VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.09.1993 - A 16 S 1508/93
Fundstelle
openJur 2013, 8783
  • Rkr:

1. Eine ausländerrechtliche Abschiebungsandrohung, die nicht die nach § 50 Abs 3 S 2 AuslG idF vom 26.6.1992 (AuslG 1990 F: 1992-06-26) (BGBl I, S 1126) vorgeschriebene Bezeichnung derjenigen Staaten enthält, in die der Ausländer nach den §§ 51 und 53 Abs 1 bis 4 AuslG (AuslG 1990) nicht abgeschoben werden darf, ist teilweise rechtswidrig; vorläufiger Rechtsschutz wird insoweit nach § 80 Abs 5 VwGO gewährt (im Anschluß an Beschluß des 1. Senats vom 09.11.1992, InfAuslR 1993, 90).

2. Ist ein Asylantrag vor dem 01.01.1991 bestandskräftig abgelehnt und danach ein neuer Antrag nicht gestellt worden, fehlt es an einer aus § 24 Abs 2 AsylVfG idF vom 27.07.1993 (F: 1993-07-27) (BGBl I, S 1361) folgenden Zuständigkeit des Bundesamtes zur Feststellung der Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG (AuslG 1990). Es verbleibt vielmehr insoweit bei der Zuständigkeit der Ausländerbehörde.

3. Die Übergangsvorschrift des § 14 AsylVfG idF von Art 5 des Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26.06.1992 (F: 1992-06-26) (BGBl I, S 1126) gilt nicht für Asylfolgeanträge.

4. Eine Befugnis des Bundesamtes zum Erlaß einer Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG idF vom 27.07.1993 (F: 1993-07-27) (BGBl I, S 1361) besteht in den Fällen, in denen nach dem 01.07.1993 weder ein altes Asylverfahren anhängig gewesen noch ein neues Asylverfahren eingeleitet worden war, nicht. In diesen Fällen fehlt auch mangels einer Entscheidung des Bundesamtes eine Befugnis der Ausländerbehörde, Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs 1 AuslG (AuslG 1990) selbst festzustellen (im Anschluß an den Beschluß des Senats vom 12.02.1993 - A 16 S 204/93 -).

5. Zur Frage, ob einem Libanesen die Gefahr von Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iS des § 53 Abs 1 und 4 AuslG (AuslG 1990) wegen angeblichen Sympathisantentums für General Aoun im Falle einer Rückkehr in den Libanon droht.

Gründe

I.

Die Beschwerde ist statthaft. Der im § 80 AsylVfG geregelte Beschwerdeausschluß kommt nicht zum Zuge, denn die angefochtenen Verfügungen sind, wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, keine Entscheidungen nach dem Asylverfahrensgesetz, sondern eine auf § 50 AuslG gestützte ausländerrechtliche Maßnahme. Dagegen stellen die Verfügungen vom 30.4.1992 keine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nach § 28 Abs. 1 AsylVfG in der bei ihrem Erlaß gültigen Fassung vom 9.4.1991 (BGBl. I, S. 869) - AsylVfG 1991 - dar, denn den Antragstellern ist seit der am 31.8.1990 eingetretenen Bestandskraft der ihren Asylantrag ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes vom 27.6.1990 bis zu der am 17.1.1992 erfolgten Einziehung erteilter Duldungen der weitere Aufenthalt nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG 1991 in einer Weise ermöglicht worden, daß der Zusammenhang mit dem Asylverfahren entfallen ist und danach erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahmen der Ausländerbehörden nach dem allgemeinen Ausländerrecht beurteilt werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.11.1989 und 14.5.1986, Buchholz 402.25 § 10 AsylVfG Nr. 5 und § 28 AsylVfG Nr. 10).

Der Beschwerdeausschluß des § 80 AsylVfG greift aber auch nicht deshalb ein, weil die angefochtenen Verfügungen nach der jetzt geltenden Rechtslage als asylverfahrensrechtliche Maßnahmen im Hinblick auf § 34 AsylVfG in den Fassungen vom 26.6.1992 (BGBl., S. 1126) - AsylVfG 1992 - und vom 27.7.1993 (BGBl., S. 1361) - AsylVfG 1993 - angesehen werden müssen. Denn § 34 AsylVfG kommt vorliegend, wie nachstehend auszuführen sein wird, nicht zur Anwendung.

II.

1. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Verfügung vom 30.4.1992 eingelegten Widersprüche ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts statthaft. Der Rechtsprechung des 11. Senats (vgl. Beschlüsse vom 10.11.1992 - 11 S 2046/92 - und 10.12.1992 - 11 S 1396/92 -), wonach in Fällen eines Abschiebungsschutzes nach § 53 Abs. 6 AuslG vorläufiger Rechtsschutz nur im Wege einer auf eine vorläufige Unterlassung der Abschiebung gerichteten einstweiligen Anordnung gewährt werden kann, ist für den vorliegenden Fall nicht zu folgen. Rechtsgrundlage für die angefochtenen Verfügungen ist § 50 AuslG in der seit dem 1.7.1992 geltenden Fassung gemäß dem Gesetz zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26.6.1992 (BGBl. I, S. 1126). Dies folgt aus dem verfahrensrechtlichen Grundsatz, wonach für die Anfechtung belastender Verwaltungsakte grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also des noch ausstehenden Widerspruchsbescheids, maßgeblich ist (vgl. Kopp, VwGO, 9. Aufl., § 113 RdNr. 23, S. 1240 m.w.N.). Eine diesen Grundsatz abändernde gesetzliche Regelung liegt nicht vor. Da bezüglich des § 50 AuslG i.d.F. vom 26.6.1992 eine Übergangsregelung fehlt, gilt diese Vorschrift auch für anhängige Widerspruchsverfahren.

Soweit der Antragsteller sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 12.8.1992 in der Sache auf Abschiebungshindernisse nach den §§ 51 bzw. 53 AuslG berufen hat, macht er eine Verletzung des § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG geltend, wonach in der Abschiebungsandrohung der Staat zu bezeichnen ist, in den der Ausländer nach den §§ 51 und 53 Abs. 1 - 4 AuslG nicht abgeschoben werden darf. In bezug auf eine Verletzung dieser Vorschrift kann aber der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz nach Maßgabe von § 80 Abs. 5 VwGO beanspruchen (vgl. Beschluß des 1. Senats vom 9.11.1992 - 1 S 2165/92 -, InfAuslR 1993, 90). Der Auffassung, wonach das Vorliegen von Abschiebungshindernissen der genannten Art lediglich Vollstreckungsvoraussetzungen darstellen, für die vorläufiger Rechtsschutz nur im Wege einer auf vorläufige Unterlassung der Abschiebung gerichteten einstweiligen Anordnung gewährt werden kann, folgt der Senat jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art nicht. Die Regelung des § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG hat nicht die Bedeutung lediglich eines rechtlich unverbindlichen Hinweises zur Ausführung der Abschiebung, sondern stellt eine sachlich/inhaltliche Einschränkung der Abschiebungsandrohung (so amtliche Begründung zu § 50 Abs. 3 Satz 2 in BT-Drucks. 12/2062 zu Art. 2 Nr. 5 des Neuregelungsgesetzes 1992) und damit einen Teil der Abschiebungsandrohung mit Verwaltungsaktqualität dar. Enthält nun die Abschiebungsandrohung entgegen § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG nicht eine Bezeichnung derjenigen Staaten, in die wegen Abschiebungshindernisse nach den §§ 51 und 53 Abs. 1 bis 4 AuslG nicht abgeschoben werden darf, so ist sie insoweit (teilweise) rechtswidrig und kann im Wege des Widerspruchs bzw. der Klage angefochten werden. Vorläufiger Rechtsschutz ist dann nach Maßgabe von § 80 Abs. 5 VwGO in der Weise zu gewähren, daß die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage insoweit anzuordnen wäre, als die Abschiebungsandrohung eine Abschiebung in solche Staaten zuläßt, für die Abschiebungshindernisse der genannten Art bestehen. Wollte man dagegen in diesen Fällen vorläufigen Rechtsschutz nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO gewähren, so liefe dies auf ein Fehlen vorläufigen Rechtsschutzes in bezug auf die Abschiebungsandrohung hinaus, was rechtsstaatlichen Grundsätzen sowie der Vorschrift des § 123 Abs. 5 VwGO zuwiderliefe. Daran ändert nichts die Möglichkeit eines vorläufigen Rechtsschutzes in bezug auf eine drohende Abschiebung, denn diese Möglichkeit ist von vorläufigen Rechtsschutz zu unterscheiden, der bereits bezüglich der Abschiebungsandrohung (nach § 80 Abs. 5 VwGO) gewährt werden muß. Dieses Ergebnis folgt nicht zuletzt auch aus § 50 Abs. 3 Satz 3 AuslG, wonach in den Fällen, in denen das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses feststellt, die Rechtmäßigkeit der Androhung im übrigen unberührt bleibt. Auch hieraus ergibt sich, daß die Androhung in bezug auf diejenigen Länder, für die Abschiebungshindernisse der genannten Art bestehen, (teilweise) rechtswidrig ist (vgl. Beschluß des 1. Senats vom 09.11.1992, a.a.O., GK-AuslR, § 50 RdNr. 22), mit der Folge, daß vorläufiger Rechtsschutz in der geschilderten Weise zu gewähren ist (vgl. GK-AuslG, § 50 RdNr. 123 ff.).

2. Die beantragte aufschiebende Wirkung der Widersprüche ist jedoch nicht anzuordnen, da eine Abwägung des privaten Interesses der Antragsteller, von der Vollziehung der Abschiebungsandrohung bis zum Abschluß des Hauptverfahrens verschont zu bleiben, gegenüber dem auf Sofortvollzug der Anordnung gerichteten öffentlichen Interesse zurückzutreten hat, weil sich die Antragsteller nicht auf Abschiebungshindernisse nach den §§ 51 und 53 Abs. 1 bis 4 AuslG mit Erfolg berufen können.

a) Zunächst steht der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Abschiebungsandrohung nicht nunmehr eine fehlende Zuständigkeit der Ausländerbehörde entgegen. Zwar bestimmt § 34 AsylVfG 1993, daß das Bundesamt die Abschiebungsandrohung nach den §§ 50 und 51 Abs. 4 AuslG erläßt, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird und keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Nach der Übergangsvorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG 1993 betrifft jedoch § 34 AsylVfG 1993 nur diejenigen Fälle, in denen in der Zeit ab 1.7.1993 entweder ein Asylverfahren neu anhängig gemacht worden war, bzw. bereits anhängige Verfahren, bei denen noch keine Entscheidung des Bundesamtes an die Ausländerbehörde zur Zustellung abgesandt worden war. Dagegen erfaßt § 34 AsylVfG 1993 nicht bereits 1990 abgeschlossene Verfahren, also auch nicht den vorliegenden Fall. Aus der Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG 1992, wonach bereits begonnene Asylverfahren nach altem Recht zu Ende zu führen waren, wenn vor dem Inkrafttreten des Asylverfahrensgesetzes in der Fassung 1992 die Entscheidung des Bundesamtes zur Zustellung an die Ausländerbehörde abgesandt worden war, folgt, daß die alte Gesetzeslage, d.h. das Asylverfahrensgesetz 1991 erst recht bei den am 1.7.1992 vollständig abgeschlossenen Asylverfahren zur Anwendung kommt. Im vorliegenden Fall war das Asylverfahren der Antragsteller mit der Bestandskraft der Ablehnungsbescheide des Bundesamtes bereits am 31.8.1990 abgeschlossen worden mit der Folge, daß aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht mehr Bestandteil des Asylverfahrens waren (vgl. BVerwG, Urteile vom 21.11.1989 und 14.5.1986, a.a.O.). Damit ist die Anwendbarkeit des neuen Rechts in Gestalt des § 34 AsylVfG 1992 und 1993 ausgeschlossen und eine Zuständigkeit des Bundesamtes insoweit nicht gegeben. Dem entspricht zudem die Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AsylVfG 1993, wonach bei bestandskräftig abgeschlossenen Asylverfahren das Bundesamt eine Abschiebungsandrohung nur erlassen darf, wenn ein erneuter Asylantrag gestellt worden ist. Hieran aber fehlt es, weil die Antragsteller nachträglich einen Asylfolgeantrag nicht wirksam beim Bundesamt gestellt haben.

Zwar hat der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Aussetzungsverfahren mit Schriftsatz vom 12.8.1992 neue Verfolgungsgründe, nämlich erstmals eine angeblich seitens der Syrer und der PSP ausgehende Verfolgungsgefahr u.a. wegen des Verdachts eines Sympathisantentums für General Aoun geltend gemacht. Dieses Vorbringen stellt, jedenfalls soweit es die Gefahr durch die Syrer betrifft, möglicherweise materiell einen Asyl(folge)antrag im Sinne des § 13 AsylVfG 1992 und 1993 dar; dieser Antrag ist jedoch mangels einer nach § 71 Abs. 2 AsylVfG 1992 und 1993 vorgeschriebenen Einlegung beim Bundesamt nicht formell wirksam geworden, so daß ein Asylfolgeantrag dort nicht anhängig ist und eine Zuständigkeit des Bundesamtes verneint werden muß.

Das Erfordernis einer Einreichung des Asylfolgeantrages beim Bundesamt ist dabei auch nicht durch die bis zum 31.3.1993 befristete Übergangsregelung in Art. 5 lit. A Ziff. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 26.6.1992 (BGBl. I, S. 1126) entfallen gewesen. Zwar bestimmt § 14 AsylVfG 1992 i.d.F. des genannten Art. 5, daß der Asylantrag bei der Ausländerbehörde zu stellen ist. Diese Regelung gilt jedoch nur für Asylerstanträge, nicht aber für das in einem gesonderten (5.) Abschnitt des Asylverfahrensgesetzes geregelten Asylfolgeantragsverfahren, für das im § 71 Abs. 2 AsylVfG 1992 eine gesonderte Zuständigkeitsregelung zugunsten des Bundesamtes enthalten war, die durch die erwähnte Übergangsregelung nicht suspendiert wurde. Demzufolge verbleibt es bei der Zuständigkeit des Bundesamtes, mit der Folge, daß es vorliegend an einem wirksamen, nämlich beim Bundesamt gestellten Asylfolgeantrag fehlt.

b) Sodann steht der Abschiebungsandrohung nicht entgegen, daß das Bundesamt eine Entscheidung über Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG nicht erlassen hat. Denn es fehlt an einem anhängigen Asylantragsverfahren, in dessen Rahmen das Bundesamt eine Entscheidung nach § 51 Abs. 1 AuslG nach Maßgabe der §§ 5 Abs. 2 und 31 Abs. 2 AsylVfG 1993 zu treffen hätte. Der ursprüngliche Asylantrag des Antragstellers ist am 31.8.1990, also vor dem am 1.1.1991 erfolgten Inkrafttreten des § 51 Abs. 1 AuslG bestandskräftig beschieden worden. Der Asylantrag hatte sich demgemäß nicht auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG mit erstreckt, so daß insoweit ein Verfahrensrest nicht vorliegt, über den das Bundesamt jetzt noch zu entscheiden hätte (vgl. Beschluß des Senats vom 15.7.1993 - A 16 S 1130/93 - und vom 8.4.1991 - A 13 S 83/91 -). Eine § 51 Abs. 1 AuslG betreffende Zuständigkeit des Bundesamtes wäre daher erst wieder dadurch begründet worden, daß die Antragsteller einen erneuten Asylantrag - ggf. einen Folgeantrag - beim nunmehr zuständigen Bundesamt gestellt hätten (vgl. Beschluß des Senats vom 12.2.1993 - A 16 S 204/93 -). Dies aber ist, wie oben dargelegt wurde, nach Lage der Akten nicht der Fall. Demgemäß muß die Widerspruchsbehörde im vorliegenden Fall auch nicht das Vollstreckungsverfahren aussetzen, um dem Bundesamt Gelegenheit zur Entscheidung nach § 51 Abs. 1 AuslG zu geben. Die Notwendigkeit hierfür bestand nur für die bis zum 1.7.1992 gültige Rechtslage nach Maßgabe des Asylverfahrensgesetzes 1991 (vgl. Beschluß des Senats vom 17.6.1992 - A 16 S 1537/92 -), da danach die Asylantragstellung noch bei der Ausländerbehörde zu erfolgen hatte (§ 8 Abs. 1 AsylVfG 1991).

b) Die Abschiebungsandrohung verstößt auch nicht deshalb gegen § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG, weil materiell den Antragstellern Abschiebungshindernisse im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG in bezug auf den Libanon zustehen. Denn auf diese Frage kommt es deshalb nicht an, weil die Befugnis, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG festzustellen, seit dem 1.1.1991 ausschließlich beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und damit nicht mehr bei der Ausländerbehörde liegt (Beschlüsse des Senats vom 17.6.1992 - A 16 S 1577/92 - und vom 12.2.1993 - A 16 S 204/93 -). Dagegen ist die Ausländerbehörde im Rahmen des Abschiebungsschutzes lediglich auf die Prüfung des formalen Status des Ausländers beschränkt, nämlich auf die Klärung, ob der Ausländer zu dem Personenkreis des § 51 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 AuslG gehört, ob eine positive Entscheidung des Bundesamtes nach § 51 Abs. 2 Satz 2 AuslG vorliegt oder ob gemäß § 52 AuslG ein beachtlicher Asylantrag anhängig ist (vgl. Beschluß des Senats vom 17.6.1992). Aus der zugunsten des Bundesamtes erfolgten Zuständigkeitsregelung (§§ 14, 31 Abs. 2 und 71 Abs. 2 AsylVfG 1993) ergibt sich nämlich, daß Abschiebungshindernisse im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG von dem Ausländer ausschließlich in einem Asylantragsverfahren beim Bundesamt geltend zu machen und von diesem mit Wirkung gegenüber der Ausländerbehörde (§ 4 AsylVfG 1993 und § 51 Abs. 2 Satz 3 AuslG) zu bescheiden sind. Macht der Antragsteller - wie im vorliegenden Fall - von dieser Befugnis keinen Gebrauch, so liegt kein von der Ausländerbehörde zu beachtendes Abschiebungshindernis nach § 51 Abs. 1 AuslG vor, mit der Folge, daß die Ausländerbehörde eine Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG durch Bezeichnung derjenigen Staaten, in die er nicht abgeschoben werden darf, nicht vornehmen muß. Das Fehlen einer solchen Bezeichnung in den angefochtenen Verfügungen vom 30.4.1992 führt also nicht zu deren Rechtswidrigkeit.

c) Die angefochtene Abschiebungsandrohung ist aber auch nicht nach § 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG deshalb fehlerhaft, weil in bezug auf den Libanon Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG zugunsten der Antragsteller vorliegen. Zur Beurteilung dieser Abschiebungshindernisse ist zwar die Ausländerbehörde - anders als bei den Hindernissen nach § 51 Abs. 1 AuslG - zuständig und hieran nicht durch eine Kompetenz des Bundesamtes gehindert, jedenfalls insoweit nicht, als im Rahmen des § 53 AuslG keine politische Verfolgung geltend gemacht wird. Zwar obliegt nach § 24 Abs. 2 AsylVfG 1993 dem Bundesamt nach Stellung eines Asylantrages auch die Entscheidung über Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AsylVfG 1993 ist aber das Bundesamt zu einer solchen Entscheidung nur dann zuständig, wenn ein erneutes Asylverfahren durchgeführt wird. Dies aber ist, wie oben dargelegt wurde, gerade nicht der Fall, weil der Antragsteller nicht einen erneuten Asyl- bzw. Asylfolgeantrag beim Bundesamt als der zuständigen Behörde gestellt hat.

Die Abschiebungsandrohung ist in der Sache fehlerfrei ergangen, weil entgegen der Auffassung der Antragsteller Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG nicht vorliegen. Gegen die Gefahr der Folter bzw. einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung spricht die völlige Unglaubwürdigkeit des Antragstellers, denn dessen Vorbringen weist eine Reihe erheblicher und nicht ausräumbarer Widersprüche bzw. nicht nachvollziehbarer Steigerungen auf.

Zunächst fällt auf, daß die Ehefrau des Antragstellers bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt als Ausreisegrund lediglich den im Libanon herrschenden Krieg angegeben hatte, nicht dagegen eine angeblich ihrem Ehemann drohende Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG. Letzteres hätte jedoch nahegelegen, wenn tatsächlich eine solche Gefahr Ausreisegrund gewesen wäre. Beim Vorbringen des Antragstellers selbst stellt es zunächst einen gravierenden Widerspruch dar, wenn der Antragsteller einerseits vor der Ausländerstelle K als Ausreisegrund Bedrohungen seitens der Hizbollah im Hinblick auf angeblich verweigerte Beitragszahlungen angegeben hat, während er sich vor dem Bundesamt nur auf Gefahren seitens der Sozialistischen Fortschrittspartei - PSP -, einer politischen Organisation vor allem der Drusen, die mit der Hizbollah nichts zu tun hat, berufen hat. Die auf entsprechendem Vorhalt vorgebrachte Erklärung des Antragstellers, er habe in K die Frage dahin verstanden, ob er Mitglied der Hizbollah bzw. von wem er verfolgt worden sei, überzeugt ebensowenig wie die Behauptung, der Dolmetscher habe nur gebrochen arabisch gesprochen. Denn die Angaben des Antragstellers, die Hizbollah habe von ihm Beiträge verlangt und ihn wegen seiner Weigerung bedroht, sind so konkret, daß sie mit Übersetzungsfehlern nicht erklärt werden können. Dies gilt um so mehr, als auch das weitere Vorbringen des Antragstellers Widersprüche aufweist. So enthält der Vortrag vor dem Verwaltungsgericht eine erhebliche Steigerung insofern, als der Antragsteller dort erstmalig behauptet hatte, er sei von den Leuten der PSP gefoltert und schwer mißhandelt und in sein Bein geschossen worden. Demgegenüber hat der Antragsteller vor dem Bundesamt lediglich von einer erlittenen Festnahme gesprochen, was unverständlich wäre, wenn die vor dem Verwaltungsgericht behaupteten Vorgänge tatsächlich stattgefunden hätten. Eine weitere unglaubwürdige Steigerung des Vorbringens stellen sodann die Behauptungen des Antragstellers dar, er habe sich wegen Schwierigkeiten mit den Syrern nach Ost-Beirut begeben, weshalb ihm als Gegner der Syrer und Sympathisant von General Aoun Verfolgung seitens der Syrer und daneben auch von der PSP drohe. Dieses Vorbringen widerspricht zunächst ebenfalls den Angaben vor der Ausländerstelle Karlsruhe insofern, als dort der Antragsteller angegeben hatte, in West-Beirut gewohnt zu haben. Weder in diesem Zusammenhang noch bei der Anhörung vor dem Bundesamt war dagegen von einem Zwischenaufenthalt in Ost-Beirut in irgendeiner Weise die Rede gewesen. Im übrigen erscheint das Vorbringen unglaubwürdig, denn es wäre bereits vor dem Bundesamt erfolgt, wenn es tatsächlich für die Ausreise des Antragstellers ursächlich gewesen wäre. Erkennbar aber dient der nachträgliche Vortrag dem Ziel, vor allem eine Verfolgung durch die hierzu mächtigen Syrer darzutun, um sich so auf deren Willkürpraxis berufen zu können. Im übrigen ist nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht im mindesten ersichtlich, ob bzw. auf welche Weise die Syrer bzw. die mit ihnen zusammen arbeitenden Stellen und Personen überhaupt Kenntnis von dem allenfalls etwa einen Monat dauernden Aufenthalt des Antragstellers in Ost-Beirut erlangt haben, was Voraussetzung für einen vom Antragsteller behaupteten Verdacht eines Sympathisantentums für den ehemaligen General Aoun wäre.

