Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.09.2013 - 15 ZB 11.2302
Fundstelle
openJur 2013, 40452
  • Rkr:

Nachbarklage gegen Erweiterung eines FeuerwehrgerätehausesFunktionslosigkeit einer einzelnen Festsetzung eines Bebauungsplans Eigenart des Baugebiets; Unbestimmtheit einer Baugenehmigung; Augenscheinseinnahme durch Berichterstatter; Wechsel in der Richterbank

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich als Eigentümer des benachbarten Grundstücks FlNr. 33/9 Gemarkung K..., das mit einem Hotel bebaut ist, gegen die der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts Freyung-Grafenau vom 14. Juli 2009 und Tekturgenehmigung vom 19. Januar 2011 erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung des bestehenden Feuerwehrgerätehauses auf dem Grundstück FlNr. 33/2 in K...

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 5. Juli 2011 ab. Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist zur Begründung seines Zulassungsantrags hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht lasse außer Betracht, dass der Bebauungsplan „K... – Ludwigstein und Mitterweg“ für das Baugrundstück eine konkrete grundstücksflächenbezogene Festsetzung zur Nutzung i.S.d. §§ 1 Abs. 4 ff. BauNVO treffe, die mit der vorliegend genehmigten Nutzung eines Feuerwehrgerätehauses nicht in Übereinstimmung gebracht werden könne. Demzufolge bedürfe das Vorhaben einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB.

Ernstliche Zweifel am verwaltungsgerichtlichen Urteil lassen sich daraus im Ergebnis nicht ableiten. Zwar enthält der Bebauungsplan in der Planzeichnung im östlichen Bereich des Baugrundstücks die schriftliche Eintragung „Gemeinbedarfsfläche Schule“. Daneben befinden sich dort in der Planzeichnung aber auch die Planzeichen „Schule“ und „Gemeindeverwaltung“, die sich nach der Zeichen-Erklärung in Nr. 2 des Bebauungsplans allerdings nur auf die planlichen Hinweise und nicht auf die textlichen Festsetzungen in Nr. 1 des Bebauungsplans beziehen. Insoweit mag wegen der Notwendigkeit der Bestimmtheit und Eindeutigkeit von Festsetzungen im Bebauungsplan bereits zweifelhaft sein, ob dem Bebauungsplan die vom Kläger behauptete konkrete grundstücksflächenbezogene Festsetzung einer „Gemeinbedarfsfläche Schule“ entnommen werden kann. Dies bedarf aber keiner Entscheidung.

Denn jedenfalls ist der Bebauungsplan hinsichtlich einer solchen Festsetzung wegen der im fraglichen Bereich inzwischen vorhandenen Bebauung mit einem Feuerwehrgerätehaus als funktionslos anzusehen. Wegen dieser tatsächlichen Verhältnisse hat sich die Sachlage so verändert, dass eine Verwirklichung der vom Kläger behaupteten Festsetzung „Gemeinbedarfsfläche Schule“ auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2004 – 4 C 3.03 BVerwGE 121, 205/207). Die Abweichung zwischen der planerischen Festsetzung und der tatsächlichen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit einen Grad erreicht, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2010 – 4 B 22/10 – juris RdNr. 10). Damit ist offenkundig, dass der Bebauungsplan insoweit nicht mehr als Instrument für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung tauglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207/214). Da für die Frage der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans die einzelnen Festsetzungen maßgebend sind, können auch einzelne Festsetzungen funktionslos werden, während die übrigen Festsetzungen fortbestehen (vgl. Kalb/Külpmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1.4.2013, § 10 BauGB RdNr. 409). Die Frage der Funktionslosigkeit des Bebauungsplans war bereits Gegenstand des Vorbringens der Beteiligten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, so dass eine diesbezügliche Anhörung des Klägers nicht erforderlich ist. Entgegen dem Zulassungsvorbringen bedarf das Vorhaben der Beigeladenen damit nicht einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB, ganz gleich, ob es eine „Anlage für soziale Zwecke“ oder eine „Anlage für Verwaltungen“ darstellt.

b) Auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Erfüllung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots durch das Vorhaben bezogen auf die Belange und Interessen des Klägers unterliegen keinen ernstlichen Zweifeln.

aa) Was die Ortseinsicht durch den Berichterstatter angeht, ohne dass dieser am angegriffenen Urteil mitgewirkt hat, bleibt eine solche durch einen beauftragten Richter durchgeführte Augenscheinseinnahme als Beweisaufnahme auch dann eine zulässige Sachverhaltsermittlung, wenn der den Beweis aufnehmende Richter an der späteren Entscheidung nicht mitwirkt (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1992 – 4 B 251/92 – juris RdNr. 6). Hinsichtlich der baulichen Nutzungen in der näheren Umgebung des Baugrundstücks weichen die Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil nicht von den Augenscheinsfeststellungen ab. Die Bewertung dieser Nutzungen im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist demgegenüber eine Rechtsfrage, die zwar u.a. auf Grundlage der Augenscheinsfeststellungen getroffen wird; eine abschließende Bewertung muss aber der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 15 ZB 12.1984 - juris).

bb) Den Feststellungen des Verwaltungsgerichts über die in der näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandenen baulichen Nutzungen wird im Zulassungsantrag nicht entgegengetreten. Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass jedenfalls das vorhandene Feuerwehrgerätehaus und das bestehende Hotel des Klägers die Eigenart der näheren Umgebung mitprägen. Die Eigenart eines einzelnen Baugebiets i.S.d. § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt sich nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich die Eigenart eines in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebiets abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.2008 – 4 B 68.08 – juris RdNr. 4). Daneben ist auch von Bedeutung, wie die tatsächlichen Verhältnisse aufgrund der konkreten baulichen Entwicklung des Baugebiets beschaffen sind, wenn sich die dort vorhandene Bebauung im Rahmen der durch die Festsetzungen zum Ausdruck gebrachten städtebaulichen Ordnungsvorstellungen für das Baugebiet hält (vgl. OVG Hamburg, B.v. 4.5.2009 – 2 Bs 154/08 – juris RdNr. 14; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1.4.2013, § 15 BauNVO RdNr. 12).

Wie sich der Aufnahme des Planzeichens „Feuerwehrhaus“ zumindest als Hinweis in die Planzeichnung des Bebauungsplans „K... – Ludwigstein und Mitterweg“ der Beigeladenen entnehmen lässt, der für das gesamte Plangebiet ein allgemeines Wohngebiet festsetzt, soll ein Feuerwehrgerätehaus nach dem Willen des Plangebers im Plangebiet nicht ausgeschlossen sein. Für das Baugrundstück selbst enthält der Bebauungsplan in der Planzeichnung die schriftliche Eintragung „Gemeinbedarfsfläche Schule“ und als Hinweis die Planzeichen „Schule“ und „Gemeindeverwaltung“. Daraus wird deutlich, dass der Zweck des Bebauungsplans auch darin besteht, zumindest für den Bereich des Baugrundstücks nicht nur dem Wohnen dienende Nutzungen zuzulassen. Die im Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, ob von den beiden Gaststätten auf FlNr. 38/2 und 28 und dem Vereinsheim mit Sportanlage eine nicht unerhebliche Lärmvorbelastung – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – ausgeht, ist daneben im Rahmen der Prüfung des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht entscheidungserheblich, weil diese Vorschrift der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets dient und nicht verlangt, dass im Plangebiet gelegene Grundstückseigentümer unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86/01 NVwZ 2002, 1384). Zudem liegt die Gaststätte auf dem Grundstück FlNr. 38/2 ohnehin außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „K... – Ludwigstein und Mitterweg“.

