SG Aachen, Beschluss vom 05.07.2013 - S 7 KA 6/13 ER
Fundstelle
openJur 2013, 31858
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 09.01.2013 anzuordnen, wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens, zu denen auch die Kosten der Beigeladenen zu 6) gehören, trägt der Antragsteller Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 00.00.0000 geborene Antragsteller ist als Facharzt für Laboratoriumsmedizin für den Vertragsarztsitz in B. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Schreiben vom 27.08.2012 (eingegangen am 28.08.2012) teilte er der Bezirksstelle der Beigeladenen zu 6) Folgendes mit:

"Betr.: Beendigung der Laborarztpraxis zum 02.01.2013

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich meine Laborpraxis in B., KV-Nr. 0000 zum 02.01.2013 schließe. Zu diesem Termin verzichte ich ebenfalls auf die Zulassung."

Durch Beschluss vom 19.09.2012 (abgesandt am 08.11.2012) stellte der Zulassungsausschuss für Ärzte L. fest, die Zulassung des Antragstellers ende mit Ablauf des 31.12.2012. Hiergegen legte der Antragsteller am 19.11.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, wie er bereits mit Schreiben vom 26.10.2012 mitgeteilt habe, sei es ihm bisher nicht möglich gewesen, einen Nachfolger für seine Laborpraxis in B. zu finden. Er sehe sich deshalb gezwungen, die Praxis über den 02.01.2013 hinaus zu betreiben. Auf die damit verbundene Zulassung könne er ebenfalls nicht verzichten. Nachdem der Antragsteller dem Antragsgegner sein Schreiben vom 26.10.2012 am 02.01.2013 zugesandt hatte, hob der Antragsgegner mit Beschluss vom 09.01.2013 den Beschluss des Zulassungsausschusses auf. Zur Begründung führte er aus, es könne dahin stehen, ob es sich bei dem Schreiben des Antragstellers vom 27.08.2012 um eine unbedingte Verzichtserklärung handele. Denn es habe sich die Nachfrage aufdrängen müssen, ob eine Veräußerung der Praxis in Betracht kam und deshalb eine Verzichtserklärung mit einer aufschiebenden Bedingung in Betracht kam. Óberdies habe der Antragsteller nach seiner unwiderlegt gebliebenen schriftlichen Darstellung unter dem 26.10.2012 mitgeteilt, er könne nicht auf seine Zulassung verzichten, weil noch kein Nachfolger gefunden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschluss des Zulassungsausschusses noch nicht wirksam gewesen, weil er erst am 08.11.2012 zu Post gegeben worden sei. Der Zulassungsausschuss habe sich erneut mit der Sache befassen müssen, weil das Schreiben des Antragstellers als Widerruf der Verzichtserklärung zu werten sei. Jedenfalls bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Widerspruchsauschuss sei ein Widerruf als zulässig zu erachten, zumal im vorliegenden Fall nur die Interessen des Vertragsarztes betroffen seien.

Gegen den Beschluss des Antragsgegners hat die Beigeladene zu 6) am 15.02.2013 Klage erhoben, die unter dem Az. S 7 KA 1/13 geführt wird.

Mit Schreiben vom 11.04.2013 hat der Antragsgegner dem Antragsteller mitgeteilt, er sehe keine Veranlassung, die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung vom 09.01.2013 anzuordnen. Am 29.04.2013 hat sich der Antragsteller an das Gericht gewandt und Eilrechtsschutz begehrt. Er führt aus, nach der Entscheidung des Antragsgegners vom 09.01.2013 habe er weiterhin vertragsärztliche Leistungen erbracht und abgerechnet. Dies sei mit der Klage der Beigeladenen zu 6), welche aufschiebende Wirkung habe, nicht mehr möglich. Die Entscheidung des Antragsgegners sei nicht zu beanstanden. Die Beigeladene zu 6) habe Veranlassung gehabt, bei dem Antragsteller nachzufragen, ob er tatsächlich auf seine Zulassung ohne Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens verzichten wolle. Wenn der Antragsteller seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht fortsetzen könne, bestehe die Gefahr, dass sich die zuweisenden Ärzte anderweitig orientierten.

Der Antragsteller beantragt, die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 09.01.2013 anzuordnen.

Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.

Die Beigeladenen zu 1) bis 5) stellen keinen eigenen Antrag.

