OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.04.2013 - 17 U 88/11
Fundstelle
openJur 2013, 22796
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 4. März 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 970,58zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. März 2008 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen zukünftigen Steuerzahlungen, die der Kläger im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2GmbH & Co. KG an das Finanzamt zu zahlen hat, freizustellen bzw. ihm diese zu erstatten.

3. Die Verurteilung gemäß Ziffer 1.) und die Freistellung gemäßZiffer 2.) erfolgen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Abtretung aller Rechte aus der vom Kläger und der ... VIP Medienfonds 2 ... GmbH am 30. November 2010/9. Dezember 2010 geschlossenen Übertragungsvereinbarung über dessen Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den Fall der nachträglichen Aberkennung der Verlustzuweisung bzgl. der Beteiligung des Klägers an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co.KG den wirtschaftlichen Schaden, insbesondere den entstehenden Zinsschaden einer Steuernachzahlung, zu erstatten hat.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Kläger von sämtlichen aus der am 8. August 2002 gezeichneten Kommanditbeteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KGresultierenden Ansprüchen der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co.KG, eines etwaigen Insolvenzverwalters oder ihren Gläubigern bis zur Höhe der noch ausstehenden Pflichteinlage, freizustellen hat.

6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Abtretung aller Rechte aus der vom Kläger und der ... VIP Medienfonds 2 ... GmbH am 30. November 2010/ 9. Dezember 2010 geschlossenen Übertragungsvereinbarung über dessen Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG in Verzug befindet.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere €1.761,08 zuzüglich Zinsen hieraus seit dem 28. Januar 2010 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

8. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

9. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 54% und die Beklagte 46% zu tragen.

10. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch die Gegenseite jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollstreckendenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110%des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.

Im August 2002 wurde dem Kläger von seinem bei der Beklagten angestellten Bankberater, dem Zeugen Z1, im Rahmen eines Beratungsgesprächs eine Filmfondsbeteiligung an der … VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden: „VIP 2“) in Höhe von € 50.000 nominal zuzüglich 3% Agio (= € 50.000 + € 1.500 = € 51.500) angeboten. Beim Beratungsgespräch war eine Mitarbeiterin des Steuerberaters des Klägers, die Zeugin Z2, anwesend. Aufgrund dieses Beratungsgespräches am 8. August 2002 zeichnete der Kläger eine Nominalbeteiligung in Höhe von € 50.000 zzgl. 3% Agio. Von dieser Nominalbeteiligung erbrachte der Kläger vereinbarungsgemäß 55% zzgl. des 3%igen Agios (= € 27.500 + € 1.500 = € 29.000) als Bareinlage.

Der Vertrieb der Kommanditanteile erfolgte über die ... AG. Diese vereinnahmte zunächst alle Zahlungen des Klägers, einschließlich des 3%igen Agios. Die Beklagte erhielt dann von der ... AG – wie zwischen ihr und der ... AG vereinbart – einmalig 8,25% der Zeichnungssumme (ohne Agio) als Vermittlungsprovision.

Durch die Zeichnung des Medienfonds VIP 2 erlangte der Kläger für den Besteuerungszeitraum des Kalenderjahres 2002 wegen der weit über seinen gezahlten Betrag hinausgehenden Verlustzuweisung eine Steuerersparnis in Höhe von € 28.029,42.

Der Kläger hat erstinstanzlich geltend gemacht, er sei nicht anlegergerecht beraten worden. Hierzu führt er aus, die Kommanditbeteiligung an VIP 2 sei eine hochspekulative Anlage mit Totalverlustrisiko. Der Kläger habe aber keinesfalls nach einer spekulativen Anlageform gesucht, sondern neben steuerlichen Motiven ausdrücklich Wert auf eine sichere Kapitalanlage zur Alterssicherung gelegt.

Die empfohlene und aufgrund der Empfehlung gezeichnete Filmfondsbeteiligung passe aber nicht zur Anlagemotivation des Klägers. Die Beklagte habe den Anschein erweckt, die Kapitalanlage sei von ihr mit einer 80%igen Absicherung garantiert. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, sondern die Garantiezahlung habe lediglich den Fonds abgesichert. Bei dessen Überschuldung komme die Garantie dem Kläger aber gar nicht zugute. Der Zeuge Z1 habe ein Totalverlustrisiko angesichts der Absicherung ausgeschlossen. Dies sei ein Beratungsfehler.

Außerdem sei durch die Beklagte keine objektgerechte Beratung erfolgt. Zum einen sei das dem Kläger durch die Anlage drohende Verlustrisiko durch den Anlageberater falsch dargestellt worden. Der Berater der Beklagten habe anlässlich der Beratung angegeben, dass ein Totalverlustrisiko der Anlage angesichts der Absicherung durch verschiedene Bankgarantien ausgeschlossen sei. Vielmehr seien 80% des eingesetzten Kapitals abgesichert. Dabei habe der Anlageberater nicht darauf hingewiesen, dass die Garantie lediglich zugunsten des Fonds und nicht zugunsten des Anlegers bestehe.

