Brandenburgisches OLG, Urteil vom 19.03.2013 - 6 U 14/10
Fundstelle
openJur 2013, 20167
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 11. Januar 2010 verkündete Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 2 O 266/09 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten im Einzelfall, insgesamt bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

1. in der „…“ erschienene Artikel ohne Erlaubnis der Klägerin zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, sofern dies geschieht wie in dem Buch „B…“

a) auf Seite 37 mit dem Artikel „…präsident gibt den Stab weiter“;

b) auf Seite 49 mit dem Artikel „Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 522 Asylbewerber“;

c) auf den Seiten 65 und 234 mit dem Artikel „Einem Jungen mit dem geschärften Spachtel ins Bein geritzt…“;

d) auf Seite 237 mit dem Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“;

e) auf Seite 203 mit dem Artikel „Laubendiebe gingen der Polizei ins Netz“;

f) auf Seite 235 mit dem Artikel „Angeklagt der räuberischen Erpressung mit Todesfolge“;

g) auf den Seiten 247, 248 mit dem Artikel „Sitzung geriet zur Farce“;

h) auf Seite 257 mit dem Artikel „Langfinger machen inzwischen schon einen Bogen um E…“;

i) auf Seite 260 mit dem Artikel „Mutieren Schulhöfe zu Drogenumschlagsplätzen?“;

j) auf Seite 261 mit dem Artikel „Haftanstalt kurz und klein geschlagen“;

k) auf Seite 271 mit dem Artikel „Ungarnreise wirkte als Ansporn“;

l) auf den Seiten 272 bis 275 mit dem Artikel „S. mit Schattenseiten“,

m) auf den Seiten 276 bis 277 mit dem Artikel „S. auf Tauchstation“;

2. in der „…“ erschienene Lichtbilder ohne Erlaubnis der Klägerin zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, sofern dies geschieht wie in dem Buch „B…“ auf Seiten 14, 37, 39 bzw. 232, 81, 126, 142, 182 bzw. 274 sowie 277.

II. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über das Ausmaß der gemäß Ziffer I.1. und I.2. vorgenommenen Handlungen, insbesondere über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Exemplare des Buches „B…" und dessen Vertriebsweg inklusive sämtlicher gewerblicher Abnehmer und gegebenenfalls der abnehmenden Filialen unter Angabe der Liefermenge, sowie die Auskünfte mit Abrechnungen zu belegen.

III. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe von 703,80 € freizustellen.

IV. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden zu ersetzen, der dieser im Zusammenhang mit der Verwendung der unter I.1. und I.2. bezeichneten Zeitungsartikel und Lichtbilder aus der „…“ in dem Buch „B…“ entstanden ist oder durch dessen Vertrieb künftig entstehen wird.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens (Bundesgerichtshof, I ZR 212/10) haben die Klägerin 15 % und der Beklagte 85 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 15.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um urheberrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche aus einer Buchveröffentlichung. Die Klägerin gibt die insbesondere im östlichen B… gelesene lokale „….“ (…) mit elf Regionalausgaben und einer Auflage von ca. 100.000 Stück täglich heraus. Der Beklagte war von 1991 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 Direktor des ….

Im Jahre 2009 erschien das vom Beklagten verfasste Buch „B…“, welches im Buchhandel zum Preis von 27,50 € vertrieben wurde. In diesem Buch beschreibt der Beklagte seine Erfahrungen und Erlebnisse der Nachwendezeit im E…. Das Buch enthält mehrere in der „…“ erschienene Zeitungsartikel und Lichtbilder.

Solche Artikel und Lichtbilder finden sich zum einen im vorderen Textteil des Buches, und zwar kombiniert mit eigenen Betrachtungen und Tagebucheinträgen des Beklagten sowie mit weiteren Zeitungsartikeln, Lichtbildern und Urkunden. Zum anderen sind Artikel und Lichtbilder unter anderem aus der Zeitung der Klägerin in dem mit „Dokumentation“ überschriebenen hinteren Buchteil ab Seite 232 abgedruckt. Diese „Dokumentation“ besteht aus einer Sammlung von - teilweise bebilderten - Zeitungsartikeln in Faksimile-Form sowie anderen Dokumenten wie Gesetzestexten und Schreiben ohne eigene Texte des Beklagten. Im Textteil des Buches wird auf die im Dokumentationsteil abgedruckten Dokumente durch Hochzahlen verwiesen.

Die Klägerin beanstandete den Abdruck von Artikeln und Lichtbildern aus ihrer Zeitung als Urheberrechtsverletzung. Nach erfolgloser Aufforderung des Beklagten zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung hat die Klägerin gegen den Beklagten Klage erhoben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, den Artikeln und Lichtbildern komme urheberrechtlicher Schutz zu, ihre Verwendung durch den Beklagten in dem Buch „B…“ sei nicht durch das Zitatrecht aus § 51 UrhG gerechtfertigt, so dass der Beklagte die Verwendung zu unterlassen und den durch die Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schaden zu ersetzen habe. Sie habe auch einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen den Beklagten, da sie sonst weitere Rechtsverletzungen nicht unterbinden und ihren Schadensersatzanspruch nicht beziffern könne. Aus diesem Grund könne sie die Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach verlangen. Schließlich habe sie einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die sie ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten für die berechtigte vorgerichtliche Abmahnung schulde.

Die Klägerin hat beantragt,

I. den Beklagten zu verurteilen, es unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,

1. in der „…“ erschienene Artikel ohne ihre Erlaubnis zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, insbesondere wenn dies wie in dem Buch „B…“ geschieht wie

a) auf Seite 37 mit dem Artikel „…-Präsident gibt den Stab weiter“;

b) auf Seite 49 mit dem Artikel „Staatsanwalt ermittelt gegen 522 Asylbewerber“;

c) auf den Seiten 65 und 234 mit dem Artikel „Einem Jungen mit dem geschärften Spachtel ins Bein geritzt …“;

d) auf den Seiten 84 und 237 mit dem Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“;

e) auf Seite 203 mit dem Artikel „Laubendiebe gingen der Polizei ins Netz“;

f) auf Seite 235 mit dem Artikel „Angeklagt der räuberischen Erpressung mit Todesfolge“;

g) auf Seite 239 mit dem Artikel „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“;

h) auf Seite 241 mit dem Artikel „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“;

i) auf den Seiten 247, 248 mit dem Artikel „Sitzung geriet zur Farce“;

j) auf Seite 257 mit dem Artikel „Langfinger machen inzwischen schon einen Bogen um E…“;

k) auf Seite 260 mit dem Artikel „Mutieren Schulhöfe zu Drogenumschlagsplätzen?“;

l) auf Seite 261 mit dem Artikel „Haftanstalt kurz und klein geschlagen“;

m) auf Seite 271 mit dem Artikel „Ungarnreise winkte als Ansporn“;

n) auf den Seiten 272 bis 275 mit dem Artikel „S. mit Schattenseiten“;

o) auf den Seiten 276 bis 277 mit dem Artikel „S. auf Tauchstation“; sowie

2. in der „…“ erschienene Lichtbilder ohne ihre Erlaubnis zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, insbesondere wenn dies wie in dem Buch „B…“ geschieht wie auf den Seiten 14, 37, 39 bzw. 232, 81, 126, 142, 182 bzw. 274 und 277;

II. den Beklagten zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über das Ausmaß der gemäß der Ziffer I. vorgenommenen Handlungen, insbesondere über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Exemplare des Buchs „B…“ und dessen Vertriebsweg inklusive sämtlicher gewerblicher Abnehmer und gegebenenfalls der abnehmenden Filialen unter Angabe der Liefermenge, sowie die Auskünfte mit Abrechnungen zu belegen;

hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, dass die zu Ziffer II. erteilte Auskunft nach bestem Wissen und Gewissen erfolgte;

III. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr im Zusammenhang mit der Verwendung von Zeitungsartikeln und Lichtbildern aus der „…“ in dem Buch „B…“ entstanden ist oder durch dessen Vertrieb künftig entstehen wird;

IV. den Beklagten zu verurteilen, sie von den Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe von 899,40 € freizustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Klage entgegengetreten. Mit seinem Buch habe er eine kritische Auseinandersetzung des Lesers mit dem Zeitgeschehen beabsichtigt. Hierauf habe auch das Belegen und Illustrieren der im Buch referierten und bewerteten Vorgänge mit Zeitungsartikeln und Bildern abgezielt. Die Verwendung insbesondere der Zeitungsartikel sei als Berichterstattung über Tagesereignisse nach § 50 UrhG zulässig und zudem von Zitatrecht des § 51 UrhG gedeckt.

Das Landgericht hat den Beklagten - mit Ausnahme des auf Versicherung der Richtigkeit der Auskunft gerichteten Antrags - im Wege des Teilurteils antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verwendung der Zeitungsartikel und Lichtbilder in dem vom Beklagten verfassten Buch verletzte die der Klägerin an diesen Werken zustehenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte.

Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Der Senat hat mit dem am 09.11.2010 verkündeten Urteil die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen mit der Begründung, dass der Eingriff in die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition der Klägerin vom Zitatrecht gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG in der durch Art. 5 Abs. 3 GG gebotenen kunstspezifischen Anwendung gedeckt sei (Urteil veröffentlicht in GRUR 2011, 141).

Auf - vom Senat zugelassene - Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverweisen (Urteil vom 23.11.2011, I ZR 212/19, GRUR 2012, 819 = MDR 2012 681 = WRP 2012, 1418). Der Entscheidung des Revisionsgerichts liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Senat zwar im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen ist, dass das Zitatrecht gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG im Hinblick auf Kunstwerke einen weiteren Anwendungsbereich hat als bei nicht kunstspezifischen Sprachwerken, die vom Senat getroffenen Feststellungen aber nicht die Annahme tragen, es handele sich bei dem Buch des Beklagten, insbesondere bei der Illustrierung der eigenen Texte mit fremden, häufig bebilderten Zeitungsartikeln, um ein Werk der Kunst und die angegriffenen Zitate seien Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung. Die Kombination eigener einleitender Betrachtungen und Tagebucheinträge des Beklagten mit Artikeln aus Zeitungen, Urkunden und Lichtbildern mag auch als künstlerische Technik in Form einer literarischen Collage oder Montage in Betracht kommen. Der Einsatz einer grundsätzlich als künstlerischer Technik gebräuchlichen Form allein reicht jedoch zur Annahme eines Kunstwerks im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass das Werk auch die der Kunst eigenen materiellen Strukturmerkmale aufweist, also insbesondere Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung ist, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Autors zum Ausdruck kommen, die Interpretationen zulassen und so auf eine künstlerische Absicht schließen lassen. Für den Zitatzweck gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG ist es erforderlich, dass eine innere Verbindung zwischen den verwendeten fremden Werken oder Werkteilen und den eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt wird. Die Qualifizierung des zitierenden Sprachwerks als Kunstwerk reicht für die Annahme der Schutzschranke des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG nicht aus. Die durch verfassungskonforme Auslegung geforderte Erweiterung des Zitatrechts im Kunstbereich besteht allein darin, dass die für den Zitatzweck erforderliche innere Verbindung nicht auf die Funktion als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden zum Zwecke der Erleichterung der geistigen Auseinandersetzung begrenzt ist, sondern darüber hinaus auch die Eigenschaft als Mittel des künstlerischen Ausdrucks und der künstlerischen Gestaltung anerkannt werden muss. Ob eine solche innere Verbindung vorliegt, kann nur konkret bezogen auf jeden einzelnen Eingriff in urheberrechtliche Verwertungsrechte beurteilt werden.

Im erneuten zweitinstanzlichen Verfahren hat die Klägerin ihren auf Versicherung der Richtigkeit der Auskunft gerichteten Klageantrag zurückgenommen. Im übrigen halten beide Parteien an ihrer Rechtsauffassung fest und vertiefen ihre Argumentation.

Der Beklagte beruft sich darauf, sein Buch sei Ergebnis seiner freien schöpferischen Gestaltung. Aus seinen Tagebucheinträgen und seinen Betrachtungen betreffend sein berufliches Wirken und das gesellschaftliche Leben der Nachwendezeit in E… habe er eine Art Chronik verfasst, in der er seine Erlebnisse und Erfahrungen festgehalten sowie Sorgen und Kritik geäußert habe. Ergänzend stellt der Beklagte die Gesichtspunkte dar, die nach seiner Auffassung eine innere Verbindung der verwendeten Zeitungsartikel und Lichtbilder zu dem von ihm verfassten Text ergeben.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen mit der Maßgabe, die Verurteilung des Beklagten auf die Klageanträge zu I.1. und I. 2. dahin zu fassen, dass es anstelle „insbesondere wenn dies geschieht wie …“ heißt „sofern dies geschieht wie …“.

Der Beklagte beantragt,

die Klage auch in der geänderten Fassung abzueisen.

Die Klägerin führt vertiefend aus, im Buch des Beklagten finde sich keine die Annahme eines Zitats rechtfertigende innere Verbindung der eigenen Texte des Beklagten mit den verwendeten fremden Werken. Eine solche Verbindung sei weder im konventionellen Sinne noch auf künstlerische Art hergestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf das landgerichtliche Urteil, das Urteil des Senats vom 09.11.2010 und das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs vom 23.11.2011 sowie ergänzend auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die Berufung des Beklagten hat nach erneuter Verhandlung der Sache unter Beachtung der vom Revisionsgericht der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde gelegten rechtlichen Beurteilung nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die - auch mit den zuletzt verfolgten Anträgen - zulässige Klage erweist sich als ganz überwiegend begründet. Der Abdruck der Zeitungsartikel und Lichtbilder der Klägerin in dem Buch des Beklagten verletzt mit Ausnahme von drei Artikeln die urheberrechtlich geschützten Nutzungsrechte der Klägerin.

1) Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, denn die Sache ist insgesamt entscheidungsreif, nachdem die Klägerin ihren auf Wahrheitsbekräftigung der Richtigkeit der Auskunft gerichteten Klageantrag zurückgenommen hat. Die teilweise Klagerücknahme hat nach § 269 Abs. 1 ZPO nicht der Einwilligung des Beklagten bedurft, da der im Stufenverhältnis zum Auskunftsverlangen verfolgte Antrag noch nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung über die Hauptsache gewesen ist.

2) Die von der Klägerin vorgenommene Neufassung ihrer auf Unterlassung gerichteten Klageanträge zu I.1 und I.2 begegnet keinen Bedenken gegen die Zulässigkeit. Die Klägerin hat - dem Hinweis des Revisionsurteils des Bundesgerichtshofs folgend - ihr Unterlassungsverlangen allein dahin umgestellt, dass sich die Anträge nunmehr auf die konkreten Verletzungsformen beziehen, wie sie bisher lediglich in Gestalt des mit „insbesondere“ eingeleiteten Teils Gegenstand der Anträge waren. Ob mit den geänderten Anträgen ein neuer Streitgegenstand verfolgt wird und deshalb eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO vorliegt, kann auf sich beruhen. Eine Änderung der Klage ist jedenfalls gemäß § 533 ZPO als sachdienlich zuzulassen, weil mit den geänderten Sachanträgen lediglich das unverändert verfolgte Rechtsschutzziel konkretisiert worden ist und die Anträge auf denselben Lebenssachverhalt wie bisher gestützt werden.

3) Der Klageantrag zu III. auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, der Klägerin steht das erforderliche Feststellungsinteresse zur Seite.

Zwar ist ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung regelmäßig nicht gegeben, wenn eine entsprechende Leistungsklage erhoben werden kann, wozu auch eine Stufenklage zählt, es sei denn, die Schadensentwicklung ist im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen (vgl. BGH, NJW 1996, 2097). Im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht erfährt dieser Grundsatz jedoch Einschränkungen. Das rechtliche Interesse für eine Feststellungsklage entfällt in der Regel nicht bereits dadurch, dass der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen kann, weil die Feststellungsklage trotz an sich möglicher Leistungsklage regelmäßig durch prozeßökonomische Erwägungen geboten ist. Die Bezifferung eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts oder des Urheberrechts bereitet häufig auch nach erteilter Auskunft Schwierigkeiten und erfordert eine eingehende sachliche Prüfung zur Berechnungsmethode des Schadens. Dabei schützt das Feststellungsurteil den Verletzten vor einer Verjährung im Umfang des gesamten Schadens. Darüber hinaus entspricht es prozessualer Erfahrung, dass die Parteien solcher Verfahren nach erfolgter Auskunft und Rechnungslegung in den meisten Fällen auf Grund des Feststellungsurteils zu einer Regulierung des Schadens finden, ohne gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aufgrund dieser im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht bestehenden Besonderheiten ist das für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse grundsätzlich auch dann gegeben, wenn der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen kann (vgl. BGH, GRUR 2001, 1177 - Feststellungsinteresse II; GRUR 2003, 900 - Feststellungsinteresse III). Der Streitfall weist keine Besonderheit auf, die eine andere Sichtweise gebietet.

4) In der Sache ist die Klage auf der Grundlage ergänzender Tatsachenfeststellungen ganz überwiegend begründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus dem Gesichtspunkt der Verletzung ihrer urheberrechtlichen Verwertungsrechte an den in ihrer Zeitung erschienenen Artikeln und Lichtbildern gemäß §§ 97 Abs. 1 und 2, 72, 16, 17 UrhG in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu.

Unbegründet ist die Klage, soweit die Anträge die auf den Buchseiten 84, 239 und 241 abgedruckten Artikel erfassen. Insoweit ist der durch den Abdruck der Artikel im Buch des Beklagten bewirkte Eingriff in die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition vom Zitatrecht gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG in seiner kunstspezifischen Ausprägung gerechtfertigt.

