OLG Hamburg, Beschluss vom 07.12.2010 - 3 Vollz (Ws) 72/10
Fundstelle
openJur 2010, 3377
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 613 Vollz 89/10

1. Der Anspruch des Gefangenen, Eigengeld in angemessener Höhe für den Einkauf (§ 25 HmbStVollzG) zu verwenden, wenn er ohne Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld in angemessenem Umfang verfügt (§ 48 Abs. 3 HmbStVollzG), kann nicht von der vollständigen Überweisung einer Altersrente auf das Eigengeldkonto abhängig gemacht werden.

2. Die Auslegung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist - wenn streitig - im Rahmen eines Verfahrens nach § 766 ZPO vor den Zivilgerichten zu klären. Es ist Sache des Gefangenen als Schuldner, dieses Verfahren zu betreiben. Aufgabe der JVA und der Strafvollstreckungskammer ist es hingegen, den nicht rechtskundigen Gefangenen auf diese Rechtslage hinzuweisen. Das ergibt sich aus der Fürsorgepflicht der Anstalt und des Gerichts.

3. Die Rechtsprechung des BGH zur Unanwendbarkeit der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO auf das Arbeitsentgelt des Gefangenen für eine ihm zugewiesene Beschäftigung (BGHZ 160, 112) bedeutet nicht, dass das Eigengeldguthaben eines Gefangenen uneingeschränkt pfändbar ist. Es ist vielmehr in der zivilrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass dem bedürftigen Gefangenen ein Teil seines Eigengeldes zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse pfändungsfrei verbleibt.

4. Allerdings ist die Bestimmung der Pfändungsgrenze im Einzelfall grundsätzlich den Zivilgerichten zugewiesen, die im Rahmen des Verfahrens nach § 766 ZPO über Einwendungen gegen den Umfang der Pfändung zu entscheiden haben. Das gilt aber dann nicht, wenn die Unpfändbarkeit der in Rede stehenden Forderung klar auf der Hand liegt. Dem Schuldner – auch dem inhaftierten – ein Geldbetrag zur Befriedigung seiner grundlegenden privaten Bedürfnisse pfändungsfrei zu belassen, ergibt sich aus den zivilrechtlichen Pfändungsvorschriften – hier: § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO – und ist letztlich Ausdruck des sozialen Rechtsstaats.

5. Die Zahlung jedenfalls eines Betrages von monatlich 43 Euro an einen Gefangenen, der über keinerlei Haus- und Taschengeld verfügt, ist nach § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO pfändungsfrei.

(Leitsätze: die Mitglieder des 3. Strafsenats)

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 03.09.2010 wird aufgehoben.

2. Der Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel vom 25.03.2010 wird aufgehoben, soweit er den Antrag auf Umbuchung von monatlich 43,00 Euro ab März 2010 vom Eigengeld auf das Hausgeldkonto des Beschwerdeführers betrifft.

3. Die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer für die Monate ab März 2010 jeweils einen Eigengeldbetrag von 43,00 Euro nach Eingang bei der Zahlstelle auf das Hausgeldkonto des Beschwerdeführers umzubuchen.

4. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Rechtsbeschwerde sowie die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers fallen der Staatskasse zur Last. Der Gegenstandswert beträgt 516 Euro.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer verbüßt in der JVA Fuhlsbüttel der Beschwerdegegnerin (im Folgenden: JVA) eine langjährige Freiheitsstrafe wegen Menschenraubes. Er ist seit August 2006 Rentner und bezieht eine Altersrente in Höhe von 240,69 Euro monatlich. Die Rente wird monatlich auf das Bankkonto einer dritten Person überwiesen, die dem Beschwerdeführer einen Betrag von monatlich 43 Euro auf sein Eigengeldkonto überweist. Der Beschwerdeführer ist aus Altersgründen in der Anstalt ohne Arbeit und Einkommen. Deshalb buchte die JVA in der Zeit von April 2008 bis Februar 2010 monatlich 43 Euro auf das Hausgeldkonto zur freien Verfügung des Beschwerdeführers um. An dieser Umbuchung sah sich die JVA weder durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 25. Oktober 2002 eines Gläubigers in Höhe von 15.279,05 Euro gehindert noch durch den Umstand, dass zur vollständigen Ansparung des Überbrückungsgeld noch ein Betrag von 48 Euro fehlte.

