AG Düsseldorf, Urteil vom 28.03.2013 - 51 C 12659/12
Fundstelle
openJur 2013, 21701
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien sind durch drei Verbraucherkreditverträge vom 06.01.2005, 22.01.2008 und 30.09.2010 mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin verbunden.

Die Kreditverträge enthalten auf der ersten Seite in drucktechnisch hervorgehobener Form u.a. folgende Angaben:

Kreditvertrag vom 06.01.2005

Nettokredit 31.809,85 Euro

+ Versicherungsleistung 687,90 Euro

= Antragssumme (Nennbetrag) 32.497,75 Euro

+ Bearbeitungsgebühr (3,00 %) 974,92 Euro

+ Zinsen nominal (11,36 % PA) 10.909,84 Euro

= Gesamtbetrag 44.382,52 Euro

Laufzeitmonate 60

Anfänglicher effekt. Jahreszins 13,38 %

Kreditvertrag vom 22.01.2008 (nur zwischen dem Kläger zu 1. und der Beklagten)

Nettokredit 38.600,00 Euro

= Antragssumme (Nennbetrag) 38.600,00 Euro

+ Bearbeitungsgebühr (3,00 %) 1.158,00 Euro

+ Zinsen nominal (6,49 % PA) 8.679,52 Euro

+ Kosten 30,00 Euro

= Gesamtbetrag 48.467,52 Euro

Laufzeitmonate 72

effekt. Jahreszins 7,79 %

Kreditvertrag vom 30.09.2010

Nettokredit 47.501,08 Euro

= Antragssumme (Nennbetrag) 47.501,08 Euro

+ Bearbeitungsgebühr (3,00 %) 1.425,03 Euro

+ Zinsen nominal (7,99 % PA) 15.498,35 Euro

+ Kosten bei Herauslage 30,00

= Gesamtbetrag 64.454,46 Euro

Laufzeitmonate 84

effekt. Jahreszins 9,26 %

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.09.2012 verlangten die Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der Darlehensbearbeitungsgebühr. Die Beklagte lehnte dies ab.Die Beklagte redet hinsichtlich der Verträge aus den Jahren 2005 und 2008 Verjährung ein.Die Kläger sind der Ansicht, bei der Bearbeitungsgebühr handele es sich um eine unzulässige Preisnebenabrede, die den §§ 307 ff. BGB widerspreche und somit unwirksam sei.

Sie verweist auf eine Vielzahl von Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 2.399,96 Euro Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1. weitere 1.158,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 213,31 Euro freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, eine individuelle Vereinbarung der Bearbeitungsgebühren.

Im Übrigen handele es sich um eine Preishauptabrede, die der Kontrolle der §§ 307 ff. BGB nicht unterliege.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet, denn den Klägern steht kein Anspruch auf Rückzahlung der von der Beklagten vereinnahmten Bearbeitungsgebühren zu.

1.Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.

Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB ist derjenige zur Herausgabe verpflichtet, der durch Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Denn die vertragliche Abrede bzgl. geschuldeter Bearbeitungsgebühren erweist sich nicht als unwirksam.

Eine solche Gebühr für das Darlehen kann in banküblicher Höhe ohne Verstoß gegen die §§ 307 ff. BGB ausbedungen werden (Wurmnest, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 307, Rn 191 mit Verweis auf BGH NJW 1985, 1831; 1981, 2181; Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2010, Az.: 23 S 377/08).

Es kann dahinstehen, ob die vereinbarte Bearbeitungsgebühr eine Individualabrede oder eine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt, denn bei der hier vereinbarten Bearbeitungsgebühr handelt es sich jedenfalls um eine zulässige Hauptpreisabrede, die nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen ist.

Preishauptabreden, welche die Vertragsparteien nach dem im bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie als Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei bestimmen können, unterliegen nicht der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB (Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Mai 1999 - XI ZR 219/98; Oberlandesgericht Dresden, Urteil 29.09.2011, Az.: 8 U 562/11, 8 U 0562/11).Preisnebenabreden sind im Gegensatz dazu Entgeltregelungen für Leistungen, die der AGB-Verwender als Rechtsunterworfener für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten im eigenen Interesse erbringt, ohne dass dafür eine besondere Vergütung geschuldet wird. Entscheidendes Kriterium für eine Preisnebenabrede ist, dass an ihre Stelle bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB treten, so dass eine Inhaltskontrolle möglich ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2009 - XI ZR 78/08).

Ob Bearbeitungsgebühren als Preishaupt- oder Preisnebenabrede einzuordnen sind, ist in der Rechtsprechung umstritten (Einordnung als Preisnebenabrede: Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss vom 21.02.2011, Az.: 4 U 174/10; Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11.04.2011, Az.: I-31 U 192/10, 31 U 192/10 = BeckRS 2011, 08607; Urteil vom 17.09.2012, Az.: 31 U 60/12; Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011, Az.: I-6 U 162/10, 6 U 162/10 (zum Bearbeitungsentgelt lt. Preisaushang); Oberlandesgericht Bamberg, Urteil vom 04.08.2010, Az.: 3 U 78/10 (zum Bearbeitungsentgelt lt. Preisaushang), OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2011, Az.: 3 W 86/11 (zum Bearbeitungsentgelt lt. Preisaushang) - Einordnung als Preishauptabrede: Oberlandesgerichts Celle, Beschluss vom 2. Februar 2010 - 3 W 109/09; Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2010, Az.: 23 S 377/08; Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.08.2012, Az.: 36 C 3722/12, Urteil vom 11.12.2012, Az.: 34 C 9035/12).

Der Bundesgerichthof hat diese Frage noch nicht höchstrichterlich entschieden.