cc) Im vorliegenden Verfahren ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass von dem Vorhaben keine unzumutbaren Lärmbelästigungen für den Hotelbetrieb des Klägers ausgehen können (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Soweit nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Sonderbetrieb ohne Einsatz des Martinshorns eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts für allgemeine Wohngebiete von 40 dB(A) in der Nacht an den Immissionspunkten 1 und 2 entlang der Erschließungsstraße für das Vorhaben an der Nordseite des Hotels des Klägers zu erwarten ist, während dieser Wert an den weiteren Immissionspunkten am Hotel eingehalten wird, hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die betroffenen Räumlichkeiten derzeit im Wesentlichen als Arzt- und Massagepraxis genutzt werden. Hinsichtlich der Nutzung als Massagepraxis entspricht dies den eigenen Angaben des Klägers im Ortstermin des Verwaltungsgerichts vom 1. Juli 2010. Nach dem Vorbringen des Beklagten ist die Nutzung des Erdgeschosses des Hotels durch eine Apotheke, eine Arztpraxis und eine Massagepraxis baurechtlich mit Bescheid des Landratsamts Freyung-Grafenau vom 4. November 1993 genehmigt. Dem Zulassungsvorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass in diesen Räumen im Erdgeschoss demgegenüber eine Nutzung ausgeübt wird, die mit dem nächtlichen Aufenthalt von Personen verbunden ist. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass eine – als gewerbliche Nutzung zu qualifizierende – Hotelnutzung im Hinblick auf Lärm zwar schutzbedürftiger sein mag als andere gewerbliche Nutzungen, aber insbesondere der Gesichtspunkt des nur vorübergehenden Aufenthalts die Annahme einer im Vergleich zur Wohnnutzung geminderten Schutzwürdigkeit der Hotelnutzung rechtfertigt (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 7 A 11/11 – juris RdNr. 38). Der Außenkontaktbereich des Hotels vor dessen Eingangstür gehört im Gegensatz etwa zu Freisitzen von Restaurants und Gaststätten ohnehin nicht zu den schutzwürdigen Außenbereichen (vgl. BVerwG, a.a.O. RdNr. 34). Warum die Eingangstür zum Hotel nachts trotz des Publikumverkehrs nicht geschlossen werden kann, womit sich der Kläger in zumutbarer Weise „architektonischen Selbstschutz“ verschaffen könnte, wird im Zulassungsantrag nicht dargelegt.

Soweit bei Einsatz des Martinshorns die Richtwerte an allen Immissionspunkten am Hotelbetrieb des Klägers deutlich überschritten werden, hat das Verwaltungsgericht diesen Lärm im Hinblick auf die geringe Anzahl von 3 bis 6 jährlichen Einsätzen eines einzelnen Feuerwehrfahrzeugs mit Martinshorn und die gesetzlichen Wertungen des Bayerischen Feuerwehrgesetzes zu Recht als sozial adäquat und damit für den Kläger zumutbar angesehen (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1988 – 7 C 33.87 BVerwGE 79, 254; BayVGH, U.v. 16.1.1992 – 4 B 88.1782 NVwZ-RR 1992, 233). Es kommt hinzu, dass das Geräusch des Martinshorns bei einer Einsatzfahrt – anders als bei stationären Anlagen – nur kurzfristig während der Vorbeifahrt des Feuerwehrfahrzeugs auftritt. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zudem zu Recht darauf verwiesen, dass die Feuerwehr gemäß § 35 Abs. 1 StVO nur dann unter Einsatz von Blaulicht und Martinshorn von den Vorschriften der StVO befreit ist, wenn dies zur Ausübung ihrer hoheitlichen Aufgaben dringend geboten ist. Dass dies nach entsprechender Einschätzung des Verwaltungsgerichts wohl erst beim Einbiegen in die F... Straße (St 2132) wegen des dortigen potentiellen Verkehrs gerechtfertigt sein dürfte, unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln. Der jeweilige Fahrzeugführer ist an diese Regelung des § 35 Abs. 1 StVO gebunden, ohne dass es einer Regelung im angefochtenen Bescheid bedarf. Das Kopfsteinpflaster des An- und Abfahrtswegs wurde in der Lärmprognose des Umweltingenieurs des Landratsamts mit dem höchstmöglichen Zuschlag von 6 db(A) für die Straßenoberfläche (RLS-90, Tabelle 4) bei den beiden betrachteten Betriebsarten (Regel- und Sonderbetrieb) berücksichtigt (vgl. Stellungnahme v. 7.12.2010 Bl. 52 ff. der Verwaltungsakten).