In zahlreichen Widerspruchsverfahren aus dem Jahre 2009 stritten sich die JVA und der Beschwerdeführer darüber, ob monatlich 103 Euro – also entsprechend § 45 Abs. 1 HmbStVollzG 3/7 der Rente von 240 Euro – auf das Hausgeldkonto umzubuchen sind. Ab März 2010 änderte die JVA nach vorheriger Ankündigung ihre Umbuchungspraxis dahingehend, dass sie die Umbuchung von 43 Euro verweigerte, sich hingegen bereit erklärte, einen Betrag von 103 Euro auf das Hausgeldkonto umzubuchen, wenn der Beschwerdeführer seine Rente insgesamt auf das Eigengeldkonto einzahle, mit der Folge, dass der verbleibende Teil der Rente aufgrund der ausgebrachten Pfändung dem Gläubiger zugutekomme. Hierzu war der Beschwerdeführer nicht bereit.

Die JVA lehnte den Antrag des Gefangenen, für den Monat März 2010 und alle Folgemonate weiterhin 43 Euro vom Eigengeld auf sein Hausgeldkonto umzubuchen, ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die JVA mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2010 zurück und führte zur Begründung aus: Sie habe die bis dahin praktizierte Umbuchung wegen des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht vornehmen dürfen. Regelmäßige Rentenzahlungen seien zwar mit dem Arbeitsentgelt vergleichbar, so dass in analoger Anwendung des § 45 Abs. 1 Satz 1 HmbStVollzG 3/7 der monatlichen Rente auf dem Hausgeldkonto zur Verfügung zu stellen seien, eine monatliche Rente damit nur in Höhe der verbleibenden 4/7 pfändbar sei. Bei den monatlichen Einzahlungen in Höhe von 43 Euro handele es sich jedoch nicht um einen Rentenbezug, sondern um die Zuwendung eines Dritten, die nach voller Ansparung des Überbrückungsgeldes pfändbar sei. Es stehe dem Beschwerdeführer frei, die Rentenbezüge an sich selbst und nicht an einen Dritten überweisen zu lassen. Das Vertrauen des Beschwerdeführers an der Fortführung der bis Februar 2010 gehandhabten Umbuchungspraxis sei nach vorgenommener Interessenabwägung nicht schutzwürdig. Das öffentliche Interesse an einer rechtmäßigen Handhabung überwiege, wobei sich das öffentliche Interesse auch auf die Beachtung fremder Gläubigerinteressen erstrecke, zumal es im vorliegenden Fall um die Gläubigerinteressen des durch die Straftat Geschädigten gehe. Die Überweisung der Rentenbezüge des Beschwerdeführers an einen Dritten erschwere die Zwangsvollstreckung.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Er ist der Auffassung, die JVA habe für die Ablehnung seines Begehrens keine Rechtsgrundlage. Er könne seine Rente nicht vollständig an die Antragsgegnerin überweisen lassen, weil er anderweitige Verpflichtungen habe. Ihm sei seit März 2010 kein Einkauf möglich, weil ein Taschengeldanspruch mangels Bedürftigkeit nicht bestehe. Gläubigerinteressen seien nicht beeinträchtigt, weil eine Pfändung seiner Rentenansprüche, wenn sie denn pfändbar seien, direkt beim Rentenversicherungsträger erfolgen könne. Im Übrigen betreffe die Pfändung die vorliegenden Eigengeldzahlungen nicht. Denn der Gläubigervertreter habe erklärt, hinsichtlich des Arbeitsentgelts des Beschwerdeführers auf eine Pfändung zu verzichten; der Gläubiger sei vielmehr nur daran interessiert, das im Rahmen der Straftat gezahlte Lösegeld wiederzuerlangen. Schließlich übersteige der vom Beschwerdeführer beanspruchte Teil seiner Rente nicht die Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO.

