VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.10.2012 - 5 K 1137/12
Fundstelle
openJur 2012, 130341
  • Rkr:

Der Gemeinde steht bei der Festlegung des Grundsteuerhebesatzes ein weiter (kommunalpolitischer) Entschließungsspielraum zu. Das Gericht prüft nur, ob die Gemeinde die sich aus höherrangigem Recht ergebenden Grenzen dieses Entschließungsspielraums willkürfrei eingehalten hat.

Höherrangiges Recht schließt u.a. eine übermäßige oder gar erdrosselnde Belastung der Grundsteuerpflichtigen aus. Erdrosselnd ist die Grundsteuerbelastung, wenn sie allgemein und unter normalen Umständen zur Vernichtung der Steuerquelle selbst führt. Unterhalb dieser Grenze ist eine Grundsteuerbelastung übermäßig, wenn sie allgemein und unter normalen Umständen in Bezug auf die Finanzierungsfunktion von Steuern auf der einen und den besteuerten Gegenstand auf der anderen Seite außer Verhältnis steht.

Höherrangiges Recht schließt auch eine gleichheitswidrige Besteuerung aus. Gleichheitswidrig ist eine Besteuerung, wenn der Satzungsgeber innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs ohne sachlichen Grund wesentlich Ungleiches gleich bzw. wesentlich Gleiches ungleich behandelt. Grundsteuer A, Grundsteuer B und Gewerbesteuer darf der Satzungsgeber als wesentlich ungleich auch so behandeln. Hebesätze anderer Kommunen liegen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Satzungsgebers und binden ihn nicht.

Die Gemeinde handelt willkürfrei, wenn sie bei ihrer eigenverantwortlichen Abschätzung des Finanzbedarfs keine grob unsachlichen Entschließungskriterien tragend werden lässt oder gar den zu bestimmenden Hebesatz ohne jede Würdigung seiner Wirkung auf die Steuerpflichtigen "greift". Insofern hat der Satzungsgeber im Hinblick auf den gewählten Grundsteuerhebesatz die Aufgabe, die tatsächlichen Grundlagen der Besteuerung sorgfältig zu ermitteln und unter Abwägung aller betroffenen Interessen einen Grundsteuerhebesatz zu bestimmen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten vor dem Hintergrund der durch die Beklagte vorgenommenen Erhöhung des Hebesatzes auf 825 v. H. über die Rechtmäßigkeit der Grundsteuerfestsetzung für das Jahr 2012.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Auf dem T.---platz 16 A in T1. .

Die Beklagte befindet sich seit 1994 in der Haushaltskonsolidierung und seit 2005 in der vorläufigen Haushaltsführung gem. § 82 GO NRW. Im Jahr 2011 ist die bilanzielle Óberschuldung eingetreten. Im Jahr 2008 wurde als externer Berater die M. Mutter Consulting GmbH im Rahmen der Haushaltskonsolidierungsbemühungen beauftragt. In ihrem Abschlussbericht vom 20. Dezember 2008 stellt diese dar, dass weitergehende Einsparungen nur noch durch eine vollständige Reduktion der freiwilligen Leistungen insbesondere im kulturellen und sportlichen Bereich möglich seien; dies sei jedoch weder politisch gewünscht noch empfehlenswert. Mit Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 21. Dezember 2011 wurde die pflichtige Teilnahme der Stadt T1. am Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz) festgestellt. Im Rahmen der Teilnahme am Stärkungspaktgesetz nahm die Stadt T1. eine Sanierungsberatung der Gemeindeprüfungsanstalt NRW in Anspruch, die allerdings in ihrer Ergebnisdokumentation feststellte, dass angesichts der bisherigen Konsolidierungsbemühungen seitens der Politik und Verwaltung die Entwicklung weiterer Konsolidierungsmaßnahmen nur noch sehr begrenzt möglich gewesen sei.

Die streitgegenständliche Satzung über die Festlegung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B wurde am 12. Januar 2012 im Rat der Stadt T1. beschlossen und am 18. Januar 2012 im Amtsblatt der Stadt T1. (Jahrgang 49/2012, Ausgabetag 18.01.2012, S. 3) öffentlich bekannt gemacht. Die Bekanntmachungsanordnung vom selben Tag wurde vom Bürgermeister unterschrieben. Durch die Satzung wird mit Wirkung zum 1. Januar 2012 der Hebesatz für die Grundsteuer A auf 600 v. H. und für die Grundsteuer B auf 825 v. H. erhöht, für die Gewerbesteuer bleibt die Festsetzung unverändert bei 440 v. H.

Grundlage für die Satzung bildete zunächst die Sitzungsvorlage 2011/197 vom 9. Dezember 2011. Der darin enthaltene Beschlussvorschlag sah eine Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer A auf 650 v. H. und für die Grundsteuer B auf 900 v. H. sowie eine Beibehaltung des Gewerbesteuerhebesatzes von 440 v. H. vor. Zur Begründung wurde auf die desolate Haushaltslage der Kommunen verwiesen. Nach dem Stärkungspakt Stadtfinanzen seien zusätzliche Mittel für Städte und Gemeinden bereitgestellt worden, die eine bilanzielle Óberschuldung aufwiesen. T1. zähle zu den 34 Kommunen, für die die Teilnahme pflichtig sei und die einen Haushaltssanierungsplan zur Genehmigung vorlegen müssten, nach dem spätestens bis 2016 ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden müsse. Der Haushaltsanierungsplan müsse den Abbau des Fehlbetrages in jährlichen Schritten darstellen; machbare Maßnahmen dürften nicht vertagt werden. Anderenfalls laufe die Stadt Gefahr, dass ein durch das Land eingesetzter Sparkommissar die notwendigen Entscheidungen treffe.

Vor diesem Hintergrund müssten Vorschläge zur Haushaltsanierung vorgelegt und die notwendigen Entscheidungen durch den Rat getroffen werden. Unter Berücksichtigung der Konsolidierungshilfe von jährlich 2,6 Mio. EUR verbleibe weiterhin ein jahresbezogenes strukturelles Defizit von rund 3,5 Mio. EUR. Die bisherigen Konsolidierungsbemühungen hätten gezeigt, dass die geforderte Konsolidierungssumme nicht durch weitere Einsparungen zu erreichen sei, wenn die Stadt nicht im Bereich der freiwilligen Leistungen gänzlich auf ein Mindestmaß an Angeboten im sportlichen und kulturellen Bereich verzichten wolle.