4.1) Die Klägerin hat gemäß §§ 97 Abs. 1 i.V.m. §§ 72, 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 16, 17 UrhG Anspruch gegen den Beklagten, die Vervielfältigung und Verbreitung der streitgegenständlichen Zeitungsartikel und Lichtbilder in seinem Buch „B…“ zu unterlassen, allerdings mit Ausnahme der Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“, „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ und „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“, wie sie auf den Buchseiten 84, 239 und 241 wiedergegeben sind.

4.1.1.) Sämtliche der streitgegenständlichen, in der Zeitung der Beklagten erschienenen Artikel und Lichtbilder sind urheberrechtlich geschützte Werke.

a) Bei den Zeitungsartikeln handelt es sich um gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG schutzfähige Sprachwerke, denn sie stellen eine persönliche geistige Schöpfung dar.

Zeitungsartikel beruhen in der Regel auf einer persönlichen geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG, die sowohl in der von der Gedankenführung geprägten Gestaltung der Sprache als auch in der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffes zum Ausdruck kommen kann (vgl. BGHZ 143, 250 - CB-infobank). In Anbetracht der fast unerschöpflichen Vielzahl der Ausdrucksmöglichkeiten der Sprache ist die Grenze der Schutzfähigkeit erst dort zu ziehen, wo es sich um kurze Artikel rein tatsächlichen Inhalts handelt, etwa um kurze Meldungen oder Informationen beispielsweise über aus Agenturmeldungen übernommene Tagesneuigkeiten (vgl. BGHZ 143, 250 - CB-infobank, KG Berlin, GRUR-RR 2004, 228; Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 2 Rn. 118).

Die in Rede stehenden Artikel der Beklagten weisen jeweils einen schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad auf, der über die schlichte Mitteilung tatsächlichen Inhalts im Sinne bloßer „Routinemeldungen“ hinausgeht. Die Artikel, sämtlichst Berichterstattungen über lokale Geschehnisse, häufig betreffend Sachverhalte, die Gegenstand von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren oder gerichtlicher Verfahren waren, lassen alle - auch soweit sie nicht eigene Ansichten des Verfassers zum Ausdruck bringen - eine individuelle Gedankenführung erkennen, die sich in der sprachlichen Gestaltung und der Auswahl der berichteten Tatsachen zeigt.

b) Die Lichtbilder unterliegen dem Schutz gemäß § 72 Abs. 1 UrhG, ohne dass eine bestimmte Gestaltungshöhe vorausgesetzt ist.

4.1.2) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte gemäß §§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 16 und 17 UrhG (Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht) an den in ihrer Zeitung erschienenen Artikeln und Lichtbildern zustehen.

4.1.3) Der Abdruck der Zeitungsartikel und Lichtbilder im Buch des Beklagten greift in die vorgenannten Rechte der Klägerin ein. Da die Klägerin der Verwendung nicht zugestimmt hat, ist der Eingriff widerrechtlich, soweit nicht die Voraussetzungen einer Schutzschranke, die hier nur in der Alternative des Zitatrechts gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG in Betracht kommt, erfüllt sind. Das ist allein bei den auf den Buchseiten 84, 239 und 241 abgedruckten Artikeln der Fall. Für die Verwendung der übrigen Artikel und Lichtbilder kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf eine Schrankenregelung berufen.

a) Nicht einschlägig ist Schrankenbestimmung des § 50 UrhG, nach der die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe fremder Werke zur Berichterstattung über Tagesereignisse unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Das Buch des Beklagten stellt keine Berichterstattung über Tagesereignisse dar. Tagesereignisse im Sinne des § 50 UrhG sind aktuelle Begebenheiten von Interesse für die Allgemeinheit (vgl. Schricker/ Spindler in Schricker/Loewenheim a.a.O. § 50 Rn. 11). In diesem Sinne aktuelle Begebenheiten behandelt das Buch des Beklagten nicht.

b) Auch die für selbständige wissenschaftliche Werke geltende Schrankenbestimmung des § 51 Satz 2 Nr. 1 UrhG greift nicht ein. Bei dem Buch des Beklagten handelt es sich nicht um ein wissenschaftliches Werk im Sinne der Vorschrift.

Wissenschaft ist in Anlehnung an die zu Art. 5 Abs. 3 GG entwickelten Begriffbestimmungen als die planmäßige, methodische und eigenverantwortliche Suche nach Erkenntnissen sachbezogen-objektiver Wahrheit sowie die kommunikative Vermittlung solcher Erkenntnisse zu definieren (vgl. Scholz in Maunz/Düring, Grundgesetz, 62. Ergänzungslieferung, Art. 5 Abs. 3 Rn. 85 ff, Rn. 101; Schricker/Spindler in Schricker/Loewenheim a.a.O. § 51 Rn. 31). Als wissenschaftlich sind mithin solche Werke anzusehen, die nach Rahmen, Form und Gehalt durch eine eigene Geistestätigkeit die Wissenschaft durch Vermittlung von Erkenntnissen fördern wollen (vgl. Schricker/Spindler a.a.O.; Lüft in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. § 51 Rn. 13).

Das Buch des Beklagten hat nicht die Vermittlung sachbezogener Erkenntnisse zum Gegen-stand, es enthält vielmehr neben einleitenden Betrachtungen eine im wesentlichen autobiographische Darstellung persönlicher Erfahrungen, Erlebnisse und wertender Ansichten mit Bezug auf seine berufliche Tätigkeit in der Nachwendezeit im E….

c) Die Schrankenbestimmung des Rechts des Zitats fremder Werke in selbständigen Sprachwerken gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG gibt - auch unter Berücksichtigung des für Kunstwerke weiter zu ziehenden Anwendungsbereichs - eine Rechtfertigung für die Verwendung der Zeitungsartikel und Lichtbilder der Klägerin nur im Hinblick auf die im Buch des Beklagten erfolgte Wiedergabe der Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ (wie auf Seite 84 des streitgegenständlichen Buches abgedruckt), „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ und „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“. Hinsichtlich der von der Klägerin im übrigen angegriffenen Übernahme ihrer Artikel und Lichtbilder genügt die konkret erfolgte Verwendung der fremden Werke den Voraussetzungen des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG nicht oder sie überschreitet den zulässigen Umfang mit der Folge, dass das jeweilige Zitat im Ganzen unzulässig ist.

aa) Gemäß § 51 Satz 2 Nr. 1 UrhG sind die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe zulässig, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang Stellen eines Werkes nach seiner Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden.

Voraussetzung ist, dass sich die Verwendung im Rahmen des Zitatzwecks hält. Für den Zitatzweck ist es erforderlich, dass eine innere Verbindung zwischen den verwendeten fremden Werken oder Werkteilen und den eigenen Gedanken des Zitierenden hergestellt wird (vgl. BGH, Revisionsurteil a.a.O.; GRUR 1986, 59 - Geistchristentum 1986; BGHZ 185, 291 - Vorschaubilder I jeweils m.w.N.). Zitate sollen als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden dienen. Dagegen genügt es nicht, wenn die Verwendung des fremden Werks nur zum Ziel hat, dieses dem Endnutzer leichter zugänglich zu machen oder sich selbst eigene Ausführungen zu ersparen. Ebenso fehlt es an der erforderlichen inneren Verbindung regelmäßig, wenn sich das zitierende Werk nicht näher mit dem eingefügten fremden Werk auseinandersetzt, sondern es nur zur Illustration verwendet oder es in einer bloß äußerlichen, zusammenhanglosen Weise einfügt oder anhängt (vgl. BGH, Revisionsurteil a.a.O.; GRUR 1986 a.a.O. - Geistchristentum 1986; BGHZ 185 a.a.O. - Vorschaubilder I a.a.O.; GRUR 1987, 34 - Liedtextwiedergabe; GRUR 2011, 415 - Kunstausstellung im Online-Archiv).

Handelt es sich bei dem zitierenden Sprachwerk um ein Werk der Kunst, so ist dem Zitatrecht des § 51 Satz 2 Nr. 1 UrhG ein weiterer Anwendungsbereich zuzuerkennen als bei nicht künstlerische Sprachwerken. Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährt die Freiheit der Betätigung im Kunstbereich umfassend, allerdings nicht schrankenlos. Die Schranken ergeben sich aus den Grundrechten anderer Rechtsträger, aber auch aus sonstigen Rechtsgütern mit Verfassungsrang. Eine solche Schranke kann sich aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG ergeben, die den Schutz des geistigen Eigentums und hier insbesondere des Urheberrechts erfasst. Auch das Eigentum ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet, sondern gebietet im Bereich des Urheberrechts lediglich die grundsätzliche Zuordnung der vermögenswerten Seite des Rechts an den Urheber (vgl. BVerfG, GRUR 2001, 149 - Germania 3). Treffen mehrere grundrechtlich geschützte Positionen aufeinander, so sind im Rahmen der Anwendung der einschlägigen einfachrechtlichen Regelungen die Schranken des Grundrechtsbereichs der einen Partei gegenüber demjenigen der anderen Partei zu konkretisieren. Die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geforderte kunstspezifische Betrachtung verlangt demnach, bei der Auslegung und Anwendung des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG die innere Verbindung der zitierten Stellen mit den Gedanken und Überlegungen des Zitierenden über die bloße Belegfunktion hinaus auch als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anzuerkennen (BVerfG, GRUR 2001 a.a.O. - Germania 3; BGH, Revisionsurteil a.a.O.).

bb) Das Buch des Beklagten ist ein selbständiges Sprachwerk, es ist als Kunstwerk, und zwar als Werk der literarischen Kunst anzusehen.

