VG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2013 - 21 L 635/13
Fundstelle
openJur 2013, 35828
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe

I.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. L. aus H. für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war abzulehnen, weil der Antrag auch nach dem hierfür geltenden Maßstab

- vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 u.a. -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2010 - 5 E 1700/09 -, juris -,

aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).

II.

Der am 3. April 2013 bei Gericht gestellte Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäߠ § 123 VwGO bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, ihr für ihren Sohn K. G. Unterhaltsvorschuss in Höhe von monatlich 133,00 Euro zu gewähren,

hat keinen Erfolg. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Gericht kann zur Regelung eines vorläufigen Rechtszustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen treffen, wenn die Regelung ‑ etwa um wesentliche Nachteile abzuwenden ‑ nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Dabei sind die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen des zu sichernden Rechtes (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO lediglich der Sicherung, nicht aber der Befriedigung von (glaubhaft gemachten) Rechten dient. Sie darf eine Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Sie dient nicht dazu, einem Hilfesuchenden schneller, als es in dem Hauptsacheverfahren möglich ist, zu seinem (vermeintlichen) Recht zu verhelfen.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Unzulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache gilt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG lediglich dann, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes unabweisbar notwendig ist, weil andernfalls eintretende Nachteile für den Antragsteller schlechterdings unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht. Unzumutbarkeit im vorgenannten Sinne ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine ‑ voraussichtlich zu Gunsten des Antragstellers ausfallende - Entscheidung in der Hauptsache zu spät käme, die inzwischen eingetretenen Nachteile und Schäden also irreparabel wären.

Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 03.06.2009 ‑ 21 L 670/09 ‑; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 25.02.2000 - 21 L 3059/99 - und vom 27.07.2006 - 21 L 1340/06 -.

Soweit die Antragstellerin mit ihrem Eilantrag eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (Unterhaltsvorschussgesetz - UVG) ab dem Zeitpunkt der Leistungseinstellung zum 1. März 2013 bis zur Erhebung des gerichtlichen Eilantrags begehrt, hat sie keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Denn im Allgemeinen gibt es keinen hinreichenden Grund, im Eilverfahren laufende Leistungen für abgelaufene Zeiträume zuzusprechen. Besondere Umstände, wonach der Antragstellerin wesentliche Nachteile drohten, wenn sie nicht sofort auch rückwirkend Leistungen nach dem UVG erhielte, sind vorliegend nicht ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Weitergewährung der Leistungen nach dem UVG ab Eingang des Eilantrags bei Gericht (3. April 2013) begehrt, bedarf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes vorliegend keiner weiteren Klärung,

zu den Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes im Rahmen der Leistungen nach dem UVG siehe näher VG Ansbach, Beschluss vom 20. März 2006 - 14 E 798/06 -, juris; VG München, Beschlüsse vom 6. September 2005 - 6b E 2983/05 - und vom 17. Mai 2000 - M 6b E 1508/00 -, jeweils juris,

da sie gemessen an vorstehenden Grundsätzen keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Denn es besteht bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach der hier gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Weitergewährung von Leistungen nach dem UVG für ihren am 15. September 2012 geborenen Sohn K. G hat. Die Voraussetzungen für die ursprünglich mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 bewilligten und mit Bescheid vom 4. März 2013 eingestellten Leistungen nach dem UVG,

vgl. zur näheren Einordnung der Leistungen nach dem UVG, die nicht als rentengleiche Dauerleistungen gewährt werden, sondern unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Einstellung stehen, VGH München, Beschluss vom 18. Februar 1987 - 12 CE 2369/86 -, Zentralblatt für Jugendrecht 1987, 485-487; VG München, Beschluss vom 17. Mai 2000 - M 6b E 1508/00 -, juris, VG Ansbach, Beschluss vom 20. März 2006 - 14 E 798/06 -, juris,

liegen jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor.

Das Begehren der Antragstellerin scheitert an der Vorschrift des § 1 Abs. 3 UVG, wonach ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach dem UVG (unter anderem) nicht besteht, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Die Voraussetzungen dieses Ausschlusstatbestandes hat die Rechtsprechung dahin konkretisiert, dass eine Weigerung einer Kindesmutter, bei der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken, dann gegeben ist, wenn die Mutter es an der Bereitschaft hat fehlen lassen, im Zusammenwirken mit der Behörde das ihr Mögliche und Zumutbare zu tun, um zur Feststellung der Vaterschaft nach ihren Kräften beizutragen.

Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 9. September 1996 - 8 A 1647/93 -, und Beschluss vom 14. November 2011 - 12 B 1171/11 -, juris. Ebenso BVerwG, Urteil vom 21. November 1991 - 5 C 13/87 -, juris. Siehe zum Ganzen auch VG Minden, Urteil vom 28. November 2005 - 7 K 2084/04 -, juris.

Davon sind alle Mitwirkungshandlungen umfasst, die zur Feststellung des Anspruchs auf Unterhaltsleistung oder zur Geltendmachung des nach § 7 UVG kraft Gesetzes in Höhe des geleisteten Vorschusses auf die öffentliche Hand übergehenden Unterhaltsanspruches benötigt werden. Im Ergebnis ist die Unterhaltsvorschusskasse also in die Lage zu versetzen, dass von dem zahlungspflichtigen Elternteil die vorgeleisteten Gelder gemäߠ den Bestimmungen des § 7 UVG zurückgefordert werden können.

In Anlehnung an die Rechtsprechung zur Auskunftserteilung bei der Feststellung der Vaterschaft, siehe OVG NRW, Urteile vom 29. Oktober 1993 - 8 A 3347/91 -, juris, und vom 8. November 1983 - 8 A 2606/81 -, NJW 1984, 2542-2544, VG Aachen, Urteil vom 21. Mai 2012 - 2 K 17/11 -, juris.

Nach Auswertung des bisherigen Vorbringens und der Verwaltungsvorgänge hat es die Antragstellerin an der Bereitschaft fehlen lassen, an der Feststellung der Vaterschaft nach ihren Kräften beizutragen. Sie hat insofern ihre Mitwirkungspflicht im Sinne des § 1 Abs. 3 UVG nicht erfüllt, als sie weder die erforderlichen Schritte zur Feststellung der mutmaßlichen Vaterschaft des Herrn N. T1. selbst einleitet noch das Jugendamt im Rahmen einer Beistandschaft zur Einleitung der Vaterschaftsfeststellung bevollmächtigt. Dieser Einschätzung liegt nach derzeitigem Erkenntnisstand folgender Sachverhalt zugrunde:

Zunächst nannte die Antragstellerin ausweislich eines Vermerkes vom 23. August 2012 einige Wochen vor der Geburt anlässlich einer Vorsprache beim Jugendamt zwei mögliche Erzeuger ihres Sohnes. Als wahrscheinlichen Erzeuger benannte sie Herrn K1. O. . Sie erwähnte als möglichen Kindesvater jedoch auch Herrn "T1. ". Aufgrund der Angaben der Antragstellerin nahm die Behörde zunächst lediglich Kontakt zu Herrn O. auf. Die Antragstellerin beantragte nach der Geburt des Kindes am 15. September 2012 sodann am 1. Oktober 2012 bei dem Jugendamt der Antragsgegnerin die Einrichtung einer Beistandschaft gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB, um die Feststellung der Vaterschaft herbeizuführen und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen wahrzunehmen. Nach entsprechender Belehrung über die gesetzliche Empfängniszeit gemäß § 1600d Abs. 3 BGB (18. November 2011 bis zum 18. März 2012) gab sie als (einzig möglichen) Vater Herrn K1. O. an und erklärte, dass sie während der Empfängniszeit mit keinem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe. Nachdem sich jedoch anhand des genetischen Abstammungsgutachtens vom 9. Januar 2013, das im Auftrag des Amtsgerichts H. (Familiengericht) in dem Verfahren 12 F 342/12 erstellt worden war, die Vaterschaft des Herrn O. ausschließen ließ, teilte die Antragstellerin am 29. Januar 2013 gegenüber dem Jugendamt mit, ihr "Kumpel" Herr N. T1. habe sie vergewaltigt. An die Polizei habe sie sich zu keinem Zeitpunkt gewandt. Schließlich beantragte sie am 19. Februar 2013 die sofortige Aufhebung der Beistandschaft über das Kind, da sie eine Vaterschaftsanerkennung durch Herrn T1. aus persönlichen Gründen nicht wünsche.

