FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.05.2013 - 1 K 1075/11
Fundstelle
openJur 2013, 42045
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verfassungsmäßigkeit der Luftverkehrsteuer.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Luftfahrtunternehmen, das im Geschäftsfeld des Billigflugverkehrs tätig ist. Für den Monat Januar 2011 gab die Klägerin ihre Anmeldung zur Luftverkehrsteuer fristgerecht beim Beklagten ab. Am 10. März 2011 hat die Klägerin Sprungklage erhoben mit den Zielen, die als Steuerbescheid wirkende Luftverkehrsteueranmeldung ersatzlos aufzuheben bzw. vorab das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Fragen vorzulegen, ob der Bund die Gesetzgebungskompetenz für das Luftverkehrsteuergesetz -LuftVStG- besessen habe, und ob das Gesetz aus verschiedenen Gründen gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz -GG- verstoße.

Der Beklagte hat der Sprungklage zugestimmt.

Die Klägerin rügt die formelle und materielle Verfassungswidrigkeit des Luftverkehrsteuergesetzes. Zunächst macht sie geltend, dass dem Bund als Gesetzgeber nicht die erforderliche Kompetenz für das Luftverkehrsteuergesetz zugestanden habe. Als Rechtsgrundlage für die Gesetzgebung komme einzig Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 Variante 3 GG, nämlich die “sonstigen auf motorisierte Verkehrsmittel bezogenen Verkehrsteuern“ in Betracht. Die Klägerin ist der Ansicht, da sich die in Nr. 3 ausdrücklich genannten Steuern auf den Straßenverkehr bezögen, habe auch die 3. Variante lediglich auf den Straßenverkehr Anwendung finden sollen, so dass damit keine Rechtsgrundlage für die Schaffung einer Besteuerung des Luftverkehrs bestanden habe. Im Übrigen habe Art. 106b GG den Ländern einen Ausgleich für die verloren gegangene Ertragskompetenz aus der Kraftfahrzeugsteuer zugestanden. Für den Bereich anderer motorisierter Fahrzeuge sei dies nicht geregelt worden, demnach habe der Bund nicht die Ertrags- und damit Gesetzgebungskompetenz für nicht straßengebundene motorisierte Fahrzeuge erhalten sollen.

Vor allem aber handele es sich bei der Luftverkehrsteuer nicht um eine Verkehrsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Zwar liege nach Auffassung des Gesetzgebers eine Rechtsverkehrsteuer vor; dies sei aber unzutreffend, da die Luftverkehrsteuer nicht mit dem Abschluss des Beförderungsvertrages, sondern erst mit dem Abflug des Fluggastes entstehe. Dies folge im Übrigen auch aus der Betrachtung des § 1 LuftVStG. Zwar sei in § 1 Abs. 1 LuftVStG die Rede von einem Rechtsvorgang, der zum Abflug eines Fluggastes von einem inländischen Startort zu einem Zielort berechtige, jedoch werde in Abs. 2 ausgeführt, dass als Rechtsvorgang im Sinne des Abs. 1 auch die Zuweisung eines Sitzplatzes an einen Fluggast gelte, wenn kein anderer Rechtsvorgang im Sinne dieses Gesetzes vorausgegangen sei. Daraus ergebe sich, dass § 1 Abs. 2 LuftVStG in rechtstatsächlicher Hinsicht die allgemeinere Regelung gegenüber § 1 Abs. 1 LuftVStG sei. Würde nämlich § 1 Abs. 1 LuftVStG gestrichen und § 1 Abs. 2 LuftVStG beibehalten, hätte dies keinerlei Auswirkungen auf die Besteuerung. Denn § 1 Abs. 2 LuftVStG erfasse sämtliche Fälle der Zuweisung eines Sitzplatzes, unabhängig davon, ob ein Rechtsvorgang zu Grunde liege oder nicht. Komme es dagegen lediglich zu einem Ticketerwerb (Rechtsvorgang), entstehe auch keine Luftverkehrsteuer. Damit seien ausreichende Tatbestandsmerkmale für die Besteuerung alleine die Zuweisung eines Sitzplatzes in Verbindung mit dem Abflug von einem inländischen Startort. § 1 Abs. 2 LuftVStG sei mehr als ein Ersatz- oder Auffangtatbestand, er sei vielmehr der maßgebliche Grundtatbestand. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass maßgebend für die Einordnung einer Steuer als Verkehrsteuer nicht der Steuergegenstand, sondern der Tatbestand der Entstehung der Steuer sei, liege bei der Luftverkehrsteuer keine Verkehrsteuer und damit keine Kompetenz des Bundes vor. Denn die Zuweisung eines Sitzplatzes sei kein Rechtsvorgang, sondern nur vorbereitender Teil der realen Leistungserbringung durch das Luftfahrtunternehmen. Die bloße Erfüllung eines Rechtsgeschäftes sei selbst kein Rechtsgeschäft. Denn laut herrschender Meinung im Zivilrecht sei die (Teil-) Erfüllung kein Rechtsgeschäft, sondern Realakt; außerdem seien Teilleistungen auf eine geschuldete Werkleistung wegen ihrer Unteilbarkeit nicht möglich, da bei einem Werkvertrag nur ein einziger Erfolg geschuldet werde. Demnach stelle die Sitzplatzzuweisung einen Realakt dar. Dies sei wiederum charakteristisch für Verbrauch- oder Aufwandsteuern.

Auch die Steuerschuldnerschaft nach § 6 LuftVStG knüpfe ausschließlich an den Abflug und nicht an einen dem Abflug zu Grunde liegenden Rechtsvorgang an. Der in § 1 Abs. 1 LuftVStG als Steuergegenstand definierte Rechtsvorgang finde sich in der Ausgestaltung der Luftverkehrsteuer nicht wieder. Diese richte sich in keiner Weise nach einem der Beförderung zu Grunde liegenden Rechtsvorgang. Kern der Besteuerung seien weder die üblichen zu einem Abflug berechtigenden Rechtsgeschäfte, noch knüpfe die Luftverkehrsteuer an beide Seiten eines solchen Rechtsgeschäfts an. Auch der Weiterverkauf, die Übertragung oder Umbuchung eines Tickets unterfielen nicht der Luftverkehrsteuer, was ebenfalls gegen eine Rechtsverkehrsteuer spreche. Vielmehr sei § 1 Abs. 1 LuftVStG der verfassungsrechtlich unzulässige Versuch des Gesetzgebers, im Widerspruch zu dem materiellen Gehalt der Luftverkehrsteuer eine einfachgesetzliche Zuordnung zu den Verkehrsteuern zu erwirken. Es handele sich vielmehr bei der Luftverkehrsteuer um eine Aufwandsteuer, für die der Bund keine Gesetzgebungskompetenz besitze.

