KG, Urteil vom 16.05.2013 - 8 U 258/11
Fundstelle
openJur 2013, 29782
  • Rkr:

1. Der aus einer Verletzung des Beratungsvertrags folgende Schadensersatzanspruch des Fondsanlegers gegen die Bank ist grundsätzlich nicht im Umfang der aus Verlustzuweisungen erzielten Steuervorteile gemindert, da auch die Schadensersatzleistung der Besteuerung unterliegt und regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass sich die erzielten Steuervorteile und die aus der Besteuerung der Ersatzleistung zu erwartenden Steuernachteile in etwa die Waage halten.

2. Eine etwaige Steuerfreiheit der Schadensersatzleistung nach § 16 Abs. 4 EStG ändert an dem genannten Grundsatz nichts, da der Steuerfreibetrag aus sozialen Gründen (und auch nur auf Antrag und nur einmal im Leben des Steuerpflichtigen) gewährt wird und dem Schädiger daher nicht zugute kommt.

3. Die Grundannahme, dass sich die erlangten Steuervorteile und die aus der Versteuerung des Ersatzbetrags zu erwartenden Nachteile in etwa die Waage halten werden, ist erschüttert, wenn auch nur in einem Jahr der Fondsbeteiligung eine Verlustzuweisung erfolgt ist, die über die tatsächlich erbrachte Einlage hinaus geht.

4. Steuernachteile aus in einzelnen Jahren erfolgten Gewinnzuweisungen sind bei der Gesamtbetrachtung der steuerlichen Vor- und Nachteile nicht zu Gunsten des Geschädigten zu berücksichtigen, wenn sie keinen Eingang in die Einkommensteuer-Bescheide gefunden haben. Die bloße Gefahr einer Nachforderung des Finanzamts rechtfertigt keinen Ansatz als (gegenwärtigen) schadenserhöhenden Nachteil.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.10.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin -10 O 5/11- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.165 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2011 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus den von der Klägerin gezeichneten Beteiligungen an der F... VIP M... 2 GmbH & Co. KG sowie an der F... VIP M... 1 GmbH & Co. KG im Nennwert von jeweils 25.000,00 EUR resultieren und die ohne Zeichnung dieser Fondsanteile nicht eingetreten wären.

3. Die Zahlung gemäß Tenor zu 1. in Höhe von 6.540 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem10.02.2011 sowie die Feststellung zu Ziffer 2. bezüglich der F ... - ... VIP M... 2 GmbH & Co. KG erfolgen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von der Klägerin am 04.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der F ... VIP M... 2 GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 EUR sowie auf Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.

4. Die Zahlung gemäß Tenor zu 1. in Höhe von 10.625 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2011 sowie die Feststellung zu Ziffer 2. bezüglich der F ... - ... VIP M... 1 GmbH & Co. KG erfolgen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus der Übertragungsvereinbarung mit der VIP M... Geschäftsführungs GmbH vom 13.05.2011/26.03.2012 betreffend die Beteiligung an der F... VIP M... 1 GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 EUR an die Beklagte.

5. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung und Abtretung gemäß Tenor zu 3. und des Angebots auf Abtretung gemäß Tenor zu 4. in Verzug befindet.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

7. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass Folgendes von der Zahlungs- bzw. Schadensfreistellungsverpflichtung gemäß Tenor zu 1. und 2. abzuziehen beziehungsweise, soweit die Forderung bereits beglichen sein sollte, von der Klägerin an die Beklagte zurückzuzahlen ist:

a) sämtliche Ausschüttungen, welche der Klägerin künftig aufgrund ihrer Beteiligung an der F ... VIP M... 2 GmbH & Co. KG gezahlt werden,

b) sämtliche im Rahmen der Steuerveranlagung anrechenbaren Kapitalertragsteuern, Zinsertragsteuern und Solidaritätszuschläge sowie Steuervorteile aufgrund von Verlustzuweisungen, die die Klägerin insgesamt auf Grund ihrer Beteiligung an der F... VIP M... 2 GmbH & Co. KG noch in Zukunft erhalten wird und die bei der Berechnung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht berücksichtigt wurden.

8. Im Übrigen wird die Hilfswiderklage abgewiesen.

9. Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

10. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagte zu 60 %

und die Klägerin zu 40 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu 69 % und die Klägerin zu 31 % zu tragen.

11. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

12. Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Gründe

A.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 12.10.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin, mit dem die Beklagte zum Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit den am 03.12.2001 und 14.11.2002 gezeichneten Anlagen im Nennwert von jeweils 25.000,00 EUR zzgl. 3 % Agio an den geschlossenen Fonds F... VIP M... 1 GmbH & Co. KG und F... ... VIP M... 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden nur: VIP 1 und VIP 2) verurteilt worden und ihre hilfsweise Feststellungswiderklage überwiegend abgewiesen worden ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Klägerin richtet sich mit der innerhalb der verlängerten Berufungserwiderungsfrist mit Schriftsatz vom 10.05.2012 eingereichten Anschlussberufung gegen die Beschränkung ihres Feststellungsantrags und die teilweise Stattgabe der Widerklage.

I. Zur Berufung der Beklagten:

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:

1.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts fehle es an einer Aufklärungspflichtverletzung, da die Klägerin anhand der jeweiligen Prospektangaben über die Zahlung einer Vermittlungsprovision an die Beklagte und ihre Höhe aufgeklärt worden sei. In den Prospekten seien die Eigenkapitalvermittlungsgebühren und das Agio als Entgelt für die Vermittlungstätigkeit ausgewiesen. Die maximale Höhe etwaiger Provisionen sei aus den Prospekten erkennbar gewesen, und mithin das maximale Eigeninteresse der Beklagten. Dass die Prospekte die konkrete Höhe der an die Beklagte fließenden Provisionen nicht erkennen ließen, sei unerheblich.

2.

Das Landgericht habe die Rechtsprechung des BGH zur Kausalitätsvermutung nicht zutreffend angewandt und keine ausreichenden Feststellungen getroffen, so dass im Berufungsverfahren gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine erneute Feststellung erforderlich sei. Das Urteil äußere sich nicht zur Glaubwürdigkeit der Klägerin und zur Glaubhaftigkeit ihrer persönlichen Angabe, eine Vergütung von über 500 EUR als unseriös empfunden zu haben.

Jedenfalls bestünden Indizien gegen die Kausalität. So habe die Klägerin nach eigener Aussage auf die Empfehlung der Bankmitarbeiterin Valentin vertraut. Es bestehe daher nicht die alleinige Möglichkeit, dass die Klägerin in Kenntnis der tatsächlichen Provisionshöhe die Anlagen nicht gezeichnet hätte, sondern es sei naheliegend, dass das Vertrauen in die Empfehlung der ihr bekannten Mitarbeiterin entscheidungsbestimmend gewesen sei. Ferner sei primäres Anlageziel der Klägerin die Erzielung von Steuervorteilen gewesen. Auch habe die Provisionshöhe keinen Einfluss auf die Werthaltigkeit der Anlagen gehabt.

Schließlich habe sich die Klägerin ausweislich ihrer Anhörung vor dem Landgericht über die Verwendung des Agios keine Gedanken gemacht, obwohl sie wusste, dass die Beklagte an der Vermittlung etwas verdiente. Das zeige, dass ihr die Verwendung der “weichen Kosten” egal gewesen sei.

Das alles hätte, ebenso wie in dem vergleichbaren Fall OLG München, Urt. v. 26.10.2009 -17 U 3136/09 - zur Verneinung der Kausalität führen müssen.

Auch spreche die Entscheidung des BGH vom 08.05.2012 -XI ZR 262/10- dafür, dass die Kausalität anhand der Motivlage der Klägerin festgestellt werden müsse.

3.

Der Anspruch sei auch verjährt. Wenn man den Inhalt der Prospekte als Aufklärung über die Höhe der Provisionen nicht genügen lasse, habe die Klägerin mit ihrem Erhalt zumindest Kenntnis von der unterlassenen Offenlegung der genauen Rückvergütungshöhe erlangt. Mit dem OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.12.2010 -6 U 30/10 - sei davon auszugehen, dass dies für den Verjährungsbeginn genüge.

4.

Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft eine Anrechnung der erzielten Steuervorteile unterlassen.

a) Zum VIP M... 1:

Es bestünden Anhaltspunkte für ein Verbleiben außergewöhnlicher Steuervorteile bei der Klägerin.

Sie habe wegen des Befreiungstatbestands des § 16 Abs. 4 EStG - der nach Vollendung des 55. Lebensjahrs der Klägerin im März 2012 vorliegen werde - eine Schadensersatzleistung nicht zu versteuern, so dass die Steuervorteile voll anzurechnen seien.

