöglichkeit ihres Lieferanten liege ein Fall der Leistungsstörung vor, aber kein unlauteres Verhalten, auch nicht gemäß § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Ziffer 5 Anhang sowie § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG. Lauterkeitsrechtlich sanktioniert sei nur eine erkennbar unzureichende Bevorratung, die hier nicht vorliege. Auch sei kein Verstoß gegen den tatbestandlich eher einschlägigen § 4 Nr. 1 UWG anzunehmen, da die Beendigung der Aktion ca. 2 Wochen vorher gegenüber den Verbrauchern angekündigt worden sei und diese Gelegenheit zur Erledigung ihrer Einkäufe gehabt hätten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit des Klageantrags bestehen nicht.

Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass der Antrag im Unterschied zu der Klagebegründung nicht auf die Bedingungen der Rabattaktion abstellt, sondern auf die vorzeitige Beendigung der Rabattaktion. In Verbindung mit der Klagebegründung kann der Antrag aber dahin verstanden werden, dass eine vorzeitige Beendigung der Rabattaktion beanstandet werden soll, sofern dies in den Bedingungen der Rabattaktion nicht angegeben ist. So verstanden decken sich Antrag und Begründung.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 4 UWG.

a)

Die Klägerin ist allerdings als qualifzierte Einrichtung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt, was die Beklagte auch nicht in Abrede stellt.

b)

Die Beklagte hat sich nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG verhalten. Nach § 4 Nr. 4 UWG handelt unlauter, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen die Bedingungen der Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt.

aa)

Bei der Rabattaktion handelt es sich um eine Verkaufsförderungsmaßnahme. Eine Verkaufsförderungsmaßnahme liegt vor, wenn zur Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen geldwerte Vergünstigungen gewährt werden (Köhler, UWG, § 4, Rdnr. 1.40). Dies ist bei der hier zu beurteilenden Rabattaktion der Fall. Die Rabattaktion dient der Bindung der Kunden, um diese durch den in Aussicht gestellten Vorteil des günstigen Erwerbs von Markenmessern über einen längeren Zeitraum zum Einkauf in den eigenen Geschäften zu bewegen.

bb)

Die Beklagte hat die Bedingungen der Inanspruchnahme der Rabattaktion indes klar und eindeutig angegeben. Aus dem Rabattheften ließ sich entnehmen, wie der Verbraucher in den Genuss eines Sonderbezugsrechts kam. Es war eindeutig beschrieben, dass für jede Rabattmarke ein Einkauf im Wert von 5 € getätigt werden musste und erst das vollständig ausgefüllte Heft eingelöst werden konnte. Durch die Preisangaben der Messer hatte der Verbraucher von vornherein Gewissheit über die zusätzlich zu erbringende Geldleistung.

Soweit sich kein Hinweis auf die vorzeitige Beendigung der Rabattaktion findet, ist dies unschädlich. Die vorzeitige Beendigung der Rabattaktion war nämlich gerade nicht vorgesehen und ist daher auch nicht in den Bedingungen der Rabattaktion anzuführen.

Die Beklagte hat also nicht etwa den Verbrauchern unklare oder unverständliche Bedingungen vorgehalten, sondern sich bei der Kalkulation des Kundeninteresses vertan. Damit ist jedoch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG verbunden.

Sinn und Zweck des § 4 Nr. 4 UWG ist es, dem besonderen Informationsbedürfnis der Abnehmer bei der Werbung mit Verkaufsförderungsmaßnahmen Rechnung zu tragen (vgl. Sosnitza, in: Piper/Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 5. Aufl. 2010). Es muss transparent dargestellt werden, unter welchen Bedingungen die beworbenen Vorteile erlangt werden können. Auch die Modalitäten der Inanspruchnahme müssen von den Bedingungen klar umschrieben sein (Köhler, UWG, § 4, Rdnr. 4.16). Dazu gehört auch die Angabe des Aktionszeitraums. Eine Verletzung dieser Voraussetzung liegt jedoch durch die vorzeitige Beendigung nicht vor.