Der Beschwerdeführer hat beantragt,

die JVA zu verpflichten, ab März 2010 monatlich einen Eigengeldbetrag von 43,00 Euro nach Eingang bei der Zahlstelle auf sein Hausgeldkonto umzubuchen.

Die JVA hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen und hierzu ausgeführt: Die JVA habe in der monatlichen Überweisung von 43 Euro zu Recht eine pfändbare Zuwendung eines Dritten und nicht eine Rentenzahlung gesehen. Die JVA habe nicht die Pflicht, die Behauptung des Antragstellers, die Zuwendung stamme aus seiner Rente, zu überprüfen, sondern könne sich auf die formelle Betrachtung zurückziehen, ob eine eingehende Zahlung vom Rentenversicherungsträger erfolgt ist oder nicht. Dies habe zur Folge, dass eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 HmbStVollzG auf Rentenzahlungen mit der Folge der Unpfändbarkeit der Rente in Höhe von 3/7 nicht einschlägig sei. Die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850c und 850k ZPO kämen für Inhaftierte weder unmittelbar noch analog zur Anwendung, zumal die Grundversorgung des Gefangenen von der JVA vorgenommen werde. Die JVA sei entsprechend § 92 Abs. 3 HmbStVollzG auch berechtigt, ein rechtswidriges Verwaltungshandeln für die Zukunft abzuändern. Die hierfür erforderliche Interessenabwägung der JVA sei nicht zu beanstanden.

Mit der fristgerecht zu Protokoll des Rechtsantragsdienstes erhobenen Rechtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer

den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 03.09.2010 aufzuheben und gegebenenfalls an die Strafvollstreckungskammer zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

Er beanstandet im Wege einer Verfahrensrüge, dass die Strafvollstreckungskammer sich mit dem Inhalt zweier in das Verfahren eingeführter Urkunden, nämlich einer Beschränkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 25.10.2002 hinsichtlich der Pfändung von Arbeitsentgelt sowie eines Schreibens des Prozessbevollmächtigten des Gläubigers vom 07.03.2008 an die Strafvollstreckungskammer zur Zielrichtung des ausgebrachten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, nicht auseinandergesetzt habe, und erhebt sodann die ausgeführte Sachrüge.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

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die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

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Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin stehe dem Beschwerdeführer ein Anspruch aus § 48 Abs. 3 HmbStVollzG auf Verwendung seines Eigengeldes zum Einkauf nicht zu, weil er durch seine Weigerung, die vollständigen Rentenbezüge direkt auf sein Eigengeldkonto zu überweisen, seine Bedürftigkeit selbst verschuldet habe. Auch aus § 45 Abs. 1 oder 2 HmbStVollzG ergebe sich für den Beschwerdeführer kein Anspruch auf die begehrte Umbuchung. Die analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 HmbStVollzG auf Rentenbezüge sei zweifelhaft, weil die Anwendung der 3/7-Regelung bei hohen Renten zu unangemessen hohen Hausgeldbeträgen führen würde, näher liege die entsprechende Anwendung des § 45 Abs. 2 HmbStVollzG, nach denen für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen bzw. denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt wird. Voraussetzung für eine analoge Anwendung dieser Norm sei aber, dass es sich unzweifelhaft um eine Rentenzahlung handele, nicht um eine beliebige Zahlung eines Dritten aus unbekanntem Rechtsgrund. Das Hamburger Strafvollzugsgesetz gehe davon aus, dass die Einkünfte des Gefangenen vollständig auf seinem Eigengeldkonto eingehen, wie sich auch aus § 36 Abs. 3 HmbStVollzG ergebe. Wäre es dem Gefangenen möglich, nur den Betrag des angemessenen Hausgeldes auf sein Eigengeldkonto überweisen zu lassen, sonstige Bezüge aber auf externen Konten zu sammeln, könne er den Zugriff der Gläubiger auf diese externen Gelder erschweren. Es sei ein Interesse der Allgemeinheit, eine Behinderung der Zwangsvollstreckung der Gläubiger, bei denen es sich vielfach um Geschädigte der Straftat handele, zu vermeiden.

