OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.03.2013 - OVG 9 N 4.12
Fundstelle
openJur 2013, 21774
  • Rkr:
Tenor

In dem Verfahren OVG 9 N 4.12:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 30. November 2011 (VG 7 K 3/11) wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung wird der Streitwert für beide Rechtsstufen auf 5.000 EUR festgesetzt.

In dem Verfahren OVG 9 N 5.12:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 30. November 2011 (VG 7 K 383/11) wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 1.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Miteigentümer eines Hausgrundstücks.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 2010 gab der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, sämtliches auf dem Grundstück anfallende Schmutzwasser der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage zuzuführen, und zwar durch eine vollständige Verbindung zwischen der Hausinstallation und dem Grundstücksanschlussschacht bis zum 4. November 2010. Weiter gab der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, bis zum 4. November 2010 die "Kleinkläranlage" außer Betrieb zu nehmen sowie die Verbindung zwischen der "Kleinkläranlage" und der Schmutzwasserhausinstallation zu trennen. Für den Fall der Nichtbefolgung der Anordnungen drohte der Beklagte dem Kläger ein Zwangsgeld von 1.000 Euro an.

Der Kläger erhob erfolglos Widerspruch.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2011 setzte der Beklagte das angedrohte Zwangsgeld fest. Auch hiergegen erhob der Kläger erfolglos Widerspruch.

Mit Urteilen vom 30. November 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen den Bescheid vom 5. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2010 und gegen den Bescheid vom 17. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2011 abgewiesen. Die Urteile sind dem Kläger am 12. Dezember 2011 zugegangen. Er hat jeweils am 5. Januar 2012 die Zulassung der Berufung beantragt und seine Zulassungsanträge erstmals mit Schriftsätzen vom 8. Februar 2012 begründet.

II.

Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung hinsichtlich des Bescheides vom 5. Oktober 2010 (VG 7 K 3/11, OVG 9 N 4.12) wie folgt begründet: Der Kläger unterliege mit dem Grundstück dem Anschluss- und Benutzungszwang hinsichtlich der öffentlichen Schmutzwasserkanalisation. Eine Befreiung sei ihm nicht erteilt worden. Auf dem Grundstück des Klägers falle auch Abwasser an, und zwar in dem Moment, in dem Schmutzwasser (aus insbesondere häuslichem Gebrauch) der privaten Kläranlage zur Wiederaufbereitung zugeführt werden solle. Dem stehe auch nicht ein verfassungsrechtlich verankertes Recht auf Mehrfachnutzung von bezogenem Frischwasser zu, denn der Kläger könne Frischwasser solange mehrfach nutzen, bis es den Abwasserbegriff erfülle. Durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ergäben sich auch nicht aus dem Miteigentum der Ehefrau des Klägers an dem Grundstück. Insbesondere sei nichts dafür erkennbar, dass die Ehefrau ihr zustehende Eigentumsrechte geltend mache, die es dem Kläger unmöglich machen könnten, den ihm auferlegten Verpflichtungen nachzukommen; vielmehr habe die in der mündlichen Verhandlung anwesende Ehefrau solches gerade verneint.

