OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.01.2013 - 1 AK 76/12
Fundstelle
openJur 2013, 16121
  • Rkr:
Tenor

1. Die Auslieferung des Verfolgten nach Frankreich zur Strafverfolgung aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12. Oktober 2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) wird für zulässig erklärt, soweit dies nicht die Vorwürfe

- der Beihilfe zur unerlaubten Einreise, zum unerlaubten Aufenthalt und Personenverkehr in krimineller Vereinigung (Nr. 1 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12. Oktober 2012) und

- des fehlenden Einkommensnachweises (Nr. 2 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12. Oktober 2012)

betrifft. Bezüglich dieser beiden Vorwürfe ist die Auslieferung nicht zulässig.

2. Es wird festgestellt, dass die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 17. Dezember 2012, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen ist.

3. Die Auslieferungshaft hat fortzudauern.

4. Soweit der Senat die Auslieferung für unzulässig erklärt hat, fallen die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Verfolgten der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

Gegen den Verfolgten besteht ein Europäischer Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06), aus welchem sich ergibt, dass gegen den Verfolgten unter dem mit Höchststrafen von bis zu 30 Jahren strafbewehrten Vorwurf unter anderem des Rauschgifthandels, der illegalen Einfuhr von Suchtstoffen in krimineller Vereinigung und der Geldwäsche ein national gültiger Haftbefehl des Gerichts in Nancy vom 11.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) besteht. Der gegen den Verfolgten erhobene Vorwurf wird dort nebst rechtlicher Würdigung wie folgt umschrieben:

Der Verfolgte hat bei seiner richterlichen Anhörungen am 16.10.2012 und 12.11.2012 einer vereinfachten Auslieferung nicht zugestimmt und über seinen Rechtsbeistand mit Schriftsätzen vom 05.11.2012 und 13.01.2013 Einwendungen gegen seine Auslieferung erhoben. So hat er geltend gemacht, der Europäische Haftbefehl entspreche nicht den Anforderungen des § 83 a Abs.1 Nr. 4 IRG (richtig § 83 a Abs.1 Nr. 5 IRG) und die von den französischen Justizbehörden vorgelegten Beweismittel würden weder die Annahme eines dringenden Tatverdachts rechtfertigen noch eine zureichende Beschreibung der dem Verfolgten vorgeworfenen Beteiligung an der kriminellen Vereinigung enthalten.

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat am 17.12.2012 beantragt, die Auslieferung des Verfolgten im nachgesuchten Umfang für zulässig zu erklären. Zugleich hat sie entschieden, dass nicht beabsichtigt sei, Bewilligungshindernis geltend zu machen. Auf Veranlassung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat das Landgericht Nancy mit Schreiben vom 23.11.2012 eine ausführliche ergänzende Stellungnahme zum Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) vorgelegt, auf welche wegen der Einzelheiten verwiesen wird und zu welcher dem Rechtsbeistand des Verfolgten am 27.12.2012 rechtliches Gehör gewährt wurde. Außerdem befinden sich in den dem Senat vorliegenden Akten Ermittlungsberichte der Staatsanwaltschaft Freiburg und ihr nachgeordneter Polizeidienststellen, welche vor allem das durch die deutsch-französische Ermittlungsgruppe (JIT - Joint Investigation Team) koordinierte und am 16.10.2012 in Frankreich, Deutschland und der Schweiz gegen den Verfolgten und weitere Tatverdächtige durchgeführte Durchsuchungs- und Festnahmemaßnahmen betreffen.II.

Die Auslieferung des Verfolgten nach Frankreich aufgrund des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig, da die Auslieferungsvoraussetzungen vorliegen und Auslieferungshindernisse nicht bestehen. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf seine Beschlüsse vom 22.10.2012 und 09.11.2012 Bezug.

1. Dabei genügt der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) den Anforderungen des § 83a Abs. 1 IRG. Nach § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG muss ein Europäischer Haftbefehl eine Beschreibung der Umstände enthalten, unter welchen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person. Hierzu ist es notwendig, dass die Haftanordnung eine ausreichende Konkretisierung des Tatvorwurfs enthält, welche einen zureichenden Rückschluss auf das dem Verfolgten vorgeworfene Geschehen ermöglicht (Senat StV 2007, 650; 2005, 232). Auch wenn - wie vorliegend der Fall - der ersuchende Staat ein Verhalten als Katalogtat nach Art. 2 Abs. 2 RbEuHb i.V.m. § 81 Nr.4 IRG bezeichnet, muss die Ausschreibung eine Schlüssigkeitsprüfung dahingehend ermöglichen, ob die Sachdarstellung einen nachvollziehbaren Rückschluss hierauf zulässt (Senat StV 2007, 139). Dabei kann - wie hier erfolgt - im Zulässigkeitsverfahren eine weitere Konkretisierung geboten sein, wenn aufgrund konkreter und rechtlich erheblicher Einwendungen des Verfolgten hierzu Anlass besteht (Senat StV 2008, 429).

Eine Einschränkung der Anforderungen an die Konkretheit der im Europäischen Haftbefehl beschriebenen Taten ist jedoch auch und vor allem dann veranlasst, wenn dem Verfolgten nicht die Begehung einer einzelnen oder mehrerer individualisierbarer Straftaten zur Last liegt, sondern ihm über längere Zeit andauernde organisiert durchgeführte Serienstraftaten vorgeworfen werden, insbesondere dann, wenn der ersuchende Staat dem Verfolgten neben der Begehung von Einzelstraftaten auch die gleichzeitige Begehung eines Organisationsdelikts vorwirft. Insoweit reicht es aus, wenn sich aus dem Europäischen Haftbefehl und ggf. den weiteren Auslieferungsunterlagen neben den in Betracht kommenden Tatzeiten und Tatörtlichkeiten eine hinreichende Schilderung der Strukturen der Organisation sowie der Art und des Umfangs der Einbindung des Verfolgten in diese sowie eine nähere Schilderung des Ablaufs der Serienstraftaten ergibt. Die Auslieferungsunterlagen müssen dabei jedoch so konkretisiert sein, dass sie überhaupt einen zureichenden Rückschluss auf das dem Verfolgten vorgeworfene Geschehen ermöglichen, so dass dieses von anderen Tatvorwürfen abgrenzbar ist. Weiter ist erforderlich, dass für den Verfolgten Art und Ausmaß der gegen ihn erhobenen Vorwürfe so hinreichend deutlich erkennbar wird, dass er sich hierauf einrichten und hiergegen verteidigen kann (vgl. hierzu Senat, Beschlüsse vom 08.11.2012, 1 AK 19/12, und vom 10.06.2011, 1 AK 23/11; zur Einschränkung der Anforderungen an eine Tatbeschreibung bei einer Mehrzahl gleichgelagerter oder ähnlicher Straftaten auch im deutschen Recht vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage 2012, § 264 Rn. 7b).

Diesen Anforderungen wird der Europäische Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) in Verbindung mit den weiter nachgereichten Auslieferungsunterlagen sowie den ergänzend berücksichtigbaren Erkenntnissen deutscher Justiz- und Polizeibehörden gerecht. Hiernach ist davon auszugehen, dass der Verfolgte verdächtig ist, seit 2010 Mitglied oder Unterstützer einer albanischen Tätergruppierung gewesen zu sein, welche im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz einen schwunghaften illegalen Handel mit Drogen, insbesondere mit Heroin organisiert hat. Allein bei den am 16.10.2012 durchgeführten Ermittlungs- und Durchsuchungsmaßnahmen, bei welchen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz insgesamt 55 Haftbefehle vollstreckt wurden, konnten unter anderem neun Kilogramm Heroin und drei Kilogramm Kokain sichergestellt werden. Während die Organisation durch die albanischen Staatsangehörigen A. P. und A. G. geleitet worden und vor allem in Frankreich tätig geworden sei, sei der in der Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Verfolgte - so der im Europäischen Haftbefehl erhobene Vorwurf - vor allem für die Besorgung von Streckmitteln, die Bereitstellung von Fahrzeugen zum Rauschgifttransport und für den Transport von Finanzmitteln zuständig und eingesetzt gewesen.

Bei dieser Sachlage sieht der Senat - auch wenn im Europäischen Haftbefehl nicht alle der Organisation und dem Verfolgten zurechenbaren Tathandlungen im Einzelnen aufgeführt werden - den Grundsatz der Spezialität als gewahrt an, denn es ist ersichtlich, dass sich das Auslieferungsersuchen nur auf solche Taten bezieht, welche dem Verfolgten seit 2010 im Zusammenhang mit bzw. in Unterstützung der albanischen Tätergruppierung im Bereich des Rauschgifthandels vorgeworfen werden.

2. Die dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten sind nach § 81 Nr. 1 und Nr. 4 i.V.m. § 3 IRG auch auslieferungsfähig. Da die französischen Justizbehörden die dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten nachvollziehbar als den Deliktsgruppen des Art. 2 Abs. 2 RbEuHb zugehörig bezeichnet haben (Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung; Illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen), ist das Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit nicht zu prüfen (§ 81 Nr. 4 IRG). Soweit es die Tatvorwürfe der illegalen Einfuhr von verbotenen Waren und des Schmuggelhandels mit verbotenen Waren, jeweils in krimineller Vereinigung (Nr. 5 und Nr. 6 des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012) betrifft, geht der Senat davon aus, dass sich diese rechtlichen Bewertungen auf den Vorwurf des illegalen Handels mit Drogen beziehen und auch insoweit das Merkmal der beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist. Im Übrigen wurden diese Straftatbestände im Rahmen eines den Tatzeitraum umfassenden Dauerdelikts der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung begangen, so dass eine Aufgliederung in Einzelhandlungen eine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen geschichtlichen Lebensvorganges darstellen würde (Senat, Beschluss 08.11.2012,1 AK 19/12; vgl. auch OLG Dresden NStZ-RR 2011, 181), es sich mithin um eine einheitliche Tat handelt. Dies gilt - unbeschadet der strafrechtlichen Bewertung nach § 261 StGB - auch für den Vorwurf der Geldwäsche (Nr. 8 des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012). Zudem wäre das Verhalten des Verfolgten auch nach deutschem Recht jedenfalls nach den Grundsätzen des uneigentlichen Organisationsdelikts als strafbar anzusehen (vgl. hierzu Senat, Beschluss 08.11.2012,1 AK 19/12; BGHSt 49, 177; BGH wistra 2008, 261; StraFo 2012, 72).

3. Soweit der Verfolgte im Schriftsatz seines Verteidigers vom 13.01.2013 ausführt, die von den französischen Justizbehörden vorgelegten Auslieferungsunterlagen könnten die Annahme eines dringenden Tatverdachts nicht begründen, kann er hiermit im Auslieferungsverfahren nicht gehört werden. Insoweit beanstandet der Rechtsbeistand das Vorliegen des Tatverdachts, welcher nach dem formellen Prüfungsprinzip im Auslieferungsverkehr nur bei Vorliegen besonderer Umstände vom ersuchten Staat nachgeprüft wird. Solche besonderen Umstände vermag der Senat hier nicht zu erkennen(vgl. § 10 Abs. 2 IRG; Senat NStZ 1990, 241; Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, § 10 IRG Rn. 32, 36 ff. m.w.N.).

4. Auslieferungshindernisse nach § 73 Satz 2 IRG liegen nicht vor und wurden im Übrigen auch nicht geltend gemacht. Ein solches Hindernis ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verfolgte durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.01.2011 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Marihuana) zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde, weil er am 25.02.2010 als Beifahrer eines Pkw in der Bremer Straße in Frankfurt a.M. 79,94 Gramm Marihuana bei sich geführt hatte. Insoweit handelt es sich nicht um dieselbe Tat im Sinne von § 83 Nr.1 IRG, weil ausweislich der gerichtlichen Feststellung das Marihuana zum Eigenverbrauch des Verfolgten bestimmt war und damit schon deshalb kein Komplex konkreter, unlösbar miteinander verbundener Umstände zwischen der vom Amtsgericht Frankfurt abgeurteilten und den dem Verfolgten von den französischen Justizbehörden vorgeworfenen Straftaten besteht (vgl. EuGH EuGRZ 2006, 572 van Esbroeck; siehe hierzu auch Senat, Beschl. vom 10.01.2013, 1 AK 91/12).

III.

Soweit die französischen Justizbehörden dem Verfolgten im Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nancy vom 12.10.2012 (N´Parquet: 1029100014 - N´Instruction; JIRSCC 10/06) in rechtlicher Hinsicht auch Beihilfe zur unerlaubten Einreise, zum unerlaubten Aufenthalt und Personenverkehr in krimineller Vereinigung (Nr. 1 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl) und fehlenden Einkommensnachweis (Nr. 2 der rechtlichen Würdigung im Europäischen Haftbefehl) vorwerfen, erweist sich die Auslieferung des Verfolgten schon aus formalen Gründen als nicht zulässig (§ 83a Abs.1 IRG). Insoweit hat auch die von der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe angeforderte ergänzende Erklärung der französischen Justizbehörden vom 23.11.2012 keine nachvollziehbaren Erkenntnisse darüber ergeben, ob und ggf. durch welche Tathandlungen der Verfolgte diese Tatbestände entweder selbst verwirklicht oder die vor allem in Frankreich tätige albanische Tätergruppierung hierbei vorsätzlich und wissentlich unterstützt haben soll.

IV.

Die vom Senat nach § 79 Abs. 2 Satz 3 IRG zu überprüfende Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 17.12.2012, keine Bewilligungs-hindernisse geltend machen zu wollen, ist rechtsfehlerfrei getroffen. Sie ermöglicht dem Senat die gebotene Überprüfung, ob die Bewilligungsbehörde die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 83b IRG zutreffend beurteilt hat und sich bei Vorliegen von Bewilligungshindernissen des ihr eingeräumten Ermessens unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände des Einzelfalles bewusst war. In die Ermessensabwägung wurden keine die Entscheidung maßgeblich beeinflussenden unzulässigen Erwägungen eingestellt. Die wesentlichen Gesichtspunkte wurden ausdrücklich bedacht und die in dem Bescheid aufgeführten und erkannten Gesichtspunkte abwägend gegenübergestellt (Senat NJW 2007, 2567 ff. und Beschluss vom 13.3.2007,1 AK 28/06).

1. Nach § 83 b Abs. 2 Satz 1 lit. a IRG kann die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, abgelehnt werden, wenn bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 IRG nicht zulässig wäre. Vorliegend sind - wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Entschließung rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen diese möglichen Bewilligungshindernisses nicht erfüllt.

Zutreffend geht die Generalstaatsanwaltschaft dabei zunächst davon aus, dass der in G.-W. wohnhafte Verfolgte über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland im Sinne des § 83 b Abs. 2 Satz 1 IRG verfügt, zumal er seit 1990 in der Bundesrepublik Deutschland lebt und ordnungsgemäß gemeldet ist. Auch ihre Bewertung, dass die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 IRG nicht unzulässig wäre, ist rechtlich zutreffend, denn die dem Verfolgten vorgeworfene Handlung weist bereits einen maßgeblichen Auslandsbezug im Sinne des § 80 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 IRG auf. Dieser ergibt sich vorliegend daraus, dass dem Verfolgten nach § 80 Abs. 1 Satz 2 2. Hs IRG die Begehung einer schweren Tat mit typischerweise grenzüberschreitendem Charakter vorgeworfen wird, welche - wie in der Entschließung vom 17.12.2012 zutreffend dargelegt ist -zumindest teilweise auch auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates begangen wurde. Einen typischerweise grenzüberschreitenden Charakter weisen nicht nur die im Rahmen des organisierten Drogenhandels begangenen Einzelstraftaten auf (so BVerfGE 113, 273, 303), sondern bereits der Zusammenschluss zu einer solchen Organisation, wenn dieser - wie hier - auf die dauerhaft angelegte Durchführung schwerer grenzüberschreitender Drogendelikte angelegt ist (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 12.07.2011, 1 AK 21/11).

Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe zu Recht von dem Vorliegen einer Tat mit maßgeblichem Auslandsbezug nach §§ 83 b Abs.2 Satz 1 lit. a i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 IRG ausgegangen ist und in ihrer Entschließung vom 17.12.2012 ausgeführt hat, es sei beabsichtigt, die Bewilligung der Auslieferung mit einem Rücküberstellungsvorbehalt zu versehen, durfte sie die Bewilligung der Auslieferung aus diesem Grund nicht mehr versagen. Denn bei einem Deutschen ist bei Taten mit maßgeblichem Auslandsbezug eine Auslieferung dann zulässig, wenn - wie hier - seine Rücküberstellung gesichert ist, § 80 Abs.1 Nr.1 IRG (vgl. hierzu Senat NJW 2007, 2567). In welcher Form die Generalstaatsanwaltschaft im Rahmen der ihr obliegenden Bewilligung der Auslieferung die nach §§ 83 b Abs. 2 Satz 1 lit. a, 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG gebotene Sicherung der Rücküberstellung bewirkt, obliegt ihrer Entscheidung. Neben der Einholung einer vorherigen ausdrücklichen Zusicherung des ersuchenden Staates reicht es auch aus, wenn die Bewilligungsbehörde - wie hier beabsichtigt - in einem Begleit- oder Bewilligungsschreiben die Überstellung des Verfolgten mit dieser Maßgabe erklärt und die Übernahme des Verfolgten daraufhin erfolgt (Senat StV 2005, 32; vgl. OLG Celle StV 2005, 231; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.11.2006, III-4 Ausl (A) 80/06; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.12.2004, 2 Ausl (A) 69/04; Böse in: Grützner/Pötz/Kress, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., § 80 IRG Rn. 5; vgl. auch BT-Drucks. 16/1024 S. 14 und 15/1718 S. 16).

2. Auch soweit die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe beabsichtigt, die Bewilligung der Auslieferung des Verfolgten nicht deshalb zu versagen, weil die dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten auch der deutschen Strafgewalt unterfallen, sei es wegen sich aus § 6 Nr. 5 StGB ergebenden internationalen Zuständigkeit, sei es, weil sie jedenfalls teilweise auch in der Bundesrepublik Deutschland begangen worden sein dürften, ist ihre Entschließung ebenfalls rechtsfehlerfrei getroffen.

Nach § 83b Abs. 1 Satz 1 lit. a IRG kann die Bewilligung der Auslieferung abgelehnt werden, wenn gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird. Eine solche Ablehnungsmöglichkeit besteht auch dann, wenn gegen den Verfolgten die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsverfahren zugrunde liegt, abgelehnt oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde, § 83 b Abs. 1 Satz 1 lit. b IRG. Gleiches gilt schließlich, wenn aufgrund des Legalitätsprinzip ein solches Verfahren an sich durch die zuständige Staatsanwaltschaft eingeleitet werden müsste, dies bislang jedoch nicht veranlasst ist. Insoweit reicht es aus, wenn die Generalstaatsanwaltschaft - wie hier - nur hypothetische Erwägungen anstellt, aus welchem Grund sie ein diesbezügliches Bewilligungshindernis nicht geltend machen wird.

Dabei hat die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe rechtsfehlerfrei bedacht (zu den Kriterien vgl. BT-Drucks. 16/10/24 S.13; Böse, a.a.O, § 83 b IRG Rn. 4), dass die dem Verfolgten von den französischen Justizbehörden vorgeworfenen Straftaten Gegenstand eines größeren und sich gegen eine Vielzahl von Personen richtenden Ermittlungskomplexes sind und eine gemeinsame Verfahrensbehandlung und ggf. Aburteilung sachgerecht ist. Hinzu kommt, dass sich die maßgeblichen sachlichen Beweismittel bezüglich der albanischen Tätergruppierung in Frankreich befinden und ein isoliertes Verfahren in Deutschland deshalb unter Wahrung des Strafverfolgungsinteresses nicht sachgerecht durchführbar wäre.

Den familiären und sozialen Belangen sowie dem Resozialisierungsinteresse des Verfolgten wird im Übrigen - was die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe ebenfalls bedacht hat - durch den beabsichtigten Rücküberstellungsvorbehalt ausreichend Rechnung getragen.V.

Die Auslieferungshaft hat fortzudauern. Es besteht auch weiterhin die erhebliche und anderweitig nicht abwendbare Gefahr, dass der Verfolgte versuchen würde, sich der Auslieferung oder der Durchführung der Auslieferung zu entziehen. In Anbetracht der erheblichen Tatvorwürfe, insbesondere auch der Einbindung des Verfolgten in die im Europäischen Haftbefehl bezeichnete kriminelle Organisation, scheiden mildere Mittel zur Sicherung der Haftzwecke derzeit aus.