Etwas fraglich erscheine zwar, ob das geringe Eigengeld des Beschwerdeführers wirksam gepfändet sei. Die Anlage zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beziehe sich ihrem Wortlaut nach aber nur auf das durch Arbeitsentgelt gebildete Eigengeld und sei auch nach ihrem Zweck – Förderung der Resozialisierung durch Arbeit – nicht auf Altersrenten übertragbar. Im Übrigen handele es sich bei der im Zwangsvollstreckungsverfahren gebotenen formellen Betrachtungsweise nicht um Rentenzahlungen, sondern um Zahlungen Dritter. Das Schreiben des Prozessvertreters des Geschädigten und Gläubigers vom 07.03.2008, gerichtet an die Strafvollstreckungskammer in einem anderen Verfahren, stelle schon deshalb keinen Verzicht auf die Pfändung dar, weil es nicht an die JVA gerichtet und übersandt worden sei.

II.

Die form- und fristgerecht erhobene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zulässig. Die Überprüfung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer ist zur Fortbildung des Rechts geboten. Der Fall gibt Anlass zu grundlegenden Ausführungen zur Anwendung des § 48 Abs. 3 HmbStVollzG sowie dazu, ob und welchen Mindestpfändungsfreibetrag die Justizvollzugsanstalt zu beachten hat, wenn für Gefangene, die ohne Verschulden nicht in ausreichendem Maße über Haus- oder Taschengeld verfügen, auf deren Eigengeldkonto von Dritten Kleinbeträge eingezahlt werden.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die JVA ist gemäß § 48 Abs. 3 HmbStVollzG verpflichtet, für die Monate ab März 2010 einen Eigengeldbetrag von jeweils 43 Euro nach Eingang auf der Zahlstelle auf das Hausgeldkonto des Gefangenen umzubuchen (dazu 1.). Die bestehende Pfändung des Eigengeldguthabens steht dieser Umbuchung nicht entgegen, weil jedenfalls der Betrag von monatlich 43 Euro pfändungsfrei ist (dazu 2.).

1. Die Verpflichtung der JVA zur Umbuchung von monatlich 43 Euro auf das Hausgeldkonto des Gefangenen ergibt sich aus § 48 Abs. 3 HmbStVollzG. Nach dieser Norm dürfen Gefangene, wenn sie ohne Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld in ausreichendem Umfange verfügen und das Überbrückungsgeld vollständig eingezahlt ist, in angemessenem Umfang über Eigengeld zum Zwecke des Einkaufs gemäß § 25 HmbStVollzG verfügen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Gefangene verfügt in der Anstalt unverschuldet über kein Hausgeld. Er ist aus Altersgründen ohne Arbeit und somit ohne Bezüge gemäß § 45 HmbStVollzG. Taschengeld gemäß § 46 HmbStVollzG erhält er nicht, weil er wegen der ihm zustehenden Altersrente nicht bedürftig ist. Der Betrag von monatlich 43 Euro, den der Beschwerdeführer geltend macht, ist als Hausgeld für einen im Pensionsalter befindlichen Strafgefangenen jedenfalls nicht unangemessen hoch. Auf die fehlende Einzahlung eines Restbetrages von 48 Euro auf das Überbrückungsgeld kann sich die JVA nicht berufen. Durch die langfristig praktizierte Umbuchung von Eigengeld bis Februar 2010 hat sie diesen Einwand verwirkt, zumal der Beschwerdeführer über eine Altersrente verfügt, die bei der Haftentlassung seine Bedürftigkeit mindert. Die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 48 Abs. 3 HmbStVollzG ist auch nicht durch eine in der Zeit seit März etwa erhaltene Geldzuwendung für einen Zusatzeinkauf gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbStVollzG entfallen. Hierbei handelt es sich um eine Sonderzuwendung, die nach Ziff. 4 der AV Nr. 73/2009 vom 02.09.2009 bei der Prüfung der Bedürftigkeit nicht zu berücksichtigen ist.