a) Der Kläger macht mit seiner am 8. Februar 2012 fristgerecht eingegangenen Zulassungsbegründung und vertiefenden späteren Schriftsätzen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend und bringt insoweit im Wesentlichen vor: Das Grundstück sei seit dem 6. August 2009 an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation angeschlossen. Auf ihm werde seitdem auch keine Kleinkläranlage mehr betrieben. Vielmehr sei die Kleinkläranlage zu einer im geschlossenen Kreislauf betriebenen Biomasseproduktionsanlage umgebaut worden. Das auf dem Grundstück bezogene Frischwasser werde zu 40 % für Gartenbewässerung benutzt, die restlichen 60 % gingen in den Haushalt. Das im Haushalt in seinen Eigenschaften veränderte Frischwasser einschließlich der von diesem Wasser transportierten Wertstoffe gelange direkt in einen Nährlösungsbereiter. Dort gingen die von den Pflanzen benötigten Nährstoffe in Lösung und würden sodann dosiert in ein vom Grundwasser abgeschlossenes Hydrokulturbecken abgegeben (Schilfbeet mit Zupflanzung anderer Pflanzen). Das dort nicht verstoffwechselte, nährstoffarme Wasser fließe in den Nährlösungsbereiter zurück. Weil das bezogene Frischwasser einerseits sehr kalkhaltig sei und andererseits für die Biomasseproduktion nicht ausreiche, erfolge der Rückfluss über einen Mischer, in dem Regenwasser zugeführt werde. Hinsichtlich der Nährlösung bestehe weder ein Entsorgungsbedürfnis noch ein Entledigungswille. Aus dem Wasserkreislauf in der Pflanzenproduktionsanlage werde kein Wasser für die Gartenbewässerung entnommen. Überschüssiges Schmutzwasser werde an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation abgegeben, wobei die eingeleitete Schmutzwassermenge über eine vom Beklagten abgenommene Messeinrichtung erfasst werde. In der Biomasseproduktionsanlage würden etwa 40 % des insgesamt auf dem Grundstück bezogenen Frischwassers chemisch und physikalisch in den Schilfpflanzen gebunden. Etwa 20 % des insgesamt bezogenen Frischwassers gelangten durch automatische oder manuelle Entleerung des Kreislaufs in die öffentliche Schmutzwasserkanalisation. Das Schilf werde zu energetischen, künstlerischen, pädagogischen und kleingewerblichen Zwecken verwendet, Teile würden auch verzehrt. Der Beklagte dürfe dem Kläger nicht vorgeben, wie er die Nährlösung für seine Pflanzen zubereite. Vielmehr habe der Kläger ein Recht auf unmittelbare Mehrfachnutzung des bezogenen Frischwassers (VerfG Bbg, Beschluss vom 20. April 2006, VfGBbg 11/06; OVG Bbg, Urteil vom 31. Juli 2003, 2 A 316/02; OVG Nds., Urteil vom 18. September 2003, 9 LC 540/02). Eine solche Mehrfachnutzung entspreche dem Kreislaufwirtschaftsgesetz. Der Beklagte verfolge demgegenüber letztlich nur ein Gebühreninteresse. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe der Bescheid auch an die Ehefrau des Klägers gerichtet werden müssen, weil nur beide Verfügungen über das Grundstück treffen dürften.

Dies greift nicht.

aa) Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass sämtliches auf dem Grundstück vorhandene Abwasser in Gestalt von Schmutzwasser wegen eines insoweit satzungsrechtlich geregelten Anschluss- und Benutzungszwangs in die öffentliche Schmutzwasserkanalisation einzuleiten ist. Entgegen seiner Auffassung betrifft dies indessen sämtliches Wasser, das innerhalb des Wohnhauses aus Waschbecken, Duschen, Toiletten, etwaigen sonstigen Bad- und Sanitäreinrichtungen sowie aus den Abflüssen von Haushaltsgeräten (Geschirrspüler, Waschmaschine etc.) oder aus sonstigen Abflüssen zusammenfließt und aus dem Haus abgeleitet wird. Dieses Wasser ist Abwasser in Gestalt von Schmutzwasser, denn es erfüllt die Tatbestandsmerkmale der Legaldefinition des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG. Es ist durch häuslichen Gebrauch in seinen Eigenschaften verändert und es fließt ab. Dabei kann offen bleiben, ob das Tatbestandsmerkmal des "Abfließens" (neben der Fassung des Wassers in einer Leitung und Beendigung des ersten Gebrauchsprozesses) auch den Willen des Grundstückseigentümers erfordert, sich des durch Gebrauch veränderten Wassers endgültig zu entledigen. Denn auch dieser Wille ist hier vorhanden. Wird auf einem Grundstück ständig Frischwasser für den häuslichen Gebrauch bezogen, so geht dies notwendigerweise mit dem Willen einher, sich des gebrauchten Wassers auch wieder endgültig zu entledigen, weil Haus und Grundstück andernfalls mit gebrauchtem Wasser überflutet würden. Der Wille zur endgültigen Entledigung ist ersichtlich auch hier gegeben. Dabei ist der Vortrag des Klägers dahin zu verstehen, dass die endgültige Entledigung des durch häuslichen Gebrauch veränderten Wassers nicht in erster Linie durch Fortleitung in die öffentliche Schmutzwasserkanalisation, sondern durch Einbringung in die "Pflanzenproduktionsanlage" erfolgen soll und erfolgt. In dieser Anlage kommt es - ersichtlich durch Verdunstung von der Oberfläche des Pflanzenbeets, durch Verdunstung von den Pflanzenoberflächen und durch das Ernten von Pflanzenteilen und Früchten - zu einem ständigen Wasserverlust, der so erheblich ist, dass er häufig nicht einmal durch die weitere Einbringung von im Haus gebrauchtem Wasser, sondern durch zusätzlich eingebrachtes Regenwasser ausgeglichen werden muss, um die Funktionsfähigkeit der Pflanzenproduktionsanlage zu erhalten. Der Wasserbedarf der Pflanzenproduktionsanlage führt zu einer derartig großen Aufnahmekapazität in Bezug auf das im Haushalt gebrauchte Wasser, dass insgesamt nur noch eine geringe Menge an gebrauchtem Wasser in die öffentliche Schmutzwasserkanalisation eingeleitet werden muss, um den erforderlichen Spielraum für einen weiteren Frischwasserbezug im Haushalt zu schaffen.

