VG Ansbach, Urteil vom 23.01.2013 - AN 11 K 12.01693
Fundstelle
openJur 2013, 5532
  • Rkr:

Untersagung gewerblicher Altpapiersammlung;Wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des ÖRE nach § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 3 KrWG;Keine Verhinderung der Aufgabenerfüllung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen (§ 17 Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. KrWG);Keine Gefährdung der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG);Zuständigkeitsbestimmung (staatl. LRA) nicht EU-rechtswidrig

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die übrigen Beteiligten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die von dem Beklagten verfügte Untersagung der von ihr seit 2007 zusammen mit einem anderen Entsorgungsunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (ARGE) durchgeführten Altpapiersammlung im Landkreis ...

Die Klägerin führte mit dem genannten anderen Entsorgungsunternehmen bis 2006 die Altpapiersammlung im Landkreis ...in der Rechtsform einer ARGE im Auftrag des Landkreises durch. Im Laufe des Jahres 2006 zeigte die ARGE beim Landratsamt an, die Altpapiersammlung nach Auslaufen des mit dem Landkreis bestehenden Vertrags ab 2007 bis jedenfalls Ende 2009 als gewerbliche Sammlung weiterführen zu wollen. Nach Unterzeichnung eines Eckpunktepapiers durch den Landrat sowie die Vertreter der ARGE hob der Landkreis ein bereits angelaufenes Ausschreibungsverfahren auf und tolerierte in der Folgezeit die gewerbliche Altpapiersammlung durch die ARGE. Die gewerbliche Altpapiersammlung wurde in der Folgezeit über das Jahr 2009 hinaus fortgeführt.

Nachdem der Beklagte den ARGE-Mitgliedern mit Bescheid vom 25. Mai 2012 auf der Grundlage des bis zum 30. Mai 2012 geltenden Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) die weitere Durchführung der Altpapiersammlung im Landkreis ... ab dem 1. Juli 2013 untersagt hatte, wogegen sowohl die Klägerin (AN 11 K 12.01110) wie auch deren ARGE-Partnerin (AN 11 K 12.01087) Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach erhoben hatten, zeigte die ARGE mit Schreiben vom 11. Juni 2012 nach §§ 18, 72 Abs. 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) die Fortführung der Sammlung an. Auf Anfrage der Beklagten nahm der Landkreis ... mit Schreiben vom 27. Juni 2012 zu der Sammlungsanzeige im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass der Sammlung überwiegende öffentliche Interessen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 KrWG entgegenstünden. Auf die bisherigen Stellungnahmen und die Untersagungsverfügung vom 25. Mai 2012 werde voll inhaltlich verwiesen.

Mit Bescheid vom 6. September 2012 untersagte der Beklagte der Klägerin ab dem 1. Juli 2013 die gemeinsam mit der Firma... mit Schreiben vom 11. Juni 2012 angezeigte Sammlung von Altpapier (PPK-Fraktion) aus privaten Haushalten im Landkreis ... In der Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsgrundlagen für diese Untersagungsverfügung sich in § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 und § 18 Abs. 5 Satz 1, 2, Abs. 7 KrWG fänden. Gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 4 KrWG sei ein Verbot einer bestehenden Sammlung zwingend auszusprechen, wenn u.a. die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG anders nicht zu gewährleisten seien. Die überwiegenden öffentlichen Interessen, die danach einer gewerblichen Sammlung nicht entgegenstehen dürften, würden in § 17 Abs. 3 KrWG näher konkretisiert. Nach dessen Satz 2 lägen überwiegende öffentliche Interessen wegen der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vor, wenn die gewerbliche Sammlung die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindere. Wirtschaftliche Erwägungen seien damit ausdrücklich als Tatbestandsmerkmale genannt. Die Verbotsschwelle werde damit herabgesetzt (Schink/Versteyl, KrWG, § 17 RdNr. 58). Das staatliche Landratsamt gehe angesichts der Preisentwicklung für Altpapier in den vergangenen Jahren davon aus, dass der Landkreis in jedem Fall mit nicht unerheblichen positiven Wirkungen für den Gebührenhaushalt rechnen könne. Die Erlöse aus der Verwertung von Wertstoffen stellten die einzige Möglichkeit dar, die Kosten aus der Entsorgung von Abfällen zu dämpfen. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des EuGH vom 15. November 2007 (C-162/07 – International Mail Spain) hingewiesen, in der ausgeführt werde, „dass die Verpflichtung des mit dieser Aufgabe Betrauten, seine Dienstleistungen unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen sicherzustellen, die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen voraussetzt und daher eine Einschränkung des Wettbewerbs von Seiten einzelner Unternehmer in wirtschaftlich rentablen Bereichen rechtfertigt.“ Dabei habe der EuGH aber immer Fälle zu entscheiden gehabt, in denen private Firmen, die mit einer Aufgabe des Allgemeininteresses betraut worden seien, auch andere Einnahmequellen gehabt hätten. Auch aus diesem Grunde sei nochmals zu betonen, dass die über Beiträge und Gebühren zwangsweise umgelegten Kosten nicht zu den Einnahmen zählten, die den Kosten gegenübergestellt werden könnten. Das Wegfallen der einzigen Einnahmequelle im Rahmen der übertragenen Aufgabe führte daher zwangsläufig zu „wirtschaftlich unausgewogenen Bedingungen“. Daneben stünden überwiegende öffentliche Interessen auch dann entgegen, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gegeben sei. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei eine solche insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst würden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe. Aus dem Zusammenspiel mit § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG werde klar, dass auch konkret geplante Sammlungen Schutzobjekt der Nr. 1 seien. Nachdem der Landkreis beabsichtige, für die PPK-Fraktion eine haushaltsnahe getrennte Erfassung und Verwertung durchzuführen und bereits eine Firma mit der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen beauftragt habe, liege eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes vor. Die Ausschreibung im Amtsblatt der Europäischen Union sei für Oktober 2012 geplant. Die notwendige Änderung der Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises solle am 24. September 2012 im Umwelt- und Kreisausschuss vorberaten und am 16. November 2012 durch den Kreistag verabschiedet werden. Eine konkrete Planung liege damit vor. Der Fortbestand der gewerblichen Sammlung hätte zur Folge, dass ein nicht näher bestimmbarer Teil der Erlöse bei der ARGE verbleibe und damit spiegelbildlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger fehle. Die Erlöse bei der Verwertung von Wertstoffen seien die einzige Möglichkeit des Entsorgungsträgers, künftige Preissteigerungen bei der Entsorgung von Abfällen aus Privathaushalten aufzufangen und somit für die bestmögliche Gebührenstabilität zu sorgen. Dass sich der Markt für die Verwertung des Altpapiers negativ entwickeln könne, stehe dem nicht entgegen. Denn auch für diesen Fall trage die derzeitige positive Marktsituation dazu bei, den Gebührenhaushalt für spätere Einbrüche zu stabilisieren. Negativ auf den Gebührenhaushalt würde sich die Einführung eines Holsystems nur dann auswirken, wenn sich die Erlössituation vor Amortisierung der Anschaffungskosten für die Sammelgefäße drastisch verändern würde. Nach interner Einsichtnahme in bestehende Verträge und die darauf aufbauende Kalkulation des Landkreises gehe das Staatliche Landratsamt bei Zugrundelegung eines Altpapierpreises von 100,00 EUR/t davon aus, dass trotz hoher Abschreibungsansätze die Erwirtschaftung von Gewinnen in Höhe von 100.000 bis 200.000 EUR/a realistisch erscheine. Ohne Berücksichtigung der Abschreibungskosten errechne sich daraus eine Amortisierung der Anschaffungskosten in ca. vier bis fünf Jahren. Lediglich bei einer Unterschreitung eines Altpapierpreises von rund 60,00 EUR/t würden nur die laufenden Kosten (ohne Abschreibung) erzielt. Davon ausgehend nehme das Landratsamt an, dass sich die Einführung eines Holsystems für PPK-Wertstoffe langfristig positiv auf den Gebührenhaushalt auswirke. Ein Fortbestand der gewerblichen Sammlung habe zudem zur Folge, dass das Ausschreibungsverfahren deutlich erschwert würde. Würden im Landkreis zwei Sammlungen der PPK-Fraktion durchgeführt, könne kaum kalkuliert werden, mit welchem Abfallvolumen der Landkreis bei der Durchführung seiner Sammlung rechnen könne. Sofern diese Unsicherheit in der Ausschreibung an die Firmen weitergegeben würde, sei mit höheren Preisen zu rechnen. Andernfalls verblieben die Risiken unmittelbar beim Landkreis und belasteten letztlich den Gebührenschuldner. Hierin seien erhebliche Auswirkungen für das Ausschreibungsverfahren (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) zu sehen. Die gewerbliche Sammlung sei auch nicht im Sinne von § 17 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KrWG wesentlich leistungsfähiger als die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger konkret geplante Leistung. Schließlich seien die aufgezeigten erheblichen Beeinträchtigungen nur mit Hilfe der Untersagungsverfügung zu vermeiden. Ohne sie wäre davon auszugehen, dass ein nicht genau zu bestimmender, aber erheblicher Teil des Altpapiers weiterhin von der gewerblichen Sammlung abgeholt würde. Dies führe zwangsläufig zur geschilderten Erschwerung der Ausschreibung. Gleichzeitig berge ein damit verbundenes signifikantes Absinken der Verkaufserlöse die Gefahr, dass die Einführung des Holsystems durch den Landkreis tatsächlich zur Belastung des Gebührenschuldners führen könne. Selbst wenn man die zusätzlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG nicht annehmen wolle, stünde die ausgesprochene Untersagung ab dem 1. Juli 2013 als Befristung der angezeigten Sammlung gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG im Ermessen der Kreisverwaltungsbehörde. Bei der Ausübung des Ermessens sei das auch grundrechtlich geschützte Interesse der Firmen am Fortbestand der gewerblichen Sammlung gegen das Interesse des Landkreises als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger an der Erfüllung seiner gesamten Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen und Planungssicherheit gewährenden Bedingungen gegeneinander abzuwägen. § 17 KrWG weise dem öffentlich-recht-lichen Entsorgungsträger im Grundsatz die vollumfängliche Aufgabe und Verpflichtung zu, Abfälle aus privaten Haushaltungen zu entsorgen. Gewerblichen Sammlungen werde durch § 17 Abs. 2 KrWG nur unter bestimmten Voraussetzungen das Recht eingeräumt, Erlöse aus dem grundsätzlich defizitären Entsorgungssystem zu ziehen. Damit bestehe grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers an einer Untersagung der gewerblichen Sammlung. Wie hoch dieses Interesse vom Gesetzgeber eingeschätzt werde, zeige ein Blick auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG. Der Tatbestand setze lediglich eine Sammelkonkurrenz privater und öffentlich-rechtliche Entsorgungssysteme voraus, ohne die wirtschaftlichen Folgen näher einzugrenzen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin werde dadurch gemildert, dass auch unter Berücksichtigung der eingeräumten Übergangszeit ausreichend Gelegenheit bestanden habe und noch bestehe, entstandene Unkosten zu amortisieren. Die Firmen würden auch nicht daran gehindert, sich an der Ausschreibung des Landkreises zu beteiligen. Lediglich die gänzliche Abschöpfung der Verkaufserlöse werde zukünftig nicht mehr möglich sein. Die Untersagung führe damit zu einem angemessenen Ausgleich der Interessen. Eine Ermessenseinschränkung zu Gunsten der Klägerin ergebe sich auch nicht aus dem Eckpunktepapier vom 12. April 2006. Zum einen sei nur der Landkreis, nicht aber das Landratsamt als Staatsbehörde Unterzeichner des Papiers gewesen. Daneben nehme aber die Ziffer 5 (Gründe für die Ermessensentscheidung, keine Untersagungsverfügung im Jahr 2006 zu erlassen) nur auf eine zum damaligen Zeitpunkt getroffene Entscheidung Bezug und erläutere die insoweit relevanten Ermessenserwägungen. Eine Verpflichtung, künftig keine solche Entscheidung zu treffen, werde gerade nicht eingegangen, wie sich auch aus Satz 2 dieser Ziffer ergebe. Daneben habe das Eckpunktepapier lediglich eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2009 aufgewiesen. Ein Vertrauenstatbestand sei damit nicht geschaffen worden. Nichts anderes ergebe sich schließlich auch aus § 18 Abs. 7 KrWG. Selbst bei einer (unterstellten) bislang ausgebliebenen Gefährdung habe die Norm nur zur Folge, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen zu beachten sei. Dies ergebe sich aber schon aus allgemeinen verwaltungsrechtlichen Überlegungen. Dieses mögliche Vertrauen sei mit Hilfe einer großzügigen Übergangsfrist berücksichtigt worden. § 18 Abs. 7 KrWG sei im Übrigen vor dem Hintergrund der Definition des § 17 Abs. 3 KrWG zu sehen. Damit hätten bereits in der Vergangenheit negative Auswirkungen auf die Gebührenstabilität bestanden, die bislang jedoch geduldet worden seien, wovon die Bescheidsadressaten profitiert hätten. Ergänzend werde auf die Ausführungen in der Klageerwiderung vom 16. August 2012 im Verfahren AN 11 K 12.01110 verweisen.