cc)

Eine Verletzung der Angabe der Bedingung wäre allenfalls zu erwägen, wenn die Beklagte mit einer vorzeitigen Beendigung der Aktion rechnen musste. Die Beklagte konnte und durfte aber aufgrund ihrer Erfahrung mit vergangenen, vergleichbaren Rabattaktionen davon ausgehen, dass die Bevorratung von insgesamt 3,2 Mio. Messern bis zum Ende des angegebenen Aktionszeitraums reichen würde. Bei den bisherigen Aktionen wurden maximal 3 Mio. Artikeln umgesetzt. Durchschnittlich waren etwa 2 Mio. Artikel zu erwarten. Angesichts der Messer-Aktion in 2007 mit gut 2 Mio. abgesetzten Artikeln hatte die Beklagte keine Veranlassung, von einer Absatzsteigerung über 50 % auszugehen. Dass letztlich eine tatsächlich höhere Anfrage erfolgte und diese von der Beklagten nicht bedient werden konnte, stellt keinen Verstoß gegen die mitzuteilenden Bedingungen der Rabattaktion dar.

dd)

Auf die von der Beklagten dargelegten Bemühungen, die Beeinträchtigungen für die Verbraucher durch den vorzeitigen Abbruch der Rabattaktion zu vermindern, kommt es nicht entscheidend an. Allerdings mögen diese als Beleg dienen, dass die Beklagte diesen Ausgang der Rabattaktion nicht einkalkuliert hatte. Ob daher die Änderung in eine Bestellmöglichkeit gegenüber dem Verkauf in dem jeweiligen Markt den ursprünglichen Bedingungen entsprach, ist nicht maßgeblich. Als die Entscheidung zur vorzeitigen Beendigung der Rabattaktion gefallen war, war zugleich klar, dass eine Abgabe der Messer zu den ursprünglichen Konditionen nicht mehr möglich war. Die Umstellung der Abgabekonditionen war gerade der Erschöpfung des Vorrats geschuldet.

2.

Andere tateinheitlich verwirklichte Unlauterkeitstatbestände sind nicht geltend gemacht, aber auch nicht anzunehmen.

Der von der Beklagten angesprochene Tatbestand des § 4 Nr. 1 UWG ist nicht erfüllt, weil insbesondere keine geschäftliche Handlung anzunehmen ist, die die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch sonstigen unangemessenen Einfluss beeinträchtigt. Die von der Beklagten konzipierte Rabattaktion als solche stellt in diesem Sinne kein unangemessenes Anlocken des Verbrauchers dar, was auch von der Klägerin nicht vorgetragen wird. Ein unangemessenes Anlocken könnte allerdings erörtert werden, wenn von vorneherein klar war oder die Beklagte zumindest damit hätte rechnen müssen, dass die Rabattaktion nicht planmäßig beendet werden könnte. Dies ist aber wie schon ausgeführt hier nicht anzunehmen.

Es ist auch nicht dargelegt, dass die Beklagte, nachdem der Abbruch der Aktion absehbar war, weitere Kunden durch die Aushändigung von Rabattheften angelockt hätte. Insoweit liegt es allerdings nahe, dass die Beklagte die Entscheidung zu dem Abbruch der Aktion treffen und einheitlich umsetzen musste. Soweit es in diesem zeitlichen Zusammenhang zwischen Entscheidung zum Abbruch und der Umsetzung zur Ausgabe von Rabattheften gekommen ist, war dies wegen der Notwendigkeit der einheitlichen Umsetzung nicht zu verhindern und ist daher lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden.

Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch der Tatbestand des § 3 Abs. 3 UWG, Anhang Nr. 5 - Lockangebot - aus.

Ebenso kommt eine irreführende geschäftliche Handlung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG nicht in Betracht, da diese unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben voraussetzt, die aber fehlen, wenn die Bedingungen der Rabattaktion von der Beklagten in dem guten Glauben an ihre Umsetzbarkeit formuliert worden sind.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und § 709 ZPO.

Streitwert: 30.000,00 €

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