Daher müsse die Stadt die Möglichkeiten zur Verbesserung der Ertragslage nutzen. Es komme die Gewerbesteuer, die Grundsteuern A und B, die Hundesteuer sowie die Vergnügungssteuer in Betracht. Da das Gewerbesteueraufkommen zu großen Teilen durch Umlagen abgeschöpft würde und zudem mittelfristig eine Abwanderung der Gewerbetreibenden in andere Gemeinden zu befürchten sei, werde eine Erhöhung nicht befürwortet. Die Hundesteuer sei zuletzt im Jahr 2010 erhöht worden und zudem sei der Konsolidierungsbeitrag einer Erhöhung eher beschränkt. Schließlich sei aufgrund der in der Vergangenheit vorgenommenen Erhöhungen bei der Vergnügungsteuer eine Óberschreitung der rechtlichen Grenzen zu befürchten.

Folglich werde eine Erhöhung der Grundsteuerhebesätze vorgeschlagen. Dabei solle zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung sowohl die Grundsteuer A als auch die Grundsteuer B angehoben werden, wobei eine weniger starke Erhöhung der Grundsteuer A zur Vergünstigung des Wirtschaftsteils der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke führe. Das durch die Erhöhung der Grundsteuer B erreichbare Konsolidierungsvolumen betrage rund 3 Mio. EUR, wodurch der überwiegende Teil der erforderlichen Mehrerträge realisiert werden könne. Durch die Grundsteuer würden über Grundeigentum oder Miete im Grunde alle Bürger der Stadt belastet, und zwar je nach Größe der bewohnten Fläche oder nach Höhe des Grundstückswerts. Verteilungsmängel, die auf den Vorschriften des Bewertungsgesetzes beruhten, könnten dabei nicht vermieden werden. Abschließend werde von einer stufenweisen Erhöhung abgeraten, um eine weitere Defizitentstehung mit den verbundenen Zins- und Zinseszinsen zu vermeiden.

Óber diese Vorlage wurde am 15. Dezember 2011 im Rat beraten. Die weitere Beratung wurde sodann auf die Sondersitzung am 12. Januar 2012 verschoben, da insbesondere in der CDU-Fraktion der Entscheidungsprozess noch nicht abgeschlossen war. Grundlage für die Beratung am 12. Januar 2012 war sodann die angepasste Sitzungsvorlage 2011/197-1, die zwischenzeitlich als Kompromissvorschlag zwischen Verwaltung und den Fraktionen von SPD und CDU erarbeitet worden war und nach der die Grundsteuer A noch auf 600 v. H. und die Grundsteuer B auf 825 v. H. angehoben werden sollte. Zur Schließung der dadurch entstehenden Einnahmelücke (500.000 EUR) würden weitere Einsparvorschläge erarbeitet. Nach Wortbeiträgen von sieben Bürgern und Beratung mit kontroverser Diskussion wurde schließlich über diesen Vorschlag abgestimmt. Dabei wurde der Beschlussvorschlag bei 23 Ja- und 8 Nein-Stimmen mehrheitlich angenommen.

Am 31. Mai 2012 wurde sodann die Haushaltssatzung mit dem Haushaltsanierungsplan 2012 vom Rat der Stadt T1. beschlossen. Am 5. Juli 2012 wurde die Haushaltssatzung nach Änderung erneut beschlossen. Am gleichen Tag wurde zudem der Haushaltssanierungsplan geändert. Der Haushaltssanierungsplan ist Voraussetzung für den Erhalt der Konsolidierungshilfen aus dem Stärkungspaktgesetz und stellt die Maßnahmen - unter anderem auch die streitgegenständliche Hebesatzerhöhung - zusammen, durch die der Haushalt der Stadt T1. konsolidiert werden soll. Am 17. August 2012 genehmigte die Bezirksregierung V. den Haushaltssanierungsplan. Daraufhin wurde die Haushaltssatzung am 30. August 2012 im Amtsblatt der Stadt T1. (Jahrgang 49/2012, Ausgabetag 30.08.2012, S. 3) öffentlich bekannt gemacht. § 6 der Haushaltssatzung führt die für das Jahr 2012 geltenden Steuerhebesätze unter Verweis auf ihren Beschluss in der Satzung über die Steuerhebesätze der Stadt T1. vom 18. Januar 2012 auf.

Mit Grundbesitzabgabenbescheid vom 3. Februar 2012 zog die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Grundsteuer in Höhe von 562,65 EUR für das Grundstück Auf dem T.---platz 16 A heran. Die Festsetzung erfolgte - unter Zugrundelegung eines Grundsteuermessbetrages von 68,20 EUR - in Anwendung des durch die Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B vom 18. Januar 2012 festgelegten Hebesatzes von 825 v. H. Im Vorjahr 2011 hatte sich der Hebesatz noch auf 445 v. H. belaufen und war Grundlage einer Grundsteuerfestsetzung von 303,49 EUR gewesen.

Am 29. Februar 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend, die Neufestsetzung der Grundsteuer sei ermessensfehlerhaft, da ihr ein unzumutbares Sonderopfer abverlangt werde. Zwar sei die Beklagte hohen finanziellen Belastungen ausgesetzt, dies resultiere aber daraus, dass sie es in der Vergangenheit versäumt habe, Strukturdefizite auszugleichen und hinreichende Einsparungen vorzunehmen. Die Beklagte habe es zudem versäumt, Alternativen zu einer Anhebung des Grundsteuerhebesatzes, wie beispielsweise den Verkauf von Immobilien oder eine Erhöhung des Gewerbe-, Hunde-, oder Vergnügungssteuersatzes zu erwägen oder durchzuführen. Die Tatsache, dass nur eine Erhöhung der Grundsteuer nicht aber der Gewerbesteuer vorgenommen worden sei, führe zugleich zu einem Verstoß gegen den aus Artikel 3 des Grundgesetzes folgenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Auch sei nicht ersichtlich, warum die Grundsteuer A nicht auf den gleichen Satz wie die Grundsteuer B angehoben worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Grundbesitzabgabenbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2012 aufzuheben, soweit sich dieser auf die erhöhte Festsetzung der Grundsteuer bezieht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt unter Vertiefung der Argumente aus der Satzungsvorlage im Wesentlichen vor: Das Grundsteueraufkommen stehe nach Art. 106 Abs. 6 GG den Gemeinden zu, die nach § 25 GrStG als der Teil verfassungsrechtlich geschützten Steuerhoheit das Recht hätten, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Bei der Festlegung bestehe ein weiter Ermessensspielraum, der nur durch die allgemeinen Grundsätze der Gemeindehaushaltsverordnung und des Steuerrechts begrenzt sei. Die Gemeinde könne die Hebesätze autonom nach den jeweiligen finanziellen Bedürfnissen festsetzen.