Der verfassungsrechtliche Begriff der „Kunst“ ist anhand der vom Wesen der Kunst geprägten, ihr allein eigenen Strukturmerkmale zu bestimmen. Von ihnen hat die Auslegung des Kunstbegriffs auszugehen. Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden (vgl. BVerfGE 30, 173 - Mephisto; BVerfGE 67, 213 - Anachronistischer Zug; BVerfGE 75, 369 - Strauß-Karikatur; BVerfGE 83, 130 - Josefine Mutzenbacher; BVerfGE 119, 1 - Esra). Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers (vgl. BVerfGE 30, 173, 189 - Mephisto). Davon zu unterscheiden sind unter anderem Druckwerke, die sich auf die (reine) empirische Berichterstattung oder Dokumentation bestimmter Tatsachen beschränken. Diese vermitteln kein eigenständiges, schöpferisch-persönliches Sinnerlebnis im künstlerischen Sinne und fallen deshalb prinzipiell nicht unter den Kunstbegriff des Art. 5 Abs. 3 GG (vgl. Scholz in Maunz/Düring a.a.O. Rn 31).

Das Buch des Beklagten ist als Kunstwerk in dem vorgenannten Sinne anzuerkennen, denn es weist neben dem Gebrauch der als künstlerische Technik anzusehenden Form der literarischen Collage oder Montage durch Kombination eigener Texte mit Artikeln aus mehreren Zeitungen, Lichtbildern, Urkunden und sonstigen Dokumenten auch inhaltlich die der Kunst eigenen materiellen Strukturmerkmale auf.

Das für die Annahme eines Kunstwerks ausschlaggebende Merkmal der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Autors zum Ausdruck kommen, die Interpretationen zulassen und so auf eine künstlerische Absicht schließen lassen, ist dem Inhalt der vom Beklagten verfassten Texte und der gewählten Formensprache zu entnehmen.

Das Buch des Beklagten mit dem Titel „B…“ und dem Untertitel „Erlebnisse und Erfahrungen eines Neubürgers“ enthält neben einem Vorwort und weiteren einleitenden Betrachtungen zur „Wendezeit“ Ausführungen des Autors zu verschiedenen Themen des gesellschaftlichen Lebens häufig mit Bezug auf die konkrete Arbeit … in E…. Dabei behandelt der Autor unter Überschriften wie „Asyl, Asyl“ (Seite 43 des Buches), „Gegen Missbrauch“ (Seite 48 des Buches), „Vom Wilden Osten“ (Seite 50 des Buches), „Mordfall …“ (Seite 73 des Buches), „Ideologie“ (Seite 76 des Buches), „Faule Äpfel“ (Seite 84 des Buches), „Gesellschaft - Jugendweihe“ (Seite 102 des Buches), „Demokratie“ (Seite 135 des Buches); „Kurzer Prozess“ (Seite 156 des Buches), „Sonnenfinsternis“ (Seite 183 des Buches) oder „Der …report“ (Seite 218 des Buches) verschiedenartige Themen überwiegend mit kurzen einführenden Darlegungen und weiteren eigenen Ausführungen. Die fast überwiegend tagebuchmäßig verfassten Texte sind kombiniert mit Artikeln aus Zeitungen, Lichtbildern, Urkunden und anderen Dokumenten. Jener Textteil des Buches erstreckt sich über die Seiten 10 bis 231 des Buches, daran schließt sich auf den Buchseiten 232 bis 277 der Dokumentationsteil an, in dem ohne eigenen Text des Beklagten Zeitungsartikel, Lichtbilder und sonstige Dokumente abgedruckt sind.

Die verschiedenen Texte des Beklagten beziehen sich zwar auf Vorgänge des Lebens, sie erschöpfen sich aber nicht in der bloßen Wiedergabe von Tatsachen und Geschehnissen. Sowohl die einleitenden Betrachtungen als auch die „Tagebucheinträge“ des Beklagten sind nicht lediglich Bericht, sie sind geprägt von Meinungsäußerungen des Beklagten durch Darstellung seiner persönlichen Eindrücke, Erlebnisse und Gedanken. Der Beklagte behandelt seine Jahre in E… aus verschiedenen Blickwinkeln. Er stellt seiner Schilderung einzelner Geschehnisse später gewonnene Ansichten und Einschätzungen gegenüber. Dabei vermittelt er dem Leser insbesondere durch Wiedergabe seiner „Tagebucheinträge“ über teils längere, teils kürzere Zeiträume seine eigene persönliche Entwicklung in dem Sinne, wie sich seine „Sicht der Dinge“ aufgrund seiner Erfahrungen und Erlebnisse entwickelt hat. Dabei offenbart der Text durch seine konkrete Aufmachung, den Schreibstil, seinen Inhalt und die Auswahl der damit kombinierten Dokumente den ganz persönlichen Ausdruck des Autors.

Sämtliche Texte des Beklagten sind davon geprägt, dass durch Sprachstil und Wortgebrauch eine wertende Betrachtung in den Vordergrund gerückt wird. Dabei verwendet der Beklagte auch das Stilmittel der Karikatur, was bereits darin zum Ausdruck kommt, dass er unter dem Titel „B…“ in vielfältiger Weise Kritik an herrschenden Verhältnissen und gesellschaftlichen Entwicklungen äußert. In seinen Texten bedient sich der Beklagte einer Wortwahl und Diktion, die plakativ „seine Sprache“ wiedergibt. So führt er beispielsweise aus, dass er bewusst davon absehe, „die seit jeher üblichen Bezeichnungen von Negern und Zigeunern einem zeitgenössischen Sprachgebrauch anzupassen, weil dadurch im Ergebnis nur denjenigen Kreisen gefolgt“ werde, die darin „eine Diskriminierung sehen“ (Seite 44 des Buches). An anderen Stellen spricht er von einer „goldenen Ära des Asyltourismus“ (Seite 46 des Buches), bezeichnet das „Betreute Wohnen der P.“ als „regelrechte Pesthöhle“ (Seite 65 des Buches) oder verwendet bei der Bezeichnung von Ladendieben den Begriff „Ladis“ (Seiten 197, 198 des Buches). Gleichzeitig enthält das Buch Betrachtungen wie zum Beispiel unter der Überschrift „Religion“ (Seite 105 des Buches) zur Frage, inwieweit es Menschen gelingt, zu verzeihen. Hier stellt der Beklagte von ihm gesammelte Erfahrungen voran und erörtert die nach seiner Beobachtung vorherrschende „Meinung der Leute“, alles müsse „vergolten werden“ (Seite 109 des Buches). Schließlich berichtet der Beklagte auch von Gegebenheiten in satirischem Ton. So ist die Darstellung, dass er gelegentlich Anrufe erhalten habe, die eher als „Schabernack denn als Drohung zu werten“ seien, mit einer Schilderung verbunden, nach der er einen „vermutlich besoffenen“ Anrufer auf die Erklärung, er würde umgebracht, gefragt habe, ob der Anrufer den Zeitpunkt wisse, worauf dieser geantwortet habe „Nein das wisse er noch nicht. Ich solle gut schlafen“ (Seite 145 des Buches).

In der Gesamtschau ist dem vom Beklagten verfassten Buch die den Begriff des Kunstwerks ausfüllende schöpferische Gestaltung beizumessen. Die vom Beklagten verfassten Texte und die von ihm dazu in Verbindung gesetzten - ausgewählten - Zeitungsartikel, Lichtbilder und sonstigen Dokumente sind dahin Ausdruck seiner Intuition, Phantasie und seines Kunstver-standes, dass sie die von ihm beschriebenen „Verhältnisse“ mit Farbe versehen und damit erfahrbar machen. Dabei regen die Texte unter Einschluss insbesondere der verwendeten anderen Schriftwerke zu Interpretationen an. Sie lassen nach Inhalt und Wortgebrauch des Beklagten, welchen manche Leser als „inakzeptabel“ oder „ungehörig“, andere hingegen als „ehrlich“ und „plastisch“ bezeichnen werden, erkennen, was der Beklagte an seiner Persönlichkeit mit Bezug auf die behandelten Themen nach Außen tragen möchte.

cc) Die Einordnung des Buches als Kunstwerk aus den vorgenannten Erwägungen rechtfertigt es noch nicht, die Verwendung der Zeitungsartikel und Lichtbilder der Klägerin als vom Zitatzweck des § 51 Satz 2 Nr. 1 UrhG erfasst und damit als erlaubte Zitate anzusehen. Ob das urheberrechtlich geschützte Werk Gegenstand und Gestaltungsmittel einer eigenen künstlerischen Aussage ist oder bloß der Anreicherung des Werkes durch fremdes geistiges Eigentum dient, ist vielmehr an Hand einer umfassenden Würdigung des gesamten Werkes zu ermitteln (vgl. BGH, Revisionsurteil a.a.O.).

