VG Hamburg, Beschluss vom 29.08.2013 - 2 E 3236/13
Fundstelle
openJur 2013, 36808
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Das Gericht ist nicht durch das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs an einer Entscheidung gehindert. Dem Antragsteller musste zu dem weiteren Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 29. August 2013 vor der Entscheidung des Gerichts keine weitere Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, weil dieser keinen neuen Gesichtspunkt enthält, auf den sich die Entscheidung des Gerichts stützt.

I. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO dahingehend ausgelegt, dass er sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richtet. Diese ist die prozessual richtige Antragsgegnerin. Da die Ausnahme des § 78 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 VwGO mangels entsprechender landesrechtlicher Regelung nicht eingreift, sind eine Klage und dementsprechend ein Eilantrag nach dem Rechtsträgerprinzip des § 78 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwGO gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft zu richten, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Bei Erlass des angefochtenen Bescheids vom 25. April 2013 ist keine andere Körperschaft tätig geworden als die Bundesrepublik Deutschland. Körperschaft im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Rechtsträger. Die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu tragen, muss sich aus einer Rechtsvorschrift ergeben. Für die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (HSU) fehlt es an einer solchen Rechtsvorschrift (vgl. die damit übereinstimmende Rubrizierung durch die für Prüfungsrecht zuständige Kammer, VG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2013, 2 K 3223/13, Beschl. v. 30.7.2013, 2 E 1537/13, Urt. v. 27.7.2012, 2 K 520/11, Beschl. v. 25.7.2012, 2 K 1597/12). Die HSU ist nicht durch Gesetz errichtet, sondern durch eine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung, wie gegenwärtig die „Rahmenbestimmungen für Struktur und Organisation der Universität der Bundeswehr“ (i.d.F. des Erlasses v. 4.8.1993, BMVg – Fü S I 11 – SdB UniBw – Az 38-02-02-02 – Rahmenbestimmungen). Rechtsträger der HSU ist die Bundesrepublik Deutschland.

Der HSU ist Rechtsfähigkeit auch nicht durch oder aufgrund § 112 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, HmbGVBl. 171 – HmbHG) verliehen worden. Nach dieser Gesetzesvorschrift kann die zuständige Behörde der HSU, die von der Bundesrepublik Deutschland als wissenschaftliche Hochschule für die Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten errichtet worden ist, für bestimmte Studiengänge das Recht übertragen, Prüfungen abzunehmen, akademische Grade zu verleihen und in diesen Studiengängen auch zivile Studierende auszubilden. Von dieser Möglichkeit hat die zuständige Behörde der Freien und Hansestadt Hamburg durch Übertragungsbescheid vom 23. Oktober 1978 in der Neufassung vom 5. Juli 2007 Gebrauch gemacht. Da die Bundesrepublik Deutschland wegen Art. 30 GG nicht in eigener Verwaltungskompetenz solche Prüfungen abnehmen kann, handelt es sich um eine Beleihung mit Staatsgewalt des Landes (vgl. v. Schroeders, Student und Soldat, S. 49 f.). Die Bundesrepublik Deutschland ist hinsichtlich der HSU ebenso Beliehene wie die Bucerius Law School gGmbH dies hinsichtlich der gleichnamigen Hochschule für Rechtswissenschaft ist. Der Landesgesetzgeber ermächtigt in § 112 HmbHG nicht zur Errichtung der HSU, sondern setzt voraus, dass die Bundesrepublik Deutschland sie errichtet hat. Unabhängig davon wäre der Landesgesetzgeber nicht befugt, die organisatorische Stellung der im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angesiedelten Hochschule zu bestimmen. Adressat der Rechtsübertragung gemäß § 112 HmbHG kann nicht die HSU sein (so aber v. Schroeders, a.a.O., S. 52), sondern nur ein bestehender Rechtsträger. Als bestehender Rechtsträger kommt lediglich die Bundesrepublik Deutschland in Betracht.

Nichts anderes ergibt sich aus § 61 Nr. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist neben einer natürlichen oder juristischen Person beteiligtenfähig auch eine Vereinigung, der ein Recht zustehen kann. Diese Prozessrechtsvorschrift gewährt ihrer Rechtsfolge nach nicht die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu tragen, sondern setzt sie tatbestandlich voraus. Unabhängig davon erfüllt die HSU den Tatbestand des § 61 Nr. 2 VwGO bereits deshalb nicht, weil es sich nicht um eine Vereinigung handelt. Eine Vereinigung ist eine Personenmehrheit, d.h. ein außenrechtlich wirksamer Zusammenschluss mehrerer Rechtsträger. Die HSU besteht jedoch nicht aus den natürlichen Personen, die als Studierende oder Lehrende an ihr tätig sind, sondern ist eine Untergliederung des Bundesministeriums der Verteidigung, auch wenn sie innenrechtlich nach § 4 der Rahmenbestimmungen „Mitglieder“ hat.

II. Der so ausgelegte Hauptantrag (1.) und der Hilfsantrag bleiben ohne Erfolg (2.).

1. Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässige Hauptantrag, die aufschiebende Wirkung der am 19. August 2013 erhobenen Klage, 2 K 3223/13, gegen den Bescheid vom 25. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2013 wiederherzustellen, ist nicht begründet.

In formeller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat im Widerspruchsbescheid vom 14. August 2013 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 25. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids angeordnet. Die dabei gegebene Begründung genügt dem Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Das Begründungserfordernis dient der Behörde dazu, sich über den Ausnahmecharakter klar zu werden, sowie dem Betroffenen und dem Gericht, über die für die behördliche Entscheidung maßgebenden Erwägungen in Kenntnis gesetzt zu werden (Schoch, in: ders./Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2011, § 80 Rn. 245). Erforderlich ist eine auf Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderes Interesses gerade an der sofortigen Vollziehung (Schoch, a.a.O. Rn. 247). Zur Begründung hat die Antragsgegnerin ausgeführt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergebe sich daraus, dass dem Antragsteller die Möglichkeit zum Studium an der HSU nur im Rahmen seines Dienstverhältnisses ermöglicht worden sei und dem Dienstherrn die Möglichkeit gegeben werden müsse, ihn ohne Abwarten auf den Abschluss eines gegen eine hochschulrechtliche Entscheidung gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens einer anderen dienstlichen Verwendung zuzuführen. Die Antragsgegnerin hat damit auf Umstände des Einzelfalles abgestellt, aus denen aus ihrer Sicht gerade an der sofortigen Vollziehung ein besonderes Interesse besteht, nämlich den Rechtsstatus des Antragstellers und seine anderweitige Verwendbarkeit als Soldat. Unschädlich ist, dass die von der Antragsgegnerin gegebene Begründung nicht nur auf den Einzelfall des Antragstellers zutreffen mag. Es begegnet im Hinblick auf die Zwecke des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO keinen Bedenken, wenn die Behörde im Sinne gleichmäßiger Rechtsanwendung für eine ganze Fallgruppe das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen annimmt, unter denen eine sofortige Vollziehung angeordnet wird.

In materieller Hinsicht überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 25. April 2013 über das endgültige Nichtbestehen der Bachelor-Prüfung im Studiengang Politikwissenschaft an der HSU das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner am 19. August 2013 erhobenen Klage, 2 K 3223/13.

In die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung ist dabei zunächst einzustellen, dass die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens ist der Bescheid vom 25. April 2013 über das endgültige Nichtbestehen in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2013 rechtmäßig. Die Rechtsgrundlage findet sich in § 22 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 der Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang und für den Master-Studiengang Politikwissenschaft an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der HSU (v. 15.2.2007/1.3.2007, Hochschulanzeiger Nr. 10/2007 – SPO POL). Danach erteilt das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses der oder dem Studierenden über das endgültige Nichtbestehen der Bachelor-Prüfung einen Bescheid.

Der Antragsteller ist in Übereinstimmung mit § 28 HmbVwVfG und § 9 Abs. 8 Satz 2 i.V.m. § 22 Abs. 2 Satz 2 SPO POL vor der Entscheidung angehört worden. Der Antragsteller hat die Bachelor-Prüfung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 Spiegelstrich 2 Alt. 1 SPO POL endgültig nicht bestanden, da er den Prüfungsanspruch für den Bachelor-Studiengang Politikwissenschaft nach § 19 Abs. 2 SPO POL endgültig verloren hat. Unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift kann der zuständige Prüfungsausschuss den Prüfling von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen ausschließen. Ein solcher Ausschluss von weiteren Prüfungsleistungen durch den zuständigen Prüfungsausschuss der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der HSU ist gegeben. Die Kammer legt § 22 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 Spiegelstrich 2 Alt. 1 SPO POL dahingehend aus, dass es genügt, wenn eine Entscheidung vom zuständigen Prüfungsausschusses nach § 19 Abs. 2 SPO POL rechtsfehlerfrei getroffen wird und erst das vorsitzende Mitglied mit dem Bescheid über das endgültige Nichtbestehen die zunächst verwaltungsinterne Entscheidung des Prüfungsausschusses mitteilt. Die Erteilung eines Bescheids durch das vorsitzende Mitglied des Prüfungsausschusses ist in § 22 Abs. 1 Satz 1 SPO POL ausdrücklich vorgesehen. Für die der Erteilung des Bescheids vorausgehende Entscheidung des Prüfungsausschusses nach § 19 Abs. 2 SPO POL ist dies nicht der Fall.