Die enumerative Aufzählung der Steuerertragszuständigkeit in Art. 106 GG sei grundsätzlich analogiefeindlich. Damit bliebe allenfalls ein Steuererfindungsrecht des Bundes, was nur im Wege der Verfassungsänderung möglich wäre bzw. allenfalls dann, wenn die Erträge nach Art. 30 GG den Ländern zufließen würden, was vorliegend nicht der Fall sei. Falls es sich tatsächlich um eine Rechtsverkehrsteuer, die an Rechtsvorgänge ab dem 01.09.2010 anknüpfen sollte, handeln würde, läge im Übrigen eine unzulässige echte Rückwirkung vor.

Nach alledem habe der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für das Luftverkehrsteuergesetz gehabt.

Materiell-rechtlich verstoße insbesondere der Steuertarif durch die sachlich nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG geregelten Gleichheitsgrundsatz. Dadurch, dass die Steuersätze nicht in Prozenten vom Ticketpreis ausgewiesen, sondern als feste Summen bestimmt würden, werde die Klägerin als Billigflieger mit niedrigeren Preisen durch die Luftverkehrsteuer stärker belastet als ein klassisches Luftfahrtunternehmen mit höheren Ticketpreisen. Ferner werde nicht berücksichtigt, ob der einzelne Fluggast in der Economy, Business oder First Class die gleiche Strecke zu jeweils unterschiedlichen Preisen fliege. Im Übrigen würden weit entfernte Flugziele wie Wladiwostok ebenso wie die überseeischen Länder und Gebiete der Europäischen Union zum niedrigsten Steuertarif abgerechnet, hingegen wesentlich nähere Flugziele mit einer höheren Abgabe belastet werden. Auch würden nur Abflüge aus Deutschland besteuert. Dem Ziel des Gesetzgebers, den Flugverkehr in die Mobilitätsbesteuerung einzubeziehen, um Anreize für umweltgerechteres Verhalten zu setzen, entspräche es, alle Flüge in die Besteuerung einzubeziehen, die von einem inländischen Abflugort aus starten oder zu einem inländischen Zielort führen würden. Unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ergebe sich zwischen beiden Arten von Flügen kein Unterschied. Dem Gebot der Folgerichtigkeit hätte es nur entsprochen, wenn das Luftverkehrsteuergesetz beide Arten von Flügen steuerlich gleich behandelt hätte.

Außerdem gebe es keine sachliche Begründung für das Umsteigerprivileg. Es widerspreche sowohl dem Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit als auch dem Gebot der Folgerichtigkeit und verletze damit das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Zwischen der Tatsache des Vorliegens eines oder mehrerer Rechtsvorgänge für einen Umsteigeflug und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen bestehe keinerlei Sachzusammenhang. Unter diesem Gesichtspunkt sei die Anknüpfung an einen einzigen Rechtsvorgang willkürlich.

Weiterhin werde der Gleichheitsgrundsatz dadurch verletzt, dass der Frachtverkehr nicht besteuert werde. Soweit die unterlassene Besteuerung des Frachtverkehrs damit begründet werde, dass dieser Wirtschaftszweig einem starken Wettbewerbs- und Preisdruck unterliege, sei darauf hinzuweisen, dass dies für den Passagierverkehr gleichermaßen gelte. Im Übrigen sei der Frachtverkehr häufig ökologisch schädlicher, da als Frachtflugzeuge vielfach veraltete Flugzeuge mit erhöhtem Schadstoffausstoß eingesetzt würden.

Im Übrigen dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Geschäftszweig der Billigflieger mittlerweile zu einem eigenen Beruf entwickelt habe. Die Luftverkehrsteuer entspreche der oder übersteige die in diesem Geschäftssegment übliche Gewinnmarge und wirke damit als objektive Berufszulassungsschranke. Die Klägerin sei ein Luftverkehrsunternehmen, dessen Geschäftsbetrieb im Wesentlichen im Verkauf von Tickets im preisgünstigen Sektor bestehe. Wenn sich auch das Geschäftsmodell der Klägerin in einzelnen Aspekten von demjenigen anderer in diesem Bereich tätiger Luftverkehrsunternehmen unterscheiden sollte, stimme es doch in wesentlicher Hinsicht mit diesem überein. Vollständige Homogenität könne innerhalb eines typisierend festgelegten Berufsbildes nicht erreicht werden – sei aber auch nicht erforderlich. Die Unterschiede zum Geschäftsmodell von außerhalb des Niedrigpreissektors tätigen Luftverkehrsunternehmen seien jedenfalls deutlich größer. Die Luftverkehrsteuer begründe in ihrer jetzigen Form für diese Luftverkehrsunternehmen einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und mache deren Leistungserbringung unattraktiv. Letztlich werde das gesamte Geschäftsmodell der Klägerin gefährdet, so dass der durch die Luftverkehrsteuer gegebene Grundrechtseingriff aus freiheits- und gleichheitsrechtlicher Perspektive nicht mehr verfassungsgemäß sei.

Die Klägerin beantragt,1. die als Steuerbescheid wirkende Anmeldung der Klägerin vom 10.02.2011 zur Luftverkehrsteuer für den Zeitraum Januar 2011 ersatzlos aufzuheben,2. vorab gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu folgenden Fragen einzuholen:„Verstößt das Luftverkehrsteuergesetz vom 09.12.2010 (Art. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 BGBl. I 2010, 1885) insoweit gegena) Art. 2 Abs. 1 GG, als keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gesetz besteht undb) Art. 3 Abs. 1 GG, als das Gesetz in nicht gerechtfertigter Weise wesentlich ungleiche Sachverhalte gleich und wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich behandelt und gegen das Gebot der Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit verstößt ?“,hilfsweise, für den Fall des Unterliegens,die Revision zuzulassen.Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass die Luftverkehrsteuer formell und materiell recht- und verfassungsmäßig sei. Der Bund habe die Zuständigkeit zur Gesetzgebung gemäß Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 Variante 3 GG gehabt. Die dort geregelte Ertragskompetenz und daraus folgende Ermächtigungsgrundlage für die Gesetzgebung umfasse nicht nur den motorisierten Straßenverkehr, sondern auch den motorisierten Luft- und Schiffsverkehr. Es handele sich bei der Luftverkehrsteuer auch um eine Verkehrsteuer, denn Gegenstand der Besteuerung sei ein Rechtsvorgang – der Ticketerwerb –, der das Steuerschuldverhältnis im Sinne von § 38 Abgabenordnung -AO- begründe. Die Luftverkehrsteuer knüpfe an beide Seiten eines Rechtsgeschäfts an, nämlich an das Luftfahrtunternehmen und den Fluggast. § 1 Abs. 1 LuftVStG erfasse den Regelfall des Flugreisenden, § 1 Abs. 2 LuftVStG erweitere diesen Regelfall um Fälle, die dem Abs. 1 wirtschaftlich gleichkämen.