Die Beklagte errechnet auf der Grundlage der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 25.02.2013 vorgelegten Einkommensteuerbescheide (Konvolut K Steuer 1) und der aus dem Schreiben der B... GmbH Steuerberatungsgesellschaft vom 21.02.2013 (Anl. K Steuer 2) ersichtlichen (unstreitigen) Verlust- und Gewinnzuweisungen betreffend den Fonds VIP 1 verbleibende Steuervorteile der Klägerin in Höhe von 5.943,00 EUR (Schriftsatz vom 27.03.2013, S. 3-6).

b) Zum VIP M... 2:

Die Beklagte errechnet auf der Grundlage der vorgelegten Steuerbescheide und der im Schriftsatz vom 27.03.2013, S. 7 ausgewiesenen (unstreitigen) Verlust- und Gewinnzuweisungen betreffend den Fonds VIP 2 verbleibende Steuervorteile der Klägerin in Höhe von 5.054,00 EUR (Schriftsatz vom 27.03.2013, S. 7-10).

5.

Zu Unrecht habe das Landgericht dem Feststellungsantrag auch in Bezug auf die Freistellung von steuerlichen Nachteilen statt gegeben. Es bestehe kein Feststellungsinteresse, insbesondere drohe keine Aberkennung der Steuervorteile. Für eine solche habe die Klägerin auch keinen Beweis angetreten.

6.

Die hilfsweise Feststellungswiderklage sei nicht nur in Bezug auf anrechenbare Ausschüttungen, sondern auch auf die erzielten Steuervorteile aus beiden Fondsbeteiligungen zulässig und begründet. Die Ausführungen des Landgerichts zur Unzulässigkeit (Unbestimmtheit) des Antrags seien nicht nachvollziehbar.

Sofern der Senat eine Anrechnung der Steuervorteile nicht vornehme, sei dem Hilfswiderklageantrag zu 2. stattzugeben. Denn die Klägerin wäre, wenn sie eine etwaige ungeminderte Schadensersatzleistung “nicht versteuert”, in Höhe der erzielten Steuervorteile ungerechtfertigt bereichert. Diese wären daher an die Beklagte herauszugeben. Die Zulässigkeit und Begründetheit eines solchen Hilfswiderklageantrags entspreche dem Urteil des OLG Frankfurt vom 08.12.2010 -19 U 22/10.

7.

Das Landgericht habe bei der Kostenentscheidung nicht berücksichtigt, dass die Klägerin wegen Abweisung der Klage auf entgangenen Gewinn von 4 % und der Verurteilung auf die Widerklage (Feststellung der Berücksichtigung künftiger Ausschüttungen) erheblich unterlegen sei und daher eine Kostenquote zu Lasten der Klägerin zu bilden sei.

Die Parteien haben den Rechtsstreit in Bezug auf den Hilfswiderklageantrag gemäß Ziffer 2 des landgerichtlichen Tenors, soweit er den Fonds VIP 1 betrifft, in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 12.10.2011 verkündeten Urteil des Landgerichts Berlin -10 O 5/11

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise im Wege der Widerklage über die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung hinaus

festzustellen, dass sämtliche im Rahmen der Steuerveranlagung anrechenbaren Kapitalertragsteuern, Zinsertragsteuern und Solidaritätszuschläge sowie Steuervorteile aufgrund von Verlustzuweisungen, die die Klägerin insgesamt während ihrer Beteiligung an der F... VIP M... 1 GmbH & Co. KG und/oder der F... VIP M... 2 GmbH & Co. KG erhalten hat und/oder noch in Zukunft erhalten wird und die bei der Berechnung des geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht berücksichtigt wurden, von der geltend gemachten Zahlungs- bzw. Freistellungsverpflichtung der Beklagten abzuziehen bzw., soweit die Forderung dann bereits beglichen worden sein sollte, zurückzuzahlen sind.

3. weiter hilfsweise für den Fall, dass das Gericht eine Anrechnung der von der Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung an den in Ziffer 2 genannten Fonds erzielten Steuervorteile nicht vornehmen sollte,

festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, etwaig von der Beklagten erhaltene Schadensersatzleistungen, die seitens der zuständigen Finanzbehörde nicht der Nachversteuerung ganz oder teilweise unterworfen sind und/oder werden, in Höhe der aufgrund der Beteiligung der Klägerin an den Fonds erhaltenen Steuervorteile an die Beklagte zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

2. im Wege der Anschlussberufung sinngemäß,

das Urteil vom 12.10.2011 teilweise abzuändern und

a) die hilfsweise erhobene Feststellungswiderklage der Beklagten abzuweisen,

b) den Feststellungstenor zu Ziffer 1 b) des landgerichtlichen Urteils ohne den Zusatz zu fassen „.. jedoch mit Ausnahme solcher Nachteile, die auf der Steuerbarkeit der Zahlung gemäß dem Tenor zu Ziffer 1.a) beruhen.“,

hilfsweise für den Fall, dass der Senat eine Anrechnung der Steuervorteile vornimmt,

den Feststellungstenor zu Ziffer 1 b) des landgerichtlichen Urteils ohne den Zusatz zu fassen „..und die ohne Zeichnung dieser Fondsanteile nicht eingetreten wären, jedoch mit Ausnahme solcher Nachteile, die auf der Steuerbarkeit der Zahlung gemäß dem Tenor zu Ziffer 1.a) beruhen.“,

b) den Tenor zu Ziffer 1.d) des landgerichtlichen Urteils dahin zu fassen, dass Zahlung und Freistellung Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Übertragungsvereinbarung mit der VIP M... Geschäftsführungs GmbH vom 13.05.2011 erfolgen,

c) festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus der Übertragungsvereinbarung mit der VIP M... Geschäftsführungs GmbH vom 13.05.2011 an der F... VIP M... 1 GmbH & Co. KG in Nennwert von 25.000,00 EUR in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin erwidert auf die Berufung:

1.

Um eine Nachzahlung auf ihre Kommanditeinlage zu vermeiden, habe sie – was unstreitig ist - am 26.03.2012 das Angebot der Komplementärin des Fonds VIP 1 vom 13.05.2011 (Anl. K 2.1, Bl. II/67 d.A.) angenommen, den Kommanditanteil auf diese zu übertragen. Insoweit sei die Zug-um-Zug-Beschränkung dahin zu fassen, dass die Verurteilung der Beklagten gegen Abtretung der Rechte aus der Übertragungvereinbarung mit der VIP M... Geschäftsführungs GmbH vom 13.05.2011 erfolge. Der klagestattgebende Tenor sei in Bezug auf den Fonds VIP 1 an die veränderte Sachlage anzupassen, worin eine bloße Umstellung der Klageanträge gemäß § 264 Nr. 3 ZPO liege.

Mit der Übertragung des Fondsanteils habe die Klägerin nicht auf Ansprüche gegenüber der Beklagten verzichtet.

2.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil, soweit es der Klage statt gibt, für zutreffend. Die Kausalität des Beratungsfehlers werde nach der Entscheidung des BGH vom 08.05.2012 - XI ZR 262/10 - ohne weiteres vermutet.

Insbesondere trägt sie vor, dass Steuervorteile - wie vom Landgericht angenommen - nicht anzurechnen seien. Die von der Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift angestellten Berechnungen vermeintlicher Steuervorteile seien verspätet. Es verblieben auch keine dauerhaften Steuervorteile, da es sich um reine “Steuerverschiebemodelle” handele. Anfänglichen Verlustzuweisungen stünden spätere Gewinne gegenüber. Es gebe vorliegend keine außergewöhnlichen Steuervorteile im Sinne der Rechtsprechung des BGH. Für VIP 2 verblieben kumuliert für 2002 bis 2010 lediglich steuerliche Verlustzuweisungen von 52,51 % des Nominalkapitals (93,21 % Verlustzuweisungen abzgl. 40,62 % Gewinn in den Folgejahren = 52,59 %), denen eine Einlageleistung von 58 % gegenüber stehe. Der Vortrag der Beklagen, die Verlustzuweisungen würden weit über die Einlageleistung hinaus gehen, sei daher unrichtig.

Der Umstand, dass die anfängliche Verlustzuweisung über den Betrag der geleisteten Einlagen hinaus geht, führe schon deshalb nicht zu außergewöhnlichen Steuervorteilen, weil in Höhe der nicht geleisteten Einlage ein negatives Kapitalkonto entstehe, das zur Steuernachzahlungen führen werde (vgl. BFH, Beschl. v. 10.11.1980 -GrS 1/79- BStBl. 1981 II, 164). Die Urteile des BGH vom 27.06.1984 -IVa ZR 231/82 - und vom 12.02.1986 -IVa ZR 76/84 -seien dahin zu verstehen, dass eine nähere Prüfung der steuerlichen Vor- und Nachteile nur geboten sei, wenn die Verlustzuweisung die Zeichnungssumme übersteige. Nichts anderes sei den Urteilen des BGH vom 01.03.2011 -XI ZR 96/09- und 15.07.2010 -III ZR 336/08- zu entnehmen, wo von die “Einlageleistung” übersteigenden Verlustzuweisungen die Rede sei.