Wird durch ein Kunstwerk in mehrere urheberrechtlich geschützte Werke eingegriffen, entbindet die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geforderte kunstspezifische Betrachtung nicht von der konkreten Prüfung der Voraussetzungen des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG im Hinblick auf jeden einzelnen Eingriff. Die Qualifizierung des zitierenden Sprachwerks im Sinne des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG als Kunstwerk allein reicht für die Annahme dieser Schutzschranke nicht aus. Zu prüfen bleibt das Erfordernis der inneren Verbindung der zitierten Stellen mit den Gedanken und Überlegungen des Zitierenden. Denn die durch eine verfassungskonforme Auslegung geforderte Erweiterung des Zitatrechts besteht allein darin, dass die für den Zitatzweck erforderliche innere Verbindung nicht auf die Funktion als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für selbständige Ausführungen des Zitierenden zum Zwecke der Erleichterung der geistigen Auseinandersetzung begrenzt ist, sondern darüber hinaus auch die Eigenschaft als Mittel des künstlerischen Ausdrucks und der künstlerischen Gestaltung anerkannt werden muss (BVerfG, GRUR 2001 a.a.O. - Germania 3; BGH, Revisionsurteil a.a.O.)

Nach dem Zitatzweck bestimmt sich auch, in welchem Umfang ein Zitat erlaubt ist (vgl. BGH, Revisionsurteil; GRUR 1986, a.a.O. - Geistchristentum; Schricker/Spindler a.a.O. § 51 Rn. 19; Lüft a.a.O. § 51 Rn. 14). Zulässig ist das Zitat nach § 51 Satz 1 UrhG, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Als Werkstellen, die gemäß § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG in selbständigen Sprachwerken zitiert werden dürfen, sind grundsätzlich nur kleine Ausschnitte aus geschützten Werken anzusehen. Ihr Umfang wird hinsichtlich der Anzahl der benutzten Stellen und hinsichtlich ihres Ausmaßes durch das Verhältnis des Zitats zum benutzten Gesamtwerk bestimmt (vgl. BGH, GRUR 1986, a.a.O.; Schricker/Spindler a.a.O.; Lüft a.a.O.). Aus dem Wesen des zitierten Werkes und den Erfordernissen des Zitatzwecks kann sich ergeben, dass sich auch längere Textwiedergaben, die einen wesentlichen Teil des zitierten Werkes ausmachen, noch im Rahmen der Zitierfreiheit halten (vgl. BGH, GRUR 1986, a.a.O. - Geistchristentum; BGHZ 28, 238 - Verkehrskinderlied; Schricker/Spindler a.a.O. § 51 Rn. 44, 45; Lüft a.a.O. § 51 Rn. 15). Im Einzelfall kann das Zitatrecht des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG auch ganze Werke erfassen, wenn anderenfalls ein sinnvolles Zitat nicht möglich ist (vgl. Schricker/Spindler a.a.O. § 51 Rn. 45 m.w.N.). Auch insoweit ist nicht darauf abzustellen, ob das Zitat „zwingend erforderlich“ ist, es genügt vielmehr, dass es sich bei dem (Gesamt-)Zitat nach der Natur der Dinge und nach Maßgabe aller Umstände unter Berücksichtigung der Üblichkeit um eine vernünftige, sachgerechte Wahrnehmung des Zitatzwecks handelt (vgl. Schricker/Spindler a.a.O. § 51 Rn. 19).

Zu beachten ist dabei, dass dem Rechteinhaber die Verwertung des Werkes nicht unangemessen beeinträchtigt werden darf (vgl. BGH; GRUR 1986 a.a.O. - Geistchristentum). Die Vorschrift des § 51 Satz 2 Nr. 2 UrhG ist wie alle auf der Sozialbindung des geistigen Eigentums beruhenden Schrankenbestimmungen der §§ 49 ff UrhG grundsätzlich eng auszulegen. Das hat seinen Grund weniger darin, dass Ausnahmevorschriften generell eng auszulegen wären, sondern beruht darauf, dass der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist und daher die ihm hinsichtlich der Werkverwertung zustehenden Ausschließlichkeitsrechte nicht übermäßig beschränkt werden dürfen (vgl. BGHZ 150, 6 - Verhüllter Reichstag; GRUR 2012, 1050 - Zeitungsbericht als Tagesereignis). Für eine angemessene Abgrenzung ist auf den Grundgedanken des Gesetzes und den Interessenkonflikt zurückzugehen, dessen billige Lösung unter Berücksichtigung der Belange aller Beteiligten § 51 UrhG anstrebt. Die darin festgelegte Zitierfreiheit soll der Freiheit der geistigen Auseinandersetzung mit fremden Gedanken dienen und auch in der Form stattfinden können, dass politische, wissenschaftliche oder geistige Strömungen durch die wörtliche Wiedergabe einzelner Stellen aus den geschützten Werken verschiedener Autoren deutlich gemacht werden (vgl. BGH; GRUR 1986 a.a.O. - Geistchristentum; GRUR 1973, 216 - Handbuch moderner Zitate). Ausgehend von dem Gedanken, dass der Urheber bei seinem Schaffen auf den kulturellen Leistungen seiner Vorgänger aufbaut, wird es dem Urheber im Interesse der Allgemeinheit zugemutet, einen verhältnismäßig geringfügigen Eingriff in sein ausschließliches Verwertungsrecht (§ 15 Abs. 1 UrhG) hinzunehmen, wenn dies dem geistigen Schaffen anderer und damit zum Nutzen der Allgemeinheit der Förderung des kulturellen Lebens dient (vgl. BGH, GRUR 1986 - Geistchristentum; BGHZ 28 a.a.O. - Verkehrskinderlied). Steht ein geringfügiger Eingriff in die Urheberrechte ohne Gefahr merklicher wirtschaftlicher Nachteile der künstlerischen Entfaltungsfreiheit gegenüber, so haben die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber im Verhältnis zu den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Auseinandersetzung zurückzutreten (vgl. BVerfG, GRUR 2001 a.a.O. - Germania 3).

dd) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs stellt sich die Verwendung der Zeitungsartikel und Lichtbilder der Klägerin in dem Buch des Beklagten - soweit von der Klägerin angegriffen - als ganz überwiegend nicht gerechtfertigt dar. Lediglich der Abdruck der Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ (Seite 84 des Buches), „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ und „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“ stützt sich auf einen hinreichenden Zitatweck im Sinne des § 52 Satz2 Nr. 2 UrhG, ohne das Maß des Erlaubten zu überschreiten.

aaa) Sämtliche der streitgegenständlichen Zeitungsartikel der Klägerin sind im Buch des Beklagten in Faksimile-Form unverändert und ganz überwiegend auch vollständig übernommen worden. Soweit die Artikel bebildert sind, und zwar diejenigen auf den Seiten 37, 203, 239, 241, 247 bis 248, 261, 272 bis 275 und 276 bis 277, sind auch die Lichtbilder mit abgedruckt. Die Klägerin beanstandet insoweit den Abdruck der Lichtbilder hinsichtlich der Buchseiten 37, 274 und 277. Daneben wendet sich die Klägerin gegen den Abdruck der Lichtbilder auf den Buchseiten 14, 38 bzw. 232, 81, 126, 142 und 182. Jene Lichtbilder sind jeweils als Bestandteil von Artikeln oder Artikelausschnitten abgedruckt, den Abdruck der betroffenen Textstellen der Zeitungsartikel beanstandet die Klägerin nicht.

bbb) Dem Abdruck der Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ (Seite 84 des Buches) „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ (Seite 239 des Buches) und „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“ (Seite 241 des Buches) steht ein hinreichender Zitatzweck zur Seite, denn insoweit ist die erforderliche innere Verbindung zwischen den verwendeten fremden Werken und den eigenen Gedanken des Zitierenden gegeben.

- Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ (Seite 84 des Buches)

Der unbebilderte Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ beginnt mit der Einschätzung des Journalisten, dass „wirksamere Maßnahmen der Polizei und drastische Strafen durch die Justiz“ die Kriminalitätsrate bei Jugendlichen stagnieren ließen, die Zahlen allerdings nach wie vor „alarmierend“ seien. Sodann wird ein Fall jugendlicher Kriminalität geschildert und insbesondere wiedergegeben, was der Beklagte in seiner Funktion als Direktor … zur Frage der Bekämpfung von Jugendkriminalität geäußert hat. Erwähnt wird unter anderen, das der Beklagte die Meinung geäußert habe, das Problem sei eine Frage der Selektion, „unter den Jugendlichen müssten die Guten von den Schlechten getrennt werden“, was „sein ganz persönliches Konzept“ sei. Weiter ist wiedergegeben, dass der Beklagte erklärt habe: „Nehmen Sie einen faulen Apfel und legen sie ihn in einen Korb mit gesunden Äpfeln - nicht lange, und schon sind alle faul“. Im Buch des Beklagten ist unmittelbar unter den Abdruck des Artikels ausgeführt „Dieser und ein weiterer Artikel in der … dienten als Vorwand für eine jahrelange Schlammschlacht“. In seinem dazu verfassten Text (Seiten 84 ff des Buches) führt der Beklagte aus, dass seine Äußerungen Aufsehen erregt hätten, insbesondere der gebrauchte Vergleich mit faulen Äpfeln. Er habe damit deutliche Kritik geübt, deren Folgen verheerend gewesen seien. Er führt aus, welche Reaktionen und welches Vorgehen er als „Kampagne“ bzw. „Schlammschlacht“ empfindet. So beschreibt er, dass das vom Redakteur „wohl unbedachte gebrauchte, nach heutigem offiziellen Verständnis "belastete" Wort "Selektion"“ bei seiner „vorgesetzten Behörde unerwarteten Anstoß“ erregt habe.

Der vom Beklagten verfasste Text stellt die innere Verbindung zum abgedruckten Artikel in einer Weise her, dass der Artikel als Belegstelle und Erörterungsgrundlage für die von ihm geschilderten und bewerteten Vorgänge verwendet wird. Der Artikel dient nicht lediglich der Anreicherung seiner Ausführungen mit fremdem geistigen Eigentum oder der Ersparnis eigener Ausführungen, sondern bietet den Beleg für die Ausführungen des Beklagten, dass die mit dem Artikel erfolgte Art und Weise der Wiedergabe seiner Erklärungen der Auslöser der von ihm als „Schlammschlacht“ bezeichneten öffentlichen Auseinandersetzung über seine Worte gewesen sei.

Der Abdruck des Artikels im Ganzen überschreitet den erlaubten Umfang des Zitats nicht. Die vom Beklagten erstrebte Belegfunktion des Artikels war in angemessener Weise nur dadurch zu erreichen, dass dieser ungekürzt abgedruckt wird. Dies war einerseits geboten, um das „Bild“ zu vermitteln, welches sich nicht allein aus den wiedergegebenen Erklärungen des Beklagten, sondern auch daraus ergibt, was „zwischen den Zeilen“ zum Ausdruck kommt. Auf der anderen Seite hätte ein Weglassen einzelner Passagen den Eindruck vermitteln können, der Beklagte lege dem Artikel durch Auswahl bestimmter Passagen einen Aussagegehalt bei, der sich in der Gesamtschau nicht wiederfinde. Der Abdruck in Faksimile-Form stellt im Zusammenhang mit der überwiegend tagebuchartigen Textdarstellung des Beklagten auch ein Gestaltungsmittel dar, das als künstlerischer Ausdruck anerkannt werden kann. Hinzu kommt, dass eine Beeinträchtigung der Verwertungsinteressen der Klägerin, soweit sie als Folge des Abdrucks im Buch des Beklagten überhaupt messbar anzunehmen ist, jedenfalls nicht dadurch verstärkt ist, dass der Artikel nicht nur ausschnittsweise sondern im Ganzen in Faksimile-Form abgedruckt wurde. Der Artikel der Klägerin betrifft ein Tagesereignis, sein Wert ist ganz überwiegend mit der Veröffentlichung in der Tageszeitung der Klägerin erschöpft. Die Klägerin selbst ist auch nicht Urheberin des Artikels, ihr sind die ausschließlichen Nutzungsrechte vom angestellten Autor übertragen. Eine Zweitverwertung des Artikels in einem Archiv oder Jahrbuch ist durch den Faksimile-Abdruck im Buch des Beklagten nicht abgeschnitten oder erschwert.

- Artikel „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ (Seite 239 des Buches)

Auch dieser Artikel, der in einem Kasten ein Foto des Beklagten enthält, ist als zulässiges Zitat anzusehen.

Zwar ist der Artikel nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem vom Beklagten verfassten Text, sondern in dem Dokumentationsteil abgedruckt; die erforderliche innere Verbindung zum Text des Beklagten im Sinne eines zulässigen Zitatzwecks ist aber dennoch gegeben.

Der Artikel mit der Überschrift „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ und der Unterüberschrift „… befürwortet härteres Vorgehen“ (Seite 239 des Buches) nimmt Bezug auf den zuvor erörterten Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“. Er enthält wiederum in erster Linie verschiedene Äußerungen des Beklagten, die beispielsweise wie folgt wiedergegeben sind: „"Wenn ich etwa 30 mir bekannte Leute einlochen könnte, wäre Ruhe in E… votiert R… für Gefängnisstrafen“ oder „R…: Kriminelle Jugendliche laufen ständig mit der Bierdose herum. Alkohol ist bei fast jeder Straftat in E… im Spiel“.

Der Text des Beklagten auf Seite 85 betreffend den zuvor dargestellten Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ (Seite 84 des Buches) nimmt durch Hochzahl-Verweis (Nr. 9) Bezug auf den hier erörterten Artikel „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“, der auf Seite 239 des Buches unter 9. abgedruckt ist. Im Text des Beklagten heißt es dazu, die Klägerin habe aufgrund der einhellig positiven Leserreaktion den weiteren Artikel zum Thema Jugendkriminalität veröffentlicht. Sodann führt der Beklagte aus, dass danach die „Stimmung“ umgeschlagen sei. Mit seinem Verweis auf den im Dokumentationsteil abgedruckten Artikel führt der Beklagte einen weiteren Beleg aus für die von ihm im Text zum Ausdruck gebrachte Ansicht, seine Erklärungen hätten zuerst Unterstützung erfahren, während sie später zu einer „Schlammschlacht“ geführt hätten.

Damit kommt dem Artikel wiederum eine ausreichende Belegfunktion zu, die es aus den zuvor dargestellten Gründen auch rechtfertigt, den Artikel in Faksimile-Form vollständig abzudrucken. Der Umstand, dass der Abdruck auch das im Artikel enthaltene Lichtbild erfasst, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar wird das Lichtbild nicht als zum Erreichen des Zitatzwecks erforderlich anzusehen sein, die Verwendung greift die Klägerin indes nicht an.

- Artikel „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“ (Seite 241 des Buches)

Auch jener wiederum im Dokumentationsteil unter 11. abgedruckte Artikel, der zwei Lichtbilder enthält, von denen eines den Beklagten und das andere den Leiter des Jugendamtes Herrn H. zeigt, stellt ein zulässiges Zitat dar.

Der mit „Offener Schlagabtausch zu Ansichten des R…“ eingeleitete Artikel erörtert die Reaktionen insbesondere der Träger der Jugendhilfe auf die Äußerungen des Beklagten, namentlich mit der Wortwahl „faule Äpfel“. Ausführlich wiedergegeben sind Erklärungen des Jugendamtsleiters H., welche deutliche Kritik an den Äußerungen des Beklagten enthalten. Mitgeteilt sind beispielsweise die Aussagen des Jugendamtsleiters „Auch für Jugendliche muss der Staat das Prädikat Rechtsstaat rechtfertigen“ und „Es ist ein Unterschied zu sagen, die Strafe ist gerecht oder ich würdige den Jugendlichen herab … Reicht eine harte Strafe nicht aus ? Muss ich ihn zu einem saufenden Ungeheuer machen?“

Der Artikel ist im Text des Beklagten auf Seite 85 durch Hochzahl-Verweis (Nr. 11) in Bezug genommen. Mit seinem Verweis auf den im Dokumentationsteil abgedruckten Artikel führt der Beklagte diesen als Beleg dafür an, dass die Klägerin als Herausgeberin der Zeitung sich nunmehr im Angriff auf ihm, den Beklagten, zum „Sprachrohr“ des Jugendamtsleiters und der privaten Betreiberin des örtlichen Wohnheims für Betreutes Wohnen gemacht habe. In Bezug auf die Ausführungen ist der Abdruck auch dieses Artikels von einer hinreichenden Belegfunktion getragen. Der Abdruck in Faksimile-Form überschreitet den Zitatzweck nicht. Die Verwendung der Lichtbilder ist von der Klägerin nicht angegriffen.

ccc) Die übrigen Artikel und Lichtbilder verwendet der Beklagte in seinem Buch ohne ausreichenden Zitatzweck.