Die Steuer entstehe erst beim Abflug.

Ein Steuererfindungsrecht des Bundes sei nicht erforderlich, da ihm die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 106 GG zustehe.

Grundsätzlich bestehe ein weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, den die Gerichte nicht auf Zweckmäßigkeit oder Gerechtigkeit zu überprüfen hätten.

Die Gesichtspunkte der Leistungsfähigkeit und Folgerichtigkeit seien im Steuerrecht insbesondere beim Einkommensteuerrecht zu berücksichtigen. Bei Verkehrsteuern, z.B. der Umsatzsteuer, und bei Aufwandsteuern, z.B. der Hundesteuer, seien diese Aspekte allerdings hintanzustellen. Zur Frage der Folgerichtigkeit könne der Gesetzgeber Vereinfachungen, Typisierungen, Orientierungen am Regelfall und Generalisierungen vornehmen. So sei es z.B. unmöglich, den Steuertarif der Luftverkehrsteuer an den jeweiligen ökologischen Auswirkungen des Fluges, die sich nach Flugstrecke, Flugzeugtyp, Wetter etc. richteten, zu bemessen. Den Steuertarif am Preis zu orientieren, sei ebenso sinnlos, denn jeder Fluggast im selben Flugzeug schade in gleicher Weise der Umwelt, egal ob er in der Business oder in der Economy Class fliege. Mit der Staffelung der Steuersätze nach Ländergruppen habe der Gesetzgeber seine Grundentscheidung folgerichtig umgesetzt, mit der Luftverkehrsteuer gewerbliche Passagierflüge grundsätzlich in Relation zu der im Regelfall zurückgelegten Entfernung zu besteuern. Die grundsätzliche Ausrichtung der Steuersätze an der Flugentfernung berücksichtige prinzipiell auch ökologische Belange, denn mit der Einbeziehung des Flugverkehrs in die Mobilitätsbesteuerung hätten neben dem fiskalischen Zweck auch Anreize für ein umweltgerechtes Verhalten gesetzt werden sollen. Dies schließe jedoch eine Typisierung nicht aus. Diese sei notwendig, um den Vollzugsaufwand auf Seiten der Verwaltung sowie die Informationspflichten von Bürgern und der Wirtschaft möglichst gering zu halten. Die Luftverkehrsteuer sei hinsichtlich der Bemessungsgrundlage sowie des Steuertarifs absichtlich einfach ausgestaltet. Die Zielländer von Flügen aus Deutschland, die der Luftverkehrsteuer unterlägen, seien nach klaren und nachvollziehbaren Kriterien in drei Distanzklassen eingeordnet worden. Dabei beinhalte die erste Distanzklasse die EU-Mitgliedstaaten, EU-Beitrittskandidaten, EFTA-Mitgliedstaaten sowie Drittstaaten, die in diesem Entfernungskreis lägen. Eine zielortbezogene Bemessungsgrundlage der Luftverkehrsteuer würde im Ergebnis auf eine distanzgenaue Abbildung der Flugstrecke führen, weil jedem Zielort ein Abflugort in Deutschland zuzuordnen wäre. Bei dieser Zuordnung müssten Luftverkehrsunternehmen und Bundesfinanzverwaltung von jedem der über 400 deutschen Flugplätze die Entfernung zu jedem anderen Zielflugplatz in der Welt bestimmen. Deren Zahl sei nicht bekannt, dürfte aber um ein Vielfaches die Anzahl der deutschen Flugplätze übersteigen. Alle denklogischen Flugstrecken würden sich so im Wege der Multiplikation ergeben; allein dieses Zahlenspiel verdeutliche, dass sich ein solches Berechnungsmodell im tatsächlichen Leben nicht mit vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand seitens der Luftverkehrsunternehmen und der Bundesfinanzverwaltung umsetzen lasse. Dass im Luftverkehrsteuergesetz somit eine am Regelfall ausgerichtete, d.h. realitätsgerechte Typisierung durch den Gesetzgeber normiert worden sei, könne die Klägerin auch nicht mit den von ihr vorgebrachten besonderen Einzelfällen widerlegen. Die Beispiele, mit denen sie die Realitätsgerechtigkeit, Sachgerechtigkeit und letztlich Folgerichtigkeit der länderbezogenen Einteilung bestreiten wolle, würden atypische Sonderfälle darstellen, an denen sich der Gesetzgeber gerade nicht orientieren müsse oder sogar dürfe.

Die prozentual stärkere Belastung der Billigflieger sei ein Reflex der zulässigen Pauschalierung der Steuer.

Die Privilegierung des Frachtverkehrs sei aus wirtschaftspolitischen Gründen erfolgt, dies führe nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift. Es handele sich hier auch um grundsätzlich andere Geschäftsfelder, die eine Gleichbehandlung mit den Passagierflugunternehmen nicht erforderten.

Auch Art. 12 GG sei nicht verletzt. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe sich das Geschäftssegment des Billigfliegers nicht so weit verselbstständigt, dass von einem eigenen Beruf gesprochen werden könne.

Der Behauptung der Klägerin, „Billigflieger“ sei ein eigener Beruf, dem die Klägerin angehöre, werde entgegengetreten. Vielmehr lasse sich ihren Ausführungen entnehmen, dass die Klägerin vielfältige geschäftliche Maßnahmen ergreife, um die Kosten zu reduzieren und damit ihren Gewinn zu steigern. Eine Abgrenzung zu anderen Luftverkehrsunternehmen sei nicht ersichtlich. Das ergebe sich auch aus den von der Klägerin selbst eingereichten Unterlagen, denen sich darüber hinaus auch entnehmen lasse, dass es fraglich sei, ob die Klägerin überhaupt zu den so genannten „low cost carriern“ gehöre. Darüber hinaus fehle dem Luftverkehrsteuergesetz eine objektiv berufsregelnde Tendenz. Daher fehle es bereits an einem Eingriff in ein grundgesetzlich geschütztes Rechtsgut. Außerdem wäre ein Eingriff auch gerechtfertigt; der legitime Zweck der Sicherung von Einnahmen für den Bundeshaushalt wie auch Erwägungen zu Gunsten des Allgemeinwohls würden zu einer Rechtfertigung führen. Die Steuer habe auch keine erdrosselnde Wirkung.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Sprungklage zulässig. Der Beklagte hat die gemäß § 45 Finanzgerichtsordnung -FGO- erforderliche Zustimmung fristgerecht erteilt.