Die Schmutzwassereigenschaft des im Haus gebrauchten und mit dem Willen der endgültigen Entledigung in die Pflanzenproduktionsanlage eingeleiteten Wassers kann der Kläger nicht mit dem Argument in Abrede stellen, dieses Wasser werde in der Pflanzenproduktionsanlage in einem geschlossenen Kreislauf gefahren. Angesichts der Erheblichkeit des Wasserverbrauchs der Pflanzenproduktionsanlage kann von einem geschlossenen Kreislauf nicht die Rede sein. Würde die Pflanzenproduktionsanlage wirklich im geschlossenen Kreislauf gefahren, bedürfte sie im Wesentlichen nur einer einmaligen Befüllung und schiede als endgültiger Entledigungsweg für den Großteil des im Haus gebrauchten Wassers aus.

Die Schmutzwassereigenschaft des im Haus gebrauchten und mit dem Willen endgültiger Entledigung in die Pflanzenproduktionsanlage eingeleiteten Wassers kann der Kläger auch nicht mit dem Argument in Abrede stellen, ihm stehe nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg, des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ein Recht auf Mehrfachnutzung des bezogenen Frischwassers und die freie Entscheidung darüber zu, mit welchen Mitteln die Pflanzenproduktionsanlage betrieben werde. Bei Bestehen eines Anschluss- und Benutzungszwangs in Bezug auf eine betriebsfertige öffentliche Schmutzwasserkanalisation verlieren die Grundstückseigentümer das Recht, über das auf ihren Grundstücken anfallende Abwasser in Gestalt von Schmutzwasser frei zu verfügen. Sie müssen einmal angefallenes Schmutzwasser an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation abgeben und dürfen es insbesondere nicht mehr selbst für weitere Zwecke verwerten oder selbst beseitigen; das ist eine logische Konsequenz des Anschluss- und Benutzungszwangs. Eine andere Frage ist es, ob und inwieweit der Wille (und die tatsächliche Möglichkeit) eines weiteren Gebrauchs von schon einmal durch Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertem Wasser rechtlich einem "Anfall" von Schmutzwasser entgegensteht. Diese Frage ist auch mit Blick der vom Kläger angeführten Entscheidungen dahin zu beantworten, dass eine beabsichtigte und technisch mögliche Mehrfachnutzung das rechtliche Vorhandensein von Schmutzwasser nur solange ausschließt, wie sie nicht mit der endgültigen Entledigung des Wassers einhergeht. In dem Beschluss des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 20. April 2006 (VfGBbg 11/06, www.verfassungsgericht.brandenburg.de) heißt es, dass die dortige Beschwerdeführerin berechtigt bleibe, das bezogene Frischwasser mehrfach zu nutzen, es aber nach der letzten Nutzung der öffentlichen Abwasserbeseitigung zuführen müsse. Diese Entscheidung kann bestenfalls dahin verstanden werden, dass sie sich nicht zur Frage verhält, wie es um den Anfall von Abwasser (und damit das Eingreifen eines Anschluss- und Benutzungszwangs) bestellt ist, wenn schon einmal gebrauchtes Wasser ein zweites Mal in einer Weise gebraucht werden soll, die zugleich zur endgültigen Entledigung führt; sie kann aber jedenfalls nicht dahin verstanden werden, dass der Anfall von Abwasser in diesem Fall von Verfassungs wegen zu verneinen wäre. In dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 31. Juli 2003 (2 A 316/02, juris) wird die Grenze für den Anfall von Abwasser (und damit das Eingreifen des Anschluss- und Benutzungszwangs) zwar dort gezogen, wo dem Erstgebrauch kein unmittelbarer Weitergebrauch folgen soll (a. a. O., Rdnr. 64). Dies ist allerdings im Zusammenhang mit der Gegenüberstellung eines geschlossenen Kreislaufs und einer Aufbereitung von einmal gebrauchtem Wasser für einen später erst noch festzulegenden Zweck geschehen. Weder die diesbezüglichen abstrakten Überlegungen des Urteils noch die konkret in Rede stehende Fallgestaltung, in der es um eine Wiederaufbereitung von gebrauchtem Wasser zur späteren bedarfsabhängigen Gartenbewässerung und Viehtränke ging (vgl. a. a. O. Rdnr. 66), geben indessen