Mit am 9. Oktober 2012 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten ließ die Klägerin die vorliegende Klage erheben und beantragt:

Der Bescheid des Landratsamtes ...vom 6. September 2012, zugestellt am 10. September 2012, wird in sämtlichen Ziffern I. und II. aufgehoben.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass der Untersagungsbescheid sich zunächst auf die Behauptung stütze, durch die gewerbliche Sammlung der ARGE werde die Erfüllung der Entsorgungspflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG). Wie sich aus der Formulierung des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG („anzunehmen“) ergebe, handele es sich dabei um eine widerlegliche Vermutung, wobei die Darlegungslast den Beklagten treffe. Dem sei der Beklagte nicht nachgekommen. Den Untersagungsgründen unter Ziffer II. des streitgegenständlichen Bescheides seien keine Angaben zu entnehmen, warum dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Wahrnehmung seiner Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen unmöglich sein soll, wenn die gewerbliche Altpapiersammlung fortgesetzt würde. Nachdem die Klägerin die Altpapiersammlung seit sechs Jahren als gewerbliche Sammlung durchführe, sei es für den Beklagten ein Leichtes gewesen, mit Blick auf die in der Vergangenheit wahrgenommenen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers Feststellungen über etwaige wirtschaftlich unausgewogene Bedingungen zu treffen. Insbesondere hätte der Beklagte die Entwicklung der Abfallgebühren im Landkreis in den vergangenen Jahren und betriebswirtschaftliche Auswertungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers heranziehen können und müssen. Dabei hätte er feststellen können, dass im Hinblick auf die insgesamt für die Abfallentsorgung anfallenden Kosten die Verwertungserlöse für getrennt erfasste Abfallfraktionen eine nur untergeordnete Rolle spielten und das Betriebsergebnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sowie die Gebührenentwicklung kaum beeinflussten. Angesichts der Tatsache, dass er sich bei der neuen Gesetzesformulierung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ um einen höchst unbestimmten Rechtsbegriff handele, hätte der Beklagte besonders sorgfältige Feststellungen über die Entwicklung der Abfallgebühren im Landkreis ... anstellen müssen. Dies habe er offenbar unterlassen. Vielmehr gehe er relativ vage von angeblichen Verkaufserlösen zwischen 100.000,00 und 200.000,00 EUR im Jahr aus. Ohne nähere Erläuterungen gehe der Beklagte davon aus, dass Kostensteigerungen bei der Müllentsorgung nur durch angeblich zu erzielende Verkaufserlöse im Bereich der PPK-Fraktion kompensiert werden könnten. Alle anderen Einflussgrößen (z.B. etwaige Kostensteigerungen durch ineffiziente Betriebs- oder Personalstrukturen oder allgemeine, z.B. inflationsbedingte Kostensteigerungen) lasse der Beklagte vollkommen außer Acht. Der Beklagte habe auch nicht ermittelt, wie sich die Abfallgebühren zukünftig entwickeln würden, wenn die ARGE die flächendeckende Altpapiersammlung im Landkreis fortsetzen würde. Er hätte hier eine Gegenüberstellung vornehmen müssen zwischen dem Szenario einer Fortsetzung der gewerblichen Altpapiersammlung und dem Szenario einer Übernahme der gewerblichen Altpapiersammlung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Nicht berücksichtigt sei ferner, dass der Landkreis eine Drittvergabe an private Entsorgungsunternehmen beabsichtige. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger könne nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nicht nur mit keinen Verkaufserlösen rechnen, vielmehr sehe die im EU-Amtsblatt veröffentlichte Ausschreibung vor, dass die Bieter eine Vergütung erhalten, da als einziges Zuschlagskriterium unter Ziffer IV.2.1 der Angebotspreis genannt sei. Es würden also nicht nur keine Erlöse erzielt, vielmehr müsse der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach seinen eigenen Planungen ab dem 1. Juli 2013 Aufwendungen für das zu beauftragende Drittunternehmen tätigen.

Daneben treffe es auch nicht zu, dass durch den Fortbestand der gewerblichen Sammlung Ausschreibungsverfahren deutlich erschwert würden (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG). Als der Landkreis die Entscheidung getroffen habe, die Erfassung und Verwertung der PPK-Abfälle der Privathaushalte zu vergeben, sei ihm bekannt gewesen, dass die ARGE eine flächendeckende gewerbliche Sammlung durchführe. Von einem Unterlaufen der diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen (zweite Tatbestandsalternative des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) könne daher keine Rede sein. Da der Landkreis aber unstreitig von der flächendeckenden Erfassung der Papierabfälle im Landkreis durch die gewerbliche Sammlung der ARGE wisse, sei er auch in der Lage, bei der Formulierung der Ausschreibungsbedingungen das Vorhandensein dieser gewerblichen Sammlung angemessen und hinreichend zu berücksichtigen. Dies sei im vorliegenden Fall auch tatsächlich erfolgt, wie sich aus der Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union ergebe. So habe der Landkreis die Ausschreibung unter einen Aufhebungsvorbehalt gestellt und die Bieter auch über mögliche Mengenschwankungen informiert.

Die gewerbliche Sammlung sei auch wesentlich leistungsfähiger als die vom öffentlich-recht-lichen Entsorgungsträger geplante Altpapiersammlung (§ 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG). Die gewerbliche Sammlung werde flächendeckend im ganzen Landkreis ausgeführt. Der Landkreis werde zunächst sämtliche Abfallgefäße austauschen müssen und eine völlig neue Entsorgungsstruktur aufbauen. Dies werde zu langen Übergangszeiten und erheblichen praktischen Problemen führen, so dass die Beibehaltung der bisherigen gewerblichen Sammlung allein aus diesem Grund schon wesentlich leistungsfähiger sei. Daneben ergebe sich die größere Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammlung auch aus der äußerst hochwertigen stofflichen Verwertung des gesammelten Altpapiers. Im Gegensatz dazu werde die Verwertung des Altpapiers im Rahmen der geplanten Sammlungen durch den Landkreis dem zu beauftragenden Unternehmen überlassen. Daneben komme es für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit auf den Zeitpunkt der Anzeige der gewerblichen Sammlung an. Nachdem zu diesem Zeitpunkt die geplante Sammlung des Landkreises noch nicht existiert habe, könne der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger unmöglich behaupten, die von ihm – noch nicht einmal geplante – öffentliche Sammlung sei mit der derzeit stattfinden gewerblichen Sammlung vergleichbar und sogar noch leistungsfähiger. Vielmehr hätte er davon ausgehen müssen, dass die gewerbliche Sammlung wesentlich leistungsfähiger sei. Die Beweislast für die Frage der Leistungsfähigkeit trage nach rechtsstaatlichen Kriterien die Behörde, nicht der gewerbliche Sammler. Die anderslautende Auffassung verstoße gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz sowie gegen das Rechtsstaatsprinzip. Insofern habe eine verfassungskonforme Auslegung des § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG zu erfolgen.

Schließlich werde die streitgegenständliche gewerbliche Sammlung bereits seit über sechs Jahren durchgeführt und unterliege daher dem Bestandsschutz gemäß § 72, 18 Abs. 7 KrWG. Die Klägerin sei der Verpflichtung nach § 72 Abs. 2 Satz 2 KrWG nachgekommen und habe innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes die streitgegenständliche gewerbliche Sammlung angezeigt. Im Rahmen seiner Ermessensbetätigung hätte der Beklagte prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Bedingung oder Auflage nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG vorlägen. Ob ein milderes Mittel als die Untersagung der gewerblichen Sammlung in Frage komme, habe der Beklagte nicht geprüft. Er habe auch übersehen, dass bei der hier vorliegenden gewerblichen Sammlung eine weitere Prüfung nach § 18 Abs. 7 KrWG vorzunehmen gewesen wäre. Dazu hätte er feststellen müssen, ob die gewerbliche Sammlung bislang die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bzw. des von diesem beauftragten Dritten gefährdet habe. Hierzu habe er keine Ermittlungen angestellt. Im Untersagungsbescheid vom 6. September 2012 werde auf Seite 6 nur lapidar behauptet, dass „bereits in der Vergangenheit negative Auswirkungen auf die Gebührenstabilität“ bestanden hätten, die jedoch „geduldet“ worden seien. Welche negativen Auswirkungen auf die Gebührenstabilität hier gemeint seien, bleibe völlig unklar. Darüber hinaus habe das Eckpunktepapier vom 4./12. April 2006 einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf Grund dessen die Klägerin nicht mit einem Untersagungsbescheid habe rechnen müssen. Die Rahmenbedingungen oder Entscheidungsgrundlagen des Eckpunktepapiers hätten sich unstreitig nicht geändert, da die ARGE weiterhin eine zuverlässige, flächendeckende monatliche Sammlung der haushaltsnahen PPK-Abfälle durchführe. Auch der zuständige Landkreis habe sein Netz von Wertstoffhöfen nicht verändert. Das Eckpunktepapier beweise auch, dass der Beklagte nicht autonomer Entscheidungsträger für den Erlass eines Versagungsbescheids sei, sondern in Wahrheit ausführendes Organ des Landkreises. Die belege die Formulierung im Eckpunktepapier, wonach der Landkreis entscheide, „keine Untersagungsverfügung gegen die ARGE zu erlassen“. Damit werde die der Argumentation auf Seite 7 bis 9 des Schriftsatzes vom 15. Oktober 2012 im Verfahren AN 11 K 12.01110, dass das Landratsamt keine neutrale Behörde im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei, bestätigt. In dem genannten Schriftsatz führt die Klägerin im Wesentlichen aus, dass der EuGH für Eingriffe in die Grundfreiheiten des Vertrages über die Europäische Union die Tätigkeit einer „neutralen Behörde“ fordere (EuGH vom 1. Juli 2008, C – 49/07). Dieser Rechtsprechung habe sowohl der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 6. August 2010 als auch der Arbeitsentwurf vom 23. Februar 2010 Rechnung getragen. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz in der durch den Bundestag verabschiedeten Fassung habe daher für das Anzeige- und Untersagungsverfahren das Tätigwerden einer neutralen Behörde verlangt. Erst im Vermittlungsausschuss sei dann als Kompromissergebnis die Formulierung „zuständige Behörde“ aufgenommen worden. Die erforderliche Neutralität sei hier nicht gegeben. Dies ergebe sich aus der engen Verbindung von Landkreis und staatlichem Landratsamt (Landrat als Dienstvorgesetzter der Staats- und der Kreisbediensteten; gleicher Behördensitz und gleiche Behördenadresse etc.). In Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH seien daher einige Bundesländer, z.B. das Bundesland Brandenburg, dazu übergegangen, die Zuständigkeit für die Untersagung von gewerblichen Sammlungen auf Landesoberbehörden zu verlagern, um eine gründliche und unparteiische Sachverhaltsermittlung zu gewährleisten. Die Regelung der Zuständigkeit der staatlichen Landratsämter im Zusammenhang mit der Untersagung von gewerblichen Sammlungen nach Art. 29 BayAbfG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 AbfZustV begegne daher erheblichen europarechtlichen Bedenken und stelle einen Verstoß gegen Art. 106 Abs. 1und Abs. 2 AEUV dar.