Der Senat hat das Verfahren nicht im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren 1 BvF 3/11 (Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung des Luftverkehrsteuergesetzes auf seine Nichtigkeit hin) nach § 74 FGO ausgesetzt. Zwar kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen ist. So kann das Klageverfahren nach dem Ermessen des Gerichts auszusetzen sein, wenn vor dem Bundesverfassungsgericht bereits ein nicht als offensichtlich aussichtslos erscheinendes Musterverfahren anhängig ist, dessen Gegenstand die Verfassungsmäßigkeit einer im Streitfall entscheidungserheblichen gesetzlichen Regelung ist, den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit zahlreiche Parallelverfahren (Massenverfahren) vorliegen und die Beteiligten des ggf. auszusetzenden Verfahrens kein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung des Finanzgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahrens haben (Beschlüsse des BFH vom 9. Juni 2010 II B 154/09, BFH/NV 2010, 1652, und vom 7. Februar 1992 III B 24, 25/91, BFHE 166, 418, BStBl II 1992, 408). Im Streitfall fehlt es bereits an den Voraussetzungen; so liegen – soweit ersichtlich – schon keine zahlreichen Parallelverfahren bei der Finanzgerichtsbarkeit vor. Darüber hinaus hat die Klägerin plausibel dargelegt, dass sie ihre Interessen und rechtlichen Argumente in das beim Bundesverfassungsgericht vom Land Rheinland-Pfalz hinsichtlich des Luftverkehrsteuergesetzes geführte abstrakte Normenkontrollverfahren 1 BvF 3/11 nur inhaltlich eingeschränkt über die mittelbare Beteiligung ihrer Verbände einbringen könnte. Damit liegt ein besonderes berechtigtes Interesse der Klägerin an einer Entscheidung des Finanzgerichts vor. Für ein solches besonderes Interesse spricht auch, dass bei einer etwaigen Bejahung der Verfassungsmäßigkeit des Luftverkehrsteuergesetzes durch das Finanzgericht erstmals eine Entscheidung des BFH als dem zuständigen obersten Bundesgericht herbeigeführt werden sollte.

Eine Verbindung der Verfahren 1 K 1074/11 und 1 K 1075/11 gemäß § 73 FGO hat der Senat ebenfalls nicht für zweckmäßig gehalten, da diese vorliegend nicht der Verfahrensvereinfachung dienen würde. Auch wenn sich die Klägerinnen in beiden Verfahren jeweils gegen einen Luftverkehrsteuerbescheid für Januar 2011 wenden und dies mit der ihrer Ansicht nach mangelnden Vereinbarkeit des Luftverkehrsteuergesetzes mit höherrangigem Recht begründen, ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren unterschiedliche Steuerbescheide betreffen, für die auch unterschiedliche Anträge gestellt werden, da die europarechtlichen Fragestellungen nur das Verfahren 1 K 1074/11 betreffen.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Anmeldung ohne Änderung entgegengenommen, was einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§§ 167, 168 AO). Die Regelungen des Luftverkehrsteuergesetzes sind – wie zwischen den Beteiligten unstrittig ist – zutreffend auf die Verhältnisse der Klägerin angewandt worden.

Der Senat sieht auch keine Veranlassung, das Luftverkehrsteuergesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG im Wege der konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen, da er nicht von der Verfassungswidrigkeit des Luftverkehrsteuergesetzes überzeugt ist. Das Luftverkehrsteuergesetz ist in formeller wie in materieller Hinsicht verfassungsgemäß.

Die Luftverkehrsteuer ist in formeller Hinsicht verfassungsgemäß; insbesondere stand dem Bundesgesetzgeber die erforderliche Gesetzgebungsbefugnis zu. Gemäß Art. 105 Abs. 2 1. Alt. GG besitzt der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über Steuern (außer Zölle und Finanzmonopole), wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht. In Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG ist geregelt, dass dem Bund das Aufkommen der Straßengüterverkehrsteuer, der Kraftfahrzeugsteuer und sonstiger auf motorisierte Verkehrsmittel bezogener Verkehrsteuern zusteht. Dies umfasst auch die Luftverkehrsteuer. Der Auffassung der Klägerin, wonach sich die „sonstigen auf motorisierte Verkehrsmittel bezogenen Steuern“ aufgrund ihrer systematischen Stellung im Zusammenhang mit der Straßengüterverkehrsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer nur auf den Straßenverkehr beziehen sollen, kann nicht gefolgt werden. Eine solche Auslegung findet schon keine Stütze im Wortlaut der Vorschrift. Auch der Begründung des Gesetzgebers für die Einführung dieser Vorschrift zum 1. Juli 2009 lässt sich kein Argument für die Ansicht der Klägerin entnehmen. So werden im Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Januar 2009 (Bundestags-Drucksache 16/11741) die unterschiedlichen Kompetenzen von Bund und Ländern auf dem Gebiet der Mobilitätsbesteuerung als Problem benannt, das die Fortführung und Entwicklung eines in sich geschlossenen, in seinen einzelnen Elementen abgestimmten Konzepts zur Verkehrsbesteuerung erschwere. Es sollte in der Folge bewusst eine „offene Formulierung des bisherigen Kompetenztitels in der Verfassung“ erfolgen. In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es weiter, dass im Interesse größtmöglicher Flexibilität des Bundesgesetzgebers im Bereich der Mobilitätsbesteuerung auch die Erweiterung der Ertrags- und Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern in Art. 106 GG vorgesehen werde. Daraus wird deutlich, dass mit der Verfassungsänderung die gesamte Mobilitätsbesteuerung in eine Hand gegeben werden sollte, und zwar nicht nur des Straßenverkehrs, sondern auch des Schienen-, Schiffs- und Luftverkehrs.

Auch der Gedanke der Klägerin, dass der finanzielle Ausgleich der Länder für ihre verloren gegangene Ertragskompetenz aus dem Bereich der Kraftfahrzeugsteuer dafür sprechen könnte, dass für die anderen Verkehrszweige, für die kein finanzieller Ausgleich gewährt wurde, die Ertragskompetenz nicht übertragen werden sollte, überzeugt nicht. Wenn man diesen Gedanken fortführt, würde dies zur Folge haben, dass der Bund die Länder bei Einführung einer neuen verkehrsmittelbezogenen Steuer finanziell entschädigen müsste, obwohl für ihn kein Anlass bestünde, einen finanziellen Ausgleich für eine Steuer zu leisten, die noch gar nicht existiert bzw. bei deren Neueinführung den Ländern – anders als bei der Kraftfahrzeugsteuer – kein finanzieller Verlust entstünde. Der Begründung für die Verfassungsänderung ist außerdem deutlich zu entnehmen, dass damit nicht nur die Ertragshoheit aus der Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund übertragen werden sollte, sondern im Interesse größtmöglicher Flexibilität des Bundesgesetzgebers im Bereich der Mobilitätsbesteuerung neben der Übertragung der Ertragshoheit für die Kraftfahrzeugsteuer auf den Bund auch die Erweiterung der Ertrags- und Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern in Art. 106 GG vorgesehen war.