Sofern eine Anrechnung der Steuervorteile erfolge, müsse der Feststellungsantrag hinsichtlich der Ersatzpflicht für alle wirtschaftlichen und steuerlichen Schäden ohne den Zusatz “die ohne Zeichnung dieses Fondsanteils nicht eingetreten wären” gefasst werden, da die Beklagte dann das positive Interesse ersetzen müsse, nämlich der Klägerin jede Steuerzahlung auf die Fondsbeteiligungen erstatten müsse.

Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 10.05.2012 Bezug genommen.

Die Beklagte repliziert:

Durch die Übertragung ihres Anteils am Fonds VIP 1 habe sich die Klägerin eine Vollstreckung des Urteils unmöglich gemacht. Zudem habe sie damit auf ihren Schadensersatzanspruch verzichtet. Dies folge aus der Abgeltungsklausel in der Übertragungsvereinbarung i.V.m. § 423 BGB.

II. Zur Anschlussberufung der Klägerin:

Die Klägerin trägt vor:

1.

Der Tenor des Feststellungsantrags sei nicht durch den Zusatz “mit Ausnahme solcher Nachteile, die auf der Steuerbarkeit der Zahlung .. beruhen” einzuschränken. Der Klägerin stehe Ersatz des gesamten negativen Interesses zu. Dass auf den Schadensersatzbetrag zu zahlende Steuer nicht gesondert zu ersetzen sei, folge schon daraus, dass dafür keine Anrechnung von Steuervorteilen erfolge.

2.

Die hilfsweise Feststellungswiderklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, da sich das Gericht bereits im Rahmen der Klage mit der Frage der Anrechnung von Ausschüttungen und Steuervorteilen befassen müsse. Ausschüttungen, die nach einer Verurteilung anfallen, würden ohnehin der Beklagten zugute kommen, da die Beteiligung dann an sie übertragen wäre.

Jedenfalls sei die Feststellungswiderklage auch unbegründet.

Die Beklagte erwidert:

Die Anschlussberufung der Klägerin sei unzulässig, soweit sie lediglich das Ziel verfolge, eine begriffliche Klarstellung ihres Feststellungsbegehrens durch das Landgericht zu verhindern. Insoweit genüge die Anschlussberufungsbegründung auch nicht § 520 Abs. 3 ZPO, da eine Rechtsverletzung nicht dargelegt werde.

Die gegen die Hilfswiderklage gerichtete Anschlussberufung sei zulässig, aber nicht begründet.

B.

I. Zur Berufung der Beklagten

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten aus dem Anlageberatungsvertrag im Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung an den geschlossenen M... VIP 1 und VIP 2 dem Grunde nach zu Recht bejaht. Die Klägerin muss sich jedoch Steuervorteile anrechnen lassen.

1.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten im Zusammenhang mit der jeweiligen Fondsbeteiligung ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Tritt – wie hier die Klägerin – ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen (vgl. grundlegend „Bond- Urteil“ des BGH vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93BGHZ 123,126, Tz. 11 nach juris; BGH Urteil vom 09.05.2000 – XI ZR 159/99WM 2000,1441, Tz. 10 nach juris; BGH Beschluss vom 09. 03.2011- XI ZR 191/10NJW 2011, 3227 Tz. 19 m.w.N. ). Danach ist für den Abschluss des Beratungsvertrages ohne Bedeutung, ob der Anleger von sich aus bei der Geldanlage die Dienste und Erfahrungen der Bank in Anspruch nehmen will oder ob der Anlageberater der Bank den Anleger auffordert, ihn zu einem Gespräch über die Anlage eines Geldbetrages aufzusuchen (vgl. BGH Urteil vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93 – a.a.O., Tz. 12 nach juris). Ein solcher Vertrag kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet (vgl. BGH Urteil vom 25.06.2002 – XI ZR 218/01WM 2002,1683, Tz. 38). Eine Bank ist auch regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin (vgl. BGH Beschluss vom 09.03.2011 – XI ZR 191/10 – a.a.O., Tz. 19).

Die Beklagte wendet sich in der Berufung auch nicht gegen die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, wonach durch Empfehlung der Fonds durch die Bankmitarbeiterin Velantin ein zumindest stillschweigender Beratungsvertrag zustande gekommen ist.

2.

Die Beklagte war aufgrund der Anlageberatungsverträge verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie für die Vermittlung der Beteiligung am Fonds VIP 1 aus dem Agio und der in dem Prospekt ausgewiesenen Eigenkapitalvermittlungsgebühr eine Rückvergütung in Höhe von - wie im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt - mindestens 8 % der Haftsumme des VIP 1 und 9,35 % der Haftsumme des VIP 2 erhielt.

2.1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Bank, die Fondsanteile empfiehlt, darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält. Die Aufklärung über die Rückvergütung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F.) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank einzuschätzen und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient. Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Wesentlich ist hier, ob die Rückvergütungen umsatzabhängig sind (vgl. BGH Urteil vom 19.12.2006 – XI ZR 56/05BGHZ 170,226 = WM 2007,487, Tz. 22, 23 nach juris; BGH Beschluss vom 09.03.2011 – XI ZR 191/10 – a.a.O., Tz. 23). Deshalb ist es geboten, den Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Berater Aktienfonds oder – wie hier – Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt ist in beiden Fällen gleich (vgl. BGH Beschluss vom 20.01.2009 – XI ZR 510/07WM 2009,405 – Tz. 12 nach juris).

Mit Beschlüssen vom 09.03.2011, 19.07.2011 und 24.08.2011 – XI ZR 191/10 – (NJW 2011, 3227, 3229 und 2131), die Beteiligungen an den M... VIP 3 und VIP 4 betrafen, hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Unterscheidung von Innenprovision und Rückvergütung unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung näher konkretisiert. Er hat hierin klargestellt, dass soweit in der vorangegangenen Rechtsprechung als Quelle der Rückvergütungen „Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen“ genannt sind, dies nicht abschließend, sondern nur beispielhaft gemeint war. Damit soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Rückvergütungen – anders als Innenprovisionen – nicht im Anlagebetrag (versteckt) enthalten sind, so dass beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann. Maßgebend für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen ist hingegen, dass der Anleger ohne diese Aufklärung nicht das besondere Interesse der beratenden Bank erkennen kann, gerade diese Anlage zu empfehlen. Die Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank, der mit der Aufklärungspflicht der Bank begegnet werden soll, beruht allein darauf, dass die beratende Bank als Empfängerin der Rückvergütung ungenannt bleibt. Sie entsteht dagegen unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt (BGH Beschluss vom 09.03.2011 – XI ZR 191/10 – a.a.O., Tz. 24). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind danach – regelmäßig umsatzabhängige – Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Kostenpositionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (BGH Beschluss vom 09.03.3011 – XI ZR 191/10 – a.a.O., Tz. 25). Es ist nicht nur darüber aufzuklären, dass die Bank eine Rückvergütung erhält, sondern ungefragt auch über deren Höhe (s. BGH, Beschluss vom 09.03.2011 -XI ZR 191/10-, a.a.O. Tz 27; BGH, Urt. v. 19.12.2006 -XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 = NJW 2007, 1876, 1879 Tz 24).

2.2.

Das Landgericht hat nach diesen Grundsätzen zu Recht eine Aufklärungspflichtverletzung angenommen. Die Beklagte war verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass und in welcher Höhe die Beklagte für die Empfehlung dieser Beteiligung eine Vergütung aus den als solchen im Prospekt offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhielt.

Die Klägerin ist vorliegend weder im Prospekt (den sie nach ihrer Behauptung ohnehin erst am Tag der Zeichnung erhalten hat, was einer ordnungsgemäßen Aufklärung entgegen stünde, vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2012 -XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 = NJW 2012, 2427, 2429 Tz 21) noch in der persönlichen Beratung darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte eine Rückvergütung von mindestens 8 % bzw. 9,35 % der Haftsumme erhielt.

Nach dem Prospekt zum M... VIP 2 wurde ein Agio von 3 % erhoben, welches der Eigenkapitalvermittlerin, der VIP Beratung für Banken AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen dienen sollte (Prospekt Seite 34). Weiter ist auf Seite 62 ausgeführt, dass die V... AG eine Vergütung von 8,9 % des Kommanditanteils erhält; das zu erbringende Agio von 3 % sollte eine zusätzliche Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung sein (vgl. auch Seite 80). Entsprechendes gilt für den Prospekt zum M... VIP 1 (s. Prospekt Seite 42 und 70: Vergütung von 7,5 % nebst des Agio von 3 %). Dies reicht zur Aufklärung nicht aus, weil nicht mitgeteilt wird, dass auch Teile der Vergütung bzw. des Agio an die Beklagte bzw. an die übrigen die Anlage vermittelnden Banken fließen sollen. Dies ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die VIP Beratung für Banken AG das Recht haben sollte, ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung an Dritte zu übertragen. Denn im Prospekt war weder die Beklagte als Empfängerin von Vertriebsprovisionen konkret genannt, noch ließ sich aus dem Prospekt die Höhe der an die Beklagte fließenden Teile des Agios und der Vergütung entnehmen (s. BGH, Beschl. v. 09.03.2011 -XI ZR 191/10- a.a.O. Tz 27 zur insoweit gleich liegenden Gestaltung der Prospekte der Fonds VIP 3 und 4). Die bloße Offenlegung, dass eine Vertriebsvereinbarung besteht und bis zu welcher Höhe Kosten anfallen, genügt entgegen der Ansicht der Berufungsbegründung gerade nicht, um ein Eigeninteresse der Beklagten deutlich zu machen.