etwas dafür her, dass das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg mit dem Urteil die Abwassereigenschaft von solchem gebrauchten Wasser verneint hätte, dessen sich der Grundstückseigentümer im Zuge einer Zweitverwendung endgültig entledigen will. Das schließlich vom Kläger ins Feld geführte Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. September 2003 (9 LC 540/02, juris) hat einen Fall zum Gegenstand gehabt, in dem die Grundstückseigentümerin gebrauchtes Wasser aufbereiten und sodann zur Toilettenspülung verwenden, die endgültige Entledigung aber der öffentlichen Hand überlassen wollte. In dem Urteil wird ausdrücklich hervorgehoben, dass es der dortigen Klägerin "nicht mehr um die endgültige Entsorgung" des auf ihrem Grundstück anfallenden Abwassers über eine eigene Grundstücksentwässerungsanlage gehe. Zur Bewertung des in Rede stehenden Falles hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ausgeführt (a. a. O., Rdnr. 5), dass die Effektivität eines angeordneten Benutzungszwangs nicht davon abhängig sei, dass angefallenes Abwasser unmittelbar, also ohne jede weitere vorherige Nutzung, an den Abwasserbeseitigungspflichtigen überlassen werde. Eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung über zentrale Kanäle sei im Sinne von § 149 Abs. 2 NWG immer schon dann gewährleistet, wenn Abwasser - ohne zwischenzeitlich in den Naturkreislauf zu gelangen oder sonst wie "verloren zu gehen" - zu irgendeinem Zeitpunkt, also nicht notwendig unmittelbar nach seiner Entstehung, in den öffentlichen Kanal eingeleitet werde. Mit Blick auf die Formulierung "ohne zwischenzeitlich in den Naturkreislauf zu gelangen oder sonst wie `verloren zu gehen´" zieht diese Entscheidung die Grenze für die Mehrfachverwendung von Wasser erkennbar dort, wo ein Übergang zur endgültigen Entledigung stattfindet. Diese Grenzziehung ist auch sonst überzeugend. Die Frage, ob einmal gebrauchtes Wasser (schon) Abwasser ist, stellt sich immer nur in Bezug auf eine konkrete, eben die einmal schon gebrauchte Wassermenge. Sie kann ausgehend vom Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG letztlich nur mit dem Argument verneint werden, das schon gebrauchte Wasser sei noch kein "Ab"wasser oder fließe noch nicht "ab", weil es sich weiterhin noch im "Gebrauch" befinde. Auch der Kläger beruft sich maßgeblich auf dieses Argument. Führt der weitere Gebrauch indessen praktisch schon zum vollständigen "Verschwinden" des Wassers in die Natur, Pflanzen, Tiere oder irgendwelche Produkte, so stellt dies eben nicht nur einen Gebrauch, sondern auch eine endgültige Entledigung des durch Erstgebrauch veränderten Wassers dar. Diese endgültige Entledigung kann nicht mit dem Argument bei Seite geschoben werden, der weitere Gebrauch und nicht die Entledigung stehe im Vordergrund. Dem steht entgegen, dass für das schon einmal gebrauchte Wasser ohne den weiteren, mit einer endgültigen Entledigung verbundenen Gebrauch ein anderer Entledigungsweg gefunden werden müsste, wenn der bisherige Erstgebrauch von Wasser beibehalten werden soll. Der vorliegende Fall illustriert das eindrücklich. Wesentlicher Nutzungszweck des Grundstücks ist die Wohnnutzung. Diese ist, so wie sich die Grundstückseigentümer wassertechnisch eingerichtet haben, mit einem ständigen Anfall häuslich veränderten Wassers verbunden. Dieses Wassers müssen sich die Grundstückseigentümer zwingend entledigen, wollen sie ihre Wohnnutzung nicht aufgeben oder wesentlich verändern. Soweit sie die notwendige Entledigung über die Pflanzenproduktionsanlage betreiben, mag das ein aus ihrer Sicht sinnvoller Entledigungsweg für das schon einmal gebrauchte Wasser sein. Angesichts des unabweisbaren Entledigungsbedürfnisses hinsichtlich dieses Wassers (und nur um dessen Abwassereigenschaft geht es) stellt die Entledigung in der Pflanzenproduktionsanlage aber einen Haupt- und keinen Nebenzweck der Pflanzenproduktionsanlage dar.