Ferner habe die Beklagte den Kläger nicht davon in Kenntnis gesetzt, dass der Kläger einem Nachzahlungsrisiko ausgesetzt gewesen sei. Sollte der Fonds nämlich keine ausreichenden Gewinne erwirtschaften, müsste er als Kommanditist die ausstehende Einlage nachzahlen, um der von ihm eingegangenen Einlagenverpflichtung nachzukommen. Dieses Risiko hätte gegenüber dem Kläger erwähnt werden müssen.

Als weitere Pflichtverletzung der Beklagten hat der Kläger die mangelnde Plausibilitätsprüfung der Anlage durch die Beklagte behauptet. Die Beklagte habe hinsichtlich des Anlageproduktes VIP 2 das Fondskonzept nicht auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüft. Nach dem Prospekt sei unklar, wer Garantien zur Absicherung des Fonds erbringe und mit welchen Mitteln die Garantieerklärungen unterlegt werden sollten. Darüber hinaus sei im Prospekt nicht ausreichend transparent dargestellt worden, dass der Kläger bei nicht planmäßigem Geschäftsverlauf den noch ausstehenden Anteil in Höhe von 45% seiner Einlage nachzahlen müsse. Auch sei nicht deutlich genug beschrieben, dass sich die Absicherung in Höhe von 80% auf den erbrachten Kommanditanteil und nicht auf das gesamte Fondskapital beziehe. Von diesem seien nur 63% besichert.

Der Kläger hat sich ferner erstinstanzlich darauf berufen, die Beklagte habe den Kläger im Rahmen ihrer Beratung zum Fonds nicht über die Höhe der Innenprovisionen, die sie von der ... AG erhalten habe, informiert. Die Beklagte habe bei Verletzung dieser Beratungspflicht auch schuldhaft gehandelt. Außerdem hätte der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die von der Beklagten erhaltenen Provisionen die Beteiligung nicht gezeichnet. Insoweit komme dem klägerischen Vortrag auch die Kausalitätsvermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens zugute.

Darüber hinaus hat der Kläger behauptet, der Fondsprospekt sei ihm erst am Tag der Zeichnung der Anlage übergeben worden. Deswegen habe er ihn nicht mehr zur Kenntnis nehmen können.

Schließlich macht der Kläger geltend, er hätte den als Bareinlage erbrachten Betrag zu 4% p. a. angelegt, wenn er die Fondsanlage nicht gezeichnet hätte. Außerdem habe die Beklagte die vom Kläger an den Klägervertreter gezahlte 2,5-fache Geschäftsgebühr nebst Auslagen und Mehrwertsteuer in Höhe von € 3.364,73 aus einem Geschäftswert von € 51.500 zu erstatten. Die vorliegende Sache sei umfangreich und schwierig gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 29.000 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozentpunkten vom 12. September 2009 bis zum 2. Februar 2008 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Februar 2008 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher ihm verbliebener Rechte aus seiner Kommanditbeteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG zu bezahlen. 2) festzustellen, dass die Beklagte den Kläger von sämtlichen Forderungen und Ansprüchen bis zur Höhe der noch ausstehenden Pflichteinlage in Höhe von 45% der Zeichnungssumme freizustellen hat, die aus der Kommanditbeteiligung des Klägers an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG resultieren und von der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG selbst, eines etwaigen Insolvenzverwalters oder sonstigen Gläubigern geltend gemacht werden. 3) festzustellen, dass die Beklagte für den Fall der nachträglichen Aberkennung der Verlustzuweisung bzgl. der Beteiligung der Klagepartei an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG den wirtschaftlichen Schaden einer Steuernachzahlung, insbesondere den entstehenden Zinsschaden, zu ersetzen hat. 4) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere € 3.364,72 für außergerichtlich entstandene Kosten der Rechtsverfolgung zu zahlen. sowie hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte den Kläger von sämtlichen weiteren Steuerzahlungen, die der Kläger im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG zu zahlen hat, freizustellen

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr sei keine Beratungspflichtverletzung vorzuwerfen.

Sie habe den Kläger anlegergerecht beraten. Der Kläger habe über Erfahrungen mit steuersparenden Beteiligungsmodellen wie dem streitgegenständlichen verfügt, da er bereits zuvor den geschlossenen Medienfonds „…“ gezeichnet habe und darüber hinaus bei seinen Anlagen durch seine Steuerberaterin, die Zeugin Z2, beraten worden sei. Auch habe das streitgegenständliche Beteiligungsmodell der Risikobereitschaft des Klägers entsprochen. Im Jahr 2000 – mithin ca. 2 Jahre vor der streitgegenständlichen Anlage – habe der Kläger seine Risikobereitschaft als „Wachstumsorientiert – überdurchschnittliche Wertentwicklungschancen; Wertverluste sind jederzeit möglich“ beschrieben. Damit habe der Kläger zu erkennen gegeben, dass er auch das Risiko eines Verlustes in Kauf genommen habe. Seine Kenntnisse habe der Kläger mit der zweithöchsten Stufe „E“ angegeben. Diese Angaben aus dem Jahr 2000 habe der Kläger im Jahr 2004 erneut bestätigt. Zudem habe die Beteiligung an VIP 2 der vom Kläger gewünschten steuerlichen Optimierung entsprochen.

