OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.01.2013 - 6 A 2634/11
Fundstelle
openJur 2013, 3404
  • Rkr:

Erfolglose Klage eines Landwirtschaftsdirektors auf Schadensersatz wegen seiner erst vier Jahre nach seiner Auswahl im Stellenbesetzungsverfahren erfolgten Beförderung.

Zum Erfordernis der Einlegung eines Rechtsmittels nach dem in § 839 Abs. 3 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 14.700,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, der dem Grunde nach bestehende Schadenersatzanspruch des Klägers werde durch den entsprechend anwendbaren § 839 Abs. 3 BGB in zeitlicher Hinsicht nahezu vollständig eingeschränkt. Denn der Kläger habe es vorwerfbar unterlassen, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels gegen das nunmehr als rechtswidrig beanstandete staatliche Verhalten abzuwenden. Als Rechtsmittel in diesem Sinn sei sein am 9. Juni 2009 bei der Beklagten eingegangener Antrag auf "rückwirkende Anpassung der Besoldung" zu verstehen, so dass sich der - für den Zeitraum ab Mai 2005 geltend gemachte - Ersatzanspruch auf die Monate Juni und Juli 2009 beschränke. Eine frühere Einlegung des "Rechtsmittels" sei dem Kläger auch zumutbar gewesen. Dass man ihm immer wieder eine baldige Beförderung versprochen habe, sei schon nicht substantiiert dargelegt. Unabhängig davon sei es ihm trotz etwaiger Versprechungen zuzumuten gewesen, ein - gegebenenfalls gerichtlich weiter zu verfolgendes - Verwaltungsverfahren gegen seinen Dienstherrn auf Zuweisung einer Beförderungsplanstelle einzuleiten. Auch ergebe sich kein Anspruch auf (rückwirkende) Besoldung aus § 46 BBesG.

Diesen näher begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts tritt der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend entgegen.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht bereits seine mündliche Nachfrage an den damaligen Direktor der M. , wann "seine Beförderung auf die ausgeschriebene Stelle umgesetzt werde" als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB angesehen werden. Zwar ist - wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - als "Rechtsmittel", das der Durchsetzung des Anspruchs auf Beförderung dient, nicht in jedem Fall nur ein Rechtsbehelf des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes zu verstehen.

Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 28. Mai 2003 - 1 A 3128/00 -, nrwe.de.

Gleichwohl lässt der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB aber grundsätzlich keinen Raum für die Annahme, der Betroffene dürfe sich ohne nachteilige Folgen anstelle des zulässigen gerichtlichen Rechtsschutzes auf bloße Gegenvorstellungen oder sonstige formlose Rechtsbehelfe beschränken, wenn diese einen Verzögerungsschaden nicht abzuwenden vermögen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 1998 - 2 C 22.97 -, juris, m.w.N., und vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 -, juris.

Dies gilt hier umso mehr als sich der Kläger in dem Zeitraum von Dezember 2005 bis April/Mai 2009 auch nach seinem eigenen Vorbringen nur auf bloße (informelle) Nachfragen, wann er befördert werde, beschränkt hat.

Es ist auch nicht anzunehmen, dass die fehlende Inanspruchnahme eines Rechtsmittels dem Kläger, etwa unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit, nicht vorwerfbar ist. Eine fehlende Vorwerfbarkeit folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass gegenüber dem Kläger in den Jahren 2005, 2007 und 2008 offenbar mehrfach mündlich die "Versprechung" abgegeben worden ist, er werde nun alsbald befördert. Gerade weil der Kläger entgegen diesen Mitteilungen und trotz des ihm - nach den auch im Zulassungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 4 der Urteilsabschrift) - zustehenden Beförderungsanspruchs gleichwohl über Jahre nicht befördert worden ist, wäre er gehalten gewesen, Rechtsmittel einzulegen. Einer positiven Kenntnis der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB bedarf es in diesem Zusammenhang nicht, da die darin aufgestellten Anforderungen letztlich aus dem allgemeinem Gedanken einer Pflicht zur Schadenabwendung folgen.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 a.a.O.

Zu Unrecht leitet der Kläger aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 1998, a.a.O., für sich her, die Einlegung eines Rechtsmittels sei ihm schon deswegen nicht zumutbar gewesen, weil er - im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall - keine Kenntnis von anderweitig "im Hause" vorgenommenen Beförderungen gehabt hätte. Er verkennt mit diesem Vorbringen, dass es in dem von ihm herangezogenen Urteil (allenfalls) auf die Kenntnis der Auswahl und Beförderung eines Mitbewerbers um denselben Beförderungsdienstposten ankam. Für die vorliegende Fallkonstellation, in der nur noch der für die Beförderungsstelle bereits ausgewählte Kläger einen Anspruch auf Beförderung (auf diese Stelle) hatte, ist nicht hinreichend dargelegt, weshalb die Kenntnis von etwaigen anderen Beförderungen "im Hause" maßgeblich für die Zumutbarkeit der Einlegung eines Rechtsmittels sein soll.

Ein die Zulassung der Berufung rechtfertigender Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben.

Die vom Kläger gerügte Verletzung der Hinweispflicht des Vorsitzenden nach § 86 Abs. 3 VwGO, dieser habe nicht auf die fehlende Substantiierung des Klägervorbringens (hinsichtlich der "Versprechen", er werde zeitnah befördert) hingewiesen, führt nicht zur Zulassung der Berufung. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann. Das Verwaltungsgericht stützt seine Begründung nämlich neben dem Fehlen "jeglicher substantiierter (...) Darlegung" zusätzlich darauf, dass es dem Kläger "unabhängig davon", dass er den geltend gemachten Versprechungen immer wieder geglaubt habe, zuzumuten gewesen wäre, gegen seinen Dienstherrn ein Verwaltungsverfahren bzw. gerichtlichen Rechtsschutz einzuleiten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG. Im Hinblick auf die teilweise Stattgabe im erstinstanzlichen Verfahren reduziert sich die vom Kläger mit Schriftsatz vom 29. April 2010 auf 15.300,00 Euro bezifferte Forderung auf den festgesetzten Betrag.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).