bb) Das Miteigentum der Ehefrau des Klägers an dem Grundstück ist für die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 5. Oktober 2010 unerheblich. Soweit der Kläger wegen des Miteigentums seiner Ehefrau an den Maßnahmen gehindert sein sollte, die zur Befolgung des Bescheides nötig sind, wäre dies allein in Bezug auf die Vollstreckung beachtlich.

cc) Der Kläger rügt erstmalig mit Schriftsatz vom 19. Juni 2012, die erstinstanzlichen Urteile seien im Original nicht ordnungsgemäß unterschrieben, sondern nur mit einem Namenskürzel versehen. Dieses Vorbringen ist unbeachtlich, weil es erst nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist für die Darlegung der Zulassungsgründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfolgt ist.

b) Der Kläger macht erstmalig mit Schriftsatz vom 6. November 2012 auch den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend. Das ist ebenfalls wegen der Versäumung der Zwei-Monats-Frist für die Darlegung der Zulassungsgründe (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) unbeachtlich.

c) Soweit der Kläger dem Verwaltungsgericht - sinngemäß - einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) in Gestalt einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vorwirft, legt er nicht - wie notwendig - dar, warum sich dem Verwaltungsgericht eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung zu technischen Fragen auch bei Zugrundelegung des eigenen - verwaltungsgerichtlichen - Rechtsstandpunktes aufgedrängt hätte.

2. Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzung im Bescheid vom 17. Februar 2011 (VG 7 K 383/11, OVG 9 N 5.12) mit einem Verweis auf sein Urteil zum Bescheid vom 5. Oktober 2010 begründet. Auch insoweit wecken die fristgerechten Darlegungen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Soweit der Kläger sich auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 5. Oktober 2010 beruft und dabei sein Vorbringen zum Verfahren OVG 9 N 4.12 in Bezug nimmt, ist zum einen auf das Vorstehende zu verweisen. Zum anderen zieht die (einfache) Rechtswidrigkeit eines Ausgangsbescheides nicht die Rechtswidrigkeit einer Zwangsmittelfestsetzung nach sich, weil die Vollstreckbarkeit eines Bescheides nicht von dessen Rechtmäßigkeit abhängt (vgl. § 15 Abs. 1 VwVGBbg). Soweit sich der Kläger auf die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 5. Oktober 2010 beruft, übersieht er die erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung. Seine Kritik an der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes ist unsubstantiiert. Soweit der Kläger schließlich wiederum geltend macht, der Beklagte habe auch gegen die Ehefrau des Klägers vorgehen müssen, enthalten die ersten Schriftsätze des Klägers im Berufungszulassungsverfahren keine auch nur ansatzweise Auseinandersetzung mit dem Argument des Verwaltungsgerichts, wonach die Ehefrau des Klägers in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, keine Eigentumsrechte geltend zu machen, die dem Kläger die Befolgung des Bescheides vom 5. Oktober 2010 unmöglich machen würden. Soweit der Kläger sodann mit Schriftsatz vom 6. November 2012 ausgeführt hat, etwaige Erklärungen seiner Ehefrau in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2011 seien unbeachtlich, weil sie lediglich als Zuschauerin informell befragt worden sei, ist dieses Vorbringen unbeachtlich, weil es außerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 erfolgt ist.

Die Kostenentscheidungen folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung in dem Verfahren OVG 9 N 4.12 beruht auf § 63 Abs. 3 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG, die Streitwertfestsetzung für die zweite Rechtsstufe dieses Verfahrens beruht auf § 47 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG; in beiden Rechtsstufen erscheint der Auffangstreitwert angemessen, weil dem Kläger durch die Befolgung des Bescheides vom 5. Oktober 2010 keine erheblichen Herstellungskosten erwachsen. Die Streitwertfestsetzung in dem Verfahren OVG 9 N 5.12 (zweite Rechtsstufe) beruht auf § 47 GKG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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