Selbst wenn eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in der Vergangenheit gemäß § 18 Abs. 7 KrWG zu bejahen gewesen wäre, hätte der Beklagte die Sammlungen nicht ohne Weiteres untersagen dürfen. Vielmehr hätte er auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten müssen. Die Entscheidung des Beklagten sei ermessensfehlerhaft, da der Beklagte nicht sämtliche privaten Interessen des gewerblichen Sammlers ermittelt und in die Abwägung eingestellt habe. Bei der hier streitgegenständlichen gewerblichen Sammlung müsse im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Gefährdung der Funktionsfähigkeit auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes abgestellt werden. Dabei könne allerdings nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts laut Urteil vom 18. Juni 2009 (Az. 7 C 16.08) zurückgegriffen werden, da diese Entscheidung nur Wirkung zwischen den damaligen Prozessparteien entfaltet habe und die obergerichtliche Rechtsprechung dieses Urteil als Einzelfallentscheidung charakterisiert habe (vgl. u.a. OVG Münster vom 30.5.2011 – 20 B 1502/10; OVG Hamburg vom 18.2.2011 – 5 Bs 196/10; OVG Dresden vom 10.6.2011 – 4 B 355/10). Auch der Bundesgesetzgeber habe im Gesetzgebungsverfahren für das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz keinen Zweifel daran gelassen, dass die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im genannten Urteil mit der Europäischen Wettbewerbs- und Warenverkehrsfreiheit unvereinbar sei. Nachdem die gewerbliche Sammlung in der Vergangenheit nicht untersagt worden sei, könne eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im damaligen Zeitraum nicht angenommen werden. In der Vergangenheit sei bewiesen worden, dass der Landkreis ... seine Funktionen und Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger neben der flächendeckend durchgeführten gewerblichen Altpapiersammlung der ARGE ordnungsgemäß ausgeübt habe. Bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der besonderen Umstände (Eckpunktepapier) sei es dem Beklagten verwehrt, die gewerbliche Sammlung zu untersagen. Indem der Bundesgesetzgeber in § 18 Abs. 7 auf das schutzwürdige Vertrauen des privaten Entsorgungsunternehmers hinweise, schränke er das Entschließungsermessen der unteren Abfallbehörde bezüglich einer Untersagung ein. Da die gewerbliche Sammlung in der Vergangenheit die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unbestreitbar nicht gefährdet habe, müsse bei Berücksichtigung des schutzwürdigen Vertrauens die Ermessensbetätigung dazu führen, dass eine Untersagung der gewerblichen Sammlung ausscheide. Der Vertrauensschutz sei mit einer nachträglichen Befristung wie hier grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Der Untersagungsbescheid sei daher zwingend aufzuheben.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung bezieht er sich auf den angefochtenen Bescheid und die Ausführungen in der Klageerwiderung im Verfahren AN 11 K 12.01110. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antwort auf die Frage, warum die Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG erfüllt seien, bereits im Bescheid dargelegt worden sei. Bezüglich des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG übersehe die Klägerin das Zusammenspielen mit § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG. Eine Gefährdung der Stabilität der Gebühren (im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) sei schon dann gegeben, wenn Einnahmeausfälle zu erwarten seien, die andernfalls die vorhersehbar steigenden Kosten, etwa der Restmüllentsorgung, kompensieren könnten.

Im Bescheid sei die Größenordnung der zu erwartenden Einnahmen näher dargelegt worden. Dass die Erwirtschaftung von bereinigten Gewinnen in Höhe von 100.000,00 bis 200.000,00 EUR pro Jahr gebührenrelevant sei, liege auf der Hand. So lange die Klägerin nicht ihrerseits substantiiert bestreite, warum bei dem im Bescheid dargelegten Rahmenbedingungen nicht von einer positiven Gesamtprognose auszugehen sein solle, werde eine weitere Darlegung des Inhalts von Verträgen und der Sollkostenberechnung des Landkreises nicht für notwendig erachtet. Ein solch substantiiertes Bestreiten erfordere die Offenlegung der eigenen betriebswirtschaftlichen Ergebnisse der Klägerin. Hier würde sich sehr schnell belegen lassen, welchen Stellenwert die Einsammlung und Vermarktung von Altpapier für den Gebührenhaushalt des Landkreises habe. Ein qualifiziertes Bestreiten wäre der Klägerin ohne weiteres möglich. Beide Klägerinnen müssten sich angesichts ihres Vorbringens die Frage gefallen lassen, weshalb sie die gewerbliche Sammlung unbedingt fortsetzen möchten, wenn damit nicht erhebliche Gewinne zu erzielen wären. Eine Begründung, warum der dem Anschluss und Benutzungszwang unterworfene Gebührenzahler Steigerungen der Gebühren, bis zu deren Verdoppelung hinnehmen sollen müsste, nur um die Geschäftsinteressen der Klägerin zu schonen, bleibe diese schuldig. Soweit die Klägerin ihre wesentlich bessere Leistungsfähigkeit damit begründe, dass seitens des Beklagten keine Anhaltspunkte für in den letzten sechs Jahren erfolgte Beanstandungen vorgebracht worden seien, verkenne sie zum einen, dass sie als Begünstigte die materielle Feststellungslast für das Vorliegen ihrer wesentlich besseren Leistungsfähigkeit trage. Lägen keine Beanstandungen vor, würde dies allenfalls ihre identische Leistungsfähigkeit begründen, was nach der gesetzlichen Regelung nicht ausreiche. Im Übrigen sei auf die Aussage des Landkreises, dass die Zersplitterung der Abfuhrtage seitens der Gemeinden kritisiert worden sei, hinzuweisen. Dass es nicht zu Beanstandungen gekommen sei, stimme daher nicht. Soweit nun vorgebracht werde, dass der Aufbau eines neuen Entsorgungssystems zu langen Übergangszeiten und erheblichen praktischen Problemen führen werde, werde auf die Stellungnahme des Landkreises vom 8. August 2012 verwiesen. Darin führt der Landkreis Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim aus, dass der Aufbau einer völlig neuen Entsorgungsstruktur nicht erforderlich sei. Einerseits habe die ARGE ab dem 1. Januar 2007 die vom Landkreis aufgebaute Entsorgungsstruktur übernommen und für ihre Zwecke genutzt. So profitiere sie etwa von der Mitteilung der Termine für Altpapierabfuhr im Abfuhrkalender der Abfallwirtschaft. Außerdem hätten Sachbearbeiter des Sachgebiets Abfallwirtschaft des Landkreises Kunden bei Nachfragen oder Beschwerden bereitwillig die Nummer der Servicehotline der Klägerin mitgeteilt. Nachdem die Bürger ohnehin auch nach Jahren gewerblicher Sammlung daran gewöhnt seien, sich im Bedarfsfalle an die Abfallwirtschaft des Landkreises zu wenden, entstehe hier auch kein Bruch. Der Wechsel eines Sammlers nach erfolgten Ausschreibungen sei in der Praxis im Übrigen gang und gäbe und führe in aller Regel nicht zu einer Beeinträchtigung der Sammlung. Soweit ein Ermessensfehler beklagt werde, mache die Klägerin wohl ein Ermessensdefizit geltend: Die Interessen der Klägerin seien nicht vollumfänglich, also mit dem zutreffenden Gewicht in die Ermessenserwägung eingestellt worden. Dies treffe nicht zu. Das Interesse der Klägerin am unbehelligten Fortbestand ihrer Sammlung sei selbstverständlich in die Abwägung eingestellt worden. Es habe aber hinter dem Interesse des Entsorgungsträgers an der Einführung eines Holsystems aus den in dem Bescheid genannten Gründen zurücktreten müssen. Wäre dieses Interesse nicht berücksichtigt worden, würde auch die Einräumung einer Übergangsfrist zur Milderung der Folgen keinen Sinn machen. Mildere, gleich geeignete Mittel als die erfolgte Untersagung seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Daneben wurde im vorliegenden Verfahren zum Einwand der Europarechtswidrigkeit des § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) Folgendes vorgetragen: Zum Gesetzgebungsverfahren sei insoweit richtigzustellen, dass der Arbeitsentwurf vom 23. Februar 2010 ebenso wie die nun Gesetz gewordene Version lediglich von der „zuständigen Behörde“ spreche. Nur der Referentenentwurf vom 6. August 2010 sehe in § 18 Abs. 1 KrWG vor, dass die zuständige Behörde oder ihr Träger mit den Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nach § 20 Abs. 1 nicht betraut sein dürfe. Offenbar seien die zwischenzeitlich aufgekommenen europarechtlichen Zweifel im Ergebnis nicht für stichhaltig befunden wurden. Dies verwundere auch mit Blick auf das zitierte Urteil des EuGH nicht. Der EuGH stelle in der Rechtssache C-49/07 mitnichten die Forderung auf, Entscheidungen im Bezug zu Art. 82, 86 EGV (nunmehr Art. 102, 106 AEUV) müssten von einer auch organisatorisch-„neutralen“, soll heißen anderen Behörde wie etwa den Regierungen getroffen werden. Der EuGH habe lediglich das nach griechischem Recht notwendige Einvernehmen eines privaten Rennveranstalters im Rahmen des Erlaubnisverfahrens für weitere Rennveranstaltungen für europarechtswidrig gehalten. Dabei habe der EuGH nicht einmal das Mitentscheidungsrecht an sich beanstandet, sondern den Umstand, dass die Einvernehmensregelung an keinerlei Beschränkungen, Bindungen und Kontrollen geknüpft worden sei (vgl. RdNr. 99 des Urteils) und damit zu Missbrauch einladen würde. Vergleichbar wäre damit etwa die Statuierung eines Einvernehmenserfordernisses der Abfallwirtschaft des Landkreises zu der Durchführung von privaten Sammlungen. Eine solche Regelung habe der Gesetzgeber weder getroffen noch könne bei der öffentlichen Hand von Bindungslosigkeit gesprochen werden, die in jeder Ausprägung der Grundrechtsbindung unterliege. Ein Verstoß der Zuständigkeitsregelung gegen Art. 102, 106 AEUV sei damit nicht erkennbar.