Bei der Luftverkehrsteuer handelt es sich auch um eine Verkehrsteuer im Sinne des Artikels 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Eine Legaldefinition der Verkehrsteuer gibt es nicht; traditionell knüpfen die Verkehrsteuern an Akte oder Vorgänge des Rechtsverkehrs, an einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Akt, an die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder an einen wirtschaftlichen Vorgang oder an einen Verkehrsvorgang an (Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Entscheidung vom 7. Mai 1963 2 BvL 8/61, 2 BvL 10/61 zur Einwohnersteuer, Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 16, 64). Von den Verbrauchsteuern unterscheiden sie sich dadurch, dass sie nicht an einen tatsächlichen Vorgang, sondern an einen Akt des Rechtsverkehrs anknüpfen und den Aufwand treffen wollen, der bei Abschluss des Rechtsgeschäfts entsteht und eine bestimmte Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen indiziert (Birk, Steuerrecht, 15. Aufl. Rz. 91 unter Berufung auf Tipke, Steuerrechtsordnung II, S.1011 ff). Bei den Verkehrsteuern gehören – von Sonderfällen abgesehen – immer zwei Personen dazu, um die Steuerschuld zum Entstehen zu bringen, wenn auch nur einer von beiden als Steuerschuldner in Betracht kommt (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 30. April 1953 V 84/51 S, Entscheidungen des BFH -BFHE- 57, 473).

Für die Frage, wie sich Verbrauchsteuern und Verkehrsteuern unterscheiden, ist in erster Linie der Tatbestand maßgebend, an den das Gesetz die Entstehung der Steuerschuld knüpft (BFH-Urteil vom 30. April 1953 V 84/51 S zur Weinabgabe, BFHE 57, 473, 489, BStBl III 1953, 183, 188). Wie dem BFH-Urteil vom 27. Juni 1973 (II R 179/71, BFHE 110, 213, BStBl II 1973, 807) zur Kraftfahrzeugsteuer zu entnehmen ist, wird bei den Verbrauchsteuern gemeinhin ein bestimmter Gegenstand bzw. dessen Übertritt aus einem der Besteuerung unterliegenden Bereich in einen steuerlich nicht gebundenen Verkehr und das Halten oder der Verbrauch bestimmter Güter als für die Entstehung der Steuerschuld maßgebend angesehen. Verbrauchsteuern sind Warensteuern, die den Verbrauch vertretbarer, regelmäßig zum baldigen Verzehr oder kurzfristigen Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs belasten. Als Besteuerung des Verbrauchs werden sie in der Regel bei demjenigen Unternehmer erhoben, der das Verbrauchsgut für die allgemeine Nachfrage anbietet, sind aber auf Überwälzung auf den Verbraucher angelegt. Die Verbrauchsteuer knüpft an das Verbringen des Verbrauchsgutes in den allgemeinen Wirtschaftsverkehr an, ohne aber - wie die Verkehrsteuern - im Tatbestand beide Seiten, insbesondere beide Vertragspartner zu erfassen (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106, HFR 1998, 578, zur kommunalen Verpackungsteuer). So sind Strom- und Mineralölsteuer Verbrauchsteuern im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG; sie knüpfen an den Verbrauch von Strom und Mineralöl an und sind auf Überwälzung angelegt (BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274, zur Ökosteuer – Rn. 63 ff.). Bei einer Verbrauchsteuer ist Steuerschuldner in der Regel der liefernde oder in sonstiger Weise leistende Unternehmer, der die Steuerlast im Preis auf den Verbraucher als Steuerträger überwälzt (indirekte Steuer; Kube in: Beck’scher Online-Kommentar GG –BeckOK-, Stand: 15.05.2013, Art. 105 GG Rn. 47, m.w.N.). Knüpfen Verbrauchsteuern danach aber die Belastung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an, die sich im – typischerweise kurzfristigen – Verbrauch vertretbarer Waren manifestiert (vgl. Kube in: Beck’scher Online-Kommentar GG -BeckOK-, Stand: 15.05.2013, Art. 105 GG Rn. 47), so handelt es sich bei der Luftverkehrsteuer nicht um eine Verbrauchsteuer, weil hierbei gerade nicht an den Verbrauch bestimmter Güter angeknüpft wird, sondern an die Abflugberechtigung bzw. die Zuweisung eines Sitzplatzes in Verbindung mit dem Abflug.

Soweit die Klägerin demgegenüber unter Hinweis auf den Umstand, dass die Luftverkehrsteuer erst mit dem Abflug des Fluggastes entstehe, die Auffassung vertritt, es handle sich bei der Luftverkehrsteuer nicht um eine Verkehrsteuer, sondern um eine Aufwandsteuer, kann ihr nicht gefolgt werden. Aufwandsteuern sind Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Bedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Maßgebend für den Charakter einer Steuer als Aufwandsteuer ist es also, dass die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden soll (BVerfG, Entscheidung vom 7. Mai 1963 2 BvL 8/61, 2 BvL 10/61, BVerfGE 16, 64, NJW 1963, 1867 zur Einwohnersteuer). Aufwandsteuern belasten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die sich im Aufwand für das Halten bestimmter Ge- und Verbrauchsgegenstände offenbart, wobei der Grund für den Aufwand außer Betracht bleibt (vgl. Kube in: BeckOK, Art. 105 GG Rn. 48 m.w.N.). Sie zielen darauf ab, den Einsatz finanzieller Mittel für die Aufrechterhaltung eines tatsächlichen oder rechtlichen Zustands zu belasten (Birk, Steuerrecht, 15. Auflage, Rz. 88), so bei der Hundesteuer oder der Zweitwohnungsteuer. Hiervon ausgehend kann im Streitfall bereits nicht festgestellt werden, an welchen Aufwand die Luftverkehrsteuer anknüpfen will. Die dreistufig ausgestaltete Luftverkehrsteuer stellt allein auf Entfernungsklassen ab und knüpft damit gerade nicht an einen konkreten Aufwand – wie zum Beispiel den Preis des Tickets – an. Bei der Bemessung der Luftverkehrsteuer spielt der Preis für das Ticket keine Rolle, sodass mit ihr im Ergebnis auch nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belastet wird, die sich im Aufwand für die Abflugberechtigung offenbart.