Die Beklagte hat weiter vorgetragen, ihre Beratung sei auch objektgerecht gewesen. Der Anlageberater der Beklagten, der Zeuge Z1, habe den Kläger anhand des Prospektes fehlerfrei aufgeklärt und auf alle Umstände und Risiken, die mit einer Beteiligung an VIP 2 verbunden seien, hingewiesen. Der Kläger habe vor Zeichnung der Anlage sowohl den Kurzprospekt als auch den Hauptprospekt zu VIP 2 erhalten. Auf dem Zeichnungsschein habe er entsprechend bestätigt, den Inhalt des Beteiligungsangebotes erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben.

Der Prospekt sei darüber hinaus vollständig und fehlerfrei. Er enthalte eine vollständige und fehlerfreie Darstellung der Risiken der Beteiligung, insbesondere des Totalverlustrisikos. Wegen des Inhaltes des Prospektes wird auf S. 7 ff. der Klageerwiderung (Bl. 127 d. A.) Bezug genommen. Ebenfalls sei im Prospekt über die Haftung als Kommanditist aufgeklärt worden; insoweit wird wegen der Einzelheiten auf S. 12 ff. der Klageerwiderung (Bl. 132 d.A.) Bezug genommen. Im Prospekt werde ferner ausdrücklich darauf hingewiesen, dass 80% der Produktionskosten abgesichert seien. Diese Garantie könne durch Bankbürgschaft oder ähnliche Sicherheiten geleistet werden. Schließlich werde der Anleger auf Seite 35 des Fondsprospektes darüber aufgeklärt, dass die ... AG als Eigenkapitalvermittlerin agiere und hierfür eine Provision in Höhe von 8,9% sowie das 3%ige Agio erhalte. Die ... AG sei darüber hinaus berechtigt, ihre Rechte und Pflichten aus der mit der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, somit also auch – wie in Höhe von 8,25% geschehen – auf die Beklagte.

Die Beklagte erhebt darüber hinaus die Einrede der Verjährung. Der Kläger habe den Prospekt seit August 2002 vorliegen gehabt und hätte gegebenenfalls erkennen können und müssen, dass er möglicherweise fehlerhaft beraten worden sei. Hinsichtlich der erhaltenen Innenprovision habe sie wegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums nicht schuldhaft gehandelt. Außerdem hat sie eingewendet, dass die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens vorliegend nicht eingreife, da der Kläger bei einer Mitteilung über die von der Beklagten erhaltenen Innenprovisionen mehrere Handlungsalternativen gehabt habe.

Die Beklagte hat zudem vorgetragen, der Kläger müsse sich die aus der Anlage erlangten Steuervorteile schadensmindernd anrechnen lassen. Ferner habe sich die Beklagte nicht im Schuldnerverzug befunden, da der Kläger die Leistung (Übertragung der Kommanditanteile) nicht ordnungsgemäß angeboten habe. Es fehle an den weiteren Voraussetzungen für eine Anteilsübertragung, wie etwa die Zustimmung des Komplementärs und Treuhänders. Schließlich hat sich die Beklagte gegen die geltend gemachten außergerichtlichen Kosten dem Grunde und der Höhe nach gewendet. Es sei nicht zweckmäßig gewesen, mit der Beklagten außergerichtlich in Verhandlungen zu treten. Außerdem sei die angesetzte 2,5-fache Gebühr zu hoch.

Das Landgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom Landgericht am 19. Februar 2010 (Bl. 285 d.A.) persönlich angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten der persönlichen Anhörung des Klägers wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Daneben Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Z2. Wegen der weiteren Einzelheiten der Zeugenvernehmung wird auf Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.1.2011 (Bl. 364 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. März 2011 vollständig abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass dem Kläger keine Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung oder etwaiger Prospektfehler zustünden.

Der Prospekt sei fehlerfrei. Der Prospekt erwähne das Risiko des Totalverlustes ausdrücklich und erwecke auch in anderen Passagen nicht den Eindruck, es sei ein bestimmter Teil der Anlage durch Bankgarantien abgesichert. Vielmehr ergebe sich aus dem Prospekt eindeutig, dass lediglich für die Fondsgesellschaft 80% der budgetierten Produktionskosten abgesichert worden seien. Außerdem sei im Prospekt hinreichend deutlich auf die Haftung des Anlegers hinsichtlich der nicht geleisteten Einlage hingewiesen worden. Auch die Möglichkeit negativer steuerlicher Entwicklungen sei im Fondsprospekt angesprochen worden. Er sei insgesamt transparent und plausibel.

Aus der Vernehmung der Zeugin Z2 ergebe sich, dass dem Kläger der Fondsprospekt vor dem Besprechungstermin in der Klinik zur Verfügung gestanden haben müsse, weil sie angegeben habe, diesen Prospekt selber vom Kläger erhalten zu haben.

Die Anlageberatung sei zwar fehlerhaft gewesen, da der Anlageberater fehlerhaft angegeben habe, die Anlage sei ganz sicher. Dennoch sei die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger die Anlage auch bei zutreffender mündlicher Aufklärung über die Risiken gezeichnet hätte. Dies ergebe sich daraus, dass die Steuerberatung den Kläger ausdrücklich von der Anlage in den streitgegenständlichen Fonds abgeraten habe, weil die steuerliche Anerkennung nicht zu 100% gesichert gewesen sei. Diesem Rat habe sich der Kläger widersetzt. Er habe zudem in seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass er grundsätzlich bereit gewesen sei, Anlagerisiken einzugehen und seine Anlageentscheidung – wie bei anderen vom Anlageberater Z1 vorgeschlagenen Anlagen – auf persönlichem Vertrauen zu seinem Anlageberater und nicht auf kritischer Bewertung der mit der Anlage verbundenen Risiken basiere.

Die fehlerhafte Aufklärung über die von der Beklagten über die … AG erhaltene Rückvergütung sei für die Anlageentscheidung des Klägers ebenfalls nicht kausal gewesen. Die Voraussetzungen für die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens lägen nicht vor. Der Kläger habe im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass er keine Probleme damit gehabt habe, dass es eine Vertriebsprovision von 8,9% gäbe, von denen an die Beklagte 8,25% zurückfließen. Er glaube, es könne sein, dass er auch in diesem Fall die Beteiligung gezeichnet hätte.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Er trägt vor, die fehlerhafte Angabe des Bankberaters Z1, der Fonds sei ganz sicher, stellten eine Falschberatung und damit eine Pflichtverletzung dar. Die Argumentation des Landgerichts, dass aufgrund der Aussage der den Kläger steuerlich beratenden Zeugin Z2 und seinen Angaben im Rahmen seiner informatorischen Anhörung feststehe, dass der Kläger die Kapitalanlage in jedem Fall gezeichnet hätte, trage nicht. Das Landgericht habe übersehen, dass für den Kläger neben den steuerlichen Motiven auch die Altersvorsorge eine Rolle gespielt habe. Dies beinhalte, dass für ihn sehr wohl die Sicherheit der Beteiligung von großer Bedeutung gewesen sei. Außerdem habe er angegeben, zu einer konservativen Anlagestrategie zu neigen. Die Angaben der Zeugin Z2, von der Beteiligung unter dem Aspekt steuerlicher Unsicherheit Abstand zu nehmen, lasse keine Rückschlüsse darauf zu, ob der Kläger bei richtiger Aufklärung über das tatsächlich bestehende Totalverlustrisiko die Anlage dennoch gezeichnet hätte. Die diesbezügliche Vermutungswirkung könne durch die Angaben der Zeugin Z2 nicht als widerlegt angesehen werden. Hätte der Kläger Kenntnis von der Falschdarstellung des Verlustrisikos gehabt, hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet. Die Schlussfolgerungen des Landgerichts seien vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar und damit rechtsfehlerhaft.

Darüber hinaus wiederholt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag, der Prospekt sei fehlerhaft und verharmlosend. Die Faktoren, die zum im Prospekt genannten Totalverlustrisiko und der Nachhaftungspflicht führten, seien nicht übersichtlich im Prospekt aufgeführt. So werde beim Anleger der Eindruck erweckt, 80% seiner Einlage würden durch Bankgarantien abgesichert und nicht – wie tatsächlich vorgesehen – 80% der budgetierten Produktionskosten. Außerdem sei der Prospekt insoweit fehlerhaft, da in ihm nicht ausreichend darauf hingewiesen werde, dass ein Nachzahlungs- bzw. Zins- und Tilgungsrisiko hinsichtlich der vom Fonds aufgenommenen Kredite bestünde.

Hinsichtlich der verschwiegenen Rückvergütungen sei das Landgericht zwar vorliegend zutreffend von einer Pflichtverletzung hinsichtlich der Aufklärung über die an die Beklagte geflossenen Provisionen ausgegangen. Es habe aber rechtsfehlerhaft die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens als widerlegt angesehen. Entscheidend für die Frage des aufklärungsrichtigen Verhaltens sei nicht die Frage, ob der Kläger bei richtiger Aufklärung die Anlage gezeichnet hätte, sondern ob der Kläger gezeichnet hätte, wenn er von Dritter Seite über die Höhe der Provision und das bestehende Eigeninteresse der Beklagten informiert worden wäre. Diese Kenntnis hätte nämlich einen Vertrauensbruch bewirkt mit der Folge, dass der Kläger die Anlage dann nicht gezeichnet hätte.

Der Kläger trägt zudem weiter vor, er hätte bei richtiger Beratung das Geld alternativ mit einem Zinssatz von 4% p. a. angelegt. Verzug bestehe wegen des vom Verfahrensbevollmächtigten verfassten Mahnschreibens vom 21. Januar 2008. Steuervorteile seien dem Kläger nicht anzurechnen, da dem Kläger wegen Versteuerung seines Schadensersatzanspruches insgesamt keine außergewöhnlichen Steuervorteile verblieben. Aus der Kommanditistenstellung des Klägers bzw. von steuerlicher Seite seien Nachzahlungsverpflichtungen möglich, weshalb die Feststellungsanträge gerechtfertigt seien. Auch sei die geltend gemachte Geschäftsgebühr vom Kläger an den Verfahrensbevollmächtigten am 28. Januar 2010 gezahlt worden und diesem deshalb von der Beklagten zu erstatten.

Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz unter Abänderung des am 4. März 2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-12 O 284/09,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 29.000 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4% vom 8. August 2002 bis zum 3. Februar 2008 und in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. März 2008 zu bezahlen hilfsweise festzustellen, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von sämtlichen zukünftigen Steuerzahlungen, die die Klagepartei im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG an das Finanzamt zu zahlen hat, freizustellen bzw. diese zu erstatten hat; hilfsweise Zug und Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der zwischen dem Kläger und der … VIP Medienfonds 2 ... GmbH am 30. November 2010/ 9. Dezember 2010 geschlossenen Übertragungsvereinbarung über dessen VIP 2-Kommanditbeteiligung 2. festzustellen, dass die Beklagte die Klagepartei von sämtlichen aus der am 8. August 2002 gezeichneten Kommanditbeteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG resultierenden Ansprüchen der VIP Medienfons 2 GmbH & Co. KG, eines etwaigen Insolvenzverwalters oder ihren Gläubigern bis zur Höhe der noch ausstehenden Pflichteinlage, freizustellen hat. 3. festzustellen, dass die Beklagte für den Fall der nachträglichen Aberkennung der Verlustzuweisung bzgl. der Beteiligung des Klägers an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG den wirtschaftlichen Schaden, insbesondere den entstehenden Zinsschaden einer Steuernachzahlung, zu ersetzen hat. 4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme, der Abtretung der Rechte aus der am 30. November 2010/ 9. Dezember 2010 mit der Fondskomplementärin geschlossenen Übertragungsvereinbarung über die Beteiligung an der ... VIP Medienfonds 2 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000 in Verzug befindet. 5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere € 3.364,73 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2010 für außergerichtlich entstandene Kosten der Rechtsverfolgung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte stützt das landgerichtliche Urteil.

Sie trägt vor, der Schluss des Landgerichts, wonach es dem Kläger, nachdem ihm von steuerlicher Seite von der Anlage abgeraten worden sei, nicht auf Risikohinweise angekommen sei, sondern er die von seinem Anlageberater empfohlenen Anlagen jedenfalls tätigen habe wollen, weil er diesem vertraut habe, sei nachvollziehbar. Aus der Kombination von Vertrauensverhältnis zu seinem Anlageberater und der von der Zeugin Z2 geschilderten Beratungsresistenz ergebe sich, dass er trotz richtiger Risikoaufklärung die Anlage gezeichnet hätte.

Hinsichtlich der Nichtaufklärung über die Vertriebsprovisionen habe das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger in seiner informatorischen Anhörung angegeben habe, dass er bei richtiger Aufklärung die Beteiligung dennoch erworben hätte.

Sie wiederholt die Einrede der Verjährung und ist der Ansicht, die vom Kläger erlangten Steuervorteile müssten auf den Schaden angerechnet werden und damit ihr zugute kommen.

Zudem wendet sie sich weiterhin gegen den vom Kläger geltend gemachten entgangenen Gewinn in Höhe von 4% p. a. und weist daraufhin, dass eine alternative Anlage nicht dargetan sei. Auch die außergerichtlichen Kosten seien nicht zu erstatten, da vom Kläger kein gesonderter Auftrag zur vorgerichtlichen Tätigkeit vorgetragen worden sei.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat nur zum Teil Erfolg.

Der Kläger kann von der Beklagten wegen Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB die Rückzahlung der für die Fondsbeteiligung gezahlten Beträge Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus der mit der … VIP Medienfonds 2 … GmbH geschlossenen Übertragungsvereinbarung verlangen; abzuziehen sind ihm hierbei aber die großen steuerlichen Vorteile, die er erlangt hat. Die Beklagte ist außerdem aufgrund ihrer Schadensersatzpflicht dem Grunde nach verpflichtet, dem Kläger alle ihm aus der Zeichnung der Anlage drohenden steuerlichen sowie wirtschaftlichen Nachteile sowie ihm darüber hinaus außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

Im Einzelnen:

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch (§ 280 Abs. 1 BGB) wegen einer Beratungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der von ihm gezeichneten Beteiligung an VIP 2 zu.

a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass durch die entsprechende Anlageempfehlung des Mitarbeiters der Beklagten, dem Zeugen Z1, im August 2002 zwischen dem Kläger und der Beklagten konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.

b) Die Beklagte hat – wie das Landgericht weiter zutreffend ausführt – den Kläger im Rahmen ihres Beratungsvertrages nicht objektgerecht beraten und dadurch ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt.

aa) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (BGH, Urteil vom 27. September 2011 – Az. XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rdnr. 22).

bb) Diesen Maßstäben haben die Erläuterungen des Mitarbeiters der Beklagten im mündlichen Beratungsgespräch hinsichtlich des unstreitig bestehenden Totalverlustrisikos des eingesetzten Kapitals – wie das Landgericht zutreffend feststellt – nicht entsprochen. Zutreffend hat das Landgericht die Angaben des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung sowie die Angaben der Zeugin Z2 dahingehend gewürdigt, dass die Beklagte durch ihren Berater Z1 dem Kläger gegenüber angegeben hat, dass der dem Kläger angebotene Fonds kein Totalverlustrisiko des eingesetzten Kapitals in sich trage. Es bestehe – so, nach den Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung, der Zeuge Z1 gegenüber dem Kläger im Beratungsgespräch am 8. August 2008 – lediglich ein Verlustrisiko in Höhe von 15%. Wenngleich sich die Zeugin Z2 an diese konkrete Bezeichnung des Verlustrisikos nicht mehr erinnern konnte, so vermochte sie aber dennoch anzugeben, dass der Anlageberater Z1 im Rahmen des Anlagegesprächs vom 8. August 2002 versichert habe, dass VIP 2 ein ganz sicherer Fonds sei.

cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht – worauf das Landgericht ebenfalls zutreffend hinweist – daraus, dass der Kläger den Anlageprospekt, in dem auf das Totalverlustrisiko hingewiesen wurde, nach den Angaben der Zeugin Z2 vor der Beratung erhalten hatte. Der Umstand, dass der Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage hinreichend verdeutlicht, ist kein Freibrief für den Anlageberater, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06, NJW-RR 2007, 1690 Rdnr. 10; Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, BeckRS 2008, 13080, Rdnr. 7).

b) Ein Verschulden der beratenden Bank wird nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat hinsichtlich der falschen Aufklärung über das Totalverlustrisiko keine Umstände angeführt, um sich insoweit zu entlasten.

c) Die fehlerhafte Anlageberatung bzw. die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten war auch für den Erwerb der Kapitalanlage und damit den Schaden – entgegen dem landgerichtlichen Urteil – auch ursächlich.

aa) Steht eine Beratungs- bzw. Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung beratungs- bzw. aufklärungsrichtigen Verhaltens, d. h. der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Diese so genannte „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“ gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427, Rdnr. 28, 24 m. w. N.). Danach obliegt es der Beklagten, eine solche, bereits durch die Lebenserfahrung begründete (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, BeckRS 2008, 13080, Rdnr. 8), zur Beweislastumkehr führende Vermutung zu widerlegen. Mutmaßungen allgemeiner Art genügen hierfür nicht. Vielmehr bedarf es konkreter Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass der jeweilige Anleger sich trotz richtiger Aufklärung für die Anlage entschieden hätte.

bb) Im Gegensatz zur landgerichtlichen Entscheidung hat die Beklagte aber nicht den Beweis dafür führen können, dass der Kläger auch in Kenntnis des Totalverlustrisikos die Anlage gezeichnet hätte.

Die fehlende Kausalität zwischen Beratungsfehler und Pflichtverletzung kann der Senat nicht der Aussage der Zeugin Z2 entnehmen. Diese hat angegeben, dass der Kläger die Anlage gezeichnet hat, obwohl sie wegen der nicht zu 100% gesicherten steuerlichen Anerkennung von der Anlage abgeraten habe. Hieraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass wegen der fraglichen steuerlichen Anerkennung der Anlage damit dem Kläger auch die Frage der Sicherheit der Anlage gleichgültig war. Es ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, dass die Frage der Risikobereitschaft mit der steuerlichen Seite der Anlage etwas zu tun hatte oder hieraus eine allgemeine Beratungsresistenz des Klägers in Bezug auf jedwede Empfehlungen zu folgern wäre. Auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, dass dieser bereit war, ein gewisses, auch in steuerlicher Hinsicht bestehendes Risiko bei der Anlage einzugehen, kann nicht auf ein von ihm in Kauf genommenes Totalverlustrisiko geschlossen werden. Schließlich war auch aus der Anlagemotivation des Klägers – Altersvorsorge – zu entnehmen, dass ihm ein Totalverlustrisiko nicht notwendigerweise gleichgültig gewesen sei. Vor diesem Hintergrund ist die zur Beweislastumkehr führende Vermutung jedenfalls nicht widerlegt.

d) Der hieraus resultierende Schadenersatzanspruch ist nicht verjährt.

aa) Die von der Beklagten vorgetragene kenntnisabhängige Verjährung im Sinne von §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt zu laufen, sobald auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Gläubiger also die anspruchsbegründenden Umstände und die Person des Schuldners kennt oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (BGH, Urteil vom 16. Juni 2011 – III ZR 200/09, zit. nach juris, Rdnr. 21). Für die tatsächlichen Voraussetzungen trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast (BGH, Urteil vom 24. März 2011 – III ZR 81/109, zit. nach juris, Rdnr. 11 m. w. N.).

bb) Die Beklagte konnte eine Kenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Umständen nicht beweisen. Der Kläger hat angegeben, dass er erst im Jahr 2006 Kenntnis von den Hintergründen und Problemen des Fonds Kenntnis erhalten habe. Die Beklagte hat dies zwar bestritten, aber ihrerseits nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger bereits zuvor Kenntnis von der fehlerhaften Beratung des Anlageberaters erfahren habe. Von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers kann vorliegend jedenfalls auch nicht unter dem Gesichtspunkt des im Jahr 2002 ausgehändigten Fondsprospekts ausgegangen werden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit der Zeichnung der Beteiligung und der Angabe des Anlageberaters, die Anlage habe nur ein Ausfallrisiko von maximal 15%, den ihm überlassenen Anlageprospekt durchgelesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters hinterfragt hätte.

Damit war die Klageeinreichung im Jahr 2009 jedenfalls rechtzeitig, ohne dass es auf den Verlauf des ebenfalls vorgetragenen Schlichtungsverfahrens und eine damit einhergehende mögliche Hemmung der Verjährung ankommt.

e) Der Umfang des von der Beklagten geschuldeten Schadenersatzes ergibt sich aus § 249 BGB. Der Geschädigte kann von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden als hätte er die Beteiligung nicht gezeichnet.

aa) Hinsichtlich seines Zahlungsantrages hat dies im vorliegenden Fall zur Folge, dass der Kläger einen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Bareinlage (€ 27.500) nebst Agio (€ 1.500) hat, Zug um Zug gegen Übertragung seiner Rechte aus dem Übernahmevertrag, also Abgabe aller Erklärungen, die zur Übertragung dieser Rechte erforderlich sind.

Allerdings ist eine Anrechnung von Steuervorteilen vorliegend angezeigt.

(1) Zwar hat grundsätzlich eine Anrechnung von Steuervorteilen im Wege der Vorteilsausgleichung außer Betracht zu bleiben, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs ihrerseits zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt. Da das Gericht über die Höhe des Schadens gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der Vielgestaltigkeit konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt. Da die Kommanditbeteiligung an einem Medienfonds selbst steuerlich gewerbliche Einkünfte generiert, sind alle Zahlungen, die der Anleger im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft erhält, mithin auch die Schadenersatzleistung, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern.

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben oder er – wie vorliegend – gar Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Eigenleistung hinaus gehen (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 – Az. III ZR 336/08, BeckRS 2010, 19571 Rdnr. 50). Insoweit liegt die Darlegungslast hinsichtlich der Nachbesteuerung der Ersatzleistung noch verbleibender außergewöhnlicher Vorteile grundsätzlich bei der beklagten Bank, wobei dem Kläger als Geschädigten die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der ihm verbleibenden Steuervorteile bzw. Auswirkungen der Verlustzuweisung obliegt.

(2) Die Beklagte hat – unstreitig – vorgetragen, dass die Verlustzuweisung bei VIP 2 92,1% der Zeichnungssumme beträgt. Sie übersteigt bei einer Kommanditbeteiligung von insgesamt € 50.000 die im vorliegenden Fall erbrachte Einlage in Höhe von € 29.000 bei weitem. Dadurch ist die Grundannahme, dass sich die Steuervorteile aus den zunächst erlangten Verlustzuweisungen einerseits und Steuernachteilen aus der Versteuerung der Schadenersatzleistung andererseits in etwa die Waage halten, erschüttert, was wiederum zur Folge hat, dass die Rechtfertigung dafür entfällt, von einer konkreten Berechnung der mit der Anlage und ihrer Rückgewähr verbundenen steuerlichen Vor- und Nachteile abzusehen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 2. Januar 2013 – 19 U 50/12, zit. nach juris, Rdnr. 16).

(3) Bezogen auf den konkreten Fall hatte der Kläger bei einer Bareinlage von € 27.500 und einem Agio von € 1.500 – was ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig ist – aus der Verlustzuweisung eine konkrete Steuerersparnis in Höhe von € 28.029,42. Damit überschreiten die Steuervorteile bezogen auf den Anlagebetrag die Einlage, womit abweichend vom Regelfall wegen ihrer Höhe ebenfalls billigerweise die Steuervorteile auf die Entschädigungsleistung anzurechnen sind.

(4) Ob die Steuervorteile dem Kläger dauerhaft verbleiben oder durch zukünftige Steuerzahlungen vermindert werden, ändert an deren Anrechenbarkeit nichts. Insbesondere kann es bei dem vorliegenden Anlagemodell VIP 2 nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass die Verlustzuweisungen in erheblicher Höhe aberkannt werden. Nach dem unbestrittenen gebliebenen Vortrag der Beklagten bleibt es bei der für das Kalenderjahr 2002 vorgenommenen Verlustkürzung auf 92,1% durch die Finanzbehörden. Danach liegt die Annahme fern, dass dem Kläger die Vorteile aus der bereits reduzierten Verlustzuweisung nicht verbleiben.

