LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.12.2012 - L 3 KA 82/09
Fundstelle
openJur 2013, 3248
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. September 2009 aufgehoben.

Der Bescheid vom 30. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2006 wird abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Honoraranspruch des Klägers für 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 11.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Im Streit steht die Höhe der Degressionsabzüge, die bei der Honorierung vertragszahnärztlicher Leistungen des Klägers im Jahr 1999 vorzunehmen sind.

Der Kläger ist als Zahnarzt in F. niedergelassen und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Bis zum Ende des ersten Quartals 1999 führte er seine Praxis in der G. 12 in Gemeinschaftspraxis (jetzt: Berufsausübungsgemeinschaft) - als gleichberechtigte Partner - mit dem zu 7. beigeladenen Vertragszahnarzt H. I.. Die Praxis beschäftigte einen Assistenten und rechnete im Quartal I/1999 insgesamt 141.144 (degressionswirksame) Punkte ab. Seit dem Quartal II/1999 führte der Kläger die Praxis allein weiter, in der für drei Wochen im April 1999 ein Assistent beschäftigt wurde. Die Einzelpraxis rechnete in den Quartalen II - IV/1999 413.768 (degressionswirksame) Punkte ab. Auch der Beigeladene zu 7. führte seit April 1999 wieder eine Einzelpraxis.

Mit Bescheid über die Degressionsberechnung 1999 vom 19. Dezember 2003 setzte die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) dem Kläger gegenüber die für die Quartale I - IV/1999 zu degressierende Punktmenge fest. Dies waren in der Degressionsstufe 2 (ab 450.000 Punkte) 10.903 und in der Stufe 1 (ab 350.000 Punkte) weitere 105.208 Punkte. Der zu erstattende Degressionsbetrag sollte 25.380,24 DM = 12.976,71 Euro betragen. Grundlage hierfür war die bis 2005 geltende "Vereinbarung über die Anwendung der Degressionsbestimmungen gem. § 85 Abs. 4 b - f SGB V" vom 1. Dezember 1993, die zwischen der Beklagten und den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen abgeschlossen worden war.

Der Kläger legte hiergegen am 13. Januar 2004 Widerspruch ein.

Nachdem der zwischen der Beklagten und den Kassenverbänden abgeschlossene "Vertrag zur Degression 1999 bis 2003" (vom 23. Juni 2005; im Folgenden: Degressionsvertrag) während des Widerspruchsverfahrens in Kraft getreten war, erließ die Beklagte auf dessen Grundlage den Jahreshonorar- und Degressionsbescheid für 1999 vom 30. Juni 2006, mit dem ua der Degressionsbescheid vom 19. Dezember 2003 aufgehoben wurde. Nunmehr nur unter Berücksichtigung der ab April 1999 abgerechneten Punktemenge errechnete sie einen Degressionsfaktor von 8,66 % für die Quartale II-IV. Nach Abzug des Degressionsfaktors verblieb ein Abrechnungsbetrag von 704.096,61 DM (359.998,88 Euro), von denen 547.169,28 DM (279.763,11 Euro) vergütet wurden. Seinen Widerspruch gegen den ursprünglichen Degressionsbescheid begründete der Kläger daraufhin damit, dass bei der Degressionsberechnung die im Quartal I/1999 von der Gemeinschaftspraxis abgerechneten Punkte unberücksichtigt geblieben seien.

Der aus dem Kläger und dem Beigeladenen zu 7. bestehenden Gemeinschaftspraxis erteilte die Beklagte unter dem 7. Juli 2006 einen Jahreshonorar- und Degressionsbescheid für 1999, bei dem der Degressionsfaktor - bezogen auf das Quartal I/1999 - auf 0 % festgesetzt wurde. Von den insgesamt abgerechneten 235.887,82 DM (120.607,52 Euro) wurden 203.610,94 DM (104.104,62 Euro) vergütet. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2006 zurück. Bei einem Statuswechsel von einer Gemeinschafts- in eine Einzelpraxis ändere sich die mit der Zulassung vergebene Abrechnungsnummer. Gem § 1 Abs 2 des Degressionsvertrags 1999 bis 2003 und § 2 Abs 1 des Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der Beklagten seien bei nicht ganzjähriger Zulassung die Punktmengengrenzen zeitanteilig zu reduzieren.