Hinsichtlich der Verkehrsteuern wird in der Literatur zum Teil zwischen Rechtsverkehr- und Realverkehrsteuer unterschieden, wobei letztere an einen Akt des technischen Verkehrs anknüpfen und auch die Luftverkehrsteuer umfassen soll (Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 7 Rz. 101). Diese Unterscheidung kann letztlich dahinstehen; maßgeblich ist, dass es sich bei der Luftverkehrsteuer um eine Verkehrsteuer handelt. Dies ergibt sich schon daraus, dass „sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern“ durch die Grundgesetzänderung im Jahr 2009 mit den Realverkehrsteuern der Straßengüter- sowie der Kraftfahrzeugsteuer in einen systematischen Zusammenhang gesetzt worden sind und bei diesen Steuern eine Anknüpfung an rein wirtschaftliche und sogar rein tatsächliche Vorgänge möglich ist. Darüber hinaus ist die 3. Variante von Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG als weiter Auffangtatbestand konzipiert, der eine umfassende Mobilitätsbesteuerung durch den Bund ermöglichen soll. Der Begriff der Verkehrsteuern muss in Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 Variante 3 GG daher als weiter Oberbegriff für Rechtsverkehrsteuern und Realverkehrsteuern verstanden werden (Kloepfer/Bruch, Luftverkehrsteuer und Verfassungsrecht – Zur Vereinbarkeit des Entwurfs eines Luftverkehrsteuergesetzes mit dem Grundgesetz, BB 2010, 2791).

Der Luftverkehrsteuer liegt der in § 1 Abs. 1 LuftVStG genannte Rechtsvorgang, der zum Abflug eines Fluggastes von einem inländischen Startort zu einem Zielort berechtigt, zugrunde. Der Beförderungsvertrag stellt sich als rechtliche Grundlage für den nachfolgenden Austausch von Leistungen, nämlich Zahlungen und Dienstleistungen und damit als tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Verkehrsteuer in Form einer Rechtsverkehrsteuer dar.

Gemäß § 1 Abs. 2 LuftVStG gilt als Rechtsvorgang im Sinne des Abs. 1 auch die Zuweisung eines Sitzplatzes an einen Fluggast, wenn kein anderer Rechtsvorgang vorausgegangen ist. Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass es sich bei Abs. 2 um einen Auffangtatbestand handelt, der nur Platz greift, wenn kein Rechtsvorgang im Sinne des Abs. 1 vorliegt und der nur mit der Fiktion eines Steuergegenstandes (“gilt“) arbeitet. Maßgeblich ist daher in erster Linie das Rechtsgeschäft des § 1 Abs. 1 LuftVStG. Aber auch die Zuweisung eines Sitzplatzes gemäß § 1 Abs. 2 LuftVStG ist als wirtschaftliche Leistung des Luftverkehrsunternehmens an den Fluggast zu verstehen und ist damit tauglicher Anknüpfungspunkt einer Verkehrsteuer. Denn auch in diesem Fall ist der Fluggast ein Berechtigter, der mit Einverständnis des Luftfahrtunternehmens am Flug teilnimmt.  Damit ist die Luftverkehrsteuer als Verkehrsteuer zu charakterisieren und der Bund besitzt die Gesetzgebungskompetenz (so auch die Begründung zum LuftVStG, Bundestags-Drucksache 17/3030, S. 24; Kloepfer/Bruch, a.a.O.; Sopp, Gesetzesentwurf zur neuen Luftverkehrsteuer – Ein Lückenbüßer als steuerrechtlicher Fremdkörper im deutschen Luftraum der EU, DB 2010, 2243; Kloepfer, Luftverkehrsteuer – Rechtsprobleme eines Luftverkehrsteuergesetzes [LuftVStG] –, Berlin 2010; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 18 Rz. 99; Goldmann/Gutschalk, Eine Einführung in die neue Luftverkehrsteuer, ZfZ 2010, 283; zweifelnd Friedrich, Gesetzesänderungen bei Energie- und Stromsteuer; neue indirekte Steuern [Luftverkehr, Kernbrennstoff], DStR 2010, 2601; a.A. Eilers/Hey, Haushaltskonsolidierung ohne Kompetenzgrundlage – Finanzverfassungsrechtliche Würdigung des neuen Luftverkehrsteuergesetzes, DStR 2011, 97; Stein/Thoms, Energie- und Stromsteuerrecht: Gesetzliche Entwicklungen 2010, BB 2011, 471; Birk, Steuerrecht, 15. Aufl., Rz. 88; Real, Das neue Luftverkehrsteuergesetz [LuftVStG], Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht -ZLW- 2011, 460).

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Steuer gemäß § 4 LuftVStG erst mit dem Abflug des Fluggastes von einem inländischen Startort entsteht. Es handelt sich hier um eine zusätzliche Voraussetzung im Sinne einer administrativ-technischen Vorschrift, die eine leichtere Handhabung des Gesetzes auch für die Fälle ermöglichen soll, in denen es zu kurzfristigen Storni, Umbuchungen oder Flugausfällen gekommen ist. Diese Regelung hat keinen Einfluss auf die Einstufung der Luftverkehrsteuer als Verkehrsteuer. Im Übrigen handelt es sich hier zumeist um die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen der Luftfahrtunternehmen, damit sogar um einen rechtlichen bzw. rechtlich relevanten Vorgang. Selbst in den Fällen, in denen es keine unmittelbare vertragliche Verpflichtung im Sinne eines Beförderungsvertrages gibt, liegt aber zumindest ein wirtschaftlicher Vorgang vor, da der Abflug in diesen Fällen zumindest auch im Rahmen der gewerblichen Beförderung von Personen durch Luftfahrtunternehmen erfolgt.

Die Luftverkehrsteuer ist auch nicht wegen einer etwaigen Rückwirkung im Hinblick auf die ab September 2010 gebuchten Flüge verfassungsrechtlich unzulässig. Es liegt vielmehr der Fall einer „tatbestandlichen Rückanknüpfung“, also der – grundsätzlich zulässigen – „unechten Rückwirkung“ vor.

Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Erst mit der Verkündung, das heißt, mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67 m.w.N.), muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1983 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343; Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83 BVerfGE 72, 200).

Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1983 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343; Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200; BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17). Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 1 BvL 6/07, BGBl I 2012, 2344). Im Übrigen würde die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 1983 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343; Beschluss vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. März 1983 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312; BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1985 2 BvL 18/83, BVerfGE 71, 255). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1974 1 BvR 51/69 u.a., BVerfGE 38, 61; BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 1984 1 BvR 35/82 u.a., BVerfGE 68, 193; BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 2004 2 BvR 2029/01 BVerfGE 109, 133 ).

Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 23. März 1971 2 BvL 17/69, BVerfGE 30, 392). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200). Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (umfassender Nachweis zum Voranstehenden: BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02 u.a., BVerfGE 127, 1).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist in der Einführung der Luftverkehrsteuer eine – zulässige – unechte Rückwirkung zu sehen.

Die maßgebliche Rechtsfolge steuerrechtlicher Normen ist das Entstehen der Steuerschuld.