dd) Nicht ernstlich zweifelhaft ist auch, dass das Verwaltungsgericht von einer Geräuschvorbelastung des Hotels des Klägers durch den öffentlichen Platz nördlich seines Hotels und die Feueralarmsirene auf dem Dach des Hotels ausgegangen ist, ohne das genaue Ausmaß dieses Lärms im Einzelnen zu ermitteln. Unabhängig davon, dass dieser Platz nach der Stellungnahme des 1. Kommandanten der FFW K... vom 3. November 2010 schon bisher – wenn auch nur zu einem sehr geringen Teil – von Einsatzkräften und Übungsbesuchern als An- und Abfahrtsweg bei Übungen und Einsätzen genutzt wird, ist nach den beim Augenschein durch das Verwaltungsgericht gefertigten Fotos nicht ausgeschlossen, dass dieser Platz als öffentliche Parkfläche dient. Den vom Kläger vorgelegten Fotos ist zudem zu entnehmen, dass der Platz auch für öffentliche Veranstaltungen in Anspruch genommen wird. Dass der Platz einen starken Publikumsverkehr o.ä. aufweist, wurde vom Verwaltungsgericht entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht unterstellt.

Eine Lärmvorbelastung durch die Feueralarmsirene auf dem Dach des Hotelgebäudes ergibt sich bereits durch die regelmäßig durchzuführenden Probealarme, die nach Nr. 3.2 der Alarmierungsbekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (AllMBl 2005, 540) bei Sirenen grundsätzlich an einem ersten Samstag im Monat zwischen 11 Uhr und 14 Uhr stattfinden sollen. Nach der oben erwähnten Stellungnahme des 1. Kommandanten der FFW K... erfolgt die Alarmierung der Einsatzkräfte auch nicht ausschließlich im Wege der „stillen Alarmierung“.

ee) Entgegen dem Zulassungsvorbringen kann schließlich auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Verwaltungsgericht die Unbestimmtheit der Auflage Nr. II.3 des Bescheids vom 19. Januar 2011 verkannt hat. Dort wird bestimmt, dass die Beurteilungspegel der vom Regelbetrieb des Feuerwehrgerätehausanbaues einschließlich des dazugehörenden Kraftfahrzeugverkehrs ausgehenden Geräusche nicht dazu führen dürfen, dass die in Nr. 6.1 Buchst. c [d] TA Lärm festgesetzten Immissionsrichtwerte von tags 60 [55] dB(A) und nachts 45 [40] dB(A) an den nächstgelegenen Gebäuden mit schutzbedürftigen Räumen nach DIN 4109, Ausgabe November 1989, im Mischgebiet [Allgemeinen Wohngebiet] überschritten werden.