Am 17. Oktober 2006 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, mit der er geltend gemacht hat, dass sich die Degressionsberechnung auf das gesamte Kalenderjahr 1999 zu erstrecken habe. Die gesetzlich festgesetzte degressionsfreie Gesamtpunktmenge von 350.000 Punkten je Vertragszahnarzt beziehe sich demnach immer auf das volle Kalenderjahr. Bei nur zeitweiser Tätigkeit des gleichberechtigten Partners in einer Gemeinschaftspraxis sei die degressionsfreie Punktmenge lediglich entsprechend der Dauer seiner Tätigkeit zuzuerkennen (Hinweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 79/96). Die von der Beklagten vorgenommene getrennte Berechnung von Gemeinschafts- und Einzelpraxis wirke sich zum Nachteil des Klägers aus. Denn die im 1. Quartal 1999 vorliegende Unterschreitung der degressionsfreien Punktmengengrenze (von 53.033 Punkten) könne in Hinblick auf die in den Quartalen II - IV/1999 anfallende Degressionssumme nicht gutgeschrieben werden. Bei einer Saldierung der Degressionspunkte würde sich der Degressionsfaktor dagegen auf 4,9 % reduzieren, woraus sich eine um rund 11.000 Euro niedrigere Degressionssumme ergäbe.

Mit Urteil vom 23. September 2009 hat das SG Hannover die Klage abgewiesen. Vorliegend seien durch die Zulassung der Gemeinschaftspraxis und der Einzelpraxis zwei Rechtssubjekte zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen gewesen. Die Punktmengengrenzen seien somit für jeden Vertragszahnarzt individuell zu errechnen. Die Punktmengengrenze der Gemeinschaftspraxis sei allein auf diese bezogen, für die Einzelpraxis sei eine gesonderte Punktmengengrenze zu errechnen. Dementsprechend begegne die Degressionsberechnung der Beklagten keinen rechtlichen Bedenken.

Gegen das ihm am 7. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. November 2009 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt, mit der er an seiner Rechtsauffassung festhält. Er sieht sich durch das zwischenzeitlich ergangene BSG-Urteil vom 5. Mai 2010 (B 6 KA 21/09 R) bestätigt, in dem grundsätzlich an der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung festgehalten werde. Lediglich in Ausnahmefällen seien demnach aus Sachgründen Abweichungen geboten, etwa in Fällen, in denen ein Vertragszahnarzt im Laufe eines Kalenderjahres von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder zwischen verschiedenen Gemeinschaftspraxen wechsele. Ein derartiger Ausnahmefall sei hier jedoch nicht gegeben. Das BSG habe vielmehr ausdrücklich betont, es dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass die Berücksichtigung eines Statuswechsels auch Nachteile für Vertragszahnärzte mit sich bringen könne, weil ihnen die Möglichkeit genommen werde, nach einem Statuswechsel etwaige Überschreitungen im 1. Quartal in nachfolgenden Quartalen auszugleichen. Nichts anderes gelte im (vorliegenden) umgekehrten Fall.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 23. September 2009 aufzuheben und den Bescheid vom 30. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2006 abzuändern,

2. die Beklagte zu verpflichten, über seinen Honoraranspruch im Jahr 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Neubescheidung in Hinblick auf die Durchführung der Degression unter Einbeziehung des ersten Quartals 1999 komme hier schon deshalb nicht in Frage, weil die Bescheidung der Gemeinschaftspraxis hinsichtlich des ersten Quartals bestandskräftig geworden sei. Im Übrigen führe das BSG eindeutig aus, dass im Fall des Wechsels von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder umgekehrt zwingend eine zeitanteilige sowie nach Praxen getrennte Degressionsberechnung durchgeführt werden müsse. Nichts anderes gelte im vorliegenden Fall für den Kläger.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das SG Hannover hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

Gegenstand des Streits ist zunächst der gesonderte Degressionsbescheid vom 19. Dezember 2003 gewesen. Dieser ist im Verlauf des Widerspruchsverfahrens durch den Honorar- und Degressionsbescheid vom 30. Juni 2006 ersetzt worden, der damit gem § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist (vgl Senatsurteil vom 9. April 2008 - L 3 KA 472/03 - juris). Die gegen diesen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. September 2006 (§ 95 SGG) gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Bescheidungsklage (§§ 54 Abs 1, 131 Abs 3 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Beklagte hat den Honoraranspruch des Klägers für die Quartale II - IV/1999 rechtswidrig festgesetzt, weil sie die Degression nicht zutreffend berechnet hat.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten für das Jahr 1999 (Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 6. März 1998, vom 27./28. November 1998, vom 19. Februar 1999, vom 17. April 1999 sowie Änderungsbeschluss vom 23. August 2003), der auf der Grundlage des § 85 Abs 4 S 3 ff Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ergangen ist. Der HVM wird durch den Degressionsvertrag ergänzt und modifiziert, um die vom BSG (SozR 4-2500 § 85 Nr 2) vorgegebene Verzahnung zwischen Degressionsabzug und HVM-Budgetierung zu erreichen. Sowohl der HVM 1999 als auch der - mit Rückwirkung in Kraft getretene - Degressionsvertrag stehen mit höherrangigem Recht in Übereinstimmung (Senatsurteil vom 9. April 2008 - L 3 KA 156/04 - juris - NZS 2009, 343 ff).

Zutreffend hat die Beklagte für die aus dem Kläger und dem Beigeladenen zu 7. im Quartal I/1999 bestehende Gemeinschaftspraxis einerseits und für den Kläger für die Quartale II - IV/1999 andererseits gesonderte Honorarbescheide erlassen. Damit hat sie dem Umstand Rechnung getragen, dass Inhaber von Vergütungsansprüchen einer Gemeinschaftspraxis nicht deren Einzelmitglieder, sondern die sie tragende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist (BSG SozR 4-5520 33 Nr 1; SozR 4-2500 § 106 Nr 6; Senatsurteil vom 12. Mai 2010 - L 3 KA 70/07 - juris). Die unterschiedliche Anspruchsinhaberschaft (GbR bzw Kläger als Einzelzahnarzt) erfordern es, gesonderte Honorarbescheide zu erlassen.

Bei der Berechnung des Honoraranspruchs des Klägers in den angefochtenen Bescheiden ist die Beklagte jedoch von einem unzutreffenden Degressionsfaktor ausgegangen.

Gem § 2 des Degressionsvertrags wird die „zahnarztseitige Degression“ für jeden Vertragszahnarzt in der Weise berechnet, dass die sich nach Berücksichtigung der Degressionsstufen (gem § 85 Abs 4b S 1 SGB V idF des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes <GKV-SolG> vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853) ergebende zu degressierende Punktmenge (nach § 1 Abs 3 des Degressionsvertrags) ins Verhältnis zu der von ihm abgerechneten Gesamtpunktmenge gesetzt wird. Um den sich hieraus ergebenden (prozentualen) Degressionsfaktor wird die Ist-Abrechnung jeden Leistungsbereichs vermindert (§ 2 Abs 2 Degressionsvertrag), die sodann der HVM-Budgetierung unterliegt.

Bei der Berechnung der zu degressierenden Punktmenge (nach Maßgabe des § 1 Abs 2 und 3 Degressionsvertrag) hat die Beklagte allein die vom Kläger in den drei Quartalen II - IV/1999 erbrachten Leistungen berücksichtigt und dabei die Punktmengengrenzen des § 85 Abs 4b S 1 SGB V - in entspr Anwendung des § 85 Abs 4b S 8 SGB V (vgl hierzu BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKA 79/96 - juris) - zeitanteilig vermindert (unter Berücksichtigung eines zeitweise beschäftigten Assistenten auf 268.733 Punkte bis zur Degressionsstufe 1 und auf 345.514 Punkte bis zur Degressionsstufe 2). Mit der Zugrundelegung nur der Quartale II - IV/1999 hat sie jedoch die gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4b S 1 SGB V missachtet, wonach die Degression „je Kalenderjahr“ zu berechnen ist. Hiervon ist vorliegend nicht deshalb abzuweichen, weil der Kläger in einem Quartal des Kalenderjahres 1999 in Gemeinschafts- und in den weiteren Quartalen in Einzelpraxis gearbeitet hat.

Nach der Rspr des BSG (SozR 4-2500 § 85 Nr 57) ist eine Abweichung von der jahresbezogenen Degressionsberechnung nur ausnahmsweise zulässig. Dies gilt zum einen dann, wenn ein volles Abrechnungsjahr von vornherein nicht zur Verfügung steht, weil die Degressionsvorschriften - wie im Jahr 1997 - nur für einen Teil des Jahres gegolten haben oder wenn der Vertragszahnarzt nicht im gesamten Jahr tätig gewesen ist. Bei Gemeinschaftspraxen, in denen ein Zahnarzt nur unterjährig tätig ist, kann dessen degressionsfreier Betrag bei der Degressionsberechnung für die Gemeinschaftspraxis ebenfalls nur zeitanteilig berücksichtigt werden (BSG aaO, mwN). Einer zeitanteiligen und nach Praxen getrennten Degressionsberechnung bedarf es schließlich dann, wenn ein Vertragszahnarzt im Laufe eines Kalenderjahres die Praxis wechselt, etwa von einer Einzelpraxis in eine Gemeinschaftspraxis oder zwischen verschiedenen Gemeinschaftspraxen. Eine Berücksichtigung aller im Laufe des Jahres in der Praxis tätigen Zahnärzte wäre für diesen Fall von vornherein nicht durchführbar, wenn auch nur einer der Zahnärzte innerhalb desselben Jahres verschiedenen Gemeinschaftspraxen angehörte; wäre er bei beiden Gemeinschaftspraxen mit seinen Jahreswerten zu berücksichtigen, würde die Degressionsberechnung durch die Mehrfachberücksichtigung insgesamt verfälscht. Außerdem kann die Gemeinschaftspraxis keine Haftung für solche Altschulden übernehmen, die eines ihrer Mitglieder in der Zeit ihrer Tätigkeit als Einzelzahnarzt aus Degressionsüberschreitungen erworben hat (BSG aaO, mwN).

Keiner der genannten Fälle liegt hier jedoch vor, wie der Kläger im Berufungsverfahren zutreffend dargelegt hat. Insbesondere hat der Kläger die Praxis nicht gewechselt, sondern ist nach wie vor in seinen Praxisräumen in F. tätig. Er hat dort im Jahr 1999 auch keine Gemeinschaftspraxis gegründet, sondern ist aus einer solchen ausgeschieden, ohne dass er oder sein früherer Partner in eine andere Berufsausübungsgemeinschaft gewechselt wären.

Ob auch andere Änderungen des Praxisstatus eine Abweichung von der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnungen rechtfertigen, ist vom BSG (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57; SozR 4-2500 § 85 Nr 65) bislang offen gelassen worden. Dabei hat es darauf hingewiesen, dass eine Berücksichtigung von Statuswechseln bei der Degressionsberechnung auch Nachteile für Vertragszahnärzte mit sich bringen könnte, weil ihnen die Möglichkeit genommen würde, nach einem Statuswechsel etwaige Überschreitungen im 1. Quartal in nachfolgenden Quartalen auszugleichen. So verhält es sich auch hier, weil die Degressions-"Einsparungen" des Klägers im 1. Quartal nicht mit den Degressionsbeträgen in den Quartalen II-IV/1999 verrechnet werden können.