Sie verweist auf die prekäre finanzielle Lage der Stadt. Im Jahr 2011 sei eine bilanzielle Óberschuldung und damit ein rechtswidriger Zustand eingetreten. Die erforderliche Konsolidierung könne durch weitere Einsparungen im Haushalt nicht mehr erreicht werden. Deshalb sei die Verbesserung der Ertragslage erforderlich. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer sei erst ab dem Jahr 2018 beabsichtigt. T1. sei ohnehin gewerbesteuerschwach und eine Erhöhung sei einerseits geeignet, die Gewerbetreibenden zu vertreiben, anderseits werde das Aufkommen ohnehin teilweise durch Umlagen abgeschöpft.

Die Erhöhung der Grundsteuer B ermögliche demgegenüber annähernd das Erreichen des erforderlichen Konsolidierungsvolumens. Die durch die Anhebung des Hebesatzes bedingte jährliche Mehrbelastung der Eigentümer betrage im Durchschnitt 330 EUR. Zwar sei die Belastung für die Bürger durchaus unterschiedlich (15 EUR bis 6.000 EUR), im Ergebnis würden durch die Erhöhung aber alle Bürger als Grundstückseigentümer oder über die Mieten belastet. Dabei würden Bewohner größerer oder höher bewerteter Gebäude mehr belastet als Bewohner kleiner Gebäude oder Mietwohnungen. Die sofortige vollständige Anhebung anstelle einer schrittweisen Erhöhung der Hebesätze sei erforderlich gewesen, um das Entstehen weiterer Defizite zu vermeiden. Die mit der Grundsteuererhöhung verbundene Ertragssteigerung bilde einen wesentlichen Grundstein des Haushaltssanierungsplans. Der Rat der Stadt T1. habe die Entscheidung über die Grundsteuererhöhungen letztlich in Abwägung der dargestellten Belange und im Rahmen der geltenden Gesetze der Gemeindeordnung und des Stärkungspaktgesetzes getroffen.

Die Grundsteuer zeitige auch keine erdrosselnde Wirkung, da dies erfordere, dass die Steuer von der Mehrheit der Steuerpflichtigen nicht mehr aufgebracht werden könne. Dies widerlege schon die tatsächliche Zahlungsabwicklung, da lediglich die übliche Rückstandsquote von 5 v. H. und keine Vermehrung der Stundungsanträge zu verzeichnen sei. Ebenso habe die Erhöhung nur zu einer geringen Klagequote geführt (170 Klagen bei 10.000 Bescheiden). Zudem seien die Beträge relativ im Vergleich zum Wert der Immobilien gesehen weiterhin gering und könnten typischerweise aus dem Vermögensertrag aufgebracht werden.

Die Stadt T1. habe bei der Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen ermessensfehlerfrei gehandelt und den Hebesatz nicht willkürlich festgesetzt. Insbesondere könne die Stadt den Hebesatz allein an dem Finanzbedürfnis ausrichten, da keine gesetzliche Höchstgrenze bestehe und auch das in der Gemeindeordnung verankerte Subsidiaritätsprinzip dem nicht entgegenstehe. Vor dem Hintergrund der finanziellen Lage sei die Erhöhung des Hebesatzes als "Ultima Ratio" erfolgt. Nur so habe ein genehmigungsfähiger Haushaltssanierungsplan aufgestellt werden können. Schließlich sei die Stadt T1. nicht die einzige Gemeinde, die sich entsprechender Mittel bedienen müsse, wie die Beispiele Berlin und Dierfeld und eine Vielzahl von entsprechenden Óberlegungen gerade der pflichtigen am Stärkungspaktgesetz teilnehmenden Gemeinden in NRW zeigten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig aber unbegründet.

Der Grundsteuerbescheid der Beklagten vom 3. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer sind §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1, 1 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes - GrStG - in Verbindung mit § 2 der Satzung über die Festsetzung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B der Stadt T1. vom 18. Januar 2012 (im Folgenden: Hebesatzung).

Gemäß §§ 1 und 25 GrStG bestimmt die Gemeinde, ob und in welcher Höhe, d.h. mit welchem Hebesatz, sie von dem in ihrem Gemeindegebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer erhebt. Diese Regelung beruht darauf, dass das Hebesatzrecht der Gemeinden in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 des Grundgesetzes - GG - verfassungsrechtlich garantiert ist. Von dieser Ermächtigung hat der Rat der Stadt T1. Gebrauch gemacht und den Hebesatz für die Grundsteuer B durch die Hebesatzung mit Wirkung vom 1. Januar 2012 auf 825 v. H. festgesetzt. Diesen Hebesatz hat die Beklagte auf den gemäß § 13 GrStG durch das Finanzamt ermittelten Grundsteuermessbetrag, an den sie gemäß §§ 184, 182 der Abgabenordnung - AO - gebunden ist, angewandt und daher die Grundsteuer auf der Grundlage des § 27 GrStG für das Kalenderjahr 2012 zutreffend festgesetzt.

Soweit sich die Klägerin vorliegend dagegen wendet, dass der Bemessung der Grundsteuer ein Hebesatz von 825 v. H. zugrunde gelegt worden ist, greift das Vorbringen nicht durch. Zwar kann der beschwerte Steuerpflichtige in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Grundsteuerbescheid im Wege der sogenannten Inzidentprüfung auch die Óberprüfung der Rechtmäßigkeit des von der Gemeinde festgesetzten und angewendeten Hebesatzes verlangen. Insofern ist das Gericht aber lediglich berechtigt und verpflichtet zu prüfen, ob die betreffende Satzung, die die Grundlage für die Hebesätze bildet, formell- und materiellrechtlich gültig ist oder ob sie gegen höherrangiges Recht verstößt. Außerhalb dieser Rechtskontrolle liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde als Normgeber, den Hebesatz zu bestimmen.