Zwar mag sich der Kläger dann auf eine Unbestimmtheit der angefochtenen Baugenehmigungen berufen können, wenn infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den nachbarschützenden Vorschriften entspricht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 16.2.2012 – 15 ZB 11.2701 – juris RdNr. 5 und B.v. 15.2.2011 – 14 B 10.806 – juris RdNr. 21 m.w.N.). Anerkannt ist auch, dass eine Baugenehmigung zu unbestimmt ist, sofern sie die in ihr angegebenen Immissionsrichtwerte, die vom Vorhaben einzuhalten sind, nur abstrakt einzelnen Baugebieten zuordnet. Solche Aussagen einer Baugenehmigung lassen sich bestenfalls als Hinweise, aber nicht als Nebenbestimmungen mit Regelungscharakter verstehen (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2001 – 7 C 16/00 – juris RdNr. 8). So verhält es sich hier aber nicht. Wenn auch die angefochtene Baugenehmigung keine konkrete Festlegung dazu enthält, welcher Art das Gebiet ist, in dem das Hotel des Klägers liegt, ergibt sich die Art dieses Gebiets aber eindeutig aus dem Bebauungsplan „K... – Ludwigstein und Mitterweg“ der Beigeladenen, der für seinen gesamten Geltungsbereich, in dem sich sowohl das Baugrundstück als auch das Hotel des Klägers befinden, ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.

Bei verständiger Auslegung kann die Baugenehmigung nur dahingehend verstanden werden, dass für dieses im Bebauungsplan festgesetzte allgemeine Wohngebiet die entsprechenden Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm Anwendung finden sollen, während für das Mischgebiet außerhalb des Plangebiets die Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 Buchst. c TA Lärm gelten sollen. Das Verwaltungsgericht hat dementsprechend die Zumutbarkeit der Beeinträchtigungen am Hotel des Klägers ohne weiteres anhand der Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet beurteilt. Gestützt wird diese Auslegung ebenfalls durch die Formulierung der entsprechenden - wenn auch inzwischen ersetzten - Auflage II Nr. 3 des Bescheids vom 14. Juli 2009, wo ausdrücklich auf das angrenzende allgemeine Wohngebiet Bezug genommen wurde.

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen lassen sich nach den obigen Ausführungen ohne weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren beurteilen. Die Frage, inwieweit vorliegend von einer Anlage für Verwaltungen oder einer Anlage für soziale Zwecke auszugehen ist, war für das Verwaltungsgericht – worauf im Zulassungsverfahren abzustellen ist – nicht entscheidungserheblich; es ist auch nicht offensichtlich, dass sich diese Frage in einem Berufungsverfahren stellen würde (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 RdNr. 29).

Im Übrigen spricht vieles dafür, dass es sich bei einem Feuerwehrgerätehaus um eine Anlage für Verwaltungen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO handelt. Anlagen für soziale Zwecke gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO lassen sich gemeinhin unter dem Begriff der „Wohlfahrtspflege“ fassen, wozu ein Feuerwehrgerätehaus aber nicht zählt (vgl. OVG RhPf, U.v. 2.5.2013 – 1 A 11021/12 – juris RdNr. 30; siehe auch Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 1.1.2013, § 4 BauNVO RdNrn. 92 und 132).

3. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich schließlich auch kein Verfahrensfehler entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Wie bereits oben ausgeführt wurde, bleibt eine durchgeführte Augenscheinseinnahme als Beweisaufnahme auch dann eine zulässige Sachverhaltsermittlung, wenn der den Beweis aufnehmende Richter an der späteren Entscheidung nicht mitwirkt. Aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag ergibt sich auch nicht, dass das Verwaltungsgericht eine Entscheidung, die Beweisaufnahme müsse wiederholt werden, in ermessenswidriger Weise unterlassen hat. Der anwaltlich vertretene Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eine Wiederholung der Beweisaufnahme nicht beantragt, obwohl er sich einer geänderten Richterbank gegenübergestellt sah. Das Zulassungsvorbringen zeigt auch nicht auf, dass sich dem Verwaltungsgericht eine Wiederholung der Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1992 – 4 B 251/92 – juris RdNr. 7). Soweit der Kläger rügt, die Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts beruhe auf „frei gefundenen“ Tatsachenunterstellungen, kann das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einem solchen Verfahrensfehler, wenn er denn vorläge, nach den obigen Ausführungen nicht beruhen.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).