Mit Beschluss vom 11. Oktober 2012 hat das Gericht den Landkreis ... (notwendig) zum Verfahren beigeladen.

Das Gericht wies mit Schreiben vom 29. November 2012 darauf hin, dass aus den Stellungnahmen des Beigeladenen an den Beklagten im Verwaltungsverfahren und an das Verwaltungsgericht ebenso wenig wie aus den Ausführungen des Beklagten im angefochtenen Bescheid bzw. in dessen Stellungnahmen an das Verwaltungsgericht hervorgehe, inwiefern durch die Sammlung der ARGE die Erfüllung der Entsorgungspflichten nach § 20 KrWG zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert werde. Insbesondere fehle es noch an einer Darlegung, wie sich die Sammlung auf die Bedingungen, unter denen der Beigeladene seine Entsorgungspflichten bisher erfüllt habe bzw. in der Zukunft erfüllen werde, ausgewirkt hat bzw. auswirken werde. Daneben sei bisher nicht dargelegt worden, worin genau die wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Beigeladenen durch die Sammlung liege. Hier wäre insbesondere zur Frage der Gefährdung der Gebührenstabilität (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) unter Heranziehung nachvollziehbarer Berechnungen vorzutragen.

Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2012 nahm der Beigeladene dahingehend Stellung, dass der Kreistag des Landkreises ... am 16. November 2012 abschließend durch Satzungsänderung beschlossen habe, die PPK-Fraktion ab 1. Juli 2013 wieder im Holsystem zu entsorgen. Die seit 2007 daneben bestehende Möglichkeit, Altpapier an den Wertstoffhöfen zu entsorgen, solle auch nach dem 1. Juli 2013 bestehen bleiben. Im Weiteren wurden Kalkulationen zu verschiedenen Szenarien unter Berücksichtigung der Beibehaltung bzw. Untersagung der gewerblichen Sammlung bzw. bei der Annahme unterschiedlicher Altpapiermengen dargelegt.

Die Auswirkungen wurden in Prozent der durchschnittlichen Abfallgebühr im Landkreis dargestellt (wobei die durchschnittliche Abfallgebühr eines Haushalts ohne Biotonne von 184,60 EUR als Mittel aus der Gebühr für ein 80-Liter-Gefäß mit durchschnittlich 16 Entleerungen jährlich in Höhe von 170,36 EUR und von 198,38 EUR je 120-Liter-Gefäß bei durchschnittlich ebenfalls 16 Entleerungen jährlich gebildet wurde).

Im Szenario A wurde eine Prognose für die Übernahme der Sammlung und Verwertung durch die Kommune (Kalkulation eines Jahresergebnisses) vorgenommen. Danach ergäbe sich ein Nettoerlös von ca. 137.000,00 EUR, was bei 30.000 Haushalten im Landkreis eine Gebührensenkung von 4,57 EUR (Gebührensenkung von 2,48 %) bedeuten würde.

Demgegenüber wurde im Szenario A1 nicht wie in der Ausschreibung von 9.000 Mg sondern entsprechend der laut Beigeladenem von den Klägern im Rahmen der jährlichen Abfallbilanz gemeldeten Zahlen von 12.388 Mg ausgegangen. Aus dieser Grundlage ergab sich eine Reduzierung der Abfallgebühren um 13,60 EUR je Haushalt (Gebührenermäßigung von 7,37 %).

Nachdem die ARGE die Altpapiersammlung flächendeckend im ganzen Landkreis Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim durchführe und eine Vielzahl der Bürgerinnen und Bürger irrtümlich davon ausgehe, dass der Landkreis für diese Sammlung verantwortlich sei, erachte es der Landkreis als schwierig, in Konkurrenz zur gewerblichen Sammlung ein Holsystem ab dem 1. Juli 2013 einzuführen. Im Szenario B werde daher unter der Prämisse, dass ca. 20 % der Haushalte die kommunale Papiertonne bestellen würden, untersucht, welche Auswirkungen zwei parallel durchgeführte Sammlungen hätten. Dies würde nach den Berechnungen des Landkreises eine Gebührenerhöhung um 8,28 EUR (entspricht 4,48 %) ergeben.

Nach Auffassung des Landkreises sei es sachgerecht, die Auswirkungen der Szenarien A und B auf die Müllgebühren kumulativ zu betrachten. Während beim Szenario A die durchschnittliche Müllgebühr bei 180,03 EUR liegen würde, müsste bei Szenario B vom Bürger durchschnittlich 192,88 EUR entrichtet werden. Dies würde einen Gebührenunterschied von 7,13 % bedeuten (180,03 EUR = 100 %).

Für den Landkreis seien die Einnahmen, die mittelfristig erzielt werden könnten, von großer Bedeutung. Mittelfristig könnten deshalb höhere Einnahmen erzielt werden, weil der Landkreis dann keine Kosten für die Beschaffung der Behälter mehr ansetzen müsse. Dagegen erhöhten sich die Behälterservicekosten, weil defekte Gefäße ausgetauscht werden müssten. Im Szenario C wurde daher eine Prognose bei Übernahme der ausschließlichen Sammlung durch den Landkreis nach Abschreibung der Gefäße ab dem 1. Januar 2021 (ohne anzunehmende Preissteigerungen) vorgenommen. Diese ergab einen Nettoerlös von 255.000,00 EUR, was sich in einer Gebührensenkung von 8,50 EUR je Haushalt auswirken würde. Unter Berücksichtigung der im Szenario A1 zu Grunde gelegten Mengen würde der Nettoerlös gar bei 526.000,00 EUR liegen, was zu einer Gebührenersparnis von 17,50 EUR je Haushalt (entspricht 9,48 %) führen würde.

Im Szenario D wurde dargestellt, welche Auswirkungen es für die Gebührenzahler hätte, wenn der Landkreis während einer Tiefpreisphase (30,00 EUR/Mg Altpapier) die Sammlung übernehmen müsste. Auch wenn der Landkreis nicht von einem solchen Szenario ausgehe, bestehe die Gefahr, dass die ARGE die gewerbliche Sammlung einstelle, wenn längerfristig niedrige Altpapierpreise zu erwarten seien. Insbesondere könnten die Verluste erheblich reduziert werden, wenn der Landkreis schon dann die Sammlung durchführe, so lange die Altpapierpreise positive Erträge ermöglichten und die Behälteranschaffung schon abgeschrieben sei. Das Szenario D ergab einen Verlust von 313.000,00 EUR in einem Jahr und damit eine Gebührenmehrbelastung von 10,43 EUR je Haushalt. Das Szenario B belege eindeutig, dass der Landkreis keine Sammlung zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen im Sinne von § 17 Abs. 3 KrWG durchführen könne. Es sei offensichtlich nicht der Wille des Gesetzgebers, dass mit dem Geld des Gebührenzahlers der gewerbliche Sammler im Häuserkampf herausgedrängt werden müsse. Im Szenario D sei weiter dargelegt worden, dass es nicht angehen könne, dass der Landkreis abwarten müsse, bis evtl. der Altpapierpreis so tief falle, dass der Landkreis in einer Tiefpreisphase die Sammlung wieder an sich ziehen müsse (Stichwort Rosinenpickerei), weil es sich für den gewerblichen Sammler nicht mehr rechne. In § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG sei geregelt, wann eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen sei. Von den dort in Nrn. 1 und 2 getroffenen Punkten mache das Kreislaufwirtschaftsgesetz eine Ausnahme, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung wesentlich leistungsfähiger sei. Insoweit hätten die Kläger nichts Substantiiertes vorgetragen, obwohl sie darlegungspflichtig seien. Nachdem inzwischen eine hinreichend konkret geplante Sammlung nicht bestritten werden könne, sei das Tatbestandsmerkmal des § 17 Abs. 3 Satz 3 Ziffer 1 KrWG eindeutig gegeben. Auch Ziffer 2 sei nach dem obigen Sachvortrag eindeutig belegt. Völlig unerheblich sei es nach Auffassung des Landkreises, ob die Abfallgebühren ohne die Erlöse aus der Altpapiersammlung „im Rahmen“ lägen. Damit würde das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz ad absurdum geführt und der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bestraft, der ansonsten gut wirtschafte. Auch der Tatbestand der Ziffer 3 sei erfüllt. Der Beigeladene habe bereits mehrfach vorgetragen, dass es dem Landkreis nicht möglich sei, in der Leistungsbeschreibung verlässliche Mengengerüste anzugeben, wenn gleichzeitig ein gewerblicher Sammler, der derzeit 100 % des Landkreisgebietes entsorgt, weiterhin tätig ist. Eine transparente und diskriminierungsfreie Vergabe werde somit behindert.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 21. Januar 2013 nahm der Beigeladene zu den Auswirkungen der gewerblichen Sammlung in der Vergangenheit Stellung: Der Landkreis habe 2006 die Ausschreibung der Leistungen der Altpapiersammlung für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2013 (mit zweijähriger Option) beabsichtigt. Nachdem das Vergabeverfahren abgebrochen worden sei, könne nur abgeschätzt werden, welche Kosten für den Landkreis als Auftraggeber angefallen wären. Als realistische Rechengröße würden die im Rahmen der nun erfolgten Kalkulation angenommenen Werte herangezogen. Auf dieser Grundlage errechne sich im Zeitraum 1. Januar 2007 bis 30. Juni 2013 ein Reinerlös zu Gunsten des öffentlich-recht-lichen Entsorgungsträgers von 688.459,00 EUR, pro Vertragsjahr also von durchschnittlich 105.917,00 EUR. Nach Ablauf des Vertrages zum 30. Juni 2013, wenn die Kosten für die Behälterbeschaffung auf Grund erfolgter Abschreibung nicht mehr zu berücksichtigen seien, würde sich gar ein jährlicher Reinerlös von 243.000,00 EUR ergeben. Hätte die Klägerin die gewerbliche Sammlung nicht zum 01. Januar 2007 aufgenommen, so hätten die für den Landkreis entstandenen Einnahmen bezogen auf 30.000 Gebührenhaushalte einen Gebührenanteil von 8,10 EUR (entspricht durchschnittlich 4,4 %) ergeben.

Die dargestellte Entwicklung habe bereits in der Vergangenheit Auswirkungen auf die Gebührenstabilität gehabt. Wie dargestellt seien der Abfallwirtschaft des Landkreises im vergangenen Zeitraum jährliche Einnahmen von 105.917,00 EUR entgangen. Zum 1. Januar 2009 seien die Abfallgebühren des Landkreises neu kalkuliert worden, wobei sich für den Kalkulationszeitraum 2009 bis 2011 eine Erhöhung von um rund 17 Prozent ergeben habe. Hätten die Einnahmen aus der Altpapiersammlung zur Verfügung gestanden, so hätte die Gebührenerhöhung zum 1. Januar 2009 lediglich 13,4 Prozent statt 17 Prozent ergeben müssen. Dies könne als Nachweis dafür herangezogen werden, dass die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren im Sinne von § 17 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 KrWG schon bislang gefährdet habe. In Zukunft sei unter Heranziehung einer jährlichen Kostensteigerung von 1,5 Prozent und damit rund 150.000,00 Euro pro Jahr, bezogen auf den gesamten Haushalt der Abfallwirtschaft mit den prognostizierten Einnahmen aus der Papiervermarktung, die Beibehaltung stabiler Abfallgebühren möglich. Ohne die Altpapiererlöse wäre eine Gebührenerhöhung für den ab dem 1. Januar 2016 beginnenden Kalkulationszeitraum aller Voraussicht nach unumgänglich.