Nach Auffassung des Senats ist eine Aufteilung der Degressionsberechnung nach Zeitanteilen (Gemeinschaftspraxis/Einzelpraxis) im vorliegenden Fall nicht rechtmäßig, sondern an der jahresbezogenen Berechnung festzuhalten. Dabei steht weder die Frage nach der Günstigkeit des Ergebnisses für den Zahnarzt noch das Abweichen von einem „Grundsatz“ im Vordergrund. Entscheidend ist vielmehr, dass die Berechnung je Kalenderjahr eindeutig im Gesetz vorgesehen ist und Gerichte und Behörden hieran gebunden sind (Art 20 Abs 3 Grundgesetz <GG>). Etwas anderes kann deshalb nur gelten, wenn - wie in den beschriebenen Fällen - die jahresbezogene Berechnung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder mit vom Gesetzgeber nicht gewollten sachwidrigen Ergebnissen verbunden wäre, die eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG bedeuten würden. Hieran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall.

Dass der bloße Wechsel der Rechtsform, in der ein Vertragszahnarzt tätig ist, nichts an der Jahresbezogenheit der Degressionsberechnung ändert, ergibt sich auch aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung. Durch die Degression sollen die Krankenkassen an den Kostenvorteilen und Rationalisierungsmöglichkeiten in umsatzstarken Zahnarztpraxen teilhaben, die sich daraus ergeben, dass bei größeren Leistungsmengen die Fixkosten einer Praxis einen degressiven Verlauf haben und die Mitarbeiter produktiver eingesetzt werden können (grundlegend BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 22). Derartige Rationalisierungseffekte zeigen sich verlässlich aber nur aufs Jahr bezogen, zumal sich viele geplante zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen über längere Zeiträume erstrecken und die Abrechnungen der einzelnen Quartale starken Schwankungen unterliegen können (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57). Dass der Gesetzgeber der Organisationsform der zahnärztlichen Praxis dabei kein entscheidendes Gewicht beimessen wollte, ergibt sich schließlich daraus, dass die Gesamtpunktmenge und die Degressionsschwellen nach § 85 Abs 4b S 1 SGB V nicht nur „je Kalenderjahr“, sondern auch „je Vertragszahnarzt“ festzusetzen sind. Ob der Zahnarzt in Einzelpraxis, in Praxisgemeinschaft oder in Gemeinschaftspraxis tätig ist, ist - mit näheren Modifikationen für Gemeinschaftspraxen in § 85 Abs 4b S 3 ff SGB V - deshalb unerheblich (Muschallik in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl, S 676, Rdnr 44).

Der Notwendigkeit für die Degressionsberechnung im strittigen Honorarbescheid das gesamte Kalenderjahr 1999 zugrunde zu legen, kann die Beklagte auch nicht entgegenhalten, dass die Degression im 1. Quartal 1999 bereits Gegenstand des bestandskräftigen Jahreshonorar- und Degressionsbescheids vom 7. Juli 2006 zugunsten der früheren Gemeinschaftspraxis Dr. J. /I. gewesen ist. Denn dort ist der Degressionsfaktor 0,00 % festgesetzt worden, sodass es im Ergebnis nicht zu einer mehrfachen degressionsbegründenden Berücksichtigung derselben Leistungen kommt. Eine Verbindlichkeit für den Kläger dergestalt, dass Leistungen des 1. Quartals für seine Degressionsberechnung unberücksichtigt bleiben müssen, kommt dem Bescheid vom 7. Juli 2006 schließlich schon deshalb nicht zu, weil dieser nur der Gemeinschaftspraxis und damit einem anderen Rechtssubjekt gegenüber ergangen ist.

Nach alledem muss die Beklagte den für den Kläger geltenden Degressionsfaktor als Berechnungselement seines Honoraranspruchs neu bestimmen. Dabei muss sie die gesamte Tätigkeit der Zahnärzte bzw des Zahnarztes in der Praxis K. 12 in F. im Jahr 1999 berücksichtigen und diese den Degressionsschwellen gegenüber stellen, die sich zeitanteilig unter Anwendung des § 85 Abs 4b S 1, S 3 und S 8 (analog) SGB V ergeben. Dies führt beispielsweise zu einer degressionsfreien Punktmengengrenze von 462.910 Punkten, wie es der Kläger in seiner Klagebegründung vom 17. Oktober 2006 dargelegt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 1 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat hat gem § 160 Abs 2 Nr 1 SGG die Revision zugelassen.

Die Streitwerthöhe ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1 und 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG).