Hessisches LAG, Beschluss vom 27.12.2012 - 19 Ta 380/12
Fundstelle
openJur 2013, 17066
  • Rkr:

Mit der Abberufung als Organ endet die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG.

Durch den Vertrag über die Anstellung zum Zweck der Tätigkeit als Organ wird regelmäßig ein freies Dienstverhälntis begründet, im Einzelfall kann es sich aber auch um ein Arbeitsverhältnis handeln. Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien. Haben die Parteien ausdrücklich einen Arbeitsvertrag geschlossen, ist der Vertrag als solcher einzuordnen.

Nach Abberufung aus der Organschaft können vor den Gerichten für Arbeitssachen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag geltend gemacht werden. Das gilt auch für Ansprüche, die während der Zeit der Geschäftsführerbestellung auf der arbeitsvertraglichen Basis entstanden sind.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. August 2012 – 12 Ca 3651/12 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Wege einer Stufenklage um einen Bonus für das Geschäftsjahr 2011.

Bei der Beklagten, der A, handelt es sich um eine Gesellschaft in der Rechtsform einer englischen Private Limited Company mit Sitz in B, die in C eine Zweigniederlassung unterhält. Sie ist im Register of the Companies, Companies House of Cardiff, unter der Nummer -D eingetragen. Im Handelsregister B des Amtsgerichts C ist die Zweigniederlassung unter dem Aktenzeichen HRB E eingetragen.Sie macht mit dem Firmenzusatz „B“ ihren Sitz und mit dem Zusatz „C“ ihre Niederlassung kenntlich.

Der am F geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde ausweislich des „Arbeitsvertrags – Employment Agreement“ vom 1. März 2010 mit Wirkung zum 1. Juni 2010 von der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt noch unter „G“ firmierte, als „Managing Director,Co-Head“ für die Niederlassung in C eingestellt. Der zweisprachige „Arbeitsvertrag – Employment Agreement“, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 8ff. d. A. verwiesen wird, enthält in deutscher Sprache auszugsweise die folgenden Regelungen:

„…§ 1 Position und Aufgaben(1) Der Arbeitnehmer wird ab dem 1. Juni 2010 als Managing Director, Co-Head der C Niederlassung, in C eingestellt.(2) Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer jederzeit ein anderes, seinen Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechendes Aufgaben- und Verantwortungsgebiet zu übertragen und den Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens zu versetzen, jeweils vorausgesetzt, dass dies nicht zu einer Einschränkung seiner Vergütung nach § 3 dieses Arbeitsvertrages führt und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. ….(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Richtlinien und Anweisungen des Arbeitgebers sowie die Anordnungen seiner Vorgesetzten zu beachten.§ 2 Arbeitszeit(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40Stunden.(2) Die Lage der Arbeitszeit sowie der Pausen wird vom Arbeitgeber bestimmt.(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Überstunden (einschließlich Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit) zu leisten.(4) Der Arbeitgeber ist berechtigt, Kurzarbeit anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 169 ff.SGB III) erfüllt sind.§ 10 Laufzeit; Kündigung;Vertragssstrafe(1) Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Juni 2010 und wird für unbestimmte Zeit geschlossen.…§ 13 Verschiedenes(1) … Ergänzend gelten die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden innerbetrieblichen Regelungen,Anweisungen und Betriebsvereinbarungen, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Unternehmen der englischen Bankaufsicht untersteht.…(3) Es gilt deutsches Recht. …“

Ob der Kläger am 1. Juni 2010 zum Director der Beklagten bestellt wurde und ob eine etwaige Bestellung ordnungsgemäß war,ist zwischen den Parteien streitig. Am 15. Juni 2010 wurde der Kläger als Director der Beklagten im Register of the Companies,Companies House of Cardiff, eingetragen. Im Handelsregister wurde der Kläger am 11. April 2011 als ständiger Vertreter der Niederlassung C und als geschäftsführender Direktor der Beklagten eingetragen.

Mit Schreiben vom 16. April 2012 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger „bestehende Arbeitsverhältnis“außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich mit Wirkung zum 31. Juli 2012. Da die Kündigung den Hinweis enthielt,dass sie für die A B und für die A C ausgesprochen sei, hat der Kläger gegen diese Kündigung am 26. April 2012 beim Arbeitsgericht Frankfurt zwei Kündigungsschutzklagen erhoben, und zwar einerseits gegen die Beklagte mit dem Zusatz „B“ und andererseits gegen die Beklagte mit dem Zusatz „C“ (12 Ca 2980/12und 12 Ca 3141/12). Am 25. April 2012 wurde der Kläger als Director abberufen. Auf Antrag der Beklagten wurden die Eintragungen hinsichtlich des Klägers im Register of the Companies am 11. Mai 2012 und im Handelsregister am 26. September 2012 gelöscht.

Im Hinblick auf den Hinweis in der Kündigung vom 16. April 2012hat der Kläger beim Arbeitsgericht Frankfurt auch zwei Klagen auf Auskunft und Zahlung von Bonus gegen die Beklagte erhoben, und zwar einerseits gegen die Beklagte mit dem Zusatz „C“, die unter dem Aktenzeichen 12 Ca 3651/12 geführt wird, und andererseits gegen die Beklagte mit dem Zusatz „B“, die unter dem Aktenzeichen 12 Ca 3761/12 geführt wird. Die vorliegende Klage mit dem Aktenzeichen 12 Ca 3651/12, die gegen die „A C“gerichtet ist und wegen deren Anträge auf Bl. 2 d. A. Bezug genommen wird, ist am 25. Mai 2012 beim Arbeitsgericht Frankfurt eingegangen und der Beklagten am 1. Juni 2012 zugestellt worden ist.

Die Beklagte hat vorab die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt.

Das Arbeitsgericht C hat durch Beschluss vom 2. August 2012– 12 Ca 3651/12 - entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem Vertrag vom 1. März 2012 nach seiner Überschrift und seinem Inhalt um einen Arbeitsvertrag handele. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte sei zu bejahen, weil der Arbeitsvertrag nicht durch einen schriftlichen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag aufgehoben worden sei. Die Eintragung in das Handelsregister – in Deutschland über ein Jahr nach Abschluss des Arbeitsvertrags – führe nicht zur Verweisung an das Landgericht.

Gegen diesen Beschluss, der der Beklagten am 6. September 2012zugestellt worden ist, hat sie am 20. September 2012 sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 11. Oktober 2012, Bl. 180 d. A.).

Die Beklagte behauptet, der Kläger sei wirksam am 1. Juni 2010zum Director bestellt worden. Damit sei er Mitglied des Verwaltungsrats und nach Gesetz und Satzung der Beklagten zu deren Vertretung berufen. Der Kläger sei von Beginn seiner Tätigkeit an auf Grundlage des Vertrags vom 1. März 2010 als Director und damit als Vertretungsorgan tätig gewesen. Der Vertrag vom 1. März 2010beziehe sich ausschließlich auf diese Tätigkeit. Ein anderes Rechtsverhältnis, wie z.B. ein vorgelagertes Arbeitsverhältnis,gebe es nicht. Sie meint, die Arbeitsgerichte seien nicht zuständig, weil der Kläger ausschließlich Ansprüche geltend mache,die sich aus seiner Tätigkeit als Director ergäben. Der Vertrag sei trotz seiner Bezeichnung, die auf einer fehlenden Differenzierung in der englischen Sprache beruhe, als Anstellungsvertrag zu qualifizieren. Die weiteren Regelungen ergäben sich unter anderem daraus, dass der Kläger als Director eines englischen Finanzinstitutes der englischen Bankenaufsicht unterliege. Sie bestreitet, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit weisungsabhängig gewesen sei; er habe sämtliche Verantwortungen, Freiheiten und Entscheidungsbefugnisse, die für einen gesetzlichen Vertreter,„Managing Director“ und „Co-Head“charakterisierend seien, besessen. Er sei nicht an Dienstzeiten gebunden gewesen und habe neben seiner Tätigkeit für die Beklagte eigenen geschäftlichen Tätigkeiten nachgehen können. Er sei für sämtliche geschäftlichen Tätigkeiten der Niederlassung verantwortlich gewesen, alle Mitarbeiter in der C Niederlassung,auch die übrigen Directoren, hätten ihm berichten müssen. Er habe Verträge, auch Arbeitsverträge, und Kündigungen in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber und Vertreter der Beklagten unterschrieben. Er habe zu Einstellungen und Verpflichtungen nicht die ausdrückliche vorherige Zustimmung aus „B“ einholen müssen. Sie meint, darauf komme es aber letztlich wegen der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, die das Arbeitsgericht verkannt habe,nicht an.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei dem Vertrag vom 1.März 2010 um einen Arbeitsvertrag handele. Er bestreitet, dass im Rahmen der Einstellungsgespräche über eine Tätigkeit als Organ bzw.über eine Bestellung zum Director gesprochen worden sei. Die Position Managing Director bezeichne in einer Investmentbank eine Hierarchieebene unterhalb der Geschäftsführung. Dem entspreche der der Einstellungszusage beigefügte Auszug aus dem Organisationshandbuch, nach welchem er für Projekte zuständig und dem „H“ berichtspflichtig sei, der seinerseits an den „Executive Chairman“ berichte. Das Arbeitsverhältnis sei tatsächlich als solches gelebt worden, er sei weisungsabhängig gewesen. Er habe keine umfangreichen Vertretungsbefugnisse gehabt.So habe er ohne vorherige Zustimmung aus B keine Einstellungen oder Kündigungen vornehmen dürfen und keine Projekte annehmen dürfen. Er habe keine Budgetverantwortung und keine Entscheidungskompetenz über Boni gehabt, er habe nur Verträge bis zu einem Betrag von 1.000 Euro selbstständig schließen dürfen. Er sei – was zwischen den Parteien unstreitig ist – weder bei der Aufstellung des Jahresabschlusses und der Entscheidung über die Gewinnverwendung noch bei der Ernennung weiterer Geschäftsführer beteiligt worden. Er sei auch nicht Vorgesetzter der anderen Directoren der Niederlassung C gewesen. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, zum Director der Beklagten bestellt worden zu sein.Jedenfalls sei der Beschluss nicht wirksam zustande gekommen, weil weder eine ordinary resolution im Sinn von sec. I des Companies Act 2006 ergangen noch ein Beschluss aller Directoren gefasst worden sei. Außerdem sei die Doppelstellung Director und ständiger Vertreter nicht zulässig. Die Registereintragung habe nur deklaratorische Bedeutung. Als Director sei er nicht zur Vertretung der Beklagten berufen. Eine Bestellung, über die er erst Mitte Juni 2010 – und damit nach Aufnahme seiner Tätigkeit als Arbeitnehmer - unterrichtet worden sei, habe das Arbeitsverhältnis nicht aufheben können.

II.

Die sofortige Beschwerde, über die das Beschwerdegericht bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheidet (§ 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG i.V.m.§ 78 Satz 3 ArbGG), ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Gegen den Rechtswegbeschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft (§ 17a Abs. 2, 4 GVG i.V.m. § 48 ArbGG). Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist eingelegt worden (§ 569 ZPO).

2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht angenommen.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und Buchst. b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG.

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten jedoch in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind. Für einen Rechtsstreit zwischen dem Vertretungsorgan und der juristischen Person sind nach dieser gesetzlichen Fiktion die Gerichte für Arbeitssachen nicht berufen.Die Fiktion der Norm gilt auch für das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, und zwar unabhängig davon, ob dieses materiell-rechtlich als freies Dienstverhältnis oder als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist. Auch wenn ein Anstellungsverhältnis zwischen der juristischen Person und dem Mitglied des Vertretungsorgans wegen dessen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung die ordentlichen Gerichte berufen (BAG 26. Oktober 2012 – 10AZB 60/12 – Rn. 16, DB 2012, 2699; BAG 23. August 2011 - 10AZB 51/10 - Rn. 12, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5Nr. 46; BAG 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 11, AP ArbGG 1979 §2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44). Die Fiktion des § 5Abs. 1 Satz 3 ArbGG soll sicherstellen, dass die Mitglieder der Vertretungsorgane mit der juristischen Person selbst dann keinen Rechtsstreit im „Arbeitgeberlager“ vor dem Arbeitsgericht führen, wenn die der Organstellung zugrunde liegende Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist (BAG 20.August 2003 - 5 AZB 79/02 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 107,165). Für Ansprüche der Klagepartei aus dem der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrag sind deshalb die ordentlichen Gerichte zuständig, wenn sie noch während der Geschäftsführerbestellung gerichtlich geltend gemacht werden (BAG 26. Oktober 2012 – 10 AZB 60/12 – Rn. 16, DB2012, 2699; 23. August 2011 - 10 AZB 51/10 - Rn. 12, AP ArbGG 1979§ 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46).

bb) Anders kann es jedoch dann liegen, wenn und soweit der Rechtsstreit nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis betrifft, sondern eine weitere Rechtsbeziehung besteht. Insoweit greift die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGGnicht ein (BAG 26. Oktober 2012 – 10 AZB 60/12 –Rn. 17, DB 2012, 2699, BAG 23. August 2011 - 10 AZB 51/10 - Rn. 13,AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 46). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Organvertreter Rechte auch mit der Begründung geltend macht, nach der Abberufung als Geschäftsführer habe sich das nicht gekündigte Anstellungsverhältnis - wieder - in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt (BAG 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - zu II 3 c der Gründe, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr.33).