Die von der Beklagte behauptete Aufklärung der Klägerin darüber, dass das Agio an die Beklagte fließe, beinhaltete jedenfalls keine zutreffende Aufklärung über die Höhe der Rückvergütung, die (unbestritten) über das 3%-ige Agio weit hinaus ging.

3.

Das Landgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass die Beklagte ihre Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt hat. Der BGH hat im Beschluss vom 19.07.2011 – XI ZR 191/10 – a.a.O.,Tz. 11,12 zur Frage des Verschuldens der Bank beim M... VIP 3, der mit dem streitgegenständlichen vergleichbar ist, unter Bezugnahme auf die dort im Einzelnen genannten Entscheidungen des XI. Zivilsenates ausgeführt, dass sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen kann. Dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der streitigen Anlageberatung entnommen werden (vgl. BGH Urteil vom 19. Dezember 2000 – XI ZR 349/99, BGHZ 146,235,239). Es gab auch zuvor keine Rechtsprechung – so der BGH -, die das Verheimlichen von Rückvergütungen erlaubt hätte, so dass keine rückwirkende Rechtsprechungsänderung vorliegt ( BGH Beschluss vom 19.07.2011 mit Hinweis auf Beschluss vom 29. Juni 2010 – XI ZR 308/09, WM 2010,1694, Tz. 11).

4.

Die Pflichtverletzung der Beklagten war ursächlich für die Entscheidung der Klägerin, sich an den Medienfonds VIP 1 und 2 zu beteiligen.

Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Diese Vermutung gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (vgl. BGH Urteil vom 12.05.2009 – XI ZR 586/07 – a.a.O., Tz. 22 nach juris mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; BGH Beschluss vom 09.03.2011 – XI ZR 191/10 – a.a.O., Tz. 33). Sie gilt selbst dann, wenn sich die Klägerin in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte. Der Bundesgerichtshof hat nämlich seine Auffassung, wonach die Vermutung dann nicht eingreift, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, aufgegeben (vgl. BGH Urteil vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 = NJW 2012, 2427, 2430 Tz 33, ebenf. betreffend einen Fall verschwiegener Rückvergütung). Der BGH begründet dies damit, dass das Abstellen auf das Fehlen eines Entscheidungskonfliktes mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht zu vereinbaren ist, Die Beklagte hat auch keine konkreten Umstände des Einzelfalls vorgetragen und unter Beweis gestellt, aus denen sich ergeben könnte, dass die Klägerin auch bei gehöriger Aufklärung die Beteiligung erworben hätte. Unerheblich ist der Einwand der Beklagten, dass der Klägerin ein Vergütungsinteresse der Bank etwa bekannt gewesen sei. Denn jedenfalls die Höhe der Rückvergütung wurde der Klägerin nicht mitgeteilt.

Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung offenbar die Ansicht vertritt, dass eine Kausalitätsvermutung nicht eingreife und die Kausalität besonderer Feststellungen bedürfe, ist das mit der jüngst bestätigten Rechtsprechung des BGH nicht vereinbar (s. Urt. v. 08.05.2012 -XI ZR 262/10, a.a.O.).

Vielmehr ist es Sache der Beklagten - etwa auch im Wege des Indizienbeweises - den (vollen) Gegenbeweis für die mangelnde Kausalität der unterlassenen Aufklärung zu führen und entsprechende Beweismittel zu benennen (s. BGH a.a.O., Tz 37 ff).

Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 25.07.2011 - wenn auch unter dem Aspekt eines “Entscheidungskonflikts” - behauptet, der Klägerin sei es primär um Steuervorteile und Renditechancen gegangen, sie hätte zudem ihrer langjährigen Beraterin Frau V... vertraut und wäre ihrer Empfehlung daher auch bei Offenlegung der Rückvergütung gefolgt, und schließlich seien geschlossene Fondsbeteiligungen in den Jahren 2001 und 2002 nur “kombiniert mit einer vergleichbaren Provision” erhältlich gewesen. Zum Beweis hat sie sich auf die “Parteivernehmung der Klägerin” bezogen.

Das Landgericht hat im Termin am 02.08.2011 sodann die Klägerin persönlich gehört (§ 141 ZPO). Sie hat bekundet, dass sie nicht gewusst habe, an wen das Agio von 3 % floss, und davon ausgegangen sei, dass es an den Fonds ging. Ferner hat sie ausgesagt: “Hätte ich von den Rückvergütungen jenseits des Agio gewusst, hätte ich das für unseriös gehalten. Ich war jeweils so etwa eine Stunde da, da hätte ich jeweils 500,00 EUR für angemessen gehalten. Bei einer höheren Vergütung hätte ich nicht gezeichnet. Da bin ich mir sicher.”

Fraglich mag bereits sein, ob der Antrag auf Parteivernehmung (§ 445 Abs. 1 ZPO) auf unzulässige Ausforschung gerichtet war, oder ob die Beklagte die von ihr behauptete Intention der Klägerin nach Lage der Dinge für wahrscheinlich halten durfte (vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2012 -XI ZR 262/10- a.a.O., Tz 40). Jedenfalls hat das Landgericht die Klägerin angehört, ohne dass die Beklagte in der Berufung rügen würde, dass verfahrensfehlerhaft eine förmliche Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO unterblieben sei.

Soweit die Berufung rügt, dass die Aussage der Klägerin gemäß § 286 ZPO dahin zu würdigen sei, dass die Kausaltiätsvermutung widerlegt sei, kann dem nicht gefolgt werden.

Dass es der Klägerin allein auf die Erzielung von Steuervorteilen und Renditechanchen ankam, und sie daher bei Aufklärung über das erhebliche umsatzabhängige Eigeninteresse der Beklagten deren Empfehlung gefolgt wäre, hat sie gerade nicht bestätigt, sondern durchaus nachvollziehbar mit dem Hinweis darauf verneint, dass sie (jedenfalls) eine Rückvergütung in dieser Höhe als unverhältnismäßig und unseriös empfunden hätte. Daran ändert die Angabe der Klägerin nichts, dass sie zu der ihr bekannten Beraterin Valentin “Vertrauen hatte”. Damit hat die Klägerin lediglich bekräftigt, dass sie auf eine ordnungsgemäße Aufklärung vertraute, nicht jedoch eingeräumt, dass sie die Beteiligungen auch in Kenntnis der Rückvergütungshöhe gezeichnet hätte. Objektive Indizien, wie etwa ein Anlageverhalten trotz Kenntnis der Rückvergütungshöhe in anderen Fällen (vgl. BGH a.a.O., Tz 50), sind weder ersichtlich noch von der Beklagten dargetan.

5.

Die Schadensersatzansprüche sind nicht verjährt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (Seite 14 des Urteils) verwiesen. Auf Seite der Klägerin bestand nicht mit Überlassung der Prospekte Ende 2001 und Ende 2002 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners i.S. von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Erforderlich hierfür wäre zunächst einmal die Kenntnis oder zutage liegende Erkennbarkeit der an die Beklagte geflossenen Rückvergütungen und ihrer Höhe. Diese Umstände waren den Prospekten gerade nicht zu entnehmen, so dass es auf die Frage, ob der Geschädigte überhaupt zu deren Lektüre verpflichtet ist, nicht ankommt. Da den Prospekten nicht einmal das “Ob” der Rückvergütung an die Beklagte zu entnehmen war, bedarf es keiner näheren Auseinandersetzung mit der offenbar auf anderer Tatsachengrundlage ergangenen Entscheidung OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.12.2010 -6 U 30/10-.

6.

