AG Aachen, Urteil vom 31.08.2012 - 115 C 419/10
Fundstelle
openJur 2013, 29662
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger ist befugt, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend.

Der Kläger ist Halter des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XX - N xxxx. Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XX - H xxxx.

Am xx.03.2010 befuhr der Zeuge U mit dem klägerischen Fahrzeug die M-Straße in C-Stadt. Auf Höhe des Hauses Nr. 3 stand am rechten Fahrbahnrand der Zeuge G sr. mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug. Der Zeuge U lenkte nach rechts, um vor dem Zeugen G sr. am rechten Fahrbahnrand zu halten. Es kam zur Kollision der Fahrzeuge.

Die Kosten für die Reparatur des klägerischen Fahrzeuges belaufen sich auf netto 2.794,14 €. Weiter entstanden dem Kläger für die Einholung eines Kostenvoranschlages Kosten in Höhe von 50,00 €. Darüber hinaus macht er eine Unkostenpauschale in Höhe von 30,00 € geltend.

Der Kläger behauptet, er sei Eigentümer des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen XX - N xxxx. Der Zeuge G sr. sei plötzlich angefahren.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.874,14 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2008 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, zur Freistellung des Klägers an die Rechtsanwälte X aus F-Stadt 316,18 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T, Y, G sr., G jr., U, Z und K sowie durch Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom xx.12.2010 und xx.02.2011 (Bl. 24 ff., 38 ff. d.A.) sowie das schriftliche Gutachten des Sachverständigen O (Bl. 70 ff. d.A.) verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom xx.08.2012 ist der Kläger, nachdem in den vorausgegangenen Terminen vom xx.12.2010 und xx.02.2011 mündlich verhandelt worden ist, nicht erschienen. Die Beklagte hat eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I. Da in zwei früheren Terminen mündlich verhandelt worden ist, der Kläger im Termin vom xx.08.2012 nicht erschienen ist und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, war auf Antrag der Beklagten gemäß §§ 331a, 251a Abs. 2 ZPO nach Lage der Akten zu entscheiden.

II. Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 2.874,14 € aus §§ 7 Abs. 1, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG oder § 823 BGB zu.

Es kann dahinstehen, ob das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XX - N xxxx im Eigentum des Klägers steht. Denn jedenfalls ist eine Haftung der Beklagten gemäß § 17 Abs. 3 StVG ausgeschlossen, da der Unfall für den Zeugen G sr. unabwendbar war. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerst mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist auf das Verhalten eines "Idealfahrers" (BGH v. 13.12.1990, III ZR 14/90, Rn. 7, zitiert nach juris). Danach war der Unfall für den Zeugen G sr. unabwendbar, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon auszugehen ist, dass er im Unfallzeitpunkt stand.

a. Die Vernehmung der Zeugen T, Y, G sr., G jr., U, Z und K hat weder die klägerische Behauptung, dass das Beklagtenfahrzeug angefahren sei, noch die Behauptung der Beklagten, das Fahrzeug habe gestanden, zur Überzeugung des Gerichtes erwiesen.

aa. Die Aussagen der Zeugen T und Y waren unergiebig, da diese den Unfallhergang selbst nicht miterlebt haben. Auch die Aussage des Zeugen U war unergiebig. Er hat lediglich gemutmaßt, dass der Zeuge G sr. angefahren ist, ohne dies tatsächlich wahrgenommen zu haben. Auch der Zeuge K konnte keine Angaben zum Unfallhergang machen.

bb. Die Zeugen G sr., G jr. und Z, die alle entweder selbst am Unfall beteiligt waren oder in einer Nähebeziehung zu einem Unfallbeteiligten stehen, haben den Unfallhergang abweichend geschildert. Der Zeuge G sr. hat bekundet, er sei nicht angefahren und der Motor sei aus gewesen. Gleiches hat der Zeuge G jr., der Sohn des Zeugen G sr., angegeben. Dagegen hat die Zeugin Z, die Freundin des Zeugen U, angegeben, der Zeuge G sr. sei nach vorne gefahren, als das zunächst vor ihm stehende Fahrzeug weggefahren sei. Das Gericht ist hinsichtlich keiner Aussage von deren Wahrheit oder Unwahrheit mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit überzeugt. Beide Schilderungen sind möglich und auch gleichermaßen lebensnah. Alle Zeugen habe jeweils die Version der Partei bestätigt, in deren Lager sie stehen.

b. Nach den Ausführungen des Sachverständigen O ist aufgrund des Splitterabwurffeldes, dessen Feinsplitter unmittelbar vor der Bruchstelle an der linken vorderen Ecke des Beklagtenfahrzeuges enden, jedoch mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das Beklagtenfahrzeug im Kollisionszeitpunkt stand. Zwar konnte der Sachverständige auf der Basis der ihm zur Verfügung gestellten Anknüpfungstatsachen nicht vollständig ausschließen, dass sich das Beklagtenfahrzeug - mit deutlich geringerer Geschwindigkeit als das klägerische Fahrzeug - bewegt hat. Diese verbleibende Unsicherheit beruht jedoch darauf, dass dem Sachverständigen von Seiten des Klägers weder das Unfallfahrzeug noch Fotos von dessen Schäden zur Begutachtung zur Verfügung gestellt worden sind. Der Sachverständige hat den Kläger hierzu mit Schreiben vom xx.08.2011, xx.11.2011 und xx.12.2011 aufgefordert. Mit Beschluss vom xx.02.2012 hat das Gericht dem Kläger eine Frist zur Mitwirkung bis zum xx.02.2012 gesetzt und ihn darauf hingewiesen, dass die Unterlassung einer Mitwirkung im Rahmen der Beweiswürdigung gewürdigt werden kann. Dennoch hat der Kläger dem Sachverständigen bis zuletzt weder Schadensfotografien noch das Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Sachliche Gründe hierfür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die nach Einholung des Sachverständigengutachtens verbleibende Restunsicherheit hinsichtlich der entscheidenden Frage, ob das Beklagtenfahrzeug stand oder angefahren ist, hat daher zu Lasten des Klägers zu gehen, der durch seine unterlassene Mitwirkung, eine weitergehende Sachaufklärung unmöglich gemacht. Es war daher zu Lasten des Klägers davon auszugehen, dass das Beklagtenfahrzeug im Unfallzeitpunkt stand.

2. Da dem Kläger der in der Hauptsache geltend gemachte Anspruch nicht zusteht, kann er auch keine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten beanspruchen.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV. Streitwert: 2.874,14 €