Vgl. BayVGH, Beschl. v. 21. Februar 2006 - 4 ZB 05.1169 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -; VG Würzburg, Urt. v. 12. Juli 2006 - W 2 K 06.55 -; VG Ansbach, Urt. v. 16. März 2005 - AN 11 K 04.03698 -, jeweils zit. nach juris; Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 5; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 5.

Die von der Stadt T1. für das Jahr 2012 vorgenommene Erhöhung des Hebesatzes von 445 v. H. auf 825 v. H. begegnet vor diesem Hintergrund keinen rechtlichen Bedenken. Die Hebesatzung der Stadt T1. stellt eine formell (1.) wie materiell (2.) wirksame Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Grundsteuer dar. Insbesondere wurde weder gegen einfachrechtliche Vorschriften des Grundsteuergesetzes, des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen oder haushaltsrechtliche Vorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (a) noch gegen das Grundgesetz (b) verstoßen.

1. Es wurden die maßgeblichen verfahrensrechtlichen Vorschriften bei der Festsetzung des Hebesatzes eingehalten. Diese ergeben sich aus den Haushaltsvorschriften der jeweils maßgebenden Gemeindeordnung.

Vgl. Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 3.

Die darin normierten verfahrensmäßigen Anforderungen wurden im Prozess des Satzungserlasses eingehalten. Insbesondere erfolgte eine ordnungsgemäße Bekanntmachung der Hebesatzung nach § 7 Abs. 4, 5 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - GO NRW - i.V.m. § 4 der nordrheinwestfälischen Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht (Bekanntmachungsverordnung - BekanntmVO -) i.V.m. § 15 der Hauptsatzung der Stadt T1. im Amtsblatt der Stadt.

Soweit demgegenüber gerügt wird, dass keine ordnungsgemäße Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss erfolgt sei, steht dies der Wirksamkeit der Hebesatzung nicht entgegen. Denn auch wenn in §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 3 der Zuständigkeitsordnung und Vergaberichtlinien in der Fassung des Ratsbeschlusses vom 17. Dezember 2009 der Stadt T1. eine Vorberatung durch den Haupt- und Finanzausschuss vorgesehen ist, handelt es sich dabei um auf Grundlage von §§ 57 Abs. 4, 58 Abs. 1 GO NRW ergangenes reines Innenrecht der Verwaltung. Im Rahmen der aus dem Selbstverwaltungsrecht folgenden Organisationshoheit erlaubt § 57 Abs. 1 GO NRW dem Rat, Ausschüsse zu bilden und ihnen Aufgaben zuzuweisen. Für das Verfahren gelten die Geschäftsordnung des Rates oder spezielle allgemeine Verfahrensregeln, die der Rat nach § 57 Abs. 4 GO NRW erlässt. Diese Vorschriften sind zwar rechtlich verbindlich, zeitigen aber keine Rechtsfolgen für außerhalb der Verwaltung Stehende, die sich nicht auf die entsprechenden Vorschriften berufen können. Verstöße gegen die entsprechenden Innenrechtssätze führen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des davon betroffenen Ratsbeschlusses, auch wenn dieser einen Rechtssetzungsakt zum Gegenstand hat.

Vgl. für die Geschäftsordnung des Rates OVG Münster, Urt. v. 27. August 1996 - 15 A 32/93 -, zit. nach juris; Holtbrügge, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Bd. I, Loseblatt, § 2 KAG Rn. 12; Held/Becker/Decker/Kirchhof/

Krämer/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Loseblatt, Erl. 6.2 zu § 47 GO NRW m.w.N.; Rehn/Cronauge/

von Lennep/Knirsch, GO NRW, Loseblatt, Erl. II. 3. f) zu § 41 GO NRW; Dietlein/Burgi/Hellermann, Öffentliches Recht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 2007, § 2 Rn. 203.

Auch gegen die Festlegung des Hebesatzes in einer isolierten Hebesatzung bestehen keine Bedenken. Es steht der Gemeinde frei, den Hebesatz in der jährlichen Haushaltssatzung oder (mehrjährig) in einer besonderen Abgabensatzung festzulegen.

Vgl. OVG Münster, Urt. v. 6. August 1990 - 22 A 57/89 -, NVwZ 1991, 1208 f.; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 3, 7; Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 3; Rehn/Cronauge/von Lennep/Knirsch, GO NRW, Band 2, Loseblatt, § 78 Anm. III. 3.; Holtbrügge, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Bd. I, Loseblatt, § 2 KAG Rn. 4; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, NVwZ 1991, 907, 908; BayVGH, Beschl. v. 21. Februar 2006 - 4 ZB 05.1169 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 18. Februar 2004 - 7 K 4720/02 -, jeweils zit. nach juris.

Nichts anderes ergibt sich aus § 78 Abs. 2 Ziffer 4 GO NRW. Danach enthält die Haushaltssatzung die Festsetzung der Steuersätze, die jedes Jahr neu festzusetzen sind. Diese Vorschrift kann nicht so verstanden werden, dass sämtliche Steuersätze der Gemeindesteuern für jedes Haushaltsjahr neu festgesetzt werden müssen und damit die spezifischen verfahrensrechtlichen Anforderungen für den Erlass einer Haushaltssatzung zu beachten wären. Vielmehr betrifft die Vorschrift nur diejenigen Steuersätze, die kraft anderer gesetzlicher Regelung notwendig für jedes Haushaltsjahr neu zu bestimmen sind.

Vgl. OVG Münster, Urt. v. 6. August 1990 - 22 A 57/89 -, NVwZ 1991, 1208 m.w.N.; BayVGH, Beschl. v. 21. Februar 2006

- 4 ZB 05.1169 -, zit. nach juris.

§ 25 Abs. 2 GrStG gibt insofern lediglich vor, dass der Hebesatz für ein oder mehrere Kalenderjahre, höchstens jedoch für den Hauptveranlagungszeitraum der Steuermessbeträge festzusetzen ist. Damit findet § 78 Abs. 2 Ziffer 4 GO NRW auf die Grundsteuer keine Anwendung.

2. In materieller Hinsicht erweist sich die Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer ebenfalls als wirksam.

Dabei ist hinsichtlich des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes Folgendes zu beachten: Nach Art. 106 Abs. 6 GG steht das Aufkommen der Grundsteuer den Gemeinden zu. Die Gemeinden haben dabei das Recht, die Hebesätze der Grundsteuer festzusetzen. Wegen dieser verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil ihrer Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet.

Vgl. OVG Münster, Beschl. v. 22. Juli 2009 - 15 A 2324/07 -; Urt. der erkennenden Kammer v. 19. Mai 2011 - 5 K 3622/10 -; VG Münster, Urt. v. 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, jeweils zit. nach juris; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4; Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar,

2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 4.

Im Rahmen dieses Entschließungsspielraums, der auch erfasst, auf welche Weise sie ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanziert, kommt es der Gemeinde - durch ihren Rat - zu, die Hebesätze autonom unter Abwägung der jeweiligen finanziellen Bedürfnisse festzusetzen. Allerdings darf die Grundsteuer die dieser Steuer unterworfenen Bürger nicht übermäßig belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen. Die Steuer darf mithin gemessen an einer normalen finanziellen Leistungskraft keine "erdrosselnde" Wirkung haben. Auch darf die Gemeinde bei ihrer eigenverantwortlichen Abschätzung des Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, d.h. evident willkürlichen Entschließungskriterien tragend werden lassen oder gar den zu bestimmenden Hebesatz ohne jede Würdigung seiner Wirkungen auf die Steuerpflichtigen "greifen". Auf die Óberprüfung, ob diese Grenzen des dem Rat der Gemeinde durch Verfassungsrecht zukommenden Entschließungsspielraums, der oftmals als "Satzungsermessen" bezeichnet wird, eingehalten worden sind, hat sich die gerichtliche Kontrolle zu beschränken. Das bedeutet, dass der innerhalb dieser Grenzen des "Satzungsermessens" für die Gemeinde verbleibende weite Beurteilungsfreiraum der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist. Dementsprechend sind weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen - und entsprechend legitimierten - Satzungsgebers zu stellen.

Vgl. Urt. der erkennenden Kammer v. 19. Mai 2011 - 5 K 3622/10 -; VG Münster, Urt. v. 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, jeweils zit. nach juris.

Zusammenfassend beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei der Kontrolle satzungsrechtlicher Abgabenregelungen die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht und umfasst nicht die Óberprüfung nach Art ermessengeleiteter Verwaltungsakte.

Vgl. BVerwG, Urt. v. 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, Urt. v. 10. Dezember 2009 - 9 C 13.08 -; OVG Münster, Beschl. v. 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -, Beschl. v. 9. März 2012 - 14 A 73/11 -; Beschl. v. 22. März 2012 - 14 A 442/12 -, jeweils zit. nach juris.

Allerdings kann auch vor diesem Hintergrund nach Ansicht der Kammer aus verfassungsrechtlichen Gründen und damit aus Gründen höherrangigen Rechts nicht gänzlich auf eine Prüfung des Abwägungsmaterials sowie des Abwägungsvorgangs auf eventuelle Fehlerhaftigkeit verzichtet werden.

Vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 7. Oktober 2010 - 2 K 3396/10 -; so aber OVG Münster, Urt. v. 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -; OVG Lüneburg, Urt. v. 8. November 2010 - 9 LA 199/09 -; VG Münster, Urt. v. 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -, jeweils zit. nach juris.

Hiervon ausgehend lässt sich nicht feststellen, dass der Rat der Gemeinde T1. mit dem für das Steuerjahr 2012 beschlossenen Hebesatz für die Grundsteuer B in Höhe von 825 v. H. die der gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Grenzen seines weiten Entschließungsspielraums verletzt hätte.

a) Soweit vorgebracht wird, die in der Satzung der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Hebesatzes "bis auf Weiteres" verstoße gegen die Vorgaben des § 25 Abs. 2 GrStG, trifft dies nicht zu. Die Vorschrift ermöglicht vielmehr explizit eine für mehrere Jahre erfolgende Festsetzung der Hebesätze. Zwar kann ein Hebesatz längstens für den laufenden Hauptveranlagungszeitraum Gültigkeit haben; dies steht aber einer Festlegung ohne zeitliche Befristung nicht entgegen.

Vgl. Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 6; Fock/Peter/Mannek, GrStG, Kommentar, Loseblatt, Erl. zu § 25.

Denn eine entsprechende Regelung führt zu keiner Selbstbindung, die einer späteren Änderung oder erforderlichen Anpassung, sobald eine neue Hauptveranlagung erfolgt, entgegen stehen würde. Vielmehr dient die längerfristige Festlegung lediglich einer Verwaltungsvereinfachung. Dies gilt umso mehr, als ein Zeitpunkt für eine neue Hauptveranlagung i.S.d. § 16 Abs. 2 GrStG bislang nicht festgelegt ist.

Auch besteht keine gesetzlich bestimmte Hebesatz-Höchstgrenze. Von der in § 26 GrStG vorgesehenen Möglichkeit zur Einführung einer (absoluten) Hebesatz-Höchstgrenze hat der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen keinen Gebrauch gemacht. Schon aus dem Wortlaut ergibt sich, dass diese Regelung die Länder zum Erlass entsprechender Regelungen lediglich berechtigt aber nicht verpflichtet. Die Einführung verbindlicher Obergrenzen durch den Landesgesetzgeber ist folglich nicht Voraussetzung für eine gültige Festsetzung des Hebesatzes durch die Gemeinden.

Vgl. BVerwG, Urt. v. 21. Januar 1991 - 8 NB 1.90 -, NVwZ 1991, 894; OVG Lüneburg, Urt. v. 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, NVwZ 1991, 907, 908; BayVGH, Beschl. v. 21. Februar 2006 - 4 ZB 05.1169 -; VG Aachen, Urt. v. 24. März 1997 - 6 K 3497/96 -, jeweils zit. nach juris.

Soweit schließlich vorgebracht wird, die Beklagte habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, in der Hebesatzung einen Fälligkeitszeitpunkt für die Grundsteuer festzusetzen, war eine entsprechende Festsetzung entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG NRW - nicht erforderlich. Diese Vorschrift normiert Anforderungen für eine auf der Rechtsgrundlage von § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 KAG NRW erlassene Steuersatzung. Demgegenüber gelten die Bestimmungen des KAG NRW für Abgaben, die aufgrund bundesrechtlicher Vorschriften erhoben werden, schon aus kompetenziellen Gründen nur als ergänzendes Recht, soweit das Bundesrecht keine Regelung getroffen hat.

Vgl. Holtbrügge, in: Driehaus (Hrsg.), Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Bd. I. Loseblatt, § 1 KAG Rn. 9 f., 18.