Bei der Luftverkehrsteuer ist der Steuergegenstand der Rechtsvorgang, der zum Abflug berechtigt. Der Gesetzgeber hat in die Steuerverstrickung Buchungsvorgänge mit einbezogen, die ab dem 1. September 2010, also vor dem Inkrafttreten des Luftverkehrsteuergesetzes im Dezember 2010, stattfanden. Die Buchungsvorgänge führten allerdings für sich genommen noch nicht zur Steuerentstehung, denn gemäß § 4 LuftVStG entsteht die Steuer erst mit dem Abflug des Fluggastes von einem inländischen Standort. Da gemäß § 19 LuftVStG erst die Abflüge ab dem 1. Januar 2011, also nach Inkrafttreten des Luftverkehrsteuergesetzes, mit der Steuer belastet wurden, liegt hier ein Fall der tatbestandlichen Rückanknüpfung vor. Denn das Gesetz erfasst nur die Fälle, in denen das Ticket nach dem 1. September 2010 gekauft und der Flug nach dem 1. Januar 2011 angetreten wurde.  

Die hier vorliegende unechte Rückwirkung ist auch mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes vereinbar, denn sie ist zur Förderung des Gesetzeszweckes, nämlich der effizienten Erzielung von Einnahmen, geeignet und erforderlich. Bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe bleibt die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt. Insbesondere handelt es sich hier nicht um eine Überraschungsentscheidung des Gesetzgebers, denn bereits mit Schreiben vom 14. April 2010 war den Verbänden der Referentenentwurf zugesandt worden und mindestens seit dem 7. Juni 2010, nämlich mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der Kabinettsklausur für die weitere Aufstellung des Haushaltsentwurfs 2011 und des Finanzplans bis 2014, einer weiteren Öffentlichkeit bekannt geworden, dass eine Steuer oder Abgabe auf den Luftverkehr mit einer geplanten Einnahmesumme von einer Milliarde Euro eingeführt werden sollte.

Die Luftverkehrsteuer verstößt auch nicht gegen den allgemeinen, aus Art. 3 GG folgenden Gleichheitsgrundsatz.

Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 m.w.N.).

Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedriger Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Als besonderen sachlichen Grund für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen hat das BVerfG u.a. Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt (BFH, Urteil vom 8. Juli 2010 VI R 10/08, BFHE 230, 352 unter Bezugnahme auf BVerfG, Urteil vom 9. Dezember 2008 2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210, m.w.N.). Art. 3 GG verlangt die Gleichbehandlung "aller Menschen" vor dem Gesetz (Abs. 1) und verbietet jede Benachteiligung oder Bevorzugung wegen persönlichkeitsbedingter Eigenheiten (Abs. 2 und Abs. 3). Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr eine Regelung den Einzelnen als Person betrifft, und umso offener für gesetzgeberische Gestaltungen, je mehr allgemeine, für rechtliche Einwirkungen zugängliche Lebensverhältnisse geregelt werden. Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Diese gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Der Gesetzgeber hat vor allem bei der Ordnung von Massenerscheinungen und deren Abwicklung einen - freilich nicht unbegrenzten - Raum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen. Steuerrechtliche Regelungen sind so auszugestalten, dass Gleichheit im Belastungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Der Gleichheitssatz fordert nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzuges gefährdet, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes. Deshalb darf der Gesetzgeber einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (BVerfG, Urteil vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297).

Die Nichteinbeziehung von Frachtflügen unter die Besteuerung nach dem Luftverkehrsteuergesetz ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Gleichheitsproblem, da sich die von der Klägerin geltend gemachte Ungleichbehandlung ersichtlich nicht auf vergleichbare Sachverhalte bezieht, so dass sie nicht am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG zu messen ist. Der Transport von Menschen und der Transport von Waren bilden unterschiedliche Geschäftsfelder im Bereich der Luftfahrt, die eine Gleichbehandlung nicht erfordern. Auch im Straßen-, Schienen- und Schiffsverkehr bilden Personen- und Güterbeförderung jeweils einzelne Branchen, die unterschiedlichen Vorschriften und zum Teil auch unterschiedlichen Abgaben (LKW-Maut) unterworfen sind. Das Luftverkehrsteuergesetz bestimmt in § 1 Abs. 1 einen Rechtsvorgang, der zum Abflug eines Fluggastes führt, zum Steuergegenstand für die Luftverkehrsteuer. Hieran kann bei Frachtflügen nicht angeknüpft werden. Es müsste also ein völlig anderes Gesetz verabschiedet werden. Der Gesetzgeber hat aus wirtschaftspolitischen Erwägungen Frachtflüge einer entsprechenden Besteuerung nicht unterworfen. Insoweit hat der Gesetzgeber umweltpolitische, wirtschaftliche und haushalterische Interessen gegeneinander abgewogen. Eine solche Abwägung, die gewichtigen wirtschaftlichen Belangen Vorrang vor generellen umweltpolitischen Anliegen einräumt, hat das Bundesverfassungsgericht als zulässig erkannt (BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 1 BvR 905/00 BVerfGE 110, 274). Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber Hin- und Rückflüge innerhalb Deutschlands einer zweifachen Besteuerung unterwirft, während bei einem Hin- und Rückflug ins Ausland bzw. vom Ausland zurück nach Deutschland nur der Hinflug besteuert wird, unterfällt dem weitreichenden Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers bei der Auswahl des Steuergegenstandes, und findet seine Rechtfertigung im Besonderen darin, dass dem deutschen Gesetzgeber ein Besteuerungsrecht für Rechtsvorgänge, die zum Abflug eines Fluggastes von einem ausländischen Flughafen berechtigen, nicht zusteht, bzw. einer entsprechenden Besteuerung internationales Recht entgegen stehen dürfte.

Auch die von der Klägerin gerügten Verletzungen des Gleichheitsgrundsatzes aufgrund der länderbezogenen Zuweisung der drei Steuersätze unterfallen dem Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstands und der Bestimmung des Steuersatzes grundsätzlich einen weit reichenden Gestaltungsspielraum. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und damit in weitem Umfang die Besonderheiten nicht nur des einzelnen Falles, sondern gegebenenfalls auch ganzer Gruppen vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274). Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Diesen weiten Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung des Luftverkehrsteuergesetzes, das den Steuergegenstand auf gewerbliche Passagierflüge beschränkt und den Steuersatz gestaffelt nach drei Länderklassen festlegt, nicht überschritten. Die Klägerin mag zwar der Ansicht sein, dass alternative Steuersatzmodelle zweckmäßiger oder gerechter gewesen wären. Dies ist aber keine Frage, die der gerichtlichen Überprüfung im Hinblick auf die Vereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Gleichheitsgrundsatz unterliegt. Stehen dem Gesetzgeber mehrere Regelungsmöglichkeiten zur Verfügung, so ist es nicht Sache des Gerichts nachzuprüfen, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfG, Beschluss vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt nur dann vor, wenn die Grenzen des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers überschritten sind und es sich aufdrängt, dass nur eine einzige andere Lösung sach- und verfassungsgerecht ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die Gestaltungsgrenzen des Gesetzgebers werden (insbesondere im Einkommensteuerrecht) durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit bestimmt. Darüber hinaus muss jede Steuer dem Gebot der Folgerichtigkeit entsprechen.