Unabhängig von der fehlenden Glaubwürdigkeit des Antragstellers entfallen aber Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 - 4 AuslG selbst dann, wenn doch von der Richtigkeit des Antragsvorbringens auszugehen wäre. Denn es fehlt insoweit an der für Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG erforderlichen konkreten Gefahr der Folter bzw. einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung. Nach dem Urteil des Senats vom 18.2.1993 - A 16 S 3162/92 - waren und sind bloße Sympathisanten des Generals Aoun weder 1990 noch jetzt von politischer Verfolgung bedroht. Entsprechendes hat für die Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG zu gelten. Maßgeblich ist, daß selbst ehemalige Soldaten der Einheiten General Aoun's heute keine Nachteile zu befürchten haben (AA vom 26.5.1992 an VG Gelsenkirchen). Die politische Situation hat sich vielmehr in einer Weise normalisiert, daß ehemalige Anhänger Aoun's ohne Nachteile sogar die prosyrische Politik des Staatspräsidenten bzw. der Regierung deutlich kritisieren konnten (AA, 21.12.1992, Stand: 1.12.1992; Archiv der Gegenwart 36518, 36756, 37131). Hinzu kommt, daß nach dem Vortrag des Antragstellers nicht die geringste tatsächliche Grundlage besteht, an der sich ein gegen den Antragsteller gerichteter Verdacht bei den Syrern hätte entzünden können. Der bloße, allenfalls einen Monat betragende Aufenthalt in Ost-Beirut reicht, selbst wenn er den Syrern bekannt geworden wäre, für einen zu Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG führenden Verdacht in keiner Weise aus. Die von dem Antragsteller ferner behaupteten Schwierigkeiten mit den Syrern sind so vage und allgemein behauptet worden, daß sich daraus ebenfalls in keiner Weise eine konkrete Gefahr (vgl. Urteil des 15.7.1993 - A 16 S 145/93 -) herleiten ließe. Es fehlt insoweit an einem schlüssigen, vollständigen und widerspruchsfreien Vortrag als Voraussetzungen für die Anerkennung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.3.1983 und 26.10.1989, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44 und 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 119 zu den Erfordernissen eines beachtlichen Asylantrages). Denn der Antragsteller hat keinen einzigen konkreten Vorfall geschildert, der geeignet wäre, das Mißfallen oder den Verdacht syrischer Stellen gegen ihn auszulösen. Die vom Antragsteller behauptete Demolierung seines Hauses durch bewaffnete Personen wurde im Asylverfahren auch nicht andeutungsweise erwähnt, stellt also wiederum eine unglaubwürdige Steigerung des Vorbringens dar. Die Angabe, die Täter seien mutmaßliche Angehörige des syrischen Geheimdienstes gewesen, ist dabei eine durch nichts erwiesene Vermutung, die durch konkrete Umstände auch nicht andeutungsweise belegt worden ist.

Nach alledem ist eine konkrete Gefahr, wie sie für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 1 und 4 AuslG Voraussetzung ist (vgl. Urteil des Senats vom 15.7.1993 - A 16 S 145/93 -), nicht erkennbar. Entsprechendes gilt von der behaupteten Verfolgungsgefahr seitens der PSP. Es kann nicht angenommen werden, daß die vom Antragsteller für Ende 1988 behaupteten Vorfälle, sollten sie doch stattgefunden haben, im gegenwärtigen Zeitpunkt, also viereinhalb Jahre danach, noch von irgendeiner Bedeutung für die PSP sein sollten und daher zum Anlaß von Maßnahmen nach § 53 Abs. 1 - 3 AuslG genommen werden. Unabhängig davon besteht eine solche konkrete Gefahr vor allem auch nicht im Lichte der gegenwärtigen Entwicklung Libanons, die durch eine zunehmende Normalisierung der Verhältnisse, eine Erstarkung der Zentralgewalt, einen Wegfall des früheren kantonalen Systems und durch die weitgehende Entwaffnung der Milizen geprägt ist (vgl. Urteil des Senats vom 15.7.1993 - A 16 S 145/93 -). Dabei ist - mit Ausnahme der Hizbollah - nicht anzunehmen, daß die früheren Milizen in alte gewalttätige Gebräuche zurückfallen und so ihre politische Glaubwürdigkeit gefährden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die PSP in der gegenwärtigen Situation Libanons grundsätzlich bestrebt ist, eine ausschließlich politische Rolle zu spielen.

Ist somit vom Fehlen nach § 53 Abs. 1 und 4 AuslG beachtlicher Abschiebungshindernisse auszugehen, so gilt Entsprechendes auch für die Möglichkeit des § 53 Abs. 6 AuslG, von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, weil dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Von dieser Möglichkeit hat die Ausländerbehörde ermessensfehlerfrei keinen Gebrauch gemacht, da insoweit eine erhebliche individuell- konkrete Gefahr für die Antragsteller aus den dargelegten Gründen nicht angenommen werden kann.

Nach alledem gebietet die Interessenabwägung, dem Sofortvollzug der Abschiebungsandrohung den Vorrang gegenüber den dagegen gerichteten Interessen der Antragsteller einzuräumen. Der Antrag ist daher zu Recht abgewiesen worden. Ebenfalls fehlerfrei hat das Verwaltungsgericht den Prozeßkostenhilfeantrag der Antragsteller wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt (§ 114 ZPO i.V.m. § 166 VwGO).