cc) Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann ferner dann gegeben sein, wenn die Klagepartei Ansprüche aus einem auch während der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis nach Abberufung als Organmitglied geltend macht. Zwar liegt der Berufung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer einer GmbH eine vertragliche Abrede zugrunde, die regelmäßig als ein Geschäftsführer-Dienstvertrag zu qualifizieren ist und mit der das Arbeitsverhältnis grundsätzlich aufgehoben wird (vgl. bspw. BAG3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08 - Rn. 8, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 66 =EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 43; 5. Juni 2008 - 2 AZR 754/06 - Rn. 23, APBGB § 626 Nr. 211; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 10, BAGE 123,294). Zwingend ist dies aber nicht. Zum einen kann die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH auch auf einem Arbeitsvertrag beruhen. Zum anderen bleibt der Arbeitsvertrag bestehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer formlosen Abrede zum Geschäftsführer der GmbH bestellt wird, da eine wirksame Aufhebung des früheren Arbeitsverhältnisses die Einhaltung der Schriftform des § 623 BGB voraussetzt (vgl. BAG 15. März 2011 - 10 AZB32/10 - Rn. 12, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr.44). Ansprüche aus diesem Arbeitsvertrag können dann nach Abberufung aus der Organschaft und damit nach dem Wegfall der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend gemacht werden. Dies gilt auch für die während der Zeit der Geschäftsführerbestellung auf dieser arbeitsvertraglichen Basis entstandenen Ansprüche (BAG 23.August 2011 - 10 AZB 51/10 - Rn. 14, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzAArbGG 1979 § 5 Nr. 46).

Die Grundsätze gelten auch dann, wenn es um das abberufene Organ einer englischen Gesellschaft mit begrenzter Haftung geht.

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

aa) Die Beklagte kann sich nicht auf die Fiktion des § 5 Abs. 1Satz 3 ArbGG berufen.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger wirksam zum Director bestellt worden und ob er die beklagte Private Limited Company als Director gesetzlich oder aufgrund Gesellschaftsvertrags vertreten konnte. Er ist jedenfalls unstreitig am 25. April 2012 als Director abberufen worden. Die Beklagte hat die Abberufung behauptet und eine entsprechende Registeranmeldung vorgelegt (Bl. 139 d. A.). Der Kläger hat die Abberufung nicht bestritten, sondern nur gerügt,dass die Abberufung mit den Kündigungen verbunden worden wäre, wenn dem Arbeitsvertrag die Directoren-Bestellung zu Grunde gelegen hätte. Mit der Abberufung am 25. April 2012 ist die Fiktion des § 5Abs. 1 Satz 3 ArbGG weggefallen. Auf den Zeitpunkt der Löschung aus dem Register kommt es nicht an, denn die Registereintragung hat nur deklaratorische Wirkung. Das gilt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers auch für die Eintragung im englischen Gesellschaftsregister. Bei Klageeinreichung am 25. Mai 2012 und Klagezustellung am 1. Juni 2012 lagen die Voraussetzungen der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG damit nicht mehr vor.

Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Kläger als ständiger Vertreter nach englischem Recht oder nach ihrem Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Beklagten berufen ist. § 53KWG findet keine Anwendung (§ 53 b KWG).

bb) Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist für Stufenklage gegeben. Damit begehrt der Kläger Auskunft und Zahlung eines Bonus für das Jahr 2011. Er stützt diese Ansprüche auf das mit Vertrag vom 1. März 2010 zum 1. Juni 2010 begründete Arbeitsverhältnis. Dieses ist nicht aufgehoben worden. Dass der Bonusanspruch die Zeit betrifft, in welcher er nach dem Vortrag der Beklagten zum Director bestellt war, ist unerheblich.

(1) Mit dem Arbeitsvertrag vom 1. März 2010 ist ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dies gilt auch dann, wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, dass Gegenstand des Vertrags ausschließlich die Tätigkeit als Director gewesen ist.

(a) Durch den Vertrag über die Anstellung zum Zwecke des Tätigwerdens als Vertretungsorgan wird regelmäßig ein freies Dienstverhältnis begründet, im Einzelfall kann es sich aber auch um ein Arbeitsverhältnis handeln (BAG 6. Mai 1999 – 5 AZB22/98 – AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33zu II 2 der Gründe; BAG 26. Mai 1999 – 5 AZR 664/98 –AP GmbHG § 35 Nr. 10, zu III 1 der Gründe). Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien zur Abgrenzung vom freien Dienstverhältnis (BAG 26. Mai 1999 – 5 AZR 664/98 –AP GmbHG § 35 Nr. 10, zu III 1 der Gründe).

Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Arbeitsverhältnis und das freie Dienstverhältnis unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet. Der Arbeitnehmer ist in die Arbeitsorganisation eingegliedert und unterliegt dem Weisungsrecht, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (BAG 25. Mai 2005 –5 AZR 347/04 –Rn. 15, BAGE 115,1).

Haben die Parteien ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist der Vertrag als solches einzuordnen (BAG 12.September 1996 – 5 AZR 1066/94NZA 1997,194).

(b) Nach diesen Grundsätzen ist das Anstellungsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.

Das gilt schon deshalb, weil der Vertrag vom 1. März 2010 als „Arbeitsvertrag“ und der Kläger darin durchweg als Arbeitnehmer bezeichnet ist. Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, dass die Bezeichnung darauf zurückzuführen sei, dass die englische Sprache den Unterschied zwischen Anstellungsvertrag und Arbeitsvertrag nicht kenne. Dieser Einwand kann nur die englische Bezeichnung „Employment Agreement“ erklären, nicht aber die Bezeichnung als „Arbeitsvertrag“. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des LAGBerlin-Brandenburg vom 20. April 2010 – 12 Sa 2744/09 –berufen. Anders als in dem Fall, welcher dem LAG Berlin-Brandenburg zur Entscheidung vorlag, war der Kläger vor Abschluss des Arbeitsvertrags vom 1. März 2010 weder als Director der Beklagten eingetragen noch als solcher für diese tätig.

Darüber hinaus unterscheidet sich der Vertrag – wie schon das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – deutlich von einem (Geschäftsführer)-Anstellungsvertrag. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Begründung des Arbeitsgerichts unter II des Beschlusses vom 2. August 2012 (S. 7.f.) (Bl. 125 R,126 d.A.) Bezug genommen. Der Einwand der Beklagten, die weiteren Regelungen ergäben sich unter anderem daraus, dass der Kläger als Director eines englischen Finanzinstitutes der englischen Bankenaufsicht unterliege, ist nicht nachvollziehbar und unerheblich. Sollte die Beklagte damit meinen, dass ein Director eines englischen Finanzinstituts weisungsabhängig sein muss, um die Anforderungen der englischen Bankenaufsicht zu erfüllen, spräche dies erst recht für das Bestehen eines Arbeitsvertrags.

Unbeachtlich ist die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger sämtliche Verantwortungen, Freiheiten und Entscheidungsbefugnisse,die für einen gesetzlichen Vertreter, „Managing Director“ und „Co-Head“ typisch und charakterisierend seien, besessen habe, und dass er in der Einteilung seiner Arbeitszeit und Anwesenheit im Büro in C völlig frei gewesen sei. Ein Arbeitsverhältnis wird nicht dadurch zum freien Dienstverhältnis, dass der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nicht ausübt (BAG 12. September 1996 – 5 AZR 1066/94– NZA 1997, 194). Es kommt aus diesem Grund auch nicht darauf an, ob der Kläger berechtigt gewesen ist, Arbeitsverträge oder sonstige Verträge ohne vorherige Zustimmung der Beklagten abzuschließen. Eine solche Befugnis kann im Übrigen auch ein Angestellter haben.

(2) Das Arbeitsverhältnis ist nicht aufgehoben worden, auch wenn der Kläger Mitte Juni 2010 zum Director bestellt worden sein sollte. Es ist nicht substantiiert dargelegt, dass anlässlich der Bestellung zum Director eine Abrede getroffen worden ist. Der Kläger hat behauptet, dass ihm die Bestellung schriftlich mitgeteilt worden sei. Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Bestellung zum Director der Vertrag vom 1. März 2010 zu Grunde liegt. Selbst wenn eine Abrede über die Tätigkeit als Organ (konkludent) getroffen worden wäre, wäre mangels Einhaltung der Schriftform (§ 623 BGB) der Arbeitsvertrag nicht wirksam aufgehoben worden.

(3) Schließlich steht der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nicht entgegen, dass der Bonusanspruch für das Jahr 2011 begehrt wird, in dem der Kläger nach der nach der Behauptung der Beklagten Director war. Nach Abberufung aus der Organschaft können Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag geltend gemacht werden.Dies gilt auch für die während der Zeit der Geschäftsführerbestellung auf dieser arbeitsvertraglichen Basis entstandenen Ansprüche (BAG 23. August 2011 - 10 AZB 51/10 -Rn. 14, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 69 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr.46).

3. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihre Beschwerde erfolglos geblieben ist (§ 97 Abs. 1ZPO). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 78 Satz 2,72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Zitate16
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte