VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - 1 S 1258/12
Fundstelle
openJur 2013, 15331
  • Rkr:

1. Bei Anwendung der qualifizierten Subsidiaritätsklausel des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO (juris: GemO BW) ist auf der Grundlage einer interessenabwägenden, die Belange der Privat- und der Kommunalwirtschaft gleichermaßen berücksichtigenden Betrachtungsweise zu entscheiden, ob die wirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde unter den Begriff der Daseinsvorsorge fällt.

2. Eine Tätigkeit, die schwerpunktmäßig im Erwerb, der Bebauung und der Veräußerung von Grundstücken besteht, kann nur dann der Daseinsvorsorge zugeordnet werden, wenn die Art der geplanten Bebauung Zwecken der Daseinsvorsorge dient.

3. Die bloße Benennung der städtebaulichen Entwicklung als Gesellschaftszweck eines wirtschaftlichen Unternehmens mit kommunaler Beteiligung schließt die Anwendung des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO (juris: GemO BW) nicht aus. Für den Ausschluss ist vielmehr erforderlich, dass das Unternehmen tatsächlich Tätigkeiten von einigem Gewicht wahrnimmt, die der Daseinsvorsorge zugeordnet werden können und die zudem der erwerbswirtschaftlichen Betätigung außerhalb der Daseinsvorsorge nicht völlig untergeordnet sind.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Mai 2012 - 6 K 2728/11 - geändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet, es zu unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf gerichtet sind, dass sie selbst oder ein Unternehmen, an dem sie unmittelbar oder mittelbar über eine von ihr beherrschte Gesellschaft beteiligt ist, Eigentum an den Grundstücken FISt.-Nrn. ..., ... der Gemarkung Baden-Baden erwirbt, solange in der Hauptsache nicht rechtskräftig über den Unterlassungsanspruch entschieden worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt 1/10, die Antragsgegnerin 9/10 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.830.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung von der Antragsgegnerin die Unterlassung des Erwerbs von Eigentum an zwei Grundstücken.

Die Antragstellerin ist ein überwiegend als Bauträgerin tätiges Wohnungsbauunternehmen. Ihr Geschäftsfeld besteht u.a. in dem Erwerb von bebauten und unbebauten Grundstücken, deren Bebauung vornehmlich mit Geschosswohnungsbauten, Reihen- und Doppelhäusern sowie der Veräußerung der Wohnungen und Häuser.

Die Beigeladene, eine gemeinnützige Gesellschaft, ist Eigentümerin zweier Grundstücke in zentraler Lage in Baden-Baden (FlSt.-Nrn. ... und ...). Für diese im unbeplanten Innenbereich gelegenen Grundstücke besteht derzeit noch keine Bauleitplanung der Antragsgegnerin; es wurde lediglich ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst.

Seit dem Frühjahr 2011 suchte die Beigeladene Käufer für ihre Grundstücke, um mit dem Kaufpreis den Neubau eines von ihr betriebenen Pflegeheims in Baden-Baden-Oos zu ermöglichen. Neben der Antragstellerin meldete auch die Antragsgegnerin Interesse an diesen Grundstücken an.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 14.10.2011 erwarb die ... ... ... ...-... oHG von der Beigeladenen die streitigen Grundstücke zu einem Kaufpreis von 5.660.000,-- €. Ein Kaufangebot der Antragstellerin über zuletzt 6,3 bzw. 6,6 Mio. € nahm die Beigeladene nicht an. Der Kaufvertrag sieht vor, dass der Kaufpreis in insgesamt vier Raten zu zahlen ist (vgl. §§ 4, 5 des Kaufvertrags). Die erste Rate wurde am 01.02.2012, die zweite Rate am 01.07.2012 zur Zahlung fällig, die dritte Rate wird frühestens zum 01.01.2013 und die letzte Rate bei vertragsgerechter Räumung und Übergabe des Kaufobjekts zur Zahlung fällig. Nach § 9 Ziff. 2 des Kaufvertrags sind die Vertragsparteien verpflichtet, unverzüglich nach Kaufpreiszahlung die Auflassung zu erklären und die Eigentumsumschreibung zu bewilligen. In § 10 Ziff. 2 des Kaufvertrags erfolgte eine wechselseitige Bevollmächtigung der den Vertrag schließenden Parteien, die Auflassung zu erklären und entgegenzunehmen.

§ 10 Ziff. 6 Satz 1 des Vertrags bestimmt ferner, dass die Vollmachten zur Auflassung, Bewilligung der Eigentumsumschreibung und Löschung der Vormerkung unwiderruflich sind.

Bei der Käuferin handelt es sich um einen Zusammenschluss zwischen der Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung Baden-Baden mbH - im Folgenden: GSE -, die zu 100 % von der Antragsgegnerin gehalten wird, und der Privatfirma ... ... GmbH & Co. KG. Der am 11.07.2005 geschlossene notarielle Gesellschaftsvertrag der ... ... ... ... oHG sah zunächst als Gesellschaftszweck u.a. vor, das Grundstück FlSt.-Nr. ... in Baden-Baden-Lichtental zu erwerben sowie die Errichtung, die ganze oder teilweise Aufteilung nach dem WEG, den Verkauf – auch als Bauträger im Sinne von § 34 c GewO – und die Vermietung einer Wohnanlage für betreutes Wohnen auf diesem Grundbesitz (vgl. § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 11.07.2005). Der geänderte Gesellschaftsvertrag vom 13.10.2011 sieht - neben einer Umbenennung in ... ... ... ... oHG - als Gesellschaftszweck u.a. den Erwerb der streitigen Grundstücke sowie die städtebauliche Entwicklung, die Errichtung von Gebäuden, die ganze oder teilweise Aufteilung nach dem WEG und den Verkauf – auch als Bauträger im Sinne von § 34 c GewO – auf diesem Grundbesitz vor (vgl. § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 13.10.2011). Die Antragsgegnerin und die ... ... GmbH & Co. KG sind an der Gesellschaft jeweils mit einer Einlage von 50.000,-- € beteiligt (vgl. § 4). Gesellschafterbeschlüsse werden gemäß § 7 des Gesellschaftervertrags einstimmig gefasst; die Geschäftsführung der Gesellschaft erfolgt durch alle Gesellschafter gemeinschaftlich (§ 8).

In der Gemeinderatsbeschlussvorlage 11.305 vom 11.07.2011, die der Änderung des genannten Gesellschaftsvertrags zugrunde lag, heißt es zur Begründung:

„[…] Für die Entwicklung des Gebietes und die Ausgestaltung des Bebauungsplanes ist deshalb auch ein Wettbewerb beabsichtigt, um eine möglichst optimale Lösung zu erzielen. Dabei ist eine einheitliche städtebauliche Oberplanung erforderlich, die eine auch unter ökologischen Gesichtspunkten optimierte Erschließung des Gebietes ermöglicht. Dabei haben die Erfahrungen bei der Entwicklung der Cité gezeigt, dass zur Durchsetzung der Ziele die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ausreichen, vielmehr eine Eigentümerstellung erforderlich ist. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf eine Herabzonung der Kubatur von Baulücken auf dem Flurstück-Nr. ... im Verhältnis zur Umgebungsbebauung, zum bisherigen Bestand bzw. zu erteilten Vorbescheiden als möglichem Ergebnis eines Wettbewerbs, die im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens im Hinblick auf die Abwägung mit Eigentümerbelangen an Grenzen stößt, bzw. angreifbar und damit mit Rechtsunsicherheiten behaftet ist. Auch ließen sich bestimmte gestalterische Anforderungen als Ergebnis eines Wettbewerbs, die in einem Bebauungsplanverfahren möglicherweise nicht umzusetzen wären, durch die Eigentümerstellung erreichen.

Mit der Eigentümerstellung kann auch die konzeptgetreue Umsetzung durch Errichtung und Verkauf von Gebäuden als Ergebnis des Wettbewerbs auf den Flurstücken ..., ... sichergestellt und damit auch einer abweichenden Bauausführung vorgebeugt werden.

Auch wäre eine behutsame inhaltliche und zeitliche Realisierung und die Vermeidung von Grundstückspreisspekulationen mit negativen Auswirkungen auf den Grundstücksmarkt gewährleistet.“

Am 10.10.2011 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Karlsruhe einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zuletzt hat sie beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzugeben, es zu unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf gerichtet sind, dass sie selbst oder ein Unternehmen, an dem sie unmittelbar oder mittelbar über eine von ihr beherrschte Gesellschaft beteiligt ist, Eigentum an den Grundstücken FIst.-Nrn. ..., ... der Gemarkung Baden-Baden erwirbt, es mithin insbesondere zu unterlassen, sich selbst oder sich mit einem von ihr beherrschten Unternehmen wie der GSE an einem Unternehmen wie der ... ... ... ... oHG zu beteiligen, dessen Zweck es ist, die Grundstücke FIst.-Nrn. ... und ... der Gemarkung Baden-Baden zu erwerben, und es insbesondere zu unterlassen, selbst oder durch ein Unternehmen, an dem sie unmittelbar oder mittelbar über eine von ihr beherrschte Gesellschaft beteiligt ist, mit der Beigeladenen einen Kaufvertrag über die Grundstücke FIst.-Nrn. ..., ... der Gemarkung Baden-Baden zu schließen, jeweils solange in der Hauptsache nicht rechtskräftig über ihren Unterlassungsanspruch entschieden worden ist.

Zur Begründung hat sie geltend gemacht, ihr stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 102 Abs. 1 GemO zu. Die Antragsgegnerin handele bei dem Erwerb der Grundstücke entgegen den Vorgaben des § 102 Abs. 1 Nr. 1 GemO. Es fehle am öffentlichen Zweck, da die Antragsgegnerin im Ergebnis als Bauträgerin tätig werde und ihre Tätigkeit – vermittelt über ihre Beteiligung an der GSE und der ... ... ... ... oHG – nicht den besonderen Interessen der Allgemeinheit bzw. den Einwohnern diene. Er ergebe sich insbesondere nicht aus der Bauleitplanung, da diese nicht Unternehmensgegenstand sein könne. Auch die weiteren Zielsetzungen der oHG – Sicherstellung gestalterischer Vorgaben und Wahrung eines gesunden Grundstücksmarkts – rechtfertigten angesichts der privaten Beteiligung der ... ... GmbH & Co. KG ein solches Unternehmen ebenso wenig wie der Umstand, dass der Antragsgegnerin ausreichend Planungsinstrumente zur Verfügung stünden, die Grundstücksverhältnisse entsprechend zu ordnen.

Die Beteiligung der Antragsgegnerin an der oHG sei auch nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO unzulässig. Die Vorschrift sei anwendbar, da die Antragsgegnerin außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge tätig werde. Nach der Begründung der Antragsgegnerin in der Sitzungsvorlage stehe der Erwerb der Grundstücke, deren Bebauung und Wiederverkauf eindeutig im Vordergrund. Diese Tätigkeit gehöre nicht zur Bauleitplanung und stelle sich damit auch nicht als Daseinsvorsorge dar. Es handle sich vielmehr um eine schlichte Bauträgertätigkeit, für die sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht ein ausreichendes Angebot des örtlichen Mittelstandes bzw. allgemein der Privatwirtschaft bestehe.

Die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs lägen ebenfalls vor. Die Antragsgegnerin habe nicht nachgewiesen, dass private Anbieter den Kauf, die Entwicklung, die Aufteilung und den Verkauf des Areals nicht ebenso gut und wirtschaftlich leisten könnten wie sie selbst. Soweit die Antragsgegnerin dies unter Hinweis darauf, dass sich eine „Herabzonung“ des Areals besser bewerkstelligen lasse, wenn sie selbst Eigentümerin sei, in den Raum stelle, verkenne sie bereits den Bezugspunkt des in diesem Zusammenhang anzustellenden Leistungsvergleichs. Gegenüberzustellen seien nämlich die Leistungen der oHG einerseits und die des privaten Anbieters andererseits. Richtigerweise hätte die Antragsgegnerin vor Aufnahme ihrer marktbezogenen Wirtschaftstätigkeit eine Prüfung der relevanten Marktgegebenheiten im Hinblick auf Vorhandensein, Leistungsfähigkeit und Effizienz privater Anbieter vornehmen sowie einen konkreten Vergleich zwischen der Leistungserbringung durch ein kommunales Unternehmen oder einen privaten Anbieter anstellen müssen. Dies sei unterblieben.

Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich ferner aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

Der unter Verstoß gegen § 102 Abs. 1 GemO und § 3 UWG abgeschlossene Kaufvertrag sei gemäß § 134 BGB nichtig, da er gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Selbst wenn man von der Wirksamkeit des Kaufvertrags ausgehe, sei das Rechtsschutzziel der Antragstellerin deshalb nicht unerreichbar, weil die Möglichkeit bestehe, dass die Beigeladene die Erfüllung des Kaufvertrags in Bezug auf den Eigentumsübergang nicht durchsetze, sondern dass der Kaufvertrag zwischen den Parteien statt dessen einvernehmlich wieder aufgehoben werde oder die Antragsgegnerin mit ihren Gesellschaften sich durch die Zahlung eines „Abstandes“ vom Kaufvertrag löse.

Ein weiterer Nichtigkeitsgrund ergebe sich aus § 138 BGB. Sowohl der GSE als auch der ... ... GmbH & Co. KG sei bekannt gewesen, dass es der GSE gemäß § 102 GemO untersagt gewesen sei, den Kaufvertrag zu schließen, da die Antragsgegnerin diese Grundstücke auch über eine von ihr beherrschte Gesellschaft mit Blick darauf nicht habe erwerben dürfen, dass sie der privaten Wirtschaft in diesem Geschäftsfeld keine Konkurrenz machen dürfe, dass es der Antragsgegnerin mithin verwehrt sei, in diesem Geschäftsfeld in Wettbewerb insbesondere mit der Antragstellerin zu treten. Gleiches gelte für die Verkäuferin, die Beigeladene.

Auch die Änderungsvereinbarung vom 13.10.2011, mit der der Gesellschaftsvertrag der ... ... ... ... oHG geändert worden sei, sei unwirksam. Zu diesem Zeitpunkt habe die zu ändernde Gesellschaft nicht mehr bestanden. Gemäß § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 11.07.2005 habe die Gesellschaft nämlich mit der Abwicklung des unter § 2 des Gesellschaftsvertrags genannten Vorhabens und der Erfüllung der aufgrund des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Leistungen der Gesellschafter geendet. Diese Voraussetzungen hätten bereits vorgelegen, was sich nicht zuletzt darin zeige, dass der ursprüngliche Gesellschaftszweck, nämlich der Erwerb des Grundstücks FlSt.-Nr. ... der Gemarkung Baden-Baden-Lichtental, nicht um den Erwerb der Grundstücke FlSt.-Nrn. ..., ... der Gemarkung Baden-Baden erweitert, sondern dass der ursprüngliche Gesellschaftszweck durch den neuen Gesellschaftszweck vollständig ersetzt worden sei. Dies erkläre sich daraus, dass sich der ursprüngliche Gesellschaftszweck nach der endgültigen Abwicklung des ersten Projekts erledigt habe. Sei aber die Gesellschaft infolge ihrer Beendigung nicht mehr existent gewesen, so habe sie auch nicht mehr geändert werden können. Es hätte der vollständigen Neugründung einer Gesellschaft bedurft. Dies sei offensichtlich nicht erfolgt. Bereits aus diesem Grunde könne über den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch verhindert werden, dass sich die Antragsgegnerin über die GSE an einem Unternehmen beteilige, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 GemO vorliegen würden.

Mit Beschluss vom 22.05.2012 (- 6 K 2728/11 - juris) hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.

Soweit der Eilantrag auf die Unterbindung der Beteiligung der GSE an der ... ... ... ... oHG gerichtet sei, sei er mangels Rechtschutzinteresses unzulässig. Denn die Antragstellerin könne angesichts der bereits erfolgten Beteiligung das von ihr formulierte Rechtschutzziel nicht mehr erreichen. Ihr Rechtschutzbegehren habe sich insoweit erledigt, denn die zu vereitelnde Beteiligung der Gesellschaft sei durch den Abschluss des oHG-Vertrags vom 13.10.2011 rechtswirksam erfolgt.

Der Antrag sei mangels Rechtschutzinteresses auch insoweit unzulässig, als er auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Unterbindung des Abschlusses eines Kaufvertrags über die Grundstücke FlSt.-Nrn. ... und ... der Gemarkung Baden-Baden gerichtet sei. Die ... ... ... ...-... oHG habe mit der Beigeladenen am 14.10.2011 einen gemäß § 125 Satz 1 i.V.m. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB formwirksamen Kaufvertrag über die streitigen Grundstücke geschlossen. Dieser Kaufvertrag sei auch weder nach § 134 BGB noch nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Soweit der Eilantrag schließlich auf die Verhinderung der noch ausstehenden Eigentumsübertragung durch Auflassung und Eintragung gerichtet sei, sei er zulässig, aber unbegründet. Der Antragstellerin stehe der geltend gemachte Anordnungsanspruch aus § 105 a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO nicht zu, weil die Antragsgegnerin, vermittelt über ihre Beteiligung an der ... ... ... ... oHG, innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge tätig werde. Er ergebe sich auch nicht aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

Schließlich fehle es am Anordnungsgrund.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 06.06.2012 zugestellten Beschluss am 12.06.2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Rechtsschutzinteresse verneint, soweit der Eilantrag darauf gerichtet sei, die Beteiligung der GSE an der ... ... ... ... oHG vorläufig zu unterbinden. Dieses Rechtsschutzziel könne noch erreicht werden, da der Änderungsvertrag vom 13.11.2011 mangels der gemäß § 311 b BGB und § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG erforderlichen notariellen Beurkundung gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig sei. Im Hinblick auf das Begehren, den Abschluss eines Kaufvertrages über die Grundstücke FlSt.-Nrn. 695/2, 699 zu verhindern, sei das Rechtsschutzinteresse ebenfalls gegeben, da der am 14.11.2011 abgeschlossene Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz, nämlich gegen § 102 Abs. 1 GemO, gemäß § 134 BGB nichtig sei. Die Nichtigkeit folge auch aus § 138 Abs. 1 BGB, weil die Antragsgegnerin sittenwidrig eine belastbare Klärung der baurechtlichen Situation verhindert habe, wobei sie davon ausgegangen sei, es werde sich kein privater Anbieter finden, sofern die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht abgesehen werden könne. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei auch ein Anordnungsanspruch gegeben. Das Verwaltungsgericht sei von einem fehlerhaften, zu weiten Verständnis des Begriffs der Daseinsvorsorge ausgegangen. Maßnahmen im Rahmen der Stadtplanung und Stadtentwicklung hätten nur dann daseinsvorsorgenden Charakter, wenn sie die Umfeldbedingungen, die für das Leben und Zusammenleben der Bürger in einer kommunalen Gemeinschaft existenziell notwendig seien, schüfen oder aufrechterhielten. Dies sei hier nicht der Fall, so dass die Beteiligung der Antragsgegnerin an der ... ... ... ... oHG an § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO zu messen sei. Dessen Voraussetzungen lägen indes nicht vor, weil der von der Antragsgegnerin mit der Beteiligung verfolgte Zweck von privaten Anbietern, insbesondere von der Antragstellerin, ebenso gut bzw. besser erfüllt werden könne. Hinzu komme, dass die vermeintlich der Daseinsvorsorge dienenden Tätigkeiten für die ... ... ... ... oHG in keiner Weise verbindlich seien, weil sie keinen Eingang in den Gesellschaftsvertrag gefunden hätten, obwohl die Antragsgegnerin keinen bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft habe. Ein Anordnungsanspruch lasse sich ferner aus den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG ableiten. Schließlich sei auch der erforderliche Anordnungsgrund gegeben, weil die Antragsgegnerin die Möglichkeit habe, den Kaufpreis insgesamt sofort zu bezahlen und dadurch eine sehr zeitnahe Eigentumsübertragung herbeizuführen, ohne dass dies für die Antragstellerin rechtzeitig erkennbar wäre.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22.05.2012 - 6 K 2728/11 - zu ändern und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzugeben, es zu unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die darauf gerichtet sind, dass sie selbst oder ein Unternehmen, an dem sie unmittelbar oder mittelbar über eine von ihr beherrschte Gesellschaft beteiligt ist, Eigentum an den Grundstücken FIst.-Nrn. ..., ... der Gemarkung Baden-Baden erwirbt, es mithin insbesondere zu unterlassen, sich selbst oder sich mit einem von ihr beherrschten Unternehmen wie der GSE an einem Unternehmen wie der ... ... ... ... oHG zu beteiligen, dessen Zweck es ist, die Grundstücke FIst.-Nrn. ... und ... der Gemarkung Baden-Baden zu erwerben, und es insbesondere zu unterlassen, selbst oder durch ein Unternehmen, an dem sie unmittelbar oder mittelbar über eine von ihr beherrschte Gesellschaft beteiligt ist, mit der Beigeladenen einen Kaufvertrag über die Grundstücke FIst.-Nrn. ..., ... der Gemarkung Baden-Baden zu schließen, jeweils solange in der Hauptsache nicht rechtskräftig über den Unterlassungsanspruch entschieden worden ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, es treffe nicht zu, dass die ... ... ... ... oHG am 13.10.2011 nicht mehr bestanden habe. Bezüglich des Objekts in Lichtental liefen noch Gewährleistungsansprüche. Die Gesellschaft habe sich noch nicht in der Liquidationsphase befunden. Die Erweiterung/Abänderung des Gesellschaftszwecks der notariell beurkundeten Gesellschaft vom 11.07.2005 habe nicht der notariellen Beurkundung bedurft. § 102 Abs. 1 GemO sei kein Verbotsgesetz, so dass der Kaufvertrag vom 14.10.2011 nicht nach § 134 BGB nichtig sei. Ein Verstoß gegen § 138 BGB scheide aus, weil es der Beigeladenen freigestanden habe, ob, mit wem und mit welchem Inhalt sie einen Kaufvertrag schließe. Die Antragsgegnerin habe auch keineswegs eine belastbare Klärung der baulichen Situation behindert. Sowohl die Beigeladene als auch die Antragstellerin hätten jederzeit die Möglichkeit gehabt, entsprechende Bauvorbescheidanträge bzw. Bauanträge einzureichen. Die ... ... ... ... oHG werde im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge tätig. Die Stadtgestaltung gehöre zur Daseinsvorsorge. Der Begriff der Daseinsvorsorge könne nicht auf das existenziell Notwendige verengt werden. Städtebauliche Zielsetzungen dürften auch mit den Mitteln des Privatrechts verfolgt werden. Die von der Antragsgegnerin verfolgten Zwecke seien auch im Gesellschaftsvertrag hinreichend gesichert. Gemäß § 2 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrags verfolge die Gesellschaft öffentliche Zwecke im Sinne der Gemeindeordnung. Zum Gesellschaftszweck gehöre gerade auch die städtebauliche Entwicklung.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig erachtet, soweit er auf ein Unterlassen der Beteiligung an der ... ... ... ...-... oHG (1.) und auf ein Unterlassen des Abschlusses eines Kaufvertrages über die Grundstücke FIst.-Nrn. ... und ... (2.) gerichtet ist. Soweit der Antrag auf Verhinderung der noch ausstehenden Eigentumsübertragung durch Auflassung und Eintragung gerichtet ist, ist er demgegenüber zulässig und begründet (3.). Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anordnungsanspruch aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO zu.

1. Soweit der Eilantrag auf die Unterlassung der Beteiligung der GSE an der ... ... ... ... oHG gerichtet ist, ist er mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Denn die Antragstellerin kann angesichts der bereits erfolgten Beteiligung durch den am 13.10.2011 abgeschlossenen oHG-Vertrag das von ihr formulierte Rechtsschutzziel nicht mehr erreichen (vgl. zum fehlenden Rechtschutzinteresse bei der Fallgruppe der Nutzlosigkeit des Rechtsschutzes Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Vorb. § 40, Rn. 94 m.w.N.).

a) Die Beteiligung der GSE an der oHG war zunächst durch den Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags vom 11.07.2005 wirksam geworden. Dieser sah in § 12 Ziff. 2 Satz 1 vor, dass die oHG „mit der Abwicklung des Vorhabens nach § 2 (= Veräußerung der letzten Sondereigentumseinheit) und der Erfüllung der aufgrund dieses Vertrages vereinbarten Leistungen der Gesellschafter“ endet. Ob dieser Fall, der nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 HGB einen Auflösungsgrund darstellen kann, eingetreten ist, kann nicht abschließend beurteilt werden. Hierauf kommt es auch nicht an, weil mit Vorliegen eines Auflösungsgrundes die Gesellschaft noch nicht beendet ist. Vielmehr tritt eine bloße Zweckänderung von werbender in abwickelnde Tätigkeit ein (Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 131 Rn. 29). Erst das Ende der Abwicklung bewirkt die Vollbeendigung und damit das Ende der Gesellschaft (Baumbach/Hopt, a.a.O. Rn. 2). Bis zur Vollbeendigung kann die Gesellschaft fortgesetzt und wieder zur werbenden gemacht werden (Baumbach/Hopt, a.a.O. Rn. 30 ff.). Der Fortsetzungsbeschluss, der auch formlos und stillschweigend ergehen kann, ergibt sich hier jedenfalls aus der Präambel des Änderungsvertrages vom 13.10.2011, wonach unter Änderung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages die gemeinsamen Aktivitäten fortgesetzt werden.

b) Zwar hätte der Änderungsvertrag vom 13.10.2011 nach § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Beurkundung bedurft, doch wurde dieser Mangel durch die notarielle Beurkundung des Grundstückskaufvertrages vom 14.10.2011 geheilt.

aa) § 311 b Abs. 1 BGB ist eine abstrakte Schutzvorschrift. Seine Anwendung setzt daher nicht voraus, dass im Einzelfall tatsächlich ein Vertragsteil schutzbedürftig ist oder dass dem Grundeigentum, das Vertragsgegenstand ist, schützenswerte Bedeutung zukommt. Die Formpflicht besteht daher stets bei Verträgen, die eine eigene, rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Veräußerung oder zum Erwerb von Grundeigentum begründen (Kanzleiter, in: MüKo-BGB, 6. Aufl., § 311 b Rn. 7). Die Verpflichtung zu Veräußerung oder Erwerb muss sich auf ein konkretes oder zumindest konkretisierbares Grundstück beziehen (Kanzleiter, a.a.O. Rn. 12). Soll eine frühere durch eine neue Verpflichtung ersetzt werden, bedarf dies ebenfalls der Beurkundung (Kanzleiter, a.a.O. Rn. 27). Ein Gesellschaftsvertrag mit dem Zweck der Erzielung gemeinschaftlichen Gewinns durch Erwerb, Parzellierung und Veräußerung der Grundstücke Dritter ist nur dann formfrei, wenn sich die Veräußerungs- und Erwerbspflicht nicht auf bestimmte oder einen Kreis bestimmter Grundstücke bezieht (Grziwotz, in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 311 b Rn. 20).

Daran gemessen war der Änderungsvertrag vom 13.10.2011, in dem die Gesellschafter sich zum Erwerb der Grundstücke FIst.-Nrn. ... und ... der Gemarkung Baden-Baden verpflichteten, beurkundungsbedürftig. Die frühere Verpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrag vom 11.07.2005 wurde durch eine neue Verpflichtung ersetzt, so dass die notarielle Beurkundung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages das Beurkundungserfordernis hinsichtlich der Verpflichtung zum Erwerb der Grundstücke FIst.-Nrn. ... und ... nicht zu erfüllen vermochte.

bb) Dieser Formmangel wurde jedoch durch die notarielle Beurkundung des Grundstückskaufvertrages vom 14.10.2011 geheilt, weil hierdurch die Warn- und Schutzfunktion des Beurkundungserfordernisses erfüllt wurde. Zwar ist eine beurkundungsbedürftige Vereinbarung, die nicht beurkundet wurde, grundsätzlich gemäß § 125 BGB nichtig (Kanzleiter, a.a.O. Rn. 68) und eine Heilung erfolgt nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB erst mit Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Mit Blick auf die Funktionen der Beurkundung kommt bei Abschluss mehrerer beurkundungsbedürftiger Verträge, die sich auf dieselben Grundstücke beziehen, aber auch eine Heilung des formnichtigen früheren Vertrages durch den formgültigen Abschluss des späteren Vertrages in Betracht. Danach ist hier mit der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages Heilung eingetreten, weil der Gesellschaftsvertrag bezogen auf die Verpflichtung zum Grundstückserwerb keine über den Inhalt des notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages hinausgehenden Vereinbarungen zu Lasten eines durch § 311 b BGB geschützten Vertragsteils enthält (vgl. Kanzleiter, a.a.O., Rn. 82; vgl. auch BGH, Urt. v. 18.12.1981 - V ZR 233/80 - BGHZ 82, 398: Heilung einer formnichtigen Veräußerungsverpflichtung durch formgültigen Abschluss eines Kaufvertrages mit einem Dritten).

c) Der Änderungsvertrag vom 13.10.2011 bedurfte nicht darüber hinaus nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG der notariellen Form, weil er nicht die Errichtung einer GmbH, sondern die Änderung einer oHG zum Gegenstand hatte.

2. Soweit der Eilantrag auf ein Unterlassen des Abschlusses eines Kaufvertrages über die Grundstücke FIst.-Nrn. ... und ... gerichtet ist, ist er ebenfalls mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.

Die ... ... ... ... oHG hat mit der Beigeladenen am 14.10.2011 einen gemäß § 125 Satz 1 i.V.m. § 311 b Abs. 1 Satz 1 BGB formwirksamen Kaufvertrag über die streitigen Grundstücke geschlossen. Dieser Kaufvertrag ist auch im Übrigen wirksam. Er ist weder nach § 134 BGB noch nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

a) Ob § 102 Abs. 1 GemO ein Verbotsgesetz im Sinn des § 134 BGB ist, bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung, weil diese Vorschrift nicht unmittelbar die Vornahme einzelner Rechtsgeschäfte durch wirtschaftliche Unternehmen mit kommunaler Beteiligung untersagt.

§ 134 BGB erklärt Rechtsgeschäfte für grundsätzlich nichtig, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Das betreffende Gesetz muss den Inhalt oder die Vornahme eines Rechtsgeschäfts untersagen, d.h. das Rechtsgeschäft als solches missbilligen (Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2011, § 134 Rn. 30). Regelungsgegenstand des § 102 Abs. 1 GemO ist die Errichtung, Übernahme, wesentliche Erweiterung oder die Beteiligung an wirtschaftlichen Unternehmen, die der Gemeinde nur unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Nrn. 1 - 3 GemO erlaubt ist, nicht aber die Vornahme einzelner Rechtsgeschäfte durch derartige Unternehmen. Schon deshalb kann der von der ... ... ... ... oHG mit einem Dritten abgeschlossene Grundstückskaufvertrag als solcher, auch wenn die Beteiligung der Antragsgegnerin an der ... ... ... ... oHG gegen § 102 Abs. 1 GemO verstoßen sollte (dazu unten 3.), nicht nach § 134 BGB nichtig sein.

Zudem ordnet § 134 BGB für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos die Nichtigkeit an. Während die festgestellte Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts ohne weiteres zu dessen Nichtigkeit führt (§ 138 BGB), macht § 134 BGB diese Rechtsfolge davon abhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. § 134 BGB kann deshalb nicht ohne Rückgriff auf das verletzte Verbot angewendet werden. Ordnet diese Regelung selbst eine Rechtsfolge an, ist sie maßgeblich; fehlt - wie bei § 102 Abs. 1 GemO - eine verbotseigene Rechtsfolgenregelung, so sind Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend (st. Rspr., BGH, Urt. v. 14.12.1999 - X ZR 34/98 - BGHZ 143, 283 m.w.N.). Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen bzw. bestehenzulassen. Für diese Abwägung ist wesentlich, ob sich das betreffende Verbot an alle Beteiligten des Geschäfts richtet, das verhindert werden soll, oder ob das Verbot nur eine Partei bindet. Sind beide Teile Adressaten des Verbots, kann regelmäßig angenommen werden, das verbotswidrige Geschäft solle keine Wirkungen entfalten. Richtet sich das Verbot dagegen nur gegen eine Partei, ist regelmäßig der gegenteilige Schluss berechtigt (BGH, Urt. v. 14.12.1999 - X ZR 34/98 - a.a.O.). Daran gemessen scheidet hier die Annahme der Nichtigkeitsfolge aus, weil § 102 Abs. 1 GemO nur die Gemeinde bindet und das Verhalten der Beigeladenen nicht rechtlich zu missbilligen ist.

b) Der Kaufvertrag ist auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Der geschlossene Kaufvertrag ist nicht schon deshalb sittenwidrig, weil sein objektiver Inhalt mit der grundlegenden Wertung der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar wäre. Er ist nicht auf ein rechts- oder sozialethisch missbilligenswertes Verhalten oder einen derartigen Erfolg gerichtet (BGH, Urt. v. 08.05.1985 – IVa ZR 138/83BGHZ 94, 268). Der erforderliche Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden (vgl. nur BGH, Urt. v. 09.07.1953 – IV ZR 242/52BGHZ 10, 228) ergibt sich darüber hinaus nicht aus Inhalt, Beweggrund und Zweck des Rechtsgeschäfts oder den äußeren Umständen, die zu seiner Vornahme geführt haben (BGH, Urt. v. 08.12.1982 – IVb ZR 333/81BGHZ 86, 82). Es kann nicht festgestellt werden, dass ein Sittenverstoß wegen Missbrauchs einer hoheitlichen Stellung vorliegt (vgl. dazu Armbrüster, in: MüKo-BGB, 6. Aufl., § 138 Rn. 88). Sowohl die Beigeladene als auch die Antragstellerin hätten die Möglichkeit gehabt, einen Bauvorbescheid oder eine Baugenehmigung zu beantragen und so die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke zu klären. Dass die Antragsgegnerin eine belastbare Klärung der baurechtlichen Situation verhindert habe, wird seitens der Antragstellerin lediglich behauptet, aber nicht glaubhaft gemacht.

3. Soweit der Eilantrag auf die Verhinderung der noch ausstehenden Eigentumsübertragung durch Auflassung und Eintragung gerichtet ist, ist er zulässig und begründet.

a) Der Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist zulässig.

aa) Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, bestimmt sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Anspruch hergeleitet wird. Öffentlich-rechtlich sind Ansprüche, wenn sie sich als Folge eines Sachverhalts darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (BVerwG, Urt. v. 19.05.1994 – 5 C 33.91BVerwGE 96, 71).

So liegt der Fall hier. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO (vgl. Senatsbeschluss vom 06.03.2006 – 1 S 2490/05ESVGH 56, 176 = VBlBW 2006, 348). Dass die Antragstellerin ihren Anspruch daneben auch auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG stützt, begegnet vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, nach dem das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, in Bezug auf den eröffneten Verwaltungsrechtsweg keinen Bedenken.

bb) Die Antragstellerin ist entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, soweit sie die Verletzung ihrer Rechte aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO behauptet. Dabei ist zu beachten, dass lediglich diese Vorschrift die erforderliche Antragsbefugnis für die Antragstellerin vermittelt, da nur sie drittschützende Wirkung entfaltet (vgl. LT-Drs. 13/4767, S. 9 f.; Senatsbeschluss vom 06.03.2006 – 1 S 2490/05 – a.a.O.).

cc) Das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin hat sich schließlich in Bezug auf die beantragte gerichtliche Untersagung der Eigentumsübertragung nicht erledigt. Die Antragsgegnerin macht hierzu geltend, das Eilverfahren habe sich auch insoweit erledigt, da die Erfüllung des entstandenen schuldrechtlichen Eigentumsübertragungsanspruchs angesichts ihrer fehlenden Mehrheit in der ... ... ... ... oHG nicht verhindert werden könne und die GSE sowie die ... ... GmbH & Co. KG sich wechselseitig unwiderrufliche Vollmachten hinsichtlich der Auflassung und Bewilligung der Eigentumsüberschreibung eingeräumt hätten.

Zwar trifft es zu, dass mit dem am 14.10.2011 geschlossenen notariellen Kaufvertrag ein wirksamer Anspruch auf die Übertragung des Eigentums an den beiden streitgegenständlichen Grundstücken entstanden ist. Gleichwohl ist die Antragsgegnerin, vermittelt über die von ihr zu 100% gehaltene GSE nicht außer Stande, die Eigentumsübertragung zu verhindern. Denn der Gesellschaftsvertrag der ... ... ... ... oHG sieht in § 12 Ziff. 1 Satz 3 vor, dass die Gesellschaft, die an sich bis zu ihrem vordefinierten Ende (vgl. § 12 Ziff. 1 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags) unkündbar ist (vgl. § 12 Ziff. 1 Satz 2), aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Als wichtiger Kündigungsgrund ist es anzusehen, wenn ein Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Eigentumsübertragung gegen § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO verstößt. Über die Klausel des § 12 Ziff. 3 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages, mithin über den unbestimmten Rechtsbegriff des wichtigen Kündigungsgrundes, kann die Frage der Rechtmäßigkeit des Handelns der Antragsgegnerin Auswirkungen auf den Vertrag entfalten; ihr bleibt so die Möglichkeit erhalten, nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu handeln. Andernfalls läge es in der Hand der den Gesellschaftsvertrag schließenden Parteien, durch geschickte Verteilung der Mehrheitsverhältnisse oder entsprechende vertragliche Klauseln die Vorgaben des § 102 GemO auszuhebeln. Die Antragsgegnerin könnte sich in diesen Fällen stets auf ihre fehlenden rechtlichen innergesellschaftlichen Möglichkeiten berufen; ein Konkurrent würde faktisch seines Rechtsanspruchs aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO beraubt. Folgerichtig ist die Antragsgegnerin gehalten, im Falle einer gerichtlichen Feststellung, dass ein Verstoß gegen § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO vorliegt, die Gesellschaft sofort aus wichtigem Grund zu kündigen.

Gleiches gilt im Übrigen für die wechselseitig erteilten, unwiderruflichen Vollmachten hinsichtlich der Auflassung und Bewilligung der Eigentumsüberschreibung. Auch diese sind aus wichtigem Grund kündbar.

Die Antragsgegnerin kann in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg einwenden, der Eilantrag habe sich insgesamt erledigt, weil die ... ... GmbH & Co. KG alleine und notfalls im Wege der Notgeschäftsführung den Kaufpreis aufbringen und so den Eigentumsübergang realisieren könne. Denn wie oben dargelegt ist die Antragsgegnerin im Falle einer gerichtlichen Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO nicht eingehalten wurden, zur sofortigen Kündigung aus wichtigem Grund verpflichtet. Dass sich die ... ... ... ... oHG dadurch schadensersatzpflichtig machen kann, verkennt der Senat nicht. Die Antragsgegnerin hätte sich hiervor aber schützen können, z.B. durch die Vereinbarung eines vertraglichen Rücktrittsrechts im Grundstückskaufvertrag.

b) Der Antrag ist auch begründet.

aa) Die Antragsgegnerin ist passivlegitimiert im Sinn des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, da sie grundsätzlich dazu berufen sein kann, den begehrten Unterlassungsanspruch zu erfüllen. Unerheblich ist insoweit, ob neben Antragsgegnerin auch die GSE oder die ... ... ... ... oHG passivlegitimiert wären.

bb) Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anordnungsanspruch aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO zu.

Diese Vorschrift bestimmt, dass die Gemeinde ungeachtet der Rechtsform wirtschaftliche Unternehmen nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen darf, wenn bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Im vorliegenden Fall wird die Antragsgegnerin, vermittelt über ihre Beteiligung an der ... ... ... ... oHG, außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge tätig. Die ... ... ... ... oHG kann den verfolgten Zweck auch nicht besser und wirtschaftlicher erfüllen, als dies ein privater Anbieter könnte.

(1) Die in § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO formulierte qualifizierte Subsidiaritätsklausel bezieht sich, wie schon die zuvor geltende einfache Subsidiaritätsklausel des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO i.d.F. des Gesetzes vom 19.07.1999 (GBl. S. 292), auf ein Tätigwerden der Kommunen außerhalb der Daseinsvorsorge. Wird eine Kommune im Rahmen der Daseinsvorsorge tätig, handelt sie im Kernbereich des ihr verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts. In diesem Bereich soll im Rahmen der insoweit unverändert fortbestehenden gesetzlichen Vorgaben auch unter Geltung der durch das Gesetz vom 01.12.2005 (GBl. S. 705) eingeführten qualifizierten Subsidiaritätsklausel die bisher bestehende Handlungsfreiheit erhalten bleiben (vgl. LT-Drs. 13/4767 S. 9). Durch die Freistellung der Gemeinden von der Subsidiaritätsklausel im Rahmen der Daseinsvorsorge wird der Selbstverwaltungsgarantie gerade mit Blick darauf Rechnung getragen, dass die Daseinsvorsorge zu dem von Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Kernbereich gehört.

Eine Legaldefinition des Begriffs der Daseinsvorsorge enthält die Gemeindeordnung nicht. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist der Begriff relativ weit zu verstehen und umfasst nicht nur die klassischen Versorgungs- und Entsorgungsbereiche wie die Wasser- und Energieversorgung, die Abfallentsorgung und die Abwasserbeseitigung. Vielmehr fallen unter den Begriff der Daseinsvorsorge nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 12/4055 S. 24), jeweils grundsätzlich bezogen auf den örtlichen Wirkungskreis, „unstreitig z.B. die Stadtplanung und Stadtentwicklung, der soziale Wohnungsbau, die kommunale Wirtschaftsförderung in Form der Bereitstellung der notwendigen In-frastruktur, Maßnahmen im Zusammenhang mit der kommunalen Sozial- und Jugendhilfe, das Krankenhauswesen, die Förderung von Kultur, Bildung und Sport, der öffentliche Personennahverkehr, die Wasser- und Energieversorgung sowie die kommunale Entsorgungswirtschaft (Abfall und Abwasser).“ Die Aufzählung soll, wie die Einleitung zeigt („unstreitig z.B.“), nicht abschließend zu verstehen sein. Mit Blick auf den Zweck der Ausnahme, die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden in dem durch die institutionelle Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG und des Art. 71 LV verfassungsrechtlich geschützten Umfang zu sichern, ist aber jeweils zu prüfen, ob die wirtschaftliche Betätigung im konkreten Fall tatsächlich in einem vom kommunalen Selbstverwaltungsrecht geschützten Bereich erfolgt. Der Begriff der Daseinsvorsorge ist dabei nicht auf Maßnahmen beschränkt, die für das Leben und Zusammenleben der Bürger in einer kommunalen Gemeinschaft existenziell notwendig sind. Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass die Gemeinden der Privatwirtschaft nicht ohne Not schrankenlos Konkurrenz machen sollen. Ziel der verschärften Subsidiaritätsklausel ist es, die wirtschaftliche Betätigungsgarantie der Gemeinden begrenzt zugunsten der Privatwirtschaft zurückzunehmen (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für BW, 4. Aufl., § 102 Rn. 41). Angesichts dieser „mittleren Linie“ des Gesetzgebers im Verhältnis der Privat- zur Kommunalwirtschaft verbietet sich eine Auslegung, bei der für die Subsidiaritätsklausel kein nennenswerter Anwendungsbereich verbleibt. Ausgehend von der gesetzgeberischen Zielsetzung für die Klausel und der historisch gewachsenen Kommunalwirtschaft ist auf der Grundlage einer interessenabwägenden, die Belange der Privat- und der Kommunalwirtschaft gleichermaßen berücksichtigenden Betrachtungsweise zu bewerten und zu entscheiden, ob eine wirtschaftliche Betätigung unter den Begriff der Daseinsvorsorge fällt (ebenso Kunze/Bronner/Katz, a.a.O. Rn. 42 m.w.N.; ähnlich Werner, VBlBW 2001, 206 <210>; für eine deutlich engere Auslegung der Ausnahme: Uechtritz/Ottinger/Olgemöller, in: Hoppe/Uechtritz/Reck, Handbuch Kommunale Unternehmen, 3. Aufl., § 6 Rn. 91).

Für die Frage, ob eine kommunale Beteiligung an einem wirtschaftlichen Unternehmen der Daseinsvorsorge zuzuordnen ist, ist zunächst auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen. Ist die Tätigkeit eines solchen Unternehmens schwerpunktmäßig der Daseinsvorsorge zuzuordnen, kann es in Betracht kommen, damit verbundene untergeordnete Tätigkeiten, die bei isolierter Betrachtung nicht als Tätigkeiten auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge angesehen werden könnten, noch als Annex oder sinnvolle Abrundung der Daseinsvorsorge zuzuordnen. Lässt sich demgegenüber bereits der Tätigkeitsschwerpunkt nicht der Daseinsvorsorge zuordnen, so wird regelmäßig die gesamte Tätigkeit an der Subsidiaritätsklausel des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO zu messen sein, auch wenn einzelne untergeordnete Tätigkeiten einen gewissen Bezug zur Daseinsvorsorge aufweisen.

(2) Daran gemessen ist die ... ... ... ... oHG außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge tätig. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt bei objektiver Betrachtung im Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücke, der Errichtung von Gebäuden auf diesen Grundstücken, der Aufteilung nach dem WEG und dem Verkauf - auch als Bauträger im Sinn von § 34 c GewO - der zu errichtenden Wohneinheiten. Hierbei handelt es sich um eine erwerbswirtschaftliche Betätigung, die sich in nichts von der eines beliebigen privaten Bauträgers unterscheidet. Eine solche Tätigkeit kann nur dann dem Begriff der Daseinsvorsorge zugeordnet werden, wenn die Art der Bebauung Zwecken der Daseinsvorsorge dient. Dies wäre etwa der Fall, wenn auf den Grundstücken öffentliche Einrichtungen oder Einrichtungen der Wasser- und Energieversorgung errichtet werden sollten. Bei Verfolgung derartiger Zwecke hätte die Gemeinde auch - bei entsprechender Festsetzung in einem Bebauungsplan - ein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Auch eine Bebauung mit Sozialwohnungen oder die Schaffung von Wohnraum für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 8 BauGB), die auf dem freien Wohnungsmarkt besondere Schwierigkeiten haben, mag unter den Begriff der Daseinsvorsorge subsumiert werden können. Hier geht es jedoch um den Bau von Wohnungen für den gehobenen Wohnbedarf. Zielgruppe auf Käuferseite sind Personen, deren Wohnbedürfnisse typischerweise durch die Privatwirtschaft adäquat befriedigt werden.

Nichts anderes folgt daraus, dass Gesellschaftszweck ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 13.10.2011 auch die städtebauliche Entwicklung auf den beiden Grundstücken ist. Zwar lässt sich die Stadtplanung und Stadtentwicklung abstrakt dem Begriff der Daseinsvorsorge zuordnen. Die Anwendung des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO ist jedoch nur dann ausgeschlossen, wenn das wirtschaftliche Unternehmen, an dem die Gemeinde beteiligt ist, tatsächlich Tätigkeiten auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge entfaltet. Fehlt es im konkreten Einzelfall an Tätigkeiten von einigem Gewicht, die der Daseinsvorsorge zugeordnet werden können und die zudem der erwerbswirtschaftlichen Betätigung nicht völlig untergeordnet sein dürfen, so kann die bloße Benennung der städtebaulichen Entwicklung als Gesellschaftszweck die Anwendung der Subsidiaritätsklausel nicht ausschließen.

Hier erfolgt die Bauleitplanung im eigentlichen Sinne unter Einsatz der dafür im BauGB vorgesehenen Instrumente und Verfahren. Zu Recht hat die Antragsgegnerin mit Blick auf die Lage und Beschaffenheit der Grundstücke und die daraus resultierende Bedeutung der künftigen Bebauung für eine geordnete städtebauliche Entwicklung von ihrem Planungsermessen dahingehend Gebrauch gemacht, dass sie die Erforderlichkeit der Bauleitplanung (§ 1 Abs. 3 BauGB) bejaht und einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst hat. Ihre städtebaulichen Vorstellungen insbesondere hinsichtlich der Kubatur der künftigen Bebauung kann die Antragsgegnerin in vollem Umfang durch Festsetzungen nach § 9 BauGB verwirklichen. Nach dieser Vorschrift können insbesondere die Art und das Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1) sowie die Bauweise, die überbaubaren und die nicht über-baubaren Grundstücksflächen und die Stellung der baulichen Anlagen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2) festgesetzt werden. Hält die Antragsgegnerin eine Herabzonung der Kubatur städtebaulich für erforderlich, ist es ihr auch verwehrt, auf derartige Festsetzungen zu verzichten und stattdessen zu versuchen, ihre städtebaulichen Vorstellungen unter Umgehung des Instrumentariums der Bauleitplanung über die Beteiligung an dem Bauträger umzusetzen. Die Erforderlichkeit eines Bebauungsplans und seiner einzelnen Festsetzungen bestimmt sich nach § 1 Abs. 3 BauGB. Die Antragsgegnerin würde daher die Grenzen ihres Planungsermessens überschreiten, wenn sie die städtebauliche Erforderlichkeit einer Herabzonung der Kubatur bejahte, entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan aber unterließe. Gleiches gilt für die Festsetzung einer Kaltluftschneise, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB erfolgen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.01.1999 - 4 B 129.98 - NVwZ 1999, 878).

Nichts anderes folgt daraus, dass der gegenwärtige Gebäudebestand eine Kubatur aufweist, die mit den städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin nicht vereinbar ist. Die Antragstellerin beabsichtigt nicht, das von der Beigeladenen unterhaltene Pflegeheim weiterzubetreiben, und es kann auch ausgeschlossen werden, dass ein anderer privater Investor eine solche Absicht hätte. Vielmehr würde jeder gewinnorientierte private Unternehmer - ebenso wie die ... ... ... ... oHG - eine hochwertige Wohnbebauung anstreben. Dies würde eine Nutzungsänderung darstellen, die eine Berufung auf Bestandsschutz aus früheren Baugenehmigungen, auch wenn sie noch fortbestehen, ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.09.2012 - 3 S 2236/11 - juris m.w.N.). Es ist daher unschädlich, dass der Abriss der vorhandenen Bebauung zum Zweck eines in der Kubatur verminderten Wiederaufbaus nicht nach § 9 BauGB festgesetzt werden könnte.

Auch aus der der Beigeladenen am 03.08.2009 erteilten Baugenehmigung, die diese für die damals geplante, dann aber nicht realisierte Erweiterung ihres Pflegeheims beantragt hatte, folgt bei einer Nutzungsänderung kein Bestandsschutz. Im Übrigen dürfte diese Baugenehmigung zwischenzeitlich nach § 62 Abs. 1 LBO erloschen sein.

Der ... ... ... ... oHG sind auch im Rahmen der Bauleitplanung keine Tätigkeiten nach § 4 b BauGB übertragen worden. Diese Vorschrift bestimmt abschließend, welche der Bauleitplanung zuzurechnenden Tätigkeiten auf Dritte übertragen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.2005 - 4 C 15.04 - BVerwGE 124, 385 <394>). Zwar hat sich die ... ... ... ... ... oHG in § 2 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrages vom 13.10.2011 zur Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs und der Umsetzung des Ergebnisses dieses Wettbewerbs verpflichtet, doch tatsächlich hat die Antragsgegnerin die Durchführung dieses Wettbewerbs auf das Büro ... Architekten/Stadtplaner übertragen. Nachdem die ... ... ... ... oHG somit auch keinerlei die Bauleitplanung vorbereitende oder unterstützende Tätigkeit im Sinn des § 4 b BauGB entfaltet hat, kann der Senat offen lassen, ob derartige Tätigkeiten überhaupt von hinreichendem Gewicht wären, um ein Tätigwerden innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge zu bejahen und damit die Anwendung des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO auszuschließen.

Die Möglichkeit der Antragsgegnerin, über die Beteiligung an der ... ... ... ... oHG den Zeitpunkt der Weiterveräußerung der geplanten Wohnungen zu steuern und durch eine eigene Preisgestaltung regulierend in das Marktgeschehen einzugreifen, wäre nur dann der Daseinsvorsorge zuzuordnen, wenn es sich um Sozialwohnungen oder Wohnungen für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf handeln würde. Geht es demgegenüber - wie hier - um Wohnungen für den gehobenen Wohnbedarf, dienen Eingriffe in das Marktgeschehen nicht der Daseinsvorsorge.

Nach alldem lässt sich keine der von der ... ... ... ... oHG zu erbringenden Tätigkeiten der Daseinsvorsorge zuordnen. Allein der Umstand, dass die oHG eher als ein privater Dritter bereit sein mag, die Festsetzungen eines Bebauungsplans hinzunehmen und die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke nicht gerichtlich klären zu lassen, stellt kein Tätigwerden im Sinn des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO dar. Wollte man dies anders sehen, wären dem Erwerb und der Bebauung von Grundstücken durch die Gemeinden kommunalrechtlich keinerlei Grenzen gesetzt. Dies wäre mit Sinn und Zweck der Subsidiaritätsklausel nicht zu vereinbaren.

(3) Die Anwendung der qualifizierten Subsidiaritätsklausel des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO i.d.F. des Gesetzes vom 08.12.2005 ist schließlich nicht deshalb ausgeschlossen, weil die GSE bereits an der am 11.07.2005 gegründeten ... ... ... ... oHG beteiligt war. Zwar gilt für Unternehmen, die bei Inkrafttreten der Novelle 2005 bereits tätig waren, grundsätzlich Bestandsschutz. Dieser Schutz gilt jedoch nur in Bezug auf das Unternehmen in seinem damaligen Bestand (vgl. Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 102 Rn. 41 m.w.N.). Wird ein Unternehmen hingegen wesentlich erweitert oder - wie hier - der Gesellschaftszweck erheblich verändert, so gilt für die geänderte Gesellschaft kein Bestandsschutz.

(4) Die Antragsgegnerin hat nicht nachgewiesen, dass der mit der Beteiligung an der ... ... ... ... oHG verfolgte Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Im Anwendungsbereich des § 102 Abs. 1 Nr. 3 GemO hat die Gemeinde ein sog. Markterkundungsverfahren durchzuführen, d.h. sie hat die relevanten Marktgegebenheiten im Hinblick auf Vorhandensein, Leistungsfähigkeit und Effizienz privater Anbieter zu prüfen und einen konkreten Vergleich zwischen der Leistungserbringung durch ein kommunales Unternehmen und einen privaten Anbieter anzustellen (vgl. Kunze/Bronner/Katz, a.a.O., § 102 Rn. 41). Einen derartigen Leistungsvergleich hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen. Vielmehr argumentiert sie wiederum damit, dass die Gefahr bestünde, dass ein privater Dritter Baurechte durchsetze, die den öffentlichen Interessen zuwider liefen. Diese Gefahr besteht jedoch, wie bereits ausgeführt wurde, bei realistischer Betrachtung nicht, wenn die Antragsgegnerin von dem Instrumentarium der Bauleitplanung zweckentsprechenden Gebrauch macht. Auch das Risiko der Anfechtung eines Bebauungsplans durch einen privaten Dritten ist von der Antragsgegnerin hinzunehmen und muss im Rahmen des Leistungsvergleichs unberücksichtigt bleiben.

cc) Ob sich ein Anordnungsanspruch daneben auch aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG ergibt, kann offenbleiben, da sich daraus keine weitergehenden Rechtsfolgen ergeben würden.

dd) Schließlich fehlt es nicht am erforderlichen Anordnungsgrund. Ein solcher liegt vor, wenn ein Bedürfnis nach vorläufiger Sicherung während des Interimszeitraums bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren besteht (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 5. Aufl., § 123 Rn. 16). Dies ist hier der Fall.

Zwar besteht die wechselseitige Verpflichtung zur Auflassung und Bewilligung der Eintragung erst nach vollständiger Begleichung des Kaufpreises, die bislang nicht erfolgt ist. Nach dem vertraglichen Ratenplan dürften bislang erst zwei Kaufpreisraten geflossen sein; die dritte Rate wird zum 01.01.2013 und die letzte Rate bei vertragsgerechter Räumung und Übergabe zur Zahlung fällig. Die ... ... ... ... oHG hat jedoch jederzeit die Möglichkeit, den gesamten Restkaufpreis sofort zu bezahlen und dadurch zeitnah die Eigentumsübertragung herbeizuführen, ohne dass dies für die Antragstellerin erkennbar wäre und für sie die Möglichkeit bestünde, vor Schaffung vollendeter Tatsachen prozessual zu reagieren. In dieser Situation ist ein Bedürfnis nach vorläufiger Sicherung anzuerkennen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).