VG Darmstadt, Urteil vom 05.02.2013 - 3 K 1465/11.DA
Fundstelle
openJur 2013, 33350
  • Rkr:

Für die Klage, ein Bürgerbegehren für zulässig zu erklären, ist allgemeine Leistungsklage, gerichtet auf die Abgabe der Willenserklärung, dass das Bürgerbegehren zulässig ist, statthafte Klageart.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens. Nachdem ein Antrag der Fraktionen der FDP und der SPD, mit dem der Magistrat der Stadt Gernsheim beauftragt werden sollte, unverzüglich mit der Planung und der Kostenermittlung bzgl.Neubau bzw. Generalsanierung des bestehenden Hallenbades zu beginnen, in der Stadtverordnetenversammlung am 17.02.2011 keine Mehrheit fand, wurde in Weiterverfolgung dieser Absicht ein Bürgerbegehren durchgeführt. Die Frage lautet: „Sind Sie für den Antrag an den Magistrat der Stadt A-Stadt, unverzüglich Planung und Kostenermittlung für die Inbetriebnahme des Hallenbades durch Neubau oder Generalsanierung durchzuführen, und sind Sie damit für die Aufhebung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 17. Februar 2011 zum Antrag der Fraktionen der SPD und FDP zur Sanierung bzw. zum Neubau des Gernsheimer Hallenbades von 29.01.2011 (Az.: 0017/S/11)?“. Zum Finanzierungsplan wurde ausgeführt, zur Deckung der Investitionssumme könnten 4 Mio. Euro dem Finanzmittelbestand entnommen und 3,6 Mio. Euro durch den Verkauf von Grundstücken (bspw. Gewerbegebiet) realisiert werden.Nach einer beispielhaften Betriebskostenrechnung, die mit jährlichen Betriebskosten von 410.000 Euro endet, werden als mögliche Alternative zur Deckung der laufenden Kosten die Anhebung des Gewerbesteuersatzes von 360 % auf 380 %, eine pauschale Ausgabenkürzung bei Sach- und Dienstleistungen um ca. 3% und eine Anhebung des Grundsteuer-B-Hebesatzes von 250% auf 260%genannt.

Mit Beschluss vom 23.08.2011 (Vorlage 0172/S/11) erklärte die Stadtverordnetenversammlung den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids aus rechtlichen Gründen für unzulässig, da das vorgelegte Bürgerbegehren den formellen und materiellen Zulässigkeitsanforderungen des § 8b HGO nicht entspreche.

Mit Bescheid vom 14.09.2011 teilte der Magistrat der Stadt Gernsheim den Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens mit, die Stadtverordnetenversammlung habe das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt, weil es den formellen und materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entspreche. Es fehle an einem ausreichenden Kostendeckungsvorschlag; zudem sei die Fragestellung nicht präzise. Zur weiteren Begründung wurde auf gutachterliche Stellungnahmen des Hessischen Städte- und Gemeindebundes vom 03.07.2011 und des Hessischen Städtetages vom 05.04.2011, die den Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens bereits zuvor bekannt gegeben worden waren, Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 07.10.2011, der am 10.10.2011 bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt eingegangen ist,haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, in dem Bürgerbegehren seien eine kassatorische und eine initiierende Frage enthalten. Die kassatorische sei eindeutig, da die Aufhebung eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung gefordert werde. Auch die initiierende Frage sei klar und eindeutig formuliert. Bei einer Analyse der Fragestellung werde deutlich, dass die Inbetriebnahme des Hallenbades gefordert werde. Es gehe um das „Ob“der Maßnahme, lediglich das „Wie“ sei in Alternativen gestellt. Mithin überlasse das Bürgerbegehren es der Beklagten darüber zu entscheiden, ob dies durch Neubau oder Generalsanierung des bestehenden Hallenbades erfolgen solle. Letztlich gehe es um die Frage, ob der Bürger in Gernsheim die (Wieder-) Inbetriebnahme des Schwimmbades wolle oder nicht. Die geschätzten Baukosten in Höhe von 7,6 Mio. Euro seien realistisch, die Sanierungskosten dürften weit darunter liegen. Die Finanzierung sei nach dem Haushaltsplan sichergestellt, die Möglichkeit der Finanzierung durch Grundstücksverkäufe bestehe weiterhin. Die geschätzten Folgekosten beruhten auf einer vertretbaren Prognoseentscheidung.Auch die angenommenen Personalkosten seien seriös und belastbar.Sie beruhten auf Berechnungen eines Betreibers, der sogar von noch niedrigeren Personalkosten ausgehe. Letztlich komme es darauf an,mit welcher Personalstärke das Schwimmbad betrieben werde, was aber eine Frage der Detailplanung sei.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, das Bürgerbegehren „Sanierung/Neubau des Gernsheimer Hallenbades“ für zulässig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Fragestellung des Bürgerbegehrens nicht für geeignet, die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung zu ersetzen, da zwar eine Zielsetzung vorgegeben werde (Planung und Kostenermittlung für Inbetriebnahme des Hallenbades) und hierfür zwei Handlungsalternativen benannt würden, die entscheidende Frage der Umsetzung indes offen bliebe. Die Frage wie auch die Begründung des Bürgerbegehrens zeige, dass die eigentliche Entscheidung „Neubau oder Generalsanierung“ gar nicht getroffen werde solle, die Bürger lediglich einen Anstoß für Planungen geben wollten. Die Fragestellung lasse darüber hinaus auch Überlegungen einer Baurealisierung im Rahmen eines PPP-Modells zu. Insgesamt seien Inhalt und Tragweite der Fragestellung nicht hinreichend deutlich. Auch der Kostendeckungsvorschlag sei unzureichend. Zwar verkenne die Beklagte nicht, dass die Anforderungen insoweit nicht überspannt werden dürften, bei Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und der entsprechenden Einbeziehung von Kapitalkosten sei ein Gesamtbetriebsergebnis von minus 846.000,00 Euro bzw. minus 978.000,00 Euro zu erwarten, während das Bürgerbegehren von einem operativen Betriebsergebnis von minus 476.000,00 Euro im Falle der Sanierung und von minus 428.000,00Euro im Falle des Neubaus ausgehe. Nicht nachvollziehbar sei die Behauptung der Kläger, es handele sich um eine realistische Kostenschätzung. Auch die Frage der personellen Ausstattung des Bades sei unbeantwortet. Während die Beklagte nach einer fiktiven Hochrechnung der Personalkosten aufgrund des seitherigen Bestandes von einem Betrag von 403.858,00 Euro ausgehe, veranschlage das Bürgerbegehren lediglich 250.000,00 Euro. Schließlich seien die Finanzierungsvorschläge zu hinterfragen, hierbei sei zu berücksichtigen, dass die im Haushaltsentwurf 2012 eingestellten Einnahmen aus dem Verkauf eines Grundstücks in Höhe von 3,683 Mio.Euro nicht hätten realisiert werden können, da ein Käufer nicht gefunden werden konnte. Daher seien im verabschiedeten Haushaltsplan auch insoweit keine Mittel eingestellt worden. Soweit im Haushalt 2012 Einnahmen von Verkäufen von unbebauten Grundstücken in Höhe von 1,875 Mio. Euro eingeplant seien, stünden diese nicht zur Verfügung, da sie bereits für die Investitionen „Erweiterung Tiefenbehälter“ und „Sanierung Unterführung Stadtmitte“ in Höhe von 3,3 Mio. Euro verplant seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des von dem Beklagten vorgelegten Behördenvorgangs (5 Ordner) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.

Nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (ständige Rechtsprechung seit HessVGH, Urteil vom 28.10.1999 - 8 UE3683/97 -, HSGZ 2004, 136 = DVBl. 2000, 929-933) handelt es sich bei Klagen der vorliegenden Art, mit denen Kläger als Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens als außenstehende Personen gegenüber der Gemeinde Rechte geltend machen wollen, nicht um ein kommunalverfassungsrechtliches Organstreitverfahren, sondern um eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO. Nach anderer Ansicht (VG Gießen, Urteil vom 11.06.2008 - 8 E 2131/07 - juris; DVBl.2008, 1204 <nur Leitsatz>), die dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach neuerer Auffassung erwägenswert erscheint (HessVGH, Beschluss vom 17.11.2008 - 8 B 1805/08 -, HGZ2009, 57-61), soll indessen in Verwaltungsstreitverfahren über die Zulassung eines Bürgerbegehrens die Verpflichtungsklage als statthafte Klageart anzusehen sein. Hierfür spreche bereits, dass insoweit kein - das Vorliegen eines Verwaltungsakts zwingend ausschließender - Kommunalverfassungsstreit gegeben sei. Vielmehr entscheide die Gemeindevertretung nach § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGOabschließend über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens, was ausschließlich im Wege eines Verwaltungsakts erfolgen dürfte.Dieser Auffassung vermag die Kammer indes nicht zu folgen.

Es bestehen bereits gewichtige Zweifel, ob es sich bei der Entscheidung der Gemeindevertretung um eine Maßnahme einer Behörde handelt. Gemäß § 1 Abs. 2 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) ist Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Die Gemeindevertretung ist das unmittelbar von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählte Vertretungsorgan, obgleich sie nicht Bestandteil der Legislative ist. Denn überall dort, wo die Gemeinde über die Gemeindevertretung rechtsetzend tätig wird,bedarf sie einer ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage. Hingegen besorgt der Gemeindevorstand die laufenden Geschäfte der Verwaltung. Allerdings ist es für den Behördenbegriff ausreichend,dass die wahrzunehmenden Aufgaben und Zuständigkeiten sachlich der öffentlichen Verwaltung im materiellen Sinne zuzurechnen sind und ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben (vgl. Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2008,§ 1 Rn. 240). Ohne dass dies einer abschließenden Entscheidung bedarf, spricht wohl schon gegen die Annahme von öffentlicher Verwaltung im materiellen Sinne die Tatsache, dass die Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens,die eine gebundene Entscheidung darstellt, da sich der Prüfungsmaßstab ausschließlich an der Vorschrift des § 8 b HGOausrichtet und keinen Raum für politische Zweckmäßigkeitserwägungen eröffnet, wie jeder andere ihrer Beschlüsse auch der Kontrolle durch die anderen Organe der Gemeinde und die Kommunalaufsicht unterliegt, d.h., dass sowohl der Bürgermeister (§ 63 Abs. 1 Satz 1HGO) als auch der Gemeindevorstand (§ 63 Abs. 4 Satz 1 HGO)verpflichtet sind, einem rechtswidrigen Zulassungsbeschluss zu widersprechen und ihn im Wiederholungsfalle zu beanstanden.

Gegen die Annahme, die Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens stelle einen Verwaltungsakt dar, spricht auch, dass nach § 28 Abs. 1 HVwVfG, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (für eine solche Anhörung: Spies, Bürgerversammlung, Bürgerbegehren,Bürgerentscheid, 1999, S. 235). Indes sieht die Vorschrift des § 8b HGO eine Anhörung der Vertrauenspersonen nicht vor.

Maßgeblich für die Ermittlung der statthaften Klageart ist das Klagebegehren. Die Vertrauenspersonen eines als unzulässig zurückgewiesenen Bürgerbegehrens wollen mit ihrer Klage eine positive Zulässigkeitsentscheidung der Gemeindevertretung unter Aufhebung des früheren entgegenstehenden Beschlusses bewirken. Von dieser Entscheidung hängt die tatsächliche Durchführung des Bürgerentscheids ab, allerdings ist dieser selbst nicht Klagegegenstand (vgl. auch VG Hamburg, Urteil vom 22.01.2007 - 15 K1833/03 - juris - zur Durchführung des Bürgerentscheids). Mit der allgemeinen Leistungsklage wird die gerichtliche Verurteilung zu einem bestimmten Verhalten begehrt, das nicht im Wege einer besonderen Leistungsklage erreicht werden kann; ihr kommt eine Auffangfunktion für die Fälle zu, in denen die Verpflichtungsklage mangels eines begehrten Verwaltungsakts ausscheidet. Gegenstand der allgemeinen Leistungsklage gegen Träger öffentlicher Gewalt können sämtliche hoheitliche Handlungen sein, die weder Verwaltungsakt noch Rechtsnormen sind. Darunter fallen auch öffentlich-rechtliche Willenserklärungen ohne Verwaltungsaktcharakter. Die Kammer sieht deshalb die allgemeine Leistungsklage, gerichtet auf die Abgabe der Willenserklärung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO), dass das Bürgerbegehren zulässig ist, als statthafte Klageart an.

Das Bürgerbegehren betrifft eine wichtige Angelegenheit der Gemeinde.

Gemäß § 8b Abs. 1 HGO können die Bürger einer Gemeinde einen Bürgerentscheid über eine wichtige Angelegenheit der Gemeinde beantragen. Es darf sich nicht um eine Angelegenheit handeln, die lediglich für eine kleine Gruppe von Bedeutung, für die Gemeinde insgesamt und für das Zusammenleben der Bürger in der Gemeinde eher von untergeordneter Bedeutung ist. Anhaltspunkte für die Frage, ob eine wichtige Angelegenheit gegeben ist, können die finanziellen Auswirkungen eines Bürgerentscheids ebenso wie die generelle Bedeutung sein, die sich im Einzelfall als so wichtig darstellt,dass sie auch Gegenstand der Beschlussfassung der Gemeindevertretung sein könnte. Eine wichtige Angelegenheit ist in der Regel dann anzunehmen, wenn über den Bestand oder die Betriebsform einer öffentlichen Einrichtung eine Entscheidung herbeigeführt werden soll. Hier sind nämlich die Interessen der Bürger schon deshalb so groß, weil ihnen gemäß § 20 Abs. 1 HGO ein gesetzliches Nutzungsrecht an den öffentlichen Einrichtungen zukommt (Bennemann in Hessisches Kommunalverfassungsrecht, Stand:Oktober 2012, § 8b HGO Rn. 13). Diese Vor-aussetzungen sind vorliegend erfüllt, denn das Bürgerbegehren betrifft mit der Frage des Fortbestandes bzw. der Neuerrichtung eines Hallenbades eine öffentliche Einrichtung. Zudem ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten selbst in ihrer Sitzung am 17.02.2011 mit einem Antrag bzgl. Sanierung bzw. Neubau des Hallenbades A-Stadt befasst hat, dass es sich um eine wichtige Angelegenheit im Sinne des § 8b Abs. 1 HGO handelt.