Die Beigeladene zu 6) beantragt, den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Ansicht, die Entscheidung des Antragsgegners vom 09.01.2013 könne nicht für sofort vollziehbar erklärt werden. Óberdies sei bereits mit dem Verzicht des Antragstellers kraft Gesetzes materiellrechtlich die Beendigung seiner Zulassung eingetreten. Im Óbrigen sei die unter dem Az. S 7 KA 1/13 erhobene Klage zulässig und begründet, weil die Verzichtserklärung des Antragstellers am 28.08.2012 zugegangen sein und ein Widerruf nicht vor diesem Zugang oder gleichzeitig mit der Verzichtserklärung erfolgt sei.

Das Gericht hat die Verwaltungsvorgänge des Zulassungsausschusses für Ärzte B. betreffend den Antragsteller beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Statthafte Antragsart ist im vorliegenden Fall ein Verfahren nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn bei der von der Beigeladenen zu 6) unter dem Az. S 7 KA 1/13 erhobenen Klage gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 09.01.2013 handelt es sich um eine Anfechtungsklage, welche nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung hat.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt. Seine Antragsbefugnis folgt bereits daraus, dass er durch die belastende Entscheidung des Antragsgegners gegenüber der Beigeladenen zu 6) begünstigt wird. Wird diese begünstigende Entscheidung indessen angefochten, kann der Dritte die Anordnung der sofortigen Vollziehung beantragen (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86a Rdnr 20c).

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen eine Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Angesichts des in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG zum Ausdruck kommenden Regel-Ausnahmeverhältnisses (das auch für Verwaltungsakte mit Drittwirkung gilt, vgl. nur Keller, a.a.O., § 86a Rdnr. 19a) bedarf es indessen gewichtiger Gründe, die eine Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen. Maßgeblich ist in Anlehnung an die in § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG getroffene Wertentscheidung, ob das Individualinteresse an der sofortigen Vollziehung das öffentliche Interesse an der aufschiebenden Wirkung überwiegt, was im Rahmen einer umfassenden Abwägung zu klären ist. In die Abwägung einzustellen sind dabei die Folgen der angefochtenen Entscheidung, wobei den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sowie insbesondere grundrechtlichen Belangen eine wesentliche Bedeutung zukommt (Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, § 86b Rdnr. 41; Keller, a.a.O., § 86a Rdnr. 20a). Bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung müssen entsprechende Interessen des Dritten in den Abwägungsprozess mit einbezogen werden (Keller, a.a.O., § 86a Rdnr. 20c). Auf die vorliegende Konstellation übertragen, bedeutet dies, dass die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Antragsgegners vom 09.01.2013 anzuordnen ist, wenn das Vollzugsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der aufschiebenden Wirkung der Klage der Beigeladenen zu 6) überwiegt. Dies ist der Fall, wenn die von der Beigeladenen zu 6) unter dem Az. S 7 KA 1/13 erhobene Klage offensichtlich erfolglos ist und auch die übrigen Belange des Antragstellers keine Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen.

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben war der Antrag abzulehnen. Denn die in der Hauptsache erhobene Klage der Beigeladenen zu 6) ist nicht offensichtlich unbegründet (dazu sogleich) und auch die übrigen Belange des Antragstellers führen nicht zu einem Óberwiegen des privaten Interesses an der sofortigen Vollziehung (dazu sodann).

Die Klage der Beigeladenen zu 6) ist nicht offensichtlich erfolglos. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Beigeladene zu 6) im Klageverfahren klagebefugt. Denn aufgrund ihrer Aufgabe zur Sicherstellung der vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung ist sie unabhängig von einer konkreten Beschwer im Einzelfall oder eines konkreten rechtlichen Interesses zur Anfechtung von Entscheidungen der Zulassungsgremien befugt (siehe allgemein etwa BSG, Urteil vom 17.06.2009, B 6 KA 14/08 R = juris; BSG, Urteil vom 02.09.2009, B 6 KA 21/08 R = juris). Gilt dies indessen in Verfahren, in denen um die originäre Zulassung gestritten wird, kann in Konstellationen wie der vorliegenden, in denen eine für den Kassenarzt zunächst belastende Entscheidung über die Zulassung durch den Berufungsausschuss aufgehoben wird, nichts anderes gelten.