Indes ist für die Grundsteuer schon kraft Gesetzes in § 28 GrStG ein Fälligkeitszeitpunkt festgelegt. Die Satzung der Gemeinde beschränkt sich dementsprechend gem. § 25 Abs. 1 GrStG auf die Bestimmung des Hebesatzes.

Auch ein Verstoß gegen § 77 Abs. 2 GO NRW oder § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW ist nicht erkennbar. § 77 Abs. 2 GO NRW bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen und nur im Óbrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 KAG NRW sollen die Gemeinden in diesem Sinne Steuern nur erheben, soweit die Deckung der Ausgaben durch andere Einnahmen, insbesondere durch Gebühren und Beiträge, nicht in Betracht kommt.

Vgl. BVerwG, Urt. v. 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 - (zur Gewerbesteuer); OVG Münster, Beschl. v. 26. November 2009 - 14 A 131/08 -; VG Arnsberg, Urt. v. 25. April 2003 - 3 K 2121/02 -, jeweils zit. nach juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, NVwZ 1991, 907, 908.

Das in diesen Vorschriften normierte Gebot der Subsidiarität der Steuern gegenüber den speziellen Entgelten kann indes nicht dazu führen, dass die Bemessung der Hebesätze an die Ausschöpfung des Gebührenrahmens für besondere Leistungen gebunden wird. Eine derartige Auslegung wäre mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes unvereinbar, denn das grundgesetzlich garantierte bundesrechtliche Hebesatzrecht der Gemeinden für die Grundsteuer nach Art. 106 Abs. 6 GG i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG, gewährt dem Landesgesetzgeber keine Kompetenz für eine entsprechende Einschränkung. Auch § 26 GrStG bildet keine entsprechende Ermächtigung für eine materielle Beschränkung des örtlichen Hebesatzes im Verhältnis zu den sonstigen Einnahmen der Gemeinde.

BVerwG, Urt. v. 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 - (zur Gewerbesteuer); OVG Münster, Beschl. v. 26. November 2009 - 14 A 131/08 -; VG Arnsberg, Urt. v. 25. April 2003 - 3 K 2121/02 -, jeweils zit. nach juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, NVwZ 1991, 907, 908.

Folglich binden die vorgenannten dem Haushaltsrecht zuzuordnenden Vorschriften die Gemeinden zwar insofern, als auf Steuerquellen nur zurückgegriffen werden darf, soweit die sonstigen Einnahmen nicht zur Deckung des Haushalts ausreichen.

Vgl. BVerwG, Urt. v. 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 -, zit. nach juris.

Dies dürfte aber ohnehin in den allermeisten Gemeinden der Fall sein.

Vgl. Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4; Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 4.

Jedenfalls vorliegend hat die Beklagte explizit und unter Bezugnahme auf mehrere Haushaltssanierungsberatungen dargelegt, dass in ihrem Fall die sonstigen Einnahmen zur Deckung des Haushalts nicht ausreichen. Vielmehr ist die Haushaltslage in T1. unbestritten schwierig und von Óberschuldung geprägt.

Auch soweit der Beklagten ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW vorgeworfen wird, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Nach § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW hat die Gemeinde die Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen. Die aus dieser Vorschrift folgende Grenze für gemeindliche Ausgaben ist erst dann überschritten, wenn ein Verbrauch von öffentlichen Mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung liegt.

Vgl. Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4; VG Düsseldorf, Urt. v. 23. Januar 2006 - 25 K 2643/05 -; VG Ansbach, Urt. v. 16. März 2005 - AN 11 K 04.03698 -; jeweils zit. nach juris.

Vorliegend ist schon ein derartiger sachlich nicht mehr vertretbarer Verbrauch öffentlicher Mittel durch die Beklagte - entgegen dem teilweisen Vortrag, die Sparmöglichkeiten seien nicht hinreichend geprüft worden - nicht ansatzweise erkennbar; vielmehr wurde sowohl im Bericht des externen Beraters der Mutter Consulting GmbH als auch im Sanierungsbericht der Gemeindeprüfungsanstalt NRW bestätigt, dass weitere Ausgabekürzungen für T1. kaum noch möglich waren.

Darüber hinaus wäre die Hebesatzfestsetzung selbst dann nicht rechtswidrig, wenn einzelne Ausgabenansätze haushaltsrechtlich zu beanstanden wären. Denn die Beklagte wäre auch dann aufgrund ihres weiten Entschließungsspielraums nicht verpflichtet, die durch entsprechende Kürzungen gewonnenen Einsparungen gerade auf das Grundsteueraufkommen anzurechnen und die Grundsteuereinnahmen durch eine Senkung der Hebesätze zu verringern. Insofern fehlt es bei den allgemein zur Erzielung von Einnahmen erhobenen Steuern - im Unterschied etwa zur Gebührenerhebung - bereits an einer im Abgabentatbestand vorgegebenen Verknüpfung zwischen den Steuersätzen und den Ausgabeansätzen.

Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 19. September 1990 - 13 C 4/87 -, NVwZ 1991, 907, 908; BayVGH, Beschl. v. 20. Oktober 2011

- 4 ZB 11.1187 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 18. Februar 2004 - 7 K 4720/02 -; jeweils zit. nach juris.

b) Die Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz bzw. den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit.

Soweit vorgetragen wird, der Hebesatz sei schon deshalb rechtswidrig, weil er über dem Bundesdurchschnitt von 440 v. H. bzw. dem derzeitigen Höchstwert von 810 v. H. in Berlin liege, ergibt sich aus dieser Relation zu anderen Hebesätzen kein Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Hebesatzes.

Vielmehr wurde die Festsetzung der Hebesätze schon durch Art. 106 Abs. 6 GG in die Hand der Kommunen gegeben. Mit dieser auf Verfassungsebene getroffenen Zuordnung ist es systemimmanent, dass Schwankungen bestehen und sich ein Vergleich mit anderen Gemeinden verbietet. Vielmehr können die Hebesätze - von Kommune zu Kommune unterschiedlich - nach dem jeweiligen finanziellen Bedürfnis festgelegt werden.

Vgl. VG Arnsberg, Urt. v. 25. April 2003 - 3 K 2121/02 -; VG Münster, Urt. v. 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, jeweils zit. nach juris; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4; Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 4; vgl. auch Siekmann, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 106 Rn. 44.

Art. 3 GG gewährt vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf Gleichbehandlung durch unterschiedliche Gemeinden. Anderenfalls würde diesen eine Orientierung an den Hebesätzen anderer Gemeinden vorgeschrieben. Dies widerspräche der durch Art. 28 GG gewährten Selbstverwaltungsgarantie und dem Schutz der föderativen Struktur.

Vgl. BVerfG, Entsch. v. 21. Dezember 1966 - 1 BvR 33/64 - (zur Lohnsummensteuer); VG Karlsruhe, Urteil v. 18. Februar 2004 - 7 K 4720/02 -; VG Frankfurt (Oder), GB v. 04. März 2004 - 4 K 1072/99 -; VG Augsburg, Urt. v. 25. Oktober 2006 - Au 6 K 04.1703 -; VG Ansbach, Urt. v. 16. März 2005 - AN 11 K 04.03698 -; jeweils zit. nach juris.

Im Hinblick auf den Vergleich der Hebesätze für die Grundsteuer A und B bzw. die Gewerbesteuer bildet die in § 26 GrStG vorgesehene Möglichkeit der Koppelung

- von der der Landesgesetzgeber keinen Gebrauch gemacht hat - die einzige Möglichkeit einer gesetzlichen Vorgabe zu Relationen zwischen diesen Steuertypen. Dies zeigt zugleich, dass grundsätzlich anerkannt ist, dass die Steuern wesensverschieden sind und damit ein sachlicher Grund im Sinne des Art. 3 GG für eine differenzierte Festlegung der Steuersätze vorliegt. So wird auch in der Gesetzesbegründung zu § 25 Abs. 4 GrStG explizit festgestellt, dass die Grundsteuer A einen wesentlich anderen Charakter habe, als die Grundsteuer B und damit für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft einerseits und Grundstücke andererseits jeweils ein eigener Hebesatz festgelegt werden könne.

Vgl. Begründung der Regierungsvorlage, zit. nach Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 1; vgl. auch Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2012, § 25 Rn. 7.

Dieser Ungleichartigkeit war sich die Beklagte ausweislich der Verwaltungsvorlage zur Hebesatzung auch bewusst. Darin wird - zu ergänzen ist: in unmittelbar nachvollziehbarer Weise - die Beibehaltung des Gewerbesteuersatzes mit der Gefahr einer Abwanderung der Gewerbetreibenden und der teilweisen Abschöpfung durch Umlagen begründet. Die geringere Anhebung der Grundsteuer A soll der Vergünstigung des Wirtschaftsteils von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken dienen. Diese Begründung zeigt, dass diese bundesrechtlich vorgegebene Differenzierung bewusst beibehalten wurde und damit auch nicht dem Vorwurf der Willkürlichkeit ausgesetzt werden kann.

Die Hebesatzfestsetzung weist auch keinen Erdrosselungscharakter auf und verstößt damit nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG oder das aus Art. 20 Abs. 1 GG folgende Gebot der sozialen Steuerpolitik.

Grundsätzlich schützt Art. 14 Abs. 1 GG nicht vor der staatlichen Auferlegung von Geldleistungspflichten. Diese sind nicht mittels eines bestimmten Eigentumsobjekts zu erfüllen, sondern werden aus dem fluktuierenden Vermögen bestritten. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn die Geldleistungspflichten den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass sie eine erdrosselnde Wirkung haben.

Vgl. BVerfG, Urt. v. 9. März 1971 - 2 BvR 326/69 - m.w.N.; Beschl. v. 31. Mai 1988 - 1 BvL 22/85 -; Beschl. v. 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 -, jeweils zit. nach juris; vgl. auch Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. II, Loseblatt, Art. 14 Rn. 165 ff.

Ebenso ist das Ermessen der Gemeinde zur Festsetzung des Hebesatzes in steuerrechtlicher Hinsicht durch das aus Art. 20 Abs. 1 GG folgende Gebot sozialer Steuerpolitik begrenzt, wonach Steuern mit erdrosselnder Wirkung unzulässig sind.

Vgl. Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4; BayVGH, Beschl. v. 21. Februar 2006 - 4 ZB 05.1169 -; FG Berlin, Urt. v. 6. Oktober 2004 - 2 K 2386/02 -, jeweils zit. nach juris.

Danach darf eine Steuer die Steuerpflichtigen nicht übermäßig belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen. Die Steuer darf mithin in der Gesamtschau der Belastung aller Pflichtigen keine erdrosselnde Wirkung haben. Eine derartige Erdrosselungswirkung kann aber erst angenommen werden, wenn nicht nur ein einzelner Steuerpflichtiger, sondern die Steuerpflichtigen ganz allgemein unter normalen Umständen die Steuer nicht mehr aufbringen können.

Vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, jeweils zit. nach juris; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 4.

Eine derartige Wirkung der auf dem erhöhten Hebesatz basierenden Steuer ist hier indes nicht ersichtlich. Auch wenn vorliegend die Steuerbeträge im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt wurden, stehen sie im Verhältnis zum besteuerten Eigentumsgegenstand noch in keiner einen Erdrosselungscharakter aufweisenden Relation und überschreiten nicht die Schwelle zu einer Vernichtung der Steuerquelle selbst. Vielmehr werden die anfallenden Steuern regelmäßig aus den Grundstückserträgen erwirtschaftet werden können. Dies gilt sowohl im Falle der vermieteten Objekte als auch bei selbstgenutzten Grundstücken, da insofern wirtschaftlich gesehen die ersparten Aufwendungen für Wohnkosten als Ertrag anzusetzen sind.

Vgl. ausführlich FG Berlin, Urt. v. 6. Oktober 2004 - 2 K 2386/02 -, zit. nach juris.

Der Kammer liegen keine Anhaltspunkte - wie beispielsweise ein signifikanter Anstieg begründeter Erlassanträge - dafür vor, dass entgegen dieser Annahme die den Steuerpflichtigen auferlegte Belastung unter normalen Umständen nicht mehr tragbar ist. Auch wenn der Zahlbetrag - genannt ist eine Spitzenbetrag von 6.000 EUR jährlicher Mehrbelastung - absolut betrachtet für den jeweiligen Eigentümer oder im Falle der Umlage auf die Mieter für diese durchaus eine gewichtige Mehrbelastung darstellen mag, erreicht die Steuerhöhe gegenüber dem Wert des jeweiligen Steuergegenstandes - insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit noch geltenden Messbeträge - bei Weitem nicht das Ausmaß, bei dem von einer Aufhebung der Privatnützigkeit des Eigentums gesprochen werden könnte.

Soweit im Einzelfall beispielsweise für Rentner oder einzelne Familien doch eine übermäßige Belastung entsteht, kann dies nicht zu einer Unwirksamkeit der Satzung führen. Bei der Prüfung der abstrakten Regelung ist vielmehr eine typisierende Betrachtung zulässig, soweit entsprechenden Ausnahmen für Härtefälle vorgesehen sind. Dies ist im Grundsteuerrecht der Fall, denn einer individuell übermäßigen Belastung ist nach der Konzeption des Gesetzes durch einen Erlass im Einzelfall zu begegnen (vgl. z.B. §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 227 AO).

Darüber hinaus bietet die Belastung mit Steuern den im Verhältnismäßigkeitsprinzip enthaltenen Geboten der Eignung und der Erforderlichkeit kaum greifbare Ansatzpunkte für eine Begrenzung im Hinblick auf Art. 14 GG. Jenseits "erdrosselnder" Belastung sind Steuern mit dem Zweck, Einnahmen zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs zu erzielen, gemessen an diesem Zweck grundsätzlich immer geeignet und erforderlich. Allein aus der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, im Rahmen einer Gesamtabwägung zur Angemessenheit und Zumutbarkeit der Steuerbelastung, können sich Obergrenzen für eine Steuerbelastung ergeben.

Vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11. Mai 2011 - 3 K 3107/07 -, jeweils zit. nach juris; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. II, Loseblatt, Art. 14 Rn. 177 ff.

Insofern hat der Satzungsgeber im Hinblick auf den gewählten Steuersatz die Aufgabe, die tatsächlichen Grundlagen der Besteuerung sorgfältig zu ermitteln und unter Abwägung der Interessen aller Betroffenen angemessene Steuersätze zu finden.

Vgl. SächsOVG, Beschl. v. 19. Dezember 2006 - 5 B 242/06 -, zit. nach juris.

Soweit damit auch unterhalb der Ebene der erdrosselnden Wirkung der verfassungsrechtliche Schutz des Art. 14 GG als Gebot der verhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung eingreift, hält die Kammer vorliegend auch diese Grenze nicht für überschritten. Denn der Rat der Beklagten hat bei der Festsetzung des Hebesatzes die maßgeblichen Belange abgewogen und insbesondere nicht willkürlich gehandelt.

Vielmehr hat der Rat angesichts der in den Ratsvorlagen und sonstigen Materialen beschriebenen aktuellen Haushaltssituation die Erhöhung des Hebesatzes auf 825 v. H. zur Erhaltung der kommunalen Handlungsfähigkeit und Verbesserung der Ertragssituation mehrheitlich als dringend erforderlich angesehen.

Die Behandlung durch den Rat bietet für die Annahme eines willkürlichen oder unreflektiert "gegriffenen" Steuerhebesatzes keine Anhaltspunkte. Denn der Rat hat sich an den im Einzelnen aufgeschlüsselten finanziellen Bedürfnissen der Stadt orientiert. Soweit dagegen eingewandt wird, dass es der Beklagten nur um einen schnellen Ausgleich des Haushaltes gegangen sei, handelt es sich dabei um keine willkürliche Zielsetzung sondern vielmehr um die Erfüllung einer nach § 75 Abs. 2 Satz 1 GO NRW bestehenden Rechtspflicht. Vor diesem Hintergrund ist auch die Entscheidung gegen eine stufenweise Anhebung nicht zu beanstanden, sondern trägt der im Zuge des Stärkungspaktgesetzes nochmals dargelegten Pflicht zur schnellen Haushaltskonsolidierung Rechnung.

Nichts anderes gilt, soweit der Hebesatz im Zuge der Beratungen im Vergleich zu den Vorlagen um 75 Prozentpunkte reduziert wurde. Dieser Vorgang zeigt nicht - wie teilweise vorgetragen wird - dass der Hebesatz von 825 v. H. willkürlich festgesetzt wurde, sondern belegt vielmehr umgekehrt, dass der Rat die vorausgegangene Empfehlung der Beschlussvorlage nicht unreflektiert übernommen hat. Dass damit über die Grundsteuereinnahmen nicht mehr das vollständige Konsolidierungsvolumen realisiert wird, hat der Rat bewusst in Kauf genommen, sodass auch diese Tatsache nicht geeignet ist, der Grundsteuererhöhung ihre Grundlage zu entziehen.

Schließlich ist auch die vorgenommene, um wenige Tage auf den 1. Januar 2012 rückwirkende Festsetzung des Hebesatzes zulässig. § 25 Abs. 3 Satz 1 GrStG ermächtigt ausdrücklich zu einer rückwirkenden Festsetzung bis zum 30. Juni des jeweiligen Steuerjahres. Diese Regelung gilt sowohl für die erstmalige Festsetzung als auch für die Änderung des Hebesatzes.

Vgl. Gesetzesbegründung zu § 25 GrStG, zit. nach Fock/Peter/Mannek, GrStG, Kommentar, Loseblatt, Erl. zu § 25.

Diese Regelung ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die damit einhergehende - zeitlich begrenzte - Einschränkung des Vertrauensinteresses der Betroffenen ist verhältnismäßig.

Vgl. OVG Münster, Beschl. v. 19. November 1999 - 14 A 4793/99 -; Urteil der erkennenden Kammer v. 26. Mai 2011

- 5 K 4142/10 -; VG Münster, Urt. v. 1. Dezember 2010 - 9 K 1493/10 -; ausführlich FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14. Januar 2009 - 3 K 2287/04 B -, jeweils zit. nach juris; Troll/Eisele, GrStG, 10. Aufl. 2010, § 25 Rn. 7.

Soweit darüber hinaus vorgetragen wird, die Steuerfestsetzung sei auch unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Hebesatzung rechtswidrig, da der zugrundegelegte Einheitswert verfassungswidrig, insbesondere gleichheitswidrig sei, vermag dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn die Frage der Verfassungswidrigkeit der Einheitswertfeststellung betrifft allein den entsprechenden Grundlagenbescheid, ist aber für den Steuerbescheid selbst unbeachtlich.

Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 18. Februar 2009

- 1 BvR 1334/07 -; OVG Münster, Beschl. v. 22. August 2012 - 14 A 2132/10 -; BFH, Urt. v. 18. April 2012 - II R 36/10 -; FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. Februar 2011 - 3 K 3096/07 -, jeweils zit. nach juris.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.