Die Klägerin nahm mit Schriftsatz vom 16. Januar 2013 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 12. Dezember 2012 dahingehend Stellung, dass die Szenarien des Landkreises daran litten, dass auf der Erlösseite zu optimistische Annahmen getroffen würden, die aufgrund der Entwicklung in der Vergangenheit seriöserweise nicht getroffen werden könnten. Vor allem litten sie aber daran, dass der Landkreis eine unrealistische, nicht den Tatsachen entsprechende Altpapiersammelmenge von 9.000 Tonnen pro Jahr zu Grunde gelegt habe. Berücksichtige man die im Durchschnitt der letzten Jahre tatsächlich erzielte Sammelmenge von rund 7.000 Tonnen aus der gewerblichen Sammlung der ARGE, so kehrten sich alle positiven Szenarien des Landkreises ins Negative um, so dass mit Gebührenerhöhungen zu rechnen wäre. Daneben sei eine Prognose der Entwicklung des Altpapiermarktes angesichts in den letzten Jahren bundesweit zurückgehenden Sammelmengen praktisch nicht möglich. Soweit der Beklagte dahingehend argumentiere, dass die Erlöse durch Altpapierverkäufe mittelfristig gesichert seien, müsste ihm entgegengehalten werden, dass der Landkreis im laufenden Vergabeverfahren nur einen sehr kurzen Verwertungszeitraum vom 1. Juli 2013 bis 31.12.2014 vorsehe. Die Klägerin stellte den Szenarien des Landkreises eigene Berechnungen auf der Grundlage einer Sammelmenge von 7.000 Tonnen Altpapier pro Jahr gegenüber, die bezüglich sämtlicher Szenarien zu Gebührenerhöhungen bzw. sehr geringen Gebührensenkungen (1,72 % in Szenario C) kamen. Auf die entsprechenden Ausführungen und Berechnungen wird Bezug genommen. Zum von der Beigeladenen dargestellten Szenario A1 wurde ausgeführt, dass die dort zu Grunde gelegte Altpapiermenge von 12.388 Tonnen falsch sei. Soweit der Landkreis behaupte, die ARGE habe diese Altpapiermenge für das Jahr 2012 an den Landkreis gemeldet, sei dies frei erfunden.

Der am 25. Oktober 2012 in der Beilage zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Auftragsbekanntmachung (2012/S 206-339157) ist u.a. Folgendes zu entnehmen:

II.1.5) Kurze Beschreibung des Auftrags- oder Beschaffungsvorhabens

Der Auftraggeber vergibt den Auftrag zur:

- Sammlung und Beförderung von Altpapier (PPK) im Landkreis ...(incl. Behälteridentifikationssystem),

- Gestellung von Behältern (MGB) sowie Bewirtschaftung der Behälter für die Sammlung von Altpapier (PPK) im Landkreis ...,

- Verwertung von Altpapier (PPK) aus dem Landkreis ...

Zum Zeitpunkt der Ausschreibung wird im Gebiet des Landkreises ... eine gewerbliche Sammlung von Altpapier (PPK) durch eine Arbeitsgemeinschaft von privaten Entsorgungsunternehmen durchgeführt. Diese gewerbliche Sammlung wurde der zuständigen Stelle, der unteren Abfallwirtschaftsbehörde des Landkreises angezeigt. Die untere Abfallbehörde des Landkreises ... hat nach Prüfung der Anzeigen die gewerblichen Sammlungen bis zum 30.6.2013 befristet. Nach Ablauf der Frist wird mit diesem Ausschreibungsverfahren die flächendeckende kommunale Altpapiersammlung im Landkreis eingeführt werden, die die bisherigen gewerblichen Sammlungen ablöst.

Aufhebungsvorbehalt: Die privaten Sammelunternehmen, die die genannte gewerbliche Sammlung betreiben, haben Klage gegen die Unterlassungsverfügung der unteren Abfallbehörde eingereicht. Das Gerichtsverfahren ist Zurzeit anhängig. Sollte bis zum geplanten Zuschlagstermin kein Urteil bzw. ein für den Landkreis negatives Urteil ergehen, d.h. die gewerbliche Sammlung kann auch nach dem 30.6.2013 fortgesetzt werden, so wird die Ausschreibung in beiden Fachlosen durch den Landkreis aufgehoben werden.

II.2.1) Gesamtmenge bzw. Umfang:

Sammlung und Beförderung von 9.000 Mg/A Altpapier (PPK) incl. Gestellung von 30.500 Abfallbehältern (MGB 240 und MGB 1.100), Durchführung der Behälterbewirtschaftung (rund 610 Tauschvorgänge/a) sowie Verwertung von 9.000 Mg/A Altpapier (PPK).

II.3) Vertragslaufzeit bzw. Beginn und Ende der Auftragsausführung:

Beginn 1.7.2013. Abschluss 31.12.2020.

Angaben zu den Losen:

Los-Nr. 1, Bezeichnung: Fachlos 1: Sammlung und Beförderung von Altpapier (PPK) sowie Behältergestellung und Bewirtschaftung

Los-Nr. 2, Bezeichnung: Fachlos 2: Verwertung von Altpapier (PPK)

1) Kurze Beschreibung: Verwertung von Altpapier aus kommunaler Sammlung

3) Menge oder Umfang: Verwertung von 9.000 Mg/A Altpapier (PPK)

4) Abweichung von der Vertragslaufzeit oder vom Beginn bzw. Ende des Auftrags

Beginn 1.7.2013, Abschluss 31.12.2014.

IV.2.1) Zuschlagskriterien

Das wirtschaftlich günstigste Angebot im Bezug auf die nachstehenden Kriterien 1. Angebotspreis. Gewichtung 100

In den Vergabeunterlagen der europaweiten Ausschreibung des Landkreises ist für jedes der beiden Fachlose ein Vertragsentwurf für die zu vergebende Leistung enthalten. § 11 des Vertragsentwurfs für Fachlos 2 (Vertrag über die Verwertung von Altpapier (PPK)) lautet wie folgt:

1) Die Höhe der jeweils geschuldeten Vergütung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ergibt sich aus dem Angebot des Auftragnehmers.

2) Der Auftragnehmer gewährt dem Auftraggeber für die Verwertung von Altpapier (PPK) folgende Gutschrift (Verwertungsentgelt):

Euro pro Gewichtstonne

3) Für die durch den Auftragnehmer zu erbringende Logistikleistung (Umladung, Transport, Sortieren usw.) erhält der Auftragnehmer folgendes Entgelt (Logistikpreis):

Euro pro Gewichtstonne

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 erklärten die jeweiligen Parteien die Klagen bezüglich der Bescheide vom 25. Mai 2012 (AN 11 K 12.01087 und AN 11 K 12.01110) übereinstimmend für erledigt.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2013 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht erhoben. Nachdem eine einen anderen Zustellungstermin ausweisende Postzustellungsurkunde weder in den Behördenakten zu finden ist noch vom Beklagten beigebracht werden konnte, muss davon ausgegangen werden, dass der Bescheid vom 6. September 2012 wie von der Klägerin vorgetragen am 10. September 2012 ihrem Prozessbevollmächtigten zugestellt wurde. Damit ist die Klageerhebung am 9. Dezember 2012 ristgerecht erfolgt.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, die Klage ist damit nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzuweisen.

1)

Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Das Landratsamt ... ist nach Art. 29 Bayerisches Abfallgesetz (BayAbfG), § 4 Abs. 1 Nr. 2 AbfZustV sachlich und nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG örtlich für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig. Das Gericht teilt insbesondere auch nicht die Bedenken der Klägerin hinsichtlich der Europarechtwidrigkeit der sachlichen Zuständigkeit des (staatlichen) Landratsamtes. Die Klägerin stützt ihre diesbezüglichen Bedenken auf das Urteil des EuGH vom 1. Juli 2008 (Az. C-49/07 (MOTOE), zitiert nach juris). Laut dem zweiten Leitsatz dieses Urteils stehen die Art. 82 und 86 EGV (jetzt Art. 102 und 106 AEUV) einer nationalen Regelung entgegen, die einer juristischen Person, die Sportwettkämpfe veranstaltet und in diesem Rahmen Sponsoring, Werbe- und Versicherungsverträge abschließt, die Befugnis verleiht, ihr Einverständnis zu Anträgen auf Genehmigung der Durchführung solcher Wettkämpfe zu erklären, ohne dass diese Befugnis Beschränkungen, Bindungen und einer Kontrolle unterliegt. Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH war eine Regelung des griechischen Straßenverkehrsrechts, die einem privatrechtlich organisierten Motorsportverband ein nicht an Bedingungen gebundenes Vetorecht für die Genehmigung von Motorradrennen anderer Veranstalter durch die zuständige griechische Behörde gab.

Dieser Sachverhalt ist aber mit dem hier vorliegenden abfallrechtlichen Sachverhalt nach bayerischem Landesrecht nicht vergleichbar: Der jeweilige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger hat im vorliegenden Fall kein Vetorecht, er kann lediglich eine Stellungnahme bzw. Anregung gegenüber dem juristisch selbständigen staatlichen Landratsamt abgeben. Dieses ist an diese Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht gebunden und hat in eigener Verantwortung und Zuständigkeit zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Untersagung nach §§ 18, 17 KrWG vorliegen. Daneben erfüllt der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger anders als der Motorsportverband im griechischen Ausgangsfall eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Entscheidung des EuGH vom 1. Juli 2008 auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar ist, da der zugrundeliegende Fall wesentlich anders gelagert ist. Dass die letztlich Gesetz gewordene Fassung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes anders als der Referentenentwurf nicht von einer „neutralen Behörde“, sondern nur von der zuständigen Behörde spricht, zeigt im Ergebnis, dass der Gesetzgeber die klägerseits angeführten Bedenken an der europarechtlichen Zulässigkeit der getroffenen Zuständigkeitsregelung gerade nicht teilte (ebenso VG Hamburg, Urteil vom 9.8.2012, Az. 4 K 1905/10, zitiert nach juris, RdNr. 65/66).

Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides. Die an sich nach Art. 28 Abs. 1 VwVfG gebotene Anhörung der Klägerin vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides wurde jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG im gerichtlichen Verfahren nachgeholt und der Mangel damit geheilt.

2)

Das Gericht hat auch keine Bedenken bezüglich der Vereinbarkeit der Bestimmungen zur Zulässigkeit gewerblicher Wertstoffsammlungen in §§ 17 und 18 KrWG mit Europarecht. Insoweit wird auf die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Hamburg im Urteil vom 9. August 2012 Bezug genommen (Az. 4 K 1905/10, zitiert nach juris, RdNr. 42 bis 64; daneben auch Queitsch, UPR 2012, 221, 226; Frenz, AbfallR 2012, 168, 172; Thärichen, AbfallR 2012, 164, 165; Reese/Koch, DVBl 2010, 1393 ff.). Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin dies im vorliegenden Verfahren nicht substantiiert gerügt hat, erübrigt sich ein vertieftes Eingehen auf diese Problematik.