Die Klage ist bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Betrachtung nicht offensichtlich unbegründet, vielmehr sprechen – im Gegenteil – gute Gründe für eine Begründetheit. Denn der Beschluss des Antragsgegners ist rechtswidrig und verletzt die Beigeladene zu 6) in ihren Rechten. Der Antragsteller hat nämlich wirksam auf seine Zulassung verzichtet.

Der Antragsteller hat im Rahmen seines unter dem 27.08.2012 verfassten Schreibens auf seine Zulassung verzichtet. Für einen Verzicht spricht für die Kammer weniger die Wendung "verzichtet", als vielmehr der Gesamtzusammenhang des Schreibens. Darin hat der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, dass er seine "Laborpraxis zum 02.01.2013 schließe". Dies lässt nach den für Willenserklärungen auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsätzen analog §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach dem objektiven Empfängerhorizont (hierzu etwa Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 133 Rdnr. 4 m.w.N.) nur den Schluss zu, dass eine endgültige Aufgabe seiner Tätigkeit als Facharzt für Laboratoriumsmedizin zu diesem Zeitpunkt gewollt war. Soweit der Antragsgegner im Rahmen seiner Entscheidung vom 09.01.2013 ausführt, der Zulassungsausschuss habe bei dem Antragsteller nachfragen müssen, wie dessen Erklärung aufzufassen sei, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Denn der Verzicht stellt eine einseitige empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärung dar (hierzu etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.02.2005 – L 5 KA 3191/04 = juris, Rdnr. 30). Angesichts der Eindeutigkeit der Erklärung des Antragstellers vom 27.08.2012 aber, die keinen Interpretationsspielraum zulässt, trat die Rechtsfolge des Verzichts unabhängig von einer Nachfrage bei dem Zulassungsausschuss mit dem Zugang jener Erklärung ein. Insofern kann es dahin stehen, ob ein Verzicht als einseitige empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärung auch unter einer Bedingung erklärt werden kann, was im überwiegenden Schrifttum und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung allein für den Fall angenommen wird, dass der Verzicht unter der Bedingung bestandskräftiger Nachbesetzung erklärt wird (BSG, Urteil vom 14.12.2011 – B 6 KA 13/11 R = juris, Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.5.2010 – L 11 KA 9/10 B ER = juris, Rdnr 84; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.11.2010 – L 3 KA 75/07 = juris; Pawlita, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 103 Rdnr. 58 m.w.N.; Krauskopf/Clemens, in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl. 2010, § 29 Rdnr. 120; Karst, MedR 1996, 554, 555 f.; aA OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.2005 – 4 U 73/04 = OLGR Zweibrücken 2005, 670 ff.; wohl auch Hess, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergänzungslieferung 2012, § 103 SGB V Rdnr. 21). Der Antragsteller hat nämlich von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und ohne Not einen unbedingten Verzicht auf seine Zulassung erklärt.

Dieser Verzicht ist vom Antragsteller auch nicht wirksam widerrufen worden.

Im Hinblick auf einen Widerruf findet § 46 Abs. 1, 2. Halbsatz Erstes Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) keine Anwendung. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht um einen Verzicht betreffend Ansprüche auf Sozialleistungen im Sinne von § 11 Satz 1 SGB I, sondern um eine Zulassung als Facharzt für Laboratoriumsmedizin.

Der wirksam erklärte Verzicht eines Arztes auf seine Zulassung kann daher nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB widerrufen werden (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr. 29). Danach wird eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Ein gleichzeitiger oder vorheriger Widerruf ist indessen im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Verzicht des Antragstellers ist der Bezirksstelle der Beigeladenen zu 6) am 28.08.2012 zugegangen. Vor bzw. zu diesem Zeitpunkt ist ein Widerruf nicht zugegangen. Das erst unter dem 26.10.2012 verfasste Schreiben des Antragstellers kann zu diesem Zeitpunkt und auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 19.09.2012 offenkundig nicht zugegangen sein. Doch selbst wenn man das Merkmal der "Gleichzeitigkeit" als erfüllt ansehen wollte, wenn bis zur Zustellung der Entscheidung des Zulassungsausschusses ein Widerruf zugeht, so ist der erklärte Verzicht nicht wirksam widerrufen worden. Denn auch wenn man das Widerspruchsschreiben als Widerruf des Verzichts interpretieren wollte, wäre dieser Widerruf erst am 19.11.2012 zugegangen – zu einem Zeitpunkt also, als der Beschluss vom 19.09.2012 den Beteiligten bereits zugestellt worden war. Für einen Zugang des Schreibens des Antragstellers vom 26.10.2012 vor dem bzw. zum Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses an die Beteiligten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte. Ein solches Schreiben ist nicht Bestandteil der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Zulassungsausschusses und ein Zugang ist auch sonst nicht nachgewiesen. Dass der Antragsteller an Eides statt versichert hat, das Schreiben vom 26.10.2012 am 27.10.2012 zur Post gegeben zu haben, ändert hieran nichts. Denn damit ist lediglich die Aufgabe zur Post glaubhaft gemacht, nicht aber der Zugang des Schreibens. Ob den Antragsteller hierbei Verschulden trifft, ist unerheblich, weil allein der Zugang vor bzw. zu den o.g. Zeitpunkten entscheidend ist.