Die Zahlungsklage ist nur teilweise begründet, weil Steuervorteile der Klägerin schadensmindernd zu berücksichtigen sind.

a)

Ist der Anlageinteressent durch unrichtige Prospekte oder Verletzung von Aufklärungspflichten bewogen worden, einer Anlagegesellschaft als Gesellschafter beizutreten, so kann er nach § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn er der Gesellschaft nicht beigetreten wäre. In diesem Fall sind dem Geschädigten seine Einlage und die Vorteile zu ersetzen, die er durch anderweitige Anlage hätte erzielen können; der Geschädigte ist seinerseits verpflichtet, Zug um Zug gegen Ausgleich seines Schadens dem Schädiger die Rechte zu überlassen, die er aus dem Beitritt erlangt hat (BGH Urteil vom 02.12.1991 – II ZR 141/90 – WM 1992, Tz. 11 nach juris; vgl. BGH Urteil vom 09.05.2005 – II ZR 287/02NJW 2005,2450).

b)

Die Klägerin kann von der Beklagten aus § 249 Abs. 1 BGB Schadensersatz, gerichtet auf Rückabwicklung ihres Fondsbeitritts, verlangen.

aa)

Da die Klägerin verlangen kann, so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn sie der Fondsgesellschaft nicht beigetreten wäre, kann sie zunächst von der Beklagten Ersatz der aus eigenen Mitteln erbrachten Einlagezahlung in Höhe von 14.500,00 EUR verlangen, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der am 04.11.2002 gezeichneten Beteiligung im Nennwert von 25.000,00 EUR sowie auf Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.

bb)

Die Klägerin muss sich jedoch auf den Schadensersatzanspruch die von ihr gezogenen Steuervorteile vorliegend anrechnen lassen.

Eine Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung kommt grundsätzlich allerdings nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt, so dass es an einem verbleibendem Vorteil fehlt. Da die Kommanditbeteiligung an einem Medienfonds selbst steuerlich gewerbliche Einkünfte generiert, sind alle Zahlungen, die der Anleger im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der KG erhält, mithin auch die Schadensersatzleistung, als Betriebseinnahmen im Sinne von § 15 Abs.1 S.1 Nr.2 EStG zu versteuern (BGH, Urt. v. 15.07.2010 -III ZR 336/08, WM 2010, 1641, 1648 Tz 36). Weil das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung gemäß § 287 Abs.1 ZPO zu entscheiden hat und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleitung auswirkt (BGH a.a.O.; BGH, Urt. v. 01.03.2011 -XI ZR 96/09, NJW-RR 2011, 986, 987 Tz 8). Insofern ist im Grundsatz bei der Verwirklichung des großen Schadensersatzes im Falle einer Medienfondsbeteiligung tatsächlich keine Anrechnung von Steuervorteilen vorzunehmen (OLG Frankfurt, Urteil vom 11. Juni 2012 - 23 U 136/11 -; Kammergericht, Urteil vom 30. Januar 2012 – 24 U 67/11 -; vgl. auch Kammergericht Urteile vom 22.November 2012 – 12 U 119/11- und – 12 U 137/11 -).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Anrechnung der Steuervorteile vorliegend nicht deshalb ausnahmsweise geboten, weil die Schadensersatzleistung nach § 16 Abs. 4 EStG (“Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45.000 Euro übersteigt. Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren. .. “) von der Klägerin, die am 06.03.2012 das 55. Lebensjahr vollendet hat, nicht versteuert werden müsse. Unabhängig davon, dass überwiegend nicht eine Steuerbarkeit des Ersatzbetrags als Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG, sondern als Betriebseinnahme nach § 15 EStG angenommen wird (vgl. BGH WM 2010, 1641, 1648 Tz 36 m.N.), kann sich die Beklagte als Schädigerin jedenfalls nicht auf eine solche Steuerbefreiung berufen. In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass eine an persönliche Eigenschaften des Geschädigten geknüpfte Steuervergünstigung nicht den Schädiger entlasten darf, sondern dem Geschädigten zugute kommen muss (s. BGH a.a.O., Tz 52 für die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG). Für den Steuerfreibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG kann nichts anderes gelten. Auch er ist - ebenso wie die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG - nur auf Antrag und nur einmal im Leben des Steuerpflichtigen zu gewähren (s. Wacker in: Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 16 Rn 581). Mit der Steuervergünstigung werden soziale Gründe verfolgt (Wacker a.a.O., Rn 577). Zudem ist der Steuerpflichtige bereits nicht gezwungen, die nur einmalig in Anspruch zu nehmende Steuervergünstigung im Interesse des Schädigers zu beantragen und damit zu “verbrauchen”, sondern er kann sie für andere (etwa auch künftige) Unternehmensbeteiligungen aufsparen. Der Ansicht von Knebel/Schmidt, BB 2010, 1318, 1319 f., dass der Schädiger den geschädigten Fondsanleger auf den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG verweisen könne, ist damit nicht zu folgen.

Die Beklagte macht vorliegend jedoch mit Erfolg geltend, dass nach der Rechtsprechung des BGH ausnahmsweise eine konkrete Gegenüberstellung der erlangten Steuervorteile mit den zu erwartenden Steuernachteilen aus der Besteuerung der Ersatzleistung erforderlich ist, wenn der Schädiger Umstände darlegt und beweist, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben. Dies wird in der Rechtsprechung des BGH insbesondere in Betracht gezogen, wenn der Kommanditist Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Einlageleistungen hinausgehen (BGH, WM 2010, 1641, 1651 Tz 55; NJW-RR 2011, 986, 987 Tz 9; s. bereits BGH, Urt. v. 27.06.1984 -IVa ZR 231/82, NJW 1984, 2524, 2525). So liegt der Fall vorliegend. Aufgrund der Konstruktion der Fonds erhielt die Klägerin bei VIP 2 (selbst nach Korrektur des Finanzamts) für 2002 eine Verlustzuweisung von noch ca. 92 % des Nominalbetrags, während als Anlagebetrag nur 55 % der Einlage zuzüglich 3 % Agio zu leisten waren. Für den Fonds VIP 1 erfolge im Jahr 2001 eine Verlustzuweisung von sogar 103 % des Nominalbetrags, während als Anlagebetrag nur 60 % der Einlage zuzüglich 3 % Agio aufzubringen waren. Damit liegen nach Auffassung des Senats Anhaltspunkte für den Verbleib außergewöhnlicher Steuervorteile vor, die eine konkrete Berechnung erforderlich machen (so für den Fonds VIP 2 bereits Senat, Urt. v. 20.12.2012, 8 U 148/11, bei Juris Tz 52; KG, Urt. v. 18.12.2012, 4 U 100/11; OLG Frankfurt, Urt. v. 02.01.2013, 19 U 50/12, bei Juris Tz 12 ff; OLG Frankfurt, Urt. v. 23.01.2012, 23 U 114/10, bei Juris Tz 37 ff; a.A. OLG Koblenz, Urt. v. 07.05.2012, 3 U 236/11; OLG Hamm, Urt. v. 03.12.2012, 31 U 65/12). Die Grundannahme, dass sich die erlangten Steuervorteile und die aus der Versteuerung des Ersatzbetrags zu erwartenden Nachteile in etwa die Waage halten werden, ist erschüttert, wenn auch nur in einem Jahr eine Verlustzuweisung erfolgt ist, die über die tatsächlich erbrachte Einlage hinausgeht. Wie sich spätere Gewinnzuweisungen auswirken, ist sodann konkret zu ermitteln. Gegen die Annahme, dass erst das Ergebnis einer Saldierung aus Verlust- und Gewinnzuweisungen Anhaltspunkte für außergewöhnliche Steuervorteile liefern kann, spricht, dass ein zu erheblichen Steuervorteilen führender Anfangsverlust im Hinblick auf die Steuerprogression steuerlich nicht mit der Summe einer in den Folgejahren zu versteuernden Reihe kleinerer Erträge gleichzusetzen sein muss (s. KG, Urt. v. 18.12.2012, 4 U 100/11, UA S. 19). Es liegt nach Auffassung des Senats auch nicht nahe, ggf. während des Prozesses die Art der Schadensermittlung von der konkreten Berechnung hin zur pauschalen Betrachtung zu ändern; dies jedoch wäre Folge der Gegenansicht, wenn der Anleger alsbald nach Verlustzuweisung Klage erhebt, und während des Rechtsstreits weitere (steuerlich schadenserhöhende) Gewinnzuweisungen erfolgen, die nunmehr nach Saldierung aus dem Bereich von Anhaltspunkten für außergewöhnliche Steuervorteile „herausführen“.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass ein auf Grund der nur teilweisen Einlageleistung entstandenes negatives Kapitalkonto zur Folge habe, dass auch in dessen Höhe eine Nachversteuerung anfalle (vgl. Schriftsatz vom 10.05.2012, S. 15), und deshalb davon auszugehen sei, dass ein außergewöhnlicher Steuervorteil durch über die Einlageleistung hinaus gehende Verlustzuweisung am Ende wieder entfallen werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Diese steuerliche Folge ist nicht schlüssig, jedenfalls nicht in einer Weise, die der Wahrscheinlichkeitsbetrachtung nach § 287 ZPO zugrunde zu legen ist, dargetan.

Der Anspruch auf Freistellung von der Einzahlung der restlichen Kommanditeinlage unterliegt auch nicht etwa der Steuerpflicht (vgl. auch KG, Urt. v. 18.12.2012, 4 U 100/11, UA S. 20).

c) Somit ist eine konkrete Berechnung vorzunehmen, in der die steuerlichen Auswirkungen der Beteiligungen ermittelt werden und die künftige Besteuerung der Ersatzleistung im Wege der Schätzung vorwegzunehmen ist (BGH WM 2010, 1641, 1648 Tz 37). Die Darlegungs- und Beweislast für anzurechnende Steuervorteile liegt bei der Beklagten (vgl. BGH NJW-RR 2011, 986, 988 Tz 14). Die Klägerin ist ihrer sekundären Darlegungslast durch Vorlage der Steuerbescheide nachgekommen.