Die Auffassung der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführer sei schuldhaft ohne Hausgeld, weil er das Angebot der JVA, seine Rente vollständig auf das Eigengeldkonto überweisen zu lassen mit der Folge, dass ihm dann analog § 45 Abs. 1 HmbStVollzG 3/7 der Rente als Hausgeld gutgeschrieben werden, ausgeschlagen habe, geht fehl. § 48 Abs. 3 HmbStVollzG soll sicherstellen, dass der Gefangene, der in der Anstalt ohne Bezüge ist, seine ganz persönlichen Bedürfnisse, die durch die Gewährung der Grundversorgung in der Anstalt gerade nicht abgedeckt werden, durch Verwendung eigenen Geldes in angemessenem Umfang befriedigen kann. Eine Einschränkung ist hier gesetzlich nur vorgesehen, wenn der Gefangene seine Bedürftigkeit schuldhaft herbeigeführt hat, etwa durch Verweigerung der Arbeit. § 48 Abs. 3 HmbStVollzG enthält keine Ermächtigung der JVA, die Verfügung über das Eigengeld davon abhängig zu machen, dass der Gefangene seine außerhalb der Anstalt erzielten Einkünfte vollständig an die JVA überweist. Das liegt für Gefangene, die in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, auf der Hand, gilt aber gleichermaßen auch für Gefangene, bei denen Forderungspfändungen bestehen. § 36 Abs. 3 HmbStVollzG, nach dem die Anstalt bei freien Beschäftigungsverhältnissen oder bei Selbstbeschäftigung verlangen kann, dass ihr das Entgelt zur Gutschrift für die Gefangenen überwiesen wird, gibt keinen Anlass dazu, § 48 Abs. 3 HmbStVollzG entgegen seinem Wortlaut in dem von der JVA praktizierten Sinne einzuschränken. Es bleibt vielmehr Sache des Gläubigers, den Rentenanspruch des Gefangenen, soweit er pfändbar sein sollte, unmittelbar beim Rentenversicherungsträger zu pfänden.

2. Die bestehende Pfändung des Eigengeldkontos steht der Umbuchung nicht entgegen, denn die zur Behebung der Bedürftigkeit des Gefangenen erfolgte Einzahlung von monatlich 43 Euro auf das Eigengeldkonto ist entsprechend § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO pfändungsfrei.

a) Es kann dahinstehen, ob die Pfändung nach dem Willen des Gläubigers überhaupt Kleinbeträge der hier in Rede stehenden Höhe erfassen sollte.

Nach dem Zusatz zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25.10.2002 war von der Pfändung ausdrücklich ausgenommen das auf dem Eigengeldkonto befindliches Arbeitsentgelt, soweit es die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO unter Abzug eines fiktiven Haftkostenbeitrags nicht übersteigt. Das sind etwa 500 Euro monatlich, die der Gläubiger entsprechend der früheren Rechtsprechung (vgl. LG Hamburg vom 18.04.1996 – 328 T 68/95 – Juris), die durch die Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.07.2004 (BGHZ 160, 112) überholt ist, pfandfrei lassen wollte. Es spricht einiges dafür, dass der Gläubiger diese den Gefangenen begünstigende Pfändungsbeschränkung auch auf Guthaben anwenden wollte, die jedenfalls mittelbar aus Altersrenten stammen und für die gemäß § 851c Abs. 1 ZPO die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen entsprechend gelten.