Das Bürgerbegehren wurde schriftlich bei dem Gemeindevorstand eingereicht (§ 8b Abs. 3 Satz 1, 1. Halbsatz HGO). Ein Bürgerentscheid wurde zu dieser Frage innerhalb der letzten drei Jahre nicht durchgeführt (§ 8b Abs. 4 Satz 1 HGO). Auch wurden die Vertrauenspersonen ordnungsgemäß benannt (§ 8b Abs. 3 Satz 2 HGO)und das notwendige Quorum an Unterschriften (§ 8b Abs. 3 Satz 3HGO) mit 10 vom Hundert der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner wurde erreicht.

Das Bürgerbegehren enthält auch eine tragfähige Begründung.

Gemäß § 8b Abs. 3 Satz 2 HGO muss das Bürgerbegehren eine Begründung enthalten. Die Vorschrift enthält jedoch keine Vorgaben über Umfang und sachlichen Inhalt der geforderten Begründung. Hinzu kommt, dass die Begründung den jeweiligen Unterschriften vorangestellt sein und das Bürgerbegehren zudem einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss, so dass sie schon aus Platzgründen nicht sehr ausführlich sein kann. Darüber hinaus kommt es nicht auf Wahrheit und Klarheit der zur Begründung dienenden Tatsachen an; allerdings dürfen sie - jedenfalls soweit sie für die Entscheidung wesentlich sind - nicht derart falsch sein, dass sie auf Täuschung des Wählerwillens und damit auf eine unzulässige Wählerbeeinflussung zielen. Auf eine Täuschungsabsicht kommt es dabei nicht an. Die Begründung ist vielmehr an ihrer Funktion, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR 2002 766, juris), zu messen.

Gemessen an diesen Voraussetzungen erfüllt die Begründung des Bürgerbegehrens die Anforderungen des § 8b Abs. 3 Satz 2 HGO.Zutreffend wird ausgeführt, dass das Hallenbad Gernsheim im Jahre 2008 geschlossen wurde; es kann auch unterstellt werden, dass damit für die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt ein Verlust an Lebensqualität verbunden war und noch verbunden ist.Soweit dort weiter ausgeführt wird, die Entscheidung solle nicht ideologisch vorweggenommen, sondern auf Basis langfristiger Wirtschaftlichkeitserwägungen gefällt werden, gehört dies zu den zulässigen werbenden Elementen der Begründung.

Das Bürgerbegehren wurde auch innerhalb der 6-Wochen-Frist des §8b Abs. 3 Satz 2 HGO eingereicht. Nach dieser Vorschrift muss ein Bürgerbegehren, das sich gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung wendet, innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Diese Frist war einzuhalten, weil es sich um ein sog. kassatorisches Bürgerbegehren handelt. Die Voraussetzungen liegen vor, denn das Bürgerbegehren richtet sich gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 17.02.2011, mit dem der Antrag der Fraktionen von SPD und FDPzu Neubau bzw. Sanierung des Hallenbades abgelehnt worden ist und der mit dem Bürgerbegehren aufgehoben werden soll. Hierzu hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 13.07.2004- 8 TG 1067/04 -, HSGZ 2004, 418, juris) ausgeführt, dass ein sog.kassatorisches Bürgerbegehren nicht nur dann anzunehmen ist, wenn es ausdrücklich die (rückwirkende) Aufhebung eines Beschlusses der Gemeindevertretung fordert, sondern inhaltlich auch dann,wenn es in seiner Zielsetzung auf dessen Korrektur ausgerichtet ist, für die bereits entschiedene Angelegenheit eine abweichende Sachentscheidung begehrt bzw. die durch den Beschluss getroffene Regelung durch eine wesentlich andere ersetzen will (vgl. VGHBad.-Württ., Urteile vom 14. November 1983 - 1 S 1204/83 - NVwZ1985 S. 288 und vom 18. Juni 1990 - 1 S 657/90 - VBlBW 1990 S. 460= juris; OVG NW, Urteil vom 28. Januar 2003 - 15 A 203/02 - NVwZ-RR2003 S. 584 ff.; von Danwitz, DVBl. 1996 S. 134 <137>; Spies,Ute, Bürgerversammlung-Bürgerbegehren-Bürgerentscheid, 1999, S. 180jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor, denn das Bürgerbegehren zielt nicht nur auf die Aufhebung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung, sondern will die durch den ablehnenden Beschluss getroffene Regelung durch eine wesentlich andere ersetzen.

Mit der Einreichung des Bürgerbegehrens am 29.03.2011 ist die erforderliche 6-Wochen-Frist gewahrt. Eine Bekanntgabe im Sinne des § 8b Abs. 3 S. 1 Hs. 2 HGO ist die Mitteilung des Abstimmungsergebnisses der Gemeindevertretung durch deren Vorsitzenden in der öffentlichen Sitzung des Vertretungsorgans (vgl. VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.08.2007 – 7 G1324/07 –, HSGZ 2007, 330, VG Darmstadt, Beschluss vom 01.03.2010 - 3 L 1062/09.DA; HSGZ 2010, 231). Diese Mitteilung erfolgt regelmäßig dadurch, dass der Vorsitzende der Gemeindevertretung in der öffentlichen Sitzung das Ergebnis der Abstimmung feststellt. Vorliegend erfolgte die Abstimmung und die Mitteilung von ihrem Ergebnis durch den Stadtverordnetenvorsteher in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 17.02.2011, so dass das am 29.03.2011 eingereichte Bürgerbegehren fristgerecht innerhalb der am 31.03.2011, 24:00 Uhr, endenden Frist eingereicht worden ist.