Zu den verbleibenden Steuervorteilen gilt unter Berücksichtigung der Schriftsätze der Beklagten vom 27.03.2013 und der Klägerin vom 17.04.2013 folgendes:

(1.) Die Beklagte berechnet die Steuervorteile wegen Verlustzuweisung (und auch die niedrigeren Steuernachteile wegen Gewinnzuweisungen) allein nach der Einkommensteuer, ohne Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag. Das wirkt sich zugunsten der Klägerin aus und ist daher zugrunde zu legen.

(2.) Soweit die Beklagte sich allerdings rechnerisch zu ihren Ungunsten irrt (indem sie teilweise etwas zu hohe Steuernachteile wegen Gewinnzuweisungen annimmt), ist das nicht unbesehen zu übernehmen, sondern richtig zu stellen.

(3.) Zum Fonds VIP 2 macht die Beklagte zu Recht geltend, dass Steuernachteile wegen Gewinnzuweisungen nicht zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen sind, soweit die Gewinne keinen Eingang in die vorgelegten Steuerbescheide gefunden haben.

Die bloße Gefahr einer Nachforderung des Finanzamts rechtfertigt entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Ansatz als schadenserhöhenden Nachteil. Zwar kommt es bei Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze, wonach sich Steuervorteile und Steuernachteile wegen Versteuerung des Ersatzbetrags regelmäßig die Waage halten, nicht darauf an, ob der Ersatzbetrag vom Kläger tatsächlich zur Versteuerung gebracht wird; sofern der Kläger dies unterlässt, hat er das persönlich zu verantworten, der daraus folgende Vorteil muss aber nicht dem Schädiger zugute kommen (s. BGH WM 2010, 1641 Tz 41).

Daraus folgt aber nicht, dass bei der vorliegend vorzunehmenden konkreten Schadensberechnung allein aus der Steuerpflicht ein Zahlungsanspruch der Klägerin folgt. Der Unterschied zur genannten Entscheidung des BGH liegt darin, dass es dort um die nach § 287 ZPO ausnahmsweise gebotene Vorwegnahme des Verhaltens geht, und dabei von dem nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden, rechtmäßigen Verhalten auszugehen ist. Hier hingegen geht es um das in der Vergangenheit liegende Verhalten des Geschädigten, das der auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung durchzuführenden Schadensberechnung zugrunde zu legen ist. Tatsächlich nicht eingetretene Vermögensnachteile können nicht anspruchserhöhend berücksichtigt werden. Eine Nachversteuerung ist ggf. durch den Feststellungsantrag abgedeckt (im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 02.01.2013, 19 U 50/12, bei Juris Tz 21).

(4.) Nach den Besteuerungsgrundlagen der vorgelegten Steuerbescheide und den entsprechenden Einkommensteuer-Splittingtabellen ergeben sich folgende Steuervor- und -nachteile:

betr. Fonds VIP 1:

2001: IstBetragSollSteuervorteilzu verst. Eink.103.392 EUR- 25.750129.142        ESt     30.471,97 EUR        42.893,29                                        12.421 EURSoweit die Beklagte jedoch rechnet        30.471,97 EUR                        ./. Steuerermäßigungfür gewerbl. Eink. 1.606,99 EUR                                28.864,98 EUR        42.893,29(14.028,31 EUR),ist dem nicht zu folgen. Dies wäre nur richtig, wenn der im Est-Bescheid vom 29.12.2008 von der Steuer abgesetzte Betrag von 3.143 DM = 1.606,99 EUR nur wegen der Fondsbeteiligung gutgebracht wurde, die Steuerermäßigung also ohne die Schädigung nicht angefallen wäre. Das ist nicht dargetan, zumal auch der Ehemann der Klägerin gewerbliche Einkünfte als Einzelunternehmer hat und die Steuerermäßigung auch hierfür angefallen sein kann. Die Beklagte behandelt die „Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte“ in anderen Jahren (z.B. 2004) auch ergebnisneutral, ohne dass ein sachlicher Unterschied erkennbar wäre.2004:                                 Die Beklagte legt den überholten Einkommensteuerbescheid vom 14.01.2009 zugrunde.Nach dem Bescheid vom 18.03.2010 gilt:zu verst. Eink.72.124 EUR+ 310 71.814        ESt     16.140        16.028                                        - 112,00 EUR2005:                                 zu verst. Eink.60.927+ 6.29854.629        ESt     11.912        9.936 - 1.976,00 EUR2006:                                 Die Gewinnzuweisung wurde entgegen der Beklagten steuerlich berücksichtigt, und zwar im Bescheid vom 14.01.2009 (nicht in dem vom 10.03.2008):zu verst. Eink.58.645+ 1.62257.023        ESt     11.184        10.676- 508,00 EUR2007:                                 Bescheid vom 19.03.2010                                zu verst. Eink.72.377- 19872.575        ESt     15.118        15.186+ 68,00 EUR2008:                                 Bescheid vom 19.03.2010                                zu verst. Eink.83.561- 13183.692                19.758        19.806+ 48,00 EUR2009:                                 zu verst. Eink.68.435+ 436 67.999        ESt     14.150        14.004- 146,00 EUR2010:                                 zu verst. Eink.72.490+ 1.23171.258        ESt     15.366        14.946- 420,00 EUR            Steuervorteile12.537 EUR                ./.Steuernachteile 3.162 EUR                                 9.375 EUR        Der Klägerin muss nach Versteuerung des zu tenorierenden Betrages rechnerisch

15.750,00 EUR ./. 9.375,00 EUR = 6.375,00 EUR verbleiben.

Da der Ersatzbetrag ebenfalls zu versteuern ist, sind (dem Ansatz der Beklagten folgend und von der Klägerin unwidersprochen) gemäß § 287 ZPO für 2013 die zuletzt bekannten Einkommens-verhältnisse von 2010 zugrunde zu legen, nämlich ein zu versteuerndes Einkommen von 72.490 EUR. Für den Schadensersatz ist daher nach der Einkommensteuer-Splittingtabelle eine (Grenz-) Steuerlast von ca. 40 % (einschl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) zu veranschlagen.

Die Brutto-Ersatzleistung ist nach der Formel

Nettobetrag(100-Steuersatz)%

zu berechnen (vgl. bereits Senat, Urt. v. 20.12.2012, 8 U 148/11, bei Juris Tz 62), und vorliegend damit auf 6.375 EUR/60 % = 10.625 EUR.

betr. Fonds VIP 2:

2002: IstBetragSollSteuervorteilzu verst. Eink.113.475- 23.004136.479        ESt     33.456        44.596+ 11.140,00 EUR2003:                                 Die im Jahr 2003 erfolgte Verlustzuweisung wirkt sich nach dem Vortrag der Beklagtensteuerlich nicht aus.2004:                                 zu verst. Eink.84.356+ 507 83.849        ESt     20.798        20.598- 200,00 EUR2005:                                 Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass die Gewinnzuweisung nicht nur 856 EUR, sondern 890 EUR beträgt (3,56 % x 25.000 EUR). Dem steht nicht entgegen, dass im Bescheid der Betrag von 856 EUR ausgewiesen ist, da er „Veräußerungsgewinn“ betrifft. Einkünfte aus Beteiligungen sind mit 6.298 EUR ausgewiesen, worin mangels anderer Anhaltspunkte die Zuweisung für diesen Fonds enthalten ist.zu verst. Eink.60.927+ 890 60.037        ESt     11.912        11.626- 286,00 EUR2006:                                 Es wurde kein Gewinn im Steuerbescheid berücksichtigt.2007:                                 Es wurde kein Gewinn im Steuerbescheid berücksichtigt.2008:                                 Es wurde kein Gewinn im Steuerbescheid berücksichtigt.2009:                                 zu verst. Eink.68.435+ 235 68.200        ESt     14.150        14.072 - 78,00 EUR2010:                                 Es wurde kein Gewinn im Steuerbescheid berücksichtigt.            Steuervorteile11.140 EUR                ./. Steuernachteile    564 EUR                        10.576 EUR        Der Klägerin müssen nach Versteuerung 14.500,00 EUR ./. 10.576,00 EUR= 3.924,00 EUR verbleiben.

Nach der o.g. Formel sind ihr daher 3.924,00 EUR/60 % = 6.540 EUR zuzusprechen.

Die Zahlungsklage ist somit in Höhe von 8.319,20 EUR + 5.120,71 EUR = 13.439,91 EUR begründet.

7.