Dies ist bei der Luftverkehrsteuer als Verkehrsteuer der Fall. Sie widerspricht nicht dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diesem Prinzip im Bereich der Verkehrsteuern keine prägende Bedeutung zukommen kann. Bei einer Verkehrsteuer ist allein der Rechtsvorgang maßgeblich, der in keiner zwingenden Beziehung zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen steht. Im Übrigen entspricht die Einteilung der Steuersätze in Distanzklassen in pauschalierter Form auch den mit diesen Distanzklassen steigenden Ticketpreisen, so dass die Luftverkehrsteuer dem Leistungsfähigkeitsprinzip insoweit nicht widerspricht.

Ferner besteht kein Verstoß gegen das Prinzip der Folgerichtigkeit. Die länderbezogene Einteilung der drei Steuerstufen des Luftverkehrsteuergesetz stellt eine an sachgerechten Kriterien orientierte Typisierung im Hinblick auf die Entscheidung des Gesetzgebers dar, gewerbliche Passagierflüge in Relation zu ihrer Entfernung zu besteuern. Die für die Typisierung gewählte Einteilung in Ländergruppen ist dabei nicht willkürlich erfolgt. Vielmehr sind die länderbezogenen Steuersätze nach sachgerechten, am Regelfall orientierten Kriterien auch im Hinblick auf die ökologische Ausrichtung der Steuer ausgestaltet und zugleich von allen Beteiligten unkompliziert zu verwalten. Die Zielländer von Flügen aus Deutschland, die der Luftverkehrsteuer unterliegen, wurden nach klaren und nachvollziehbaren Erwägungen in drei Distanzklassen eingeordnet. Dabei beinhaltet die erste Distanzklasse die EU-Mitgliedstaaten (einschl. überseeischer Länder und Gebiete), EU-Beitrittskandidaten, EFTA-Mitgliedstaaten sowie Drittstaaten, die in diesem Entfernungskreis liegen. Dass das Luftverkehrsteuergesetz mit einer am Regelfall ausgerichteten Typisierung durch den Gesetzgeber normiert wurde, konnte die Klägerin auch nicht mit den von ihr vorgebrachten besonderen Einzelfällen widerlegen. Die Beispiele, mit denen sie die Realitätsgerechtigkeit, Sachgerechtigkeit und letztlich Folgerichtigkeit der länderbezogenen Einteilung widerlegen will, stellen atypische Sonderfälle dar, an denen sich der Gesetzgeber gerade nicht orientieren muss oder sogar darf. Diese von ihr vorgebrachten Fälle der überseeischen Länder und Gebiete sowie B… stellen gerade untypische Fälle dar, die nicht geeignet sind, das System der drei Distanzklassen zu erschüttern. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die Abstufung auf drei Entfernungen der leichteren Administrierbarkeit der Luftverkehrsteuer sowohl durch die Steuerpflichtigen wie auch durch die Zollverwaltung dienen sollte. Dies ist eine sachgerechte Erwägung, mit der sich die drei Distanzklassen des § 11 LuftVStG ohne weiteres rechtfertigen lassen.

Auch das sogenannte Umsteigerprivileg ist sachlich gerechtfertigt. Zu einem Umsteigen in diesem Sinne kommt es grundsätzlich im Rahmen einer einheitlichen Buchung von einem Ausgangsort zu einem Ziel, für die ein Ticket ausgestellt wird. Weitere Voraussetzung ist, dass die Flugunterbrechung im Inland nicht mehr als zwölf Stunden dauert. Ausschlaggebend für die Besteuerung ist nach der Konzeption des § 1 Abs. 1 LuftVStG der zu Grunde liegende Rechtsvorgang unabhängig von der Frage, mit welchen oder wie vielen Luftverkehrsunternehmen bzw. Luftfahrzeugen dieser erfüllt wird. Es ist daher nach der Besteuerungssystematik konsequent, wenn in diesem Zusammenhang auf den einheitlichen Rechtsvorgang der Buchung abgestellt wird. Eine Ungleichbehandlung von gleichartigen Sachverhalten ist hier nicht zu erkennen.

Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass andere Luftverkehrsunternehmen dieselben Steuerbeträge zu zahlen hätten wie sie, führt auch dieser Vortrag nicht zum Erfolg der Klage. Der Gesetzgeber hat sich bei der Luftverkehrsteuer für einen festen Steuerbetrag je Distanzklasse entschieden; ähnlich wie bei der Branntwein-, Schaumwein- und Kraftfahrzeugsteuer wird ein von dem Wert des zugrunde liegenden Gutes unabhängiger Steuerbetrag gefordert. Dass dieser Steuerbetrag bei Billigprodukten bzw. Billig-Dienstleistungen einen größeren Anteil am Gesamtpreis des jeweiligen Gutes ausmacht, liegt auf der Hand; es handelt sich jedoch, wie der Beklagte zutreffend ausführt, um einen unerheblichen Reflex der eigentlichen Regelung.

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 i.V.m. Art. 12 GG durch das Luftverkehrsteuergesetz ist nicht zu erkennen. So kann bereits nicht festgestellt werden, dass die Tätigkeit als Luftfahrtunternehmen im Billigpreissegment einen Beruf im Sinne des Artikels 12 GG darstellt. Erforderlich ist hierfür, dass sich eine Tätigkeit als sozial abgrenzbare Aktivität mit eigenem, von dem sonstigen Berufsinhalt geschiedenen charakteristischen Gepräge darzustellen vermag (BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1997 1 BvR 780/87, BVerfGE 97, 12). Dies ist vorliegend für den Bereich der Luftverkehrsgesellschaften, die überwiegend im Niedrigpreissegment positioniert sind, nicht der Fall. Die Etablierung eines Berufsstands aus der Gesamtmenge eines übergeordneten, bereits anerkannten Berufsfeldes kann nicht gelingen, wenn die Unterscheidungsmerkmale sich wie hier in einer unterschiedlichen Preispolitik, der Beschränkung auf bestimmte Flugziele und einer nach ähnlichen Kriterien vorgenommene Präsentation nach außen erschöpfen. Die Billigflieger erscheinen als Untergruppe der Luftverkehrsunternehmen im gewerblichen Passagierluftverkehr. Nach der Verkehrsauffassung stellen sich Luftverkehrsunternehmen, die im Niedrigpreissektor auftreten und solche, die Flüge zum „Normalpreis“ anbieten, gleichermaßen als dem Berufsbild der Luftverkehrsunternehmen zugehörig dar, innerhalb dessen es aufgrund der Konkurrenzsituation am Markt unterschiedliche Wettbewerbsstrategien gibt. Solche gibt es in allen Branchen gleichermaßen, ohne dass sich daraus verschiedene Berufszweige im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG entwickeln ließen. Im Übrigen hat die Besteuerung keine berufsregelnde Tendenz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.