Bedenken gegen die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestehen im Übrigen nicht schon deshalb, weil hier zwei Fragestellungen miteinander verknüpft wurden. Die Kopplung der Fragen ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie in einem inneren Zusammenhang miteinander stehen (vgl. BayVGH, Urteil vom 10. 12. 1997 - 4 B97.89-93 -, NVwZ-RR 1999, 141, BayVGH, Urteil vom 25.07.2007 - 4 BV06.1438 -, BayVBl 2008, 82, VG Darmstadt, Beschluss vom 11.05.2009- 3 K 2471/06.DA -, juris). Denn bei der gebotenen einheitlichen Betrachtungsweise besteht kein Zweifel, dass der erste Teil der Frage nach der Zustimmung zu Planung und Kostenermittlung für die Inbetriebnahme des Hallenbades durch Neubau oder Generalsanierung in einem inneren Zusammenhang mit dem zweiten Teil der Frage steht,in der der ablehnende Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 17.02.2011 aufgehoben werden soll.

Der zweite Teil der Fragestellung wendet sich gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 17.02.2011; mit ihm wird die Aufhebung des genannten Beschlusses erstrebt. Die Frage ist eindeutig formuliert, bedarf keiner Auslegung und lässt uneingeschränkt erkennen, dass die Aufhebung des genannten Beschlusses begehrt wird. Diese Frage lässt sich ohne Einschränkung mit „ja“ oder „nein“ beantworten.

Das Bürgerbegehren ist indes nicht zulässig, denn die Frage ist im Übrigen nicht hinreichend bestimmt. Gemäß § 8b Abs. 3 Satz 2 HGOi.V.m. § 55 Abs. 3 KWG muss die Frage so formuliert sein, dass sie eindeutig mit „ja“ oder mit „nein“beantwortet werden kann.

Zu den Anforderungen, die an das Erfordernis der „hinreichenden Bestimmtheit“ der Fragestellung zu stellen sind, hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 05.10.2007 - 8 TG 1562/07 -, LKRZ 2008, 71; juris)ausgeführt:

„Die 1992 mit der unmittelbaren Wahl der Bürgermeister/Oberbürgermeister und Landräte eingeführten Bürgerbegehren/Bürgerentscheide sollten das die Hessische Gemeindeordnung bestimmende System der repräsentativen Demokratie,nach dem die Organe der Gemeinde grundsätzlich die Verantwortung für deren Verwaltung und Entwicklung tragen, durch einzelne plebiszitäre Elemente ergänzen, um eine stärkere Mitwirkung der Bürgerschaft am kommunalen Geschehen zu ermöglichen (vgl.Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung, LT/Ds. 13/1397vom 6. Januar 1992 S. 22). Die hohe demokratische Legitimation von Bürgerbegehren/Bürgerent-scheiden als Elemente direkt-plebiszitär demokratischer Entscheidungen kommt in der Regelung des § 8b HGOetwa dadurch zum Ausdruck, dass ein erfolgreiches Bürgerbegehren,dem die Gemeindevertretung nicht nach Absatz 4 Satz 3 dieser Vorschrift folgt, in einem Bürgerentscheid fortgeführt werden kann,der nach Absatz 7 Satz 1 mit der erforderlichen Mehrheit die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung hat und nach Absatz 7 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 für die Dauer von mindestens drei Jahren weder durch die Gemeindevertretung noch durch ein neues Bürgerbegehren abgeändert werden kann, also für diesen dreijährigen Zeitraum das Handeln der Gemeinde verbindlich bestimmt, während auf der anderen Seite ein Beschluss der Gemeindevertretung von vornherein einen solchen Bestandsschutz nicht genießt, sondern von einem Bürgerbegehren sofort in Frage gestellt und bei Erfolg aufgehoben werden kann (vgl. Hess. VGH,Beschluss vom 13. Juli 2004 – 8 TG 1067/04 –HGZ 2004 S. 418 ff. = juris Rdnr. 46). Fundamentale Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit der kommunalen Willensbildung ist aber die Erkennbarkeit der Zielsetzung von Bürgerbegehren. Die zur Entscheidung zu bringende Frage muss aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat, und weil auch nur in diesem Fall festgestellt werden kann, dass die notwendige Stimmenzahl für dieses Begehren erreicht wurde. Außerdem muss der Bürgerentscheid wegen seiner Wirkung als endgültiger Beschluss der Gemeindevertretung einen vollziehbaren Inhalt haben. Deshalb ist für die Auslegung nicht die subjektive, im Laufe des Verfahrens erläuterte Vorstellung der Initiatoren von Sinn, Zweck und Inhalt des Bürgerbegehrens, sondern allein der objektive Erklärungsinhalt maßgeblich, wie er in der Formulierung und Begründung des Antrags zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste. Diese Anforderungen sind im Interesse einer unverfälschten direktdemokratischen Willensbildung vergleichsweise strikt zu handhaben (vgl. von Danwitz, DVBl. 1996 S. 134 [137 r.Sp.]). Es muss deshalb anhand der vom objektiven Empfängerhorizont ausgehenden Auslegung zweifelsfrei geklärt werden können, über welchen konkreten Gegenstand und welche Fragestellung die Unterzeichner die Durchführung eines Bürgerentscheids verlangen (vgl. Spies, Bürgerversammlung/Bürgerbegehren/Bürgerentscheid,1999, S. 165).“