Für den Willen des Gläubigers, Kleinbeträge nicht der Pfändung zu unterwerfen, spricht schließlich auch das Schreiben seines Rechtsanwalts vom 07.03.2008, mit dem sich der landgerichtliche Beschluss ebenfalls nicht auseinander gesetzt hat. Der Rechtsanwalt des ehemaligen Geschädigten hat im damaligen Verfahren über die Bewilligung einer Reststrafenbewährung ausgeführt, dass es seinem Mandanten nicht darum gehe, den Verurteilten zu Zahlungen aus seinem Arbeitsentgelt zu veranlassen, sondern dass seine anwaltlichen Bemühungen allein auf die Wiederbeschaffung des erbeuteten Geldes gerichtet seien. Die titulierte Forderung werde deshalb nur durchgesetzt werden, falls sich ergeben sollte, dass der Verurteilte noch im Besitz von Beuteanteilen sei. Es drängt sich die Vermutung auf, dass der Geschädigte auf eine Pfändung der zur Beseitigung der Bedürftigkeit des Gefangenen eingezahlten Kleinbeträge verzichtet hätte, wenn er gefragt worden wäre.

Die Auslegung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist - wenn streitig - im Rahmen eines Verfahrens nach § 766 ZPO vor den Zivilgerichten zu klären (Calliess/Müller-Dietz, 11. Aufl. 2008, § 52 StVollzG, Rn. 1 m.w.N.). Es ist Sache des Gefangenen als Schuldner, dieses Verfahren zu betreiben. Gleiches gilt für die Beibringung einer Verzichtserklärung des Gläubigers. Aufgabe der JVA und der Strafvollstreckungskammer war es hingegen, den nicht rechtskundigen Gefangenen auf diese Rechtslage hinzuweisen. Das ergibt sich aus der Fürsorgepflicht der Anstalt und des Gerichts.

b) Es kann ferner dahinstehen, ob die Anstalt bei vollständiger Überweisung der Altersrente an die Anstalt in analoger Anwendung des § 45 Abs. 1 HmbStVollzG 3/7 der Rente (so die JVA) oder entsprechend § 45 Abs. 2 HmbStVollzG einen angemessenen Betrag (so die Beschwerdegegnerin) auf das Hauskonto umbuchen und damit der Pfändung entziehen dürfte. Die analoge Anwendung der 3/7-Regel des § 45 Abs. 1 HmbStVollzG würde zwar zu einer eindeutigen Bestimmung des pfändungsfreien Betrages führen, der aber bei in Freiheit erlangten höheren Altersrenten unangemessen hoch sein könnte und damit den Gefangenen, dem die Grundversorgung bereits gestellt wird, gegenüber seinen Gläubigern unangemessen bevorzugen würde. § 45 Abs. 2 HmbStVollzG spricht hingegen von einem angemessenen Hausgeld, das die JVA festzusetzen hat, und schließt damit einen möglichen Streit mit dem Gläubiger darüber, was im Einzelfall angemessen ist, nicht aus. Auf alle diese Überlegungen kommt es aber vorliegend nicht an, weil der Beschwerdeführer seine Altersrente nicht vollständig an die Anstalt überwiesen hat.

c) Die Zahlung eines Betrages von monatlich 43 Euro an einen Gefangenen, der über keinerlei Haus- und Taschengeld verfügt, ist nach § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO pfändungsfrei. Nach dieser Norm bleibt bei Personen, die wiederkehrende Einkünfte der in den § 850 bis 850b ZPO bezeichneten Art beziehen, ein Geldbetrag pfändungsfrei, der dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht. Über § 851c Abs. 1 ZPO gilt dieser Pfändungsschutz auch für Altersrenten.

Es ist allerdings höchstrichterlich entschieden (BGHZ 160, 112), dass die Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO keine Anwendung findet, soweit das Eigengeld aus Arbeitsentgelt für eine zugewiesene Beschäftigung gebildet worden ist, weil sein Lebensunterhalt weitgehend von der JVA gedeckt wird und ihm für seine darüber hinausgehenden privaten Bedürfnisse 3/7 seines Arbeitsentgelts als Hausgeld zur Verfügung stehen. Das bedeutet aber nicht, dass das Eigengeldguthaben eines Gefangenen uneingeschränkt pfändbar ist. Es ist vielmehr in der zivilrechtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass dem bedürftigen Gefangenen ein Teil seines Eigengeldes zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse pfändungsfrei verbleibt.