Eine andere Auslegung des Merkmals der "Gleichzeitigkeit" ergibt sich auch nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Danach wird der Verzicht auf die Zulassung mit dem Ende des auf den Zugang der Verzichtserklärung des Vertragsarztes beim Zulassungsausschuss folgenden Kalendervierteljahrs wirksam. Diese Vorschrift trifft allein eine Aussage über den Eintritt der Rechtsfolge des Verzichts. Zur davon zu unterscheidenden Problematik der Wirksamkeit der Verzichtserklärung verhält sie sich nicht (BSG, Urteil vom 08.05.1996 – 6 RKa 20/95 = juris, Rdnr. 27 f.; LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr. 30). Die Wirksamkeit der Verzichtserklärung tritt mit ihrem Zugang beim Empfänger ein, dies war im vorliegenden Fall am 28.08.2012.

Etwas anderes folgt schließlich sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsteller seinen Verzicht mit Ablauf des 02.01.2013 erklärt hat. Denn für die Rechtzeitigkeit eines Widerrufs ist ebenfalls nicht der Eintritt der Wirkungen des Verzichts, sondern allein der Zugang der Verzichtserklärung maßgeblich. Óberdies würde ein am 28.08.2012 erklärter Verzicht mit Ablauf des 02.01.2013 mit der Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV kollidieren, die nicht zur Disposition des verzichtenden Vertragsarztes steht.

Eine wirksame Anfechtung der Verzichtserklärung, die unter den Voraussetzungen der §§ 119, 120, 123 BGB grundsätzlich möglich ist (näher Pawlita, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 95 Rdnr. 660 m.w.N.), scheidet aus. Denn Anfechtungsgründe sind nicht vorhanden. Selbst wenn man dem Antragsteller zubilligt, sich darüber getäuscht zu haben, dass es ihm gelingt, rechtzeitig einen Nachfolger für seine Praxis zu finde, so handelte es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum (dazu etwa Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 119 Rdnr. 29), nicht aber um einen Irrtum über den Erklärungsinhalt (§ 119 Abs. 1, 1. Alt BGB) oder einen Irrtum in der Erklärungshandlung im Sinne von § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB (zu beiden Varianten Ellenberger, a.a.O., § 119 Rdnr. 10 f.).

Auch grundrechtliche Belange des Antragstellers, namentlich aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bzw. Art. 14 Abs. 1 GG, zwingen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Denn er hat in freier Willensentscheidung auf die weitere Ausübung seiner Zulassung verzichtet. Aufgrund dieses Verzichts trat ein Ende der Zulassung kraft Gesetzes zum 31.12.2012 ein, § 28 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV. Dem Beschluss der Beigeladenen zu 6) kommt daher nur deklaratorische Wirkung zu, so dass eine Verletzung von Grundrechten des Antragstellers schon deshalb nicht gegeben ist (ähnlich LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr. 32).

Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Erstattung von Aufwendungen der Beigeladenen zu 6) konnte dem Antragsteller auferlegt werden, weil dies der Billigkeit entspricht (kritisch hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 10. Aufl. 2012, § 197a Rdnr. 30). Denn die Beigeladene zu 6) hat einen Antrag gestellt und damit selbst am Kostenrisiko teilgenommen, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Für die Bedeutung der Sache für den Antragsteller hat die Kammer nicht auf den zu erwartenden Gewinn abgestellt, sondern – in Anlehnung an die Rechtsprechung des LSG Nordrhein-Westfalen in Zulassungsstreitigkeiten – den Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,00 Euro für einen Zeitraum von vier Quartalen hochgerechnet (dazu etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER = juris).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Beschwerde bei dem

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schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.