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die Fragestellung für einen Auftrag an den Magistrat, unverzüglich Planung und Kostenermittlung für die Inbetriebnahme des Hallenbades durch Neubau oder Generalsanierung durchzuführen, lässt gerade nicht zweifelsfrei erkennen, über welchen konkreten Gegenstand und welche Fragestellung die Unterzeichner die Durchführung des Bürgerbegehrens verlangen. Der Fragestellung lässt sich schon nicht entnehmen, ob neben dem Auftrag für Planung und Kostenermittlung die Inbetriebnahme des Hallenbades überhaupt Gegenstand der Fragestellung bzw. der Entscheidung des angestrebten Bürgerentscheids sein soll. Dagegen spricht schon, dass nach der Begründung die Entscheidung, ob das Hallenbad neu gebaut oder das bestehende Hallenbad einer Generalsanierung unterzogen werden soll,„nicht ideologisch vorweggenommen, sondern auf Basis langfristiger Wirtschaftlichkeit gefällt werden“ soll. Mithin geht das Bürgerbegehren selbst davon aus, dass eine Entscheidung,ob und wenn ja, in welcher Form, ein Hallenbad in Gernsheim wieder in Betrieb genommen werden soll, ausdrücklich späteren Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung vorbehalten bleiben soll. Die Entscheidung, ob Neubau oder Generalsanierung, wird ausdrücklich offengelassen und späteren Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung überantwortet. Die Fragestellung will den Magistrat lediglich zu Planung und Kostenermittlung beider Varianten beauftragen; welche Konsequenzen sich aus den so gewonnenen Erkenntnissen ergeben, bleibt ausdrücklich offen.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist nicht klar und eindeutig,dass die Wiederinbetriebnahme des Hallenbades erreicht werden soll.Nach ihrem eigenen Vortrag soll der Magistrat lediglich verpflichtet werden, in eine Planung einzutreten, „die letztlich in der Wiederinbetriebnahme des Hallenbades Gernsheim mündet“. Zwar berühmen sich die Kläger ihres Verantwortungsbewusstseins, wenn sie darauf hinweisen, dass keine endgültige Festlegung auf Sanierung oder Neubau erfolgen sollte.Indes lässt die gewählte Formulierung nicht nur offen, ob neu gebaut oder generalsaniert werden soll; sie schließt vielmehr auch die Möglichkeit einer Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung gegen beide Alternativen ein, mithin für eine Beibehaltung des status quo, wie er sich im Zeitpunkt des Bürgerbegehrens darstellte. Deshalb handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein bloßes „Anstoßen“ eines Entscheidungsprozesses. Das bloße Anstoßen eines Entscheidungsprozesses genügt aber nicht den Anforderungen, die an die Fragestellung im Bürgerentscheid zu stellen sind. Hierbei ist zu berücksichtigten, dass der Bürgerentscheid eine Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung ersetzt (§ 8b Abs. 7 HGO). Die Fragestellung darf daher nicht erst darauf abzielen, eine Entscheidung der Gemeindevertretung zu einer bestimmten Frage überhaupt erst herbeizuführen. Unzutreffend in diesem Zusammenhang ist darüber hinaus die Auffassung der Kläger,die Entscheidung über die Alternative Neubau oder Sanierung fände nicht auf der Ebene der Stadtverordnetenversammlung, sondern in der Verwaltung (Magistrat) statt. Nicht nur die Frage des „ob“, sondern auch die des „wie“ fallen in die ausschließliche Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung.Während der Magistrat gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 HGO die laufende Verwaltung besorgt, weist § 9 Abs. 1 Satz 2 HGO ausschließlich der Stadtverordnetenversammlung die Kompetenz zu, die wichtigen Entscheidungen zu treffen. Es bestehen nach Auffassung der Kammer keine Zweifel daran, dass die Frage, in welcher Form eine Wiederinbetriebnahme des Hallenbades erfolgen soll, ob im Wege eines Neubaus oder einer Generalsanierung des bestehenden Hallenbades, eine wichtige Frage ist, für die ausschließlich die Stadtverordnetenversammlung zuständig ist. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass sowohl die Kostenseite sowohl bei der Investition als auch für den Betrieb deutlich mache, dass es sich um eine so wichtige Entscheidung handele, so dass hier die Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung auch bezüglich der Entscheidung über eine der beiden möglichen Varianten gegeben sei mit der weiteren Folge, dass hierüber auch im Rahmen eines Bürgerentscheids die Bürger direkt und unmittelbar zu befinden haben.

Vorstehend kommt auch eine „bürgerbegehrensfreundliche Auslegung“ nicht in Betracht. Hierzu hat die erkennende Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 01.03.2010 – 3 L1062/09.DA - ; HSGZ 2010, 231; juris, ausgeführt, wenn die Fragestellung doppeldeutig sei, sei es in der Regel nicht möglich,zu ermitteln, wie der jeweilige Unterschriftsleistende die Fragestellung verstanden habe. Eine nachträgliche Klarstellung der Initiatoren des Bürgerbegehrens gegenüber der Gemeinde werde diesen Mangel regelmäßig nicht beheben können, weil den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens, die die Fragestellung anders als die Initiatoren des Bürgerbegehrens interpretiert hätten, durch eine entsprechende Klarstellung fälschlicherweise die Interpretation der Initiatoren des Bürgerbegehrens zugerechnet würde. Ob diese Unterzeichner das Bürgerbegehren auch dann unterschrieben hätten, wenn ihnen die abweichende Interpretation der Initiatoren des Bürgerbegehrens bekannt gewesen wäre, werde regelmäßig nicht zu ermitteln sein.

Ungeachtet dessen erweist sich das Bürgerbegehren auch deshalb als unzulässig, weil der Kostendeckungsvorschlag defizitär ist.Gemäß § 8b Abs. 3 Satz 2 HGO muss das Bürgerbegehren einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Die Vorlage des Kostendeckungsvorschlags ist zwingend, denn mit der Sachentscheidungsbefugnis geht auch insoweit die finanzielle Verantwortlichkeit für den Gemeindehaushalt auf die Bürger über.Der Sinn der Vorschrift besteht darin, den Bürgern diese Selbstverantwortung für die gemeindlichen Finanzen deutlich zu machen und sie zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der ihnen eingeräumten Entscheidungsmacht anzuhalten. Dabei darf sich das Bürgerbegehren nicht auf die Erläuterung der aktuell erforderlichen (Investitions-)Kosten beschränken; da diese in der Regel noch von der Gemeinde aufzubringen sein werden; die gravierenden, weil langfristigen Kosten ergeben sich indes aus den zu erwartenden Folgekosten (Betriebs- und Unterhaltungskosten). Zwar dürfen die Anforderungen an den Kostendeckungsvorschlag nicht überspannt werden, gleichwohl muss entsprechend § 10 Abs. 3 GemHVO zumindest eine Schätzung der nach Fertigstellung anfallenden jährlichen Belastungen erfolgen. Darüber hinaus muss dargelegt werden, wie die erforderlichen Mittel konkret aufgebracht werden können (VGDarmstadt, Urteil vom 17.09.1998 – 3 E 1211/98 -, HessVGRspr 1999, 18, juris). Dabei ist auch darzulegen, welchen Bereichen des Gemeindehaushalts Mittel entzogen oder wie sonst die Maßnahme finanziert werden soll.

Diesen Anforderungen genügt der Kostendeckungsvorschlag nicht.Dieser differenziert schon nicht hinsichtlich der zu erwartenden Kosten zwischen Neubau und Generalsanierung. Augenscheinlich geht der Kostendeckungsvorschlag nunmehr nur noch von einem Neubau aus.Soweit dort ausgeführt wird, dem Vorschlag liege ein Bauvolumen von 7,6 Mio. Euro zugrunde, zur Deckung dieser Kosten könnten 4 Mio.Euro dem Finanzmittelbestand entnommen und 3,6 Mio. Euro durch den Verkauf von Grundstücken (z. B. im Gewerbegebiet) realisiert werden, ist dieser Vorschlag nicht nachvollziehbar. Das Gericht folgt insoweit dem Gutachten des Hessischen Städtetages vom 05.04.2011, in dem ausgeführt wird:

„Insbesondere lässt er hinsichtlich des Finanzierungsplans für das Bauvorhaben unberücksichtigt, dass es augenscheinlich keine liquiden bzw. ungebundene Mittel in der ausgewiesenen Höhe, d.h. im Gesamtwert von 4 Millionen Euro gibt; …….Dies hat auch für den Fall zu gelten, dass Eigenkapital vorhanden ist. So ist zu berücksichtigen, dass bei einer Hallenbadsanierung bzw.einem –neubau, also einer Bindung von Eigenkapital keinerlei Zinserträge mehr durch selbiges erwirtschaftet werden können, und dementsprechend ein negativer Effekt auf das allgemeine Jahresergebnis der Kommune die Folge ist; Mindererträge bei den Zinsen wären deshalb im Rahmen des Teilhaushalts einer öffentlichen Einrichtung – hier: dem Hallenbad – als Kosten zu spiegeln, vgl. insofern § 4 Abs. 3 GemHVO-Doppik, und deshalb in den Kostendeckungsvorschlag aufzunehmen - nicht zuletzt deshalb, um eine verursachungsgerechte Zuordnung von Ressourcenaufkommen und –verbrauch zu ermöglichen“.

Des Weiteren ist der im Kostendeckungsvorschlag genannte Betrag in Höhe von 3,6 Mio. Euro durch den Verkauf von Grundstücken nicht realisierbar. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, die im Haushaltsplanentwurf 2010 eingestellten Einnahmen aus dem Verkauf eines Grundstücks in Höhe von 3,683 Mio. Euro hätten nicht realisiert werden können, da die entsprechenden Verkaufsbemühungen der Stadt nicht dazu geführt hätten, dass ein Käufer hätte gefunden werden können. Folgerichtig seien schon in den verabschiedeten Haushaltsplan für das Jahr 2010 gemäß dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 08.12.2009, der jedenfalls den Klägern zu 1) und 3) bekannt sein dürfte, da sie zu diesem Zeitpunkt selbst Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Gernsheim waren, keine Mittel mehr aus diesem Grundstücksverkauf eingestellt worden. Im Haushaltplan des Jahres 2012 seien nur noch Einnahmen durch Grundstücksverkäufe in Höhe von 1,875 Mio. Euro eingestellt worden, diese seien im Übrigen für die Investitionen „Erweiterung Tiefenbehälter“ und „Sanierung Unterführung Stadtmitte“ mit einem Gesamtvolumen von 3,3 Mio. Euro bereits verplant. Soweit die Kläger dem gegenüber lediglich einwenden, die Finanzierung der 7,6 Mio.sei sichergestellt, denn der Haushaltsansatz für das Jahr 2011 gehe von einem Finanzmittelbestand in Höhe von über 6 Mio. Euro aus,auch bestehe die Möglichkeit der Finanzierung durch Grundstücksverkäufe weiterhin, sind diese Argumente pauschal und nicht geeignet, den Kostendeckungsvorschlag den gesetzlichen Erfordernissen anzupassen.

Darüber hinaus ist der Kostendeckungsvorschlag auch hinsichtlich der Personalkosten nicht ausreichend. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass die Beklagte bei einer fiktiven Hochrechnung der Personalkosten nach dem Bestand der Mitarbeiter vor der Schließung des Hallenbades im Sommer 2008 von Personalkosten in Höhe von ca.404.000 Euro ausgegangen ist. Demgegenüber bringt das Bürgerbegehren in seinem Kostendeckungsvorschlag Personalkosten in Höhe von lediglich 250.000 Euro in Ansatz. Nicht geklärt ist mithin, mit welcher Personalausstattung und mit welchen Öffnungszeiten hier kalkuliert wird. Zwar mag zutreffen, dass die von dem Bürgerbegehren geschätzten Personalkosten auf einer Berechnung eines Betreibers beruhen, der sogar von noch niedrigeren Personalkosten in Höhe von lediglich 105.000 Euro ausgeht. Die Kläger selbst weisen aber darauf hin, dass es für eine seriöse und belastbare Prognose der Personalkosten entscheidend darauf ankomme,wie ein Bad personell ausgestattet werde. Hier gebe es genug Spielräume. Dies ist für das Gericht allerdings für eine nachvollziehbare Schätzung der Folgekosten nicht ausreichend.

Nach alledem kann dahin gestellt bleiben, ob sich das Bürgerbegehren auch deshalb als unzulässig erweist, weil die zur Entscheidung zu bringende Frage, die Begründung und der Kostendeckungsvorschlag thematisch nicht deckungsgleich scheinen (Grundsatz der Kongruenz von Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag). Diese Kongruenz ist erforderlich, weil andernfalls für den Bürger nicht mehr klar ist, worüber er abstimmen soll und ob und welche Kosten für die verlangte Maßnahme abzudecken sind. Bedenken könnten insoweit bestehen, als der Kostendeckungsvorschlag auch eine Anhebung des Gewerbesteuer-Hebesatzes von 360% auf 389%, pauschale Ausgabenkürzungen bei Sach- und Dienstleistungen um ca. 3% sowie eine Anhebung des Grundsteuer B-Hebesatzes von 250% auf 260%vorsieht. Dies kann angesichts der oben dargestellten sonstigen Defizite jedoch dahingestellt bleiben.

Die Kläger haben als Unterliegende die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 2 GKG festgesetzt. Da der bisherige Sach- und Streitstand keine Anhaltspunkte für die Bedeutung der Sache für die Kläger ergeben hat, legt das Gericht den sog. Auffangstreitwert zugrunde. Die vorläufige Streitwertfestsetzung wird damit gegenstandslos.