Das Schadensersatzbegehren ist in Bezug auf den Fonds VIP 1 nicht deshalb unbegründet, weil die Klägerin mit Vereinbarung vom 13.05.2011/26.03.2012 ihren Anteil an die Fonds-Komplementärin abgetreten hat, oder weil sie bei dieser Gelegenheit auf Ansprüche gegen die Beklagte verzichtet hat.

a) Die Anteilsübertragung zum 01.04.2012 schließt den Anspruch nicht aus.

aa)

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe sich mit der Übertragung der Möglichkeit einer Vollstreckung des landgerichtlichen Urteils begeben, da sie ihre Zug-um-Zug-Leistung nicht mehr erfüllen könne, trifft nicht zu.

(1.) Prozessual ist es der Klägerin ohne weiteres möglich, ihren Klageantrag in Bezug auf die Zug-um-Zug-Einschränkung an die veränderte Sachlage anzupassen. Hierin liegt keine Klageänderung (s. § 264 Nr. 2, 3 ZPO). Mangels Änderung des Streitgegenstands bedarf es auch keiner Anschlussberufung (vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 524 Rn 2).

(2.) Die zwischenzeitliche Übertragung des Kommanditanteils zum 01.04.2012 auf die Komplementärin, die F ... VIP M... Geschäftsführungs GmbH gemäß deren Angebot vom 13.05.2011 (Anl. K 2.1 = Bl. II/67 d.A.) führt nicht etwa zur materiellen Unbegründetheit des Schadensersatzverlangens.

Zwar kann der Anleger, der im Wege des “großen” Schadensersatzes die Rückabwicklung begehrt, Zahlung seiner Einlage nur unter Berücksichtigung der erlangten Vorteile verlangen, und damit grundsätzlich nur Zug um Zug gegen Übertragung der Kapitalanlage auf den Schädiger (s. BGH NJW-RR 2009, 603). Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Art der Schadensermittlung ausgeschlossen ist, wenn ihm die Rückübertragung nicht (mehr) möglich ist. Der Schädiger hat nur ein Recht darauf, dass die am Tag der letzten mündlichen Verhandlung bestehenden Vorteile schadensmindernd berücksichtigt werden, nicht aber einen selbständigen Anspruch gerade auf die Übertragung der schadensauslösenden Kapitalanlage (s. BGH, Urt. v. 13.11.2012 - XI ZR 334/11, WM 2013, 24 Tz 23, 29). Die Veräußerung der Anlage durch den Geschädigten schließt daher den großen Schadenersatz nicht aus, sondern führt lediglich zum Wegfall der Zug-um-Zug-Beschränkung, an deren Stelle - ebenfalls nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung - die Anrechnung eines Erlöses tritt (vgl. BGH a.a.O., Tz 21 f.). Sofern der Geschädigte eine unvernünftige und unzweckmäßige, insbesondere unwirtschaftliche Verwertung vorgenommen hat, hat er allerdings deren Folgen wegen Verletzung der Schadensminderungspfllicht (§ 254 Abs. 2 BGB) zu tragen (vgl. BGH a.a.O., Tz 25 ff).

Vorliegend jedenfalls hat die Klägerin die Kommanditbeteiligung nicht aus freien Stücken auf die Komplementärin übertragen, sondern um die Nachschusspflicht zu vermeiden, welche als Folge der nur 60%-igen Einlageleistung im Raum stand und die mit dem Schreiben der Fondsgesellschaft vom 09.02.2012 (II/72) - wenn auch zunächst nur in Höhe von 1 % des Beteiligungsbetrags - auch geltend gemacht wurde. Das Motiv, den Eintritt weiterer Nachteile aus der Kapitalanlage zu vermeiden, ist grundsätzlich anzuerkennen (vgl. auch BGH a.a.O., Tz 27). Es ist auch nicht ersichtlich, insbesondere durch die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen, dass der Kommanditanteil an der offenbar in Liquidation befindlichen Fondsgesellschaft einen (gegenwärtigen) wirtschaftlichen Wert hatte, auf den die Klägerin verzichtet hätte. Hingegen bot die (entgeltfreie) Übertragungsvereinbarung Vorteile, die nunmehr auch der Beklagten zugute kommen. So stellt die Komplementärin die Klägerin von Ansprüchen der KG und von deren Gläubigern frei und insbesondere auch von einem Anspruch der KG auf Freihaltung von (Gewerbesteuer-)Nachteilen, die aus Anlass seines Ausscheidens entstehen (Ziffer 4, 5 der Vereinbarung). Auch wenn die Bonität der Komplementärin nicht klar ist, stellt dies für die Beklagte einen Vorteil dar, da sie bei Übertragung des Anteils auf sich jedenfalls unmittelbar der Haftung als Kommanditistin unterlegen hätte. Auch wenn der Freistellungsanspruch mangels Bonität der Komplementärin nicht werthaltig sein sollte, und Ansprüche aus der gesetzlichen Nachhaftung (§§ 160 Abs. 1, 171 f. HGB) trotz der Vereinbarung von der Klägerin und somit wirtschaftlich von der Beklagten zu tragen wären (zum Feststellungsantrag s.u.), läge ein Vorteil der Beklagten noch darin, dass sich die Nachhaftung auf Verbindlichkeiten beschränkt, die innerhalb von 5 Jahren nach Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister fällig werden (§ 160 Abs. 1 HGB). Sollte sich wider Erwarten in Zukunft ein Übererlös auf den Anteil ergeben, käme dieser nach Ziffer 2 der Vereinbarung i.V.m. § 398 BGB der Beklagten zugute.

bb) Die Klägerin hat auch keinen Verzicht auf ihren Anspruch erklärt.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf eine Gesamtwirkung der Abgeltungsklausel in Ziffer 7 der Übertragungsvereinbarung, die gemäß § 423 BGB auch ihr zugute komme.

Dahin stehen kann, ob eine Gesamtschuld i.S. von § 421 BGB überhaupt dargetan ist. Die Beklagte haftet als Bank, da sie die sie treffende Aufklärungspflicht über die Rückvergütung verletzt hat. Dass und warum auch die Komplementärin, ihre Geschäftsführer und Gesellschafter, die Fondsinitiatorin, Fondsgesellschaft, die VIP Beratung für Banken AG bzw. VIP F... mbH und ehemaligen und gegenwärtigen Geschäftsführer und Gesellschafter dieser Gesellschaften mit ihr gesamtschuldnerisch auf Rückabwicklung der Fondsbeteiligung haften sollten, ist nicht dargetan.

Jedenfalls ist die Auslegung, dass die Abgeltungsklausel Gesamtwirkung i.S. von § 423 BGB habe, unzutreffend. Im Zweifel kommt einem Vergleich mit einem Gesamtschuldner keine Gesamtwirkung zu, da der Gläubiger grundsätzlich ein Interesse daran hat, sich bei dem anderen Gesamtschuldner schadlos halten zu können (BGH, Urt. v. 22.12.2011 -VII ZR 7/11, NJW 2012, 1071, 1073 Tz 21). Die Annahme, dass die Vergleichsparteien vorliegend ausnahmsweise das Interesse der Komplementärin am Ausschluss eines Rückgriffs gegen sie schützen wollten, ist nicht vertretbar, da Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen Banken nach der Präambel der Vereinbarung ausdrücklich “nicht Gegenstand dieser Vereinbarung” waren und nach dem letzten Satz der Abgeltungsklausel etwaige Ansprüche gegen Anlageberater oder -vermittler unberührt bleiben sollten.

8.

Der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte die Klägerin von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen hat, die mittelbar oder unmittelbar aus den gezeichneten Beteiligungen an den Fonds VIP 1 und 2 resultieren, ist zulässig und begründet, so dass die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen ist.

Die für das Feststellungsinteresse i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO wegen drohender Ausweitung des Vermögensschadens erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2006 -XI ZR 384/03, NJW 2006, 830, 832 Tz 27) ist wegen der drohenden Haftung der Klägerin auf weitere Einlageleistung bzw. Gläubigerhaftung und - auch für den Fonds VIP 1 - Nachhaftung gemäß § 160 HGB (s.o.) in Bezug auf “wirtschaftliche” Nachteile gegeben. In Bezug

auf “steuerliche” Nachteile gilt nichts anderes. Auf die Frage, ob eine Aberkennung von Steuervorteilen konkret droht, kommt es nicht an. Das Feststellungsinteresse folgt bereits daraus, dass - wie die Klägerin in der Klage (S. 25) vorgetragen hat - eine rückwirkende Änderung von auf Grundlage der Verlustzuweisungen ergangenen Steuerbescheiden und damit die Zahlung von Säumniszinsen auf Steuernachforderungen droht. Zudem kommt ein Anspruch der Fondsgesellschaften auf Freistellung von Gewerbesteuerschäden in Betracht. Der Senat hat danach gegen die Zulässigkeit des gesamten Feststellungsantrags keine Bedenken (s. bereits Urteil vom 20.12.2012, 8 U 148/11, UA S. 18 f.; ferner KG, Urt. v. 07.12.2009, 24 U 171/08, UA S. 25).

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die Beklagte ist nach den §§ 280 Abs. 1, 249 BGB verpflichtet, die Klägerin so zu stellen, als wenn sie die Fondsanteile nicht gezeichnet hätte, und hat damit alle daraus folgenden Nachteile, die im Vermögen der Klägerin eintreten, zu ersetzen.

Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin beantragte Zug-um-Zug-Beschränkung des Feststellungsbegehrens ins Leere gehen dürfte, da ein Feststellungsurteil mit Rechtskraft von selbst Wirkung entfaltet und nicht auf eine zurückhaltbare „Leistung“ i.S. von § 273 BGB gerichtet ist. Da der Klägerin jedoch nicht mehr zugesprochen werden darf als beantragt (§ 308 ZPO), hat es bei dieser (wenn auch nur verbalen) Beschränkung zu verbleiben (im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 02.01.2013, 19 U 50/12, bei Juris Tz 26).

9.

Die Zahlung der Beklagten hat in Höhe von 6.540 EUR Zug um Zug gegen die im landgerichtlichen Tenor zu 1.c) näher bezeichnete Übertragung des Anteils am Fonds VIP 2 an sie und in Höhe von 10.625 EUR (betreffend VIP 1) Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Übertragungsvereinbarung mit der VIP M... Geschäftsführungs GmbH vom 13.05.2011/26.03.2012 zu erfolgen, wie von der Klägerin zweitinstanzlich beantragt.

10.

Die gegen die Abweisung des Hilfswiderklageantrags in Bezug auf die Feststellung der Anrechnungspflicht von vergangenen und künftigen Steuervorteilen gerichtete Berufung ist teilweise begründet.

Das Landgericht ist von einer Feststellungsklage i.S. von § 256 Abs. 1 ZPO ausgegangen, die insoweit jedoch keinen hinreichend bestimmten Antrag habe (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei diesem Antrag um eine Zwischenfeststellungswiderklage i.S. von § 256 Abs. 2 ZPO, die (nur) insoweit zulässig ist, als sie Abzugsposten zum Gegenstand hat, die in dem auf den Tag der letzten mündlichen Verhandlung errechneten Zahlungsantrag nicht als “Elemente” enthalten sind (BGH NJW-RR 2012, 1312, 1316 Tz 40 f. betr. einen gleichlautenden Antrag).

Danach ist die Widerklage insoweit unzulässig, als sie sich auf Steuervorteile bezieht, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung angefallen sind. Denn über diese Elemente des Schadensersatzanspruchs wird bereits mit der Klage entschieden (a.a.O., Tz 40).

In Bezug auf nach diesem Zeitpunkt noch anfallende Steuervorteile ist die Zwischenfeststellungs-widerklage jedoch zulässig und auch begründet. Denn nach Auffassung des Senats hat vorliegend eine Anrechnung von konkreten Steuervorteilen zu erfolgen, und künftige Steuervorteile, die danach für die Anspruchshöhe erheblich sind und bei der Schätzung nach § 287 ZPO noch nicht berücksichtigt werden konnten, sind denkbar.

11.

Über den für den Fall der Nichtanrechnung von Steuervorteilen gestellten Hilfswiderklageantrag (auf Feststellung der Rückzahlungspflicht einer künftigen Schadensersatzleistung an die Beklagte in Höhe der Steuervorteile aus der Beteiligung, sofern die Ersatzleistung keiner Besteuerung unterliegt) ist nicht zu entscheiden, da der Senat Steuervorteile anrechnet und die Bedingung damit nicht eingetreten ist.

II. Zur Anschlussberufung der Klägerin

Die Anschlussberufung hat keinen Erfolg.

1) Soweit sich die Klägerin gegen den klarstellenden Zusatz im Feststellungsausspruch wendet, dass Nachteile ausgenommen sind, die auf der Steuerbarkeit der Zahlung gemäß Tenor zu 1.a) beruhen, ist die Anschlussberufung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn die Klägerin macht selbst nicht geltend, dass ihr dieser künftige Steuernachteil - neben dem erstinstanzlich zugesprochenen vollen Betrag der Einlagen - zu ersetzen sei, sondern meint offenbar nur, dass es dieses Zusatzes im landgerichtlichen Urteil nicht bedurft hätte. Auch wenn die Anschlussberufung keine Beschwer erfordert, setzt sie doch voraus, dass mit ihr mehr erreicht werden soll, als dem Berufungsbeklagten bereits durch die erstinstanzliche Entscheidung zuerkannt worden ist (vgl. BGH NJW 2008, 1953, 1954 Tz 14; NJW 1958, 868: keine Anschließung zur Änderung der Gründe). Eine Umformulierung eines inhaltlich nicht angegriffenen Tenors kann daher nicht begehrt werden.

Der von der Klägerin beanstandete Zusatz entfällt jedoch bei der Tenorierung des Senats jedenfalls deshalb, weil dieser eine konkrete Anrechnung aller Steuervorteile, vermindert um Steuernachteile, für geboten hält und daher kein Anlass besteht, einen derartigen Zusatz aufzunehmen.

Soweit die Klägerin hilfsweise für den Fall, dass der Senat eine Anrechnung von Steuervorteilen annimmt, den Fortfall auch des Zusatzes des Feststellungantrags in Bezug auf Nachteile, „die ohne Zeichnung dieser Fondsanteile nicht eingetreten wären“ begehrt, ist die Anschlussberufung ebenfalls mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Es handelt sich um eine bloß klarstellende Formulierung im landgerichtlichen Tenor, die (zutreffend) zum Ausdruck bringt, dass allein das negative Interesse der Klägerin zu ersetzen ist, indem sie so zu stellen ist, als wenn sie nicht beigetreten wäre.

2) Soweit die Klägerin die (den Streitgegenstand unberührt lassende) Anpassung der Zug-um-Zug-Beschränkung und des Antrags auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten an die nach Erlass des landgerichtlichen Urteils durch die Übertragung ihres Anteils am Fonds VIP 1 eingetreten neue Lage verfolgt, bedurfte es hierzu keiner Anschlussberufung. Die zum Zweck der Neufassung des Klageantrags eingelegte Anschlussberufung ist daher unzulässig (vgl. BGH NJW 1991, 3029).

3) Soweit sich die Klägerin gegen die Stattgabe der Widerklage (Feststellung der Anrechnung künftiger Ausschüttungen) wendet, ist die Anschlussberufung zulässig, jedoch unbegründet.

Die Widerklage ist insoweit als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO, die keines besonderen Feststellungsinteresses bedarf, zulässig, da nicht auszuschließen ist, dass der Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung bis zu einem endgültigen Ausscheiden aus dem Fonds VIP 2 noch anrechenbare Ausschüttungen zufließen (vgl. BGH NJW-RR 2012, 1312, 1316 Tz 41). Der Umstand, dass die Beteiligung im Wege der Zug-um-Zug-Leistung an die Beklagte zu übertragen sein wird, schließt diese Möglichkeit nicht aus.

Die Widerklage ist bezüglich des Fonds VIP 2 auch begründet, da möglicherweise noch erfolgende Ausschüttungen bei der Schadensberechnung nicht berücksichtigt sind (vgl. auch BGH a.a.O., Tz 42).

Hinsichtlich des Fonds VIP 1 haben die Parteien die Zwischenfeststellungswiderklage in Bezug auf künftige Ausschüttungen übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Klägerin nach der unstreitigen Übertragung des Anteils auf die Komplementärin per 01.04.2012 keine Ausschüttungen mehr erlangen kann und, sollten solche an die Komplementärin erfolgen, im Falle eines Übererlöses i.S. von Ziffer 2 der Übertragungsvereinbarung schon auf Grund der Abretungserklärung an die Beklagte gelangen, ohne dass es einer Feststellungsklage bedarf. Die Klägerin hat insoweit die Kosten des erledigten Anspruchs nach § 91 a ZPO zu tragen, da künftig noch erfolgende Ausschüttungen im Wege der Vorteilsanrechnung schadensmindernd zu berücksichtigen sind und der Feststellungsantrags damit begründet war.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 91 a Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Sie hat zu berücksichtigen, dass die Klägerin erstinstanzlich durch (nicht angegriffene) Abweisung des Zinsanspruchs in Höhe von 4% von 14.500,00 EUR im Zeitraum 09.11.2002 bis 09.02.2011 und von 15.750,00 EUR im Zeitraum 09.12.2001 bis 09.02.2011 bei Bildung eines fiktiven Streitwerts aus Hauptsache und Zinsforderung nicht unerheblich (nämlich mit einer Zinsforderung im Wert von 10.566 EUR) unterlegen ist und eine Einbeziehung der Abweisung in die Unterliegensquote daher angemessen ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 92 Rn 11 m.N.). Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird gemäß § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des OLG Koblenz vom 07.05.2012, 3 U 236/11 zur Frage der Anrechnung der Steuervorteile (nur für die Klägerin) zugelassen.