Das Landgericht Koblenz (Beschl. v. 14.11.1988 – 4 T 617/88 – Juris) hat bei einem Untersuchungsgefangenen einen Betrag von wöchentlich 50 DM für unpfändbar erklärt. Das Landgericht Weiden (Beschl. v. 01.07.1999 – 2 T 533/99JurBüro 2000, 103) hält bei einem Untersuchungsgefangenen einen Betrag für unpfändbar, welcher dem Anteil des Sozialhilferegelsatzes entspricht, der nicht zur Befriedigung der von der JVA zu tragenden Grundbedürfnisse dient, und hat diesen Anteil auf 20 % des Sozialhilferegelsatzes geschätzt – das waren seinerzeit 106 DM. Auch nach der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Beschl. v. 11.10.1988 – 2/9 T 993/88 – Juris) ist dem inhaftierten Schuldner ein Betrag von 20 % des Sozialhilferegelsatzes pfandfrei zu belassen.

d) Allerdings ist die Bestimmung der Pfändungsgrenze im Einzelfall grundsätzlich den Zivilgerichten zugewiesen, die im Rahmen des Verfahrens nach § 766 ZPO über Einwendungen gegen den Umfang der Pfändung zu entscheiden haben (Calliess/Müller-Dietz, a.a.O. § 52 StVollzG, Rn. 1, und § 109 StVollzG, Rn. 9, jeweils m.w.N.). Um etwaigen Regressforderungen des Gläubigers zu entgehen, darf die JVA als Drittschuldnerin die Freigabe des gepfändeten Eigengeldguthabens verweigern, wenn und soweit dessen Unpfändbarkeit zweifelhaft ist. Das gilt aber dann nicht, wenn die Unpfändbarkeit der in Rede stehenden Forderung klar auf der Hand liegt.

So liegt der Fall hier. Dass dem Schuldner – auch dem inhaftierten – ein Geldbetrag zur Befriedigung seiner grundlegenden privaten Bedürfnisse pfändungsfrei zu belassen ist, ergibt sich aus den zivilrechtlichen Pfändungsvorschriften – hier: § 811 Abs. 1 Nr. 8 ZPO – und ist letztlich Ausdruck des sozialen Rechtsstaats. Die Höhe des Betrages, der dem Gefangenen zur Befriedigung seiner privaten Bedürfnisse, die nicht durch die Grundversorgung in der JVA abgedeckt sind, pfändungsfrei bleibt, ist durch die Zivilgerichte ausreichend geklärt und umfasst jedenfalls den vom Beschwerdeführer nur begehrten Betrag von 43 Euro im Monat. Den Gefangenen bei dieser Sachlage auf das Erinnerungsverfahren gemäß § 766 ZPO zu verweisen, wäre eine bloße Förmelei.

III.

Nach alledem ist der Beschluss des Landgerichts vom 03.09.2010 aufzuheben. Der Senat entscheidet gemäß § 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG anstelle der Strafvollstreckungskammer, weil die Sache entscheidungsreif ist. Der Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel vom 25.03.2010 ist daher aufzuheben, soweit er den Antrag auf Umbuchung von monatlich 43 Euro ab März 2010 vom Eigengeld- auf das Hausgeldkonto des Beschwerdeführers betrifft, und die JVA antragsgemäß zu verurteilen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 4 StVollzG, 467 Abs. 1 StPO. Der Gegenstandswerts war gemäß den §§ 52 Abs. 1, 60 GKG festzusetzen. Dabei hat der Senat den auf ein Jahr entfallenden Betrag der streitgegenständlichen Umbuchung, also 12 mal 43 Euro zugrunde gelegt.