3)

Der Bescheid der Beklagten vom 6. September 2012 ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für eine Untersagung der gewerblichen Sammlung der Klägerin und ihrer ARGE-Partnerin nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG liegen vor. Unstreitig handelt es sich bei der von der ARGE durchgeführten und auch in Zukunft geplanten Altpapiersammlung um eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 3 Abs. 18 KrWG. Dieser gewerblichen Sammlung stehen überwiegende öffentliche Interessen im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG entgegen, da die Sammlung in diesem Sinne die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gefährdet.

a)

Der Beklagte kann sich jedoch nicht auf § 17 Abs. 3 Satz 2, 1. Alternative KrWG berufen. Danach besteht die gesetzliche Vermutung, dass eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und damit der gewerblichen Sammlung entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen vorliegen, wenn durch die gewerbliche Sammlung die Erfüllung der Entsorgungspflichten des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird. Dass dies hier der Fall ist konnte weder von dem Beklagten noch von dem Beigeladenen dargelegt werden.

Festzuhalten ist zunächst, dass Bezugspunkt für die Frage, ob die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert wird, die gesamten, den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach § 20 KrWG treffenden Entsorgungspflichten sind. Dies ergibt sich zum einen bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung, die ausdrücklich auf die „nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten“ abstellt. Aber auch der Gesetzesbegründung ist ein derartiges Verständnis der Vorschrift zu entnehmen, wenn dort ausgeführt wird: „Maßstab für die Funktionsfähigkeit ist die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (…) zur umweltverträglichen Verwertung und gegebenenfalls Beseitigung aller überlassenen oder im Entsorgungsgebiet anfallenden Haushaltsabfälle“ (BT-Drs. 17/6052, S. 87, rechte Spalte am Ende). Es kommt also nicht auf die Fähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, bei einer Beibehaltung der gewerblichen Sammlung die konkret in Frage stehende Abfallfraktion (hier Papier, Pappe und Kartonagen) zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen erfüllen zu können, an, sondern auf seine Fähigkeit, seine gesamten Entsorgungsaufgaben zu erfüllen.

Der unbestimmte Rechtsbegriff „wirtschaftlich ausgewogene Bedingungen“ dient ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/6052, Seite 87) der Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH zur Zulässigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen nach Art. 106 Abs. 2 AEUV bei im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben (ebenso Giesbert in: Beck´scher online Kommentar Umweltrecht, § 17 KrWG, RdNr. 47; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1403, 1407). Nach dieser Rechtsprechung genügt für eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen eine bloße Störung oder Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung aber nicht (Giesbert in: Beck´scher online Kommentar Umweltrecht a.a.O.). Es muss eine bestimmte Fühlbarkeit der Beeinträchtigung erreicht werden (Frenz, AbfallR 2012, 168, 170). Dementsprechend führt die Gesetzesbegründung aus, dass öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Beeinträchtigungen hinzunehmen hätten, ihre Funktionsfähigkeit müsse jedoch gewahrt bleiben (BT-Drs. 17/6052, S 87). Auf dieser Grundlage vermag das Gericht dem Postulat auf Seite 2 des streitgegenständlichen Bescheides, die Verbotsschwelle sei im neuen § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG herabgesetzt, da wirtschaftliche Erwägungen dort ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal genannt seien, nicht zu folgen. Denn vergleicht man die neue Rechtslage mit der vorherigen Rechtslage nach dem Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz, wie sie im insoweit maßgeblichen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2009 (Az. 7 C 16/08, zitiert nach juris) festgestellt wurde, so lässt sich eine Senkung der Schwelle nicht feststellen. Während das Bundesverwaltungsgericht es bereits ausreichen ließ, wenn eine gewerbliche Sammlung nach ihrer konkreten Ausgestaltung mehr als nur geringfügige Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach sich zog (BVerwG a.a.O., RdNr. 34), so muss nun eine gewisse „Fühlbarkeit“ statt dessen vorliegen. Nach Auffassung des Gerichts ist die Schwelle gegenüber der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allenfalls gleich geblieben, jedoch keinesfalls herabgesetzt worden. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, dass öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger „damit zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen“ hätten, deuten nach Auffassung des Gerichts eher dahin, dass insoweit die Schwelle leicht angehoben wurde.

Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben. Denn weder der Beklagte noch der Beigeladene konnten im gerichtlichen Verfahren darlegen, dass die gewerbliche Sammlung der ARGE in der Vergangenheit oder Zukunft Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung des Beigeladenen hatte bzw. aller Voraussicht nach haben werde, die diesem die Erfüllung seiner Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen verhindert hätten bzw. verhindern würden. Unerheblich war insoweit auch, dass sich die Beteiligten nicht darauf verständigen konnten, welche Altpapiermengen die gewerbliche Sammlung in den vergangenen Jahren durchschnittlich erzielt hatte bzw. auf dieser Grundlage mit welchen Altpapiermengen die geplante kommunale Sammlung des Beigeladenen daher in Zukunft (bei einer Untersagung der gewerblichen Sammlung) rechnen könne. Denn bereits auf Grund der vom Beigeladenen vorgelegten Annahmen und Berechnungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beibehaltung der gewerblichen Sammlung die Erfüllung der Entsorgungspflichten des Landkreises zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen in der Vergangenheit verhindert hat bzw. in der Zukunft verhindern wird.

Zunächst ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im hier vorliegenden Fall des Landkreises ... eine Sondersituation vorliegt: Anders als in den meisten noch unter der Geltung des alten Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetzes entschiedenen Fällen und auch anders als in dem soweit ersichtlich bislang einzigen auf der Rechtsgrundlage des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom VG Hamburg entschiedenen Fall (Urteil vom 9.8.2012, Az. 4 K 1905/10, zitiert nach juris) existiert im Landkreis ... bereits über mehrere Jahre hinweg eine etablierte, flächendeckende haushaltsnahe Altpapiersammlung. Demgegenüber handelte es sich in den meisten anderen Fällen jeweils um einen neu hinzukommenden gewerblichen Sammler, der auf ein bereits eingerichtetes, geplantes oder im Aufbau befindliches kommunales Sammelsystem traf. Auf Grund dieser Sondersituation sind nicht nur die Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in Zukunft, also ab Beginn der geplanten kommunalen Sammlung am 1. Juli 2013, sondern auch die Auswirkungen in der Vergangenheit zu betrachten.

Eine Verhinderung der Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu wirtschaftlich angemessenen Bedingungen wäre aus diesem Grunde dann gegeben, wenn diese Bedingungen in der Vergangenheit auf Grund des Auftauchens der gewerblichen Sammlung oder aus anderen Gründen ohne die Einnahmen aus der Altpapiersammlung nicht mehr gegeben waren. Entsprechendes konnte der Beigeladene aber nicht darlegen. Nach seinem eigenen Vortrag war zwar zu Beginn des Jahres 2009 im Landkreis eine Gebührenerhebung in Höhe von 17 % notwendig. Diese war aber nur zu 3,6 % den fehlenden Einnahmen aus der Altpapiersammlung geschuldet. Auch die für die Zukunft prognostizierten Auswirkungen einer Beibehaltung der gewerblichen Sammlung auf die Gebührenkalkulation führen zu keinem wesentlich anderen Ergebnis: Denn betrachtet man insoweit die vom Beigeladenen unterbreiteten Szenarien A (Untersagung der gewerblichen Sammlung, alleinige kommunale Sammlung) und B (Parallelsammlungen des Landkreises und der ARGE), so ergibt sich eine Auswirkung von 7,13 % auf die Müllgebühren. Die Auswirkungen auf die Müllgebühren liegen damit sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft in einem Bereich, der sich innerhalb der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung in Abgabestreitigkeiten festgelegten Erheblichkeitsgrenze bzw. Toleranzschwelle von 10 bis 12 % bewegt (vgl. nur BayVGH, Urteil vom 14.11.2008, Az. 20 BV 08.1757, RdNr. 35, zitiert nach juris). Die Auswirkungen der gewerblichen Sammlung bewegen sich mit anderen Worten damit in einem Rahmen, in dem bei Müllgebühren angesichts der mit einer Kalkulation und der damit notwendigerweise verbundenen Prognose immer verbundenen Unsicherheiten mit Abweichungen gerechnet werden muss. Von einer Verhinderung der Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu angemessenen wirtschaftlichen Bedingungen kann bei Gebührenänderungen in dieser Größenordnung nicht gesprochen werden.

Das Gericht folgt ausdrücklich auch nicht der Argumentation des VG Hamburg im genannten Urteil vom 9. August 2012: Das VG Hamburg hat die Verhinderung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen im Wesentlichen damit begründet, dass insoweit der Nachweis genüge, dass die untersagte gewerbliche Sammlung mit der ausgewogenen Aufgabenerfüllung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers „systematisch unvereinbar“ sei (a.a.O., RdNr. 87). Eine monetäre Betrachtung der Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger hat das VG Hamburg dagegen nicht vorgenommen. Nach Auffassung der Kammer ist aber im Fall des § 17 Abs. 3 Satz 2, 1. Alternative KrWG auf Grund des Wortlauts der Bestimmung und der Betonung der „wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen“ eine Betrachtung der tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen unerlässlich. Aus diesem Grunde ist auch die Behauptung im streitgegenständlichen Bescheid falsch, der Wegfall der „einzigen Einnahmequelle“ führe automatisch zu wirtschaftlich unausgewogenen Bedingungen. Der Aspekt, dass eine gewerbliche Wertstoffsammlung eventuell „systematisch unvereinbar“ mit einer vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betriebenen Sammlung sei, wäre nach Auffassung der Kammer eher unter das zweite Schutzgut des § 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG, die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, zu fassen. Für den vorliegenden Fall bleibt es jedoch an dem bereits oben gefundenen Ergebnis, dass der Beklagte und der Beigeladene sich jedenfalls nicht auf eine Verhinderung der Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen berufen können.

b)

Allerdings liegt hier eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers dadurch vor, dass dessen Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt ist (§ 17 Abs. 3 Satz 2, 2. Alternative KrWG). Denn es greift die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ein. Danach ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-recht-lichen Entsorgungsträgers insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt. In der Zusammenschau mit Satz 4 des § 17 Abs. 3 KrWG zeigt sich, dass nicht nur die bereits durchgeführte, sondern auch eine konkret geplante Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers insoweit ausreicht: Denn anders hätte die Nennung der Nr. 1 in Satz 4 keinen Sinn und keinen Anwendungsbereich (Weidemann, AbfallR 2012, 96, 100; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl 2012, 1407, 1409). Der Beigeladene plant derzeit tatsächlich die Aufnahme einer eigenen kommunalen Altpapiersammlung zum 1. Juli 2013. Dies ist durch die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch laufende Ausschreibung der insoweit notwendigen Verträge und die Änderung der Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises nachgewiesen. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG vor.

Die in dieser Bestimmung enthaltene gesetzliche Vermutung konnte auch nicht von der Klägerin widerlegt werden. Dass es sich bei Nr. 1 um eine nur widerlegliche gesetzliche Vermutungsregelung handelt, ergibt sich einerseits bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung, andererseits ist dies auch europarechtlich geschuldet. Denn bei einem Entzug nur geringer Mengen durch die gewerbliche Sammlung kann von einer „wesentlichen“ Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht mehr gesprochen werden (Frenz, AbfallR 2012, 168, 171; Beckmann/Wübbenhorst, DVBl. 2012, 1403, 1409; Giesbert in: Beck´scher online Kommentar Umweltrecht, § 17 KrWG, RdNr. 48 a). Im vorliegenden Fall zielt die gewerbliche Sammlung auf die Erfassung des gesamten, bei den Privathaushalten im Landkreis ... anfallenden Altpapieraufkommens (vgl. zur Maßgeblichkeit des geplanten Umfangs einer gewerblichen Sammlung VG Hamburg, a.a.O., RdNr. 83). Nach eigenen Angaben der Klägerin und ihrer ARGE-Partnerin sammelten diese zusammen in den letzten Jahren rund 7.000 t jährlich ein. Dem gegenüber stehen nach Angaben des Beklagten in den auf das Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz gestützten Bescheiden vom 25. Mai 2012 (dort Seite 2) rund 1.800 t pro Jahr, die über die Wertstoffhöfe der Beigeladenen gesammelt wurden. Das in der Vergangenheit gesammelte Altpapiervolumen und damit auch die Menge, die die Klägerin und ihre ARGE-Partnerin in Zukunft einzusammeln gedenken, beläuft sich damit auf ca. das Vierfache von dem, was der Landkreis über die Wertstoffhöfe an Altpapier einsammelt. Damit zielt die gewerbliche Sammlung jedenfalls nicht auf eine geringe Menge ab, so dass die gesetzliche Vermutungsregelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG hier nicht widerlegt wurde.

c)

Der Beklagte kann nicht geltend machen, dass durch die gewerbliche Sammlung der ARGE die Gebührenstabilität gefährdet wäre und dadurch eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers bestünde (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG).

Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Schutzgut dieser Ziffer des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG die Gebührenstabilität und nicht die Höhe der Gebühren ist. Der Gesetzgeber hatte bei der Fassung dieser Ziffer offenbar den Fall idealtypisch vor Augen, dass ein gewerblicher Sammler im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers neu auftritt und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei dessen Kalkulation bereits eingeplante Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von Wertstoffen „wegnimmt“ und damit die entsprechenden Einnahmen streitig macht. In einem solchen Fall kann es idealtypischerweise zur Gefährdung der Gebührenstabilität kommen, nachdem insofern eine Unterdeckung entstehen kann, was eine Neukalkulation vor Ablauf des Kalkulationszeitraums mit einer entsprechenden Erhöhung erforderlich machen kann. Im vorliegenden Fall wird jedoch bereits seit 2007 der Großteil des im Landkreis anfallenden Altpapiers durch die gewerbliche Sammlung der ARGE erfasst. Hierauf hat sich offenbar auch der Landkreis bei der Kalkulation der Müllgebühren für den derzeit laufenden Kalkulationszeitraum von 2012 bis einschließlich 2015 (vgl. die Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht) eingestellt. Die Argumentation des Beklagten und des Beigeladenen zielt im Wesentlichen darauf ab, dass durch die Einnahmen aus der Altpapiersammlung und Verwertung Müllgebühren gesenkt werden könnten. Damit will die Beigeladene die Müllgebühren aber nicht stabil halten, sondern die Stabilität vielmehr nach unten hin auflösen. Darauf zielt aber § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG nicht ab.

Eine Berufung auf diese Bestimmung wäre allenfalls dann möglich, wenn der Beigeladene dahingehend argumentieren würde, dass er die erwarteten Einnahmen aus der Sammlung und Verwertung von Altpapier dafür benötigen würde, um eine konkret bereits anderweitig zu erwartende Kostensteigerung, die zu einer entsprechenden Gebührenerhöhung führen würde, abzufangen. Insofern ist jedoch festzuhalten, dass die Darlegungslast dafür, dass die gewerbliche Sammlung für eine bestimmte Gebührenerhöhung kausal wäre, der Beklagte trägt (Giesbert in: Beck´scher online Kommentar Umweltrecht, § 17 KrWG, RdNr. 48 b; Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl., 2012, § 17, RdNr. 51; Frenz, AbfallR 2012, 168, 171). Diesen Anforderungen entspricht der Vortrag des Beklagten und des Beigeladenen nicht. Der Beigeladene hat insoweit allein vorgetragen, dass ohne die Erlöse aus der Altpapierverwertung eine Gebührenerhöhung für den ab dem 1. Januar 2016 beginnenden Kalkulationszeitraum aller Voraussicht nach unumgänglich wäre. Er legt dabei eine jährliche Kostensteigerung von 1,5 % bezogen auf den gesamten Haushalt der Abfallwirtschaft zugrunde. Dieser Vortrag ist derart pauschal und allgemein gehalten, dass auch angesichts der Unwägbarkeiten (Entwicklung der Abfallmenge, Kostenentwicklung etc.) bis 2016 von einem Kausalitätsnachweis nicht auszugehen ist.

d)

Es liegt jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des Beigeladenen aus dem Grunde vor, dass bei Beibehaltung der gewerblichen Sammlung eine diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3, 1. Alternative KrWG).

Ein Fall des Unterlaufens einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb (2. Alternative des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG) ist hier demgegenüber nicht gegeben: Denn diese Fallgruppe deckt den Fall ab, dass ein gewerblicher Sammler, nachdem er den Ausschreibungswettbewerb eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers um entsprechende Entsorgungsleistungen verloren hat, als gewerblicher Sammler mit einer Sammlung der entsprechenden Abfallfraktion beginnt (Queitsch, AbfallR 2012, 221, 226; Frenz, AbfallR 2012, 168, 172; Giesbert in: Beck´scher online Kommentar Umweltrecht, § 17 KrWG, RdNr. 48c). Ein derartiger Fall liegt hier zweifellos nicht vor.

Würde die gewerbliche Sammlung der ARGE nicht wie im hier streitgegenständlichen Bescheid untersagt, so wäre insbesondere die in Los 2 der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch laufenden Ausschreibung des Beigeladenen ausgeschriebene Verwertung des gesammelten Altpapiers unmöglich und damit auch im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG erheblich erschwert. Da nach der Konzeption des Beigeladenen die Erzielung von Einkünften durch die Sammlung und Verwertung von in Privathaushalten des Landkreises anfallenden Altpapier zur Quersubventionierung (chronisch) defizitärer Abfallfraktionen wie dem gemischten Hausmüll Hauptziel der gesamten laufenden Ausschreibung ist, wäre damit auch die Gesamtausschreibung erheblich erschwert. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Maßgebliche Vergabevorschriften für die laufende Altpapierausschreibung des Beigeladenen sind nach § 4 Abs. 1 Vergabeverordnung (VgV) der zweite Abschnitt der Vergabe und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. November 2009 (Bundesanzeiger Nr. 196 a vom 29.12.2009; Bundesanzeiger 2010 Seite 755), die sogenannten „EG-Paragraphen“ der VOL/A. Denn der Beigeladene ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB und die Auftragssumme liegt über dem Schwellenwert nach § 2 Nr. 2 VgV von 200.000,00 EUR.

Würde die gewerbliche Sammlung nicht untersagt und damit wie von der Klägerin und ihrer ARGE-Partnerin beabsichtigt weitergeführt, so bestünden im Landkreis ... zwei parallele Altpapiersammlungen. Welcher Anteil des gesamten im Landkreis bei den Haushalten anfallenden Altpapiers auf die Sammlung des Beigeladenen und welcher auf die gewerbliche Sammlung der ARGE entfallen würde, wäre nicht vorhersehbar. Insbesondere sind die vom Beigeladenen im Szenario B angenommenen 20 % rein spekulativ. Wie der Beigeladene selbst ausführt, handelt es sich dabei um eine gegriffene Zahl, für die keine Richtigkeitsgewähr besteht. Letztlich gesteht dies auch die Klägerin zu, wenn sie auf Seite 3 ihres Schriftsatzes vom 16. Januar 2013 ausführt, es handele sich dabei um Mutmaßungen ins Blaue hinein, die noch dazu nicht nachvollziehbar seien.

Für eine vergaberechtskonforme und damit diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen, insbesondere für die Ausschreibung der Verwertung des gesammelten Altpapiers (Los 2), ist die zu erwartende Menge des zu verwertenden Papiers aber essentiell: Denn bei der Menge des Altpapiers handelt es sich um einen Grundparameter für die Kalkulation. Nur wenn die Größenordnung der zu verwertenden Menge bekannt ist, kann ein Bieter entsprechende Angebote von Verwertungsfirmen einholen bzw. berechnen, wie viel es ihm (bei eigener Verwertung) wert ist, hier den Auftrag zu erhalten und ein entsprechendes Preisangebot abzugeben. Entsprechend führt der IBR-online-Vergaberechtskommentar von Weyand (Weyand, Vergaberecht, Ziffer 112.24: Besondere Hinweise zur Ausschreibung der PPK-Fraktion, RdNr. 454/3) aus: „Können auf Grund der Rechtslage parallel zur Tätigkeit des Auftragnehmers noch „gewerbliche“ Sammlungen stattfinden, bleiben wesentliche Mengenparameter im Unklaren. Dadurch aber unterliegt die letztlich dem Auftrag zugrundeliegende Menge einer erheblichen Schwankungsbreite, da sich die einzusammelnde, zu transportierende und zu verwertende Gesamtmenge erheblich reduzieren kann, je nach Möglichkeit und Intensität einer parallel stattfindenden „gewerblichen“ Sammlung. Damit aber ist eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation nicht möglich, da der Bieter die zukünftigen Mengen nicht im Voraus schätzen kann. Eine entsprechende Leistungsbeschreibung ist daher unzulässig (1. VK Sachsen, Beschluss vom 10.5.2011 – Az.: 1/SVK/009-11).“

Der genannten Entscheidung der Vergabekammer Sachsen lag ebenfalls eine Ausschreibung von Entsorgungsleistungen in Bezug auf die PPK-Fraktion zugrunde. In dem dortigen Los 3 wurden Übernahme, Transport und Verwertung des gesammelten Altpapiers ausgeschrieben. Die Vergabekammer Sachsen erkannte die Ausschreibung in Los 3 als vergaberechtswidrig, da im dortigen Fall gegenüber einem gewerblichen Sammler keine Untersagungsverfügung ausgesprochen worden und gegenüber einem anderen Sammler noch keine sofortige Vollziehung der Unterlassungsverfügung angeordnet worden sei. Die wesentlichen Mengenparameter würden im Unklaren bleiben, da im Zeitpunkt der Entscheidung der Vergabekammer der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger keine Handhabe hätte, der dortigen Klägerin eine parallele Sammeltätigkeit zu untersagen. Dadurch unterliege letztlich die dem Auftrag zugrunde liegende Menge einer erheblichen Schwankungsbreite, da sich die einzusammelnde, zu transportierende und zu verwertende Gesamtmenge erheblich reduzieren könne, je nach Möglichkeit und Intensität einer parallel stattfindenden gewerblichen Sammlung. Damit sei eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation nicht möglich, da der Bieter die zukünftigen Mengen nicht im Voraus schätzen könne. Selbst die in den Verdingungsunterlagen unterstellte „Prognosemenge“ sei letztlich auch keinesfalls als sichere Mindestmenge zu unterstellen. Letztlich sei die Leistungsbeschreibung diesbezüglich nicht eindeutig und erschöpfend, so dass sie gegen § 8 Abs. 1 VOL/A EG verstoße.

Nachdem der vorliegende Fall vergleichbar gelagert ist, würde eine Ausschreibung, die ohne die hier streitige Untersagungsverfügung erfolgt wäre, gegen § 8 Abs. 1 VOL/A EG verstoßen und damit vergaberechtswidrig sein.

Dieses vergaberechtliche Problem ließe sich auch nicht durch die Angabe von Schwankungsbreiten bezogen auf die zu verwertenden Altpapiermengen lösen. So hat das OLG München in einem Beschluss vom 6. August 2012 (Az. Verg 14/12, IBR 2013, 46) bei einer Rest- und Sperrmüllausschreibung Schwankungsbreiten von plus/minus 25 % als noch kalkulierbar angesehen. Im vorliegenden Fall wären aber auch derartige Schwankungsbreiten rein spekulativ. Die tatsächliche Verteilung des Altpapieraufkommens auf die gewerbliche und auf die Landkreissammlung hinge letztlich allein vom Verhalten der Landkreisbürger ab, das zwar durch Presse und Öffentlichkeitsarbeit des Beigeladenen und auch der ARGE beeinflusst werden könnte, letztlich jedoch auch von nicht kalkulierbaren Vorlieben und Bequemlichkeiten abhinge.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vorliegt (ebenso Queitsch, AbfallR 2012, 221, 226).

f)

Die Klägerin kann sich auch nicht nach § 17 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KrWG darauf berufen, dass die gewerbliche Sammlung der ARGE wesentlich leistungsfähiger ist als die geplante Sammlung des Beigeladenen. Nachdem im Falle einer größeren Leistungsfähigkeit im genannten Sinne nur die Ziffern 1 und 2 des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG nicht gelten, hier aber auch ein Fall des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vorliegt, würde dies ohnehin nichts daran ändern, dass der gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen nach Nr. 3 entgegenstehen.

Ungeachtet dessen liegen die Voraussetzungen der Sätze 4 bis 6 nicht vor.

Vorweg ist festzustellen, dass die Beweislast für eine größere Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammlung bei der Klägerin liegt (BT-Drs. 17/1705; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 527; Queitsch AbfallR 2012, 221, 227). Dies ergibt sich nach dem Wortlaut der Bestimmung bereits aus den allgemeinen Grundsätzen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Wieso hier, wie von der Klägerin behauptet, das Recht auf effektiven Rechtsschutz und das Rechtstaatsprinzip durch diese Beweislastverteilung verletzt sein sollten, erschließt sich dem Gericht nicht und wird von der Klägerin bezeichnender Weise auch nicht näher ausgeführt. Es ist daher von der gesetzlichen Beweislastverteilung auszugehen.

Tatsächlich stellt sich die gewerbliche Sammlung als ebenso leistungsfähig wie die geplante Sammlung des Beigeladenen dar. Insbesondere erfassen beide Sammlungen das gesamte Landkreisgebiet und auch der Abholturnus ist im Wesentlichen gleich (vierwöchig bzw. monatlich). Unter dem Gesichtspunkt der gemeinwohlorientierten Servicegerechtigkeit (§ 17 Abs. 3 Satz 5 KrWG) ist danach kein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Sammlungen zu erkennen. Die von der Klägerin beschworenen Übergangsprobleme des Beigeladenen bei der Übernahme der Sammlung durch das von ihm zu beauftragende Unternehmen sind nicht realistisch: Der Landkreis ... erfüllt die Aufgaben des öffentlich-recht-lichen Entsorgungsträgers bereits seit Jahren. Die Tatsache, dass nach einer durchgeführten Ausschreibung ein neuer Auftragnehmer die Leistungen in seinem Auftrag erbringt, ist für ihn daher nichts Neues. Dass es im vorliegenden Fall zu nennenswerten Übergangsproblemen kommen wird, schließt das Gericht daher aus. Soweit die Klägerin beklagt, dass in den Ausschreibungsunterlagen keine Abnahmegarantie für den jeweiligen Bieter für den Fall von einbrechenden Altpapierpreisen enthalten ist, ist festzuhalten, dass eine solche nach Auffassung des Gerichts nicht notwendig ist: Es gilt auch im vorliegenden Fall eines Vertragsschlusses auf Grund eines durchgeführten Vergabeverfahrens der Grundsatz „pacta sunt servanda“. Ein Kündigungsrecht des Auftragnehmers für den Fall einbrechender Altpapierpreise ist aus den vorliegenden Vertragsunterlagen nicht erkennbar. Daneben trägt eine Preisgleitklausel der Möglichkeit sich ändernder Altpapierpreise Rechnung. Schließlich ist zweifelhaft, ob dieser Aspekt nach § 17 Abs. 3 Sätze 5 und 6 KrWG überhaupt berücksichtigungsfähig wäre.

Soweit die Klägerin sich schließlich auf die bei einer Verwertung des Altpapiers durch die ARGE bestehende Hochwertigkeit der Verwertung beruft, ist festzuhalten, dass die Behauptung der Klägerin, dass ein Auftragnehmer des Beigeladenen bei sinkenden Altpapierpreisen das Altpapier verbrennen würde, angesichts der Vertragslaufzeit für das Verwertungslos (Los 2) bis Ende 2014 (mit einem Jahr Option) vollkommen spekulativ ist. Derzeit liegen die Altpapierpreise schließlich auf einem Niveau, das solch ein Verhalten widersinnig erscheinen ließe. Im Ergebnis lässt sich zusammenfassen, dass die Klägerin nicht darlegen konnte, dass die Sammlung der ARGE im Sinne von § 17 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KrWG wesentlich leistungsfähiger wäre als die geplante Sammlung des Landkreises. Dies geht nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung hier zu ihren Lasten.

g)

Die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall auch anders nicht zu gewährleisten. Der Bundesgesetzgeber hat durch die Aufnahme des Rechtsguts der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in § 17 Abs. 3 KrWG zum Ausdruck gebracht, dass dieser auf Grund seiner Organisationsverantwortung befugt ist, zu entscheiden, dass er eine bisher nicht von ihm betriebene Sammlung einer bestimmten Abfallfraktion neu aufnehmen will. Diese Entscheidung ist, wie oben gezeigt wurde, bei einer Beibehaltung der gewerblichen Sammlung der ARGE im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nrn. 1 und 3 KrWG wesentlich beeinträchtigt. Eine Möglichkeit, diese Beeinträchtigung anders als durch eine Untersagung der gewerblichen Sammlung zu beseitigen, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Die Voraussetzungen für eine (gebundene) Untersagung der gewerblichen Sammlung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG liegen daher vor. Die Ausführungen der Klägerin zu angeblichen Ermessensfehlern gehen an der Sache vorbei, da es sich bei der Untersagung nicht um eine Ermessensentscheidung handelt.

h)

Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung widerspricht auch nicht dem in § 18 Abs. 7 KrWG normierten Vertrauensschutzgrundsatz.

Zunächst ist festzuhalten, dass über § 18 Abs. 7 KrWG hinaus ein Vertrauensschutz der Klägerin nicht aus dem Eckpunktepapier vom 12./4. April 2006 zwischen dem Beigeladenen und der ARGE abgeleitet werden kann. Dafür spricht bereits, dass das Eckpunktepapier allein der Absicherung der Interessen des Landkreises und der ARGE hinsichtlich der gewerblichen Altpapiersammlung in den Jahren 2007 bis 2009 diente. Mit Ablauf dieses Zeitraums entfaltete das Eckpunktepapier daher keine Wirkungen mehr. Daran ändert es auch nichts, dass die ARGE einseitig erklärte, dass sie die gewerbliche Sammlung über das Ende des Jahres 2009 hinaus bis auf weiteres fortführen werde. Denn der Beigeladene hat insoweit über das bloße Tolerieren der gewerblichen Sammlung hinaus keinen Rechtsschein gesetzt, der ein schutzwürdiges Vertrauen hätte begründen können. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Ziffer 5, zweiter Absatz des Eckpunktepapiers ausdrücklich ein Prüfungsvorbehalt des Landkreises geregelt ist, „soweit sich die Rahmenbedingungen oder Entscheidungsgrundlagen ändern“. Zu den Entscheidungsgrundlagen gehörten insbesondere auch die rechtlichen Grundlagen einer etwaigen Untersagungsverfügung. Spätestens mit der Verabschiedung der Neuregelung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes haben sich daher auch in diesem Sinne die Entscheidungsgrundlagen geändert. Eine Bindung des Beigeladenen an das Eckpunktepapier ist spätestens in diesem Zeitpunkt entfallen.

Der Vertrauensschutz nach § 18 Abs. 7 KrWG scheidet ungeachtet der Voraussetzungen der Bestimmung nach der Kommentarliteratur (Giesbert in: Beck´scher online Kommentar Umweltrecht, § 18 KrWG, RdNr. 20; Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Aufl., 2012, § 18 RdNr. 20) im Falle der gebundenen Untersagungsverfügung nach Absatz 5 Satz 2 bereits von vorneherein aus. Danach sei die Bestimmung allein auf die Ermessenstatbestände des § 18 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 KrWG anzuwenden. Eine Begründung hierfür wird in der Kommentarliteratur zwar nicht gegeben, als Grund wird aber offenbar die gebundene Struktur der Entscheidung nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG gesehen, die eine Berücksichtigung des Vertrauensschutzes anders als eine Ermessensregelung nur schwer zulässt.

Ungeachtet dessen, ob § 18 Abs. 7 KrWG auf den vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist und ungeachtet der Frage, ob seine Voraussetzungen überhaupt hier erfüllt sind, wurde die Bestimmung durch den streitgegenständlichen Bescheid jedenfalls nicht verletzt. Denn § 18 Abs. 7 KrWG verlangt allein die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, insbesondere eines schutzwürdigen Vertrauens des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung. Hier stellt sich bereits die Frage, ob angesichts der Tatsache, dass die dem Eckpunktepapier zugrundeliegende Frist bereits seit Ende 2009 abgelaufen ist und der Landkreis seit diesem Zeitpunkt kein Verhalten gezeigt hat, das einen Vertrauenstatbestand hätte begründen können, die Klägerin und ihre ARGE-Partnerin nicht bereits mit einer Untersagung ihrer gewerblichen Sammlung durch den Beklagten rechnen mussten. Aber jedenfalls hat der Beklagte der Beachtenspflicht ausreichend Rechnung getragen, indem er eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2013 (also gerechnet von den ersten Untersagungsbescheiden vom 25.5.2012 von mehr als einem Jahr) vorgesehen hat. Diese Frist ist ausreichend dafür, dass die Klägerin sich auf das Ende der gewerblichen Sammlung einstellen und die insoweit notwendigen betrieblichen Vorkehrungen treffen konnte.

Nachdem der streitgegenständliche Bescheid vom 6. September 2012 mithin rechtmäßig ist, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nach dem Maßstab des § 162 Abs. 3 VwGO nicht als erstattungsfähig festzusetzen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem vorliegenden Streitfall um einen der ersten von einem erstinstanzlichen Verwaltungsgericht in Deutschland entschiedenen Fall bezüglich der Untersagung einer flächendeckenden gewerblichen Altpapiersammlung handelt und diese Problematik bundesweit auftritt, liegt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor. Das Gericht hat daher nach § 124 a Abs. 1 VwGO die Berufung zugelassen.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Der festgesetzte Streitwert ergibt sich aus Ziffer 2.4.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Untersagungsverfügung).