- Artikel „…präsident gibt den Stab weiter“ (Seite 37 des Buches) und

- Lichtbild im Kasten dieses Artikels (Seite 37 des Buches)

Der Artikel berichtet von der Amtseinführung des neuen …präsidenten und nennt einige Stationen aus der Vita des scheidenden und der des neuen Amtsinhabers. Eine ausreichende Verbindung zu den fremden Werken, sei es inhaltlich oder durch künstlerische Gestaltung, weist das Buch des Beklagten nicht auf. Der Bezugstext „Trotz des vielen Schleims: Die Sympathien für B. waren echt“ enthält keine Auseinandersetzung mit dem Artikel und dem Lichtbild, welches den …minister des Landes B… im Gespräch mit dem scheidenden und dem neuen Amtsinhaber zeigt. Artikel und Lichtbild dienen allein nur zur Illustration des vom Beklagten beschriebenen Festaktes.

- Artikel „Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 522 Asylbewerber“ (Seite 49 des Buches)

Auch der Faksimile-Abdruck dieses Artikels ist nicht als Belegstelle oder Erörterungsgrundlage für eigene Ausführungen des Beklagten anzusehen. Der Text des Beklagten befasst sich mit dem Mehrfachbezug von Sozialleistungen durch Asylbewerber. Auf den Inhalt des abgedruckten Artikels, der die Frage der Gewährung von Sach- oder Geldleistungen behandelt und Erklärungen eines Staatsanwalts wiedergibt, geht der Text des Beklagten nicht ein. Der Artikel reichert den eigenen Text des Beklagten lediglich um fremde Ausführungen an.

- Artikel „Einem Jungen mit dem geschärften Spachtel ins Bein geritzt…“ (Seiten 65 und 234 des Buches)

Derselbe Artikel ist sowohl im Textteil (Seite 65 des Buches) als auch im Dokumentationsteil des Buches unter 4. (Seite 234 des Buches) abgedruckt. Der vom Beklagten verfasste Text erwähnt die schwere Verletzung eines Jugendlichen durch Mitbewohner im Betreuten Wohnen und führt mit Hochzahl-Verweis (4) aus, dass die spätere Verhandlung das „Versagen der Überwachung durch die Betreuer“ herausgestellt habe (Seiten 65 und 66 des Buches). Der Zeitungsartikel hingegen stellt den Bericht eines „Gerichtsreporters“ dar, in dem detailreich der Tathergang und in kurzen Ausführungen die Plädoyers sowie das Urteil des Gerichts geschildert werden. Die Übernahme des Artikels in das Buch des Beklagten dient der Anreicherung, um eigene Ausführungen zu ersparen, eine Befassung mit dem Inhalt des Artikels findet nicht statt.

- Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“ (Seite 237 des Buches)

Der erneute Abdruck des Artikels im Dokumentationsteil, wie er bereits – rechtsmäßig – im Textteil auf Seite 84 des Buches abgedruckt wurde, findet keine Rechtfertigung im Zitatrecht. Der weitere Abdruck ist weder Ausdruck künstlerischer Gestaltung noch ist er zur inhaltlichen Auseinandersetzung als sachgemäß anzusehen.

- Artikel „Laubendiebe gingen der Polizei ins Netz“ (Seite 203 des Buches)

Der Artikel, in dem von einem Fahndungserfolg der Polizei nach mehreren Laubeneinbrüchen berichtet wird, illustriert die Ausführungen des Beklagten zu denselben Vorfällen.

- Artikel „Angeklagt der räuberischen Erpressung mit Todesfolge“ (Seite 235 des Buches)

Der im Dokumentationsteil unter 5. abgedruckte Artikel stellt einen Bericht über den ersten Verhandlungstag in einer Strafsache vor dem …gericht …dar. Er gibt im wesentlichen die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft wieder. In einem Kasten sind unter der Überschrift „Bürgermeister: Höchststrafe!“ Aussagen mitgeteilt, die der Bürgermeister der Stadt E… W. zu dem Verfahren abgegeben hat. Die Bezugnahme im Text des Beklagten durch Hochzahl-Verweis (5) auf Seite 75 des Buches geht dahin, dass das Erscheinen des Artikels berichtet wird, ergänzt um die Aussage „meines Erachtens war es Mord …“. Weiter erwähnt der Beklagte den im Artikel enthaltenen Kasten „Bürgermeister: Höchststrafe!“ mit den Worten: „Ist zwar auch Revolverjournalismus, kommt aber bei den Leuten sicher an. W. kennt wohl seine Pappenheimer, die Presse auch“. Der Inhalt des Berichts über die Gerichtsverhandlung dient der Ausschmückung, ohne dass der Beklagte darauf näher eingeht. Eine inhaltliche Auseinandersetzung findet ansatzweise mit den vom Journalisten im Kasten wiedergegebenen Äußerungen des Bürgermeisters statt. Als Erörterungsgrundlage für die eigenen Ausführungen des Beklagten kommen mithin allein die im Kasten mitgeteilten Äußerungen des Bürgermeisters in Betracht. Ein Abdruck des Textkastens mag als zulässig anzusehen sein, nicht aber der Abdruck des ganzen Artikels, das überschreitet den Zitatzweck. Ist der Zitatzweck überschritten, so ist nicht nur der überschießende Teil, sondern das ganze Zitat unzulässig (vgl. BGH, Revisionsurteil a.a.O. m.w.N.).

- Artikel „Sitzung geriet zur Farce“ (Seiten 247 und 248 des Buches),

- Artikel „Langfinger machen inzwischen schon einen Bogen um E…“ (Seite 257 des Buches),

- Artikel „Mutieren Schulhöfe zu Drogenumschlagsplätzen?“ (Seite 260 des Buches),

- Artikel „Haftanstalt kurz und klein geschlagen“ (Seite 261 des Buches)

Für diese wiederum nur im Dokumentationsteil unter 15, 19, 22 und 23 abgedruckten Artikel lassen die Hochzahl-Verweise im Textteil auf Seiten 88, 129, 143 und 150 des Buches keine von einem zulässigen Zitatzweck gedeckte innere Verbindung erkennen. Die Artikel, in denen über eine Stadtverordnetenversammlung, über Gerichtsverhandlungen im Beschleunigten Verfahren in Strafsachen, über eine Projektwoche zum Thema Drogenkonsum an einem Gymnasium und über einen Polizeieinsatz in einer Abschiebehaftanstalt berichtet wird, dienen der anschaulichen Darstellung der betreffenden Vorgänge, die im Text des Beklagten behandelt werden. Mit dem Inhalt der Zeitungsartikel befasst sich der vom Beklagten verfasste Text nicht, er erspart sich die Ausführungen, die den Artikeln zu entnehmen sind.

- Artikel „Ungarnreise winkte als Ansporn“ (Seite 271 des Buches)

- Artikel „S. mit Schattenseiten“ (Seiten 272 bis 275 des Buches) und

- Lichtbild in diesem Artikel (Seite 274 des Buches und Seite 182 des Buches)

- Artikel „S. auf Tauchstation“ (Seiten 276 bis 277 des Buches) und

- Lichtbild in diesem Artikel (Seite 277 des Buches)

Die im Dokumentationsteil unter 30, 31 und 32 enthaltenen Artikel befassen sich ausführlich mit dem Wirken des Vereins S., insbesondere hinsichtlich einer Ferienreise ins Ausland, die abgebrochen wurde. Der Beklagte behandelt im Textteil seines Buches unter dem Kapitel „Aktion S.“ (Seiten 170 bis 187 des Buches) zunächst allgemeine Aspekte der Jugendarbeit. Sodann berichtet er unter Verwendung zahlreicher Lichtbilder und anderer Dokumente ausführlich über die Arbeit des Vereins S., über die für den Verein handelnden Personen und die Presseberichterstattung, welche er kritisiert.

Auf den Artikel „Ungarnreise winkte als Ansporn“ verweist der Text des Beklagten auf Seite 177 des Buches durch Hochzahl (30). Er schildert, dass durch „Gratis-Urlaubsreisen“ einmal keine „Almosen für Bedürftige, sondern Belohnungen für Leistungsträger“ verteilt werden sollten. Der in Bezug genommene Artikel „Ungarnreise winkte als Ansporn“ berichtet hierüber ausführlich, nennt einige der Sponsoren und erwähnt die Unterstützung des ... „durch gezielte Steuerung der verhängten Bußgelder“. Jener Artikel dient dem Text des Beklagten nicht als Grundlage für selbständige Ausführungen, vielmehr ist er bloße Anreicherung der eigenen Darlegungen.

Die Artikel „S. mit Schattenseiten“ und „S. auf Tauchstation“ sind durch Hochzahlverweise (31 und 32) auf den Seiten 180 und 185 des Buches in Bezug genommen. In seinem Text führt der Beklagte aus, dass und aus welchen Gründen die Berichterstattung kritikwürdig sei. Er legt dar, dass die Berichterstattung „durch geschickte Aneinanderreihung von Fakten mit der entsprechenden Wortwahl und dem Offenlassen tendenziöser Fragen“ beim „unbefangenen Leser“ einen falschen Eindruck erwecke. Damit dienen die abgedruckten Artikel als Beleg für die von ihm im Text zum Ausdruck gebrachte Kritik einer gezielten Berichterstattung. Der Abdruck ist folglich auf einen an sich als zulässig anzusehenden Zitatzweck ausgerichtet.

Beide Artikel enthalten aber Lichtbilder, deren Verwendung die Klägerin als unzulässig beanstandet. Der Artikel „S. mit Schattenseiten“ ist mit drei Fotos bebildert, die einmal Unterlagen für eine Ferienreise (Seite 272 des Buches), ferner ein Porträt des Geschäftsführers des Vereins S. (Seite 273 des Buches) und den Betreuer (Lagerleiter) H. vor einem Schild „Bussteig“ (Seite 274 des Buches) zeigen. Der Artikel „S. auf Tauchstation“ enthält in einem Kasten einen Ausschnitt des Artikels „S. mit Schattenseiten“, welcher das dortige Foto von den Ferienreiseunterlagen zeigt (Seite 276 des Buches). Ferner ist ein Porträtfoto des Vorstandsvorsitzenden P. des Vereins S. enthalten (Seite 277 des Buches) Die Klägerin beanstandet die Verwendung der Fotos, die den Betreuer H. (Seite 274 des Buchs) und den Vorstandsvorsitzenden P. (Seite 277 des Buches) zeigen.

Die beanstandete Wiedergabe der Lichtbilder im Buch des Beklagten überschreitet den nach den Erfordernissen des Zitatzwecks zu bestimmenden zulässigen Zitatumfang. Die verwendeten Bilder sind nicht Gegenstand der kritischen Auseinandersetzung des Beklagten mit den Zeitungsartikeln. Ihr Abdruck lässt sich deshalb nicht auf die Belegfunktion stützen. Auch wenn, wie ausgeführt, der Abdruck der Zeitungsartikel in Faksimile-Form im Zusammenhang mit dem Text des Beklagten als Mittel künstlerischer Gestaltung in Betracht kommt, rechtfertigt dies den Abdruck der Lichtbilder im vorliegenden Fall nicht. Einerseits sind die hier in Rede stehenden bebilderten Artikel nicht im Zusammenhang mit dem Text des Beklagten, sondern im Dokumentationsteil abgedruckt. Zum Anderen wäre der mit Blick auf den Text des Beklagten erforderlichen Belegfunktion auch unter Einschluss des Gestaltungsmittels des Faksimile-Abdrucks ohne weiteres dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die bebilderten Teile der Artikel als „weißes Feld“ dargestellt werden. Der Abdruck der bebilderten Artikel schmückt das Werk des Beklagten lediglich aus.

Mit Erfolg beanstandet die Klägerin auch, dass das im Artikel „S. mit Schattenseiten“ enthaltene Bild abermals auf Seite 182 des Buches im Textteil als Ausschnitt des genannten Artikels abgedruckt ist. Der Abdruck dient allein der Anreichung des Werkes zur Anschaulichmachung. Das ist kein zulässiger Zitatzweck.

- Lichtbilder (Seiten 14, 39 bzw. 232, 81, 126 und 142 des Buches)

Der Abdruck der Lichtbilder vermag sich nicht auf einen zulässigen Zitatzweck zu stützen. Die Fotos, die das Gebäude des …gerichts (Seite 14 des Buches), den …minister … im Gespräch mit dem Präsidenten … und dem Beklagten (Seite 39 und nochmals Seite 232 des Buches), zwei Bürgerinnen mit einem Plakat gegen Rassismus (Seite 81 des Buches), den Bundespräsidenten gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten … und einem Künstler (Seite 126 des Buches) sowie den Beklagten im Gespräch mit Schülern (Seite 142 des Buches) zeigen, dienen ausnahmslos der Ausschmückung des Werks des Beklagten durch fremde Werke.

4.1.4) Im dargestellten Umfang der widerrechtlichen Verwendung der Zeitungsartikel und Lichtbilder der Klägerin im Buch des Beklagten besteht der Anspruch auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung gemäß §§ 97 Abs. 1 i.V.m. §§ 72, 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 16, 17 UrhG, denn die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der begangenen Rechtsverletzung gegeben. Der Aufforderung der Klägerin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ist der Beklagte nicht nachgekommen.

4.2) Beschränkt auf den Umfang der Rechtsverletzung stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

4.2.1) Der Schadenersatzanspruch und der unter anderem der Vorbereitung der Berechnung des Schadens dienende Auskunftsanspruch setzen gemäß § 97 Abs. 2 UrhG voraus, dass der Beklagte die der Klägerin zustehenden ausschließlichen Nutzungsrechte schuldhaft verletzt hat. Das ist der Fall, denn dem Beklagten fällt fahrlässiges Verhalten zur Last.

Im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht werden ebenso wie im Wettbewerbsrecht an die Beachtung der erforderlichen Sorgfalt strenge Anforderungen gestellt. Grundsätzlich muss sich derjenige, der ein fremdes Werk nutzen möchte, über die Rechtmäßigkeit seines Handelns Gewissheit verschaffen (vgl. Wild in Schricker/Loewenheim a.a.O. § 97 Rn. 139 m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Rechtsirrtum nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage, in der sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet hat und die insbesondere nicht durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt ist, muss durch strenge Sorgfaltsanforderungen verhindert werden, dass das Risiko der zweifelhaften Rechtslage dem anderen Teil zugeschoben wird. Fahrlässig handelt daher, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (vgl. BGHZ 148, 221 - Spiegel-CR-Rom; BGHZ 141, 267 - Laras Tochter; GRUR 2000, 699 - Kabelweitersendung; GRUR 1999, 49 - Bruce Springsteen and his Band; GRUR 1998, 568 - Beatles-Doppel-CD). So verhält es sich hier.

4.2.2) Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 97 Abs. 2, 101a Abs. 1 UrhG i.V.m. §§ 242, 259, 260 BGB, denn die Klägerin benötigt die Angaben, um Rechtsverletzungen unterbinden zu können und um die Grundlagen für die Bezifferung des Schadens der Höhe nach zu erhalten (vgl. BGH, MMR 2011, 45 zu § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.; Wild in Schricker/Loewenheim a.a.O. § 97 Rn. 187 ff).

4.2.3) Die Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach ist gerechtfertigt, weil ein Schadenseintritt mit Blick auf den unstreitig erfolgten Vertrieb des Buches hinreichend wahrscheinlich ist und der Feststellungsausspruch vor dem Eintritt der Verjährung schützt.

4.2.4) Der Beklagte ist der Klägerin nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG, § 249 Abs. 1 BGB auch zur Freistellung von den durch erfolglose Abmahnung entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten - allerdings ohne Umsatzsteuer - verpflichtet, soweit die Abmahnung berechtigt war. Da die Abmahnung im Hinblick auf den Abdruck der Artikel „Jugendkriminalität - nur eine Frage der Selektion?“, „Überlebende Opfer sind dem Zufall zu verdanken“ und „Alles nur „saufende Ungeheuer“?“ unberechtigt war, richtet sich der vom Freistellungsanspruch erfasste Gebührenanspruch der anwaltlichen Vertreter der Klägerin nicht nach dem Streitwert von 15.000,- €, sondern nach dem Wert von bis zu 13.000,- €.

In Höhe der auf die gesetzlichen Gebühren entfallenden Umsatzsteuer besteht der Freistellungsanspruch nicht, weil die Klägerin als Unternehmerin vorsteuerabzugsberechtigt ist. Gerechtfertigt ist der Anspruch in Höhe der geltend gemachten 1,3 Mittelgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, deren Angemessenheit der Beklagte nicht in Abrede stellt, zuzüglich der Postpauschale gemäß Nr. 7002 RVG. Unter Zugrundelegung des Gegenstandswertes von bis zu 13.000,- € beläuft sich der Anspruch auf 703,80 €.

4.2.5) Da der Anspruch auf Erstattung - hier Freistellung - von den vorgerichtlichen Anwaltskosten zum Schadensersatz zählt (vgl. Wild in Schricker/Loewenheim a.a.O. § 97a Rn. 30), hat der Senat die Feststellung der Schadensersatzpflicht klarstellend dahin gefasst, das aller „weiterer“ Schaden zu erstatten ist. Eine teilweise Abweisung der Klage als unbegründet ist damit nicht verbunden, weil die bezifferten Rechtsanwaltskosten vom Feststellungsantrag ersichtlich nicht erfasst sein sollten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Der Senat hat der Sachentscheidung die rechtliche Beurteilung der in dieser Sache ergangenen Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde gelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO (für die Klägerin).