AG Hamm, Urteil vom 03.09.2012 - 24 C 567/11
Fundstelle
openJur 2013, 3395
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 203,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2011 zu zahlen.

 

Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 46,41 € freizustellen.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

 

(ohne Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

Gründe

Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte - nach Rückabtretung der zunächst durch den Kläger abgetretenen Schadensersatzforderung durch den Sachverständigen Plänker - ein Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe gem. § 398 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 7, 18 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG zu. Die volle Eintrittspflicht der beklagten Haftpflichtversicherung für den schadenursächlichen Verkehrsunfall vom 29.06.2011 ist zwischen den Parteien unstreitig.

Gemäß § 249 BGB hat die Beklagte mithin den Geldbetrag zu ersetzen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, sofern die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig war. Etwas anderes gilt nur für sog. Bagatellschäden, bei denen aus Gründen der Schadensminderungspflicht des Geschädigten von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen ist. Eine solche Grenze wird von der ganz überwiegenden Instanzrechtsprechung bei einem Schaden zwischen 700,00 € und 800,00 € angenommen (vgl. nur aus jüngerer Zeit mit weiteren Nachweisen AG Arnsberg, SP 2011, 340; AG Dresden, SP 2011, 158; AG Dortmund, VRR 2010, 266; AG Hannover, SP 2009, 293; AG Mitte, SP 2009, 28). Gleichviel, ob man insoweit die vom Sachverständigen kalkulierten Brutto- oder Nettoreparaturkosten zu Grunde zu legen hat (für Nettoreparaturkosten AG Mitte, a.a.O.), liegen die vom Sachverständigen Plänker in seinem Gutachten vom 14.07.2011 kalkulierten Reparaturkosten oberhalb dieser Bagatellschadengrenze. Ein Verstoß des Klägers gegen seine Schadensminderungspflicht kann mithin im Streitfall nicht festgestellt werden.

Auch die Einwendung der Beklagten zur Höhe der erforderlichen Kosten verfangen nicht. Insoweit ist zwar nicht maßgeblich, was der Kläger mit dem Sachverständigen für eine Höhe der Rechnung vereinbart hat. Vielmehr ist maßgeblich, was als ortsüblich anzusehen ist. Bei einem Schaden kann als erforderlicher Schadensaufwand nur Ersatz derjenigen Kosten verlangt werden, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Es können daher nur diejenigen Kosten als ersatzfähiger Schadensbetrag in Ansatz gebracht werden, die üblicherweise anfallen. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob der Kläger mit der Geschädigten eventuell einen überhöhten Tarif vereinbart hat, vielmehr kommt es darauf an, ob sich der vereinbarte Betrag in den Grenzen des Üblichen hält. Nur in diesem Rahmen besteht eine Erstattungspflicht. Allerdings bewegen sich die vom Sachverständigen angesetzten Nebenkosten noch in den Grenzen dessen, was üblicherweise von Sachverständigen hinsichtlich gefertigter Lichtbilder abgerechnet wird (vgl. insoweit die BVSK-Honorarbefragung, die das Gericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht Dortmund als taugliche Schätzgrundlage ansieht). Soweit die Beklagte einwendet, der Kläger sei gehalten gewesen, einen Sachverständigen aus Warstein zu beauftragen, ansonsten er die Fahrtkosten nicht erstattet verlangen könne, fehlt es bereits an der Darlegung der Beklagten, dass in Warstein überhaupt ein Sachverständiger zur Verfügung gestanden hätte.

Schließlich kann die Beklagte auch nicht damit gehört werden, dass dem Kläger jedenfalls kein Zahlungsanspruch zusteht. Zwar stand dem Kläger, da er die Rechnung vom 15.07.2011 unstreitig nicht ausgeglichen hat, zunächst nur ein Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zu. Dieser hat sich jedoch durch die Abtretung an den Gläubiger in dessen Person in einen Zahlungsanspruch gewandelt. Durch die Rückabtretung hat der Zahlungsanspruch aber seinen rechtlichen Charakter nicht wieder verloren.

Die zuerkannten Zinsen rechtfertigen sich unter Verzugsgesichtspunkten aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1, 247 BGB. Die Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, wegen derer der Kläger Freistellung begehrt, folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Streitwert: 203,49 Euro.