In seinem Urteil vom 5. 4. 2011 − XI ZR 201/09 lautet der amtliche Leitsatz allerdings:"Die Verjährungshemmung nach § 497 Absatz 3 Satz 3 BGB erfasst sowohl die in den Darlehensraten enthaltenen Tilgungsanteile, Vertragszinsen und Bearbeitungsgebühren als auch die Verzugszinsen."

Aus dem Tatbestand ergibt sich zwar, dass die Zahlung der Bearbeitungsgebühren in der dortigen Entscheidung nicht streitgegenständlich war. Die vom Bundesgerichtshof verwendete Formulierung belegt indes, dass es grundsätzlich eine diesbezügliche Zahlungsverpflichtung gibt.Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geht weiter eindeutig hervor, dass der Klauselverwender in der konkreten Ausgestaltung seines Preisgefüges grundsätzlich frei ist, er also insbesondere das Entgelt für seine Leistungen auch in mehrere Bestandteil aufteilen kann (Bundesgerichtshof, Urteile vom 19.11.1991 - X ZR 63/90 = BGHZ 116, 117, 120; vom 14.10.1997 - XI ZR 167/96 = BGHZ 137, 27, 30).

Dies hat die Beklagte getan.

Das erkennende Gericht ordnet die vorliegend vereinbarte Bearbeitungsgebühr als Preishauptabrede ein, die der Kontrolle der §§ 307 ff. BGB entzogen ist.

Denn die Beklagte legt letztlich durch die konkrete Aufteilung der Posten in Nominalzinsen von 11,36 % p.a. / 6,49 % p.a. / 7,99 % p.a. (=10.909,84 Euro / 8.679,52 Euro / 15.498,35 Euro) und eine Bearbeitungsgebühr von 3 % (= 974,93 Euro / 1.158,00 Euro / 1.425,03 Euro) nur ihre Kalkulation offen.

Dies kann der Beklagten nicht zum Nachteil gereicht werden, denn es wäre nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte direkt einen höheren Nominalzinssatz in Ansatz gebracht und die Bearbeitungsgebühren eingepreist hätte.

Für eine Aufschlüsselung der konkreten Kalkulation spricht auch, dass die Beklagte für den Bearbeitungsgebührenanteil einen konkreten Betrag ausweist.

Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Konstellationen, die der Mehrzahl der Entscheidungen der oben genannten Oberlandesgerichte zugrunde lagen.

Denn dort ging es im Wesentlichen um die Frage, der Wirksamkeit einer "Bearbeitungsgebühr für Privatkredite" von x% des ursprünglichen Kreditbetrags aufgrund eines veröffentlichten Preisaushangs bzw. Internetauftritts.

Für das Gericht entscheidend ist, dass nach dem Darlehensvertrag diese Bearbeitungsgebühr in die Berechnung des effektiven Jahreszinses weiter einbezogen wird und Teil der Gesamtkalkulation der Kreditkosten ist. Der effektive Jahreszins ist der für den Kreditnehmer ausschlaggebende Betrag, denn nur dieser lässt einen markttauglichen Vergleich der Kreditkosten zu.

Entgegen der Auffassung der Kläger deckt diese Gebühr auch keine gesetzlich geschuldete Nebenleistung ab, sondern gehört, wie aus dem vorgelegten Darlehensvertrag und Tilgungsplan ersichtlich, zu der Preiskalkulation der Beklagten. Sie ist damit als Teil der Leistungen und Gegenleistungen des Darlehensvertrages zu verstehen (vgl. zutreffend Landgericht Düsseldorf, a.a.O.).

Eine zwingende Einordnung als Preisnebenabrede ergibt sich auch nicht aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten.

Zutreffend ist, dass das nach dem gesetzgeberischen Leitbild in der Verpflichtung zur Zinszahlung die Gegenleistung des zur Verfügung gestellten Betrages zu sehen ist. Das schließt aber nicht aus, dass der Kreditnehmer noch weiteren Kreditkosten ausgesetzt ist, denn in § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB ist statuiert, dass bei Verbraucherdarlehensverträgen die vom Darlehensnehmer zu unterzeichnende Vertragserklärung den Gesamtbetrag aller vom Darlehensnehmer zur Tilgung des Darlehens sowie zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen enthalten muss. Dies bedeutet, dass selbst der Gesetzgeber davon ausgeht, dass neben den Zinsen noch weitere Kosten hinzukommen können.

Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Darlehensvertrag gerecht.

Denn die Bearbeitungsgebühren werden im Sinne sonstiger Kosten des § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB ausgewiesen. Dass diese Vorschrift alleine dem Informationsbedürfnis des Verbrauchers dienen soll, steht der oben vorgenommenen Einordnung nicht entgegen.

2.Der Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren für die Verträge aus den Jahren 2005 und 2008 ist überdies verjährt und wurde nicht durch die am 18.10.2012 erhobene Klage gehemmt.Die regelmäßige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB ist am 31.12.2008 bzw. 31.12.2011 abgelaufen.Denn die Verjährungsfrist begann am 31.12.2005 bzw. 31.12.2008, § 199 Abs. 1 BGB.Denn auch bei ungeklärter, oder von der Rechtsprechung streitig beurteilter Rechtslage, ist dem betroffenen Kunden die Erhebung einer Klage zumutbar, weshalb die Verjährungsfrist ab Kenntnis der dem Anspruch zugrundeliegender Tatsachen beginnt; und nicht erst mit zuverlässiger Beurteilung der Rechtslage (Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 01.02.2013, Az.: 3 C 465/12).3.Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf die Nebenforderungen.

II.Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 3.557,96 Euro festgesetzt.