Damit sind von dem eingeklagten Betrag von € 29.000 im Wege der Vorteilsausgleichung die vom Kläger erlangten steuerlichen Vorteile in Höhe von € 28.029,42 anzurechnen, sodass noch eine Differenz von € 970,58 verbleibt. Diesen Betrag hat der Kläger zu versteuern, wobei ihm aufgrund des Feststellungsantrages die darauf entfallenden Steuern zu erstatten sind. Im Übrigen ist der Zahlungsantrag zurückzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag auf Zahlung der von ihm erbrachten Bareinlage zzgl. Agio sowie der Feststellung Ziffer 2. des Tenors unter die aus Ziffer 3. des Tenors ersichtliche Einschränkung, dass er der Beklagten Zug um Zug ein Angebot auf Abtretung der aus der zwischen dem Kläger und der … VIP Medienfonds 2 … GmbH am 30. November 2010/ 9. Dezember 2010 geschlossenen Übertragungsvereinbarung unterbreitet und erklärt, sich zu einer dahingehenden Abtretung zu verpflichten. Das schriftsätzlich erklärte Angebot auf Abtretung der aus der Übertragungsvereinbarung resultierenden Ansprüche hat die Beklagte nicht angenommen, sodass der Annahmeverzug (Ziffer 6. des Tenors) festzustellen war.

2. Die Zinsforderung hinsichtlich des in der Hauptsache geforderten Zahlungsbetrages ergibt sich gemäß § 286, 288 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, da die Beklagte aufgrund des vorgerichtlichen Schreibens des Klägers vom 21. Januar 2008 mit Fristsetzung zum 2. Februar 2008 jedenfalls seit dem 4. März 2008 im Verzug ist.

Für den Zeitraum davor konnte der Kläger nicht substantiiert darlegen, welche alternative Anlage er mit dem Geldbetrag gewählt hätte, sodass ihm die beantragten 4% p. a. nicht zuzusprechen waren.

3. Ein weiterer absehbarer, aber noch nicht bezifferbarer und daher dem Grunde nach festzustellender Schaden sind die steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteile, die dem Kläger aus der Rückabwicklung der Anlage und der möglichen Aberkennung der steuerlichen Privilegierung des Fonds erwachsen können, sodass insoweit auch den Feststellungsanträgen stattzugeben war. Dies gilt auch für möglicherweise drohende Ansprüche aus der noch offen stehenden Kommanditeinlage. Dem Kläger drohen über die mögliche Nachveranlagung hinaus möglicherweise sonstige steuerliche Nachteile, z. B. in Form von Verzugs- oder Säumniskosten bei einer eventuellen Nachveranlagung, die einen ersatzfähigen Schaden darstellen. Daher ist eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung eines Schädigers zum Ersatz künftiger Schäden zulässig, da die bloße Möglichkeit eines solchen Schadenseintrittes besteht. Ein Feststellungsinteresse ist danach nur dann zu verneinen, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen. Davon kann vorliegend aber aufgrund der noch bevorstehenden Rückabwicklung und der noch nicht endgültig abgeschlossenen steuerlichen Behandlung nicht ausgegangen werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rdnr. 73 m. w. N.).

4. In Bezug auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten sind diese nur in Höhe von € 1.761,08 zuzusprechen.

Der Schädiger hat als durch das Schadensereignis adäquat kausal verursacht nur solche Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262,10, WM 2012, 1337 Rdnr. 70 m.w.N.). Dies ist hier für eine vorgerichtliche Tätigkeit in Form des als Anlage K1c vorgelegten Anschreibens an die Beklagte der Fall. Ohne Erfolg versucht die Beklagte die Zweckmäßigkeit einer vorgerichtlichen Tätigkeit mit dem Hinweis in Zweifel zu ziehen, dass sie sich hinsichtlich des hier in Rede stehenden Fonds generell nicht außergerichtlich einige. Im Rahmen eines individuellen Beratungsgespräches können die Erfolgsaussichten – wie vorliegend – immer nur anhand des konkreten Einzelfalles beurteilt werden. Vorliegend war zudem der Klageauftrag erst nach vorgerichtlichem Tätigwerden des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers erteilt worden.

Allerdings steht dem Kläger nur ein Anspruch auf Ersatz einer 1,3fachen Gebühr gemäß Ziffer 2300 VV-RVG zu. Der vorliegende Fall ist auch nicht als besonders schwierig oder umfangreich anzusehen. Es handelt sich um einen üblichen Fall fehlerhafter Anlageberatung unter Verwendung eines Prospekts, bei der es um die Frage des Inhaltes des Aufklärungsgespräches geht. Unter Berücksichtigung des Streitwertes von € 51.500 fiel demnach eine 1,3fache Anwaltsgebühr in Höhe von € 1.459,90 zzgl. € 20 Postpauschale und Umsatzsteuer, mithin in Summe € 1.761,08, an.

Hinsichtlich der auf diesen Betrag geltend gemachten Zinsen sind Rechtshängigkeitszinsen (§ 291 BGB) seit dem 28. Januar 2010 zuzusprechen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).