Unter anderem durch vorstehende Beantragung der Aufhebung der Beistandschaft ist die Antragstellerin der Mitwirkungspflicht im Sinne des § 1 Abs. 3 UVG nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Denn allein die Feststellung des (nach vorstehendem Sachverhalt) bekannten Kindsvaters - des Herrn N. T1. - als rechtlicher Vater wäre Voraussetzung, um dessen Unterhaltspflichtigkeit zu begründen, die im Zusammenspiel der Regelungen des Unterhaltsvorschussgesetzes Gelegenheit gäbe, den Nachrang staatlicher Unterhaltsersatzleistungen auf der Grundlage dieses Gesetzes wieder herzustellen.

Vergleiche dazu die Argumentation in dem insoweit ähnlich gelagerten Fall des VG Frankfurt, Urteil vom 7. April 2005 - 3 E 4610/03 -, juris.

Um die Ansprüche der öffentlichen Hand auch im Ergebnis durchsetzen zu können, ist die Antragsgegnerin auf die Mitwirkung der Mutter des nichtehelich geborenen Sohnes als dessen gesetzliche Vertreterin angewiesen. Denn es obliegt allein ihrer Entscheidung, ob sie selbst den mutmaßlichen Vater zum Anerkenntnis veranlasst oder im Wege einer entsprechenden Klage eine Vaterschaftsfeststellung betreibt, sie dies durch Beantragung einer Beistandschaft dem Jugendamt ermöglicht (§ 1712 BGB) oder sie der - hier sogar aktenmäßig festgehaltenen angeblichen - Bereitschaft des Kindesvaters zur Vaterschaftsanerkennung zustimmt (§ 1595 Abs. 1 BGB).

So im Ergebnis ebenfalls VG Frankfurt, Urteil vom 7. April 2005 - 3 E 4610/03 -, juris. Vgl. dazu auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 21 L 1226/06 -. Vgl. zum Ganzen auch die Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Durchführung des UVG in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung, 1.10.4. Siehe auch Helmbrecht, UVG Kommentar, 5. Auflage, § 1 Rn. 39.

Sämtliche der Antragstellerin zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Einleitung der Vaterschaftsfeststellung lehnt diese jedoch ab, so dass nach allem der Mitwirkungspflicht im Sinne des § 1 Abs. 3 UVG nicht genüge getan ist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des anspruchshindernden Tatbestandes des § 1 Abs. 3 UVG scheitert auch nicht dran, dass der Antragstellerin eine Mitwirkung im vorbeschriebenen Sinne nicht zuzumuten ist. Denn derzeit ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sie an der Vaterschaftsfeststellung aus einer persönlichen Notlage heraus nicht mitwirken kann.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass im Einzelfall eine Versagung der Leistungen nicht auf § 1 Abs. 3 UVG gestützt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Mutter eine Auskunftserteilung über den Kindesvater auf Grund einer unerträglichen Konfliktlage bzw. wegen des Vorliegens außergewöhnlicher Grunde nicht zumutbar war bzw. ist.

BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 1989 - 5 B 197/88 -, juris, und Urteil vom 21. November 1991 - 5 C 13/87 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 1993 - 8 A 3347/91 -, juris, und Urteil vom 8. November 1983 - 8 A 2606/81 -, NJW 1984, 2542-2544; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. April 1992 - 6 S 634/90-, juris. Im konkreten Fall bejahend VG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2006 - 13 K 53/06 -, juris. Siehe auch Helmbrecht, UVG Kommentar, 5. Auflage, § 1 Rn. 40; Grube, UVG Kommentar, § 1 Rn. 100.

Dabei hat die Behörde jeweils einzelfallbezogen zu prüfen und zu klären, wie es sich mit den Umständen und Motiven der Mitwirkungsverweigerung verhält, d.h. ob eine beachtliche Konfliktlage vorliegt, die diese Verweigerung trägt. Diese Gründe haben so gewichtig zu sein, dass die Kindesmutter von der Mitwirkungspflicht und damit der Kindsvater letztlich zu Lasten der Allgemeinheit von der Unterhaltspflicht freizustellen ist.

VG Frankfurt, Urteil vom 7. April 2005 - 3 E 4610/03 -, juris.

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat in Bezug auf die Verweigerung von Auskünften durch die Kindesmutter, die Rückschlüsse auf den Vater des unehelich geborenen Kindes zulassen, im Grundsatz die Voraussetzung aufgestellt, dass die Kindesmutter zur Belegung ihrer besonderen Konfliktlage den Einzelfall betreffende besondere und unerträgliche Auswirkungen nachvollziehbar vorzutragen hat. Nach dieser Rechtsprechung müssen derartige Ausführungen der behördlichen Prüfung zugänglich gemacht werden, um die Frage der Zumutbarkeit nicht von demjenigen entscheiden zu lassen, der sich auf die Unzumutbarkeit einer ihm abverlangten Pflicht zur Auskunftserteilung beruft. Die bloße Berufung auf vermeintlich geschützte Rechtspositionen ohne die Darlegung eines Mindestmaßes an einer nachprüfbaren Begründung reicht nicht aus.

OVG, Urteil vom 29. Oktober 1993 - 8 A 3347/91 -, juris.

In diesem Zusammenhang fordert das Bundesverwaltungsgericht, dass von der Kindesmutter Darlegungen zu verlangen sind, auf deren Grundlage sich das Bestehen einer beachtlichen, anerkennungswerten Konfliktlage nachvollziehen lässt, um letztendlich einer missbräuchlichen Verweigerung der Mitwirkung begegnen zu können.

BVerwG, Urteil vom 21. November 1991 - 5 C 13/87 -, juris.

Das Gericht vermag nach Auswertung des bisherigen Vorbringens der Antragstellerin keine Sachlage zu erkennen, die es ausnahmsweise aus Zumutbarkeitsgründen rechtfertigen könnte, den Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 3 UVG nicht als erfüllt anzusehen.

Sie macht eine solche persönliche Konfliktlage unter Verweis auf eine "Vergewaltigung" anlässlich eines gemeinsamen Fernsehabends in der Wohnung des Herrn T1. , mit dem sie seinerzeit "eine reine Freundschaft" gepflegt habe, geltend. Aus Scham und weil sie geglaubt habe, die Straftat nicht beweisen zu können, habe sie den Vorfall nicht gegenüber der Polizei gemeldet. Sie habe gegenüber niemandem etwas erwähnt und den Kontakt zu dem mutmaßlichen Täter umgehend abgebrochen. Sodann habe sie sich auf eine kurze Affäre mit Herrn O. eingelassen, wobei sie im Verlauf der Schwangerschaft gehofft habe, er sei der Vater ihres Sohnes. Sie führt schließlich aus, es sei ihr unzumutbar, dauerhaften Kontakt mit "ihrem Vergewaltiger aufrechtzuerhalten", und zwar "über das Kind und mit dem Kind".

Unter Berücksichtigung dieses Vorbringens vermag das Gericht - nach den dargestellten Grundsätzen - keine beachtliche Konfliktlage der Kindesmutter im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu erkennen. Zunächst werden insofern Zweifel daran hervorgerufen, als die Antragstellerin wenig konkret und nachvollziehbar darlegt, unter welchen Auswirkungen sie im Einzelnen unter dem von ihr geschilderten Geschehen leidet, dessen Tatsachengrundlage mangels der Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen unklar ist. Auf die Bewertung der Umstände der Zeugung ihres Sohnes kommt es im vorliegenden Zusammenhang jedoch deshalb nicht weiter an, weil die (erstmals) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren getätigten Angaben der Mutter, ihr sei ein weiterer Kontakt mit Herrn T1. nicht zuzumuten, den Anforderungen für das Vorliegen einer unerträglichen Konfliktlage (derzeit) nicht genügen. So hat sie weder dargelegt, unter welchen körperlichen oder psychischen Folgen sie seinerzeit litt oder gegenwärtig leidet, noch ob sie ärztliche oder sonstige therapeutische Hilfe benötigt, um die von ihr geschilderte Vergewaltigung zu verarbeiten.

Darüber hinaus betrachtet das Gericht nach derzeitigem Erkenntnisstand die Konfliktlage auch vor dem Hintergrund als nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sie selbst im Rahmen ihrer ersten Vorsprache am 23. August 2012 als mögliche Erzeuger die Herren O. und T1. angegeben hatte. Ebenso im Widerspruch steht dazu die Kontaktaufnahme ihres Vaters - der die Antragstellerin nach Aktenlage engagiert in ihren Belangen unterstützt - mit Herrn T1. , der ausweislich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Jugendamtes bekundet haben soll, er wolle die Vaterschaft "freiwillig" anzuerkennen. Diese beiden Umstände sind bei der Beurteilung der Frage, ob eine besondere und unerträgliche Konfliktlage vorliegen könnte, bereits deshalb nicht erklärlich, weil es dem Gericht als eher plausibel erscheinen würde, wenn die Antragstellerin dem mutmaßlichen Kindesvater die Vaterschaft gänzlich vorenthalten würde. Zudem stehen diese Umstände auch im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, dass sie mit "ihrem Vergewaltiger" seit dem Geschehen an dem Fernsehabend keinen Kontakt mehr wünsche.

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, ihr sei nicht zuzumuten, als Opfer der von ihr geschilderten Vergewaltigung durch die Feststellung der Vaterschaft dem Vater Rechte in Bezug auf das Kind einzuräumen. Die Berücksichtigung dieses Einwandes im vorliegenden Verfahren hätte eine Verlagerung von Folgefragen, wie etwa die der Einräumung des anteiligen Sorgerechts oder der Gestaltung des Umgangsrechts zwischen Kindesvater und Sohn, zur Folge. Derartige Fragestellungen sind jedoch nicht im Verfahren der Bewilligung von Leistungen nach dem UVG, sondern vielmehr im familiengerichtlichen Verfahren zu klären.

Im Ergebnis ebenso VG Frankfurt, Urteil vom 7. April 2005 - 3 E 4610/03 -, juris.

Schließlich ist bei der Bewertung der Zumutbarkeit einer der Kindesmutter obliegenden Mitwirkungshandlung auch zu bedenken, dass nicht nur die Interessen der Mutter, sondern auch die des Kindes zu beachten sind. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht gefolgert, dass das Interesse der Mutter nicht nur dem Interesse der zuständigen Behörde, die übergeleiteten Ansprüche gemäß § 7 UVG durchzusetzen, gegenüber zu stellen ist, sondern die Beurteilung des Vorliegens der besonderen Konfliktlage auch unter Berücksichtigung der Belange des Kindes abzuwägen ist.

BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1983 - 5 C 112/81 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 1989 - 5 B 197/88 -, VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. April 1992 - 6 S 634/90 -, juris.

Nach dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist für den Regelfall ein vitales Interesse des Kindes an der Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers anzunehmen; dies stelle ein Interesse dar, das nicht nur wirtschaftliche Aspekte (Unterhaltsanspruch, Erbersatzanspruch, Rentenanspruch) habe, sondern in vielerlei ideellen Umständen begründet sei. Daraus aber folge, dass das persönliche Interesse der Mutter von solchem Gewicht sein müsse, dass es nicht nur das oben erwähnte öffentliche Interesse, sondern darüber hinaus das geschilderte Interesse des Kindes, das sich - soweit wirtschaftliche Aspekte in Frage stehen - mit dem öffentlichen Interesse deckt, überwiegt.

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. April 1992 - 6 S 634/90 -, juris unter Bezugnahme auf die Maßstäbe des BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1983 - 5 C 112/81 -, juris.

Diese Voraussetzung sieht das Gericht mit Blick darauf, dass derzeit die besondere Konfliktlage der Kindesmutter nicht im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht ist, in der Konsequenz ebenfalls als nicht erfüllt an.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, durch die Einstellung der Leistungen werde letztendlich ihr Sohn bestraft, wobei mit dem Leistungsentzug für das Kind Druck auf sie ausgeübt werde, sich entsprechend der Vorgaben der Unterhaltsvorschusskasse zu verhalten, so ist dem entgegen zu halten, dass es in vorliegendem Zusammenhang keinesfalls darum geht, gegenüber der Kindesmutter die Mitwirkung an der Feststellung eines rechtlichen Vaters zu erzwingen. Denn es steht ihr in Bezug auf das Unterhaltsvorschussgesetz frei, diese Mitwirkung zu unterlassen. Die Folge ist allein, dass wegen § 1 Abs. 3 UVG dann eine staatliche Vorschussgewährung im Rahmen jenes Gesetzes unterbleibt.

So ausdrücklich auch VG Frankfurt, Urteil vom 7. April 2005 - 3 E 4610/03 -, juris.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO gerichtskostenfrei.