Da die Entscheidung über den Ausschluss kein Verwaltungsakt und deshalb nicht nach § 43 Abs. 3 HmbVwVfG grundsätzlich unabhängig von Rechtsfehlern wirksam ist, kann dem Studierenden allerdings nur eine rechtsfehlerfreie Ausschlussentscheidung entgegengehalten werden. Der vom Prüfungsausschuss der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in seiner 189. Sitzung am 7. April 2013 gefasste Beschluss, den Antragsteller von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen auszuschließen, ist rechtsfehlerfrei getroffen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung des Prüfungsausschusses über den Ausschluss sind gegeben. Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 1 SPO POL gilt eine Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, wenn der Prüfungsausschuss einen Versuch des Studierenden feststellt, das Ergebnis ihrer Prüfungsleistung durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen. Dabei gilt nach § 19 Abs. 3 SPO POL als Täuschung auch ein Plagiat. Nach § 19 Abs. 2 SPO POL kann im Wiederholungsfalle oder in anderen besonders schwerwiegenden Fällen der zuständige Prüfungsausschuss den Prüfling von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen ausschließen.

Der Grundtatbestand eines Täuschungsversuchs durch Plagiat gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SPO POL ist erfüllt. Die vom Antragsteller im Herbsttrimester 2012 an der HSU im Seminar „European Governance“ innerhalb des Aufbaumoduls IM gemäß Anhang zu § 5 Abs. 4 SPO POL erstellte Seminararbeit „Das Mehrebenensystem der Europäischen Union und ihre Regionalisierung“ ist ein Plagiat der im Sommersemester 2004 von A. an der Universität Konstanz im Seminar „Partizipationseffekte einer Europäisierung lokaler Politik“ erstellten Seminararbeit „Die Regionalisierung des Mehrebenensystems der EU“. Die Struktur beider Arbeiten ist identisch. Denn jeder Gliederungspunkt in der Arbeit des Antragstellers entspricht einem themengleichen Gliederungspunkt in der Arbeit A.s. Die Überschriften sind weitgehend wortlautgleich. Die deutlichsten Änderungen sind insoweit die Ersetzung der Wörter „Inhalt und Struktur“ durch „Einleitung“ sowie „Schlussfolgerungen“ durch „Fazit“. Der Text der Arbeit des Antragstellers ist abschnittsweise regelmäßig wortlautgleich mit demjenigen der Arbeit A.s. Abweichungen sind von dem Gewicht wie auf S. 3 der Arbeit des Antragstellers, wo „Schwerpunkt“ statt „Fokus“ und dann wieder „Fokus“ statt „Schwerpunkt“ gesetzt wird. Die Textstellen werden weitgehend mit Hervorhebungen sowie Druckfehlern, Grammatikfehlern und Semantikfehlern übernommen. So heißt es beispielsweise auf S. 12 der Arbeit A.s und dem folgend auf S. 7 der Arbeit des Antragstellers „Eine,Bottom-up‘ Institutionen ist beispielsweise der durch den Maastrichter Vertrag 1992 gegründete Ausschuss der Regionen (AdR) als erste intersubnationale Institution der Regionen die primärrechtlich verankert ist. Die Etablierung des AdR basierte vor allen Dingen auf den Interessen der Regionen den Verlust innerstaatlicher Hoheitsrechte auf die EU durch Mitwirkungsmöglichkeiten auf der europäischen Ebene auszugleichen (Schmitt-Egner. 2000: 107).“ Richtig hätte es heißen müssen: „Eine [Leerzeichen],Bottom-up‘-[Bindestrich ohne Doppelleerzeichen] Institution [Singular] ist beispielsweise der durch den Maastrichter Vertrag 1992 gegründete Ausschuss der Regionen (AdR) als erste intersubnationale Institution [ohne pleonastischen Zusatz], [Komma] die primärrechtlich verankert ist. Die Etablierung des AdR basierte vor allen Dingen auf den Interessen der Regionen, [Komma] den Verlust innerstaatlicher Hoheitsrechte an [nicht auf] die EU durch Mitwirkungsmöglichkeiten auf der europäischen Ebene auszugleichen (Schmitt-Egner. 2000:107).“ Die Literaturnachweise sind im Text und im Literaturverzeichnis umfänglich übernommen. In der Arbeit des Antragstellers ist die Arbeit A.s nicht als Quelle ausgewiesen. Wie vom Prüfungsausschuss im Beschluss vom 7. April 2013 ausgeführt, muss angesichts der Quantität und Qualität der textlichen Übernahmen angenommen werden, dass der Antragsteller sich bewusst fremdes geistiges Eigentum angeeignet hat und als eigenes ausgeben wollte.

Über den Grundtatbestand eines Täuschungsversuchs durch Plagiat hinaus sind die Vor-aussetzungen eines anderen besonders schwerwiegenden Falls gemäß § 19 Abs. 3 Alt. 2 SPO POL erfüllt. Da ein anderer besonders schwerwiegender Fall der Rechtsfolge nach einem Wiederholungsfall gleichgestellt ist, in dem gemäß § 19 Abs. 3 Alt. 1 SPO POL ebenfalls der Ausschluss von der Erbringung weiterer Prüfungsleistungen nach Ermessen möglich ist, setzt § 19 Abs. 3 Alt. 2 SPO POL einen solchen Fall erstmaligen Fehlverhaltens voraus, dem nach den mit der Vorschrift verfolgten Zwecken ein entsprechendes Gewicht zukommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein den Grundtatbestand erfüllendes Plagiat nicht notwendig ein – hier vorliegendes – inhaltliches oder wortlautgemäßes Vollplagiat sein muss. Ausreichend ist insoweit ein stellenweises Plagiat von solchem Gewicht, dass es einem Täuschungsversuch gleichkommt. Die Arbeit des Antragstellers ist demgegenüber ein Vollplagiat nahe an der Wortlautidentität zur Vorlage. Für das Ausmaß des begangenen Verstoßes gegen die Chancengleichheit ist es unerheblich, ob der Prüfling einen Ghostwriter entgeltlich mit der Erstellung einer Arbeit beauftragt (dazu VG Köln, Urt. v. 15.12.2005, NWVBl. 2006, 196) oder wie hier eine fast vollständig fremde geistige Arbeit als seine eigene Leistung ausgibt. Entgegen der Annahme im Widerspruchsschreiben vom 28. Mai 2013 hat sich der Antragsteller nach § 106 Abs. 1 Alt. 1 StGB strafbar gemacht, indem er in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk, eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt hat. Er war mit dem Erwerb einer Kopie der Arbeit A.s auf dem Internetportal www.hausarbeiten.de nicht berechtigt, eine weitere, von ihm modifizierte Kopie als seine Seminararbeit bei der HSU vorzulegen. Unerheblich ist, ob der Antragsteller – was er in der Antragsbegründung vom 23. August 2013 bestreitet – von vornherein die Absicht hatte, eine Täuschung zu begehen. Der Vortrag, die kennzeichnungslose Übernahme der Textpassagen sei erst später aus (Zeit-)Not heraus erfolgt, lässt keine besondere Ausnahmesituation erkennen, aus der heraus sich das wissenschaftlich grob unlautere Verhalten des Antragstellers erklären ließe. Die Schwere des Verstoßes gegen die Chancengleichheit erübrigt es, einen Wiederholungsfall abzuwarten.

Die Ausübung des Ermessens ist nicht zu beanstanden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat der Prüfungsausschuss entsprechend § 40 HmbVwVfG bewusst die ihm obliegende Ermessensentscheidung getroffen und dabei insbesondere den Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragstellers in den Blick genommen. Der Prüfungsausschuss hat insofern ausgeführt, er sei sich bewusst, dass das endgültige Nichtbestehen der Bachelor-Prüfung erheblichen Einfluss auf den weiteren beruflichen Werdegang des Antragstellers haben könne. Gleichwohl halte er die Entscheidung vor dem Hintergrund des besonders hohen Maßes an Täuschungsenergie einerseits und der Wahrung der Chancengleichheit gegenüber den anderen Prüflingen andererseits für gerechtfertigt. Der Prüfungsausschuss hat sich ferner bewusst mit milderen Maßnahmen auseinandergesetzt und sich gegen ein (einfaches) Nichtbestehen entschieden.

Die Ermessensgrenze des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist durch den Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG nicht überschritten. Eingegriffen wird in die Berufswahlfreiheit des Antragstellers durch eine subjektive Zulassungsvoraussetzung. Dem Antragsteller wird durch den Ausschluss von weiteren Prüfungsleistungen und das damit einhergehende endgültige Nichtbestehen der Beruf des Politikwissenschaftlers versperrt, soweit dieser durch den akademischen Grad eines Bachelor of Arts eröffnet würde. Der Ausschluss des Antragstellers dient dem wichtigen Gemeinschaftsgut, das universitäre Studium der Politikwissenschaft vor einem grob unlauteren Verhalten von Prüflingen zu schützen. Der Ausschluss ist auch erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel steht nicht zu Gebote. Während die Folge des (einfachen) Nichtbestehens nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SPO POL sich auf den betreffenden Prüfungsversuch beschränkt, reichen die Folge eines Ausschlusses von weiteren Prüfungsleistungen und das damit einhergehende endgültige Nichtbestehen weiter. Damit dringt zum einen der Eingriff in die Berufsfreiheit tiefer. Zum anderen wird aber der gebotene Schutz vor weiterem grob unlauteren Verhalten verstärkt. Der Ausschluss des Antragstellers von weiteren Prüfungsleistungen ist angemessen. Dem Antragsteller fällt – wie vom Prüfungsausschuss zutreffend ausgeführt – eine systematische und planmäßige – und zudem strafbare – Übernahme fremden Gedankenguts zur Last. Eine besondere Ausnahmesituation, in der sich der Antragsteller befunden hätte, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Angesichts dessen besteht keine Gewähr dafür, dass der Antragsteller in Zukunft sein Verhalten ändern und davon Abstand nehmen würde, vorsätzlich gegen die wissenschaftliche Chancengleichheit zu verstoßen.

Vor dem Hintergrund der Erfolgsaussichten in der Hauptsache muss in der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, 2 K 3223/13, zurückstehen. Es besteht ein überwiegendes besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung des Bescheids über das endgültige Nichtbestehen. Der Abschluss des hochschulprüfungsrechtlichen Hauptsacheverfahren, 2 K 3223/13, soll nicht abgewartet werden müssen, bevor eine anderweitige Verwendung des Antragstellers im Rahmen des zur Antragsgegnerin bestehenden Dienstverhältnisses als Soldat bestimmt werden kann.

2. Der auf § 123 Abs. 1 VwGO gestützte Hilfsantrag, im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Bearbeitung einer vorläufigen Wiederholungshausarbeit (Wiederholungsprüfung) zu ermöglichen, ist unzulässig. Nach § 123 Abs. 5 VwGO findet § 123 Abs. 1 bis 3 VwGO keine Anwendung in den Fällen der §§ 80, 80a VwGO. In diesen Fällen soll mithin vorläufiger Rechtsschutz ausschließlich nach den Maßstäben des §§ 80, 80a VwGO gewährt werden. Vorläufiger Rechtsschutz wird vorliegend erschöpfend nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO ermöglicht. Hätte der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Erfolg, bedürfte der Antragsteller keines weitergehenden vorläufigen Rechtsschutzes; vielmehr könnte ihm gemäß § 80 Abs. 1 VwGO der Bescheid über das vorläufige Nichtbestehen nicht entgegengehalten werden, so dass er von weiteren Prüfungsleistungen nicht ausgeschlossen wäre. Hat der Antrag auf Wiederherstellung hingegen keinen Erfolg, bleibt kein Raum für eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 VwGO. Hinsichtlich der Hauptsache des endgültigen Nichtbestehens in einem Studiengang wird entsprechend Ziffer 18.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Regelstreitwert in Ansatz gebracht. Dieser Wert wird im Eilverfahren halbiert. Die Entscheidung über den Hilfsantrag, der denselben Gegenstand wie der Hauptantrag betrifft, erhöht den Streitwert gemäß § 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GKG nicht.